Gemein-Nachrichten - Beylagen I-IV 1788,5
I. Lebensläufe einiger heimgegangenen Geschwister: 1) der verwitweten Schwester Christiane Elisabeth Erxleben 2.) der ledigen Schwester Lucretia v. Albertini 3.) des Witwers Ludwig Dietrich Mayer, 4) der ledigen Schwester Christiane Friederike Sophie v. Schulenburg.
II. Von Grönland.
- 1.) Aus dem diario von Neu-Herrnhut vom Sept. 1786 bis Jun. 87.
- 2.) Bericht der Geschwister Möhnes von ihrem Aufenthalt unter den auswärtigen Geschwistern in u. um Kangek.
III. Von Antigoa.
- Aus dem diario von Gracehill vom Ende Jul. 1786 bis Jun. 87.
[2]
1.) Die verwitwete Schwester Christiane Elisabeth Erxleben geb. Wilhelmi (in Gnadenfrey) hat von ihrem Gang durch diese Zeit nichts schriftliches hinterlassen, u. pflegte immer zu sagen, wenn man auf ihren Lebenslauf zu reden kam: „Ich brauche keinen Lebenslauf zu schreiben; an mir u. meinem Leben ist nichts auf dieser Erd, u. es wird am Ende doch nur heissen: Da kommt ein’ arme Sünderin her, die gern fürs Lösegeld selig wär“. Es ist daher nur folgendes kürzlich anzumerken: Sie wurde d. 16 Sept. 1723 zu Barby geboren, wo ihr Vater Chr. Friedrich Wilhelmi Bürgermeister war. Von ihm u. ihrer Mutter Anna Dorothea geb. Hoyerin, die ein gottesfürchtiges Leben führten, genoß sie eine gute Erziehung, wofür sie öfters eine besondere Dankbarkeit äusserte. Anno 1742 trat sie mit ihrem seligen Mann, Gottfried Konrad Erxleben, [3] einem Kaufmann, in die Ehe, welche Gott mit 9 Kindern segnete, wovon noch 4 Söhne u. 2 Töchter am Leben sind. Als anno 1748 die ersten Brüder nach Barby kamen, hatte sie das Vergnügen, dieselben in ihrem Hause zu bewirthen; u. das war die Gelegenheit, daß sie die Brüdergemeine kennen lernte, u. sie herzlich lieb gewann. D. 13. Nov. 1752 wurde sie in die Gemeine aufgenomen, u. d. 19. April 1753 gelangte sie mit derselben zum heiligen Abendmahl. Viele Jahre lang hatten damals diejenigen, die aus der Stadt Barby entweder Mitglieder der Brüdergemeine wurden, oder sich als eine Societät an dieselbe anschlossen, viel Haß, Verachtung u. auch wol Verfolgung zu leiden, wovon unsre selige Schwester nebst ihrem Manne auch ihren Antheil erfuhr; sie liessen sich aber dadurch nicht irre machen, u. sie wurden als Kinder Gottes legitimirt. [4] D. 3 Jan. 1768 wurde sie durch den Heimgang ihres seligen Mannes in den Witwenstand versezt. Schon vorher hatte sie ihre Kinder zum theil in die Anstalten nach Herrnhut u. Hennersdorf abgegeben, u. nun zog sie auch nach Herrnhut ins Witwenhaus, wo sie nach dem Synodo 1769 (in welchem die damaligen Orts-Anstalten aufgehoben wurden) wieder ihre eigene Haushaltung anfing, u. die übrige Erziehung ihrer jüngsten Kinder besorgte. Das Gedeihen derselben lag ihr sehr am Herzen, u. der Heiland hat sie auch an ihnen viele Freude erleben lassen. Von ihrem ältesten Sohn, der Prediger zu Camby in Liefland ist, hat sie 3 Enkel erlebt. Anno 1778 wurde sie Chordienerin der Witwen in Niesky, u. im May 1779 kam sie zu eben dem Geschäfte nach Gnadenfrey. Sie ging bald mit aller möglichen Willigkeit u. großer [5] Activität in ihre Geschäfte, wozu ihr der liebe Heiland besondere Gaben geschenkt hatte. Sie war darinnen so unermüdet, daß sie öfters ihre Gesundheit darüber vernachläßigte. Der Segen Gottes war auch mit ihr; dabey aber war sie sich ihrer Versehen u. Fehler gar wohl bewußt, u. war sonderlich darüber, wenn sie zuweilen durch ihr hitziges Temperament übereilt wurde, öfters untröstlich. Sie stand in einem kindlichen Umgang mit dem Heiland, u. legte Ihm sowol ihr eigenes Anliegen, als auch sein ganzes Gnadenwerk, u. sonderlich ihr liebes Chor, täglich an Sein treues Herz. Sie nahm sich auch der Seelenpflege mit aller Treue an, u. war ihren Schwestern oft zum Trost u. Segen. Ueber die Anstellung einiger ihrer Kinder im Dienste des Heilands hatte sie eine besondere Freude. Sie genoß eine ziemlich gute Gesundheit, ausser daß sie zuweilen [6] mit krampfhaften Umständen (doch immer nur auf kurze Zeit) befallen wurde. Ihr Gemüth war meistentheils heiter, so daß sie öfters andern zur Aufmunterung diente. So war sie auch noch den Abend am 11 Febr. 87, da sie sich schon etwas unpäßlich fühlte, recht aufgeräumt, u. sagte: „ich werde euch hurtig einmal davon fliegen“ – aber weder ihr noch uns fiel es ein, daß es so geschwind geschehen würde.
D. 12ten wurde sie ernstlich krank an einem heftigen Fieber. Sie ertrug alle Schmerzen mit Geduld, war für die gute Pflege u. Wartung, die sie genoß sehr dankbar, u. sagte: „ich bin es ja nicht werth, ihr macht es gar zu schön mit mir“. Dabey dachte sie öfters an die andren Armen u. Kranken im Hause. Einmal begehrte sie ganz alleine zu seyn, ließ sich aber vorher ihr Spruchkästchen geben. Man hörte sie ganz laut u. beweglich zum Heiland [7] beten, erstlich daß Er ihr alles vergeben wolle, u. dann nannte sie Ihm noch manches ganz besonders. Hierauf sagte sie: „nun habe ich mit dem Heiland über alles ausgeredet, u. habe Ihn auch gebeten, mir es klar zu machen, ob ich bey dieser Gelegenheit zu Ihm gehen werde: Er hat es aber nicht gethan.“ Sie wurde darüber zurecht gewiesen, u. der Spruch, den sie sich gezogen: „Der in dir angefangen hat das gute Werk, der wird es auch vollführen bis auf den Tag Jesu Christi“ – war ihr sehr tröstlich. Ein andermal hielt sie noch eine gründliche u. sünderhafte Unterredung, ihren Herzensgang betreffend, u. sagte zulezt: Nun kan mich nichts mehr stören, ich mag nun heimgehen oder wieder gesund werden, ich bin in den Willen des lieben Heilandes ergeben.
Ueber den Besuch verschiedener Geschwister war sie sehr erfreut, u. bat öfters, [8] daß man Verse singen möchte. Sie verschied am 17tn früh in der ersten Stunde sehr sanft mit dem Segen der Gemeine u. ihres Chores, im 64tn Jahr ihres Alters.
2.) Die ledige Schwester Lucretia v. Albertini (in Neuwied) hat folgende Nachricht von sich hinterlassen:
- „Die Treue Jesu hört nie auf,
- davon ist auch mein Lebenslauf,
- zu Seines Namens Lob u. Preis,
- ein augenscheinlicher Beweis.
Ich bin geboren d. 26 Jun. 1762 an
der Brugg in Ober Engadin in Graubündten.
In meinem 4ten Jahre brachten
mich meine Eltern mit noch mehrere
meiner Geschwister nach Neuwied. Ich
gewohnte in der Anstalt bald ein; u.
ob ich gleich zum Leichtsinn sehr geneigt
war, so spürte ich doch von Zeit zu Zeit
kräftige Rührungen des heiligen Geistes an
meinem Herzen. Insonderheit wurde
[9] ich einmal am Gründonnerstag, bey
Gelegenheit einer kleinen Vorstellung
des Seelenleidens Jesu am Oelberg, unter
dem Gesang des Verses: Für mich
ging mein Herr in Todesnöthen p so
bewegt, daß ich mich unter vielen Thränen
Ihm für seine Seelenschmerzen u.
Marter bis in Tod, zum ewigen Eigenthum
hingab; und seitdem ist mir
dieser Theil der Passion immer besonders
eindrücklich geblieben. Ich hatte
auch hernach manchmal recht selige Stunden
mit dem Kinderfreund. M Zuweilen
dachte ich (aus Veranlassung, daß ich davon
reden hörte) mit Verlegenheit darüber,
daß ich wol, wenn ich älter seyn
würde, vom lieben Heiland wieder abkommen
könte; wenn ich Ihm aber diesen meinen
Kummer kindlich klagte, so bekam ich
oft die tröstliche Versicherung, daß mich
nichts aus Seiner Hand reissen solte.
Anno 1775 wurde ich unter die größern
[10] Mädchen aufgenommen; ich erneuerte
dabey meinen Bund mit dem lieben Heiland,
u. bat Ihn um ein treues u. aufrichtiges
Herz, weil ich merkte, daß es mir
sehr daran fehlte. D. 14 Jan. 1776
wurde ich in die Gemeine aufgenommen,
u. d. 12 Oct. gelangte ich zum
heiligen Abendmahl. Ich ging darauf einen kindlich
vergnügten Gang bis ins folgende
Jahr, da ich eine tiefe Feindschaft gegen
den Heiland bey mir gewahr wurde, u.
zugleich auch meinen Unglauben so
zu fühlen bekam, daß ich in große
Noth gerieth. Es währte lange, ehe ichs
wagte, so schlecht wie ich mich fühlte,
zum Heiland zu nahen; aber Er ruhete
nicht, bis Er mich wieder an sich ziehen,
mich trösten u. seiner Gnade versichern
konte. Ich wurde auch sonst
mancherley verderbte Neigungen bey
mir gewahr, die ich nie gedacht hätte
bey mir zu finden; sonderlich war
[11] mir Hochmuth u. Selbstgefälligkeit gar
sehr im Wege. Ich blieb auch bey meinem
Verderben zu lang stehen, u. betrübte
den Heiland oft durch Mißtrauen u.
Zurücktreten, da Er mir doch mit seiner
Hülfe stets entgegen eilte, wie ich oft
in meinen Mädchenjahren erfahren habe.
Anno 1781 trat ich ins Chor der ledigen Schwestern
ein, mit dem angelegentlichen
Wunsch, daß der liebe Heiland mich in demselben
aller der Segen, die Er diesem
Chor insbesondere erworben, ganz theilhaftig
machen möge. Alle meine
Stunden heilige Du dir, mach mich
deinen Wunden, Lamm! zur Ehr u. Zier
– das war mein Flehen; und ach! wie
gern hätte mein treuer Heiland dieses an
mir erfüllt. Aber ich habe gar bald wieder
den Bund gebrochen, u. bin Ihm
noch oft zur Schmach gewesen; denn
nach Verlauf eines Jahres kam ich von
der seligen Einfalt ab, u. zerstreute
[12] mein Gemüth mit allerhand unnützen
Dingen. Ich fühlte wol darüber Bestrafung
in meinem Herzen, aber ich sezte
mich darüber weg, bis ich mein tiefes
Verderben in Seele u. Hütte so nachdrücklich
zu fühlen bekam, daß ich sehen
mußte, ich sey von der Sünde bis
in den Tod verwundet, zu allem schlechten
geneigt, u. zu allem Guten erstorben.
Da ich durch langes Widersetzen mich
immer mehr vom Heiland entfernt hatte,
so konte ich nicht so gleich wieder ein
Zutrauen zu Ihm faßen, u. meine Noth
wurde immer größer. Ich wurde herzlich
zu Ihm gewiesen, erfuhr auch manche
Tröstungen, hatte aber bey allem Gefühl
meines Verderbens doch noch so viele eigene
Gerechtigkeit übrig, von der ich
ganz ausgezogen werden solte, daß ich
lange nicht ganz ins klare kam. Einmal,
da ich in dem Gesangbuch den
Vers las: „In des Lammes Blut alleine
[13] stehet die Gerechtigkeit, diese heißt der
Glaube seine: dann erfüllt uns Fried
u. Freud, u. wir haben selge Stunden;
Seele u. Leib u. Geist erfährt solchen
Trost aus Jesu Wunden, welcher unaufhörlich
währt“ – wurde mir diese Sache
so klar, daß ich einen lebendigen Blick
in die Versöhnung Jesu thun, u. mir
Seine Gerechtigkeit auf die tröstlichste
Weise zueignen konte. Es wurden mir
in der Folge noch manche Eigenheiten
u. schlechte Ecken gezeigt; wenn ich
aber meine Zuflucht zu meinem treuen
Seelenfreund nahm so erfuhr ich, daß heilen,
stillen u. trösten Seine Lust ist.
Aber doch hatte ich an der Lection:
„von purer Gnade u. Erbarmen zu
leben von einem Tage zum andern“,
noch immer zu lernen, u. daran
werde ich wol zu lernen haben bis
zum Erblaßen in Jesu Arm u. Schoos.“
So weit aus ihrer Nachricht.
[14] Zu Anfang des Jahres 1786 bekam sie ein Gallenfieber, u. blieb seitdem kränklich. In der Hofnung, daß ihr ei- ne Luftveränderung zur Erholung dienen könte, that sie eine Reise nach Herrnhut, u. kam im Herbst dem Anschein nach ziemlich munter zurück; trat auch mit neuem Muth wieder in ihre Stelle in der Mädchenstube (wo sie schon einige Jahre als Mitaufseherin gebraucht worden) ein. Bey allem guten Willen aber, denselben mit den ihr von Gott verliehenen vorzüglichen Gaben ferner zu dienen, zeigte sichs doch bald, daß ihr die Kräfte dazu fehlten. Den folgenden Winter nahm ihre Kränklichkeit zu. D. 28 Merz 87 reiste sie mit ihren Eltern nach Embs um einen dortigen Arzt zu consultiren[WS 1], kam aber d. 29ten äusserst entkräftet zurück, u. konte von da an wenig mehr ausser dem Bette seyn. In der [15] Marterwoche ließ sie sich die Leidensgeschichte Jesu vorlesen, u. mit Gesang unterhalten, zu ihrem besondern Trost u. Erquikkung. Ihre Schmerzen u. viele schlaflosen Nächte ertrug sie mit ungemeiner Geduld, u. war dabey licht u. vergnügt. Um die Mitte des Aprils gab sie zu verstehen, daß sie wol von dieser Krankheit nicht mehr genesen würde; und ihr Herz u. Sinn war nun ganz auf ihr bevorstehendes Glück gerichtet, u. sie seufzete oft zum lieben Heiland: Komm bald! Zulezt hatte sie noch viel auszustehen, besonders an ihrem Heimgangstage (d. 24 April 1787) aber mitten unter diesem Leiden fing sie einmal recht lieblich an zu singen: Nichts ist an mir, nichts als armes p Zu Mittag sagte sie noch ganz vernehmlich: Ach der gute Heiland, nur noch eine Stunde! u. sahe dabey sehr vergnügt aus. Dieser [16] so sehnlich erwünschte Augenblick trat dann auch um 1½ Uhr ein, da sie mit dem Segen ihres Chores sanft u. selig entschlief im 25tn Jahr ihres Alters.
