Fürstenbesuche in Dresden. Teil 1
← Die älteste Dresdner Zollrolle | Fürstenbesuche in Dresden (1907) von Paul Rachel Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908) |
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Die Besuche fürstlicher Personen sind von jeher für die Städte von besonderer Bedeutung gewesen. Zu solchen Zeiten steigerte sich in ihnen das Erwerbsleben, wurde Schaulust und Neugier befriedigt; der Name der Stadt wurde bekannter als bisher, der Chronist buchte solche Ereignisse gern und ausführlich.
Dresden ist eine verhältnismäßig junge Stadt, daher ist erst im 14. Jahrhundert davon die Rede, daß bedeutende Fürsten sie aufgesucht haben. Von großen Festen konnte hierbei nicht die Rede sein; die Stadt war klein, das Schloß noch unansehnlich. Erst im 16. Jahrhundert, als kunstsinnige Fürsten diese ihre Residenzstadt auszuschmücken begannen, erschien häufiger fürstlicher Besuch und entfaltete sich ein glänzenderes Leben dabei. Dies steigerte sich noch im 17. Jahrhundert, nachdem die schlimmsten Folgen des dreißigjährigen Krieges überwunden waren, namentlich schon unter Johann Georg II., der zuerst Welsche und welsche Kunst in der Residenz bevorzugte. Unter den beiden polnischen Augusten, besonders unter August dem Starken, wurde Dresden die anziehende Pracht- und Prunkstadt, bis der siebenjährige Krieg einen gewaltigen Wechsel herbeiführte. In den darauf folgenden Zeiten geht das fürstliche Besuchsleben in Dresden nicht über den üblichen Durchschnitt hinaus, nur daß zur Zeit Napoleons neben glänzenden militärischen Schauspielen einmal auch eine besonders reichbesuchte Fürstenversammlung stattfand. Nach der Neuordnung der Dinge 1815 haben dann Jahrzehnte lang meist nur Familienfeste am Hofe zahlreichere fürstliche Persönlichkeiten nach Dresden gebracht, bis im letzten Drittel des verflossenen Jahrhunderts der erneuerte Glanz deutschen Kaisertumes auch nach Dresden seine Strahlen warf.
Aus dem reichen Stoffe, der vorliegt, seien zuerst herausgehoben die Besuche deutscher Kaiser im alten und im neuen deutschen Reiche.
Kein Kaiser[1] des sächsischen, des salischen und des Hohenstaufenhauses hat in Dresden geweilt. Einer aus dem Hause der Luxemburger ist der erste gewesen, der Dresden aufgesucht hat: der vielgewandte Kaiser Karl IV., König von Böhmen und Markgraf von Mähren. Hochpolitische Erwägungen waren es, die ihn 1348 in den ersten schweren Jahren, da er in Deutschland festen Fuß zu fassen versuchte, nach Dresden trieben.
Der Wettiner, der damals die Mark Meißen und die Landgrafschaft Thüringen regierte, war Friedrich der Ernsthafte, ein Enkel der Stauferin Margarethe, ein Urenkel Kaiser Friedrichs II. Ihn hatte Kaiser Ludwig der Baier in sein Hausinteresse zu ziehen gewußt durch Verheiratung mit seiner Tochter Mathilde. Er sollte dem Wittelsbacher in den Verwickelungen und Streitigkeiten, die dieser mit dem schlauen Böhmenkönig Johann auszukämpfen gehabt hatte, zur Seite stehen. [138] Ja, im Jahre 1339 war Markgraf Friedrich auf des Kaisers Wunsch nach Frankreich gezogen, um König Eduard III. von England, einem Verbündeten Kaiser Ludwigs, gegen seinen Feind König Philipp von Frankreich beizustehen. Nicht immer hatte der Schwiegersohn fest zum Schwiegervater gestanden; 1344 trieb ihn eine Entfremdung ins feindliche Lager, er hielt zum Sohne des Königs Johann von Böhmen, zu Markgraf Karl von Mähren, doch schon 1346 war er wieder auf der kaiserlichen Seite; Ludwig den Baier traf selbst am 11. Juli dieses Jahres auf dem Tage zu Rense die Absetzung, und er sah in Karl von Mähren einen Gegenkönig erstehen. Zugleich wurde er von seinem Schwiegersohn Friedrich um Rückzahlung von 3500 Mark angegangen; seine Söhne schuldeten dem Schwager sogar 8000 Mark. Um sich Ruhe zu verschaffen, versprach Ludwig Rückzahlung in festen Terminen, und bis dahin Pfandstücke in der Markgrafschaft Lausitz; er gab jedoch die Pfandstücke nicht heraus und zahlte nichts zurück. Während zwischen dem Kaiser und dem Markgrafen über diese Dinge neue Verhandlungen gepflogen wurden, starb Ludwig der Baier 1347 unerwartet. Da keiner der Söhne die Kaiserkrone erwerben wollte, blickten die Wittelsbacher erst auf König Eduard III. von England, dann aber auf ihren mittlerweile verwitweten Schwager, den Mark- und Landgrafen Friedrich den Ernsthaften. Sie nahmen ihn im Anfange des Jahres 1348 zu Ingolstadt als König in Aussicht. Auch boten sie ihm seltsamerweise die Hand der verwitweten – zweiten – Gemahlin seines Schwiegervaters an. Er sollte also die Stiefmutter seiner ersten Frau heiraten! Im Anfange ist er nicht abgeneigt gewesen, die Kronbewerbung zu versuchen. Doch da nur zwei Kurfürsten und noch zwei andere Fürsten für ihn waren, die Gegenpartei der Luxemburger aber ziemlich mächtig war, da ferner der Hauptangelpunkt seiner Politik die Erwerbung der Niederlausitz war, ist der Wettiner Fürst bald zurückgetreten. Dazu kam, daß er im Norden seiner Lebenslande mancherlei Feinde zu erwarten hatte, so den Herzog Rudolf von Sachsen- Wittenberg, den Fürsten von Anhalt und den Erzbischof Friedrich von Magdeburg; sie waren alle Gegner des wittelsbachischen – jüngeren – Ludwig, der sich in den Besitz der Markgrafschaft Brandenburg gesetzt hatte. Mit dem in Böhmen sehr mächtigen Luxemburger Karl hätten alle diese Feinde höchst gefährlich werden können[2]. Da trat in jenen Tagen der falsche Waldemar in der Mark Brandenburg auf, angeblich der letzte Askanier, an dessen Tod man seit 1320 geglaubt hatte. Schlau erkannte diesen Karl IV. an, um in Verfechtung von dessen Ansprüchen den Wittelsbacher Ludwig aus der Mark zu jagen und sich die Niederlausitz zur Vergrößerung seiner Hausmacht abtreten zu lassen.
Ehe Karl aber gegen Brandenburg vorging, mußte er sich vor dem Meißner den Rücken decken. Er hatte am 20. und 21. September 1348 in Bautzen eine Zusammenkunft mit Markgraf Friedrich. Dieser erkannte ihn als König an und versprach ihm kriegerischen Beistand. Dafür erhielt er Bestätigung aller seiner Rechte und Freiheiten, brauchte keine Kriegshilfe gegen die ihm verwandten bairischen Fürsten, Kaiser Ludwigs Söhne, zu stellen und empfing eine Verschreibung über 4000 Schock Prager Groschen. Im folgenden Monat gelang es nun Karl IV., sich aus der aufständischen Bewegung des von ihm anerkannten falschen Waldemar die Lausitzer Beute zu sichern – ein Verlust für Friedrich von Meißen, der ja gerade darin Ersatz für seine an den Wittelsbacher geleistete Geldhilfe gesehen hatte. Um den Wettiner daher bei Gutem zu erhalten, eilte Karl am 31. Oktober von neuem nach Bautzen und belehnte Friedrich mit seinen Ländern, außerdem schenkte er ihm gegen das Versprechen, bald in Prag zu erscheinen, das „große Haus in der Prager Altstadt bei St. Jakob“. Der unermüdliche Luxemburger ging von Bautzen nach Schlesien, schloß hier mit dem König Casimir von Polen und dem Herzog von Schweidnitz ein ihn sicherndes Bündnis. Hierauf eilte er nach Wittenberg, um den Erzbischof von Magdeburg mit den jungen Sachsenherzögen zu einem Bündnis in Ansehung der Verteilung der zu erwartenden Brandenburgischen Beute zu bringen. Hier mochte er hören, daß die bairische Partei wieder starke Annäherung an den Markgrafen Friedrich erstrebte, und zwar hatte sich Ludwig, Markgraf von Brandenburg, selbst nach Dresden begeben. Ob hier der Versuch gemacht werden sollte, Friedrich wieder zum Thronbewerber zu machen oder ihn ganz für die Wittelsbacher Partei zurückzugewinnen oder ob man ihn davon abbringen wollte, in jeder Beziehung zu Karl IV. zu halten, ist wohl nicht zu entscheiden. Gewiß hielt Karl IV. den Augenblick für sehr geeignet, selbst nach Dresden zu gehen, um den Wettiner fester an seine Politik zu ketten. Am 5. Dezember 1348 ist Karl in Begleitung seines Bruders Johann (von Görlitz) und des Erzbischofs Ernst von Prag nach Dresden geritten.
Am 7. Dezember 1348 hat er zum ersten Male, am 4. Januar 1349 zum letzten Male von hier geurkundet, hat sich also volle vier Wochen in unserer Stadt aufgehalten; nur scheint er zweimal, am 14. und 25. Dezember, kurz in Pirna geweilt zu haben, da er an diesen Tagen in unserer Nachbarstadt Urkunden ausgestellt hat.
[139] Wie fand er die Stadt Dresden damals vor? Seit etwa 150 Jahren bestand hier eine Burg, seit etwa 140 Jahren eine daran sich schließende städtische Niederlassung. Die Burg stand auf einer Erhöhung nach der Elbe zu, auf dem sogenannten Taschenberge. In der Zeit Heinrichs des Erlauchten hatte sich die zunächst sehr bescheidene fürstliche und städtische Ansiedelung reicher entwickelt, denn dieser Fürst führte einen für seine Zeit glänzenden Hofhalt und war oft in Dresden anwesend. Schon vermittelte eine Brücke den Verkehr über die Elbe; vor 1295 bestand schon ein Kauf- und Gewandhaus auf dem Markte, das später auch als Rathaus benutzt wurde. Unter dem Vorsitze eines markgräflichen Richters sprachen bürgerliche Schöffen das Recht; Ratmannen berieten unter Vorsitz eines Bürgermeisters über die Verwaltung der Stadt. Auf diese Zeiten rascherer Entwickelung waren nach Heinrichs Tode 30 Jahre lebhafter Kämpfe gefolgt, während deren Dresden in den verschiedensten Händen war, einmal sogar (1315) wurde es vom Feinde erstürmt. Seit 1319 kamen ruhigere Zeiten, doch waren die Markgrafen Friedrich der Freidige und sein Sohn Friedrich der Ernsthafte mehr in Thüringen auf der Wartburg zu Haus, als auf dem Dresdner Schlosse. Und doch muß dieses 1348 wenigstens Raum genug gehabt haben für König Karl und sein Gefolge, wie auch für die Wittelsbacher Verwandten des Landgrafen. Wenn wir ihn uns über die Elbbrücke, die seit 1344 in eine völlig steinerne umgewandelt worden war, einreitend vorstellen, müssen wir unwillkürlich daran denken, daß er neun Jahre später die nach ihm genannte Prager Moldaubrücke anfangen ließ zu bauen. Da er durch seinen häufigen Aufenthalt in Frankreich und Italien auch regen Sinn für glänzende Bauten und herrliche Feste besaß, wird es trotz der winterlichen Jahreszeit im Dresdner Schlosse, wenn auch unter bescheideneren Verhältnissen, nicht an Ritterspiel und Ritterschmaus gefehlt haben. Daß aber eine sehr rege politische Tätigkeit geherrscht hat, beweisen die zahlreichen Urkunden, die als Ergebnisse der eifrigen Arbeit Karls vorliegen. Vom 7. bis 30. Dezember 1348 haben wir 26, vom 1. bis 3. Januar 1349 zehn Urkunden, die bis auf zwei in Dresden von ihm ausgestellt sind.
Unter dem 7. Dezember bestätigt er dem Kloster Altenzelle bei Nossen, das jetzt in ehrwürdigen Trümmern liegt, dessen in Böhmen gelegene Besitzungen und die ihm von seinen Vorfahren auf dem Böhmenthrone Ottokar, Wenzel und Johann verliehenen Vorrechte. Besonders viele Erwägungen waren über die zu jener Zeit stark verrufenen und furchtbar verfolgten Juden zu treffen. Am 14. Dezember wies er den Herzog Friedrich von Teck, den Landvogt zu Augsburg, an, sich des zurückgelassenen Judengutes anzunehmen, nachdem am 22. November ein schreckliches Judenbrennen in dieser Stadt vorgenommen worden war. Die Bürger der Stadt forderte er unter dem 21. Dezember auf, Marquard als ihren Bischof anzuerkennen und ihm von seinetwegen in allen Sachen behilflich zu sein. Dieses Bischofs, der nach dem Rücktritt des Vorgängers, eines Anhängers Kaiser Ludwigs, Karl gehuldigt hatte, nahm sich der neue Herrscher dankbar an. An demselben 21. Dezember verkündet er, daß er den Marquard, dessen Kirche, Amtleute und Burgen ledig und lossage aller Schulden, die sie den Juden, seinen Kammerknechten, noch zu zahlen hatten. Ebenso gibt und verleiht er unter dem 22. Dezember dem Bischof wegen der großen und verderblichen Schulden, in die er durch seine Vormünder gekommen sei, genannte Juden und Jüdinnen, um „die zu genießen“. Am 24. Dezember bestätigt er dem Marquard, sowie dem Domkapitel von Augsburg die Privilegien ihrer Kirche, ferner alle Pfandschaften, die sie vom Reiche inne habe. Am ersten Weihnachtstage verpfändet er in einer zu Pirna unterschriebenen Urkunde dem Augsburger für die 4000 Pfund Heller, welche dessen Vorfahren in des Reiches Not noch unvergolten ausgelegt haben, die Vogtei nahe Ulm.
Auch mit den Verhältnissen des Bistums Chur hat sich Karl in der Dresdner Zeit eingehend beschäftigt; hatte doch dessen Gebiet eine für den Verkehr zwischen dem deutschen Reiche und Italien ungemein wichtige Lage. So schreibt er am 27. Dezember den Burgmannen, Räten, Bürgern und Einwohnern des Städtleins und Tales Cläven (Chiavenna), daß er dem Bischof Ulrich von Chur den bei seinem Hochstift hergebrachten Besitz von Burg, Städtlein und Tal Cläven bestätigt habe, und gebietet ihnen, ihm gehorsam zu sein. Denselben Tag erhalten der Bischof, seine Nachfolger und sein Gotteshaus auf ewige Zeiten das sogenannte Umgeld, eine Steuer in Chur, zugesprochen. Auch das Geleit von der Landquart bis zur Luver erhielt er mit allen früheren Freiheiten, Rechten und guten Gewohnheiten bestätigt. Ferner verbietet er durch eine besondere Urkunde die Errichtung neuer Zollstätten auf dem Wege zwischen jenen oben genannten Flüssen – d. h. auf der Septimerstraße – neben den zwei, die von altersher dem Hochstift Chur zuständig sind.
Wichtig war der Erlaß vom 30. Dezember, durch den die Stadt Ulm das Recht erhielt, sich selbst Gesetze zu geben. Auch überließ er der Stadt auf Verwendung der Grafen von Helfenstein, Landvögte in Oberschwaben, das Schutzgeld der Juden, damit sie die Befestigung mit Mauern, Gräben und Türmen möglichst bald vollende.
Der Altstadt Prag, deren Wichtigkeit als Hauptstadt Böhmens er besonders hervorhebt, erneuert er [140] unter dem 27. Dezember alle von seinen Vorfahren, römischen oder böhmischen Königen und Herzögen erhaltenen Privilegien. Das benachbarte Leitmeritz aber erhielt – ein Zeichen seiner wirtschaftlichen Bedeutung als Elbestadt – am 1. Januar das Niederlagsrecht für Getreide, Salz, Fische, Wein und andere Kaufmannswaren, wie solche seit unvordenklichen Zeiten dort gebräuchlich, bestätigt. Die meisten dieser Urkunden enthalten demnach Begnadungen für seine Anhänger zum Schaden der Gegner, die er hatte. Oft hatten sie nur sehr mäßigen Wert, waren wohl pergamentne Vorteile; den Begnadeten blieb es überlassen, sich diese Vorteile wirklich zu erringen.
Wichtiger sind wohl die Bestimmungen, die das Verhältnis zwischen dem Könige und dem Markgrafen Friedrich, sowie dessen Söhnen regelten. Noch ehe am 21. Dezember die entscheidenden Abmachungen unterzeichnet wurden, war die Hauptfrage, ob der Wettiner am Luxemburger festhalten werde, entschieden worden. Der mit anwesende Markgraf Ludwig von Brandenburg, Kaiser Ludwigs des Baiern Sohn, hatte sich am 9. Dezember ausdrücklich für einen neuen Gegenkandidaten, für den Grafen Günther von Schwarzburg, erklärt. Die Wahl war nicht glücklich; die Hausmacht dieses Thronbewerbers war ungleich geringer, als die Karls IV.; außerdem konnte er persönlich dem Markgrafen Friedrich von Meißen nicht genehm sein, da er sich in dessen thüringischen Grafenfehden feindlich erwiesen hatte. Ein Gegner, dessen eigene Neffen dem König ihre Dienste zum Kampfe gegen ihn anboten, konnte Karl nicht allzu gefährlich scheinen. Noch sicherer konnte er sich fühlen, wenn er den Meißner Markgrafen ganz fest für sich gewann. Die Urkunden, die er ihm und seinen Söhnen ausstellte, enthielten vorerst eine Verschreibung von 4000 Prager Groschen; dann wurde ein Schutz- und Trutzbündnis geschlossen und eidlich bekräftigt, das die Aufrechterhaltung des beiderseitigen Besitzstandes gegen jedermann bezweckte und beide Teile zu wechselseitiger Hilfe bei Verteidigung und Angriff verpflichtete. Nur in einem Punkte machte Karl ein erhebliches Zugeständnis: wenn er selbst angriffe, sollte Friedrich ein Jahr lang nicht zur Hilfsleistung verpflichtet sein. Dagegen gelang es seiner Zähigkeit, den Markgrafen Friedrich, der eben nur dann Hilfe leisten wollte, falls die Wittelsbacher den König angreifen sollten, dahin zu bringen, daß er am 3. Januar 1349 Heeresfolge gegen Günther von Schwarzburg versprach; dafür gelobte Karl, ohne des Wettiners Zustimmung keine Sühne mit Günther zu schließen[3].
In der denkwürdigen ersten Zusammenkunft eines deutschen Königs[4] mit einem Meißner Markgrafen aus dem Hause Wettin in den Mauern Dresdens hat jeder Teil seinen Standpunkt mit Geschick zu wahren gesucht: König Karl sicherte sich die Heeresfolge seines Wirtes gegen den feindlichen Thronbewerber, Friedrich sicherte sich und seinen Söhnen seinen Besitzstand und gewann Rücksicht auf die verwandtschaftlichen Bande, die ihn mit den Wittelsbachern verknüpften und früher seine Politik stark beeinflußt hatten; er ging dauernd ins Luxemburger Lager über, ohne zu jäh und zu grell mit den Wittelsbachern zu brechen.
Von den damals in Dresden bei den Verhandlungen politisch wichtig erscheinenden Persönlichkeiten sind noch in demselben Jahre 1349 zwei gestorben: Günther von Schwarzburg am 14. Juni zu Eltville, ohne daß er zu Anerkennung und Ruhm gekommen war, und Markgraf Friedrich der Ernsthafte von Meißen am 18. November.
Karl behauptete sich gegen alle seine Feinde; aber das Jahr 1349 war für die inneren Verhältnisse des Reiches vielleicht das furchtbarste; denn in ihm tobten die Judenverfolgungen, die Geißlerfahrten und die Pest in deutschen Landen. Wie Karl IV. die Juden an vielen Orten dem Volksaberglauben und der Volkswut preisgab, so hat dies auch der Mark- und Landgraf Friedrich getan, der erst 1330 von seinem Schwiegervater Kaiser Ludwig dem Baiern den Judenschutz mit dem Besteuerungsrechte für sein Land erhalten hatte. Wenige Wochen nach Karls IV. Abzug aus Dresden fand das Gräßliche statt, was uns die kleine Dresdner Chronik kurz und trocken berichtet: „In dem 49. Jahre worden die Juden gebrannt zu Vaßnacht“.
Der zweite deutsche Kaiser, der, zunächst auch nur in der Zeit, in der er römischer König war, Dresden besucht hat, ist Ferdinand I., der Bruder Karls V., gewesen. Er war am 10. März 1503 als Sohn Philipps des Schönen und Johannas (der späteren Wahnsinnigen) zu Alcalá de Henares geboren, in Spanien erzogen und 18 Jahre alt mit einer Prinzessin von Ungarn und Böhmen vermählt worden. Entscheidend war für ihn, daß ihm 1521 die österreichischen Erblande abgetreten wurden und er 1526 in Ungarn und Böhmen zum König gewählt ward. Erst am 5. Januar 1531 hatte er zu Cöln die römische Königswürde erlangt und war am 8. Januar zu Aachen gekrönt worden. 1538 hat er durch seinen Besuch in Dresden den alten [141] Herzog Georg den Bärtigen geehrt, dabei aber sehr allgemein politische und vielleicht auch persönliche Zwecke verfolgt.
