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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/148

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war Herzog Georg schon eingetroffen, der seinen „lieben Gast mit gepurlicher reverentz entpfangen“, und „allda haben sie eygener person mit einander geredt und sich gancz freuntlich kegen einander erczeiget“. Darauf hat der Herzog den König auf sein Schiff genommen, weil es besser und ansehnlicher als das des Königs, auch mit gutem Proviant versehen war. Da haben sie denn gegessen, getrunken und gespielt. Um 2 Uhr landeten die Schiffe vor Königstein. Sogleich haben die Köche ausgezeichnetes Essen bereitet, vor allem große Forellen und noch andere Fische. Diese und alles übrige Essen schafften die Diener auf die Schiffe, und so wurde denn im „rapfaren“ die Mahlzeit auf dem Schiffe gehalten, bis sie unter den Lilienstein kamen. Dort, in der Biegung, ehe man nach Rathen gelangt, ist nun dem König ein ganz besonderes Vergnügen bereitet worden: eine Wasserjagd. Es wurden Hirsche und Rehe, die man am Ufer hinter Tüchern gehalten, um 4 Uhr bei Ankunft der fürstlichen Herren mit viel Geschrei in das Wasser gegen die Schiffe zu getrieben. Der Erfolg der Jagd war nicht sonderlich, denn die Elbe war seicht, und so „sind viele Tiere durchgeloffen“. Der König schoß wohl mit Büchsen und Armbrüsten sehr eifrig, stand auch, aus dem Schiffe gesprungen, bis zu halben Knieen im Wasser; aber von 23 Stück wurden nur sieben erlegt. Allerdings dauerte die Jagd nur eine Stunde, denn nach 5 Uhr mußte man an die Weiterfahrt denken, da man in Pirna landen und übernachten wollte. Zum Schlusse erliefen noch die Hunde manches Stück Wild am Lande „in tüchern“, daran der König „ein groß gefallen gehat“. Als nun die Herren zu Pirna das Schiff verließen, sind „viel harter Schuß vom Schloß und in der Stadt geschehen; dieweil es in den Bergen ganz sehr schallt, so ist es fast lustigk zu hören gewest“. Der Herzog wohnte beim Bürgermeister Fuchs, der König bei der „Gleitsmannin“. Die Landvogtin auf dem Schlosse, die Frau des Ritters Götz von Ende, bekam 42 Groschen Trankgeld[1].

Hier in Pirna waren auch die etwa 300 Berittenen König Ferdinands, die ihren Weg über Aussig und Gottleuba genommen hatten, eingetroffen. Obwohl der Kurier des Königs die Anweisung erhalten hatte, für deren Verköstigung und Pferdefutter selbst zu sorgen, ließ es sich der alte Herzog Georg nicht nehmen, auch hier als Bewirter aufzutreten.

Sonnabend, den 18. Mai, früh 4 Uhr gingen die Herren in die Messe, bestiegen alsdann die Schiffe und fuhren – König und Herzog auf des letzteren Fahrzeug – nach Dresden zu, wo sie um 10 Uhr anlangten. Hier wurde dem Gast ein dröhnender Empfang bereitet. Schon auf dem nördlich am Ende der Ziegelgasse gelegenen Elbwerder, einer inselartigen Sandbank, wurden beim Herannahen der Schiffe viele Schüsse gelöst, „darzu K. M. Trommeter lostigk geblosen haben“. Dann nahten sich die Elbschiffe dem großen Wallberg, einem Teile des von Herzog Georg zwischen 1520 und 1529 verstärkten und nach der Elbe zu vorgeschobenen Befestigungswerkes. Da ließ Georg von Carlowitz, der bewährte Ratgeber des Herzogs, durch den Büchsenmeister aus großen Geschützen wohl 200 Schuß abfeuern; „aber die Schüsse mit dem kleinen Geschütze, als Falkonetlein und Hakenbüchsen, ist nicht zu zählen gewesen“. Am Ufer erwartete der blöde Herzog Friedrich, Georgs noch einzig lebender Sohn, mit vielen vom Adel den König. Während diesem vom Schiffe geholfen und Reverenz erwiesen wurde, drängte sich viel Volks hinzu. Die Herren begaben sich alsdann durch den Aufgang von der Elbe, das sogenannte Wassertor, zum Elbtor, zu dem neuen Schloß, d. h. nach dem zwischen 1533 und 1537 errichteten prächtigen Georgenschloß.

Mit einem gewissen Stolze konnte der Herzog dieses Bauwerk zeigen. War es doch in der mit künstlerisch geschmückten Gebäuden ganz dürftig ausgestatteten Residenz das erste wahrhaft sehenswürdige Bauwerk. Auch war es wohl das erste, das, seitdem man sich in Deutschland von den gotischen Bauformen abzuwenden begonnen hatte, im sogenannten Renaissancestil errichtet war.

In diesen Bau, bei dessen Errichtung Herzog Georg beinahe ums Leben gekommen war – er war durch den Zusammenbruch eines Gerüstes mit Georg von Carlowitz, dem Baumeister, dem Steinmetzmeister und etlichen Helferknechten „drey grust hoch“ herabgefallen, ohne sich ernstlich zu verletzen – führte er nun seinen hohen Gast. Diesem wurde ein schönes Gemach mit „lustigen, schönen gülden tuch und tebichen“ angewiesen. Desgleichen erhielten der päpstliche und der venetianische Gesandte, sowie die „Gewaltigen“ von den böhmischen Herren jeder sein besonderes und wohl „stuffuirtes“ (d. i. gewärmtes oder vielleicht heizbares) Zimmer. Bald darauf wurde ein Morgenmahl gehalten, das des Königs und des Herzogs Köche ausgezeichnet zubereitet hatten. Hierauf zogen sich die beiden Fürsten eine gute Weile zurück, was im Laufe der Zusammenkunft mehrfach geschehen ist. Die für beide Teile wichtigen Gegenstände: der Gegenbund der katholischen Fürsten, die Türkenhilfe und die Anerkennung der Erbberechtigung für Georgs einzigen, aber schwachsinnigen Sohn Friedrich sind gewiß hierbei besprochen worden. Über die dem Herzog Georg so sehr am Herzen liegende innere Reform der katholischen Kirche und die Berufung eines Konzils hat er mit dem Nuntius Morone verhandelt. – Das Abendessen ist, da der König solches selten zu halten pflegte, kurz abgemacht worden. Darauf sind die Fürsten

mit Gefolge „umb und ein der Stadt“ spazieren geritten.


  1. Seidemann a. a. O. II. XII.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/148&oldid=- (Version vom 11.2.2025)