3.) Der Witwer Ludwig Dietrich Mayer (in Neusalze) war geboren d. 6 Nov. 1701 in der Reichsstadt Ulm, woselbst sein Vater Kaufmann war. Anno 1732 trat er mit seiner seligen Frau Dor. Magd. Marg. Schmutz aus Nürnberg in die Ehe. Nach einiger Zeit wurde er um seine Seligkeit bekümmert, u. suchte Gemeinschaft mit erweckten Seelen. Seine Frau konte dieses nicht fassen, und war sehr verlegen; verbot auch dem Bruder Kastenhuber, der damals in Ulm war, den Zutritt in ihr Haus; und als er von dort abreiste, ging sie in die Kirche, u. legte zum Beweis ihrer Dankbarkeit 8 gl. in den Opferstock. Unser seliger Bruder ließ [17] sich nicht hindern, mit den so genannten Herrnhutern Bekanntschaft zu machen, wodurch die Verlegenheit seiner Frau immer größer wurde; denn sie glaubte, er hätte eine andere Religion angenommen. Als nun anno 1743 die Brüder Friedrich v. Watteville u. Ludwig v. Marschall durch Ulm reisten, u. in des seligen Bruders Hause besuchten; so glaubte sie, dieselben wären gekommen, ihren Mann zu einem Proselyten zu machen, u. ihn fortzuführen, welches ihr keine geringe Angst verursachte. Als aber der Bruder v. Watteville ihr sagte, der Grund, worauf die Brüder-Gemeine stehe, sey Christus u. Sein Blut, so ging ihr ein anderes Licht auf, u. sie dachte: Auf diesen Grund must du auch stehen, wenn du selig werden willst. Von der Zeit an verwandelte sich ihre Widrigkeit in Zutrauen u. Liebe gegen die Brüder; u. als ihr [18] Mann von der Begleitung dieser Brüder nach Hause kam, bezeugte sie ihm solches, u. bat ihn mit Thränen um Vergebung, daß sie ihm in dieser Sache widerstanden hätte. Von der Zeit an wurden auf seiner Frauen Bitte die Versammlungen in seinem Hause gehalten. Sie thaten auch eine Reise nach Augsburg, um die Erweckten daselbst zu besuchen. Anno 1748 zogen sie nach Hirschberg, wo er bey dem Herrn Kaufmann Menzel als Buchhalter in Condition kam. Er pflegte sich noch in seinen lezten Jahren mit vieler Dankbarkeit an die Wohlthaten zu erinnern, die er von seinen Freunden in Hirschberg genossen, insonderheit in dem Baumertschen, Hillmerschen u. Mathesischen Hause, wo sie 13 Jahre in Liebe u. Harmonie gewohnt haben. In Hirschberg sezten sie ihre Bekanntschaft [19] mit der Brüdergemeine fort, besuchten fleißig in Gnadenberg, wurden daselbst anno 1749 in die Gemeine aufgenommen u. gelangten auch bald zum heiligen Abendmahl. Uebrigens machten sie sich ein Vergnügen daraus, den Geschwistern, wo sie konten, zu dienen.
Im Jul. 1765 kamen sie mit der ledigen Schwester Helene Wiesnerin (welche er auch nach dem anno 1771 erfolgten Heimgang seiner lieben Frau, um der vielen an ihr bewiesenen Treue willen bey ihrem langwierigen Krankenlager, zu seiner Pflegetochter annahm) hieher nach Neusalze, woselbst er in dem sich neuerbauenden Gemeinorte die Handlung u. die damit verbundene Spedition dirigiren solte. Die Besorgung der leztern behielt er bis kurz vor seinem Ende, von ersterer aber erhielt er auf seine [20] Bitte seine dimission. Uebrigens ist mit Dankbarkeit zu erwähnen, daß er bey unserm Kirchbau der Gemeine manche reelle Dienste erwiesen hat. Er genoß eine dauerhafte Gesundheit, u. selbst in seinem hohen Alter betrieb er seine Geschäfte mit jugendlicher Munterkeit u. mit solcher pünktlicher Redlichkeit, daß er sich viele Hochachtung dadurch erwarb. Weil er aber von andren Leuten gleichfalls strenge Redlichkeit erwartete, u. wo er dieses nicht fand, sein Mißfallen darüber ohne Rücksicht äusserte, so zog er sich dadurch manche Unannehmlichkeiten zu, die er sich hätte ersparen können. Ueberhaupt war er von einer feurigen Gemüthsart, u. da viel Selbstgerechtigkeit damit verbunden war, die sich auf seinen unbescholtenen Wandel gründete, so hielt es zuweilen schwer, ihn davon zu überzeugen, daß ein Kind Gottes die Beleidigungen [21] andrer mit Geduld tragen, u. darum gern vergeben muß, weil ihm so viel vergeben ist. Vor etwa anderthalb Jahren fing er selbst an zu merken, daß seine Kräfte geschwächt waren, u. es war ihm daher lieb, daß er ganz zur Ruhe gesezt wurde. Ein ziemlich starker Schlagfluß, der ihn auf eine kurze Zeit aller Empfindung beraubte, von dem er sich aber wieder erholte, schien der Vorbote von seinem Ende zu seyn. Und so sahe er auch selbst diesen Umstand an. Er äusserte oft, daß er nun nicht mehr lange leben werde; er sey auch bereit als ein versöhnter Sünder in die Ewigkeit überzugehen, Christi Blut u. Gerechtigkeit sey der einzige Grund seines Glaubens, u. damit hoffe er allein vor Gott zu bestehen, nur dieses bitte er sich vom Heiland zur Gnade aus, daß Er ihn mit einem langwierigen Krankenlager verschonen möchte. Und dieser Wunsch [22] ist ihm aufs lieblichste gewährt worden. Er legte sich am 25 April 1787 mit dem Wunsche schlafen, daß er nach einigen schlaflosen Nächten wieder einmal eine ruhige Nacht haben möchte. Denen, die in einem Hause mit ihm wohnten, war es merkwürdig, daß er noch zu seinem lezten Abendsegen viel u. vernehmlich sang, u. mit diesem Herzensseufzer schloß: „O daß ich bis in mein Grab Jesu Leiden, wie Er sich für mich begab aller Freuden, u. ins Sterben ging, daß ich leben möchte, fruchtbarlich bedächte.“ Früh Morgens, da man nach Ihm sahe, fand man, daß seine Seele in ihre ewige Ruhe heimgeflogen war, und sein entseelter Körper hatte das Bild eines sanft u. ruhig schlafenden so naturell, daß man sich kaum überreden konte, er sey wirklich todt, bis es die überhandnehmende [23] Verwesung ausser allen Zweifel sezte. Er war im 86ten Jahr seines Alters.
4.) Die ledige Schwester Christiane Friederike Sophie v. Schulenburg (in Herrnhut) hat folgende Nachricht von sich hinterlassen: Ich bin geboren d. 26 Jul. 1726 zu Assenheim, ohnweit Frankfurt am Mayn. Mein Vater war Herr Emanuel Ludwig von der Schulenburg, welcher vormals in Königlich Preußischen Kriegsdiensten gestanden, u. sich nun bey dem Gräflich Solmsschen Hofe zu Assenheim aufhielt; und meine Mutter eine geborne v. Pastonellen, welche ich aber schon in meinem 5tn Jahre verloren habe. Ich kam hierauf zu meiner Tante nach Hanau, bey der ich 6 Jahre unter strenger Erziehung verbrachte; doch dafür bin ich ihr immer sehr dankbar geblieben, daß sie mich zur Arbeit angehalten. Sie brachte mich darauf wieder zu meinem [24] Vater, allwo ich mich die meiste Zeit bey der dasigen Herrschaft aufhielt. Die Gräfin war eine gottesfürchtige Dame, u. hatte meiner seligen Mutter versprochen Mutterstelle bey mir zu vertreten. Dieses Versprechen erfüllte sie auch damit ganz, daß sie mich anno 1739 im May in Gesellschaft meines lieben seligen Vaters, u. mit seiner völligen Zufriedenheit nach Marienborn brachte, u. der seligen Gräfin v. Zinzendorf übergab. Ich kam noch denselben Abend in die Mädchen-Anstalt, u. gewohnte sogleich unter den Kindern ein. Nach einem halben Jahre hatte ich die Freude, daß meine liebe Schwester Marie Theresie (die jetzige Chor-Dienerin der ledigen Schwestern in Herrnhut) nachkam. Noch in diesem Jahre wurde ich an einem hitzigen Fieber heftig krank, so daß man mein Ende vermuthete. Ich wurde daher einsmals gefragt, [25] ob ich dann auch Vergebung meiner Sünden hätte? Ich antwortete, daß ich mir keiner Sünde bewußt wäre, u. nicht glaubte, daß der Herr Jesus um meinetwegen so jämmerlich hätte leiden müssen, ich dächte zu Seinem Tode nichts beygetragen zu haben. Diese Erklärung that ich gleichwol unter vielen Thränen, nur wußte ich nicht, warum ich weinen mußte. Ich wurde von dieser Krankheit wieder hergestellt, blieb aber noch lange schwächlich. Einmal, als unsre Arbeiterin (wie es alle Woche geschahe) eine Unterredung mit uns gehalten hatte, sagte sie zum Schluß derselben: Wer von euch Freudigkeit hat vor Gott zu treten, der komme, u. bete mit mir an; aber nicht anders als von ganzem Herzen, denn Gott ist gegenwärtig! Ich dachte in Gesellschaft auch mit zu gehen, allein sie sagte zu mir: Und du willst auch [26] mitkommen, u. glaubst doch nicht, daß der liebe Heiland für deine Sünden gestorben ist! Du gehörst hierzu noch nicht. Das fuhr mir durchs Herz, u. ich ging in einen Winkel, weinte u. bat den Heiland, Er möchte mir doch die Gnade schenken, zu glauben, daß Er auch für mich gestorben; u. hielt so 3 Tage u. Nächte mit weinen u. beten an; denn nun fühlte ich es ganz, daß ich auch eine arme Sünderin war, u. Vergebung meiner Sünden brauchte. Ich ließ auch nicht nach mit Bitten, bis ich die Versicherung u. den Trost ins Herz bekam, daß Er mir alle meine Sünden vergeben.
Anno 1741 kam ich mit der Mädchen-Anstalt nach Herrnhaag; u. gelangte am 3. Sept. dieses Jahres zum erstmaligen Genuß des heiligen Abendmahls. Ob ich gleich dasselbe Krankheit wegen auf der Krankenstube genießen mußte, wird mir doch das, was ich dabey gefühlt, [27] so lange ich lebe, unvergeßlich bleiben; u. ich muß sagen, so oft ich dieses hohe Gut seitdem genoßen, hat sich allemal das damals gehabte selige Gefühl bey mir wieder erneuert.
Anno 1742 wurde ich zur Aufsicht bey
den Kindern mit angestellt, u. verbrachte
meine Zeit sehr vergnügt bey
ihnen. Anno 1743 wurde ich zur Akoluthie
angenomen u. als Arbeiterin
der größeren Mädchen angestellt. Diese
Gnade beugte u. beschämte mich gar
sehr, weil ich mich für viel zu unvermögend
kannte, es diente mir aber
auch dazu, daß ich mich selbst immer
beßer kennen lernte. Anno 1745 erhielt
ich einen Ruf in die Kind Mädchen-Anstalt
nach Amsterdam, u. zog anno
1747 mit derselben nach Zeist. In
diesem Jahre wurde ich auch ins ledige
Schwesternchor aufgenomen. Weil
ich immer sehr kränklich war, so wurde
[28] ich anno 1749 abgelöset, u. kam auf
dem Herrnhaag ins Mädchenhaus,
mit welcher Anstalt ich dann anno 1750
im Sept. nach Groß-Hennersdorf u.
1751 im Merz nach Herrnhut. zog, u. darinn
verblieb bis ins Jahr 1766. In
dieser Zeit nahm mich der heilige Geist in
eine gesegnete Schule, darinn ich
mich viel gründlicher kennen lernte.
Schon oftmals hatte ich ein großes Verlangen
gehabt, auch einmal in einem
Chorhause zu wohnen u. anno 1766 widerfuhr
mir dieses Glück, da ich am
25 Aug. mit vielen Freuden einzog.
Für die darin in reichem Maaße
genossene Gnade werde ich Zeitlebens
dankbar seyn. Anno 1776 bekam ich
einen Ruf nach Liefland ins Haus
des Herrn Landraths v. Ungern Sternberg.
Dieser Antrag fiel mir in
aller Absicht überaus schwer, u. nur
die Ueberzeugung von dem Willen
des Heilandes konte den Entschluß
[29] dazu bey mir zuwege bringen. Bey
einem achttägigen Aufenthalt in Barby
genoß ich viel Gutes, u. der Vers, womit
die Gemeine in der lezten Singstunde
mich u. meine Reisegesellschaft
segnete: Geist, Seel u. Leib ist Dir geweiht
p welcher sich so ganz besonders
auf mich paßte, ist mir nach der Zeit
oft zum Trost u. Aufmunterung gewesen.
Am 23 Aug. kam ich auf meinem
Posten an, u. wurde sehr liebreich
aufgenomen. Die erste Zeit hatte ich
armes, an die Gemeine sehr verwöhntes
Kind viele bange Stunden, u. verbrachte
manche Nacht schlaflos u. unter vielen
Thränen. Aber der Heiland tröstete mich
mit dem Gefühl Seines Friedens, und
ließ mirs auch sonst wohl gehen in dem
Hause des Herrn Landraths, denn er u.
seine Gemahlin waren wie Eltern gegen
mich gesinnt. Anno 1779 that die
Frau Landräthin mit ihren zwey jüngsten
Kindern einen Besuch in Deutschland,
[30] u. nahm mich mit. In Barby
wurde mir die erfreuliche Nachricht gebracht,
daß ich mein Plätzchen im Herrnhutischen
Chorhause wieder einnehmen
könte. An meinem Geburtstag d. 26tn
Jul. traf ich wieder in Herrnhut ein, u.
ließ den Freudenthränen ihren Lauf,
daß ich mich wieder so gut aufgehoben
sahe. Solt ich nun nicht frölich seyn,
ich beglücktes Schäfelein; denn nach diesen
schönen Tagen werd ich endlich heim-
getragen in des Hirten Arm u. Schoos,
Amen, ja mein Glück ist groß.“
So weit sie selbst.