Nicht immer war das Verhältnis zwischen beiden ein erfreuliches gewesen. Denn Ferdinand hatte als Erbe seines Großvaters Kaiser Maximilian I. dem sächsischen Herzog bis 1534 viel Geld geschuldet. Von 1519 an hatte Georg, der ein guter Haushalter war, unzählige Male vergeblich gesucht, von Ferdinand Teilabzahlungen auf die sich auf mehrere hunderttausend Gulden belaufende Schuld zu erhalten. Immer wurde er hingehalten und lebhaft enttäuscht, selbst wenn er um überhaupt etwas zu bekommen, die Schuldsumme, ganz erheblich kürzte und dem Schuldner dadurch gefälliger machte. Einmal – 1528 – hatte der Herzog, über die erlittenen Enttäuschungen entrüstet, so zornig an den König geschrieben, daß dessen Hofmeister Wilhelm Truchseß von Waldburg zurückschrieb: Hoffentlich sende er nie wieder solch ernste Schrift. Aber dieser Auftritt hatte wenigstens die Folge, daß Ferdinand nunmehr dem Herzog Georg gewisse Einkünfte aus der Bergstadt Joachimsthal zuwies; bis 1534 wurden daher 60 000 Gulden abgezahlt. In demselben Jahre kam aus Wien die naive, auf eine seltsame Buchführung hindeutende Anfrage, wieviel eigentlich noch zurückzuzahlen sei. Die daraufhin genannte Summe von 100 000 Gulden wurde denn auch 1535 entrichtet – sie kam Herzog Georg bei seinem Dresdner Schloßbau gewiß sehr gelegen. Als 1538 die Zusammenkunft zwischen beiden Fürsten stattfand, war also noch nicht lange „reiner Tisch“ zwischen ihnen gemacht worden[5].
In Geldverlegenheit war der König von Ungarn und Böhmen bei den großen Ansprüchen, die die Regierung seines Landes stellte, bei der fortwährend drohenden und oft eintretenden Türkennot, bei der Hilfe, die er des Bruders Unternehmungen leisten mußte, noch immer. Schreibt doch der päpstliche Nuntius Morone kurz vor der Dresdner Reise Ferdinands von ihm nach Rom[6]: „bei der augenfälligen Armut des Königs“. Und der venetianische Gesandte sagt in seinem Bericht über den König mitleidig: „Sua Maestà é poverissima“. Seine ewige Geldnot aber verhinderte ihn nicht, täglich große Tafel zu halten, freigebig, ja sogar prachtliebend zu sein. Lebhaft und beweglich, wie er war, hatte er sich außer der lateinischen, spanischen, italienischen, französischen und englischen Sprache auch Hoch- und Niederdeutsch angeeignet. Für Jagd- und Schießkunst, große und kleine Feuerwaffen zeigte er viel Interesse und Geschick[7].
In dem großen Zwiespalte, der in Deutschland kirchlich und politisch herrschte, suchte er mehr die Vermittelung als den Krieg, denn er hatte in seinen Landen von den Türken entweder zu leiden oder doch zu fürchten. Er bemühte sich daher, sich in Ungarn zu sichern, in Deutschland einen Achtung gebietenden katholischen Bund herzustellen, der dem schmalkaldischen das Gleichgewicht hielte, und zwischen seinem Bruder Karl V. und dem Könige Franz I. von Frankreich womöglich einen Frieden herbeizuführen. Er schloß daher am 24. Februar 1538 mit Johann Zapolya, dem aufständischen Fürsten von Siebenbürgen, Frieden, um sich gegen die Türken zu sichern, strebte nach einem Reichstage, auf dem ihm Türkenhilfe versprochen werden sollte, und reiste in seinem Lande umher, um zu erhöhten Geldleistungen anzuregen. Er war dabei in so übler Lage und so mißmutig, daß er, der katholische Habsburger, vorübergehend auf den Gedanken kam, das Kirchengut bis zur Hälfte einzuziehen. Für die vom kaiserlichen Vizekanzler Held und ihm geplante Defensivallianz der katholischen Fürsten in Deutschland war nun Herzog Georg eine sehr wichtige Persons[8]. Er mußte, ehe diese Herren insgesamt zu einer Tagfahrt nach Nürnberg zusammenkamen, aufgesucht und vor allem zu Geldhilfe veranlaßt werden.
Niemand war mit dieser Reise einverstandener als der päpstliche Nuntius Morone, der seit 1536 bei Ferdinand die Kurie vertrat und die Gelegenheit benutzen wollte, auf Herzog Georg beruhigend zu wirken; denn dieser zeigte sich, so eifrig katholisch gesinnt er war, mit der Politik des Papstes Paul III. nicht so recht einverstanden: er wünschte baldige Berufung des schon lange in Aussicht stehenden Konzils und zugleich entschiedenere Reformen in der Kirche, vor allem im Wandel der Geistlichen. Beide Gegenstände – Konzil und Revision des Klerus – waren schon vor dem Erscheinen des Nuntius Morone in Dresden zwischen ihm und dem Herzog schriftlich verhandelt worden. Georg hatte unter dem 12. März 1538 seine Bitte, daß „die Geistlichen und die Verwalter der geistlichen Güter durch eine geeignete Persönlichkeit visitiert würden, damit der Klerus weniger sittenlos lebe und das geistliche Gut nicht so verschleudert werde“, Morone gegenüber schriftlich ausgesprochen und zugleich seine Zweifel darüber ausgedrückt, ob das in Aussicht gestellte Konzil zustande kommen werde. Am 23. März hatte Morone seine Freude über des Herzogs Schreiben geäußert und ihn [142] ersucht, zwei oder drei Prälaten zu dieser Revision vorzuschlagen, aus denen er einen wählen werde. Über das Zustandekommen des Konzils beruhigte er ihn von neuem; Georg möge nur immer seine Vertreter bestimmen und sich zur Reise rüsten lassen. An demselben Tage schrieb er nach Rom, daß er dem Herzog – firmissima colonna della fede catolica – sehr entgegengekommen sei; war er ihm doch selbst von Rom aus in seinen Instruktionen als „ein ganz ausgezeichneter Fürst, als ein hervorragender Verteidiger des Glaubens, und das mitten in dem flammenden Sachsen“ bezeichnet worden. Dringend legte er es nun der Kurie ans Herz, den Mann recht festzuhalten, ihm durch ein freundliches Breve in seinen Wünschen entgegenzukommen[9]. Am 10. Mai zeigte Morone aus Prag nach Rom befriedigt an, daß die Böhmen die Türkenhilfe bewilligt hätten, der König in vier oder sechs Tagen abreisen und zunächst nach Sachsen gehen werde, wohin er vom Herzog Georg eingeladen worden sei; dort werde er gewiß auch für eine Beihilfe von seiten des Herzogs sorgen. Auf der Rückreise durch die Lausitz, Schlesien und Mähren sollte das Gleiche betrieben werden[10]. Sechs Tage später, am 16. Mai, hat sich Ferdinand aufgemacht; er ritt nach Leitmeritz[11] und fuhr von da zu Schiff die Elbe hinab. Außer dem päpstlichen Nuntius begleitete ihn noch der venetianische Gesandte Marino Giustianini, der wie Morone sehr für Herzog Georg eingenommen war; nennt er ihn doch in seinem großen Gesandtschaftsbericht an den Senat von Venedig „quel santissimo e buon christiano duca Giorgio“, während dessen Bruder Heinrich der Fromme wegen seiner Hinneigung zur lutherischen Lehre, wohl aber auch wegen seiner geringen geistigen Bedeutung als stupido principe bezeichnet wird[12]. Ferner waren von Geistlichen noch dabei der Bischof Johannes von Modena, der Bischof Johannes Faber von Wien; zahlreiche Hofleute geleiteten ihren König; der Vizekanzler des Reiches, Dr. Mathias Held, der Ferdinand gerade in Sachen des katholischen Gegenbundes eifrig beriet, war nicht anwesend.
Herzog Georg, von dem bevorstehenden Besuche längst unterrichtet, zog Mittwoch den 15. Mai 1538 nach dem Mittagsmahle nach Pirna, blieb den 16. Mai zu Nacht im Städtlein Königstein beim Pfarrherrn, der 21 Groschen Trankgeld erhielt, und nahm am 17. Mai zu Königstein das Frühmahl auf dem Schiffe. In seiner Begleitung waren Heinrich von Bünau, einer von Mansfeld, Hans von Pflugk, Kaspar und Hans von Schönberg, Otto von Dieskau[13].
Der Besuch des römischen Königs beim Herzog von Sachsen machte begreiflicherweise bei den evangelischen Fürsten großes Aufsehen; denn wenn auch die Türkennot Ferdinand genug Veranlassung bot, sich der Teilnahme und Hilfe deutscher Fürsten zu versichern, so nicht minder die Gestaltung der Reichsdinge in kirchlicher und – damit eng verbunden – in politischer Hinsicht. Die Herzogin Elisabeth von Rochlitz, die Schwester des Landgrafen Philipp von Hessen, die Witwe von Herzog Georgs ältestem, am 11. Januar 1537 kinderlos gestorbenem Sohne Johann, die seit einigen Jahren evangelisch geworden war, schreibt dem Kurfürsten Johann Friedrich, daß sie ihren Hofdiener Ponickau in Dresden gehabt, der ihr mancherlei berichtet habe[14]. Auch der Kurfürst hatte, wie er an den Landgrafen Philipp aus Torgau schreibt, „jemand der unsern gen Dresden abgefertiget, darauf unvermarkt Aufachtung zu haben„[15].
Im Sachsen-Ernestinischen Gesamtarchiv zu Weimar befindet sich ein Bericht über die Zusammenkunft, den L. H. Burkhardt 1882 veröffentlicht hat[16]. Der Berichterstatter muß zu den Dienern des Herzogs Georg gehört haben, denn diesen und dessen Sohn Friedrich nennt er ausdrücklich „meinen gnädigen Herrn“, auch läuft das Ganze auf ein rühmliches Hervorheben des Herzogs als des Wirtes heraus. Alle äußeren Vorgänge hat der Betreffende gut beobachten können und beobachtet; von eigentlichen Abmachungen zwischen beiden berichtet er jedoch nichts; weil es ihm „als dem Unwissenden verborgen geblieben ist“[17]. An der Hand dieses eingehenden Berichtes sei die Wasserfahrt der beiden Fürsten und Ferdinands Aufenthalt in Dresden erzählt.
Der König fuhr von Leitmeritz mit seinen Räten und Obersten und etlichen Dienern, darunter auch etlichen „Trommetern“, auf fünf Schiffen elbabwärts und langte Freitag den 17. Mai an der Grenze zwischen Böhmen und Meißen zwei Meilen über dem Königstein „an der Kleppenbach“ um 11 Uhr mittags an[18]. Dort [143] war Herzog Georg schon eingetroffen, der seinen „lieben Gast mit gepurlicher reverentz entpfangen“, und „allda haben sie eygener person mit einander geredt und sich gancz freuntlich kegen einander erczeiget“. Darauf hat der Herzog den König auf sein Schiff genommen, weil es besser und ansehnlicher als das des Königs, auch mit gutem Proviant versehen war. Da haben sie denn gegessen, getrunken und gespielt. Um 2 Uhr landeten die Schiffe vor Königstein. Sogleich haben die Köche ausgezeichnetes Essen bereitet, vor allem große Forellen und noch andere Fische. Diese und alles übrige Essen schafften die Diener auf die Schiffe, und so wurde denn im „rapfaren“ die Mahlzeit auf dem Schiffe gehalten, bis sie unter den Lilienstein kamen. Dort, in der Biegung, ehe man nach Rathen gelangt, ist nun dem König ein ganz besonderes Vergnügen bereitet worden: eine Wasserjagd. Es wurden Hirsche und Rehe, die man am Ufer hinter Tüchern gehalten, um 4 Uhr bei Ankunft der fürstlichen Herren mit viel Geschrei in das Wasser gegen die Schiffe zu getrieben. Der Erfolg der Jagd war nicht sonderlich, denn die Elbe war seicht, und so „sind viele Tiere durchgeloffen“. Der König schoß wohl mit Büchsen und Armbrüsten sehr eifrig, stand auch, aus dem Schiffe gesprungen, bis zu halben Knieen im Wasser; aber von 23 Stück wurden nur sieben erlegt. Allerdings dauerte die Jagd nur eine Stunde, denn nach 5 Uhr mußte man an die Weiterfahrt denken, da man in Pirna landen und übernachten wollte. Zum Schlusse erliefen noch die Hunde manches Stück Wild am Lande „in tüchern“, daran der König „ein groß gefallen gehat“. Als nun die Herren zu Pirna das Schiff verließen, sind „viel harter Schuß vom Schloß und in der Stadt geschehen; dieweil es in den Bergen ganz sehr schallt, so ist es fast lustigk zu hören gewest“. Der Herzog wohnte beim Bürgermeister Fuchs, der König bei der „Gleitsmannin“. Die Landvogtin auf dem Schlosse, die Frau des Ritters Götz von Ende, bekam 42 Groschen Trankgeld[19].
Hier in Pirna waren auch die etwa 300 Berittenen König Ferdinands, die ihren Weg über Aussig und Gottleuba genommen hatten, eingetroffen. Obwohl der Kurier des Königs die Anweisung erhalten hatte, für deren Verköstigung und Pferdefutter selbst zu sorgen, ließ es sich der alte Herzog Georg nicht nehmen, auch hier als Bewirter aufzutreten.
Sonnabend, den 18. Mai, früh 4 Uhr gingen die Herren in die Messe, bestiegen alsdann die Schiffe und fuhren – König und Herzog auf des letzteren Fahrzeug – nach Dresden zu, wo sie um 10 Uhr anlangten. Hier wurde dem Gast ein dröhnender Empfang bereitet. Schon auf dem nördlich am Ende der Ziegelgasse gelegenen Elbwerder, einer inselartigen Sandbank, wurden beim Herannahen der Schiffe viele Schüsse gelöst, „darzu K. M. Trommeter lostigk geblosen haben“. Dann nahten sich die Elbschiffe dem großen Wallberg, einem Teile des von Herzog Georg zwischen 1520 und 1529 verstärkten und nach der Elbe zu vorgeschobenen Befestigungswerkes. Da ließ Georg von Carlowitz, der bewährte Ratgeber des Herzogs, durch den Büchsenmeister aus großen Geschützen wohl 200 Schuß abfeuern; „aber die Schüsse mit dem kleinen Geschütze, als Falkonetlein und Hakenbüchsen, ist nicht zu zählen gewesen“. Am Ufer erwartete der blöde Herzog Friedrich, Georgs noch einzig lebender Sohn, mit vielen vom Adel den König. Während diesem vom Schiffe geholfen und Reverenz erwiesen wurde, drängte sich viel Volks hinzu. Die Herren begaben sich alsdann durch den Aufgang von der Elbe, das sogenannte Wassertor, zum Elbtor, zu dem neuen Schloß, d. h. nach dem zwischen 1533 und 1537 errichteten prächtigen Georgenschloß.
Mit einem gewissen Stolze konnte der Herzog dieses Bauwerk zeigen. War es doch in der mit künstlerisch geschmückten Gebäuden ganz dürftig ausgestatteten Residenz das erste wahrhaft sehenswürdige Bauwerk. Auch war es wohl das erste, das, seitdem man sich in Deutschland von den gotischen Bauformen abzuwenden begonnen hatte, im sogenannten Renaissancestil errichtet war.
In diesen Bau, bei dessen Errichtung Herzog Georg beinahe ums Leben gekommen war – er war durch den Zusammenbruch eines Gerüstes mit Georg von Carlowitz, dem Baumeister, dem Steinmetzmeister und etlichen Helferknechten „drey grust hoch“ herabgefallen, ohne sich ernstlich zu verletzen – führte er nun seinen hohen Gast. Diesem wurde ein schönes Gemach mit „lustigen, schönen gülden tuch und tebichen“ angewiesen. Desgleichen erhielten der päpstliche und der venetianische Gesandte, sowie die „Gewaltigen“ von den böhmischen Herren jeder sein besonderes und wohl „stuffuirtes“ (d. i. gewärmtes oder vielleicht heizbares) Zimmer. Bald darauf wurde ein Morgenmahl gehalten, das des Königs und des Herzogs Köche ausgezeichnet zubereitet hatten. Hierauf zogen sich die beiden Fürsten eine gute Weile zurück, was im Laufe der Zusammenkunft mehrfach geschehen ist. Die für beide Teile wichtigen Gegenstände: der Gegenbund der katholischen Fürsten, die Türkenhilfe und die Anerkennung der Erbberechtigung für Georgs einzigen, aber schwachsinnigen Sohn Friedrich sind gewiß hierbei besprochen worden. Über die dem Herzog Georg so sehr am Herzen liegende innere Reform der katholischen Kirche und die Berufung eines Konzils hat er mit dem Nuntius Morone verhandelt. – Das Abendessen ist, da der König solches selten zu halten pflegte, kurz abgemacht worden. Darauf sind die Fürsten mit Gefolge „umb und ein der Stadt“ spazieren geritten. [144] Gewiß wollte Herzog Georg seinem Gaste die neue Umwallung zeigen, und sicher sind sie auch an der Hauptkirche der Stadt vorüber, über den Markt und durch die Elb(Schloß-)gasse geritten. Der König hat Dresden für eine kleine Stadt „vast“, d. h. ganz besonders gelobt; auch haben ihm viele Häuser darin wohl gefallen. Er lernte die Stadt etwa in dem Umfange und der Anlage kennen, wie sie uns das bekannte Holzmodell im Grünen Gewölbe aus dem Jahre 1521 zeigt; doch waren durch das neue Schloß Verschönerungen, durch die Befestigungswerke Erweiterungen hinzugekommen.
Sonntag 8 Uhr früh gingen die fürstlichen Herren zur Messe und Predigt in die Kirche auf dem Schloß, d. h. in die im Westflügel gelegene Schloßkapelle, in der 1517 Luther vor Herzog Georg gepredigt hatte und die Kurfürst Moritz 1548 mit dem gesamten Süd- und Westflügel hat abbrechen lassen[20]. Auch sie war mit goldenem und anderem köstlichen Tuch hergerichtet worden. Die Predigt hielt der Spittelmeister und zwar zum Lobe des Königs und jedermanns. Es war dies der Geistliche, der nach der neuen Ordnung des Herzogs Georg vom Jahre 1536 dem Jakobshospital vorstand. Da der Herzog dem an jenem Sonntage im Gefolge König Ferdinands mit anwesenden Bischof Johann von Wien die neue Hospitalordnung zur Begutachtung vorgelegt hatte, wird er gewiß den ersten von ihm selbst eingesetzten Magister zur Predigt aufgefordert haben[21]. Die Messe zelebrierte einer der Kapläne des Herzogs; dazu traten des Königs Kaplan und sechs Buben königlicher Majestät, die mit brennenden Kerzen und großer Reverenz dienten und aufwarteten, an den Altar.
Nach der Messe fand im Schlosse ein Festmahl statt, zu dem des Königs Trompeter geblasen haben. Dann wurde ein Rennen abgehalten; ob im Schloßhofe oder auf dem Altmarkte, wird nicht berichtet. Daran beteiligten sich Graf Hans Georg von Mansfeld, Caspar von Ponickau, Hans von Schleinitz, Hans von Schönberg, Gottschalk von Haugwitz, Christoph von Haugwitz. Den welschen Herren von der päpstlichen und venetianischen Gesandtschaft fiel bei diesem Rennen auf, daß die Deutschen in so kleinen Sätteln und mit so großen Stangen so fest sitzen konnten. Sie gingen darauf in die Harnischkammer, die sich damals im ersten Obergeschoß des Nordflügels im Hausmannsturme nahe bei der Schloßkapelle befand, besahen und begriffen das Rüstzeug, um guten Bericht zu erlangen, „wie sichs gepürt, solchen Leuten anzuzeigen“.
Nach dem Rennen wurde ein feierliches Abendessen abgehalten, und hierauf begann an dem Hofe des sonst doch so ernst gewordenen Herzogs ein Tanz. Dazu waren aus dem Adel etwa 50 Frauen und Jungfrauen, die sich gewöhnlich in der Stadt aufhielten, geladen[22]. König Ferdinand – damals 35 Jahre alt – tat den ersten Tanz mit des Georg von Carlowitz Weibe, tanzte noch mit vielen Frauen und Jungfrauen, zum Beschluß mit Barbara von Schönberg. Der Herzog verehrte dem Könige an diesem Tage zum Gedächtnis ein reiches Geschenk, einen schönen Becher („Kopf“), der nicht weniger als 100 Gulden gekostet haben soll. Ferdinand bezeigte große Freude darüber und tat an dem Abende dem Herzoge zu Ehren und zu Danke einen „starken Trunk, dieweil er Adem hat und das ihm die Nasen rot geworden ist“. Ausdrücklich sicherte er dem Herzog zu, daß er diesen „Kopf“ nicht wegtun werde; er solle zum Gedächtnis aufbewahrt werden, und dazu wies er ihn allen seinen Dienern und forderte sie auf, ihn wohl zu verwahren. Montag den 19. Mai früh ist der König zur Messe gegangen und bald zu Roß gestiegen. Geleitet vom Herzog Georg und seinem Sohne Friedrich ist er durch die „Dresdenische Heide“ geritten; hierbei fand der Abschied statt. Wie wert dem König der treue katholische Fürst erschien, erhellt noch aus seinen Abschiedsworten an Georg von Carlowitz, dem er „fleißig befohlen, auf dessen Gesundheit gut Achtung zu geben aus Ursachen, daß viel an ihm gelegen sei“. Dieser vertraute Ratgeber des Herzogs schrieb fünf Tage darauf, am 24. Mai, an Herzog Heinrich von Braunschweig sehr befriedigt über die Zusammenkunft der Fürsten; beide seien, gottlob, fröhlich bei einander gewesen, wie Vater und Sohn, nach König Ferdinands eigenen Worten. Auch hatte der kluge Mann bei Anwesenheit Ferdinands und seiner Räte die Beruhigung gefaßt, daß der Königlichen Majestät Sachen nicht so übel ständen, als man vermeinete[23]. Das Mittagsmahl hielt König Ferdinand zu Bischofswerda; bis an die Grenze der Lausitz hatten 100 „Pferde“ den Gast, der nun nach Bautzen weiter ritt, geleitet.
