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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/154

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kranken Gelehrten, mit ihr und seiner Familie nach Dresden in Sicherheit zu ziehen; finde er doch in dieser Stadt einen trefflichen Arzt gegen seine Leiden. „Ich schlug es oft ab, meinte auch nicht, daß mir möglich wäre fortzukommen, aber auf Ihrer fürstlichen Gnaden unabläßlich Anhalten zog ich mit Ihrer fürstlichen Gnaden hinaus.“ Er ist also im Januar in Dresden eingetroffen, hat den Einzug König Ferdinands, sein Abrücken und den Versuch Johann Friedrichs, nun noch Dresden zu nehmen, in der Feste erlebt. Drei Wochen nach Ferdinands Abzug, am 13. April, rückte der Kurfürst, der nach Abzug Ferdinands und Moritzens das ganze Herzogtum bis auf Leipzig, Zwickau und Dresden in seine Hände bekommen hatte, auf beiden Seiten der Elbe von Meißen her heran. Die zwei Haufen, die auf dem rechten Elbufer vorrückten, plünderten Altendresden, dessen Befestigung Moritz erst seit kurzer Zeit begonnen hatte, schossen auch einige Salven nach dem Schlosse zu. Es wurde der Versuch gemacht, über die Elbbrücke in Neu-Dresden (der jetzigen Altstadt) einzudringen. Doch war der nahe dem Schlosse befindliche hölzerne Teil der Brücke abgeworfen worden. Der Schaden, den die stattlicheren Befestigungen des linkselbischen Dresden erlitten, war gering, ebenso die Verluste an Mannschaft auf beiden Seiten. Die Zwiespältigkeit innerhalb der Stadt führte jedoch zu einer heillosen Maßregel; es wurde ausgesprengt, daß der Kurfürst über die Elbe zu setzen drohe; die von Lodrone und von Otto von Dieskau geführte Besatzung ging daher sehr schnell an die Ausführung der anbefohlenen Verbrennung der Vorstädte, wobei, wie es scheint, Verräterei im Spiele war. Die Vorstädte vor dem See- und Rampischen Tore fielen am 13. April dieser übereilten Maßregel zum Opfer, ja Flugfeuer zerstörte auch etliche Häuser vor dem Frauentore und auf der Schreibergasse. Die Hauptgefahr, die Einnahme und Brandschatzung der Stadt, ging jedoch vorüber, der Kurfürst rückte die Elbe entlang von dannen und zog seinem Verhängnis, das ihn am 24. April bei Mühlberg traf, entgegen.

Melchior von Ossa hat in diesem März und April bange Zeiten verbracht. König Ferdinand selbst scheint ihm gewogen gewesen zu sein; jedenfalls hat er ihm Bitten, die er für etliche seiner Freunde getan, erfüllt. Ein sehr unfreundliches Urteil fällt Ossa über Johann Baptista Lodrone, den Befehlshaber der böhmischen Völker: „er ließ die Vorstädte abbrennen und that den armen Leuten Schaden ohne alle Noth, denn der Feind lag jenseits der Elbe; es war ein böser Mensch“. Wie freute er sich, als dieser „Rattenkönig mit seinen Mäusen“ (d. h. mit leichtfertigen Mädchen, mit denen er sich umgab) wieder abzog. Diese fuhren wohl herausgestrichen auf einem leberfarbenen behangenen Wagen. „Vergaß seines frommen Gemahls daheim. Die von Dresden und ihre Kinder werden an diesen Gast gedenken.”

Der dritte Besuch eines deutschen Königs und dereinstigen Kaisers war für Dresden mit innerer und äußerer Erregung verbunden gewesen. Als er die Stadt verlassen hatte, brannten gewaltige Feuer auf, die, wie die Plünderung der Verteidiger, Hab und Gut vieler Einwohner zerstörten.




Das Degentragen der Handwerksgesellen.
Von Dr. Otto Richter.

So lange es zu den vornehmsten Pflichten des Bürgers gehörte, in Kriegszeiten die Stadt persönlich verteidigen zu helfen, war er mit der Waffe eng verwachsen und keine Obrigkeit konnte und wollte es ihm verwehren, sie auch in Friedenszeiten in der Öffentlichkeit bei sich zu führen. Aber auch als diese Wehrpflicht längst keine praktische Bedeutung mehr hatte, blieb es sein Stolz, mit dem Schwert an der Seite einherzuschreiten, und dieselbe Freude am Waffentragen ist es, die noch heute in kleinen Städten die Mitglieder der Schützengilden veranlaßt, wenigstens einmal im Jahre mit Waffen aufzuziehen, obwohl viele von ihnen sie kaum zu gebrauchen wissen.

Noch im 17. Jahrhundert war es in Dresden wie anderwärts allgemein üblich, daß nicht nur die Bürger, sondern selbst Schreiber und Handwerksgesellen zur Sonntagskleidung den Degen trugen. Natürlich mußte dies, bei der durch die lange Kriegszeit herbeigeführten Verrohung der Sitten, viel dazu beitragen, daß Schlägereien leicht zu Blutvergießen ausarteten. Deshalb erließ der Kurfürst am 14. Juli 1659 eine Verordnung, wonach das Tragen des Degens allen, denen es nicht von Amts oder Standes wegen zukomme, verboten und Bürgern und Handwerksgesellen nur dann, wenn sie über Land reisten oder von der Wanderschaft kämen, der persönlichen Sicherheit wegen erlaubt sein sollte; Zuwiderhandelnden wurde angedroht, daß ihnen von den Militärwachen die Degen abgenommen und sie einige Stunden auf den Esel, das bekannte vor der Hauptwache stehende Schandgerät, gesetzt würden. Dieses Verbot war aber nicht von dauernder Wirkung. 1684 erließ der Festungskommandant eine neue Verwarnung, da „bishero von den Handwergspurschen und andern unnützen Gesinde vielerlei Unfug und Insolentien bei hiesiger Residenzvestung des Nachts auf den Gassen getrieben worden, also daß unterschiedene Beschädigungen und Verwundungen von dergleichen unsittigen Frevelern


Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/154&oldid=- (Version vom 11.2.2025)