Es war in dem ganzen Gang unsrer seligen Schwester unveränderlich wahrzunehmen, daß sie durch Gnade einen vesten Grund des Glaubens an die blutige Versöhnung Jesu Christi in ihrem Herzen hatte, u. einen Trost, der ihr nie entwich, auch nicht in denen Stunden, wenn sie über ihre Mängel u. Zurückbleiben oft schmerzlich [31] betrübt war. Denn sie verstand das selige Sündergeheimnis[WS 2], sich mit alle ihrem Elend zutraulich an den Heiland zu halten, u. der Umgang mit Ihm war ihr unaussprechlich wichtig u. unentbehrlich. Sie hatte einen tiefen Eindruck von dem Glück, ein Glied der Gemeine zu seyn, u. es lag ihr sehr ernstlich an, als eine Magd Jesu der Gnade würdiglich zu wandeln. Sie konte daher auch nicht wohl ertragen, wenn sie bey andern eine Gleichgültigkeit dagegen zu spüren glaubte; da sie sich dann freilich zuweilen bey dergleichen Beurtheilungen länger aufhielt, als es nöthig war, u. sich manchmal selbst die Zeit damit verdarb. Gegen alle Armen u. Elenden war sie überaus mitleidig gesinnt, absonderlich hatte sie einen gar zärtlichen Hang zu den Kindern, so daß sie, ohne sich selbst zu schonen, [32] im Dienste derselben mit unermüdeter Liebe ihre Kräfte dran gewagt hat; überhaupt besorgte sie alles, was ihr aufgetragen war, mit gröster Treue u. Pünktlichkeit. Seit ihrer Zurückkunft aus Liefland diente sie verschiedene Jahre der Gemeine als Saal- u. Fremden-Dienerin, u. ihrem Chor als Gesellschaftshalterin u. Besucherin mit wahrem Vergnügen. Schon vor etlichen Jahren behielt sie von einer Krankheit etwas auszehrendes zurück, und ihre Gedanken waren dabey bald auf eine selige Vollendung gerichtet. Da es sich aber damit in die Länge verzog, so war ihr die Wartezeit bey zunehmenden Beschwerden der Hütte, freilich eine eigne Schule; doch wußte sie sich so nahe u. gläubig an ihren Erbarmer zu halten, daß man sie meistens vergnügt u. aufgeräumten Gemüths sahe. Von ihrer sünderhaften Herzensstellung findet sich ein lieblicher Beweis in einer von ihr selbst aufgeschriebenen [33] kindlichen Unterredung mit dem Heiland, darinn es heißt:
„Mein allerliebster Heiland! ich armes beschliesse nun dieses 1786te Jahr, in welchem ich mir die süße Hofnung gemacht hatte, daß Du dein Krankes ins gesunde Reich aus Gnaden u. Barmherzigkeit aufnehmen würdest; aber nach Deinem Willen bin ich noch da. Ach mein Erbarmer! Du legest nie mehr auf, als man ertragen kan; und so muß ich Dir zum Preise nachsagen, daß Du mir in diesem Jahre gnädig durchgeholfen. O vergib, vergib mir meine Ungeduld u. meine Empfindlichkeit, die ich oft gegen meine lieben Schwestern bezeugt habe. Ach mein Herr Jesu, wenn ich Dich nicht hätte, wo solt ich Aermstes unter den Elenden mich sonst hinwenden! Hebe Deine durchgrabenen Hände über mich Armes auf, u. absolvire mich von allen Sünden, darüber ich wol schon vielmal den tröstlichen Anblick Deiner Gnade empfangen habe; [34] aber ist noch das geringste an mir, das nicht Dein eigen ist, so schwemme es weg mit Deinem Versöhnungsblute. O könte ich Dich nur noch viel zärtlicher lieben u. an Dir hangen! Ich werde als eine große Schuldnerin zu Dir kommen. Reichen Trost wirst Du mir geben, so oft ich Tröstung nöthig hab: in den lezten Augenblicken wirst Du den lezten Trost mir schicken, die lezte Thrän’ treugst Du mir ab. Und ach! dann seh ich Dich, Du Märtyrer für mich! O der Freuden! Wenn ich fortan bey Dir seyn kan, da geht der ewge Sabbath an. Schönstes Licht, das die Todesnacht durchbricht: Du sollst meinem Herzen funkeln, wenn die Sinnen hier vergehn, wenn die Augen hier verdunkeln, wird das Marterlamm dort vor mir stehn, ich werds sehn, ach wie schön!“ Am 25 Merz 1787 wurde sie so schwach, daß ihr Ende nahe zu seyn schien; sie erholte sich [35] zwar in etwas wieder, mußte aber von da an ganz in der Krankenstube bleiben. An den Abendmahlstagen der Gemeine genoß sie dieses hohe Gut nebst den übrigen Kranken allemal unter vielen Thränen, u. es war ihr immer eine neue Herzstärkung. So oft ihr eins in die ewige Heimath voranging, schickte sie Sehnsuchtsthränen nach, und ihre Seele war voll Verlangen den bald zu schauen, an welchen sie glaubte. Er machte ihr inzwischen die Schmerzen u. Beschwerden ihrer Krankheit sehr erträglich. Die lezten Tage schlummerte sie viel, war sich aber dazwischen immer ganz gegenwärtig. Am 29 May sahe man schon in aller frühe, daß ihr seliges Ende herannahe. Sie empfing bey völliger Bewußtheit den Segen der Gemeine u. ihres Chores, unter dem innigsten Gefühl des Friedens Gottes, u. zu Mittag verschied sie so sanft u. stille, daß man es kaum gewahr wurde. Ihr Alter hat sie gebracht auf 60 Jahre u. 10 Monate.
[36]
1.) Aus dem diario von Neu-Herrnhut vom Sept. 1786. bis Jun. 1787.
Den 1 Sept. kam Bruder Heinze von Kangek zurück, wo er Anstalten getroffen hatte zum Bau eines Häuschens für ein paar Europäische Geschwister.
D. 8tn reisten unsre lieben Geschwister Brodersens mit dem Bruder Grillich nach Lichtenfels ab. In den folgenden Tagen war Bruder Fliegel in Kangek, u. arbeitete fleißig an gedachtem Häuschen. D. 12tn verabschiedete[WS 3] sich Bruder Heinze mit der hiesigen Gemeine, u. d. 16tn ging er an Bord, um über Lichtenfels nach Europa zu reisen. Geschwister Meyers waren nun einige Tage ganz allein hier. Die Grönländischen Geschwister fingen nun an in ihre Winterhäuser zu ziehen. D. 29tn kam Johannes, der ehedem die Gemeine verlassen hatte, u. nach Norden gefahren [37] war, hieher, u. brachte einen eigenhändig geschriebenen Brief mit, worin er um Vergebung seiner Versündigungen u. um Wiederannahme in die Gemeine bittet. D. 6 Oct. kamen Geschwister Möhnes von Lichtenfels hier an, um ihrem Rufe zufolge künftigen Winter bey unsern auswärtigen Geschwistern zu wohnen. D. 18tn hörten wir zu unserm Schmerz, daß der ledige Bruder Augustus bey Kangek in seinem Kajak verunglückt sey. Er war ein hofnungsvoller junger Mensch, sowol in Absicht auf das äussere als das innere. D. 23tn fuhren Geschwister Möhnes mit ihren zwey Kindern auf ihren Posten ab. Zu Anfang Nov. besuchte Bruder Fliegel unsre auswärts wohnenden Geschwister in Kellingarsuk u. Karosuk. An ersterm Orte war er besonders erfreut über der Geschwister ihre Liebe zu ihm u. unter einander, wie auch über ihr ordentliches Betragen. In [38] Karosuk war ihm auch unter den Geschwistern recht wohl. An beyden Orten hielt er etliche Versammlungen, u. empfahl den Geschwistern, sich vest an den Heiland zu halten. In diesem Monate waren wenig Grönländer hier auf unserm Lande, weil sie bey dem schönen Wetter ihrer Nahrung nachgingen. D. 27tn wurde die Kinderschule wieder angefangen, u. d. 28tn. wurde den Geschwistern bekannt gemacht, wie den Winter über die Gesellschaften gehalten werden sollen. Durch diese u. andre Einrichtungen zur Bedienung der Gemeine schien ein ganz neues Leben unter die Geschwister zu kommen. In der Helfer-Conferenz wurde unter andern erzehlt, daß einer von denen in Kangek stehenden Heiden nach einer Versamlung des Bruder Möhne gesagt habe, er wolle das nächste mal über ihn spotten; darauf habe ihm eine von [39] unsern Schwestern gesagt: „Wenn du das thust, so ist es eben so, als wenn du über Gott deinen Schöpfer spotten woltest, denn er redet Gottes Wort, u. ist von Ihm zu uns gesandt worden“ – durch welche Antwort der Heide ganz niedergeschlagen worden. Andre Heiden in der Gegend bezeigen Lust sich zu bekehren, u. einer hat den Helfer Benjamin gebeten, in seinem Hause eine Versamlung zu halten. Desto schmerzlicher ist es, daß die Charlotte, die schon lange in Sünden u. Schanden lebt, den Heiden abrathen soll sich zu bekehren, weil es sie wieder gereuen möchte, so wie es sie auch reue, daß sie getauft worden. Eine andre ehedem Getaufte Namens Eleonora, die unter den Heiden in Ittersak wohnt, hat, um jemanden gesund zu machen, Hexerey gebraucht, obgleich ihr selbst die Heiden gesagt hatten: [40] „Du darfst so etwas nicht thun, du bist ja getauft.“ Sie hat darauf eine Lähmung bekommen, daß sie nicht im Stande ist was zu thun, u. sehr elend aussehen soll. Auch die Heiden sehen dieses für Gottes Strafe an. Von Johannes hörten wir auch allerley schlechtes, woraus wir ersahen, daß es ihm mit seiner vorgegebenen Reue noch kein Ernst ist. Alle diese Umstände wurden den Helfern zur treuen Fürbitte empfohlen. Am Gemeintag d. 10. Dec. wurden zwey Mädchen in die Gemeine aufgenommen. Die Geschwister hörten mit Vergnügen ein diarium von Okkak verlesen. In der Beter-Versamlung am 16tn war eine besondere Bewegung wahrzunehmen, indem während dem Anbeten verschiedene Geschwister laut weinten. D. 20tn hatten die Gesellschaftshalter ihre Conferenz, u. bezeugten durchgängig, daß die Geschwister [41] vergnügt wären, u. sich sehr auf die Weihnachtstage freuten. D. 23tn kamen in ihren Kajakken 6 Brüder von Kangek, 3 von Kellingarsuk, u. 3 von Karosuk hieher. Mit Booten zu fahren war unmöglich, daher auch keine Schwestern herkommen konten, so gern sie auch wolten. Heute hatten wir das heilige Abendmahl, wozu 2 Brüder von den auswärtigen u. einer von den hiesigen readmittirt wurden. D. 24tn begingen wir die Christnacht auf die gewöhnliche Weise. Viele Grönländer von der Dänischen Mission wohnten derselben auch bey, u. waren aufmerksam u. andächtig. In unsrer Gemeine war ein besonderer Freudengeist wahrzunehmen, der uns sehr tröstlich war. D. 25tn feyerte das Ehechor sein Chorfest im Segen. D. 26tn kehrten unsre Gäste zu den ihrigen wieder zurück, froh u. dankbar für alles hier [42] genoßene Gute. D. 31tn machten wir den Beschluß des Jahres, u. besahen gemeinschaftlich, unter großer Stille u. Aufmerksamkeit der Geschwister, unsern bisherigen Gang. Obgleich unsre hiesige Grönländische Gemeine, die ehemals so stark war, nun sehr klein geworden, u. überdem ganz zerstreut wohnt, so daß sie menschlichem Ansehen nach wol niemals zu dem ehemaligen Wohlstand wieder gelangen dürfte; so wissen wir doch, daß sie des Heilandes ist, u. Er in unsrer Mitte wohnt. An betrübten Vorkommenheiten, die bey gegenwärtiger Verfaßung fast unvermeidlich sind, hat es nicht gefehlt; aber dem grösten Theil der Geschwister liegt es doch an, der empfangenen Gnade treu zu bleiben; u. viele, die in Abweichungen gerathen waren, fangen an umzukehren, u. einige von ihnen sind wieder in einem erfreulichen Gange.
[43] Es sind in diesem Jahre 10 Kinder geboren worden, zur Aufnahme in die Gemeine sind 10 – u. zum heiligen Abendmahl 7 Personen gelangt. Getraut ist worden 1 Paar. Heimgegangen sind 12 Pers. u. darunter 4, die im Kajak geblieben sind. Die Gemeine besteht aus
61 Eheleuten 3 Witwern 14 ledigen Brüdern 19 Knaben 50 Knäbchen 34 Witwen 26 ledigen Schwestern 21 größern Mädchen u. 59 Mägdlein Summa 287 Personen.
Von diesen wohnen in Pissiksarbik 19, in Kellingarsuk 26, in Karosuk 16, in Kangek 152, u. in Neu-Herrnhut nur 74.
Noch in keinem Jahre ist die Gemeine so zerstreut gewesen wie in diesem. Die Pissiksarbik wohnen 8 Meilen [44] von hier, u. sind also den Winter über ganz von uns abgeschnitten, u. im Sommer bekommt man sie auch wenig zu sehen. Sonst ist noch anzuführen, daß gedachte 287 Seelen aus 113 Communicanten, 163 Getauften u. 11 Ungetauften bestehen.