Für das damals noch kleine Dresden mochten es anregende und unterhaltende, vielleicht auch gewinnreiche Tage gewesen sein; der König hatte bis zu 800 Pferde in Fütterung gehabt, Georg 500. Auch hier waren alle Fremden, soweit sie sich für sich und ihren Unterhalt auf den König beriefen, des Herzogs Gäste, wenn auch der königliche Kurier „hart dawider gewest ist“. Zum Schlusse seines getreuherzigen Berichtes erklärt der Schreiber, daß ihm als Unwissendem [145] verborgen geblieben sei, was „sunst vor Schankungen oder Vinantzen geschehen seien“. Aus dem Brief, den die Herzogin Elisabeth von Rochlitz an Kurfürst Johann Friedrich über die Dresdner Zusammenkunft gesendet hat, geht hervor, daß der schöne goldene Becher Georgs Sohne, Herzog Johann, ihrem am 11. Januar 1537 verstorbenen Gemahle, gehört hatte. Sie berichtet außerdem, daß der Herzog dem König noch ein „gulden Stuck“ verehrt und, was viel wichtiger gewesen wäre, zweimalhunderttausend Gulden „uf die Schlesien“ geliehen habe. Hierunter ist gewiß eine Zusage für den Fall der Erneuerung des Türkenkrieges zu verstehen. Damit stimmt eine Notiz des Nuntius Morone an den Kardinal Farnese, Bautzen den 22. Mai, überein: Herzog Georg sei bereit, nach Höhe seines Reichsanschlages Türkenhilfe zu leisten. Zu einer Zahlung selbst wird es damals in Dresden nicht gekommen sein[24].
Von unmittelbaren Folgen ist die Zusammenkunft nicht gewesen. Bezüglich der schwebenden politischen Verhandlungen zwischen Karl V. und Franz I., sowie der Absichten des Papstes auf ein Konzil suchte Morone den Herzog zu beruhigen. Und wirklich wurde am 15. Juni zu Nizza zwischen jenen beiden Herrschern ein Waffenstillstand geschlossen, der zum Frieden und zu einem Bündnisse wider die Türken führen sollte. Am 12. Juni aber wurde der Bundesabschied der katholischen Liga zu Nürnberg unterzeichnet. Des Herzogs Wunsch, nur dann zum Kriege gegen die Schmalkaldener verpflichtet zu sein, wenn Angriffe, die religiösen Ursprungs seien, erfolgten, wurde dabei berücksichtigt.
Wenn Seidemann[25] den bekannten Testamentsentwurf des Herzogs Georg zugunsten Karls V. und König Ferdinands mit dem Besuche des letzteren in Dresden in Zusammenhang bringt, so wird dies kaum stimmen. Damals lebte Georgs letzter Sohn, Friedrich, noch, und der Vater glaubte trotz der Geistes- und Körperschwäche dieses Prinzen noch daran, durch ihn Erben gewinnen zu können; er verheiratete ihn am 27. Januar 1539 mit einer jungen Gräfin von Mansfeld, mußte ihn aber schon am 26. Februar 1539 begraben. Erst dann hat er die Absicht geäußert, das Herzogtum Sachsen, falls sein Erbe und Bruder Heinrich, wie zu befürchten stand, die Reformation einführen wolle, an die Habsburger fallen zu lassen. Wohl machte Ferdinand nach Georgs am 17. April 1539 erfolgtem Tode Ansprüche auf Sachsen; sie hätten aber mit Waffengewalt durchgesetzt werden müssen; auch hatten die vornehmsten Landstände den Testamentsentwurf nicht in allen seinen Teilen gebilligt[26].
Für Herzog Georg erscheint der Dresdner Besuch König Ferdinands als eine Art Höhepunkt. Der benachbarte König, der Bruder des mächtigen Kaisers Karl V., sucht ihn in Begleitung des Vertreters des Papstes im deutschen Reiche als die feste Säule des Katholizismus, als ein höchst wichtiges Mitglied in dem zu bildenden katholischen Gegenbunde, als einen finanziell kräftigen Helfer in der Türkennot auf. Stolz kann ihm der alte Herzog sein prächtiges neues Schloß zeigen, er bewirtet und beschenkt ihn gastlich und entwickelt in den Besprechungen mit König und Nuntius sein politisch-kirchliches Programm.
Wie ganz anders freilich gestaltete sich das alles! Elf Monate später starb er. Der katholische Gegenbund hat sich noch jahrelang vom Kampf gegen den schmalkaldischen Bund zurückgehalten; ein französischer Krieg und ebenso Türkenkämpfe brachen von neuem aus; das von Georg so eifrig ersehnte Konzil trat erst sieben Jahre nach seinem Tode zusammen. Vor allem aber: kaum ein Jahr nach diesen Dresdner Tagen gebot in dem neuen Schlosse sein protestantisch gewordener Bruder Heinrich, unbekümmert um die Drohungen König Ferdinands, der sich nahe daran dünkte, in diesem Dresdner Prachtbau als Verwalter Sachsens residieren zu können. Damals geschah das nicht; wohl aber hat Ferdinand wahrscheinlich noch einmal in dem Georgenschlosse gewohnt, nicht nur drei Tage, sondern drei Wochen, als er zur Unterstützung des Herzogs Moritz gekommen war, im März des Jahres 1547.
Nach Herzog Heinrichs Tode hatte 1541 dessen ältester Sohn Moritz das Herzogtum übernommen und seine Politik so geführt, daß er bei dem Eintritt des schon so lange drohenden Kampfes zwischen Kaiser Karl V. und den Schmalkaldenern politische Vorteile erringe. Er hatte, während diese im Sommer 1546 in Süddeutschland vorgingen, seines Vetters Land, das Kurfürstentum Sachsen, besetzt und dadurch den Kurfürsten Johann Friedrich veranlaßt, das südliche Deutschland zu verlassen und sein eigenes Land wieder zu erobern. Das war ihm in verhältnismäßig kurzer Zeit gelungen, ja, er war sogar im Dezember 1546 zum Angriffe auf des ungetreuen Verwandten Herzogtum vorgegangen. Vom 5. bis zum 26. Januar 1547 belagerte er Leipzig, und Moritz war nicht imstande, ihm die Stirn zu bieten, denn er hatte nur 2000 Mann, sowie die Besatzungen von Leipzig, Dresden und Zwickau zur Verfügung. Wie schon im Oktober, so war er auch im Dezember 1546 nach Prag geeilt, um König Ferdinands werktätige Hilfe zu erlangen. Zugleich wurde auch nach Dresden, dessen Befestigungen seit 1545 aus den Erträgnissen der dazu erhobenen Bausteuer sowohl auf den linken wie [146] dem rechten Elbufer verstärkt worden waren, Mannschaft geworfen. Hier hielten sich, während Moritz von Freiberg aus zu halten suchte, was zu halten war, sein Bruder Herzog August, Georg von Carlowitz und Dr. Pistoris auf. Die Dresdner Räte bildeten gleichsam den Mittelpunkt für den gesamten politisch- militärischen Nachrichtendienst.
Im Januar 1547 entschied sich nun die Frage, ob Ferdinand, der früheren Versprechungen gedenkend, Hilfe senden werde. Er hatte die schriftlichen Klagen Moritzens, sowie die Schilderungen seines Gesandten Komerstadt noch Ende Dezember für übertrieben angesehen. Als ihm aber zwei böhmische Gesandte, die nach Sachsen geritten waren, berichteten, wie gefährlich es stehe, als Moritz drohte, wenn man ihm nicht helfe, werde er sich mit seinem Vetter Johann Friedrich vergleichen, hielt es König Ferdinand denn doch an der Zeit, zu handeln. Am 12. Januar bot er Ritterschaft und Städte Böhmens zur Landesverteidigung auf und sendete ziemlich bald Reiterscharen ab, die am 23. Januar in Dippoldiswalde eintrafen, aber hier und anderweit durch Genußsucht und Plünderergelüst viel Ärgernis bereiteten. Zugleich hatte Moritzens dringliches Ansuchen um Hilfe bei Karl gefruchtet; dieser hatte Hilfsvölker unter Markgraf Albrecht von Brandenburg- Culmbach nach dem Vogtlande gesendet.
König Ferdinands persönliches Eingreifen wurde durch einen traurigen Verlust, den er erleiden mußte, verzögert; ihm starb am 27. Januar zu Prag an den Folgen einer Entbindung seine Gemahlin Anna. Außerdem machte sich in Böhmen Widerspruch gegen die von ihm gewünschte Hilfe geltend; alte utraquistische Regungen erwachten lebhaft, man begann, sich für Johann Friedrich zu erwärmen; sogar der Stadtrat von Prag wurde schwierig. Nachdem sich Ferdinand vom ersten schweren Kummer erholt hatte, erschien er am 6. Februar in Leitmeritz, wohin er das Aufgebot bestellt hatte. Nur wenige kamen; ja, die Haltung der Stände war so drohend, daß er nicht nur auf wirksame Hilfe kaum rechnen konnte, sondern eher fürchten mußte, bei seiner Rückkehr von Sachsen nicht wieder Einlaß in eigene Lande zu erhalten. Trotzdem zog er vorwärts und traf am 16. Februar in Aussig ein. Am selben Tage war der von Moritz ebenfalls um Hilfe angerufene Kurfürst Joachim II. von Brandenburg in Dresden erschienen, um mit dem von Chemnitz herbeigeeilten Moritz zu einer Zusammenkunft mit Ferdinand nach Aussig zu reiten. Joachim wollte sich gegen das Versprechen der Hilfe die Erzstifter Magdeburg und Halberstadt für seinen zweiten Sohn sichern. Er erreichte auch sowohl von Ferdinand, der am 17. und 18. Februar seine etwa 1000 Bewaffneten in Aussig musterte, als auch von Moritz, so ungern dieser es auch tat, gewisse Zusicherungen. Am 25. Februar war Ferdinand in Pirna und schrieb von hier aus am 26. seinem Bruder Karl V., der sich ungern zu einem Feldzuge nach Sachsen entschloß, dringliche Briefe. Namentlich legte er ihm nahe, nicht über Frankfurt gegen Philipp von Hessen, sondern über Eger nach Sachsen zu ziehen. Schleuniges Losschlagen sei nötig, es fehle an Geld. Auch des Kaisers Bote, Pietro Colonna, der zur Erforschung des Zustandes in Sachsen gesendet worden war, sei für schleunige Hilfe. Kurze Zeit darauf brach Ferdinand auf und traf am 1. März 1547 zum zweiten Male in seinem Leben in Dresden ein. Wie er aus einem Lande kam, in dem sich ein starker Widerstand gegen seinen Glauben und seine politische Stellung erhoben hatte, so lebte er nun in einer Stadt, in der entschiedene Neigungen zum Gegner, dem einen Haupte des Protestantismus, herrschten. Hatte doch Ernst von Miltiz, der Führer der Moritzischen Truppen, dem Herzog im Januar 1547 ausdrücklich berichtet, daß es dringend nötig sei, die Söldner weiterhin in Dresden liegen zu lassen, da sich unter den Bürgern Sympathien für Johann Friedrich zeigten.
Im Ratsarchiv befindet sich ein unter Bürgermeister Peter Biener angelegtes Aktenstück, das die vor und nach Ankunft König Ferdinands von Herzog Moritz getroffenen Sicherheitsmaßregeln enthält[27].
Es wurde vor allem ein Wachtmeisteramt errichtet. Der Tag wurde von Mitternacht zu Mitternacht in vier Abteilungen zu je sechs Stunden zerlegt und für die sechs Stunden je zwei Wächter aus dem Adel und aus den Bürgern bestellt, die alle Wachen in eigener Person zu beschleichen und zu besichtigen hatten. Georg von Carlowitz sollte alle Mängel erfahren und Bescheid zu deren Abstellung geben. Da sogleich ein Ablösungsplan für zwölf Tage entworfen wurde, so erfahren wir eine Menge von Namen adliger Herren und bürgerlicher Einwohner der Stadt. Die vier Wachtmeister, die früh und abends Besichtigung abzuhalten hatten, sollten beim Zu- und Aufschließen der Stadttore, und zwar, wenn man sich noch „besehen“ könne, gegenwärtig sein und dem Georg von Carlowitz die Torschlüssel abliefern. Während der Nacht durfte ohne ihr Beisein niemand zum Tore eingelassen werden. Auch am Tage waren Tore und Schläge ganz besonders scharf zu überwachen. Unbekannte Reiter und Landsknechte, die zu jedem Tore aus- und einzögen, sollten alle Abende dem Bürgermeister angegeben werden; dieser hatte sie den Verordneten des Herzogs, also wohl seinen Räten, zu nennen. Sobald aber der Knechte die Menge einziehen wollte, hatten sie dies sofort anzuzeigen. Kein Landsknecht [147] sollte länger als eine Nacht beherbergt werden. Auch für die Vorstädte wurde gesorgt: von der Elbbrücke bis zum Neuen(Frauen-)tore, von diesem bis zum Kreuzpförtlein sollten je zwei Wächter des Nachts einhergehen und alle Stunden denen auf der Mauer antworten. Auch vor dem Seetore bis zum Wilischen haben zwei besondere Wächter zu verkehren. An jedem Tore hatten zwei ansässige Bürger noch besonders dafür zu sorgen, daß unbekannte Leute gar nicht hineingelassen würden. Auch den Briefbotenverkehr hatten sie zu überwachen. Alle Briefe, die herein- oder herausgetragen werden sollten, hatten sie sich zeigen zu lassen, und wenn solche von verdächtigen Leuten oder Orten kämen, sollten sie die Boten mit den Briefen vor den Rat gestellen. Wer aber sein Amt bei alledem nachlässig verrichtet, soll „ungestraft nicht bleiben“.
Die innere Stadt wurde in vier Teile geteilt, in jedem zwei Viertelsmeister, drei bis fünf Rottmeister bestellt und je acht Bürger ans Tor und auf die Mauer gewiesen. Auch für die damalige Neustadt, d. i. die Vorstadt zwischen Frauentor und Kreuzpförtlein, wurden Viertels- und Rottmeister, sowie Wächter vorgesehen. Noch mancherlei Vorkehrungen für die allgemeine Sicherheit wurden getroffen. „Profantmaister“ sollen an Korn, Weizen, Gerste, Mehl, Malz, Heu, Stroh und Hafer guten Vorrat halten. Desgleichen sollte stets Holz zum „Feuerwerk und Brand“ von je zwei Adligen und Bürgern vorgesehen werden. Auf etwa nötige Holzbauten an Schlägen und Bollwerken nach Angaben der Kriegsleute und Befehlshaber hatten fünf Personen, darunter drei sehr wichtige und zwei einfache Bürger acht zu geben: außer dem Zeugmeister und dem Amtmanne der Bürgermeister Peter Biener.
Besondere Bestimmungen wurden auch für die Füllung der Stadtgräben getroffen. Sie sollten immer unter Wasser gehalten werden, und da es ja Winter war, mußte auch eine sich bildende Eisdecke überwacht werden. Zwei Bürger, als Schleusen- und Eismeister bezeichnet – darunter der Fischmeister Hans Kolle – hatten darauf zu achten, daß alle Gräben und Seen voll Wassers erhalten würden. Machte sich die Zerstörung einer die Sicherheit der Stadt gefährdenden Eisdecke nötig, so waren täglich 40 Bürger zum Eisen verpflichtet. Da auch verstärkte Feuersgefahr vorlag, wurde befohlen, daß jeder Wirt in seinem Hause auf die Böden Wasser schaffe, daß alle Schmiede, Kleinschmiede, Bader, Sporer und Nagelmacher für den Fall eines Feuerausbruches zu dem Feuer „laufen und wehren sollten“. Fässer, Leitern, Bretter sollten vorgesehen und schnell von den Bürgern, die Pferde und Wagen hätten, zu den bedrohten Stellen gefahren werden. Zwei Bürger hatten sich zu überzeugen, wieviel Wagengeschirr in der Stadt sei und wie es zu diesen und anderen Fuhren zu verwenden sei.
Als Ferdinand mit seinem Gefolge und seinen Knechten in die Stadt gekommen war, wurde noch einmal besonders eingeschärft, daß „keiner keinen frembden Menschen herberge, davon die königlichen Furierer nicht furiert haben“, und daß an den Toren gar keine Fußgänger zugelassen würden. Bei ausbrechendem Feuer solle man auch der Tore gedenken, wie man’s zu halten habe, und beim Könige darauf dringen, daß alsdann jeder Reiter und Knecht in seiner Herberge bleibe. Man fürchtete offenbar bei solch gefährlichem Ereignisse Raub und Plünderung, wenn nicht gar Mord und Aufruhr.
Solange Ferdinand in Dresden lag, ist, wie es scheint, nichts Erhebliches vorgekommen; hatte er doch 1000 Mann mitgebracht, und gewiß erhielt er noch gelegentlich Zuzug. Aber die innere Abneigung der Bürger gegen ihn und seine Leute wird um so größer geworden sein, je greulicher seine „Hussaren“ im offenen Lande hausten und Menschen und Güter lüstern und raubsüchtig behandelten.
Ob König Ferdinand wieder im Georgenschlosse gewohnt hat, wird nicht berichtet. Da es neu und wohnlich war, ist es wohl anzunehmen. Feste hat es diesmal nicht gegeben, Moritz, der Wirt, war zumeist abwesend, teils in und um Chemnitz und Freiberg, und kam nur zu kurzen, aber gewiß sehr wichtigen Beratungen nach seiner Stadt Dresden. Der Verkehr mit ihm, die Rüstung der Stadt, die Anordnungen für die böhmischen Hilfsvölker, vor allem aber der Depeschenwechsel mit seinem Bruder Karl V. haben Ferdinand in den drei Wochen seines Dresdner Aufenthaltes stark beschäftigt.
Kaum war er am 1. März in Dresden eingeritten, als schon tags darauf in Sachsen ein Waffenstreich erfolgte, der damals großes Aufsehen erregt hat. Am 2. März gelang es dem Kurfürsten Johann Friedrich, Schloß und Stadt Rochlitz, das von Moritzens Parteigänger, dem tollen Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Culmbach, besetzt gehalten wurde, durch einen Überfall in seine Hand zu bekommen. Da der Markgraf als Gast der Herzogin Elisabeth von Rochlitz, die – eine Tochter des Landgrafen Philipp von Hessen – mit ihren Sympathien auf der Seite Johann Friedrichs, des Schmalkaldener Bundesoberhauptes, stand, in Rochlitz lustige Tage verbracht hatte, war damals viel davon die Rede, die listige Frau habe ihr Wittum, Schloß und Stadt Rochlitz, dem Kurfürsten in die Hand gespielt. Der Vorfall, für Moritz sehr unangenehm, erregte um so mehr Aufsehen, als Markgraf Albrecht, der Träger des kaiserlichen Feldzeichens, dabei gefangen genommen worden war. Insofern war der Vorgang von zwingender Bedeutung. [148] Hatte Karl bisher noch geschwankt, wann er und wie er nach Sachsen rücken sollte, so hat ihn der Brief, den Ferdinand auf Moritzens Botschaft vom Falle der Stadt Rochlitz an Karl aus Dresden sofort abgeschickt, in seinen Entschlüssen fest gemacht[28]. „Alles liegt an der Eile Eurer Ankunft; und mit dieser, hoffe ich, wird das Ganze gut gehn; ich will indessen alles tun, was nur möglich sein wird, für gute Herstellung der Geschäfte; Gott wolle dazu helfen.“ Am 4. März ging eine zweite Depesche aus Dresden an Karl: „Ohne die schleunige Ankunft des Kaisers sehe er jetzt kein Mittel mehr für die Ungelegenheiten in Sachsen und Böhmen; Moritz sowohl wie seine Untertanen möchte die Sache in eine verzweifelte und gefahrvolle Lage bringen und schlimmer als jemals. Komme aber der Kaiser, so möge er gewiß sein, daß alles zu baldigem und gutem Ausgange kommen werde.“ Am 6. März berichtete er seinem Bruder aus Dresden von den zunächst getroffenen Maßregeln. Moritz ziehe die Besatzungen von Leipzig und Zwickau nach Freiberg; Pietro Colonna und Johann Baptista Lodrone feien mit 400 Reitern bei ihm; 1000 schwere und 500 leichte Pferde seien von Freiberg aus entsandt, um den Streitereien des Feindes im Lande zu begegnen. Karl antwortete in einem sehr ausführlichen Schreiben vom 10. März und stellte sein unverzügliches Kommen in Aussicht. Ferdinand hatte daher in seinem Schreiben vom 14. März reichlich Grund, des Kaisers Entschluß zu preisen; galt es doch, nicht nur Moritz zu retten, sondern auch Ferdinand in Böhmen wieder möglich zu machen. „E. M. kann aber denken, welche Unehre es mir sein würde, zur Hilfe des Herzogs Moritz so weit in dieses Land und mit so großer Schwierigkeit gekommen zu sein und jetzt wieder hinwegzugehn; außer der Unbequemlichkeit und Gefahr, worin ich meine Länder und Untertanen lassen würde, besonders Böhmen, und daß die Übelgesinnten durch meine Abwesenheit um so hartnäckiger in ihrer Rebellion sein würden.“ Zum Schluß riet er dem Kaiser, Alba nach Eger vorauszuschicken, wo er ihn mit Moritz treffen wolle. In derselben Zeit bemühte er sich, Moritz wachsam und kräftig zu erhalten, daß nicht ein neuer Schlag die Kaiserlichen treffe. Er sendete ihm nach Freiberg zu Colonna und Lodrone noch zwei andere kriegsverständige Räte, Sebastian von der Weitmül und und Zwinko Berka von der Dauba und Leipa. Wie Moritz hierdurch davon zurückgehalten wurde, allzu kühn vorzugehen, so erhielt er auch den Rat, den Rest seines Landes zu sichern und die Mannschaften zu verstärken. Er erließ daher wiederholentlich Befehle, denen zufolge Wachen und Kundschafter in den Dörfern fleißig bestellt werden sollten, die Inhaber der Güter und Schlösser zur Wachsamkeit angehalten und bedeutet wurden, sich bei Annäherung eines Feindes lieber nach Dresden zu flüchten. Auch rief ein Mandat die Landsassen, die auf frühere Befehle hin noch immer nicht erschienen – waren ein Zeichen ihrer Verurteilung der herzoglichen Politik – nach Dresden, um sich zur Verfügung des Herzogs zu stellen. Eine Besatzung wurde nach Pirna gelegt, die dem Feinde irgendwelche Zufuhr von Böhmen her verlegen sollte; sogar auf dem Königstein wurde mancherlei vorgesehen: Verproviantierung auf einen Monat und Herrichtung von Schanzkörben.
