Zum Inhalt springen

Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/240

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Bei Maxens körperlicher Schwäche erschreckt den Kurfürsten der „böse Weg, den Euer Maj. von Praga muß zu mir zu Dreßden vornehmen“, nicht wenig, und er bietet ihm an, zu ihm zu kommen. Im März 1575 steht es aber fest, daß der Kaiser die Reise unternehmen wird, obwohl er, wie er schreibt, „nit dermassen, wie es gern welt, Gesellschaft leisten werde; dann ich noch übler zu Fuß bin, als wie mich Euer Liebden zu Wien gesehen haben“[1].

August hatte alle Gesandten, die in des Kaisers Umgebung zu Prag waren, mit nach Dresden eingeladen, aber nur der spanische – es war noch immer Don Francisco Hurtado de Mendoza, Graf von Monteagudo – begleitete Max, um den Kurfürsten zu ersuchen, daß er den Prinzen von Oranien, der mit des Kurfürsten Moritz Tochter, also Augusts Nichte, vermählt gewesen war, zum Frieden mahne.

Seitdem sich die zwei Fürsten nicht gesehen hatten, war ein furchtbares Geschick über die zum Kalvinismus neigenden Ratgeber und Prediger des sächsischen Kurfürsten, der mit der Partei der Reformierten im Reiche endgültig gebrochen hatte, gekommen: Dr. Cracov war wenige Wochen vor Maxens Ankunft in Dresden nach schrecklichen Leiden infolge Folterqualen und rohester Behandlung in der Leipziger Pleißenburg gestorben; Superintendent Stößel von Pirna litt noch als Gefangener auf Schloß Senftenberg, der kurfürstliche Leibarzt Peucer schmachtete im Jupenturme des Schlosses Rochlitz, Hofprediger Schütz saß im Dresdner Schlosse als Gefangener, und noch wenige Tage vor des Kaisers Ankunft war am 27. März 1575 aus gleichen Ursachen gegen den Kanzler Kysewetter und den Hofrichter Jan von Czeschaw ein Verfahren eröffnet worden[2]. Der Besuch fiel demnach in die Zeit, in der soeben eine große innere Krisis in Sachsen überwunden war: der endgültige und für die fernere Regierungszeit Augusts maßgebende Entschluß, mit dem Kalvinismus ganz zu brechen und die reine Lutherlehre zu erhalten, politisch ohne Zweifel sehr vorteilhaft für die Reichsinteressen und die besonderen Wünsche des Kaisers.

Als es nun endlich als ganz sicher gelten konnte, daß die Gäste kommen würden, erbat man sich in Dresden genauere Angaben über Rang und Anzahl der erwarteten Personen, und bald ergingen ausführliche Weisungen an die Hofdiener und den Adel[3].

Nach dem Empfange an der Landesgrenze zwischen Königstein und Tetschen war eine Jagd, darauf die Fahrt nach Pirna, Übernachten daselbst, am anderen Tage Weiterreise nach Dresden entweder zu Wasser oder zu Lande angesetzt.

Wenn sie in Dresden zu Schiff ankommen, soll bis ans Pirnaische Tor gefahren werden; dahin müssen die Wagen bestellt werden; allda sollen auch Reiter auf dem Graben halten. Der Adel soll vor, die Schar der Knechte hinter die Wagen rücken. Von da sollen die Majestäten auf dem Graben herein bis zu Melchior Hauffens[4] Tor, dann durch die Kreuzgasse, an der Kreuzkirche vorüber über den Markt bis zum Schlosse geführt werden; der von Zedtwitz hatte den Befehl, die Guardia bis in die Elbgasse (jetzt Schloßstraße) hinein aufzustellen; auch wurde ihm die Stadtwache unterstellt. Wenn die Gäste von Pirna zu Lande kämen, sollten sie ebenfalls stracks zu Melchior Hauffens Tor gebracht werden. Jedenfalls wollte der Kurfürst seine Gäste durch die Mitte der Stadt nach dem Schlosse führen, nicht den kurzen Weg durch das Elbtor.

Damit ein reiches Geleite die vornehmen Gäste empfange, hatte August am 19. März 1575 von Schloß Annaburg aus an seinen Adel schreiben lassen, daß ein jeder in seinen „Ehrenkleidern“ komme und sich beim Hofmarschall melden solle. Auch die Kurfürstin forderte die Edelfrauen dazu auf: „du wollest nach Dresden kommen und S. M. aufwarten, solchs auch deinem Manne vormelden und deine Sachen darnach anstellen“. An 90 Briefe derart wurden ausgesandt, an Mitglieder der Familien Pflugk (7), Bünau (4), Einsiedel (3), Carlowitz (2), Lüttichau, Miltitz, Ponickau, Schleinitz, Schönberg, Trotha, Vitzthum u. a. Angesagt sind als Gäste außer den fürstlichen Personen, also dem Kaiser, der Kaiserin, den vier Erzherzögen König Rudolf, Ernst, Matthias und Maximilian, noch 70 Beamte, Diener und Dienerinnen: drei spanische Damen in Begleitung der Kaiserin Maria, einer Tochter Karls V., und zwar die Oberstkämmerin Frau von Cardona, die Doña Loisa von Avalos usw., verschiedene Kammerdiener und Kammerweiber. Unter den Räten des Kaisers erscheinen ein Dietrichstein, ein Thun, ein Stahremberg; ferner werden genannt die Herren von Trautson, von Strein und von Bernstein, Dr. Weber und Dr. Vieheuser. Der oberste Silberkämmerer, der oberste „Kuchlmeister“ sind nicht nur während der eigentlichen Reisetage tätig gewesen, sondern auch in Dresden selbst; sollte doch eine ganz erhebliche Anzahl aus S. M. „Kuchl“ gespeist werden. Es begleiteten ihn ja Doctores, zween Balbiere, zween Guarderoba, ein Cammerheizer, Peter

Zwarg (vielleicht der Spaßmacher), ein Apotheker, ein


  1. a. a. O. Blatt 42.
  2. Kluckhohn im Archiv für sächs. Geschichte. Band 7, S. 148.
  3. H St A. Loc. 10289 Fudderzeddel usw. Blatt 106 ff.
  4. Nach C. Gurlitt, Dresdens Kunstdenkmäler S. 319, hatte Melchior Hauffe als Oberzeugmeister das Zeughaus, das Wilische Tor und als sein eigenes Haus das 1571 an den Kurfürsten verkaufte, später sogenannte Fraumutterhaus an der Kreuzstraße und der Salomonispforte erbaut. Er war 1572 gestorben, aber die Salomonispforte wurde 1575 noch nach ihm, dem angesehenen Erbauer eines der stattlichsten Privathäuser jener Zeit, genannt.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/240&oldid=- (Version vom 12.2.2025)