Den 1 Jan. feyerten die ledigen Brüder ihr Chorfest. Nach allen Versamlungen gingen die Geschwister mit Musik u. Gesang im Orte herum. D. 6ten konten wir wegen des ungestümen Wetters das Heidenfest nicht feyern, holten es aber am 7ten nach. Die Geschwister hörten ein diarium von Antigoa verlesen, u. zum Schluß des Tages wurde ein lediger Mensch unter die Taufkandidaten aufgenommen. Einen ähnlichen Festtag hatten wir am 19ten, als an dem Gedenktage der Abreise der ersten Brüder von Herrnhut nach Grönland. Leztern machte uns unser lieber Herr zu einem besonders [45] begnadigten Segenstag. Sonst war die Witterung in diesem Monate unsern Grönländern zu ihrer Erwerbung nicht günstig; zum Glück waren aber die hiesigen hübsch mit Heringen versehen, u. die auswärtigen, die auch keine Seehunde bekommen konten, kamen fleißig hieher, um Heringe zu holen. D. 2 Febr. feyerten die Witwen ihr Chorfest mit den gewöhnlichen Versamlungen. Zum heutigen Geburtstag unsers lieben Bruder Meyers hatten wir ein vergnügtes Liebesmahl. Er hat nunmehr seine meiste Lebenszeit in Grönland zugebracht. D. 23ten bekamen wir nach langer Zeit wieder einmal Nachricht von unsern Geschwistern in Kellingarsuk. Von Kangek u. Karosuk haben wir die Zeit her viel Besuch gehabt. D. 4 Merz wurden 2 Personen unter die Taufkandidaten aufgenommen, u. am 11ten wurde Nongak mit Namen Joel in Jesu Tod getauft. Da eine solche Handlung seit langer Zeit nicht vorgekommen [46] war, so fand sich alles dazu ein, was nur kommen konte, u. der Heiland bekannte sich mit vieler Gnade dazu. Zwey leibliche Geschwister des Neugetauften waren sehr traurig, daß ihnen nicht auch diese Gnade widerfuhr.
Unsre Geschwister fingen um diese Zeit an Hungersnoth zu leiden, weil sie ihren Vorrath von Heringen gröstentheils andern mitgetheilt hatten; u. doch fanden sich von andern Orten immer viele ein, die hier etwas zu bekommen hofften. Unter andern war der Hexenmeister Kellipak von Kangek hier. Da ihn Bruder Meyer fragte, ob er sich nicht bekehren u. seine Gauckeleyen fahren lassen wolte, da er selber sähe, daß er nichts damit ausrichtete, denn er hätte um Seehunde gehext, u. es wären noch nie so wenige gewesen als dieses Jahr: so antwortete er: Ja die Menschen hungern sehr, u. darum kommen wir hieher, uns einmal satt zu essen. Wenn ich werde von Süden zurückkommen, [47] dann will ich mich bekehren. Vom 14tn bis zum 17tn war Bruder Fliegel zum Besuch in Karosuk, wo es ihm aber jezt nicht so gefiel wie das erstemal, weil es den dasigen Geschwistern an Liebe fehlt. Mehr Freude hatte er in Kellingarsuk, wo er in den folgenden Tagen besuchte. D. 2 April kamen Geschwister Möhnes mit ihren Kindern von ihrem auswärtigen Posten, zu unsrer herzlichen Freude, munter u. wohl bey uns an.
Zur Feyer der Charwoche u. des Osterfestes fanden sich die auswärtigen Geschwister hübsch zahlreich ein, so daß es in den hiesigen wenigen Häusern an Platz fehlte. Zwey Schwestern gelangten zum erstmaligen Genuß des heiligen Abendmahls. Am Ostermorgen wurde die Gemeine mit Trompeten, Violinen u. Gesang geweckt, worauf die gewöhnlichen Versamlungen gehalten wurden. Unter andern war eine begnadigte Taufhandlung von 3 Erwachsenen u. einem [48] Kinde. Sonst feyerten auch heute die ledigen Schwestern ihr Chorfest, u. 2 Mädchen wurden unter sie aufgenomen.
D. 14tn erfuhren wir, daß 5 Europäische Boote voll Schiffsvolk hier bey der Colonie angekommen, u. zwar von einem Englischen Wallfischfänger genannt Success. Dieses Schiff war d. 12 Febr. von London abgesegelt u. war nach Disco bestimmt, gerieth aber bey einem Nebel unter hiesige Inseln, blieb vest sitzen, u. ging so dann zu Grunde. Von 31 Mann waren 12 ertrunken, die übrigen retteten sich mit ihren nothwendigsten Sachen. In der Litaney am 15tn gedachten wir bey den Worten: Die mit Schiffen auf dem Meer fahren, erfahren deine Wunder – dieser armen Leute besonders. D. 18ten u. 19ten waren der Capitain, die zwey Steuerleute u. das übrige Volk von dem verunglückten Schiff bey uns auf einen freundschaftlichen Besuch. Wir bedauerten [49] nur, daß wir nicht mit ihnen reden konten. Ein Mohr oder Neger, den sie mithatten, war unsern Grönländern besonders merkwürdig, u. es kamen einige von den auswärtigen Plätzen express hieher, um ihn zu sehen. D. 20tn wurden alle unsre Brüder aufgefordert, die Sachen vom gestrandeten Schiff retten zu helfen, u. es blieb keiner zu Hause. D. 24ten erfuhren wir, daß unser alter Helfer-Bruder Benjamin in Kangek sehr krank sey, u. d. 26tn brachten sie, ehe wir es vermutheten, seine Leiche mit einem Boot, in Begleitung von 6 Kajacken, hieher. Nachmittags war das Begräbnis, welches besonders zahlreich u. feyerlich war. Dieser Heimgang ging uns sehr nahe, da Brüder von seiner Art unter uns nur selten werden, u. er seiner Nation besonders treu gedient hat. Er kam als ein Knabe mit seinen Eltern hieher zur Gemeine, wurde im Febr. 1745 getauft, u. gelangte im Merz 1749 zum heiligen [50] Abendmahl. Anno 1753 trat er zum ersten- u. anno 1781 zum andern mal in die Ehe. Er hatte den Heiland zärtlich lieb, und wes sein Herz voll war, des ging auch sein Mund fleissig über. Etliche u. 20 Jahre lang war er ein treuer und activer Nationalhelfer, u. bewies sich willig u. pünktlich, so oft ihm etwas zu thun aufgetragen wurde. Seinen Landsleuten die Gnade im Blute Jesu anzupreisen war ihm eine Gnade. Bey der Uebersetzung der Harmonie der 4 Evangelisten u. des Lehrbüchleins, wie auch bey Verfertigung des neuen Gesangbuchs, hat er nützliche Dienste geleistet; denn er hatte eine besondere Gabe, wenn er eine Sache recht gefaßt hatte, auch den dazu gehörigen Ausdruck in seiner Sprache zu finden. Sein Wandel war exemplarisch, und Grönländer u. Europäer konten nicht anders als ihm mit Achtung begegnen. Ueber die Abweichungen einiger seiner Mitgeschwister war er sehr betreten, u. man mußte ihm zureden, den Muth [51] nicht sinken zu lassen. Diesen Winter wohnte er bey einigen auswärtigen Geschwistern, u. hielt unter ihnen gute Ordnung. Die Gelegenheit zu seiner Auflösung war das Seitenstechen. Sein vergnügter Heimgang wird insonderheit seinen Hausleuten in lieblichem Andenken bleiben. Sein Alter kan man ohngefehr 60 Jahre schätzen.
Im Monat May waren viele Geschwister kränklich. Einige befürchteten, daß es wieder die böse ansteckende Krankheit seyn möchte, die vor einigen Jahren hier grassirte, u. die noch in Norden herumschleichen soll. Geschwister Meyers hielten sich eine Zeitlang in Pissiksarbik auf, zum Besuch der Geschwister, die daselbst auf dem Heringsfang waren. D. 4tn lief das nach Julianenhaab bestimmte Schiff hier ein, u. wir hatten die Freude, Geschwister Sörensens zu bewillkommen. D. 6tn lief auch das hieher bestimmte Schiff ein, und d. 7ten bekamen wir unsre diesjährigen Briefe. D. 10tn kamen Geschwister Meyers [52] von Pissiksarbik zurück. Einige von unsern dortigen Geschwistern sind vor kurzem heimgegangen, von denen uns die andern manches erfreuliche erzehl- ten. Der Witwer Barnabas, der viele Jahre in einem seligen Gang gewesen, zulezt aber in Versündigungen gerathen war, kam auf seinem Krankenlager zum Nachdenken über sich, redete sünderhaft mit Bruder Meyer aus, u. wendete sich zum guten Hirten, der ihn nun auch wird zu Gnaden angenommen haben.
Hiemit schliessen wir unser diesjähriges diarium, u. empfehlen uns dem treuen Andenken u. Gebet unsrer lieben Geschwister.
2.) Bericht der Geschwister Möhnes von ihrem Aufenthalt unter den auswärtigen Geschwistern in u. um Kangek.
D. 23 Oct. 1786 reisten wir von Neu-Herrnhut ab, u. kamen denselben Tag [53] an unserm Orte nahe bey Kangek, den die Grönländer Kigutelik nennen, an. Unser Flehen zu unserm lieben Herrn war, daß Er mit uns seyn, u. uns den hiesigen Grönländern wolle zum Segen seyn lassen. Es war uns nicht unbekannt, daß die meisten von den hiesigen Geschwistern durch die Zerstreuung gleichgültig gegen den Heiland u. die Gemeine geworden, u. manche auch in schlechte Umstände hineingerathen waren. Wir fanden nur die Helfer-Geschwister Simons mit ihrer Familie hier, die übrigen wohnten an 5 Orten zerstreut. Ich machte es daher zu meiner Hauptsache, sie so viel als möglich zu besuchen, so wie auch die an 3 Orten wohnenden Heiden. In unserm Grönländischen Häuschen richteten wir uns so gut ein, als wir konten. D. 25tn besuchte mich ein Heide, war sehr freundschaftlich, u. hörte aufmerksam zu, da ich ihm etwas [54] vom Heiland sagte. D. 27tn kamen einige Geschwister von Sarsuvik, welches der entfernteste Platz von uns ist, u. fragten, ob nicht bald Abendmahl seyn würde. Sie wurden auf den folgenden Tag bestellt: d. 28tn fanden sich noch mehrere herbey. Wir sprachen mit ihnen einzeln, u. fanden doch mehr erfreuliches u. tröstliches, als wir uns vorgestellt hatten. Abends hatten wir, 34 an der Zahl, den seligsten Genuß des Leibes u. Blutes Jesu im heiligen Abendmahl. D. 29ten hielt ich in Simons Hause eine Versamlung für die Kinder, wozu sich einige von Kangek u. auch von Sarsuvik eingefunden hatten. Ihre Gemüther waren ziemlich zerstreut, doch sassen sie ganz stille, u. hörten aufmerksam zu. Nachher sprachen wir mit einer ausgeschlossenen ledigen Weibsperson, die sich aber noch nicht sehr reuig bezeugte.
[55] D. 1 Nov. war ich in Kangek, hielt den Geschwistern eine Versamlung, u. ermunterte sie zu einem Kindern Gottes gemäßen Wandel. Nachher besuchte ich die hier wohnenden Heiden. Der Mann des Hauses, welcher zwey Weiber hat, ist ein Hexenmeister; sie versprachen wol sich zu bekehren; indeßen haben sie immer Entschuldigungen, warum es jezt noch nicht geschehen kan. D. 5tn besuchten uns viele Geschwister, u. wir hatten zusammen eine gefühlige Versamlung. D. 7tn besuchte ich die Geschwister in Sarsuvik, u. fand sie gesund u. wohl. Es halten sich hier 3 Matrosen auf, die mit großen Netzen über 80 See-Hunde gefangen haben, u. die in unsrer Versamlung aufmerksame Zuhörer waren. D. 8tn besuchte mich ein ausgeschlossener Abendmahls-Bruder, und bezeugte Reue über seine Vergehungen.
[56] D. 11tn war ich bey denen zunächst wohnenden Heiden, u. redete mit ihnen von der Bekehrung zum Heiland. Einige waren aufmerksam, andre aber sagten, sie hätten von solchen Dingen keinen Verstand; doch baten sie alle daß ich sie mehr besuchen möchte.
D. 12tn besuchten wir beyde in Kangek. Viele, besonders junge Leute, fangen an krank zu werden, u. es wurde fleißig Medicin bey uns geholt.
D. 14tn hatte ich mit einem ausgeschlossenen Helfer eine gründliche Unterredung, konte mich aber über seinen Herzenszustand nicht sehr freuen.
D. 19tn meldete mir der Helfer-Bruder Benjamin in Sarsuvik, daß ihm der Heiland ein Töchterlein geschenkt habe, u. bat um die Taufe desselben. Ich ging am 20ten dahin, hielt den Geschwistern eine Versamlung, u. taufte das Kind mit Namen Sabina. D. 21tn wurde den Geschwistern der Abschnitt [57] von der heiligen Taufe aus der Idea fidei fratrum vorgelesen. Es war ihnen dieses Verlesen so angenehm, daß sie die Wiederholung desselben verlangten. D. 22ten mußte mit einer ledigen Schwester wegen ihres anstößigen Wandels nachdrücklich gesprochen werden; sie versprach, Beßerung. D. 26tn waren einige Heiden in der Versammlung aufmerksame Zuhörer. Ein ausgeschloßener Abendmahls-Bruder bezeugte sehnlich seinen Wunsch, wieder readmittirt zu werden. D. 27ten wurden alle, Getaufte u. Ungetaufte, zum Sprechen bestellt, wozu sie sich in den folgenden Tagen einfanden.
D. 1 Dec. waren wir beyde in Sarsuvik, u. unterhielten uns vergnügt mit den dortigen Geschwistern. Es war ihnen zum Wunder, daß eine Europäische Schwester zu ihnen gekommen war, da der Weg über einen hohen u. steilen Berg geht, u. daneben die See ist.
D. 3tn waren wieder einige Heiden in [58] der Versamlung. D. 5ten wurde mit einer ausgeschlossenen Witwe gesprochen; sie bezeugt aber noch keine Reue über ihre Vergehungen. Mehr Freude hatten wir über eine andre ebenfalls ausgeschlossene Witwe, die über sich zum Nachdenken kommt. D. 10ten musten wir eine ledige Schwester, die sich mit heidnischen Sachen abgegeben, vom Friedenskuß ausschliessen. Einige Heiden waren heute in der Versamlung. D. 11ten besuchte ich die benachbarten Heiden, von denen mir zwey Männer nicht ungeschickt zum Himmelreich zu seyn schienen. Da ich Abends nach Hause kam, überfiel mich auf einmal eine große Schwäche in allen Gliedern, ich bekam Kopfweh, Frost u. Hitze, u. musste mich gleich einlegen. Am 9ten Tage brach sich die Krankheit, so daß ich am 20ten wieder eine Versamlung halten konte. Zu den Weihnachtsfeyertagen waren einige Brüder in Neu-Herrnhut, [59] die übrigen Geschwister fanden sich bey uns so zahlreich ein, daß wir am 24ten das Liebesmahl in zwey Abtheilungen halten musten. Der Heiland war fühlbar in unsrer Mitte, u. man sahe bey einigen milde Thränen fließen. D. 25ten kam eine Witwe, die vorigen Sommer sich hatte verleiten lassen ein heidnisches Spiel mit zu machen, u. deswegen ausgeschlossen worden, u. sagte: ich fühle mich wie ein verlornes Schaf, das in der Irre geht, u. habe den Heiland gebeten, mir alles zu vergeben u. mir wieder zu erlauben Sein Fleisch u. Blut im heiligen Abendmahl zu geniessen. Es wurde herzlich mit ihr geredet.