Zu großen Unternehmungen von seiten Johann Friedrichs ist es seit dem Tage von Rochlitz nicht mehr gekommen. Wohl wurden viele einzelne Streifzüge unternommen, Räuberei und Plünderung getrieben, manche Stadt und manches Amt genommen; die Hauptgefahr für Ferdinand, der in Dresden lag, drohte doch wohl aber von der böhmischen Grenze her. Während einer der Führer – Johann Friedrichs Thumshirn – die sächsischen Bergstädte besetzte, flammte in Böhmen der Aufruhr gegen den habsburgischen Herrn hell empor. Dies alles veranlaßte König Ferdinand, das Anrücken des Kaisers nicht etwa in Dresden abzuwarten; er hielt hier am 22. März noch. eine Zusammenkunft mit dem von Freiberg herbeigeeilten Moritz und verließ am 23. nach Tagen, in denen es sich mehr um das Raten als um das Taten gehandelt hatte, in Begleitung seiner böhmischen Reiterei sowie von 4 Fähnlein Fußvolk und 17 Stück Artillerie die wohlverwahrte und noch von anderen Truppen besetzte Stadt Dresden durch „böse Gebirgswege“ nach Lauenstein; von da aus traf er am 24. in Teplitz, am 4. April in Eger ein[29].
Die Dresdner sind mit dem Aufenthalt Ferdinands und seiner Leute wohl wenig zufrieden gewesen. Eine Stimme der Unzufriedenheit hören wir sich äußern in dem „Handelbuch“ des Dr. Melchior von Ossa. Dieser ausgezeichnete Edelmann hatte ein bewegtes Leben hinter sich. Er hatte die Rechte studiert, aber auch Kriegsdienste geleistet und war Professor der Jurisprudenz in Leipzig geworden. Sowohl Johann Friedrich hat er eine Zeitlang als Kanzler gedient, wie auch in Moritzens und später Augusts Dienste als Rat und als Hofrichter zu Leipzig gestanden. Er hat von 1542 bis 1555 ein Tagebuch geführt[30], worin er sein wirken, aber auch seine vielen Leiden in diesen schwierigen Zeitläuften sich selbst erzählt. Als Kurfürst Johann Friedrich im Januar 1547 Leipzig zu berennen drohte, überredete die Herzogin Agnes, Moritzens Gemahlin, den [149] kranken Gelehrten, mit ihr und seiner Familie nach Dresden in Sicherheit zu ziehen; finde er doch in dieser Stadt einen trefflichen Arzt gegen seine Leiden. „Ich schlug es oft ab, meinte auch nicht, daß mir möglich wäre fortzukommen, aber auf Ihrer fürstlichen Gnaden unabläßlich Anhalten zog ich mit Ihrer fürstlichen Gnaden hinaus.“ Er ist also im Januar in Dresden eingetroffen, hat den Einzug König Ferdinands, sein Abrücken und den Versuch Johann Friedrichs, nun noch Dresden zu nehmen, in der Feste erlebt. Drei Wochen nach Ferdinands Abzug, am 13. April, rückte der Kurfürst, der nach Abzug Ferdinands und Moritzens das ganze Herzogtum bis auf Leipzig, Zwickau und Dresden in seine Hände bekommen hatte, auf beiden Seiten der Elbe von Meißen her heran. Die zwei Haufen, die auf dem rechten Elbufer vorrückten, plünderten Altendresden, dessen Befestigung Moritz erst seit kurzer Zeit begonnen hatte, schossen auch einige Salven nach dem Schlosse zu. Es wurde der Versuch gemacht, über die Elbbrücke in Neu-Dresden (der jetzigen Altstadt) einzudringen. Doch war der nahe dem Schlosse befindliche hölzerne Teil der Brücke abgeworfen worden. Der Schaden, den die stattlicheren Befestigungen des linkselbischen Dresden erlitten, war gering, ebenso die Verluste an Mannschaft auf beiden Seiten. Die Zwiespältigkeit innerhalb der Stadt führte jedoch zu einer heillosen Maßregel; es wurde ausgesprengt, daß der Kurfürst über die Elbe zu setzen drohe; die von Lodrone und von Otto von Dieskau geführte Besatzung ging daher sehr schnell an die Ausführung der anbefohlenen Verbrennung der Vorstädte, wobei, wie es scheint, Verräterei im Spiele war. Die Vorstädte vor dem See- und Rampischen Tore fielen am 13. April dieser übereilten Maßregel zum Opfer, ja Flugfeuer zerstörte auch etliche Häuser vor dem Frauentore und auf der Schreibergasse. Die Hauptgefahr, die Einnahme und Brandschatzung der Stadt, ging jedoch vorüber, der Kurfürst rückte die Elbe entlang von dannen und zog seinem Verhängnis, das ihn am 24. April bei Mühlberg traf, entgegen.
Melchior von Ossa hat in diesem März und April bange Zeiten verbracht. König Ferdinand selbst scheint ihm gewogen gewesen zu sein; jedenfalls hat er ihm Bitten, die er für etliche seiner Freunde getan, erfüllt. Ein sehr unfreundliches Urteil fällt Ossa über Johann Baptista Lodrone, den Befehlshaber der böhmischen Völker: „er ließ die Vorstädte abbrennen und that den armen Leuten Schaden ohne alle Noth, denn der Feind lag jenseits der Elbe; es war ein böser Mensch“. Wie freute er sich, als dieser „Rattenkönig mit seinen Mäusen“ (d. h. mit leichtfertigen Mädchen, mit denen er sich umgab) wieder abzog. Diese fuhren wohl herausgestrichen auf einem leberfarbenen behangenen Wagen. „Vergaß seines frommen Gemahls daheim. Die von Dresden und ihre Kinder werden an diesen Gast gedenken.”
Der dritte Besuch eines deutschen Königs und dereinstigen Kaisers war für Dresden mit innerer und äußerer Erregung verbunden gewesen. Als er die Stadt verlassen hatte, brannten gewaltige Feuer auf, die, wie die Plünderung der Verteidiger, Hab und Gut vieler Einwohner zerstörten.
[229]Im Todesjahre Kaiser Ferdinands I., der 1547 in kriegerischen Zeitläuften Dresden besucht hatte, kam dessen Sohn, König Maximilian von Ungarn und Böhmen, zu Moritzens Bruder, dem Kurfürsten August, zu Besuch. Beide waren in jungen Jahren einander näher getreten. 1542 hatte sich auf Veranlassung Moritzens August als sechzehnjähriger junger Herzog am Hofe Ferdinands I. zu Wien aufgehalten und dort den jungen Max kennen gelernt. Hatte es ihm an dem Wiener Hofe auch nicht sonderlich gefallen – denn er sehe dort nicht viel mehr als daheim – so wurden doch die Freundschaftsbande, die er mit Max anknüpfte, für später sehr wichtig. Vor allem in der großen Krisis, die 1551 und 1552 das deutsch-spanische Haus Habsburg erlebte. Max, der den Plan Karls V., seinen Sohn Philipp auch in Deutschland gekrönt zu sehen, zu durchkreuzen streben mußte, näherte sich den Wettiner Brüdern, und nicht zu seinem Schaden. Denn Karl V. verlor durch Moritz seine umfassende Weltstellung, dem deutschen Zweige des Hauses Habsburg wurde dagegen die Weltstellung gerettet. Das erhielt auch nach Moritzens Tode das enge Band zwischen Dresden, Prag und Wien. Ferner hatte Maximilian inzwischen eine entschiedene Neigung zur reformatorischen Lehre gezeigt. August aber wurde, schon als Erbe Moritzens, der Führer der Protestanten im Deutschen Reiche. Es ist hier nicht der Platz, die interessante Persönlichkeit Maximilians, eines äußerlich anmutigen, gut begabten, beredten und liebenswürdigen Mannes, genauer zu schildern. Gewiß ist, daß Fürsten und Völker in protestantischen Landen stark auf ihn hofften; man sah in ihm den zukünftigen ersten protestantischen Kaiser im Reiche. Noch immer ist es nicht ganz klar und entschieden, wie seine Haltung in dieser wichtigsten Frage seiner Zeit, ja seines Lebens selbst, aufzufassen ist; der Streit der Meinungen darüber ist lebhaft genug. Die einen sehen in ihm den innerlich begeisterten und glaubenstreuen Protestanten, der nur aus äußeren Gründen dem Druck der katholischen Umgebung nachgab, die anderen dagegen den klugen Hinhalter, der sich den Protestanten geneigt gezeigt habe, um politisch vieles zu erreichen, was sonst unmöglich gewesen wäre, kurz den religiös-politischen Heuchler. Das interessante, zuletzt über diesen Gegenstand erschienene Buch von R. Holtzmann: Kaiser Maximilian II. bis zu seiner Thronbesteigung (Berlin 1903) weist auf Grund weitschichtigen Materials ziemlich überzeugend nach: Maximilian war ein entschiedener Gegner des Papstes und der Papstkirche, ein Freund der neuen Lehre. Vor dem letzten Schritt, selbst überzutreten oder seine Länder zu reformieren, scheute er jedoch aus Vorsicht gegenüber seinem Vater, aus politischen Rücksichten auf seine und seines Hauses Erbberechtigung in Spanien und aus dem Bedenken, daß er, in einen offenen Streit mit dem Vater geratend, von den protestantischen Fürsten keine Unterstützung erhalten werde, und ferner abgestoßen von den traurigen Streitigkeiten, die zwischen Anhängern der neuen Lehre – hie Wittenberg, hie Genf – ausbrachen und immer heftiger tobten. In den Zeiten, da er sich mit dem Gedanken einer Möglichkeit trug, offen Protestant zu werden und daraus [230] die Folgerungen für sein Erbe zu ziehen, hat er mit Kurfürst August durch Mittelsmänner wohl die offensten Verhandlungen in diesen Fragen gepflegt. Diesem mußte es daher zu manchen Zeiten als nicht unmöglich dünken, daß sein königlicher Freund, zu dessen Erwählung zum römischen König er 1562 auch ganz wesentlich beigetragen hatte, den großen folgenschweren Schritt einst tun werde. Doch es kam anders. Nach 1560 mußte Max auf seines Vaters Drängen und Drohen seinen lutherischen Hofgeistlichen Pfauser entlassen; er näherte sich durch kluge geistliche Vermittler sowohl der päpstlichen Kurie, als auch dem spanischen Hofe. Diesem gab er durch Überlassung zweier Söhne zur Erziehung ein Unterpfand für sein Beharren bei der katholischen Kirche, wie er kein größeres, wichtigeres geben konnte. Und doch dauern auch in diesen Zeiten in den zahlreichen Briefen, die er an seinen fürstlichen Freund August von Sachsen schrieb, die oft recht unfreundlichen Urteile über Papst und Klerisei an. Man empfindet es deutlich: in der innersten Gesinnung hält er sich noch frei von Unterwürfigkeit gegen katholische Dogmen und Gebräuche; äußerlich hat er seinen Frieden mit beiden gemacht.
In die Zeit, da sich dies vollzogen hatte, kurz bevor er seines kaiserlichen Vaters Nachfolger im Reiche wurde, fällt sein erster Besuch bei August in Dresden, 1564; nicht lange vor seinem Tode sein zweiter, 1575. In der Zwischenzeit ist er mit ihm häufig zusammengetroffen, zumeist auf Kurfürsten- oder Reichstagen; auch hat August ihn in Prag und Wien besucht. Und andauernd wurde ein lebhafterer Briefwechsel als bisher unterhalten, der viele Aktenbände füllt; denn wie August alle eigenhändigen und offiziellen Schreiben des Kaisers aufheben ließ, so wurden auch seine eigenen oder die auf seinen Befehl entstandenen Briefentwürfe aufgehoben.
Im Herbst 1563 hatte der schon alternde und kränkelnde Kaiser Ferdinand I. seinem Sohne den Auftrag gegeben, etliche Landtage zu Mähren, Schlesien, Nieder- und Oberlausitz und Böhmen abzuhalten. Dieser schrieb daher am 6. November an August, daß er in wenigen Tagen aufbrechen werde, um zunächst nach Schlesien und dann nach den Lausitzen zu gehen[31]. August dankte ihm unter dem 26. November aus Schloß Nossen[32] und schrieb ihm: „Weill ich dann daraus vernym, das E K. M. Iren Weg aus Schlesien durch Nieder- und Oberlausitz wieder nach der Kron Behmen nehmen und also mein Land nahend berüren werden, bin ich willens, wie mir auch anders nicht geziemen will, mich, sobald Ich E K. M. Durchzug in der Nähe verneme, bey derselben unterthänigst presentieren und auffwarthen, und bin der unterthänigen Hoffnung, E K. M. werde mich alsdann als Ihren getreuen Diener in meinem geringschätzigen Hoflager auch gnedigst und freundlichst besuchen.“ Am 3. Dezember war Max in Brieg, am 6. zog er in Breslau ein und konnte sich über einen glänzenden Empfang, über die Huldigung der Fürsten und der Landschaft sowie über den günstigen Abschluß aller Verhandlungen freuen; am 28. Dezember wohnte er in Liegnitz der Hochzeit eines der Fürsten bei, zu Neujahr war er in Lübben in der Niederlausitz und hielt da am 2. Januar den Landtag ab. Dort traf Kurfürst August ein und geleitete den König als seinen Gast nach Dresden, wo sie am 11. Januar ankamen. Der venetianische Gesandte Contarini, der den König begleitet hatte, war schon am 9. Januar, unmittelbar von Breslau kommend, angelangt; mit ihm wurde auch der Gesandte von Ferrara zu den Festlichkeiten eingeladen. Von fürstlichen Gästen wären noch zu nennen: Markgraf Johann Georg, Sohn Kurfürst Joachims von Brandenburg, und Markgraf Hans von Küstrin, mit dem König Max in regem Briefwechsel gestanden hat. Wir hören sowohl von den ritterlichen Spielen, die zu Ehren der Gäste abgehalten worden sind, als auch von den politischen Verhandlungen, die gepflogen wurden.
Gleich am 12. Januar wurde im großen Schloßhof ein Palliastechen oder welsches Gestech abgehalten[33]. Hierbei ritt an einer langen Schranke zu beiden Seiten immer abwechselnd je eine „Rott“ von drei Kämpfern und suchte möglichst viele Spieße zu brechen. Es waren teils sächsische Adlige, teils „Königsche“ Diener. Dabei unterschieden sich die einzelnen Kämpfer durch besondere Abzeichen, besonders an den Geliegern, den stattlich herabwallenden Roßdecken. Unter den Verkleidungen erscheinen damals Türken, Tartaren, Moskowiter, Jäger, Vogelsteller, Narr, Riese, Wilder Mann, Mönch, Nonne, Jakobsbruder, Roßknecht, Bauer, Tuniser, kaiserische und französische Kürasser, Husaren und Landsknechte; daß sich zwei der Kämpfer für ihre Verkleidung und ihr Roßgelieger Mönch und Nonne gewählt haben, ist bezeichnend für die Vorurteilslosigkeit, die man bei König Maximilian voraussetzen durfte. Gleich im Anfange kam durchs Los an die Schranke eine türkische Rott; drei kaiserische Kürasser trieben diese von der Pallia und verteidigten solche gegen alle folgenden Venturierer als tüchtige Mantenadoren (Platzhalter). Unter den Kämpfern von sächsischer Seite ragt in den elf Rennen und einem Nachrennen hervor der Kurfürst [231] selbst. Er hat in 29 Rennen 27 Spieße „ganz wohl und meisterlich gebrochen“; nächst ihm zeichneten sich Wolf Rauchhäuser mit 15 und Balthasar von Wormb mit 13 Spießen aus. Außerdem werden genannt: Dietrich von Trotha, Tam und Heinz von Pflugk, Georg von Ponickau, Christoffel von Schönfeld, Georg, Wolf, Caspar und Hans Wolf von Schönberg, Heinrich von Gleisenthal, Nickel von Miltiz, Heinrich von Peschwitz. Von den 20 Kämpfern wurden 81 Spieße gebrochen, wobei denn auffällig ist, daß es dem Kurfürsten möglich gewesen ist, ein Drittel aller Taten zu vollbringen. Das in der königlichen Gewehrgalerie unter Nr. 27 angebrachte Bild von Heinrich Göding zeigt das Rennen zwischen Kurfürst August und dem Oberkämmerling, Hofrittmeister und kurfürstlichen Rat Heinrich von Schönberg mit der Inschrift: Ein Rennen gethan mit Heinrich von Schönberg als Kaiser Maximilian allhie gewesen und ist schönbergk alleine gefallen zu Dresden im schloß anno 1564 im Januario.
König Max und seine Leute mochten hierbei die tüchtigen Arbeiten des in Dresden lebenden kurfürstlichen Plattners Rosenberger kennen gelernt haben. Am 17. April desselben Jahres zeigt der König des Kurfürsten Plattner aus Wien an, daß Küraß und Rennzeug gut angekommen seien und er ihm durch einen Boten auf sein Begehren 10 ungarische und 40 Taler schicken werde[34].
Die politischen Verhandlungen, die zwischen Wirt und Gast gepflogen worden sind, haben sich auf mancherlei Gegenstände bezogen. Vor allem auf die Grumbachischen Händel. Der Reichsritter von Grumbach glaubte sich vom Bischof von Würzburg schwer benachteiligt, hatte diesen im Oktober 1563 überfallen und war in die Acht erklärt worden. Kurfürst August war über des Ritters Vorgehen gewaltig ergrimmt, weil er in dessen gutem Verhältnisse zu dem Ernestiner Johann Friedrich von Gotha allerhand „Praktiken“ zur Wiedererlangung der Kur in Sachsen witterte. Während die Brandenburger Prinzen für Grumbach eintraten, suchte Maximilian zu vermitteln, da er des Würzburgers Handlungsweise gegen Grumbach auch verurteilen mußte. Die persönliche Aussprache mit August hat jedoch beim Könige allmählich eine schärfere Auffassung gegen Grumbach veranlaßt. August hatte ihm in den Dresdner Tagen offenbar sehr gefallen[35]. Er schlug jetzt selbst vor, dem sächsischen Kurfürsten die Vollstreckung der Acht gegen Grumbach zu übertragen; dies ist aber freilich erst 1566 geschehen.
Zwei andere Gegenstände der Verhandlung wurden nicht erledigt. August wünschte damals seine Söhne Alexander und Christian mit dem Vogtland belehnt zu sehen; die Gewinnung dieses Lehens sollte ihn noch manche Jahre beschäftigen. Ebensowenig wurde ein Heiratsprojekt gefördert, das Mutter Anna und August im Sinne hatten: König Friedrich II. von Dänemark, der Bruder der Kurfürstin, sollte mit Maxens Tochter Anna verlobt werden. Es ist dies dieselbe Prinzessin, die 1569 Philipps II. von Spanien, ihres Onkels, Gattin wurde. Es konnte 1564 wohl kaum ernstlich davon die Rede sein, daß die katholische Habsburgerin dem lutherischen König von Dänemark werde gegeben werden! Daß eine andere Tochter des kinderreichen Maximilian einem der Söhne des Kurfürsten versprochen worden sei, war wohl auch nur ein müßiges Gerede.
Selbstverständlich brachte Max auch seine und des Kaisers Wünsche nach einem Reichstage wegen der Türken an.
Daß Dresden sich in diesen Tagen irgendwie als Stadt geregt habe, ist nicht überliefert; denn wenn auch künstlerische, namentlich kunstgewerbliche Tätigkeit durch den Hof gepflegt wurde, ein literarisches oder wissenschaftliches Leben gab es zu jener Zeit in unsrer Stadt noch nicht. Im sächsischen Lande aber hat der Umstand, daß der habsburgische Kaisersohn, der bei seines Vaters Hinfälligkeit den römischen Königsstuhl mit dem deutschen Kaiserthron nur allzubald werde vertauschen können, nach Dresden an den Hof des lutherischsten aller deutschen Fürsten mitten im Winter kommen werde, wie bei den Protestanten überhaupt, so vor allem an der wichtigsten Universität des Protestantismus, die zugleich in Kurfürst Augusts Landen gelegen war, großes Aufsehen erregen müssen. Und so erklärt es sich, daß einer der Professoren, Johannes Major, ein evangelischer Theologe und eifriger Humanist, zugleich der Gelegenheitsdichter der gelehrten Körperschaft, den Einzug König Maximilians in einem lateinischen Gedichte begrüßt hat. Es ist betitelt: Ad Divum Maximilianum, Imperatorum designatum, Dresdam ingredientem und ist 1564 bei Peter Seitz zu Wittenberg erschienen. In mehr als 200 Hexametern wird das große Ereignis nach der Art der Zeit umständlich und höchst gelehrt besprochen[36].
[232] Die Fülle der dahin rauschenden Hexameter enthält nichts Tatsächliches, nur Stimmungen und Vermutungen. Gelehrte Anspielungen und Vergleiche mit Vorgängen aus der jüdischen Geschichte wechseln mit solchen aus der römischen Kaiserzeit ab. Aber eins leuchtet hervor: Der protestantische Professor betont wiederholt, daß dem Könige Großes beschieden sei, wenn er nur seine Stellung, seine Zeit recht begreife und erfasse. Glänzende Hoffnungen werden ausgesprochen, feurige Anmahnungen gegeben, feierliche Voraussagen getan.
