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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/145

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unter dem 27. Dezember alle von seinen Vorfahren, römischen oder böhmischen Königen und Herzögen erhaltenen Privilegien. Das benachbarte Leitmeritz aber erhielt – ein Zeichen seiner wirtschaftlichen Bedeutung als Elbestadt – am 1. Januar das Niederlagsrecht für Getreide, Salz, Fische, Wein und andere Kaufmannswaren, wie solche seit unvordenklichen Zeiten dort gebräuchlich, bestätigt. Die meisten dieser Urkunden enthalten demnach Begnadungen für seine Anhänger zum Schaden der Gegner, die er hatte. Oft hatten sie nur sehr mäßigen Wert, waren wohl pergamentne Vorteile; den Begnadeten blieb es überlassen, sich diese Vorteile wirklich zu erringen.

Wichtiger sind wohl die Bestimmungen, die das Verhältnis zwischen dem Könige und dem Markgrafen Friedrich, sowie dessen Söhnen regelten. Noch ehe am 21. Dezember die entscheidenden Abmachungen unterzeichnet wurden, war die Hauptfrage, ob der Wettiner am Luxemburger festhalten werde, entschieden worden. Der mit anwesende Markgraf Ludwig von Brandenburg, Kaiser Ludwigs des Baiern Sohn, hatte sich am 9. Dezember ausdrücklich für einen neuen Gegenkandidaten, für den Grafen Günther von Schwarzburg, erklärt. Die Wahl war nicht glücklich; die Hausmacht dieses Thronbewerbers war ungleich geringer, als die Karls IV.; außerdem konnte er persönlich dem Markgrafen Friedrich von Meißen nicht genehm sein, da er sich in dessen thüringischen Grafenfehden feindlich erwiesen hatte. Ein Gegner, dessen eigene Neffen dem König ihre Dienste zum Kampfe gegen ihn anboten, konnte Karl nicht allzu gefährlich scheinen. Noch sicherer konnte er sich fühlen, wenn er den Meißner Markgrafen ganz fest für sich gewann. Die Urkunden, die er ihm und seinen Söhnen ausstellte, enthielten vorerst eine Verschreibung von 4000 Prager Groschen; dann wurde ein Schutz- und Trutzbündnis geschlossen und eidlich bekräftigt, das die Aufrechterhaltung des beiderseitigen Besitzstandes gegen jedermann bezweckte und beide Teile zu wechselseitiger Hilfe bei Verteidigung und Angriff verpflichtete. Nur in einem Punkte machte Karl ein erhebliches Zugeständnis: wenn er selbst angriffe, sollte Friedrich ein Jahr lang nicht zur Hilfsleistung verpflichtet sein. Dagegen gelang es seiner Zähigkeit, den Markgrafen Friedrich, der eben nur dann Hilfe leisten wollte, falls die Wittelsbacher den König angreifen sollten, dahin zu bringen, daß er am 3. Januar 1349 Heeresfolge gegen Günther von Schwarzburg versprach; dafür gelobte Karl, ohne des Wettiners Zustimmung keine Sühne mit Günther zu schließen[1].

In der denkwürdigen ersten Zusammenkunft eines deutschen Königs[2] mit einem Meißner Markgrafen aus dem Hause Wettin in den Mauern Dresdens hat jeder Teil seinen Standpunkt mit Geschick zu wahren gesucht: König Karl sicherte sich die Heeresfolge seines Wirtes gegen den feindlichen Thronbewerber, Friedrich sicherte sich und seinen Söhnen seinen Besitzstand und gewann Rücksicht auf die verwandtschaftlichen Bande, die ihn mit den Wittelsbachern verknüpften und früher seine Politik stark beeinflußt hatten; er ging dauernd ins Luxemburger Lager über, ohne zu jäh und zu grell mit den Wittelsbachern zu brechen.

Von den damals in Dresden bei den Verhandlungen politisch wichtig erscheinenden Persönlichkeiten sind noch in demselben Jahre 1349 zwei gestorben: Günther von Schwarzburg am 14. Juni zu Eltville, ohne daß er zu Anerkennung und Ruhm gekommen war, und Markgraf Friedrich der Ernsthafte von Meißen am 18. November.

Karl behauptete sich gegen alle seine Feinde; aber das Jahr 1349 war für die inneren Verhältnisse des Reiches vielleicht das furchtbarste; denn in ihm tobten die Judenverfolgungen, die Geißlerfahrten und die Pest in deutschen Landen. Wie Karl IV. die Juden an vielen Orten dem Volksaberglauben und der Volkswut preisgab, so hat dies auch der Mark- und Landgraf Friedrich getan, der erst 1330 von seinem Schwiegervater Kaiser Ludwig dem Baiern den Judenschutz mit dem Besteuerungsrechte für sein Land erhalten hatte. Wenige Wochen nach Karls IV. Abzug aus Dresden fand das Gräßliche statt, was uns die kleine Dresdner Chronik kurz und trocken berichtet: „In dem 49. Jahre worden die Juden gebrannt zu Vaßnacht“.

Ferdinand I. 1538.

Der zweite deutsche Kaiser, der, zunächst auch nur in der Zeit, in der er römischer König war, Dresden besucht hat, ist Ferdinand I., der Bruder Karls V., gewesen. Er war am 10. März 1503 als Sohn Philipps des Schönen und Johannas (der späteren Wahnsinnigen) zu Alcalá de Henares geboren, in Spanien erzogen und 18 Jahre alt mit einer Prinzessin von Ungarn und Böhmen vermählt worden. Entscheidend war für ihn, daß ihm 1521 die österreichischen Erblande abgetreten wurden und er 1526 in Ungarn und Böhmen zum König gewählt ward. Erst am 5. Januar 1531 hatte er zu Cöln die römische Königswürde erlangt und war am 8. Januar zu Aachen gekrönt worden.

1538 hat er durch seinen Besuch in Dresden den alten


  1. Werunsky, Kaiser Karl IV., Bd. II. S. 144 ff. – Böhmer, Regesta Imperii VIII. Kaiser Karl IV. Innsbruck 1877. S. 65 ff. Böhmer, Reichssachen Nr. 61 ff.
  2. Kaiser wurde Karl IV. erst auf seinem Römerzuge, am 5. April 1355.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/145&oldid=- (Version vom 11.2.2025)