dem rechten Elbufer verstärkt worden waren, Mannschaft geworfen. Hier hielten sich, während Moritz von Freiberg aus zu halten suchte, was zu halten war, sein Bruder Herzog August, Georg von Carlowitz und Dr. Pistoris auf. Die Dresdner Räte bildeten gleichsam den Mittelpunkt für den gesamten politisch- militärischen Nachrichtendienst.
Im Januar 1547 entschied sich nun die Frage, ob Ferdinand, der früheren Versprechungen gedenkend, Hilfe senden werde. Er hatte die schriftlichen Klagen Moritzens, sowie die Schilderungen seines Gesandten Komerstadt noch Ende Dezember für übertrieben angesehen. Als ihm aber zwei böhmische Gesandte, die nach Sachsen geritten waren, berichteten, wie gefährlich es stehe, als Moritz drohte, wenn man ihm nicht helfe, werde er sich mit seinem Vetter Johann Friedrich vergleichen, hielt es König Ferdinand denn doch an der Zeit, zu handeln. Am 12. Januar bot er Ritterschaft und Städte Böhmens zur Landesverteidigung auf und sendete ziemlich bald Reiterscharen ab, die am 23. Januar in Dippoldiswalde eintrafen, aber hier und anderweit durch Genußsucht und Plünderergelüst viel Ärgernis bereiteten. Zugleich hatte Moritzens dringliches Ansuchen um Hilfe bei Karl gefruchtet; dieser hatte Hilfsvölker unter Markgraf Albrecht von Brandenburg- Culmbach nach dem Vogtlande gesendet.
König Ferdinands persönliches Eingreifen wurde durch einen traurigen Verlust, den er erleiden mußte, verzögert; ihm starb am 27. Januar zu Prag an den Folgen einer Entbindung seine Gemahlin Anna. Außerdem machte sich in Böhmen Widerspruch gegen die von ihm gewünschte Hilfe geltend; alte utraquistische Regungen erwachten lebhaft, man begann, sich für Johann Friedrich zu erwärmen; sogar der Stadtrat von Prag wurde schwierig. Nachdem sich Ferdinand vom ersten schweren Kummer erholt hatte, erschien er am 6. Februar in Leitmeritz, wohin er das Aufgebot bestellt hatte. Nur wenige kamen; ja, die Haltung der Stände war so drohend, daß er nicht nur auf wirksame Hilfe kaum rechnen konnte, sondern eher fürchten mußte, bei seiner Rückkehr von Sachsen nicht wieder Einlaß in eigene Lande zu erhalten. Trotzdem zog er vorwärts und traf am 16. Februar in Aussig ein. Am selben Tage war der von Moritz ebenfalls um Hilfe angerufene Kurfürst Joachim II. von Brandenburg in Dresden erschienen, um mit dem von Chemnitz herbeigeeilten Moritz zu einer Zusammenkunft mit Ferdinand nach Aussig zu reiten. Joachim wollte sich gegen das Versprechen der Hilfe die Erzstifter Magdeburg und Halberstadt für seinen zweiten Sohn sichern. Er erreichte auch sowohl von Ferdinand, der am 17. und 18. Februar seine etwa 1000 Bewaffneten in Aussig musterte, als auch von Moritz, so ungern dieser es auch tat, gewisse Zusicherungen. Am 25. Februar war Ferdinand in Pirna und schrieb von hier aus am 26. seinem Bruder Karl V., der sich ungern zu einem Feldzuge nach Sachsen entschloß, dringliche Briefe. Namentlich legte er ihm nahe, nicht über Frankfurt gegen Philipp von Hessen, sondern über Eger nach Sachsen zu ziehen. Schleuniges Losschlagen sei nötig, es fehle an Geld. Auch des Kaisers Bote, Pietro Colonna, der zur Erforschung des Zustandes in Sachsen gesendet worden war, sei für schleunige Hilfe. Kurze Zeit darauf brach Ferdinand auf und traf am 1. März 1547 zum zweiten Male in seinem Leben in Dresden ein. Wie er aus einem Lande kam, in dem sich ein starker Widerstand gegen seinen Glauben und seine politische Stellung erhoben hatte, so lebte er nun in einer Stadt, in der entschiedene Neigungen zum Gegner, dem einen Haupte des Protestantismus, herrschten. Hatte doch Ernst von Miltiz, der Führer der Moritzischen Truppen, dem Herzog im Januar 1547 ausdrücklich berichtet, daß es dringend nötig sei, die Söldner weiterhin in Dresden liegen zu lassen, da sich unter den Bürgern Sympathien für Johann Friedrich zeigten.
Im Ratsarchiv befindet sich ein unter Bürgermeister Peter Biener angelegtes Aktenstück, das die vor und nach Ankunft König Ferdinands von Herzog Moritz getroffenen Sicherheitsmaßregeln enthält[1].
Es wurde vor allem ein Wachtmeisteramt errichtet. Der Tag wurde von Mitternacht zu Mitternacht in vier Abteilungen zu je sechs Stunden zerlegt und für die sechs Stunden je zwei Wächter aus dem Adel und aus den Bürgern bestellt, die alle Wachen in eigener Person zu beschleichen und zu besichtigen hatten. Georg von Carlowitz sollte alle Mängel erfahren und Bescheid zu deren Abstellung geben. Da sogleich ein Ablösungsplan für zwölf Tage entworfen wurde, so erfahren wir eine Menge von Namen adliger Herren und bürgerlicher Einwohner der Stadt. Die vier Wachtmeister, die früh und abends Besichtigung abzuhalten hatten, sollten beim Zu- und Aufschließen der Stadttore, und zwar, wenn man sich noch „besehen“ könne, gegenwärtig sein und dem Georg von Carlowitz die Torschlüssel abliefern. Während der Nacht durfte ohne ihr Beisein niemand zum Tore eingelassen werden. Auch am Tage waren Tore und Schläge ganz besonders scharf zu überwachen. Unbekannte Reiter und Landsknechte, die zu jedem Tore aus- und einzögen, sollten alle Abende dem Bürgermeister angegeben werden; dieser hatte sie den Verordneten des Herzogs, also wohl seinen Räten, zu nennen. Sobald aber der Knechte die Menge einziehen
wollte, hatten sie dies sofort anzuzeigen. Kein Landsknecht
- ↑ C. XXII. 80 c. Ordnung der Empter, der Wacht tages und nachts ... die Wache zu beschleichen und zu besichtigen. 1547.
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/151&oldid=- (Version vom 11.2.2025)