Auf Maximilian ruht die Hoffnung des Volkes; auf ihn wenden sich aller Augen, auf ihn ist ihr Antlitz gerichtet; selbst der Fürstenstand ist ihm günstig. Und die Mahnung ertönt an ihn: Betrachte die elenden Zustände des Reiches, verteidige die wahren Heiligtümer des wahren Gottes! Es folgen Warnungen vor dem Papst und dessen Dienern: Dies Gott abgeneigte Geschlecht pflegt das irdische Haupt, besucht eingebildete Heiltümer, stellt beliebig neue Heilssatzungen auf und vollzieht nicht mit treuem Geiste Christi Vorschriften. Und so ruft Major dem in Dresdens Mauern Einziehenden und allen, die noch schwanken, zu: Fliehet die abscheulichen Gottesdienste und die erlogenen Heiltümer, gehorchet lieber Gott!
Wie wird sich alles herrlich entwickeln, wenn Maximilian nun dereinst als Kaiser den entscheidenden Schritt tut. „Du wirst dir“, so ruft er salbungsvoll, „einen nicht durch die Zeit zerstörbaren Ruhm erwerben!“ Ja, er vergleicht ihn, wenn er die wahre Lehre allenthalben zur Geltung bringen sollte, mit Theodosius und Konstantin. Der echt reformatorische Gedanke, daß das Wissen an Universität und in Schulen gepflegt werden solle, damit eine hellere Zeit heraufziehe, leuchtet aus den Schlußworten hervor: „Wähle die in der Heiligen Schrift kundigen Männer, eröffne Schulen, in denen die betriebsame Jugend die Künste und Wissenschaften einsauge und Mühe auf den Gebrauch der Sprachen verwende, ohne welche Religion weder gelernt noch richtig gelehrt werden kann. Was für herrliche Früchte, welches Wachstum deines Reiches, was für Lob wirst du ernten, mit wie großer Macht wird sich das deutsche Volk erheben! Schon lange hegen Abend und Morgen solche Hoffnung von dir, und die pannonische Donau, entrüstet über das Joch türkischer Barbaren, richtet ihren Blick auf dich; daß nur ja nicht der Himmel dich der Erde neide, schneller als es recht wäre!“
Als Major diese heißen Hoffnungen aussprach, war es bei Maximilian schon entschieden, daß er seine katholische Stellung nicht aufgeben werde. Groß waren aber 1564 noch des Fürsten Hoffnungen, durch eine gewaltige Anstrengung seiner Lande und des Deutschen Reiches die Türken aus Ungarn zu verjagen. Aber auch das ist ihm nicht beschieden gewesen. Majors Worte sind klangvoll, aber von ihrem Gehalte hat sich nichts erfüllt. Hat der Herrscher dieses Gedicht bei oder wohl eher nach seinem Besuche in Dresden überhaupt gelesen, so hat er von neuem den Zwiespalt in seinem Innern empfinden müssen.
Am 14. Januar 1564 verließ Maximilian Dresden wieder und ritt nach Bautzen, wo er den Oberlausitzer Landtag abhielt, sich aber auch eingehend mit der Frage der Grumbachischen Händel beschäftigte.
Die Zusammenkunft beider Fürsten hat sicher dazu beigetragen, sie einander näher zu führen. August war in Sachen des Vogtlandes und der Grumbachischen Händel an den König und baldigen Kaiser gebunden; Maximilian sah in ihm eine wichtige Stütze für die Reichspolitik nach innen und außen; daher ist es erklärlich, daß der Verkehr zwischen beiden viel reger wurde als bisher, und dies zeigte sich auch in einem Geschenkverkehr zwischen beiden, bei dem besonders warme und herzliche Worte gewechselt werden. Hatte Maximilian schon 1556[37] geschrieben, er erbiete sich August zu Diensten ohne alles Fuchsschwanzen, so heißt es 1567, als er dem Kurfürsten zwei Rosse schenkt: „Nun wollte ich wünschen, daß ich mich selbst zu einem Rosse machen kint und Ew. L. diene.“ Ziemlich regelmäßig wurden seit 1564 reiche Spenden Maximilians an Wein und guten Fischen, bescheidenere Gegengeschenke Augusts an Bier gesendet. Im Dezember 1564 geht von Wien eine „zwifiedrige“ (zwei Fuder) Sendung von ungarischen und österreichischen Weinen nach Dresden ab, im ganzen 161 3/4 Eimer, und zwar Oedenburger, Sixer, Gumpoldskirchner und Klosterneuburger; es fehlt 1568 auch nicht an Ruster und „Toggeier“. Dazu kommen 12 „Vassl eingesalzen Hausen“[38]. „Wo dann selliche Wein und Visch Deiner und dero geliebten Gemahelin Liebden zu gefallen und anmuet gereichen thetten.“ Einmal gehen „zwo Lageln“ Austern für den Kurfürsten nach Dresden ab. August wartet dagegen mit 12 „Vassen“ Ortrandischen, Freibergischen und Torgauischen Bieres auf, die Maximilian alle „ausbündig“ gut findet. Gelegentlich bittet dieser wohl auch um Überlassung geeigneter Arbeitskräfte; so verschreibt er sich 1570 den tüchtigen Bergmann Uttmann aus Annaberg für die Kuttenberger Silbergruben[39]; ferner Seidennäher aus Dresden nach Prag, die er in aller Eile und zur Erzeugung von allerhand Arbeit aus Wien nicht genügend heranziehen konnte. „E. L. wölln uns alsbaldt Ihre Seidennätter, so Sy in Irer Churf. [233] Statt Dreßden haben, allhier bewilligen und verschaffen.“ Sie sollen sich bei ihrer Ankunft beim obersten Stallmeister melden und so gehalten werden, daß alle Unkosten erstattet und sie selbst zum Begnügen belohnt werden. Daß nebenher für ein Rezept zur Feistmachung allerhand Viehs gedankt wird[40], zeigt, daß Mutter Annas wirtschaftliche Tätigkeit volle Würdigung erhalten hat.
Wenige Monate nach der Dresdner Zusammenkunft vom Jahre 1564 starb Kaiser Ferdinand I., Maximilians Vater. Maximilian wurde Kaiser und ging nun vor allem an das große Unternehmen des Türkenkrieges. Auf mehreren Reichstagen sind die beiden Fürsten, Max und August, zusammengekommen. August hat des Kaisers Politik nach außen unterstützt, freilich auch das Fehlschlagen so mancher Pläne erleben müssen. In diesen Jahren, besonders nach 1567, geht zwischen beiden ein reger Briefwechsel hin und her. Der niederländische Aufstand, die französischen Religionswirren, Kämpfe und Friedensverhandlungen mit dem türkischen Sultan, polnische Königswirren, die furchtbaren Verheerungen Livlands durch die Moskowiter, aber auch die widerwärtigen Grumbachschen Händel im Inneren des Reiches, das Schicksal des gefangenen Herzogs Johann Friedrich von Gotha, des Kurfürsten Wünsche in bezug auf das von ihm besetzte Vogtland – kurz eine Fülle von Gegenständen beschäftigte Kaiser und Kurfürst und veranlaßte beide zu zahlreichen, persönlichen Schreiben, zu vielen amtlichen Eröffnungen, zur Sendung einer Menge „Zeitungen“, d. h. Abschriften von eingelaufenen Berichten. Es ist hier nicht der Ort, all diese interessanten Auseinandersetzungen zu verfolgen. August, der vielfach der Empfangende ist, ist für alle Benachrichtigungen sehr dankbar, in allen Ratschlägen, die Max von ihm hin und wieder erwartet, zurückhaltend und vorsichtig, immer darauf bedacht, in dem Briefverkehr seine Wünsche und Zwecke anzubringen und deren Erfüllung zu betreiben und womöglich zu erreichen. In allen religiösen Angelegenheiten hält er sich besonders zurück und betont, daß er sich weder in die Kämpfe der französischen Reformierten gegen die Krone, noch in die der Niederländer gegen Spanien einmischen werde. Geradezu schaudererregend sind die ihm zugesandten Berichte über die Vergewaltigung der Deutschen in den Ostseeländern durch die Scharen Iwans des Grausen, vor allem die Bittschreiben der Stadt Riga; es sind Verzweiflungsschreie, die aber weder den Kaiser noch den Kurfürsten zu mehr als breiten Klagen veranlaßten.
Einen bedauerlichen Eindruck macht es hierbei, als Kaiser Max unter dem 9. März 1572 anfragt, wen er etwa als Gesandten „in die Moschkau“ senden und wer für die Kosten aufkommen solle, und Kurfürst August antwortet, es sei dies an sich schon schwierig, da der Großfürst die Livländer dann erst recht „beschweren“ werde; man werde einen ansehnlichen, verständigen Reichsgrafen senden müssen und sehen, daß die Kosten in Zukunft auf die Reichskontribution übertragen würden[41].
Für die vielen Nachrichten, für die der Kurfürst dem Kaiser zu danken hatte, konnte er ihm dagegen mit mancherlei Mitteilungen über nordische Verhältnisse aufwarten, die er wiederum dem König von Dänemark Friedrich II., seinem Schwager, verdankte. Dorthin reiste August auch gelegentlich zu einem Besuche und bat für die Zeit seiner Abwesenheit den Kaiser, sein Land und seine Leute in allergnädigste Beschirmung zu nehmen[42].
Dieser engere Verkehr ließ nur in der Zeit etwas nach, als sich Kurfürst August in kirchlicher und politischer Beziehung dem kalvinistischen Kurfürsten Friedrich dem Frommen, seinem Mitschwiegervater, und dadurch auch der französischen Politik etwas näherte. Diese leise Entfremdung zu beseitigen, den Kaiser selbst zu sehen und manches mit ihm zu besprechen und auszugleichen, mochte August schon länger gewünscht haben; eine stärkere Erkrankung des Kaisers, von der er hörte, brachte dann den Entschluß schnell zur Reife[43]. Mitten im Winter (Februar 1573) begab er sich in einer sehr geschwinden Fahrt mit der Kurfürstin, die er bei Jagd und Reise nie zurückließ, nach Wien[44].
Der Kurfürst kam so unerwartet, daß der Kaiser erst am Abend vorher davon erfuhr. Als er ihm, der seiner Gemahlin und seinem Gefolge vorausgefahren war, entgegeneilte, verfehlte er ihn, da der Kurfürst durch ein anderes Tor einfuhr, als Maximilian vermutet hatte[45]. Der spanische Gesandte, Graf Monteagudo, [234] berichtet am 28. Februar 1573 an König Philipp aus Wien[46], der Kaiser habe selbst nicht gewußt, warum August gekommen sei. Wie in Wien, so ist auch anderwärts große Erregung über diesen Besuch gewesen; die spanisch-katholische Politik fürchtete offenbar eine Annäherung des Kaisers an die protestantisch-sächsische und vielleicht gar an die kalvinistisch- pfälzische Politik zu Gunsten der aufständischen Niederländer.
Der spanische Gesandte hat vor der Ankunft des Gastes, während des Besuches und nach der Abreise mit dem Kaiser eindringliche Gespräche über die politische Haltung des Kurfürsten geführt und zu seiner und Philipps Beruhigung erkannt, daß dieser völlig in die Bahnen der kaiserlichen und in mancher Beziehung auch die der spanischen Politik eingelenkt sei. August wollte auch jetzt von einer Unterstützung des aufständischen Oranien und der übrigen Rebellen nichts wissen; Philipps Gunst sei ihm wichtiger als Oraniens Stellung. Auch zur Türkenhilfe sei er geneigt, selbst zur römischen Königswahl Rudolfs, des ältesten Kaisersohnes, wenn er auch habe durchfühlen lassen, daß er mit dessen geringer Erfahrung in Geschäften und der steifen spanischen Art im Verkehr nicht zufrieden war[47].
In der Unterredung, die der spanische Gesandte mit Kurfürst August hatte, forderte ihn dieser auf, lateinisch zu sprechen, das er wohl verstehe, wenn er es auch nicht sprechen könnte; im übrigen diente ein Beamter der Kaiserin als Dolmetscher. Mutter Anna, die damals schon sehr großen Einfluß auf ihren Gatten hatte, befreundete sich sehr mit der Kaiserin Maria, die die Kurfürstin für den Plan zu gewinnen suchte, Rudolf zum römischen König zu erwählen. Der spanische Gesandte sagt von ihr: sie ist wirklich sehr unterrichtet und sehr tüchtig (valerosa), wenn auch nicht in der Anerkennung der heiligen Kirche. Der Kaiser gab ihr beim Abschiede ein Diamantschmuckstück und Perlen im Werte von 5–6000 Dukaten; die Kaiserin Stickereien, Handschuhe und Wohlgerüche. Der Kurfürst erhielt als Geschenk sechs spanische Rosse und zwölf gute Kutschpferde.
Nach erschöpfender Aussprache zwischen beiden Fürsten und nach etlichen Festen kehrte August nach Dresden zurück; hierbei ist er durch die Lande des Kaisers „allenthalben so unbewußt und so eylendts gereiset“, daß ihm vielleicht nicht alle gebührenden Ehren so erwiesen worden waren, wie es der Kaiser gewünscht hätte[48].
Ohne Zweifel hat die Ergebenheit des Kurfürsten, der, wenn er nicht krank gewesen wäre, schon früher nach Wien gereist wäre, sein Eingehen auf die kaiserliche Politik Maximilian schon damals veranlaßt, ihm einen Gegenbesuch in Dresden in Aussicht zu stellen. Der eigenhändige Briefwechsel beider Fürsten wurde von nun an wieder lebhafter; Max wendete eine Chiffreschrift an[49], die aber, da ihre Entzifferung manche Schwierigkeiten bereitete, wieder fallengelassen wurde. Auch die Anwendung einer zunächst unsichtbarwerdenden, dann aber wieder lesbar zu machenden Tinte wurde bald aufgegeben. Durch fast alle Briefe Maxens klingt die Hoffnung durch, daß er den Kurfürsten bald sehen werde. So schreibt er am 2. Juni 1574 aus Wien: „und verhof noch heuer bei Euer Liebden einen feisten Hirschen zu schießen“[50], während er noch das Jahr vorher geklagt hatte: „ich würde zu dieser Zeit einen bösen Gesellen geben, denn mich das Zipperle dermassen vexiert, daß ich weder schten noch gehn kann“. Immer kommen Hindernisse dazwischen; vor allem die Verzögerung eines Friedensschlusses mit den Türken; dann ist es wieder „Leibsschwachheit“; auch die sich lang hinziehenden Verhandlungen des böhmischen Landtages machen es im Februar 1575 unsicher, wann er kommen werde, um „sich mit Euer Liebden zu besprechen und zu ergetzen“[51]; daraufhin drückt nun August sein Bedauern über das Hinausschieben aus, versichert am 27. Februar 1575 von Schloß Annaburg aus erneut, wie er ihm alles leisten werde, so gering es sei, was er ihm an Augen ansehen könnte. „Und sollen Euer Kays. Maj., wie man pflegt zu sagen, Thür und Thor offen stehen[52].“
Dazwischen hatte der Kaiser ihn einmal damit zu trösten gesucht, daß sein Bruder Erzherzog Ferdinand auf seiner Reise nach dem Karlsbad ihn von Leitmeritz aus besuchen werde. Als sich dies wieder zerschlug, spottete Maximilian über den Bruder und schrieb[53]: „gedenk, die Filippine (Philippine Welser!) hab so schtarke remedia, daß der hin mueß, wo sie will“.
[235] Bei Maxens körperlicher Schwäche erschreckt den
Kurfürsten der „böse Weg, den Euer Maj. von Praga
muß zu mir zu Dreßden vornehmen“, nicht wenig,
und er bietet ihm an, zu ihm zu kommen. Im März
1575 steht es aber fest, daß der Kaiser die Reise
unternehmen wird, obwohl er, wie er schreibt, „nit
dermassen, wie es gern welt, Gesellschaft leisten werde;
dann ich noch übler zu Fuß bin, als wie mich Euer
Liebden zu Wien gesehen haben“[54].
August hatte alle Gesandten, die in des Kaisers Umgebung zu Prag waren, mit nach Dresden eingeladen, aber nur der spanische – es war noch immer Don Francisco Hurtado de Mendoza, Graf von Monteagudo – begleitete Max, um den Kurfürsten zu ersuchen, daß er den Prinzen von Oranien, der mit des Kurfürsten Moritz Tochter, also Augusts Nichte, vermählt gewesen war, zum Frieden mahne.
Seitdem sich die zwei Fürsten nicht gesehen hatten, war ein furchtbares Geschick über die zum Kalvinismus neigenden Ratgeber und Prediger des sächsischen Kurfürsten, der mit der Partei der Reformierten im Reiche endgültig gebrochen hatte, gekommen: Dr. Cracov war wenige Wochen vor Maxens Ankunft in Dresden nach schrecklichen Leiden infolge Folterqualen und rohester Behandlung in der Leipziger Pleißenburg gestorben; Superintendent Stößel von Pirna litt noch als Gefangener auf Schloß Senftenberg, der kurfürstliche Leibarzt Peucer schmachtete im Jupenturme des Schlosses Rochlitz, Hofprediger Schütz saß im Dresdner Schlosse als Gefangener, und noch wenige Tage vor des Kaisers Ankunft war am 27. März 1575 aus gleichen Ursachen gegen den Kanzler Kysewetter und den Hofrichter Jan von Czeschaw ein Verfahren eröffnet worden[55]. Der Besuch fiel demnach in die Zeit, in der soeben eine große innere Krisis in Sachsen überwunden war: der endgültige und für die fernere Regierungszeit Augusts maßgebende Entschluß, mit dem Kalvinismus ganz zu brechen und die reine Lutherlehre zu erhalten, politisch ohne Zweifel sehr vorteilhaft für die Reichsinteressen und die besonderen Wünsche des Kaisers.
Als es nun endlich als ganz sicher gelten konnte, daß die Gäste kommen würden, erbat man sich in Dresden genauere Angaben über Rang und Anzahl der erwarteten Personen, und bald ergingen ausführliche Weisungen an die Hofdiener und den Adel[56].
Nach dem Empfange an der Landesgrenze zwischen Königstein und Tetschen war eine Jagd, darauf die Fahrt nach Pirna, Übernachten daselbst, am anderen Tage Weiterreise nach Dresden entweder zu Wasser oder zu Lande angesetzt.
Wenn sie in Dresden zu Schiff ankommen, soll bis ans Pirnaische Tor gefahren werden; dahin müssen die Wagen bestellt werden; allda sollen auch Reiter auf dem Graben halten. Der Adel soll vor, die Schar der Knechte hinter die Wagen rücken. Von da sollen die Majestäten auf dem Graben herein bis zu Melchior Hauffens[57] Tor, dann durch die Kreuzgasse, an der Kreuzkirche vorüber über den Markt bis zum Schlosse geführt werden; der von Zedtwitz hatte den Befehl, die Guardia bis in die Elbgasse (jetzt Schloßstraße) hinein aufzustellen; auch wurde ihm die Stadtwache unterstellt. Wenn die Gäste von Pirna zu Lande kämen, sollten sie ebenfalls stracks zu Melchior Hauffens Tor gebracht werden. Jedenfalls wollte der Kurfürst seine Gäste durch die Mitte der Stadt nach dem Schlosse führen, nicht den kurzen Weg durch das Elbtor.
Damit ein reiches Geleite die vornehmen Gäste empfange, hatte August am 19. März 1575 von Schloß Annaburg aus an seinen Adel schreiben lassen, daß ein jeder in seinen „Ehrenkleidern“ komme und sich beim Hofmarschall melden solle. Auch die Kurfürstin forderte die Edelfrauen dazu auf: „du wollest nach Dresden kommen und S. M. aufwarten, solchs auch deinem Manne vormelden und deine Sachen darnach anstellen“. An 90 Briefe derart wurden ausgesandt, an Mitglieder der Familien Pflugk (7), Bünau (4), Einsiedel (3), Carlowitz (2), Lüttichau, Miltitz, Ponickau, Schleinitz, Schönberg, Trotha, Vitzthum u. a. Angesagt sind als Gäste außer den fürstlichen Personen, also dem Kaiser, der Kaiserin, den vier Erzherzögen König Rudolf, Ernst, Matthias und Maximilian, noch 70 Beamte, Diener und Dienerinnen: drei spanische Damen in Begleitung der Kaiserin Maria, einer Tochter Karls V., und zwar die Oberstkämmerin Frau von Cardona, die Doña Loisa von Avalos usw., verschiedene Kammerdiener und Kammerweiber. Unter den Räten des Kaisers erscheinen ein Dietrichstein, ein Thun, ein Stahremberg; ferner werden genannt die Herren von Trautson, von Strein und von Bernstein, Dr. Weber und Dr. Vieheuser. Der oberste Silberkämmerer, der oberste „Kuchlmeister“ sind nicht nur während der eigentlichen Reisetage tätig gewesen, sondern auch in Dresden selbst; sollte doch eine ganz erhebliche Anzahl aus S. M. „Kuchl“ gespeist werden. Es begleiteten ihn ja Doctores, zween Balbiere, zween Guarderoba, ein Cammerheizer, Peter Zwarg (vielleicht der Spaßmacher), ein Apotheker, ein [236] Kammerhüter und vier edle Knaben. Auch die Söhne Maxens hatten viele Gefolgsleute, so daß im ganzen täglich 16 Tafeln zu versehen waren. Unter König Rudolfs Dienern erscheinen Spanier, auch ein Kaplan.
Teils zu Ehren des Besuches, teils zu den bevorstehenden Verhandlungen wurden noch andere fürstliche Personen geladen, so der Kurfürst Johann Georg von Brandenburg, dessen Gemahlin Sabine, eine geborene Markgräfin von Baireuth, und Sohn, der Administrator von Magdeburg Joachim Friedrich, sowie der Fürst Joachim Ernst zu Anhalt, dessen Gemahlin Eleonore, geb. Gräfin von Württemberg, dessen Schwägerin Emilie von Württemberg und Tochter Anna Maria. Ferner werden genannt der junge Herzog Joachim Friedrich zu Liegnitz, ein Graf Wilhelm von Schwarzburg und der Graf Burkhard von Barby.