In diesen Tagen wurden die Communicanten gesprochen, u. d. 27ten hatten wir das heilige Abendmahl. D. 28ten wurden die Geschwister in Kangek, u. auch an den andern Orten, öffentlich vor einem gewissen Verführer gewarnt, der oft in hiesige Gegend kommt, u. schon [60] manches Unglück angerichtet hat.
D. 29ten versamleten sich diejenigen Kinder, die am 24ten nicht hatten kommen können, u. hatten eine gesegnete Nachfeyer des Weihnachtsfestes.
D. 3 Jan. 1787 taufte ich ein Töchterlein der Geschwister Antons mit Namen Persida. D. 4ten hatten wir einen heftigen Sturm, so daß unsre Schlafstellen zitterten, u. wir uns kaum erwärmen konten. Am Heidenfest d. 6ten gedachten wir besonders der in dieser Gegend wohnenden Heiden, mit dem herzlichen Wunsch, daß auch sie ein Eigenthum Jesu werden mögen. D. 11ten kam ich von einem Besuch in Sarsuvik sehr abgemattet nach Hause, denn oft muste ich bis an den halben Leib im Schnee gehen, dann wieder über Berge steigen, die von Eis so glatt waren, daß ich oft hinfiel, u. dabey im Gesicht ein heftiges Stöberwetter ausstehen. Ich dankte dem Heiland sowol für seine Durch-Hülfe, [61] als auch für sein Bekenntnis zu meinem geringen Zeugnis von Ihm.
D. 19ten wurde in Sarsuvik der Bruder Philippus beerdigt, der nach einer dreytägigen Brustkrankheit selig entschlafen war. Seine Erklärung über seine Herzensstellung war uns besonders beym lezten Sprechen erfreulich gewesen.
Heute hatte ich auch eine Unterredung mit einem Heiden, der, wie es scheint, gern vom Heiland hört. D. 27ten wurden die Geschwister angelegentlich ermahnt, sich bey allen Vorkommenheiten kindlich an den Heiland zu halten. Es werden jezt viele krank an Brustkrankheiten, u. erholen sich davon sehr langsam wieder.
D. 31ten wurde mit einer ausgeschloßenen Getauften gesprochen, u. sie versprach sich aufs neue zum Heiland zu wenden. Auch wurde in diesen Tagen mit dem in Kangek wohnenden bekannten Hexenmeister nachdrücklich gesprochen, weil er sich unterstanden hatte eine von unsern Getauften zur Sünde verführen zu [62] wollen. Er gab klein zu, versprach alles Gute, u. seitdem hat man auch von dergleichen nicht mehr gehört.
D. 1 Febr. hatten wir die Freude, daß 4 Seelen von den hiesigen Heiden nach Neu-Herrnhut zogen, in der Absicht, sich zu bekehren. D. 7ten fand ich in Sarsuvik wenige zu Hause, weil bey gegenwärtiger hungriger Zeit alles auf Erwerbung ausgeht. Sie müssen sich jezt gröstentheils mit Muscheln u. Alken durch bringen. Eine Witwe erfuhr beym fischen eine besondere Bewahrung, indem das Eis unter ihren Füssen einbrach, u. sie unter dasselbe gerieth; aber durch Hülfe einer andern Schwester, die ihr eine Fischschnur zuwarf, glücklich wieder herauskam. D. 18ten nahm der Heiland das Waiblein Gregorius zu sich, ein liebes Kind, welches sein anhängliches Herz an den Heiland gefühlig darzulegen pflegte. Heute hörten wir zu unserm Schmerz, daß einige Geschwister, u. darunter [63] ein paar Communicanten, in Kangek sich verleiten lassen einer heidnischen Gauckeley beyzuwohnen, um Alken (eine Art Seevögel) herbey zu hexen; ja daß der ausgeschloßene Helfer Apollo an der ganzen Sache Schuld sey. Dieses u. mehrere schmerzliche Umstände bey einzelnen Seelen machen uns oft zu unserm lieben Herrn seufzen u. schreyen: Erbarme Dich über Deine arme Grönländische Gemeine, u. laß es dem Feind nicht gelingen sie aus Deiner Hand zu reissen. D. 7 Merz besuchten mich etliche Heiden, die am weitesten von uns wohnen, u. ich hatte mit ihnen eine angenehme Unterredung. Ueberhaupt hatte ich in diesem Monate öfters Gelegenheit mit Heiden zu reden. Einmal baten sie mich, ihnen mehr zu sagen, welches ich auch gern that. Etliche sagten, sie hätten so etwas noch nie gehört. D. 20ten fuhren Geschwister Simons mit ihrer Familie nach Neu-Herrnhut, [64] u. die andern fingen auch nach u. nach an von hier aufzubrechen. Wir blieben hier bis zum 2 April, worauf wir munter u. wohl wieder in Neu-Herrnhut ankamen.
Wir empfehlen zum Schluß die armen zerstreuten Grönländischen Geschwister dem besondern Gebet u. Andenken der Geschwister.
Aus dem diario von Gracehill vom Ende Jul. 1786 bis Jun. 1787.
Den 30 Jul. gegen 2 Uhr des Morgens erhob sich ein harter Sturm, der unter beständigem Donnern u. Blitzen so zunahm, daß wir einen Orkan befürchteten. Der Helfer Jonas von Buckshorn kam in aller Frühe zu sehen, wie wir uns befänden. Die heutige Losung: „Ich will diese Stadt beschützen, daß ich ihr aushelfe um meinetwillen“ – war uns besonders [65] tröstlich, u. wurde auch an uns erfüllt. Da wir in einer Helferconferenz in diesen Tagen einige Verlegenheit über unsre Neger-Brüder in English-Harbour bezeugt hatten, so nahm der Helfer Jonas die Sache zu Herzen, u. so bald er ein wenig Zeit hatte, ging er hin, um daselbst u. in der Gegend zu besuchen. Der Heiland war mit ihm, daß er mit einigen herzlichen Ermahnungen weit mehr Eingang fand, als er erwartet hatte, selbst bey solchen, die ihm pflegten aus dem Wege zu gehen. Auf Freemanns, wo Gnade u. Liebe ziemlich durchgängig zu spüren ist, fand er 2 Abendmahls-Brüder in Uneinigkeit, die er nicht bedeuten konte. Das betrübte ihn sehr, u. er sagte ihnen, daß ehe der selige Gang auf der Estate durch ein solches schlechtes Exempel gestört werden solte, so solten sie doch lieber gleich beyde mit ihm nach Gracehill gehen. Das thaten sie, u. der Heiland gab Gnade, [66] daß alles beygelegt wurde.
D. 9 Aug. ließ es sich wieder zu einem Orkan an, u. wir machten alle er- forderliche Anstalten. Des Wetters ohngeachtet fanden sich diejenigen Geschwister ein, die das nächste mal zum heiligen Abendmahl gelangen solten, u. wir hatten ein gesegnetes Sprechen mit ihnen.
D. 11ten überlegten wir mit den Helfern wie das Sprechen der Witwen u. Eheleute zu ihren bevorstehenden Chorfesten, zugleich mit dem Sprechen der neuen Leute u. Taufkandidaten am besten besorgt werden könte. Wir hatten gedacht das Sprechen der leztern für das mal ausfallen zu lassen; die Helfer sagten uns aber, daß sie dadurch gar sehr würden betrübt werden: u. so beschlossen wir mit Gottes Hülfe beydes zu besorgen. Heute besuchte Bruder Hofmann die kranke Helferin Grace nebst ihrer alten Stiefmutter Abigail. Sie waren beyde vergnügt, nur bedauerten [67] sie, daß sie nicht nach Gracehill zum heiligen Abendmahl kommen könten. Die alte, die fast blind ist, war so erfreut, da sie Bruder Hofmanns Stimme hörte, daß sie gleich anfing mit großer Lebhaftigkeit vom lieben Heiland zu reden, so daß ihrer Tochter dabey die Thränen in die Augen kamen. Am 13 Aug. hatten wir in Gemeinschaft mit allen unsern lieben Brüder Gemeinen das heilige Abendmahl, welches 14 Neger-Geschwister zum erstenmal genossen. Aus Veranlassung der Geschichte dieses Gedenktages war hauptsächlich die Bruderliebe, als ein Hauptcharakter einer wahren Gemeine Jesu, das Objekt unserer Unterredungen mit den Geschwistern.
D. 14tn wurde der Helferin Grace u. ihrer Mutter Abigail, auf ihr sehnliches Verlangen, ihr Antheil am heiligen Abendmahl von Bruder Hofmann gebracht. Es geschiehet dieses nicht für gewöhnlich, weil es in den wenigsten Neger-Häusern ohne Störung geschehen könte. Der Helfer Jonas, [68] Ehemann der Grace, hatte alles im Hause reinlich u. ordentlich gemacht, und wohnte nebst seiner Schwester der Handlung bey, wobey ein solches Gefühl war, daß kein Auge trocken blieb. 13 Geschwister, die gestern nicht hatten kommen können, empfingen ihren Antheil in der Communion-Liturgie. D. 18ten war Bruder Braun zu unserm Vergnügen bey uns. Es wurde unter den Geschwistern bald bekannt, u. Abends fanden sich so viele zur Versamlung ein, daß viele draussen stehen musten. Es war heute der Gedenktag, daß vor 4 Jahren der Grundstein zur hiesigen Kirche gelegt worden, in welcher Rücksicht Bruder Braun mit Angethanheit seines Herzens der Gemeine ihre Gnadenwahl zu Gemüthe führte. Das Gebet zum Schluß war mit vielen Thränen der Geschwister begleitet. Darauf war ein Liebesmahl mit unsern Helfern u. Dienern. Bruder Braun that an sie die Frage, ob sie glaubten, daß das Volk [69] noch in dem ersten Feuer der Liebe sey? Sie bejaheten es, u. versicherten, daß die Ursach, warum die Versamlungen jezt manchmal weniger als sonst besucht würden, in der überhäuften Arbeit u. dem Benehmen der weissen Leute zu suchen sey. D. 19ten lasen wir mit einander beym Frühstück das von Bruder Joseph zum Heidenfest verfertigte Lied. Die Beschreibung in demselben von dem Werke Gottes in Antigoa afficirte uns mit Freude u. Schaam, u. erregte manche herzliche Seufzer zum Heiland, daß Er ferner mit uns seyn wolle. Bruder Braun kehrte darauf nach S. Johns zurück. Der 20te war ein sehr geschäftiger Tag theils wegen Versamlungen der Erwachsenen u. Kinder (leztere hatten ihren Bettag) theils mit Sprechen der Witwer u. Witwen, theils mit Reparaturen unsrer Wohnungen, um sie noch beßer gegen Sturmwinde zu sichern, wobey die Neger-Brüder treulich halfen.
[70] Heute wurde der Bruder Salomon begraben. Es ist von ihm anmerklich, daß er gleich das erstemal, da er das Evangelium auf Bailyhill hörte, von demselben ergriffen wurde, u. seitdem unverrücklich am Heiland gehangen hat. Er wurde anno 1778 getauft. Er pflegte oft zu sagen: „Der Heiland ist vom Himmel gekommen u. hat mich in der Wildnis aufgesucht. Er hat mich gefunden, nun laß ich Ihn nicht mehr gehen, ich armer Wurm habe Ihm sein Blut gekostet.“ Er war vielen Negern zum Segen, u. wurde auf seiner Estate durchgängig wie ein Vater geliebt u. geehrt. Er versäumte nicht gern eine Versammlung, ob er gleich wegen der Entfernung u. wegen seines Alters u. Schwachheit meist einen halben Tag dazu brauchte. Seit 5 Jahren war er von der Gicht so mitgenommen, daß er kaum Hand noch Fuß rühren konte; in seinem Herzen aber war er immer vergnügt. Er sagte: „Der Heiland ist mein Trost im Leben u. Sterben, ich warte auf Seinen Willen, [71] mit mir zu thun wie es Ihm gefällt, bis Er mich zu sich nimt.“ Es war ein wahres Vergnügen ihn zu besuchen.
Ihm folgte noch heute die Schwester Rahel.
Nach ihrer Erweckung u. Begnadigung
(sie wurde anno 1778 getauft) ließ sie
sich das Heil ihres alten, meist blinden
u. erstaunlich unwissenden Mannes
angelegen seyn; sie führte ihn nach
Bailyhill, um das Evangelium zu
hören, u. wenn die neuen Leute gesprochen
wurden, brachten sie ihn auch
zu uns. Er konte wenig verstehen,
u. sie mußte es ihm dollmetschen. Nach
u. nach wurde der arme Mann gefühlig,
bekam ein Verlangen nach Gnade im
Blute Jesu, wurde anno 1780 getauft, u.
ging 1784 selig aus der Zeit. Seit der
Zeit blieb sie eine treue u. selige Witwe.
Dieses Jahr kam sie einmal zu uns,
u. sagte: Ach ich bin schon so lange getauft,
mein Herz ist ganz hungrig
nach dem Heiland; hat Er dann nicht auch für mich
[72] armen Wurm mehr Gnade! Sie sagte
dieses mit Thränen; und bald darauf
wurde sie Candidatin zum heiligen Abendmahl.
Da sie krank wurde, sahe sie ihrem Ende
mit Freuden entgegen.
