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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/152

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sollte länger als eine Nacht beherbergt werden. Auch für die Vorstädte wurde gesorgt: von der Elbbrücke bis zum Neuen(Frauen-)tore, von diesem bis zum Kreuzpförtlein sollten je zwei Wächter des Nachts einhergehen und alle Stunden denen auf der Mauer antworten. Auch vor dem Seetore bis zum Wilischen haben zwei besondere Wächter zu verkehren. An jedem Tore hatten zwei ansässige Bürger noch besonders dafür zu sorgen, daß unbekannte Leute gar nicht hineingelassen würden. Auch den Briefbotenverkehr hatten sie zu überwachen. Alle Briefe, die herein- oder herausgetragen werden sollten, hatten sie sich zeigen zu lassen, und wenn solche von verdächtigen Leuten oder Orten kämen, sollten sie die Boten mit den Briefen vor den Rat gestellen. Wer aber sein Amt bei alledem nachlässig verrichtet, soll „ungestraft nicht bleiben“.

Die innere Stadt wurde in vier Teile geteilt, in jedem zwei Viertelsmeister, drei bis fünf Rottmeister bestellt und je acht Bürger ans Tor und auf die Mauer gewiesen. Auch für die damalige Neustadt, d. i. die Vorstadt zwischen Frauentor und Kreuzpförtlein, wurden Viertels- und Rottmeister, sowie Wächter vorgesehen. Noch mancherlei Vorkehrungen für die allgemeine Sicherheit wurden getroffen. „Profantmaister“ sollen an Korn, Weizen, Gerste, Mehl, Malz, Heu, Stroh und Hafer guten Vorrat halten. Desgleichen sollte stets Holz zum „Feuerwerk und Brand“ von je zwei Adligen und Bürgern vorgesehen werden. Auf etwa nötige Holzbauten an Schlägen und Bollwerken nach Angaben der Kriegsleute und Befehlshaber hatten fünf Personen, darunter drei sehr wichtige und zwei einfache Bürger acht zu geben: außer dem Zeugmeister und dem Amtmanne der Bürgermeister Peter Biener.

Besondere Bestimmungen wurden auch für die Füllung der Stadtgräben getroffen. Sie sollten immer unter Wasser gehalten werden, und da es ja Winter war, mußte auch eine sich bildende Eisdecke überwacht werden. Zwei Bürger, als Schleusen- und Eismeister bezeichnet – darunter der Fischmeister Hans Kolle – hatten darauf zu achten, daß alle Gräben und Seen voll Wassers erhalten würden. Machte sich die Zerstörung einer die Sicherheit der Stadt gefährdenden Eisdecke nötig, so waren täglich 40 Bürger zum Eisen verpflichtet. Da auch verstärkte Feuersgefahr vorlag, wurde befohlen, daß jeder Wirt in seinem Hause auf die Böden Wasser schaffe, daß alle Schmiede, Kleinschmiede, Bader, Sporer und Nagelmacher für den Fall eines Feuerausbruches zu dem Feuer „laufen und wehren sollten“. Fässer, Leitern, Bretter sollten vorgesehen und schnell von den Bürgern, die Pferde und Wagen hätten, zu den bedrohten Stellen gefahren werden. Zwei Bürger hatten sich zu überzeugen, wieviel Wagengeschirr in der Stadt sei und wie es zu diesen und anderen Fuhren zu verwenden sei.

Als Ferdinand mit seinem Gefolge und seinen Knechten in die Stadt gekommen war, wurde noch einmal besonders eingeschärft, daß „keiner keinen frembden Menschen herberge, davon die königlichen Furierer nicht furiert haben“, und daß an den Toren gar keine Fußgänger zugelassen würden. Bei ausbrechendem Feuer solle man auch der Tore gedenken, wie man’s zu halten habe, und beim Könige darauf dringen, daß alsdann jeder Reiter und Knecht in seiner Herberge bleibe. Man fürchtete offenbar bei solch gefährlichem Ereignisse Raub und Plünderung, wenn nicht gar Mord und Aufruhr.

Solange Ferdinand in Dresden lag, ist, wie es scheint, nichts Erhebliches vorgekommen; hatte er doch 1000 Mann mitgebracht, und gewiß erhielt er noch gelegentlich Zuzug. Aber die innere Abneigung der Bürger gegen ihn und seine Leute wird um so größer geworden sein, je greulicher seine „Hussaren“ im offenen Lande hausten und Menschen und Güter lüstern und raubsüchtig behandelten.

Ob König Ferdinand wieder im Georgenschlosse gewohnt hat, wird nicht berichtet. Da es neu und wohnlich war, ist es wohl anzunehmen. Feste hat es diesmal nicht gegeben, Moritz, der Wirt, war zumeist abwesend, teils in und um Chemnitz und Freiberg, und kam nur zu kurzen, aber gewiß sehr wichtigen Beratungen nach seiner Stadt Dresden. Der Verkehr mit ihm, die Rüstung der Stadt, die Anordnungen für die böhmischen Hilfsvölker, vor allem aber der Depeschenwechsel mit seinem Bruder Karl V. haben Ferdinand in den drei Wochen seines Dresdner Aufenthaltes stark beschäftigt.

Kaum war er am 1. März in Dresden eingeritten, als schon tags darauf in Sachsen ein Waffenstreich erfolgte, der damals großes Aufsehen erregt hat. Am 2. März gelang es dem Kurfürsten Johann Friedrich, Schloß und Stadt Rochlitz, das von Moritzens Parteigänger, dem tollen Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Culmbach, besetzt gehalten wurde, durch einen Überfall in seine Hand zu bekommen. Da der Markgraf als Gast der Herzogin Elisabeth von Rochlitz, die – eine Tochter des Landgrafen Philipp von Hessen – mit ihren Sympathien auf der Seite Johann Friedrichs, des Schmalkaldener Bundesoberhauptes, stand, in Rochlitz lustige Tage verbracht hatte, war damals viel davon die Rede, die listige Frau habe ihr Wittum, Schloß und Stadt Rochlitz, dem Kurfürsten in die Hand gespielt. Der Vorfall, für Moritz sehr unangenehm, erregte um so mehr Aufsehen, als Markgraf Albrecht, der Träger des kaiserlichen Feldzeichens, dabei gefangen genommen worden war. Insofern war der Vorgang von zwingender Bedeutung.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/152&oldid=- (Version vom 11.2.2025)