Von den äußeren Vorgängen sind wir sehr gut unterrichtet durch einen ausführlichen Bericht[58], den Fürst Joachim Ernst zu Anhalt an den gefürsteten Grafen Georg Ernst von Henneberg zwei Tage nach seiner Rückkehr aus Dresden am 24. April 1575 von Dessau aus auf dessen freundliches Begehren abgesandt hat[59]. Hierzu kommen in vieler Beziehung ergänzend drei bisher noch nicht bekannte spanische Berichte, die mir auf mein Ersuchen vom Generalarchiv von Simancas in Abschrift geschickt und zur Verwendung überlassen worden sind: eine Staatsdepesche des spanischen Gesandten Grafen von Monteagudo vom 8. Mai aus Prag, gerichtet an den Großkomthur von Kastilien[60], eine zweite vom 26. Mai ebenfalls aus Prag an König Philipp II. selbst[61]; drittens ein kurzer Bericht ohne Datum über den Verlauf der Reise Ihrer K. Majestäten nach der Stadt „Tressen“[62].
Die Anhaltische Fürstenfamilie war schon Donnerstag den 7. April nach Dresden gekommen. Mit Kurfürst August und dem Administrator von Magdeburg ritt der Fürst zu Anhalt – es waren etwa 400 Pferde insgesamt – dem Kurfürsten von Brandenburg entgegen, der mit 60 adeligen Herren, wenigen Reisigen mit nur 50 Pferden – denn fast alle Herren bedienten sich der Kutschen – einkam.
Der Kurfürst hatte das Schloß dem Kaiser und dessen Begleitung eingeräumt, er selbst war nach der Kanzlei gezogen[63] und brachte darin auch die Brandenburger und Anhalter Gäste unter, sehr zu des Fürsten zu Anhalt Zufriedenheit, „denn“, so sagt er, „wir haben allerseits gar gute, herliche und zirliche Bequemlichkeit und Raum gehabt“. Der Kaiser wurde schon für Sonnabend den 9. April erwartet; aber an diesem Tage traf zunächst nur ein Schreiben vom 6. April ein, in dem Maximilian mitteilte, daß ihn türkische und polnische Sachen verhinderten, am morgigen Tage „zu verrücken“; er könne erst am nächstkommenden Freitag (den 8. April) aufbrechen. Zur Beruhigung des Kurfürsten fügte er aber hinzu: „Wir seyn aber endlich endtschlossen, hoffen auch nit, das uns Ichtes (= etwas) daran verhindern solle, auf den Freitag, liebts Gott, gewißlich alhie auf zu sein.“ Der Wirt vergnügte indes seine Gäste zu Dresden mit einem Stahlschießen zur Wand, wobei an einem Tage für 2000 Gulden, am anderen für 1000 Gulden Silbergeschirr gewonnen wurde.
Für den Sonntag wurde ein Ritt nach Pirna angesagt, dem Kaiser entgegen. 250 Pferde stark zog man dahin. Der Rat der Stadt hatte es „fein ordentlich bestellt“, daß man dem Kurfürsten mit etlichen Fähnlein in der Ordnung ein wenig vor der Stadt entgegenzog, beim Einziehen Freudenschüsse abgab und „sich fein lustig und gehorsamlich erzeigte“. Am Montag standen alle um 3 Uhr morgens auf; um 8 Uhr bestiegen sie nach einem Ritte die „fein herlich und zirlich zugerichteten“ acht Schiffe des Kurfürsten und fuhren bis an die Grenze[64], tafelten und warteten. Als die Nachricht kam, daß des Kaisers Flottille von 14 Schiffen[65] nahe, lavierten sie mit ihren Schiffen so, daß man nicht etwa über die Grenze rückte. Die Fürsten stiegen in des Kaisers Schiff, und August empfing seinen allerhöchsten Gast „mit einer herrlichen Oration“[66]. Kaiser und Kaiserin begrüßten die Herren und Frauen stehend, so sauer dies auch dem Kaiser wurde, denn er, der schon lange ein kränkelnder Mann [237] war, litt an Stein- und Herzbeschwerden sowie am Podagra und ließ sich viel tragen. Auf einem zweiten Schiffe kamen alle vier Söhne des Kaisers mit: Rudolf, König von Ungarn, der nachmalige Kaiser unseligen Gedächtnisses, die Erzherzöge Ernst, Matthias (später auch Kaiser) und Maximilian. Wie im Jahre 1538 war auch diesmal als Ergötzlichkeit eine Wasserjagd vorgesehen; teils wurde hinter dem Schirm sitzend vom Lande aus, teils von besonderen Schiffen aus geschossen. An 1000 Stück Hirsche und anderes Wild wurden herangetrieben, über 200 erjagt, erschossen und gefangen. Der Fürst zu Anhalt bedauert dabei, daß man das matte Wildbret, welches den Nachwinter noch nicht verwunden, also unzeitig hat jagen sollen, wiewohl allbereit Hirsche darunter gewesen, „die wohl ein Viertel von der Ellen aufgehen“. Den Gästen gefiel aber das Fest, das voll großen Vergnügens und guten Zeitvertreibes war und länger als drei Stunden dauerte, gar sehr. Nach beendeter Jagd stieg wieder alles zu Schiff, fuhr abwärts und landete um 8 Uhr in Pirna. Beim Betreten des Tores faßten die Kutsche des Kaisers vier Verbrecher an, denen er ihm zu folgen befahl, damit er ihre Vergehen erfahre. Diesmal wurde auch vom Schlosse „fein ordentlich und ernstlich“ geschossen. Der Kaiser war zu schwach, um zur Tafel zu erscheinen; so waren nur zwei Herren von seinem Gefolge mit den deutschen Fürsten Gäste des Kurfürsten, mit welchen man „einen ziemlich harten Trunk“ getan.
Dienstag, den 12. April wurde schon um 10 Uhr getafelt, wobei der Anhalter dem Kaiser das Waschgefäß, Sachsen und Brandenburg aber die Handquelen hielten. Wie schon am Tage vorher war Maximilian trotz seines leidenden Zustandes von guten Reden, fröhlich und freundlich und tat sogar einen guten Tischtrunk. Nach vollendeter Mahlzeit ging man zu Schiffe. Während der Fahrt spielten die Kurfürsten und der spanische Botschafter Karte[67].
Als die Schiffe vor Dresden in Sicht kamen, begrüßten 20 Kartaunen die Nahenden. Nach dem spanischen Bericht, der wohl etwas an Übertreibung leidet, hätten sich 80 Stück mit Kugeln entladen, welche so ungeheueren Lärm verursachten, daß einige Häuser, die außerhalb der Stadtmauer standen, einfielen; lange schwebte über dem Elbtal starker Rauch, wie ein dichter Nebel. Bei der Landung 4 Uhr nachmittags waren gegen 1000 Pferde der „Sächsischen wol hergeputzten Landsknechte“, etwa acht Fähnlein, in einer schönen Ordnung aufgestellt. Der Kaiser wurde bis zum Wagen[68] getragen und fuhr mit den beiden Kurfürsten, zu den Seiten seine Söhne, voran die fürstlichen Herren von Anhalt, Liegnitz und Magdeburg, nach dem Schlosse. Ihm folgte in einem Kobelwagen, d. h. einem verdeckten Wagen, die Kaiserin. Da es sehr stark regnete, war der Einzug, bei dem Hakenschützen gar unordentlich schossen, „nicht sonderlich zierlich gewesen“. Der Kurfürst scheint nach den Angaben des spanischen Berichtes auf den militärischen Aufmarsch ein besonderes Gewicht gelegt zu haben. 2500 Gerüstete waren im Innern der Stadt anwesend. Als der Kaiser die Kutsche, an der sich hier sogar zwölf um Gnade flehende Verbrecher anhielten, verlassen hatte, stellten sich die Krieger in Schlachtordnung auf und zogen durch den Schloßhof[69], worüber sich der Kaiser und die Fürsten freuten. Denn alle waren neu und gleichmäßig bewaffnet worden aus seinem Zeughause, „das das beste ist, das es in der Welt gibt“. Nun wurde ein drittes Mal eine Fülle von Geschützen gelöst. Da es aber fortgesetzt regnete, verliefen sich die Zuschauer bald, und man war froh, als man, in das Schloß eintretend, von dem „Frauenzimmer empfangen und angesprochen“ wurde[70]. In dessen großem Hofe standen „beede Churfürstinnen sambt der Fürstin von Anhalt, des Churfürsten und Pfalzgrafen Söhne, so beede noch jung, sambt der vier Freilein von Sachsen, Anhalt und Wirtenberg und iren Frauenzimmern, die andern aber auf das cöstlichst geputzt in einer langen Zeil überzwerch des Hofs“[71].
Glücklicherweise wurde das Wetter in den folgenden Tagen etwas besser; Dresden hat den Gästen, wie es scheint, einen guten Eindruck gemacht; schreibt doch einer der Begleiter des Kaisers an den kaiserlichen Gesandten in Regensburg: „Dresden ist eine fein herliche, saubere Västig Stat, hat ein gewaltiges schön Schloß und Brügg. Sonnst hat es bey 2500 Pferdt allenthalben alhie, die der Churfürst alle frei hält. Deßgleichen speißt er täglich im Schloß und zu der Stadt 200 Taffeln“[72]. Wenn K. v. Weber berichtet[73], die [238] Kurfürstin habe bei den gehabten Gastereien große Mühe und Sorge gehabt, so ist das zu glauben.
Sechs volle Tage ist Max in Dresden geblieben (13. bis 18. April), am 19. ist er über Pirna wieder nach seinen Staaten zurückgereist. Trotz seiner Hinfälligkeit ist die Zeit mit viel Tafelei, mit Tänzen, Jagden, Fechtspielen, Feuerwerk und Besichtigungen aus gefüllt worden. Ritterliches Spiel ist, obwohl die vier Söhne des Kaisers und zahlreiche Adelige aus Sachsen, Böhmen und Österreich doch auch als Gäste anwesend waren, nicht getrieben worden, vielleicht aus Rücksicht auf den leidenden Zustand des Kaisers selbst.
Von den verschiedenen großen Banketten schildert der Fürst zu Anhalt eingehend das erste am Tage des Einzuges; der ungenannte Berichterstatter nach Regensburg zeichnet sogar die Sitzordnung der Fürsten bei Tafel auf. Es saßen im ganzen 17 Personen daran, elf männliche und sechs weibliche Personen. Kaiser und Kaiserin saßen an einer Schmalseite der Tafel nebeneinander, neben Kaiserin Maria die Kurfürstin Anna, die zu ihrer Rechten den König von Ungarn hatte. Neben dem Kaiser saß – charakteristisch genug für die Bedeutung der Weltmacht Spanien – der spanische Gesandte. Wenn er als einzige nicht fürstliche Person an diese Tafel gezogen wurde, so war zugleich verwandtschaftliche Rücksicht und politische Vorsicht dabei maßgebend. War doch der Kaiser, Philipps Schwager und Schwiegervater zugleich, beim Haupte der deutschen Lutheraner zu Gaste! – August saß zwischen dem Administrator zu Magdeburg und dem Fürsten zu Anhalt, ihm gegenüber das brandenburgische Ehepaar nebeneinander; nach dem unteren Ende der Tafel folgten die drei jüngeren Erzherzöge, die zwei fürstlichen Fräulein und der Herzog von Liegnitz, der Verlobte der Prinzessin zu Anhalt. Die sogenannte „bunte Reihe“ wurde, soweit sie überhaupt möglich war, kaum gewahrt. Kaiser und Kaiserin, der König von Ungarn und die Kurfürstin Anna hatten Stühle „mit gülden Stugk“ überzogen, während alle anderen Stühle nur roten Carmoisinsammet aufwiesen. Drei Edelleute standen neben der Kaiserin, dem spanischen Gesandten und dem Kurfürsten als „Tischdiener“ und „Fürsneider“: Graf Wilhelm von Schwarzburg, Nickel von Miltitz und ein von Bünau. Es waren drei Gänge vorgesehen und Konfekt; jedes mal wurden zwölf Essen aufgesetzt, „und ist alles wol und herlich bereit und zugericht, überflüssigk an allen Orten mit guter Ordennunge bestellt vorhanden gewesen“. Die „Kaiserliche Majestät“, so berichtet der Fürst zu Anhalt, „beneben den anderen Herren seindt von guten Gesprechen gewessen und haben zimlich getrunken, daß wir für unsere Person einen zimlichen Anfang gehabt. In wärender Malzeit hat man musiciert auf allerlei Instrument, gantz liblich zu hörn gewesen, und ist alles fein still in dem Zimmer, allein denselben ersten abendt ein zimlich groß Gedrenge“.
Wie vor dem Niedersetzen, so auch vor dem Aufstehen hielt der Hofprediger Doktor Mirus ein Tischgebet. An jenem ersten Tage, an dem auch nach des Briefschreibers Ansicht[74] die Fürsten „zimblich“ getrunken haben, widerfuhr dem Kurfürsten von Brandenburg etwas wenig Erbauliches. Es heißt in des Fürsten zu Anhalt Bericht[75]: „Wie sich nun die Malzeit geendet und man das Confect aufgehoben, seint wir andern alle aufgestanden und das Hantbecken und Gißfaß zu uns genummen, ist unser Vetter der Curfürst von Brandenburgk für uns mit der Handquelen hergangen und wie sie die Quelen werfen wullen, dretten sie ein Beitritt von einer Stuffen herrunder und fallen den langen wegk für Ir. Maj. für dem Tisch, darüber Ir. Maj. wol gelacht, wir andern es lieber anders gesehen; es war aber geschehn.“
Am zweiten Tage, Mittwoch den 13. April, gingen die evangelischen Herrschaften schon früh 7 Uhr in die Schloßkapelle, um eine Predigt des Doktor Mirus zu hören. Nach dem Bericht des Spaniers sind sämtliche Fürstlichkeiten und das gesamte Hofgefolge bei dem Gottesdienste anwesend gewesen; waren doch manche in Maximilians Umgebung Protestanten. Vor der Predigt gab es sehr viel Musik; dann sangen sie Laudate dominum und viele andere Lieder. Nach alledem predigte Herr Martin Mirus, indem er den Psalm auslegte: „Quare fremuerunt gentes“[76].
Nachdem die Mittagstafel in ähnlicher Weise wie am Tage vorher abgehalten worden, sahen alle von den Fenstern aus „einer Fechtschule“ auf dem Schloßhofe zu. Dabei haben die zwei Kurfürsten mit den Majestäten allein in einem Fenster beisammen gestanden. Den Fechtern, deren vier Stunden dauernde Leistung die Spanier sehr ergötzte, wurde „vil gelts ausgeworfen, darumben sy redlich gefochten, ainestheils auch tapfer zerklopft, und diejenigen, so sich vor anderen verhalten, seind von Ihr Churf. Durchlaucht zu Hof mit Diensten angenommen worden“[77]. Eine auf des Kurfürsten Befehl eigens errichtete Schaubühne fiel zusammen, wodurch zwei Personen Beinbrüche erlitten. Später hat der Kaiser trotz seiner Leibesschwachheit, gewiß zur Unterhaltung der zahlreichen jüngeren Leute, „einen Tanz begehret. Alles ist auf den Saal gegangen; der Kaiser ist nach der herrlichen Musik mit der Churfürstin in ein Gespräch geraten, hat Ir die Clag, so ein weiß Schlairl gewest, ab den Hals, desgleichen Irer Churf. [239] Gnaden ab dem Paret geschnitten, darauf von stund an Ir Maj., selbst unangesehen, daß Sie übl zu fueß gewest, mit der Kurfürstin angefangen zu tanzen“[78]. Die beiden Kurfürsten tanzten oder schritten wohl dem Paare vor, der Administrator und der Fürst zu Anhalt nach. Beim Tanz erschienen auch der junge Herzog Christian und zwei Fräulein von Sachsen, zwölf und sieben Jahre alt. Mit der zwölfjährigen Prinzessin Dorothea, der ältesten Tochter der fürstlichen Wirte, tanzte, was viel bemerkt wurde, der König Rudolf von Ungarn, der Kaisererbe, viermal. Auch die Erzherzöge haben sich über dem Essen und im Tanze „fluchs gedummelt und sind guter Ding gewest“[79]. Der König von Ungarn hat dann mit der Tochter des böhmischen Kanzlers den welschen Tanz angefangen und vollendet; desgleichen der Erzherzog Ernst, dem „es ein wenig zierlicher von Statt ging“. „Auf diesen hat der Koningk noch einen seltsamen Tanz mit einem Stablicht (wohl Fackel) allein angefangen, welchen er nachher mit der von Pernstein verwechselt, und ist in unsern Augen slecht Dingk gewest“[80]. Als hierauf das Konfekt aufgetragen worden war, „davor man ein gulden Handquelen gewurffen“, hat man den Kaiser heimgeleitet, alsbald aber weiter getanzt.
Donnerstag den 14. April hat man früh wieder die Predigt besucht; dann besah man das vor dem Schloß nach der Elbe zu gelegene Münzhaus und bewunderte die Menge ungemünzten Goldes und allerhand zur Prägung gehörende kunstreiche Vorrichtungen; später wurde in einem schönen herrlichen Zimmer Tafel gehalten. Da der Kaiser nicht anwesend war, ist „seine Gesundheit flugks herummergangen, das man also zu Mittage eine zimliche Notturft bekommen“[81]. Nachmittags ritten oder fuhren alle – soweit sie nicht „über der Gesundheit an der Tafel sovil gekriget, daß sie nicht haben kunnen hinauf reiten“ – ungefähr eine gute halbe Meile von der Stadt, zogen dabei über ein „klein Kinheidlein“[82], welches nit über ein zwei Büchsenschuß von der Elbe gelegen, dahinter ein fein Platz Raumfeldt gewesen.“ Dies war durch Tücher eingeschlossen; der Kaiser, die Erzherzöge und die Frauen wurden in einen Schirm gestellt, um dem Jagen zuzusehen. Es wurden Hasen, zwei Wölfe und 35 Füchse hereingetrieben. „Da wurden endlich die Wind (die besonders schnellen Jagdhunde) so müde, daß sie nichts nach den Fuxssen gefragt und haben sich letztlichen die Fuxsse zur Were gefetzt, welches gar lecherlich und seltsam anzusehen gewesen; seindt aber letzlich alle erlegt worden.“ Als wichtigstes Wild galt ein Bär, den der Kurfürst von Brandenburg an der polnischen Grenze hatte fangen und bis nach Dresden in einem Kasten bringen lassen. Es war von August angeordnet worden, daß der Brandenburger, der Administrator von Magdeburg und der Fürst zu Anhalt ihn abfangen sollten, während die zusehenden Herrschaften, durch Adlige mit guten Spießen geschützt, in ihrem Schirm sitzen oder stehen blieben. Wider Erwarten „fil nun der Bär über die Tücher und lief holz ein." Da „ward jedermann die Weile lang“, und obwohl man von hinten her rief: „Gemach, gemach!“ damit die Kurfürstn nacheilen könnten, stürzten Menschen und Hunde hinter dem Untier her. Dem Anhalter, der zu Roß war, gelang es, den Bären „zu nehmen“; „doch nahm er“, so erzählte er mit Jägerhumor „uns bald den Spieß und hätte uns gern freundlich umbfangen, aber wir waren ein wenig behende, daß wir also von ihm kamen; er war aber so hart gestochen, daß er immer auf der Statt in einem Kreis herummer gingk“. Nun eilten Hunde und Menschen von neuem herzu, und der Fürst, der Administrator sowie ein Mann, Namens Blankenburg, stachen den Bären vollends tot. In diesem Augenblick riefen die endlich genaheten Kurfürsten wieder: „Gemach, gemach!“ so daß sich der Anhalter schnell entfernte. Aber sowohl vor den zwei Kurfürsten wie dann vor dem Kaiser wurde, da keiner sonst es gewesen sein wollte, ihm die Ehre des Erjagens und Erlegens zu gesprochen. „Wir vermerkten aber, daß wir nit gar großen Dank verdient; es war aber geschehen.“
Freitag den 15. April war eine Jagd zwischen Meißen und Großenhain, also wohl in der Burggrafenheide hinter Weinböhla angesetzt. Um dem Kaiser die Zufahrt zu erleichtern, bestieg man früh die Schiffe. Große Hirsche, die auch das Winterhaar verlassen hatten, mit ellenhohem Aufsatz, waren gestellt, doch freilich noch nicht zu richtiger Zeit. Nachdem der Kaiser die fünf größten herausgeschossen hatte, ließ man die andern wieder über die Tücher. Die Rückfahrt zu Wagen strengte den hohen Herrn an, so daß er „hernacher zimlich ungeschickt war, auch wieder nicht zur Tafel erschien“.