D. 27tn feyerten wir das Chorfest der verwitweten Geschwister. Viele alte Mütter kamen weit aus dem Lande, um ihr Sprechen nachzuholen, welches ihnen sehr wichtig ist. Zur hiesigen Gemeine gehören 67 Witwer u. 203 Witwen; unter unsern Helfern, deren 17 sind, befinden sich ein Witwer u. 6 Witwen. Es war uns heute unter diesen mehrentheils sehr alten Vätern u. Müttern recht wohl. D. 2 Sept. verschied der Bruder William. Er war in der Englischen Kirche getauft worden. In der Folge verlor er sein Gesicht, u. das wurde die Gelegenheit, daß er den Heiland kennen lernte. Seine Frau, die nun auch zu unsrer Gemeine gehört, besuchte damals die Versamlungen des Herrn Gilbert; und da keine Mittel gegen die Blindheit [73] ihres Mannes anschlagen wolten, führten sie ihn in gedachte Versamlungen, mit vollem Glauben, daß ihm Gott helfen würde, wenn er Sein Wort hörte u. an Ihn glaubte. Herr Gilbert bestärkte sie beyde in diesem einfältigen Glauben, in sie wurden nicht beschämt, denn er bekam sein Gesicht wieder. Dieser Umstand machte einen großen Eindruck auf sein Herz, u. es lag ihm an, den Gott, der ihm so mächtig u. gnädig geholfen, näher kennen zu lernen. Er wurde mit den Neger-Geschwistern bekannt, fing an unsre Versamlungen zu besuchen, u. wurde 1783 in die Gemeine aufgenomen. Seine langwierige Krankheit war eine selige Schule für sein Herz. Kurz vor seinem Heimgang ließ er einen Helfer u. andre Brüder zu sich rufen, u. bat, daß man einige Verse aus dem Gesangbuch lesen oder singen möchte, und als ein Bruder den Vers las: Christi Blut u. [74] Gerechtigkeit p. sagte er (mit einem Gefühl, daß alle Anwesende ganz angethan waren): damit will ich vor dem Heiland bestehen als ein armer Sünder. Bald darauf verschied er. D. 3tn hatten wir unsern Bettag. 23 Personen wurden getauft, u. 3 wurden in die Gemeine aufgenommen, 29 kamen unter die Taufkandidaten. Von leztern waren nicht alle hier (wie dann überhaupt wegen des unaufhörlichen Regens mit Donner u. Blitz heute weniger Leute hier waren, als sonst an Bettagen gewöhnlich ist) aber es wurde ihnen von den andern bald bekannt gemacht. Denn diejenigen, die zusammen zu einer u. der andern Gemeingnade gelangen, sehen sich für näher verbunden an als natürliche Anverwandte. Wir mußten heute die Versammlungen etwas abkürzen, damit die Neger beyzeiten nach Hause kommen möchten. D. 5ten fingen wir an, die Eheleute paarweise [75] zu sprechen, u. waren die ganze Woche damit beschäftiget. Die Ehepaare unter den Negern wohnen oft weit auseinander, u. dienen verschiedenen Herrschaften; aber sie redetens mit einander ab, wie u. wenn sie zugleich hier seyn könten. Oft konte es nicht anders als spät in der Nacht seyn. Die Schwester Watson war in diesen Tagen sehr krank an der Ruhr, weswegen wir uns an unsern alten Freund Herrn Baily wendeten, der uns auch gute Dienste that.
D. 10ten feyerten wir das Chorfeste der
Eheleute. Bis Mittag hatten wir noch
volle Arbeit mit dem Sprechen. Es ist
ausserordentlich, wie die Neger-Geschwister
dieses Sprechen lieben, u. sie sind dabey
so offenherzig, daß wenige seyn werden,
die wir bey der Gelegenheit nicht
gründlich kenmen lernen. Freude u.
Leid wechseln dabey ab, doch ist die
Freude überwiegend. Wir hörten z. E.
solche Aeusserungen: Ach welche Seligkeit
[76] ist es, in den Wegen Gottes zu
wandeln, seitdem das Evangelium im
in das Land gekommen ist, u. der Heiland
uns aus der Finsternis der Sünde geführt,
u. uns hat Gnade widerfahren
lassen! Wir sind zu schlecht, u. der Heiland
ist so gut, daß Er für uns arme Sünder
gestorben ist. – Nichts soll uns
von Ihm scheiden, so lang wir Othem haben,
auch nicht uns von einander.
Wenn mich mein Herr nicht in ein
anderes Land verkauft, so will ich meine
Frau oder sie soll mich begraben.
Niemand soll uns scheiden als der Heiland,
wenn Er eins von uns zu sich nehmen
will. Wir haben bey der Taufe dem Heiland
versprochen treu zu seyn, u. haben
dieses auch einander versprochen, da
wir uns in der Kirche die Hand gaben,
u. zu unsrer Ehe gesegnet wurden.
Der Heiland ist unser Zeuge, u.
wird uns auch bewahren.“ So wohl
uns nun war bey diesem Sprechen so
[77] sahen wir uns doch genöthigt damit abzubrechen,
um doch einige Zeit zu den Versamlungen
zu gewinnen. In der ersten
empfingen 30 Paare den Segen der Gemeine
zu ihrer hinführo christlichen Ehe.
Darauf war ein Liebesmahl (das erste
von der Art hier in Gracehill) mit
sämtlichen ganzen Paaren, von denen
sich über 200 hier eingefunden hatten.
Etwa 40 hatten nicht kommen können.
So dann hatten sie eine Homilie, zu
deren Schluß, da über sie gebetet wurde,
viele Thränen vergossen wurden. Es
war überhaupt ein wahrer Segenstag.
Die Schwester Watson war noch immer sehr krank. Herr Baily besuchte sie, bediente sie mit Arzney, u. begab sich sogleich wieder weg. Ich sehe, sagte er, daß sie heute viel zu thun haben, u. ich will auf keine Weise stören. D. 12tn wurde sie etwas beßer, aber d. 14tn bekam Bruder Watson u. auch unsre Negerin Mary einen Anfall von derselben Krankheit, [78] der sich jedoch bald wieder gab.
Am vorigen Sonntag war das Ehechorfest
nur mit den ganzen Paaren gefeyert
worden. Nun wurde der 17te
für diejenigen zu einem Lehrtag
angesezt, die noch ungetaufte Ehegatten
haben, u. für die Brüder, die
mehr als eine Frau haben. Das Sprechen
mit letztern war wol nicht so angenehm,
als mit jenen; indessen liegt
es ihnen gröstentheils an, dem Heiland
auch in ihrem Grade zur Freude zu
werden. Viele sind verlegen, daß
sie mehr als eine Frau haben, und
wenn es auf sie ankäme, so würde
mancher die eine entlassen; wir
sagten ihnen aber, daß wir dazu
keine Anweisung in Gottes Wort hätten,
es stünde viel mehr ganz klar
darinn, daß der Mann sich von seinem
Weibe nicht scheiden solle, ausser
wegen Ehebruchs. (Es ist hier
die Rede von solchen Männern, die vor
[79] ihrer Taufe schon zwey Weiber hatten.
Wenn jemand nach seiner Taufe noch
eine zweyte Frau nehmen wolte, so
würde er von der Gemeine ausgeschlossen
werden. Nach der Vorschrift Pauli
wird kein Bruder, der zwey Weiber
hat, so lange beyde am Leben sind,
als Helfer oder Diener in der Gemeine
angestellt). Mit diesen Geschwistern
nun hielten wir am 17ten eben solche
Versamlungen, wie am 10ten mit den
andern Eheleuten geschehen war. Es
gehören zu unsrer Gemeine 126 Brüder,
die ungetaufte Weiber, u. 125
Schwestern, die ungetaufte Männer
haben. Brüder mit zwey Männern Weibern
sind 43, u. von diesen Weibern sind
62 getauft. D. 18ten hatten wir eine
vergnügte Helferconferenz, u. freueten
uns, so viele liebliche Aeusserungen
von dem Segen zu hören, den die
Geschwister durchgängig von den lezten
Festtagen gehabt haben. D. 19ten war
[80] Bruder Watson wieder sehr krank an der
Ruhr, aber seine Frau war ziemlich
wieder hergestellt. Herr Baily besuchte
uns fleißig u. mit Nutzen, so daß
sich Bruder Watson am 22ten wieder zu erholen
anfing. Heute verschied die Schwester
Frances. Von ihrer Taufe an (anno 1782)
blieb sie der empfangenen Gnade
treu u. ihr Wachsthum in derselben
u. in der Erkenntnis war sichtbar.
Nach einer langwierigen Krankheit vor
einiger Zeit war ihr erster Gang hieher
in die Kirche. „Ach, sagte sie, ich bin
nicht werth in das Haus Gottes zu treten;
ich muß aber kommen, u. dem Heiland,
der so große Barmherzigkeit an mir
gethan, Dank bringen, u. verlange noch
mehr Segen in Seinem Hausen zu geniessen.“
Zu Ostern wurde sie Candidatin
zum heiligen Abendmahl, zu ihrer sehr grossen
Freude. Sie wurde dem Leibe
nach immer schwächer, aber in ihrem
Herzen immer vergnügter, u. sie
[81] war ganz darauf gestellt, nun bald
zum Heiland zu gehen. Ihr Mann, ein
Abendmahls-Bruder, pflegte sie mit besonderer
Treue. Ihr Meister wolte keine
Bretter zu einem Sarge für sie hergeben,
sondern sagte zu ihrem Manne,
er solle ein Loch in der Erde machen
u. sie so geschwind als möglich verscharren.
Nein, sagte dieser, so begräbt
man Hunde. Wir armen Neger haben
auch wie die Hunde gelebt, ehe wir
etwas von Gott wußten; meine Frau
ist aber als eine Christin gestorben,
u. hat den Heiland lieb gehabt. Den
Sarg will ich selber machen; und sobald
meine getaufte Brüder u. Schwestern Zeit
haben, soll sie ordentlich begraben
werden.“ Bruder Hofmann hielt das
Begräbnis. D. 26ten kamen sehr viele
Abendmahls-Geschwister zum Sprechen, wozu
ihnen der große Gerichtstag (dem
viele weisse Leute beywohnen musten)
sehr günstig war. D. 27ten, da wir
[82] eben zu Bette gehen wolten, kam ein
Ehepaar, beyde Communicanten, u. bereueten
sehr, daß sie durch ihr unfriedliches
Leben sich schon zweymal
des heiligen Abendmahls verlustig gemacht, u. sagten,
sie könten es nicht länger ausstehen,
wenn sich der Heiland ihrer nicht
wieder erbarmte. Wir hatten lang
auf einen solchen günstigen Augenblick
gewartet, ihnen zu Herzen zu reden;
aber sie zum heiligen Abendmahl wieder zu nehmen,
hatten wir nach gehöriger Ueberlegung
noch keine Freudigkeit.
Beym diesmaligen Sprechen der Communicanten
fanden wir, daß die
neuerlich gefeyerten Chorfeste nebst
dem vorgängigen Sprechen zu denselben,
viele gründliche Selbstprüfungen
veranlaßt hatten, u. wir fanden
die Herzen auch in Ansehung des heiligen
Abendmahls vergnügter u. heiterer. Ein
armer alter Mann mit grauen Haaren,
der vor Schwäche zittert, u. nicht
[83] mehr grade gehen kan, kam d. 30ten einen
weiten Weg her, u. freute sich wie
ein Kind, daß er die Gnade haben solte,
zum erstenmal zum heiligen Abendmahl zu gehen.
Ach, sagte er, ich armer Wurm
freue mich; das ist es, warum ich den
Heiland gebeten habe: ich werde nicht
lange mehr leben, ich eile zum Heiland,
ich hatte nur noch verlangt Ihn im
heiligen Abendmahl zu geniessen; nun kan Er mich
zu sich rufen, wenn Er will.“
D. 1 Oct. hatten wir mit unsrer Neger-Gemeine das heilige Abendmahl. 20 Geschwister genossen es zum erstenmal, denen gröstentheils die ganze Zeit über kein Auge trocken blieb, besonders einem Treiber, welches bey dieser sonst rauhen Art von Leuten ein seltenes Exempel ist. Wegen der jezt grassirenden Krankheiten fehlten diesesmal mehrere als gewöhnlich; sie hatten sich aber der Gemeine ins Andenken empfohlen, u. wir gedachten ihrer bey dem Liebesmahl [84] gemeinschaftlich vor dem Heiland, daß Er dieser Kranken als Seiner Geliebten pflegen wolle. D. 2ten kam ein Ausgeschlossener auf zwey Krücken zu uns. Er hatte voriges Jahr das Unglück gehabt, in einen Kessel kochenden Zuckers zu fallen, u. war dadurch in die elendesten Umstände gerathen. Dieses hatte ihn auf sein Herz wieder gebracht, so daß er um Gnade u. Vergebung verlegen war, u. wir konten herzlich mit ihm reden. D. 7ten verursachte ein zweystündiger ungemein heftiger Platzregen einen sehr großen Schaden auf vielen Zuckerfeldern. Den armen Negern auf Jumbles u. Richmond wurde ihre erst kürzlich gepflanzte Provision ganz weggeschwemmt. Unsre Baumwolle-Plantage blieb vermittelst eines Abzugs unbeschädigt. Wir haben dieses Jahr mehr Baumwolle gepflanzt, als unser einziger Neger mit jäten u. s. w. zu bestreiten im [85] Stande ist; und ein paar Acker unsers Landes sind noch immer unbebaut. Bruder Hofmann besuchte auf Verlangen eine kranke Schwester auf Matthews. Sie war ihrem Heimgang nahe, u. sagte, daß sie für ihre Person fertig sey, u. sich freue zum Heiland zu gehen; daß aber ihr Pflegekind (die Sally, unsers Negers Joe Frau) ihr wie ein Stein auf dem Herzen liege, weil sie den Heiland nicht liebe (sie kommt wol zur Versamlung, ist aber noch ohne Gefühl). Bruder Hofmann wies ihr an, diese Sorge auf den Herrn zu werfen, der allein das Herz ändern könne, u. jezt nur ihre eigne Seligkeit wahrzunehmen, welches sie zu thun versprach. Eine andre kranke Schwester wurde ebenfalls besucht, u. in einer seligen Herzenssituation gefunden. Verschiedene alte u. lahme umgaben dabey den Bruder Hofmann, mit denen er sich herzlich unterredete.
