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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/238

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Statt Dreßden haben, allhier bewilligen und verschaffen.“ Sie sollen sich bei ihrer Ankunft beim obersten Stallmeister melden und so gehalten werden, daß alle Unkosten erstattet und sie selbst zum Begnügen belohnt werden. Daß nebenher für ein Rezept zur Feistmachung allerhand Viehs gedankt wird[1], zeigt, daß Mutter Annas wirtschaftliche Tätigkeit volle Würdigung erhalten hat.

Maximilian II. 1575.

Wenige Monate nach der Dresdner Zusammenkunft vom Jahre 1564 starb Kaiser Ferdinand I., Maximilians Vater. Maximilian wurde Kaiser und ging nun vor allem an das große Unternehmen des Türkenkrieges. Auf mehreren Reichstagen sind die beiden Fürsten, Max und August, zusammengekommen. August hat des Kaisers Politik nach außen unterstützt, freilich auch das Fehlschlagen so mancher Pläne erleben müssen. In diesen Jahren, besonders nach 1567, geht zwischen beiden ein reger Briefwechsel hin und her. Der niederländische Aufstand, die französischen Religionswirren, Kämpfe und Friedensverhandlungen mit dem türkischen Sultan, polnische Königswirren, die furchtbaren Verheerungen Livlands durch die Moskowiter, aber auch die widerwärtigen Grumbachschen Händel im Inneren des Reiches, das Schicksal des gefangenen Herzogs Johann Friedrich von Gotha, des Kurfürsten Wünsche in bezug auf das von ihm besetzte Vogtland – kurz eine Fülle von Gegenständen beschäftigte Kaiser und Kurfürst und veranlaßte beide zu zahlreichen, persönlichen Schreiben, zu vielen amtlichen Eröffnungen, zur Sendung einer Menge „Zeitungen“, d. h. Abschriften von eingelaufenen Berichten. Es ist hier nicht der Ort, all diese interessanten Auseinandersetzungen zu verfolgen. August, der vielfach der Empfangende ist, ist für alle Benachrichtigungen sehr dankbar, in allen Ratschlägen, die Max von ihm hin und wieder erwartet, zurückhaltend und vorsichtig, immer darauf bedacht, in dem Briefverkehr seine Wünsche und Zwecke anzubringen und deren Erfüllung zu betreiben und womöglich zu erreichen. In allen religiösen Angelegenheiten hält er sich besonders zurück und betont, daß er sich weder in die Kämpfe der französischen Reformierten gegen die Krone, noch in die der Niederländer gegen Spanien einmischen werde. Geradezu schaudererregend sind die ihm zugesandten Berichte über die Vergewaltigung der Deutschen in den Ostseeländern durch die Scharen Iwans des Grausen, vor allem die Bittschreiben der Stadt Riga; es sind Verzweiflungsschreie, die aber weder den Kaiser noch den Kurfürsten zu mehr als breiten Klagen veranlaßten.

Einen bedauerlichen Eindruck macht es hierbei, als Kaiser Max unter dem 9. März 1572 anfragt, wen er etwa als Gesandten „in die Moschkau“ senden und wer für die Kosten aufkommen solle, und Kurfürst August antwortet, es sei dies an sich schon schwierig, da der Großfürst die Livländer dann erst recht „beschweren“ werde; man werde einen ansehnlichen, verständigen Reichsgrafen senden müssen und sehen, daß die Kosten in Zukunft auf die Reichskontribution übertragen würden[2].

Für die vielen Nachrichten, für die der Kurfürst dem Kaiser zu danken hatte, konnte er ihm dagegen mit mancherlei Mitteilungen über nordische Verhältnisse aufwarten, die er wiederum dem König von Dänemark Friedrich II., seinem Schwager, verdankte. Dorthin reiste August auch gelegentlich zu einem Besuche und bat für die Zeit seiner Abwesenheit den Kaiser, sein Land und seine Leute in allergnädigste Beschirmung zu nehmen[3].

Dieser engere Verkehr ließ nur in der Zeit etwas nach, als sich Kurfürst August in kirchlicher und politischer Beziehung dem kalvinistischen Kurfürsten Friedrich dem Frommen, seinem Mitschwiegervater, und dadurch auch der französischen Politik etwas näherte. Diese leise Entfremdung zu beseitigen, den Kaiser selbst zu sehen und manches mit ihm zu besprechen und auszugleichen, mochte August schon länger gewünscht haben; eine stärkere Erkrankung des Kaisers, von der er hörte, brachte dann den Entschluß schnell zur Reife[4]. Mitten im Winter (Februar 1573) begab er sich in einer sehr geschwinden Fahrt mit der Kurfürstin, die er bei Jagd und Reise nie zurückließ, nach Wien[5].

Der Kurfürst kam so unerwartet, daß der Kaiser erst am Abend vorher davon erfuhr. Als er ihm, der seiner Gemahlin und seinem Gefolge vorausgefahren war, entgegeneilte, verfehlte er ihn, da der Kurfürst durch ein anderes Tor einfuhr, als Maximilian

vermutet hatte[6]. Der spanische Gesandte, Graf Monteagudo,


  1. a a. O. Blatt 22, 23.
  2. H St A. Loc. 8500 Röm. K. M. Max II. 1570–1574 Blatt 272.
  3. H St A. a. a. O. Blatt 310. Augusts Dank für die Erfüllung der Bitte am 23. Oktober 1572.
  4. Groen van Prinsterer I, 4, 35.
  5. H St A. Loc. 10289 Fudderzeddel usw. Blatt 86 gibt seine Reisestationen an. Er benutzte zur Hinreise etwa den Weg, den die Staatsbahn und die Österreichische Nordwestbahn aufweisen, auf der Rückreise aber die Spuren der Kaiser Ferdinands-Nordbahn. Die Nachtquartiere vom 5. bis zum 14. Februar sowie vom 21. Februar bis zum 4. März sind: Dux, Schlan, Böhmischbrod, Czaslau, Stannern (hinter Iglau), Znaim, Retz, Kornenburg, Enzersdorff; dann Nikolsburg, Wischkau, Sternberg (hinter Olmütz, Benschin, Hugerndorf, Neisse, Teich (westlich von Schlesisch-Strehlen), Schweidnitz, Striegau, Jauer, Gröditz, Görlitz (Jecht, Fürstliche Besuche in Görlitz S. 51). Bautzen, Dresden.
  6. Turba, Venetianische Depeschen vom Kaiserhofe Wien 1895 III, 364. – Wenn v. Bezold, Briefe des Pfalzgrafen Johann
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/238&oldid=- (Version vom 12.2.2025)