Obwohl diese Schwäche – daß er nicht stehen konnte – auch am folgenden Tage, Sonnabend den 16. April, anhielt, beteiligte er sich, nachdem ein Rat [240] der Fürsten abgehalten worden war, an der Tafel und fuhr bei häßlichem Regenwetter mit beiden Kurfürsten auf die Jagd. Die anderen Herren, unter ihnen der Fürst zu Anhalt, begleiteten indessen den König Rudolf in das Zeughaus, das von Kurfürst August in den Jahren 1559 bis 1562 im verfeinerten Renaissancestil erbaut worden war und noch lange Zeit wegen seiner Größe und seiner reichen Ausstattung mit Kriegsgerät großes Aufsehen erregt hat. Auch damals war dies der Fall. „Wir ließen“, schreibt der Anhalter, „die spanische Botschaft durch ein Dolmetschen fragen, wie’s ihm gefiele; lies er mir antworten: Es were ein ungleublich Dingk, das niemandes begreifen kunnte, er hette es denn gesehen“. Später stiegen die Herren noch in die weitausgedehnten Zeughauskeller hinab. „Da hat der Konigk beneben den Erzherzogen ein ziemlichen Leschdrungk bekommen, die spanische Botschaft haben wir[83] fast hart genotiget, aber sie hat sich dermaßen geweret, das, wie wir aus dem Keller kamen, krigten wir ein duppelt Gesicht, daß wir Gott dankten, daß wir unsere Herren zurecht brachten, konnten den Abend nit weiter aufwarten.“
Am folgenden Sonntag, den 17. April, hat es um 10 Uhr Tafel gegeben, der der Kaiser, obwohl er noch ziemlich hart über das Podagra geklagt hat, beiwohnte, „und seindt gleichwol unter guten Gesprechen die kleinen Gleslein flugks herummergangen“. Nach der Tafel hat der Kurfürst seinem Gaste Geschenke verehrt: „ein schön wunderlich kunstlich Druckwerk, viele wunderliche seltsame Sachen von schönen Stuffen, von Erz und allerlei Sachen“[84]. Hierauf hat sich auch Maximilian nach dem Zeughause und in dessen Kellereien tragen und darin führen lassen. Seiner Bewunderung über die Fülle des Heergerätes hat er den Wunsch hinzugefügt, daß guter Friede erhalten bleibe. Der Nachmittag brachte nun noch ein besonders herrliches Bankett, mit wunderlich künstlichem Zuckerwerk; es nahte der Abschied. Als das Wasser gereicht und das Gratias gesprochen war, ertönte Trompetenschall, und der Kurfürst forderte seine Gäste auf, in den Erker wallwärts, also nach Westen zu treten. Es wurde vor dem Schloß auf der neuen Festung, „so neulich erbaut“[85], ein Feuerwerk abgebrannt; bei dem „etzlich vil hundert Schos fein ordentlich geschehen“, obwohl der Regen der letzten Tage die Raketen in ihrer Wirkung beeinträchtigte.
Vier große Bilder waren zu sehen: zwei Herkulesgestalten und zwei wilde Männer, deren jeder unter sich ein sonderbares Getier hatte. Das erste wies einen Bären auf mit der Inschrift:
„Der kayserlichen Majestet
Zu ehrn aufgerichtet het
Churfürst Augustus dis feuerwerch
Mit diesen Riesen und den Zwerch.“
Das andere einen Hirsch mit dieser Schrift:
„Dies feuerwerch angerichtet het
Der Romischen kaiserlichen Majestet
Zum lustgefallen und ehrn
Seinem allergnädigsten Herrn
Hertzog Augustus Churfürst zu Sachsen –
Gott laß Sy beed zu wolfart wachsen.“
Das dritte einen Drachen und diese Schrift:
„Ut Hydram Hercules numerosum licet monstrum igne tandem vicit et mori docuit, sic Augustus Dux Saxonum et Elector Heros inclytus Sectam calvinistam in has terras irreptam et dissimulanter nutritam Deo vivente et supprimet et vincet.“[86]
Das vierte einen Löwen mit dieser Schrift:
„D. Maximiliano II. Imp. Maximo Caesari Augusto ob graciosissimum citius adventum Augustus Dux Saxoniae Elector gratulationes et observantia ergo f. C.“[87].
In jener Zeit hat August seinen Sieg über den Kalvinismus auch durch eine Münze verherrlicht: auch hier erscheint er als der gewappnete Held; er hält in seiner Hand eine Wage, in deren sinkender Schale das Jesuskind liegt, mit der Überschrift Allmacht, während in der zu leicht befundenen Schale die Wittenberger verdächtigen Professoren mit samt dem Teufel sitzen und die Umschrift Vernunft tragen.
An dem Schicksale des einen gefangenen Kryptokalvinisten, Dr. Peucer, der Melanchthons Schwiegersohn und einst des Kurfürsten Leibarzt war, zeigte Maximilian übrigens besondere Teilnahme. Er, der immer kränkliche, ging August um dessen Loslassung [241] an: er wolle ihn in seine Dienste nehmen. Der Kurfürst antwortete darauf, er könne ihn nicht entbehren; und als der Kaiser darauf verwundert bemerkte, wie das möglich sei, da er ihn doch gefangen halte, erklärte August unumwunden, er wolle ihn zur Bekehrung zwingen. „Das maße ich mir nicht an; über die Gewissen habe ich keine Macht“, antwortete ihm Max. Der Kurfürst beharrte bei seiner Absicht; Peucer hat noch 11 Jahre, bis ihn die zweite, sehr junge Gemahlin des Kurfürsten losbat, in heldenhafter Weise eine äußerst harte Gefangenschaft ertragen.
Montag den 18. April hat Maximilian vor der letzten Tafel und seiner baldigen Abreise seine Gastgeschenke verteilt. August erhielt ein schönes Rapier, mit Gold, Silber und Edelsteinen geziert; die Kurfürstin gar ein schön Schreibtischlein von „eittlen Gold und Silber mit einen schönen künstlichen Uhrwerk, uf vil tausend[88] Gulden pracht“; der Kurfürst von Brandenburg ebenfalls ein schönes Rapier; die Kurfürstin von Brandenburg ein Halsband mit einem Gehänge, auf 6000 Taler geschätzt; die Fürstin zu Anhalt ein Halsband im Werte von 1500 Taler; Emilie von Württemberg Halsband und Kleinod für 1000 Taler, dergleichen auch des Fürsten zu Anhalt Tochter, auf 800 Taler geschätzt. Rudolf, König von Ungarn, der lange in Spanien gelebt hatte und ein Freund spanischer Sitte geblieben war, verehrte dem Kurfürsten August vier schöne spanische Rosse. Die Räte und Diener beider Kurfürsten, „so aufgewartet“, erhielten goldene Ketten.
Nach der Tafel zog alles nach Pirna zu; unterwegs wurde eine kurze Jagd, wieder mit einem Bären, angestellt. Da dieser klein war und von den Rüden fast bedeckt wurde, riet der Fürst zu Anhalt, dem seine frühere Jagdtat sowieso übel angerechnet worden war, daß man des Kaisers Söhne das Tier erlegen lassen solle; „und hatt allso der Kunnigk sampt desselben Brüdern den Beren umgebracht und haben durch unser Rat alles, was wir zuvor verdurben, widder gut gemacht“. Hierauf ging es nach Pirna hinein und an ein Abschiedfeiern, wobei denn wieder „ein ziemlich Freuden- und Letztrünklein von allen Theilen mit untergelauffen“. Am Dienstag morgen (19. April) haben sie den Kaiser an die Schiffe geleitet; er hat sie allerseits gesegnet, und darauf ist er abgefahren. Die Anhalter Herrschaften sind am Mittwoch von Dresden zu Wasser, die Brandenburger zu Lande abgereist.
Der sehr ausführlichen Schilderung all der äußerlichen Vorgänge bei der fürstlichen Zusammenkunft fügt der Briefschreiber noch die Vermutung hinzu, daß auch Verhandlungen gepflogen worden seien. „Dis haben wir gesehen und observirett. Was sunsten tractirett, ist uns nit bewußt, achten gleichwol, das wol etwas mag fürgelaufen sein“.
Soviel sich aus den urkundlichen und gedruckten Quellen entnehmen läßt, wurde mancherlei verhandelt.
Vor allem wurde die bereits in Wien 1573 zugesagte Wahl Rudolfs zum römischen König ganz genau festgesetzt. August versicherte noch einmal, daß er weder einem Ausländer noch einem anderen deutschen Fürsten seine Stimme geben werde; ja, und wenn alle anderen Kurfürsten ihm selbst die Krone geben wollten, er würde ablehnen; er wolle lieber ein reicher Herzog als ein armer Kaiser sein; die anderen gleichmächtigen Fürsten würden ihn nicht über sich dulden wollen; als Herzog könne er nach seinem Gefallen leben, als Kaiser würden ihm die Sorgen das Leben verkürzen. Die Wahlhandlung wurde, damit Rudolf zuvor die Böhmenkrone erlange und die böhmischen Landtagsverhandlungen schlichten könne, auf den September verschoben; dem Kaiser zu Gefallen bestimmte man statt des weitgelegenen und damals durch Pest verseuchten Frankfurt a. M. Regensburg als Ort der Zusammenkunft zur Wahl. Mit einer gewissen Genugtuung bemerkte der spanische Gesandte, daß beide Kurfürsten von ihrer geringschätzigen Meinung über König Rudolf zurückgekommen waren und sich über diejenigen schlecht unterrichteten Personen lustig machten, die von ihm ungünstig gesprochen oder geschrieben hatten.
Über sein allerpersönlichstes Verhältnis zum Hause Österreich und besonders zu Philipp II. von Spanien hat Kurfürst August mit dem spanischen Gesandten eines Morgens eine anderthalbstündige Unterredung gehabt. Er besuchte seinen Gast, gewiß um ungestört und unbeobachtet zu sein, in dessen Gemächern früh 7 Uhr. Wie schon im Jahre 1573 zu Wien verurteilte er des Prinzen von Oranien und seiner Anhänger aufrührerische Haltung durchaus; er war der entschiedenen Meinung, die Vasallen eines Königs hätten diesem im Glauben zu folgen. Mit der Versicherung größter Dankbarkeit gegenüber dem Hause Österreich von den Zeiten Karls V. an verband er das Versprechen voller Treue und Hingebung auch in kommenden Zeiten; zu gleich erklärte er sich als ganz entschiedener Gegner des Kurfürsten von der Pfalz, der ihm den Kalvinismus habe nach Sachsen bringen wollen. Er verstieg sich in seinen Ergebenheitserklärungen so weit, daß er sagte, er halte sich nicht nur für einen Diener (criado) des Königs von Spanien, sondern für dessen Sklaven (es-clavo); dieser Ausdruck bedeute im Deutschen soviel wie einen demütigen und niedrigen Diener und werde nur dem Kaiser gegenüber gebraucht. Diese Untertänigkeit kam selbst dem spanischen Gesandten so außergewöhnlich vor, daß er in seiner Depesche ausdrücklich erklärt, der Kurfürst habe ihm dies am frühen Morgen [242] in sehr guter Laune gesagt, ohne daß der Verdacht vorgelegen habe, der Wein habe ihn so höflich gemacht, da er überhaupt nicht zu denen gehöre, die sich sehr stark betränken.
Ganz merkwürdig sind die Eröffnungen, die Graf Monteagudo seinem königlichen Herrn über Augusts Haltung in kirchlichen Dingen während der kaiserlichen Anwesenheit macht. Zum Teil berichtet er vom Hörensagen, zum Teil als eigener Zeuge.
Man habe ihm versichert, August habe an allen Orten, wo sich Kaiser und Kaiserin aufgehalten hätten, ehe sie eingezogen, ein Edikt verkünden lassen, daß bei Todesstrafe niemand über Gegenstände der Religion mit den Fremden verhandele. Demnach hätten auch die Prediger auf den Kanzeln und bei etwaigen Verhandlungen über nichts dergleichen reden dürfen, vor allem nichts gegen den Papst und die Katholiken. Trotzdem habe eines Tages ein Geistlicher einige Worte vom Papste gesprochen; darauf habe ihn der Kurfürst aus seinen Staaten treiben wollen, doch hätten sich etliche ins Mittel geschlagen und dies verhindert.
Viel bestimmter ist jedoch die Mitteilung, daß der Kurfürst auf die katholischen Gäste im Schlosse die größte Rücksicht genommen habe. Diese hätten eine Freiheit gehabt, als wenn sie in Spanien gewesen wären. Die Kaiserin hörte in öffentlichem Saale die Messe, ebenso König Rudolf und seine drei erzherzoglichen Brüder. An den Fasttagen wurde an dem Tische, an dem die Majestäten und die Fürsten zusammenspeisten, Fisch aufgetragen. Nur dem Kaiser bot man Fleisch an, entsprechend der Anordnung, die seine Ärzte getroffen hatten; auch die Fürsten nahmen etwas davon. „Als wir alle in unseren Zimmern speisten“, so schließt Monteagudo diesen Teil seines Berichtes, „gab es am Fasttage nur Fischgerichte; und die Herren, die in meinem Gemache speisten und Ketzer waren, aßen mit den anderen Katholiken aus des Kaisers Gefolge zusammen nur dann Fleisch, wenn ich es aß“.
Kein Wunder, daß damals verbreitet wurde, es hätten während des Messelesens im Schlosse kurfürstliche Hofleute mit entblößtem Haupte und auf den Knieen liegend dem beigewohnt[89].
Sicherlich hat das Erscheinen katholischer Gäste im lutherischen Lande großes Aufsehen erregt und Grund zu vielem Gerede, gewiß auch Anlaß zu großer Unzufriedenheit gegeben, um so mehr, als gar viele mit der gleichzeitig zu bemerkenden furchtbaren Strenge gegen alles Kalvinistische sehr wenig einverstanden waren. Für den spanischen Gesandten mußte gerade dies letztere in politischer und kirchlicher Beziehung sehr angenehm zu berichten sein. Er stellt demnach auch mit Befriedigung zum Schlusse seiner Mitteilungen fest, der Melanchthonismus sei nun gestillt, das ganze Land ,ruhig'.
Sicher wurde auch über die von August schon seit 12 Jahren gewünschte Belehnung mit dem Vogtlande verhandelt, das er 1563 auf Grund von Schuldforderungen als verfallenen Pfandschilling den Burggrafen zu Meißen, böhmischen Lehensherren, genommen und besetzt hatte, ohne aber bisher von den böhmischen Ständen und dem Böhmenkönig zusammen die Bestätigung erlangt zu haben. Über einige Zugeständnisse territorialer Art, die der Kaiser den beiden Kurfürsten in Dresden gemacht hat, kann hier füglich hinweg gegangen werden[90].
Auch die bei solchen Zusammenkünften entstehen den Gerüchte über Heiratsbesprechungen tauchen auf: vielleicht werde eine Tochter des Kaisers dem Kurprinzen Christian oder dem Bruder der Kurfürstin Anna, König Friedrich II. von Dänemark, anverlobt werden; oder König Rudolf werde sich mit Augusts Tochter Dorothea versprechen. War es doch sehr bemerkt worden, daß er mit dieser zwölfjährigen Prinzessin an einem Abende viermal getanzt hatte!
Gewiß ist auch über die erledigte polnische Krone und deren Gewinnung verhandelt worden. Hatte doch Maximilian 1574 dem Kurfürsten August sehr ausführlich von Heinrichs III. von Polen sonderbarer Flucht berichtet, da dieser nach seines Bruders, des französischen Königs Karl IX., kinderlosem Tode in Polen alles hinter sich gelassen hatte, um sein Erbe in Frankreich anzutreten. Damals hatte August diese königliche Flucht in folgender Form erfahren: „Daß der König von Polen diese tag sich zu Cracow über die Mauer vom Schloß abgelassen und mit sieben Kutschen davon gewischt“[91]. Maximilian hatte erst daran gedacht, seinem Bruder Erzherzog Ferdinand, der „eines bestandenen Alters, des Kriegs und Regierens erfahren, auch der Behaimischen Sprache kundig war“, solche zu verschaffen. Später kam sein Sohn Ernst, schließlich er selbst, trotz seiner Körperschwäche, zur Wahl. Wollte er einen der Pläne durchsetzen, so bedurfte es reichlichen Geldes. Da er fast immer in Geldnot, August aber ein reicher Fürst war, hätte er seine Anwesenheit in Dresden wohl dazu benutzen können, sich von seinem Wirte, dessen Schätze an ungemünztem Edelmetall man im Münzhause bewundert hatte, eine finanzielle Kräftigung zu erbitten. Er mag auch daran gedacht, aber sich doch gescheut haben, davon anzufangen. Kaum war er aber in Prag angelangt, so hat er am – 25. April – einem seiner [243] Lehnsmannen, dem Grafen Bernhard zu Hardeck und Glatz, Erbschenken in Österreich und Truchsessen in Steyer, ein Kredenzschreiben für den Kurfürsten gegeben[92]. Darin erinnert er ihn daran, wie er schon früher mit ihm wegen eines Anlehens bei Kurfürst August gesprochen, wie er aber jederzeit bedacht gewesen, „Seiner Lieb, wohlgedachtes Churfürsten, hierinnen zu verschonen und auf eine sondere [Gelegenheit] noch zu sparen, auch noch zumal die sach nit gern an Dieselben gelangen lassen“. Nun sei es aber ganz nötig wegen der polnischen Landstände; „khönnen wir nit umbgehen, um Sein Lieb in gegenwärtigem unserm Zufall umb ein erkleckliches Anlehen freundlich und gnediglich ersuchen zu lassen“. Kurz, er will 100 bis 150 000 Taler gegen gebührlichen Zins und genügenden „Fürstand“ und Bürgschaft. Am 26. April entschloß er sich unter lebhaften Dankesworten für das, was ihm in Dresden geboten worden[93], sogar dazu, an August unmittelbar das Ansinnen zu stellen; er versieht sich dessen, „daß S. L. uns auch diesmal endlich nit lassen werden“; er hatte also schon früher manchmal bei ihm angeklopft. August hat sich bei den nun Monate andauernden Verhandlungen sehr klug gezeigt. Er erklärte sich sofort bereit, überließ dabei bezüglich der Bürgschaften usw. alles Max „als einem weisen Kaiser“, schickte alsbald Gesandte nach Prag, und zwar die Herren Wolf von Schönberg, Tham von Sebottendorf und Dr. Wolf Eulenbeck[94], die vor allem die Belehnung mit dem Vogtland betreiben und gegen Zahlung der zu verborgenden Summe die Verpfändung des Fürstentumes Sagan herbeiführen sollten. Dies letztere hatte früher einmal den Wettinern gehört und sollte nun zurückgewonnen werden; zugleich sollte auch der Anfall der Grafschaft Henneberg für später zugesichert werden. Während in den im Mai zwischen beiden Fürsten gewechselten Briefen allerhand Versicherungen, Anerbietungen und Dankesworte ausgetauscht werden, klingt es später mehr und mehr geschäftsmäßig. Max geht auf die Verpfändung von Sagan nicht ein, braucht aber das Geld so nötig, daß er ohne Verschreibung 50 000 Taler sofort bar haben will; später erhöht er diese Forderung sogar auf 100 000 Taler. August ist dagegen erbötig, statt 150 000 Taler 175 000, später sogar 200 000 Taler zu leihen, um gute Bedingungen herauszuschlagen. Als er aber sogleich 100 000 Taler ohne Verschreibung und vor allem ohne Sicherungen auflegen soll, weigert er sich und schreibt unter anderm am 10. September 1575 an Max[95]: „man soll ein willig Pferd nicht überhaun“. Wenn er für die eigentliche Verschreibung forderte, daß entweder Nürnberg allein oder mit Augsburg, Ulm und Frankfurt als Bürge auftrete und das Darlehen auf zwei Jahre mit 5% Zinsen gegeben werden sollte, so ist dies ja maßvoll zu nennen. Aus dem ganzen Geldgeschäft ist aber nichts geworden. Das mochte wohl damit zusammenhängen, daß August unter dem 17. September 1575 die längst ersehnte Bestätigung des Besitzes des Vogtlandes erhielt; da ihm Sagan als Pfandschilling kaum zuteil werden konnte, mochte das Interesse an der Darleihung der gewaltigen Summen bei ihm geschwunden sein. Den Gedanken des Kurfürsten, des Kaisers Rat, den böhmischen Kanzler Herrn von Bernstein, der sich in Dresden erboten hatte, sich „in alle dem, so der Kayserl. Maj. nicht zuwider und ohne Nachtheil des Vaterlandes geschehen könnte, Churf. Gnaden dienstlich und willfährig zu erweisen,“ für die Vorschläge der Verpfändung Sagans und der Belehnung mit dem Vogtlande durch Schenkung einer güldenen Kette zu gewinnen, griffen die sächsischen Ritter gern auf, doch scheint es zu diesem Geschenk nicht gekommen zu sein[96].
Nach der Dresdner Reise des Kaisers sind zwischen den Herrschern noch etliche Gegenstände ausgetauscht worden. Auf das „Truckwerk“ (s. o.; wohl ein Münzprägstock), über das der Kaiser für seine ungarischen Bergstätten mancherlei Aufklärung zu haben wünschte, sendet er, der Augusts Vorliebe für Fruchtbäume kennen gelernt hatte, am 24. Mai 1575 „4 Pomeranzen Päumbl, darunter eines, so schon pluet und Frucht hat; zwei Püttle Kirschen, allein zu säen; ein Paumbl Weixlen spanischer Art (guindas garrafales); allerhand Spelzzweige (d. s. Pfropfreiser), Birnbäume, Granatöpffel- Paumbl u. dergl.“[97]. Einmal läßt er ein langes Verzeichnis hinzufügen, das aber nicht mehr bei den Akten liegt. Durch einen eingeschalteten Zettel erfahren wir aber, daß es die Kurfürstin „unsere gnedigste Frau, zu sich genommen, und ist dem Gärtner zu Dreßden Georg Wingern gleichlauttende Abschrift davon zugeschickt worden“.