D. 9ten wurde Anthony begraben. Er [86] war im Nov. 1782 getauft worden. Wegen seiner großen Unwissenheit kam man beym Sprechen mit ihm oft in Verlegenheit, ob es bey ihm nur an der Sprache, oder aber an dem wahren Leben aus Gott fehle. Da die Geschwister neulich paarweise gesprochen wurden, ließ Bruder Watson ihm jedes Wort von seiner Frau wiederholen. Die verstand er recht gut, u. sagte, seine Ohren wären zu dicke, die guten Worte zu hören; aber er dächte an nichts als an den Heiland, u. danke Ihm, daß Er ihn aus dem wilden Busch in den rechten Weg gebracht habe. Dieses war das lezte, was wir von ihm gehört haben, u. wir konten seinetwegen getröstet seyn. D. 18ten besuchte Bruder Hofmann viele Kranke. Auf einer Estate mußten die Geschwister ermahnet werden, sich der Kranken mehr als bisher anzunehmen. Auf andern Estates ist diese Sache in einem gesegneten [87] Gange. D. 22ten hatten wir eine lange u. lebhafte Helferconferenz wegen der neuen Leute u. Taufkandidaten. Es waren dieses mal nicht so viele wie sonst zum Sprechen gekommen, welches wir den vielen Krankheiten, der Hungersnoth u. der harten Arbeit zuschreiben musten. D. 23ten besuchte Bruder Hofmann einen kranken Bruder, der zwar frey aber übler dran ist als ein Sklave, denn für diese sorgen doch die Herren, daß sie Medicin bekommen. Er sagte: ich habe keinen Doctor, u. auch kein Geld, einen zu bezahlen, der Heiland allein ist mein Doctor, auf Ihn vertraue ich allein; und gibt Er mir nur bald wieder so viel Kräfte, daß ich in die Versammlungen gehen kan, so will ich Ihm danken; denn wenn ich lange nicht in der Versammlung gewesen bin, so fehlt mir etwas.“ Bey diesem Bruder findet man gar nichts von dem hoffärtigen Wesen, das [88] den freyen Negern sonst eigen ist, sondern er hat ein sehr weiches u. gefühliges Herz. D. 25tn regnete u. stürmte es den ganzen Tag, aber dem ohngeachtet fanden sich über 30 Taufkandidaten zu ihrer Klasse ein, von denen einige sehr um die Gnade des Heilands verlegen sind, u. jezt viele Thränen vergossen. Sonst hatten wir die Zeit her bemerkt, daß die Versammlungen ins ganze weniger als sonst besucht wurden, u. waren verlegen, ob nicht ausser den bereits angeführten Verhinderungen auch Gleichgültigkeit daran Schuld seyn möchte. Davon redeten wir ausführlich in der Helferconferenz am 26ten. Sie erzehlten uns viel von den gegenwärtigen gedrückten Umständen des Volks wegen harter Arbeit, Hungersnoth u. der beständigen Gefahr, daß ihnen noch ihr weniges gestohlen wird. Ein alter Bruder sagte, daß so alt er auch sey, er noch nie eine solche harte Behandlung der Neger erlebt habe, als [89] jetzo. Wenn die armen Leute nicht Trost am Heiland hätten, so würden sie es nicht aushalten können; und dieses ist gröstentheils eine Folge von der Feindschaft der weissen Leute gegen das Evangelium. Das Mitleiden gegen unser armes Volk wurde uns heute besonders nahe gelegt, da eine liebe Helfer-Schwester eben deswegen nicht zugegen seyn konte, weil sie ganz unschuldiger weise jämmerlich zerpeitscht worden war.
D. 27tn taufte Bruder Watson auf Verlangen ein krankes Kind auf Johnsons, in Gegenwart von 20 Alten u. Lahmen, denen diese Gelegenheit, ein Wort vom Heiland zu hören, besonders wichtig war. Die hiesigen Leute leben in erstaunlicher Furcht vor ihrem harten Verwalter. D. 29tn war unser Bettag. Einer von den Täuflingen, deren heute 19 waren, war schon seit 11 Jahren Candidat dazu, hatte aber erst seit 7 Monaten wieder angefangen um seine [90] Seligkeit bekümmert zu werden. Er sagte: Nun erkenne ich meine Thorheit, und daß ich ein großer Sünder bin. Ich sehe, daß mich der Heiland nicht wegwirft, u. ich bitte Ihn von ganzem Herzen mir alle meine Sünden zu vergeben, u. mich zu Seinem Eigenthum anzunehmen. Während der Taufhandlung wurden viele Thränen vergossen. 4 Personen wurden in die Gemeine aufgenommen, u. 22 kamen unter die Taufkandidaten. Abends gegen 7 Uhr sezten wir uns zum Mittagsessen, denn den Tag über war keine Zeit dazu. D. 31ten beschlossen wir für dasmal die Orkanzeit, herzlich dankbar gegen den Heiland, daß uns über Erwarten so gnädig durchgeholfen worden. D. 1 Nov. hatten wir einen angenehmen Besuch von unsrer Schwester, der Frau Skennel, die Gracehill noch nie gesehen hatte. [91] Ihre treue Hülfe vor einigen Jahren, da wir in Bailyhill gröstentheils sehr krank darniederlagen, wird uns unvergeßlich bleiben. Zur Klasse der Getauften am 2ten kamen die Neugetauften in ihren weissen Taufkleidern, u. wa- ren sehr vergnügt. D. 4ten verschied die Schwester Eva. Sie war anno 1779 getauft worden, u. gelangte 1782 zum heiligen Abendmahl. Sie hatte etwas sehr lebhaftes, u. nachdem sie selbst Gnade erfahren, war sie gern beförderlich, daß auch andre derselben teilhaftig werden möchten, wozu sie bey Bedienung der Kranken gute Gelegenheit hatte. Sie gewann auch ihren Mann für den Heiland, der nun ein Abendmahls-Bruder ist. Sie war sehr beliebt, zumal auch bey den Kindern, von denen man immer ganze Haufen bey ihrem Hause sahe. Gleichwol waren wir bedenklich sie als Helferin anzustellen, so gut auch ihre Gaben dazu [92] zu seyn schienen, weil sie sich doch ein u. andermal zum Trunke hatte verleiten lassen. Es gereichte ihr dieses zur Demüthigung, u. sie wurde von Herzen darüber Sünder. Kurz vor ihrem Ende erklärte sie sich sehr gefühlig u. sünderhaft über die große Gnade des Heilands. Am Kinderbettag d. 5tn verlangten 30 Mütter von den neuen Leuten, mit ihren Säuglingen eine besondere Versamlung; womit ihnen auch gern gedient wurde. D. 7tn hatten wir eine Streitigkeit zwischen 3 Geschwistern von Rockhill abzuthun, wozu der Heiland auch Gnade gab. Eine Schwester, die auf dieser Estate so gut wie eine Helferin ist, hatte sich vergebliche Mühe darum gegeben, u. sagte nun (denn sie war mitgekommen): Der Heiland sey gelobt, ich sahe wohl, daß ich armes Ding nichts ausrichten konte, und daß des Heilands Gnade erst die Herzen weich [93] machen muß: dieser Abend reuet mich nicht; nun laßt uns in Seiner Liebe bleiben u. s. w. D. 9ten mußte sich die Schwester Hofmannin wegen eines Schadens am Knie einlegen. Ihr Mann hatte die Zeit her an Beulen viel zu leiden gehabt; u. so sind wir alle, auch unser Neger u. unsre Negerin, seit kurzem krank gewesen, u. sind es zum Theil noch. Herr Baily bedient uns dabey treulich, u. zwar unentgeldlich.
D. 13ten war ein heftiges Gewitter, welches an 3 Orten in unsrer Nachbarschaft einschlug. Viele Geschwister waren grade auf dem Weg hieher, einige kehrten ganz erschrocken zurück, andre kamen durchaus naß herauf zur Versamlung. D. 14ten ging das Sprechen der Getauften an. D. 15tn begrub Bruder Watson auf Matthews eine Getaufte Namens Frances. Sie war ein Object des grösten Mitleidens wegen einer so schlechten Krankheit, daß es fast unausstehlich war um sie zu seyn. [94] In diesem Zustand wurde sie anno 1780 von Bruder Watson in ihrem Hause getauft, weil es wegen ihres Aussatzes in der Kirche nicht wohl anging. Sie kam doch zuweilen zu uns, besonders in der Sprechzeit, u. hielt sich mit alle ihrem Elend kindlich u. gläubig an den Heiland. Diese ganze große Estate, Matthews, wird nun in den Zeitungen, im Ganzen u. in einzelnen Stücken zum Verkauf angeboten. Vor 7 Jahren würden wir uns über eine solche Offerte gar sehr gefreut haben, weil wir dorten wohlfeiler hätten bauen können, als hier; wir suchten auch damals ein Stückchen Land auf dieser Estate, aber vergeblich. Zur Anlegung eines dritten Missions-Etablissements aber ist diese Estate nicht dienlich, weil sie zu nahe an Gracehill gelegen ist.
D. 18ten hatten wir einen angenehmen Besuch von Bruder Braun zu Bruder Watsons Geburtstag, u. Abends hielt er mit den Helfern u. Dienern ein vergnügtes [95] Liebesmahl. Wir erinnerten uns, daß vor 12 Jahren Geschwister Englers nach Bailyhill gezogen, u. heute die erste Versamlung daselbst gehalten worden, bey welcher Gelegenheit wir uns umständlich von der damaligen Erweckung unterhielten. Mehrere Geschwister erklärten sich, daß sie sich jetzo beßer kennen lernen, als damals, u. daß es ihnen anliege, in der Erkenntnis Jesu zuzunehmen. Es waltete unter uns dabey ein besonders seliges Gefühl. D. 19ten verbrachte Bruder Braun den ganzen Sonntag bey uns, u. hielt alle Versamlungen, zur besondern Freude der Geschwister. Nach der Helferconferenz hatten wir weisse Geschwister noch eine besondere Conferenz, in welcher die Vermehrung unsrer Helfer u. Diener, von denen verschiedene theils alt u. schwach sind, theils durch ihren Sklavendienst zu sehr eingeschränket werden, daß sie ihr Amt nicht gehörig wahrnehmen können, in Ueberlegung [96] genommen würde. Zu neuen Helfern wurden ein Bruder u. 3 Schwestern, u. zu neuen Dienern ein Bruder u. eine Schwester ernannt. D. 20ten kehrte Bruder Braun nach S. Johns zurück. D. 21ten hatten wir einen freundschaftlichen Besuch von zweyen Verwaltern. D. 22tn kamen viele Abendmahls-Geschwister zum Sprechen, unter andern ein Bruder, der neulich zu einem Diener ernannt worden. Da ihm dieses gesagt wurde, u. wie er dieses Amt anzusehen habe, brach er in Thränen aus. Ach, sagte er, ich bin nicht werth ein Abendmahls-Bruder zu seyn, u. ich dachte, ich würde nie zu dieser großen Gnade gelangen; u. nun soll ich auch die Gnade haben, dem Heiland in seiner Gemeine zu dienen. Ich will es von ganzem Herzen thun; ich gebe mich dem Heiland ganz hin, und weiß nicht, wie ich Ihm genug danken soll für seine Liebe u. Gnade gegen mich elenden Sünder.“ Auch den 24ten [97] verbrachten wir mehrentheils mit dem Sprechen, bey welcher Gelegenheit denen, die zu Helfern u. Dienern bestimmt worden, ihr Ruf bekannt gemacht wurde. Unter diesen war auch unsre eigne Negerin Mary als eine Dienerin. Alle nahmen es mit Thränen u. tiefer Beugung an. Ein Bruder sagte: Es ist gar nichts gutes an mir; ich weiß, ich habe den Heiland gar oft betrübt, u. verdiene nicht die Gnade, die ich von Ihm empfangen, vielweniger diesen Ruf zu einem Helfer. Er gebe mir seine Gnade, daß ich Ihm nie zur Unehre werde.
