die Folgerungen für sein Erbe zu ziehen, hat er mit Kurfürst August durch Mittelsmänner wohl die offensten Verhandlungen in diesen Fragen gepflegt. Diesem mußte es daher zu manchen Zeiten als nicht unmöglich dünken, daß sein königlicher Freund, zu dessen Erwählung zum römischen König er 1562 auch ganz wesentlich beigetragen hatte, den großen folgenschweren Schritt einst tun werde. Doch es kam anders. Nach 1560 mußte Max auf seines Vaters Drängen und Drohen seinen lutherischen Hofgeistlichen Pfauser entlassen; er näherte sich durch kluge geistliche Vermittler sowohl der päpstlichen Kurie, als auch dem spanischen Hofe. Diesem gab er durch Überlassung zweier Söhne zur Erziehung ein Unterpfand für sein Beharren bei der katholischen Kirche, wie er kein größeres, wichtigeres geben konnte. Und doch dauern auch in diesen Zeiten in den zahlreichen Briefen, die er an seinen fürstlichen Freund August von Sachsen schrieb, die oft recht unfreundlichen Urteile über Papst und Klerisei an. Man empfindet es deutlich: in der innersten Gesinnung hält er sich noch frei von Unterwürfigkeit gegen katholische Dogmen und Gebräuche; äußerlich hat er seinen Frieden mit beiden gemacht.
In die Zeit, da sich dies vollzogen hatte, kurz bevor er seines kaiserlichen Vaters Nachfolger im Reiche wurde, fällt sein erster Besuch bei August in Dresden, 1564; nicht lange vor seinem Tode sein zweiter, 1575. In der Zwischenzeit ist er mit ihm häufig zusammengetroffen, zumeist auf Kurfürsten- oder Reichstagen; auch hat August ihn in Prag und Wien besucht. Und andauernd wurde ein lebhafterer Briefwechsel als bisher unterhalten, der viele Aktenbände füllt; denn wie August alle eigenhändigen und offiziellen Schreiben des Kaisers aufheben ließ, so wurden auch seine eigenen oder die auf seinen Befehl entstandenen Briefentwürfe aufgehoben.
Im Herbst 1563 hatte der schon alternde und kränkelnde Kaiser Ferdinand I. seinem Sohne den Auftrag gegeben, etliche Landtage zu Mähren, Schlesien, Nieder- und Oberlausitz und Böhmen abzuhalten. Dieser schrieb daher am 6. November an August, daß er in wenigen Tagen aufbrechen werde, um zunächst nach Schlesien und dann nach den Lausitzen zu gehen[1]. August dankte ihm unter dem 26. November aus Schloß Nossen[2] und schrieb ihm: „Weill ich dann daraus vernym, das E K. M. Iren Weg aus Schlesien durch Nieder- und Oberlausitz wieder nach der Kron Behmen nehmen und also mein Land nahend berüren werden, bin ich willens, wie mir auch anders nicht geziemen will, mich, sobald Ich E K. M. Durchzug in der Nähe verneme, bey derselben unterthänigst presentieren und auffwarthen, und bin der unterthänigen Hoffnung, E K. M. werde mich alsdann als Ihren getreuen Diener in meinem geringschätzigen Hoflager auch gnedigst und freundlichst besuchen.“ Am 3. Dezember war Max in Brieg, am 6. zog er in Breslau ein und konnte sich über einen glänzenden Empfang, über die Huldigung der Fürsten und der Landschaft sowie über den günstigen Abschluß aller Verhandlungen freuen; am 28. Dezember wohnte er in Liegnitz der Hochzeit eines der Fürsten bei, zu Neujahr war er in Lübben in der Niederlausitz und hielt da am 2. Januar den Landtag ab. Dort traf Kurfürst August ein und geleitete den König als seinen Gast nach Dresden, wo sie am 11. Januar ankamen. Der venetianische Gesandte Contarini, der den König begleitet hatte, war schon am 9. Januar, unmittelbar von Breslau kommend, angelangt; mit ihm wurde auch der Gesandte von Ferrara zu den Festlichkeiten eingeladen. Von fürstlichen Gästen wären noch zu nennen: Markgraf Johann Georg, Sohn Kurfürst Joachims von Brandenburg, und Markgraf Hans von Küstrin, mit dem König Max in regem Briefwechsel gestanden hat. Wir hören sowohl von den ritterlichen Spielen, die zu Ehren der Gäste abgehalten worden sind, als auch von den politischen Verhandlungen, die gepflogen wurden.
Gleich am 12. Januar wurde im großen Schloßhof ein Palliastechen oder welsches Gestech abgehalten[3]. Hierbei ritt an einer langen Schranke zu beiden Seiten immer abwechselnd je eine „Rott“ von drei Kämpfern und suchte möglichst viele Spieße zu brechen. Es waren teils sächsische Adlige, teils „Königsche“ Diener. Dabei unterschieden sich die einzelnen Kämpfer durch besondere Abzeichen, besonders an den Geliegern, den stattlich herabwallenden Roßdecken. Unter den Verkleidungen erscheinen damals Türken, Tartaren, Moskowiter, Jäger, Vogelsteller, Narr, Riese, Wilder Mann, Mönch, Nonne, Jakobsbruder, Roßknecht, Bauer, Tuniser, kaiserische und französische Kürasser, Husaren und Landsknechte; daß sich zwei der Kämpfer für ihre Verkleidung und ihr Roßgelieger Mönch und Nonne gewählt haben, ist bezeichnend für die Vorurteilslosigkeit, die man bei König Maximilian voraussetzen durfte. Gleich im Anfange kam durchs Los an die Schranke eine türkische Rott; drei kaiserische Kürasser trieben diese von der Pallia und verteidigten solche gegen alle folgenden Venturierer als tüchtige Mantenadoren (Platzhalter). Unter den Kämpfern von sächsischer Seite ragt in den elf
Rennen und einem Nachrennen hervor der Kurfürst
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/235&oldid=- (Version vom 11.2.2025)