Beide Fürsten haben sich nach den Dresdner Tagen noch einmal, und zwar im Oktober desselben Jahres 1575 zu Regensburg, gesehen, als nun endlich die von Kaiser Max so sehnlichst gewünschte Wahl seines Sohnes [244] Rudolf zum römischen Könige (27. Oktober) zustande kam. Auch im folgenden Jahre 1576 hoffte der Kaiser den für die Reichspolitik so wichtigen Kurfürsten auf dem Reichstage zu Regensburg zu sehen. Auf der Reise dahin bat er ihn von Tulln aus am 1. Juni, da er sich bisweilen mit der „Paiß“ d. h. der Beize, ergötze und zur Zeit mit Vögeln schlecht versehen sei, darum, ihm aus Dänemark gute Gerfalken zu verschaffen. Damals versorgten nämlich die Könige von Dänemark viele andere Fürsten mit dem isländischen sogenannten Gerfalken, denn alljährlich schickten sie ein Schiff nach Island aus, das ihnen solche Vögel brachte[98]. Kaiser Maximilian wird kaum mehr Gelegenheit gehabt haben, auf die Beize zu gehen. Während des Regensburger Reichstages wurde er immer schwächer. Zu seinem Leidwesen kam August nicht dahin. Er hatte sich wegen häuslicher Kümmernisse entschuldigt. Sein jüngstes Söhnchen Friedrich, bald nach der Dresdner Zusammenkunft (18. Juni 1575) geboren, war ihm am 24. Januar 1576 gestorben; von neun Söhnen waren ihm damit acht vorangegangen! Nun litt seine Frau an schwerem Harm, hatte auch allerlei Zufälle; seine jüngste Tochter litt am Tertianfieber – kurz, es war bei ihm, wie er schreibt, ein rechtes Siechhaus. Aus seinen Punktier- (gleichsam Orakel-) Büchern[99] geht hervor, daß er bei der Frage, ob er nach Regensburg reisen sollte, alle Deutungen, die darauf bezogen werden konnten, daß er die Fahrt, die ihm bei unordentlicher Diät viel Geld kosten und wenig Dank einbringen werde, lieber unterlasse, eifrig befolgte.
So haben sich die beiden fürstlichen Freunde nicht wieder gesehen; Maximilian II. starb auf dem Regensburger Reichstage am 12. Oktober 1576, kurz nachdem sein Sohn Rudolf den Reichstagsabschied vorgelesen hatte. Kurfürst August, der in seinen Punktierbüchern nach dem Ausgange der Erkrankung Maxens häufig gefragt hatte, erfuhr das Hinscheiden des Reichsoberhauptes auf Schloß Annaburg und erließ schon am 18. Oktober an den Dresdner Rat ein Schreiben[100], in dem der Superintendenz die Verkündigung des Trauerfalles, die Mahnung zu emsigem und christlichem Gebet an das Volk aufgetragen wurde, außerdem die Schösser und der Rat dazu angehalten wurden, Trauerläuten zu veranstalten, dagegen vier Wochen lang Pauken, Pfeifen und anderes Freudenspiel im ganzen Amte nicht zu dulden. Dadurch, daß sich der Freiberger Zehentschreiber Wolf Prager beim Dresdner Oberstadtschreiber Burkhard Reich alsbald erkundigte, wie der Rat die Trauerfeier in Stadt und Kirche abgehalten habe, denn in Freiberg habe man dergleichen noch nie angestellt, ist uns eine Beschreibung davon, wie sich die für Dresden auch ganz neue Feier abgespielt hat, erhalten worden, denn Burkhard Reich antwortete alsbald in einem sehr umfänglichen Schreiben[101].
Adel, Hofgesinde, Bürgermeister und Rat, Viertelsmeister und Trabanten (diese die hohen Wehrenspieße gesenkt tragend) versammelten sich mit ihren Weibern, die Trauerbinde, Trauerschleier und lange Mäntel trugen[102], im Schloß und zogen ohne Schüler und Gesänge nach der Kreuzkirche. Während der Rat in seinen Stuhl ging, beschritten alle vornehmen Herren und Frauen die „Porkirche“. Wenige langsame Glockenschläge, lateinische Gesänge der Hofkantorei „mit gar heimlicher kläglicher Stimme gesungen“, und deutsche Lieder gingen der Leichenpredigt des Herrn Superintendenten Daniel Greser voraus. Während erneut lateinische und deutsche Gesänge erschallten, wandelte der Trauerzug aus der Kirche wieder dem Schlosse zu, in dessen Hofe der Kanzler dem Rate im Auftrage des Kurfürsten eine Danksagung tat.
Im Jahre 1575 war in Dresdens Mauern zum ersten Male ein im vollen Amte wirkender und in voller Würde stehender Kaiser, der mit dem Landesfürsten eng befreundet war, zu Besuch gewesen; erklärlich, daß man gern darauf einging, ihm, als er schon im Jahre darauf starb, eine öffentliche Trauerfeier zu halten. Schreibt doch der venetianische Gesandte Vicenzo Tron 1576 in seinem Berichte an den Dogen über das Verhältnis der beiden Fürsten zueinander: „August hat Maximilian und Rudolf zu römischen Königen gemacht; aber S. M. ist nicht nur seines Gemütes ganz sicher gewesen, sondern betrachtete ihn wie einen Bruder“[103].
Wir aber haben den Eindruck: Dadurch, daß sich Kurfürst August aus territorialem Interesse und aus Haß gegen die Kalvinisten seinem kaiserlichem Besuche gegenüber in den wichtigsten politischen Fragen so entgegenkommend gezeigt hat, haben die Dresdner Tage für die Reichspolitik und für die Entwicklung des Protestantismus im Reiche eine verhängnisvolle Bedeutung gewonnen.
- ↑ Bei dem bekannten Wechsel in den Bezeichnungen: römischer oder deutscher Kaiser, deutscher oder römischer König sei es gestattet, unter der oben gebrauchten Bezeichnung diejenigen zusammenzufassen, die im alten Reiche als Könige oder Kaiser, im neuen als Kaiser in Dresdens Mauern geweilt haben.
- ↑ C. Wenck, Die Wettiner im XIV. Jahrhundert. Leipzig 1887 S. 5 ff. W. Lippert, Wettiner und Wittelsbacher sowie die Niederlausitz im XIV. Jahrhundert. Leipzig 1894 S. 51 ff.
- ↑ Werunsky, Kaiser Karl IV., Bd. II. S. 144 ff. – Böhmer, Regesta Imperii VIII. Kaiser Karl IV. Innsbruck 1877. S. 65 ff. Böhmer, Reichssachen Nr. 61 ff.
- ↑ Kaiser wurde Karl IV. erst auf seinem Römerzuge, am 5. April 1355.
- ↑ S. über das Ganze: F. Geß, Habsburgs Schulden bei Herzog Georg. Neues Archiv für Sächsische Geschichte XIX. 213 ff.
- ↑ Nuntiaturberichte aus Deutschland 1533–1559. II. 276. Gotha 1892.
- ↑ Ranke, Historisch-politische Zeitschrift I. 287. – J. Fiedler, Relationen venetianischer Botschafter (Fontes rerum austriacarum XXX). 1870.
- ↑ Ranke, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation IV. 109 ff.
- ↑ Nuntiaturberichte S. 444, 445, 265.
- ↑ a. a. O. S. 286.
- ↑ Hier hatte ihn Herzog Georg einst (im Februar 1530) zu einer Konferenz in wichtigen Angelegenheiten besucht. Weck, Beschreibung der Stadt Dresden 1680 S. 523.
- ↑ E. Alberi, Relazione venete 1840. Serie I. Vol. II. Bd. IV. S. 136, 147.
- ↑ Seidemann, J. K., Die Reformationszeit in Sachsen 1517–1539. Dresden 1846. II. XII.
- ↑ Undatierte gleichzeitige Kopie. Staatsarchiv Marburg. Joh. Friedrich 1538 I (nach gütiger Mitteilung des Herrn Prof. Dr. F. Geß).
- ↑ Brief aus Torgau 23. Mai 1538. Staatsarchiv Marburg a. a. O. (ebenfalls gütige Mitteilung des Herrn Prof. Dr. F. Geß).
- ↑ Neues Archiv für Sächsische Geschichte III. 240 ff.
- ↑ a. a. O. S. 244.
- ↑ Es ist dies die bei Niedergrund einmündende Globebach (auch Klubenbach genannt). Jahrbuch des Gebirgsvereins für die Sächs.-Böhm. Schweiz I.
- ↑ Seidemann a. a. O. II. XII.
- ↑ C. Gurlitt, Kunstdenkmäler usw. S. 144. Abbildung.
- ↑ H. Haug, Zur Geschichte des Jakobshospitals. Dresdner Geschichtsblätter 1902 Nr. 4. S. 131 ff.
- ↑ Der große Tanzsaal war im zweiten Obergeschosse des alten Schlosses nach der Elb(Schloß-)gasse zu.
- ↑ Schreiben im Wolfenbüttler Archiv. Acta publ. Henric. jun. Nachtrag II. 27. (Gütige Mitteilung des Herrn Prof. Dr. F. Geß.)
- ↑ a. a. O. I. 289.
- ↑ a. a. O. I. 170.
- ↑ v. Welck, Georg der Bärtige, Herzog von Sachsen. Braunschweig 1900. S. 190.
- ↑ C. XXII. 80 c. Ordnung der Empter, der Wacht tages und nachts ... die Wache zu beschleichen und zu besichtigen. 1547.
- ↑ Buchholtz, Kaiser Ferdinand I. Bd. VI. S. 34 ff.
- ↑ Georg Voigt, Moritz von Sachsen 1541–1547. Leipzig 1876. S. 328 ff.
- ↑ Königl. Bibliothek zu Dresden R I. – v. Langenn, Doktor Melchior von Ossa. Leipzig 1858.
- ↑ H St A. Loc. 8501 Röm. Königl. Maj. Schreiben an Churf. Augustum 1549–1563 Bl. 372.
- ↑ a. a. O. Bl 373.
- ↑ H St A. Loc. 10526 Ritterspiell usw. Bl. 201 flgd.
- ↑ Nach C. Gurlitt, Deutsche Turniere, Rüstungen und Plattner im 16. Jahrhundert, Dresden 1889, S. 49, ist diese Rüstung im Musée d’Artillerie zu Paris wahrscheinlich noch vorhanden.
- ↑ Maximilian an Kaiser Ferdinand I. Prag, 10. Februar 1564, bei Holtzmann, Kaiser Maximilian usw. S. 549.
- ↑ Johannes Major, geb. 1533 in Joachimstal in Böhmen, schloß sich frühzeitig an Melanchthon an und wurde schon 1558 für seine zahlreichen Carmina Gekrönter kaiserlicher Dichter. Später wurde er Kryptokalvinist und als solcher verfolgt. Ob er, von seinen Gegnern „Hänsel Meyer“ genannt, „an dem nie nichts Gutes gewesen sei“, wirklich gemeine Verbrechen begangen hat, ist zweifelhaft. Sicher hat er Gefängnis und Verbannung zu erdulden gehabt und ist 1600 als Kalvinist in Zerbst gestorben.
- ↑ H St A. Röm. Königl. Maj. Schreiben usw. 1549–1563 Loc. 8501 Blatt 6.
- ↑ H St A. Loc. 8499 Kaiser Max. II. Schreiben usw. 1564 bis 1576 Blatt 1 ff.
- ↑ a. a. O. Blatt 26.
- ↑ a a. O. Blatt 22, 23.
- ↑ H St A. Loc. 8500 Röm. K. M. Max II. 1570–1574 Blatt 272.
- ↑ H St A. a. a. O. Blatt 310. Augusts Dank für die Erfüllung der Bitte am 23. Oktober 1572.
- ↑ Groen van Prinsterer I, 4, 35.
- ↑ H St A. Loc. 10289 Fudderzeddel usw. Blatt 86 gibt seine Reisestationen an. Er benutzte zur Hinreise etwa den Weg, den die Staatsbahn und die Österreichische Nordwestbahn aufweisen, auf der Rückreise aber die Spuren der Kaiser Ferdinands-Nordbahn. Die Nachtquartiere vom 5. bis zum 14. Februar sowie vom 21. Februar bis zum 4. März sind: Dux, Schlan, Böhmischbrod, Czaslau, Stannern (hinter Iglau), Znaim, Retz, Kornenburg, Enzersdorff; dann Nikolsburg, Wischkau, Sternberg (hinter Olmütz, Benschin, Hugerndorf, Neisse, Teich (westlich von Schlesisch-Strehlen), Schweidnitz, Striegau, Jauer, Gröditz, Görlitz (Jecht, Fürstliche Besuche in Görlitz S. 51). Bautzen, Dresden.
- ↑ Turba, Venetianische Depeschen vom Kaiserhofe Wien 1895 III, 364. – Wenn v. Bezold, Briefe des Pfalzgrafen Johann Casimir I, 93 f. mitteilt, daß der Kurfürst die Hofburg zuerst in einer Verkleidung, also incognito betreten habe, so hat er die Worte des spanischen Gesandten: apeándose á la puerta de la ciudad y mudando el vestido se vino á Palacio nicht richtig wiedergegeben. Diese sagen: nachdem er am Stadttor ausgestiegen war und die Kleider gewechselt hatte, begab er sich nach dem Schlosse.
- ↑ Colección de documentos inéditos Bd. 111 S. 155 ff.
- ↑ S. auch Goetz, Briefe und Akten zur Geschichte des 16. Jahrhunderts V, 806.
- ↑ H St A. Loc. 8500 Briefe des Kaisers Max II. Wien 30. März 1573, Blatt 320.
- ↑ H St A. Loc. 8799. 1. November 1573: bin auch willens ein Ziffer zu schicken in omnem eventum, denn sonst die Feder nit allemal zu trauen.
- ↑ H St A. Loc. 8500 Kaiser Max’ Schreiben ... 1574–1576 Blatt 12.
- ↑ a. a. O. Blatt 37.
- ↑ a. a. O. Blatt 38.
- ↑ a. a. O. Blatt 26.
- ↑ a. a. O. Blatt 42.
- ↑ Kluckhohn im Archiv für sächs. Geschichte. Band 7, S. 148.
- ↑ H St A. Loc. 10289 Fudderzeddel usw. Blatt 106 ff.
- ↑ Nach C. Gurlitt, Dresdens Kunstdenkmäler S. 319, hatte Melchior Hauffe als Oberzeugmeister das Zeughaus, das Wilische Tor und als sein eigenes Haus das 1571 an den Kurfürsten verkaufte, später sogenannte Fraumutterhaus an der Kreuzstraße und der Salomonispforte erbaut. Er war 1572 gestorben, aber die Salomonispforte wurde 1575 noch nach ihm, dem angesehenen Erbauer eines der stattlichsten Privathäuser jener Zeit, genannt.
- ↑ Archiv für die sächsische Geschichte. Band 7 (1866), S. 225 ff.
- ↑ Merkwürdig ist, daß die Kurfürsten Johann Georg von Brandenburg und August nach dem Tode ihrer Frauen Töchter dieses Fürsten Anhalt heirateten, also dessen Schwiegersöhne wurden (1577 und 1586).
- ↑ Simancas. Staatssekretariat; Band 672.
- ↑ Ebenda.
- ↑ Ebenda. S. 57. Relación del suceso de la jornada que Sa Magestad Cesárea hizo para la villa de Tressen.
- ↑ Heinrich Göding der Maler und Georg Fleischer der Tischler mußten die von ihnen inne gehabten Gemächer, Kammern und Säle des Schlosses mit allem Gehörn und geschnitzten Köpfen und Schildern räumen. Neues Archiv für Sächs. Geschichte VIII S. 309. Über das 1568 vollendete Kanzleihaus s. C. Gurlitt, die Kunstdenkmäler Dresdens, S. 399 ff.
- ↑ Wie 1538. S. Dresdner Geschichtsblätter Band 4 S. 142, Anmerkung 18. – Die Globtbach bei Niedergrund.
- ↑ Nach der Relation habe der Kaiser 8, der Kurfürst nur 5 Schiffe zur Verfügung gehabt.
- ↑ Von dieser ist keine Notiz vorhanden. Wohl aber hatte August schon am 3. März 1575 für seinen Sohn Christian (damals 14 Jahre alt) eine Ansprache aufgesetzt; darin dankt der Sprecher dem Kaiser, daß er und dessen Familie die Eltern besuchen, und erbietet sich ihm, daß er, so unbedeutend und unvermögend er auch sei, dem Kaiser dienen werde. H St A. Loc. 8500. Schreiben Max II. usw. 1574–1576. Blatt 45.
- ↑ Sie haben „primieret“; dem Solospiel ähnlich.
- ↑ Dr. Hegenmüller, damals Agent des Herzogs Albrecht von Bayern in Dresden, sagt: in einer Gotschy. S. Leist, Auswärtige Vertretung Bayerns im XVI. Jahrh. S. 37.
- ↑ Nach Mitteilung des Oberstleutn. Hottenroth enthält auch das Kgl. Kriegsarchiv (Hauptzeughaus A a 1575. 4. c. Loc. 1279) darüber eine kurze Notiz.
- ↑ H. Hopfen, Kaiser Max II. usw. 1895, S. 383. – 1570 war Maximilian in Nürnberg freilich ungleich glänzender empfangen worden: Gewaltige Ehrenpforten waren errichtet; der Kaiser ritt unter einem Himmel ein; ein Elefant erschien im Zuge, und Kaiser und Kaiserin erhielten prachtvolle Geschenke, darunter ein von Wenzel Jamnitzer verfertigtes Trinkgeschirr. Man sieht hier deutlich den Unterschied zwischen einer Reichsstadt mit älterer Kultur, größerem Reichtum, auserlesenem Kunstgeschmack und einer Landstadt. Dresden war selbst als fürstliche Stadt noch zu jung, und seine Bürgerschaft besaß weder Vermögen noch Kunstsinn. – S. von Soden, Kaiser Maximilian II. in Nürnberg. 1866, S. 39.
- ↑ Leist a. a. O.
- ↑ Dresden. 14. April 1575. (Münchner Reichsarchiv, Reichstagsakten XIII. Geschriebene Zeitung).
- ↑ Anna, Churfürstin zu Sachsen. Leipzig 1865, S. 107.
- ↑ Münchner Reichsarchiv s. o.
- ↑ Archiv für die Sächs. Geschichte 4. 233.
- ↑ Psalm 2, 1; von Luther übersetzt: Warum toben die Heiden?
- ↑ Dr. Hegenmüller bei Leist, a. a. O.
- ↑ Dr.Hegenmüller u. a. O. Daß Kurfürst und Kurfürstin einen weißen Schleier oder ein weißes Band (die Clag) tragen, deutet auf eine Hoftrauer hin, während deren Dauer vielleicht nicht getanzt werden durfte. Das Abschneiden der Trauerzeichen löste die Frage einfach und schnell. – Mutter Anna sah übrigens für Monat Juni ihrer Entbindung entgegen!
- ↑ Münchner Reichstagsakten a. a. O
- ↑ Archiv für Sächs. Gesch. a. a. O.
- ↑ Wie arg es in den Tagen zugegangen sein mag, bestätigt eine Briefnotiz des Fürsten Christian von Anhalt-Bernburg (Archiv für d. Sächs. Geschichte XII. S. 101), wenn sie auch sicher übertreibt: Etliche exempla tragica von vollsaufen; ein Graf von Neugarten, der mit Imperatore Maximiliano zu Dresden gewesen, sich tot gesoffen an der Tafel; auch ein Gernhauser, ein Märker.
- ↑ d. i. Kiefernheide, vielleicht das Blasewitzer Tännicht.
- ↑ Der Fürst spricht hier, wie immer, von sich allein.
- ↑ Von Prag aus dankte Maximilian am 6. Mai 1575 für „den Brunnen, das Truckwerck samt der Wiege and Vißhaut“, eben die Geschenke, die ihm auf des Kurfürsten Kosten nachgeschickt worden waren. H St A. Loc. 8499 Kaiser Max’ Schreiben 1564–1575. Bl. 55.
- ↑ Der Teil vom Wilschen Tore bis zur Elbe. S. Lindau S. 358.
- ↑ Zu deutsch etwa: Wie Herkules das vielköpfige Ungeheuer, die Hydra, endlich durch Feuer bezwang und sterben lehrte, so wird Augustus, Herzog zu Sachsen und Kurfürst, der ruhmreiche Held, die in diese Lande eingeschlichene und heimlich genährte kalvinistische Rotte mit Gottes Hilfe unterdrücken und bezwingen. – Freilich flog mit dem Bilde der drohenden Vernichtung auch der siegende Halbgott mit in die Luft!
- ↑ Dankeshuldigung für des Kaisers gnädiges Erscheinen. – Leist a. a. O. S. 38–39.
- ↑ Dr. Hegenmüller schreibt: 6000 Gulden.
- ↑ Gillet, Crato von Crafftheim und seine Freunde, 1860 I., S. 464 an Theodorus Beza.
- ↑ Holzmann, Kaiser Maximilian II. usw. S. 506, Anm. 5.
- ↑ H St A. Loc. 8500. Max II. und August, gewechselte Briefe 1570–1574, 25. Juni 1574, S. 368.
- ↑ H. St. A. Loc. 8500 Kayser Maximilian usw. Schreiben an Churf. Augustum 1574–1576, S. 44.
- ↑ Hubert Languet (Epistol. secret. I, S. 81) teilt dem Kurfürsten aus Prag am 25. April ebenfalls mit, daß das Gefolge Maximilians, das ihn nach Dresden begleitet habe, des Lobes über S. L. Freigebigkeit und Glanz voll sei.
- ↑ J. Falke, Die Erwerbung des Voigtlands usw. Archiv für Sächs. Gesch. III, S. 303.
- ↑ Loc. 8500 S. 70.
- ↑ H St A. 9635. Instructiones .... der Abgesandten in Prag 1575. Von Blatt 18 an.
- ↑ H St A. Loc. 8499. Schreiben 1564–1576, S. 57 flgd.
- ↑ Landau, Beiträge zur Geschichte der Jagd und der Falknerei in Deutschland, 1849, S. 331.
- ↑ Königl. Bibl. Dresden M. 338 O. Richter in Forschungen zur deutschen Geschichte, Bd. 20.
- ↑ Ratsarchiv, G. XXX 1 a. Fürstliche Beilager und Tödtlicher Abgang der Landtsfürsten, item Kayser Maximilian des anderen Begengknüs, S. 67.
- ↑ Ratsarchiv a. a. O. S. 70 flgde.
- ↑ Dresdner Bilderchronik I, herausg. von Otto Richter, zeigt auf Tafel 3 in dem Bilde von Kurfürst Augusts Leichenbegängnis 1582 die damalige Trauertracht der Frauen.
- ↑ Albèri, Venetianische Gesandtschaftsberichte, Serie I, Vol. VI, S. 183.