D. 25tn besuchte Bruder Hofmann auf Verlangen ein fünfjähriges krankes Kind von ein paar Abendmahls-Geschwistern. Diesen Geschwistern liegt das Heil ihrer Kinder so sehr an, daß wir uns von Herzen freuen würden, wenn wir es so bey allen unsern Neger-Geschwistern sähen. Nach einer herzlichen Unterredung mit Eltern u. Kinde wurde lezteres mit Namen Rebekka [98] getauft, im Beyseyn vieler Geschwister. Den Eltern wurden während der Handlung die Augen nicht trocken. Die Helferin Nancy führte den Bruder Hofmann zu verschiedenen Kranken auf der Estate, denen er zum Trost u. Segen war. Abends gingen wir den Catalogum der in dieser Woche gesprochenen Abendmahls-Geschwister durch; unsre Herzen waren eines theils mit wahrer Freude u. Dank gegen den Heiland erfüllt über den Gnadengang der Geschwister, bey allem Druck von aussen, u. allen Gebrechen von innen; aber bey manchen nahmen wir Anstand, ob wir sie zum heiligen Abendmahl könten gehen lassen. Einige von leztern fanden sich nochmals ein, erkannten ihre Fehler, u. baten um Vergebung. Am Abendmahlstage d. 26tn hatten wir noch mit vielen zu sprechen. Ein Bruder kam zu Bruder Watson in seinen schlechten zerrissenen Arbeitskleidern, u. auf die Frage, warum er sich heute nicht rein anzöge? sagte er: Ich muß [99] erst kommen, u. dem Heiland u. meinen Lehrern danken, ehe ich mich anziehen kan. Der Heiland ist zu gut (hier fiel er auf die Knie) gegen mich armen, elenden u. hartnäckigen Sünder; 3 Jahre konte ich nicht zum heiligen Abendmahl gehen aus eigner Schuld, u. doch wirft Er mich nicht weg, sondern will mich wieder anblicken. Was ich vor 2 Tagen gehört habe, daß mich der Heiland wieder zu seinem heiligen Tisch ruft, ist mir so zu Herzen gegangen, daß ich kaum mit jemand anders als dem lieben Heiland habe ein Wort reden können.“ Beym Liebesmahl wurde der Gemeine ein Gruß von der Unitaets Aeltesten Conferenz ausgerichtet, u. gesagt, wie sehr es diesen Brüdern anliege, daß sie in der Gnade u. Erkenntnis Jesu wachsen u. zunehmen möchten. Die Geschwister bezeugten, daß dieses auch ihr Wunsch wäre, u. baten die lieben Brüder wieder zu grüßen, u. ihnen für ihre Liebe zu danken. Dann wurden der Gemeine die 4 [100] neuen Helfer u. 2 neuen Diener bekannt gemacht, u. zu herzlicher Liebe empfohlen. Das heilige Abendmahl genossen 13 Geschwister zum erstenmal. D. 28tn besuchte Bruder Hofmann viele Kranke, die durch ihr Vertrauen u. Liebe zum Heiland ihm viele Freude machten. Nur eine Schwester äusserte sich, daß er den Heiland für sie um ein längeres Leben bitten möchte, da sie nun schon so lange krank gelegen. Er bezeugte seine Verwunderung über diesen Wunsch, u. wies ihr an, daß sie den Heiland selber um ein seliges Herz bitten, u. alles übrige Ihm überlassen solte. Unter andern besuchte er zwey Personen, die gar nicht mehr hieher kommen können, die aber in einer sehr seligen Herzenssituation sind; der einen stehen gleich die Thränen in den Augen, so bald sie etwas vom Heiland hört. Er sahe auch einen kranken Bruder, den man niemals über seine Armuth (die äusserst groß ist) klagen [101] hört; er weiß von nichts zu reden als von dem Trost, den er am Heiland genießt. D. 29ten besuchte die Schwester Watson die kranken Schwestern, unter andern die Helferin Grace, zu ihrem besondern Trost. D. 30ten wurde die Schwester Martha begraben. Sie blieb der in der heiligen Taufe (anno 1785) empfangenen Gnade treu, obgleich ihre Verwandte nicht ihres Sinnes waren. Sie hatte ein großes Verlangen nach mehrern Gemeingnaden, u. wir dachten auch an sie in der Absicht, aber der Heiland eilte mit ihrer seligen Vollendung. D. 1 Dec. kam ein Bruder, den wir wegen seiner schlechten Aufführung das vorige mal vom heiligen Abendmahl zurückgewiesen hatten, u. der damals keine Schuld bey sich finden konte. Nun hatte er alle, die er beleidigt hatte, um Vergebung gebeten, u. bat jezt, daß wir ihm auch vergeben möchten. Diese Veränderung war uns um [102] so lieber, da dieser Bruder ehemals in seinem einfältigen Gang vielen Seelen zum großen Segen gewesen. Dagegen wurden wir betrübt, daß ein paar Eheleute, die vorigen Sonntag mit beym heiligen Abendmahl gewesen, schon heute Klage gegen einander führten, u. nicht zu bedeuten waren. D. 2ten besuchte uns Herr Baily, u. freute sich, die Schwester Hofmann, in deren Schaden am Knie er zwey Incisionen hatte machen müssen, nun ausser Gefahr zu finden. Er ist während unsern zeitherigen Krankheiten, so oft er Gefahr sahe, alle Tage bey uns gewesen. Wie groß diese Wohlthat ist, kan man daraus ersehen, daß ein jeder Besuch von einem Doctor hier zu Lande 30 hiesige Schillinge (etwa 6 Marck[WS 4] Sächßische) kostet, u. die geringste Medicin sehr hoch angesezt wird. Herr Baily schrieb uns einmal, da wir ihm Bezahlung anboten: „Ich wünschte, [103] daß ich mehr für sie thun könte; was meine Dienste betrift, so ist es mir genug, wenn Gott seinen Segen dazu gibt. D. 4ten wurden die neuen Helfer u. Diener in ihre Conferenz eingeführt. Es hatten sich zu unsrer Freude alle unsre Helfer- u. Diener-Geschwister bis auf zwey Kranke dazu eingefunden. Nach einer kurzen Rede des Bruder Watson davon, welche große Gnade es sey, wenn man von dem Heiland gewürdigt wird, auf irgend eine Weise in Seinem Hause zu dienen, wurden die neuen Helfer u. Diener gefragt, ob es ihr ganzer Sinn sey, mit Demuth u. Treue sich dem Dienste des Heilands unter ihrem Volke zu widmen? welches sie einstimmig bejaheten. Unter dem Gesang des Verses: Hier ist die Hand, Herr, hilfs uns thun, gingen sie herum (die Brüder bey den Brüdern u. die Schwestern bey den Schwestern) u. gaben erst uns, u. dann den übrigen Helfern [104] u. Dienern die Hand darauf, u. wurden zugleich mit dem Friedenskuß empfangen. Darauf fielen wir auf die Knie, aber die Thränen unterbrachen die Worte, so mächtig fühlten wir das Bekenntnis des Heilands zu dieser Gesellschaft Seiner Diener aus dem Negervolk. Sodann wurde das Schreiben des Bruder Johannes an die Helfer u. Diener in Antigoa nochmals gelesen, wie auch die Antwort des Bruder Josephs auf ein Schreiben des Helfers Cornelius in St. Thomas, durch welche beyde Stücke sie die Instruction zu ihrem Amte aufs lieblichste erneuert bekamen. Wegen des neuen Zuwachses hatten wir ein neues Arrangement wegen der Besuche auf den Estates gemacht, welches nun den Geschwistern bekannt gemacht wurde. Eine Schwester fragte an, ob wir etwas dagegen hätten, wenn sie beym Besuchen gehen manchmal [105] auch eine andre Person von der Gesellschaft mit dazu nähme? Wir sagten, daß wir uns vielmehr darüber freuen würden, vorausgesezt, daß alles dabey ordentlich zuginge, u. niemand darüber seine eigentlichen Besuchsplätze versäumte. Es war überhaupt ein solches Leben unter unsern Helfern u. Dienern wahrzunehmen, daß wir uns von Herzen darüber freuen konten. D. 9ten nahm eine Schwester Namens Mariana sehr betrübt Abschied von uns, weil sie auf Ordre ihres Herrn auf die Spanische Insel Trinidad ziehen muß. Wir gaben ihr einen Taufschein mit, u. empfahlen sie der Gnade Gottes. D. 10ten fanden sich viele Kinder (ob es gleich nicht ihr Bettag war) ein, um Weihnachtsverse zu lernen. D. 11ten waren unsre Helfer wieder beysammen. Die neuangestellten hatten aus Blödigkeit ihre Besuche [106] noch nicht angefangen, u. baten, daß vorerst einige von den alten Helfern mit ihnen gehen möchten, bis sie die Leute kennen lernten. D. 12tn wurde der Bruder Richard, des Helfers Jonas leiblicher Bruder, begraben. Er war ein geschickter u. arbeitsamer Neger, u. viele Jahre ein Haupttreiber. Um doch auch ein Christ zu heissen, ließ er sich in der Englischen Kirche taufen, lebte aber nach wie vor in Sünden. Durch allerley schwere Krankheiten verlor er seine Kräfte, u. konte gar nichts mehr für seinen Meister thun. Er sahe eins nach dem andern von seiner zahlreichen Verwandtschaft zum lebendig machenden Glauben an Jesum gelangen, u. erkannte endlich aufrichtig, daß er nichts als den leeren Namen eines Christen habe. Er entdeckte uns seine Verlegenheit ums Seligwerden, u. wurde [107] d. 27 Nov. 1785 in die Gemeine aufgenommen. Das war für ihn ein großer Segenstag. Er sagte: ich laße nun alles fahren, der Heiland hat sich über mich armen u. großen Sünder erbarmet; nun ist mein Verlangen, bey Ihm zu bleiben, u. zu Ihm selig heimzufahren.“ In seiner Krankheit nahm sich sein Bruder Jonas seiner treulich an. D. 13ten langten des Prinzen Wilhelm Heinrich Königliche Hoheit in Antigoa an, u. bey Sonnen-Untergang wurden alle Kanonen auf der Monkshill-Vestung (nicht weit von hier) gelöset, welches ein gewaltiges Donnern auf unserm Platz erregte. In den folgenden Tagen wurden die neuen Leute u. Taufkandidaten gesprochen. Auch von den armen Ausgeschlossenen kamen 5 Getaufte u. 3 Taufkandidaten, bereueten ihre Vergehungen, u. baten um Vergebung. Unter erstern [108] war zu unsrer Verwunderung einer, der zwey Jahre lang ein wüstes Sündenleben geführt hatte, u. sich manchmal ganz frech in seinem thörichten Kopf- u. Kleiderputz hier sehen ließ. Nun war er wie ein Lamm, weinte u. bat, daß wir nur mit ihm reden möchten, wiewol er es nicht werth wäre. Seine Frau ist eine Abendmahls-Schwester, die die Zeit her seinetwegen viel Noth gehabt hat. D. 17tn hatten wir eine lebhafte Helferconferenz, es fehlt ihnen noch an der Erfahrung, aber die Sache liegt ihnen doch an. D. 22tn besuchte Bruder Hofmann die kranke Helferin Grace, u. las ihr etwas aus der Harmonie. Dadurch wurde ihr Verlangen, wieder einmal einer Versammlung beyzuwohnen, so groß, daß sie sich vornahm, zu Weihnachten sich einmal hertragen zu lassen. Ein ausgeschlossener Bruder kam, [109] u. bat mit Thränen auf den Knien um die Wiederannahme in die Gemeine Es wurde uns dabey ganz weich ums Herz, u. nach gehöriger Ueberlegung wurde ihm seine Bitte gewährt.
D. 24ten waren Geschwister Watsons auf Invitation bey Herrn Baily, u. wohnten der Taufe seiner 8 Monate alten Tochter bey. Zur Feyer der Christnacht hielten wir Abends eine Versamlung, zu der sich aber wegen des unaufhörlichen Regens nicht so viele wie sonst eingefunden hatten. Doch war unter denen, die da waren, ein seliger Freudengeist wahrzunehmen; nur sind unsern Negern die Weihnachts-Melodien noch nicht ganz geläufig. Wir wünschen oft ein musikalisches Instrument zu haben, theils um dem Gesang unsrer Neger aufzuhelfen, theils zur Unterstützung des Bruder Watson, der wegen seiner schwachen Brust seine Stimme nicht sehr erheben darf.
[110] D. 25tn war das Wetter beßer, u. das Volk fand sich in erstaunlicher Menge ein. Bey Beherzigung der Festmaterie, theils mit dem ganzen Volk, theils mit den verschiedenen Abtheilungen, war eine selige Bewegung zu spüren, u. man sahe manche Thräne fliessen. Noch festlicher war uns der zweyte Feyertag, an welchem wir unsern Bettag hielten 35 Erwachsene wurden in den Tod Jesu getauft, u. 7 wurden in die Gemeine aufgenommen. Das war die zahlreichste Taufe u. Aufnahme, die noch hier auf Gracehill gehalten worden. 32 Personen kamen unter die Tauf-Candidaten, u. 3 Ausgeschlossene wurden wieder angenommen; auch kamen 2 ausgeschlossene Getaufte wieder in ihre Klasse. Die neuen Leute füllten allein die ganze Kirche an, welches uns um so mehr freute, da sie seit einiger Zeit etwas zurück geblieben waren. Den 27ten feyerten wir mit [111] den Kindern. Mit denen, die getauft oder gesegnet sind, hielten wir ein vergnügtes Liebesmahl, wobey sie ihre die Zeit her gelernten Weihnachts-Verse recht niedlich sangen. Ueber den Inhalt derselben wurde herzlich mit ihnen geredet. D. 30ten wurde der Bruder Hiob begraben. Er war ein treuer Bruder, den man aber immer wegen seiner bedenklichen Gemüthsart zu trösten u. aufzumuntern hatte. Er u. seine Frau waren sonst ein Paar von unsern solidesten Abendmahls-Geschwistern. D. 31tn versamlete sich, des ausserordentlich schlechten Wetters ungeachtet, viel Volk hier. Viele konten nicht bleiben bis Abends zum Jahresschluß, besonders die Wächter u. Treiber an den Estaten; es kamen aber andre, u. die Kirche konte sie nicht alle fassen; und so machten wir dann mit der Negergemeine einen begnadigten Beschluß des Jahres. [112] Es ist dasselbe für die hiesige Gemeine wahrlich ein seliges Jahr gewesen, sie hat zugenommen an Anzahl u. Gnade. 180 Erwachsene u. 19 Kinder sind getauft, u. 24 Personen in die Gemeine aufgenommen worden. Unter die Taufkandidaten sind 217 gekommen. Zum heiligen Abendmahl sind 95 Geschwister gelangt, u. 134 dazu Candidaten geworden. 34 Personen sind heimgegangen. Von ausgeschlossenen Getauften sind 6 wieder zur Gemeine hinzugethan worden, aber eben so viele haben wir zu unserm Schmerz wieder ausschliessen müssen. Zu Ende des Jahrs ist die Zahl der ausgeschlossenen Getauften 38, unter denen 9 gewesene Communicanten sind. Die Negergemeine besteht dermalen aus
444 Abendmahls-Geschwistern 240 Abendmahls-Candidaten 505 getauften Erwachsenen 113 getauften Kindern 343 Taufcandidaten 79 gesegneten Kindern Summa 1724 Seelen,
ohne die neuen Leute oder Lehrlinge.
[113]
D. 2 Jan. kam ein Abendmahls-Bruder zu Bruder Watson, u. klagte ihm seine Verlegenheit. Er ist von einer ängstlichen Gemüthsart, u. es würde ihm herzlich zugeredet. D. 3ten besuchte Bruder Hofmann einen kranken Bruder, u. fand ihn etwas ungehalten darüber, daß ihn sein Meister in seinem Elend ohne Hülfe liegen läßt. Da ihm gesagt wurde, daß er sich damit die Zeit nicht verderben, sondern sich gläubig an den Heiland halten solte; sagte er gleich: Ja, das ist das beste für mich, das will ich thun; mein Heiland ist ja doch mehr als alles, u. ich weiß nichts seligers, als zu Ihm heimzugehen. D. 4tn wurde eine kranke Schwester besucht. Sie ist frey, aber äusserst arm, indem sie von ihren weltlichen Anverwandten nicht nur verlassen, sondern noch dazu ausgeplündert worden [114] ist. Aber eine andre Schwester, die auch arm ist, hat sie zu sich genommen, u. pflegt sie wie ihr eignes Kind, u. die übrigen Getauften nehmen sich ihrer auch an. In dieser Woche sahen u. grüßten wir die Geschwister zum neuen Jahr in ihren verschiedenen Klassen, so daß alle Abend eine eigne Klasse da war, wozu sie sich zahlreich einfanden. D. 6tn besuchte Bruder Watson die Kranken auf 4 Plätzen. Bey einer Schwester, die nahe am Heimgehen ist, fand er ein Mißvergnügen gegen eine andere Schwester; und da leztere nicht bey der Hand war, trug er einer Helferin auf, die Sache beyzulegen, welches sie auch treulich ausgerichtet hat. Zu Mittag kam eine Schwester zu uns, u. erzehlte mit Thränen, daß sie nebst andern von ihrer Estate auf die Insel S. Vincent würde versezt werden. Die andern Getauften, [115] die in gleichem Falle sind, kamen in den folgenden Tagen auch zu uns. Wir trösteten sie in ihrer Verlegenheit, u. ermahnten sie beym Heiland zu bleiben, der sie auch mitten in der Welt würde zu bewahren wissen. Wir gaben einem jeden seinen Taufschein. D. 7tn feyerten wir das Heidenfest. Der Gemeine wurden unter andern verschiedene Stellen aus dem alten Testamente, welche herrliche Verheissungen von der Bekehrung der Heiden enthalten, vorgelesen, u. wir freueten uns, die Erfüllung derselben so lieblich vor Augen zu sehen. Die Getauften waren heute zahlreich hier, aber von neuen Leuten hatten sich nicht so viele eingefunden, welches uns leid that, weil wir diesen Tag ihnen gern ganz besonders widmen. Wir dachten viel an die Gemeine in S. Johns, die heute ihren Bettag hatte mit einer [116] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/120 [117] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/121 [118] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/122 [119] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/123 [120] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/124 [121] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/125 [122] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/126 [123] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/127 [124] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/128 [125] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/129 [126] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/130 [127] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/131 [128] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/132 [129] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/133 [130] Seite:GN.A.250 Gemein-Nachrichten 1788,5.pdf/134
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