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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/147

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ersucht, zwei oder drei Prälaten zu dieser Revision vorzuschlagen, aus denen er einen wählen werde. Über das Zustandekommen des Konzils beruhigte er ihn von neuem; Georg möge nur immer seine Vertreter bestimmen und sich zur Reise rüsten lassen. An demselben Tage schrieb er nach Rom, daß er dem Herzog – firmissima colonna della fede catolica – sehr entgegengekommen sei; war er ihm doch selbst von Rom aus in seinen Instruktionen als „ein ganz ausgezeichneter Fürst, als ein hervorragender Verteidiger des Glaubens, und das mitten in dem flammenden Sachsen“ bezeichnet worden. Dringend legte er es nun der Kurie ans Herz, den Mann recht festzuhalten, ihm durch ein freundliches Breve in seinen Wünschen entgegenzukommen[1]. Am 10. Mai zeigte Morone aus Prag nach Rom befriedigt an, daß die Böhmen die Türkenhilfe bewilligt hätten, der König in vier oder sechs Tagen abreisen und zunächst nach Sachsen gehen werde, wohin er vom Herzog Georg eingeladen worden sei; dort werde er gewiß auch für eine Beihilfe von seiten des Herzogs sorgen. Auf der Rückreise durch die Lausitz, Schlesien und Mähren sollte das Gleiche betrieben werden[2]. Sechs Tage später, am 16. Mai, hat sich Ferdinand aufgemacht; er ritt nach Leitmeritz[3] und fuhr von da zu Schiff die Elbe hinab. Außer dem päpstlichen Nuntius begleitete ihn noch der venetianische Gesandte Marino Giustianini, der wie Morone sehr für Herzog Georg eingenommen war; nennt er ihn doch in seinem großen Gesandtschaftsbericht an den Senat von Venedig „quel santissimo e buon christiano duca Giorgio“, während dessen Bruder Heinrich der Fromme wegen seiner Hinneigung zur lutherischen Lehre, wohl aber auch wegen seiner geringen geistigen Bedeutung als stupido principe bezeichnet wird[4]. Ferner waren von Geistlichen noch dabei der Bischof Johannes von Modena, der Bischof Johannes Faber von Wien; zahlreiche Hofleute geleiteten ihren König; der Vizekanzler des Reiches, Dr. Mathias Held, der Ferdinand gerade in Sachen des katholischen Gegenbundes eifrig beriet, war nicht anwesend.

Herzog Georg, von dem bevorstehenden Besuche längst unterrichtet, zog Mittwoch den 15. Mai 1538 nach dem Mittagsmahle nach Pirna, blieb den 16. Mai zu Nacht im Städtlein Königstein beim Pfarrherrn, der 21 Groschen Trankgeld erhielt, und nahm am 17. Mai zu Königstein das Frühmahl auf dem Schiffe. In seiner Begleitung waren Heinrich von Bünau, einer von Mansfeld, Hans von Pflugk, Kaspar und Hans von Schönberg, Otto von Dieskau[5].

Der Besuch des römischen Königs beim Herzog von Sachsen machte begreiflicherweise bei den evangelischen Fürsten großes Aufsehen; denn wenn auch die Türkennot Ferdinand genug Veranlassung bot, sich der Teilnahme und Hilfe deutscher Fürsten zu versichern, so nicht minder die Gestaltung der Reichsdinge in kirchlicher und – damit eng verbunden – in politischer Hinsicht. Die Herzogin Elisabeth von Rochlitz, die Schwester des Landgrafen Philipp von Hessen, die Witwe von Herzog Georgs ältestem, am 11. Januar 1537 kinderlos gestorbenem Sohne Johann, die seit einigen Jahren evangelisch geworden war, schreibt dem Kurfürsten Johann Friedrich, daß sie ihren Hofdiener Ponickau in Dresden gehabt, der ihr mancherlei berichtet habe[6]. Auch der Kurfürst hatte, wie er an den Landgrafen Philipp aus Torgau schreibt, „jemand der unsern gen Dresden abgefertiget, darauf unvermarkt Aufachtung zu haben„[7].

Im Sachsen-Ernestinischen Gesamtarchiv zu Weimar befindet sich ein Bericht über die Zusammenkunft, den L. H. Burkhardt 1882 veröffentlicht hat[8]. Der Berichterstatter muß zu den Dienern des Herzogs Georg gehört haben, denn diesen und dessen Sohn Friedrich nennt er ausdrücklich „meinen gnädigen Herrn“, auch läuft das Ganze auf ein rühmliches Hervorheben des Herzogs als des Wirtes heraus. Alle äußeren Vorgänge hat der Betreffende gut beobachten können und beobachtet; von eigentlichen Abmachungen zwischen beiden berichtet er jedoch nichts; weil es ihm „als dem Unwissenden verborgen geblieben ist“[9]. An der Hand dieses eingehenden Berichtes sei die Wasserfahrt der beiden Fürsten und Ferdinands Aufenthalt in Dresden erzählt.

Der König fuhr von Leitmeritz mit seinen Räten und Obersten und etlichen Dienern, darunter auch etlichen „Trommetern“, auf fünf Schiffen elbabwärts und langte Freitag den 17. Mai an der Grenze zwischen Böhmen und Meißen zwei Meilen über dem Königstein „an

der Kleppenbach“ um 11 Uhr mittags an[10]. Dort


  1. Nuntiaturberichte S. 444, 445, 265.
  2. a. a. O. S. 286.
  3. Hier hatte ihn Herzog Georg einst (im Februar 1530) zu einer Konferenz in wichtigen Angelegenheiten besucht. Weck, Beschreibung der Stadt Dresden 1680 S. 523.
  4. E. Alberi, Relazione venete 1840. Serie I. Vol. II. Bd. IV. S. 136, 147.
  5. Seidemann, J. K., Die Reformationszeit in Sachsen 1517–1539. Dresden 1846. II. XII.
  6. Undatierte gleichzeitige Kopie. Staatsarchiv Marburg. Joh. Friedrich 1538 I (nach gütiger Mitteilung des Herrn Prof. Dr. F. Geß).
  7. Brief aus Torgau 23. Mai 1538. Staatsarchiv Marburg a. a. O. (ebenfalls gütige Mitteilung des Herrn Prof. Dr. F. Geß).
  8. Neues Archiv für Sächsische Geschichte III. 240 ff.
  9. a. a. O. S. 244.
  10. Es ist dies die bei Niedergrund einmündende Globebach (auch Klubenbach genannt). Jahrbuch des Gebirgsvereins für die Sächs.-Böhm. Schweiz I.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/147&oldid=- (Version vom 11.2.2025)