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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/242

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war, litt an Stein- und Herzbeschwerden sowie am Podagra und ließ sich viel tragen. Auf einem zweiten Schiffe kamen alle vier Söhne des Kaisers mit: Rudolf, König von Ungarn, der nachmalige Kaiser unseligen Gedächtnisses, die Erzherzöge Ernst, Matthias (später auch Kaiser) und Maximilian. Wie im Jahre 1538 war auch diesmal als Ergötzlichkeit eine Wasserjagd vorgesehen; teils wurde hinter dem Schirm sitzend vom Lande aus, teils von besonderen Schiffen aus geschossen. An 1000 Stück Hirsche und anderes Wild wurden herangetrieben, über 200 erjagt, erschossen und gefangen. Der Fürst zu Anhalt bedauert dabei, daß man das matte Wildbret, welches den Nachwinter noch nicht verwunden, also unzeitig hat jagen sollen, wiewohl allbereit Hirsche darunter gewesen, „die wohl ein Viertel von der Ellen aufgehen“. Den Gästen gefiel aber das Fest, das voll großen Vergnügens und guten Zeitvertreibes war und länger als drei Stunden dauerte, gar sehr. Nach beendeter Jagd stieg wieder alles zu Schiff, fuhr abwärts und landete um 8 Uhr in Pirna. Beim Betreten des Tores faßten die Kutsche des Kaisers vier Verbrecher an, denen er ihm zu folgen befahl, damit er ihre Vergehen erfahre. Diesmal wurde auch vom Schlosse „fein ordentlich und ernstlich“ geschossen. Der Kaiser war zu schwach, um zur Tafel zu erscheinen; so waren nur zwei Herren von seinem Gefolge mit den deutschen Fürsten Gäste des Kurfürsten, mit welchen man „einen ziemlich harten Trunk“ getan.

Dienstag, den 12. April wurde schon um 10 Uhr getafelt, wobei der Anhalter dem Kaiser das Waschgefäß, Sachsen und Brandenburg aber die Handquelen hielten. Wie schon am Tage vorher war Maximilian trotz seines leidenden Zustandes von guten Reden, fröhlich und freundlich und tat sogar einen guten Tischtrunk. Nach vollendeter Mahlzeit ging man zu Schiffe. Während der Fahrt spielten die Kurfürsten und der spanische Botschafter Karte[1].

Als die Schiffe vor Dresden in Sicht kamen, begrüßten 20 Kartaunen die Nahenden. Nach dem spanischen Bericht, der wohl etwas an Übertreibung leidet, hätten sich 80 Stück mit Kugeln entladen, welche so ungeheueren Lärm verursachten, daß einige Häuser, die außerhalb der Stadtmauer standen, einfielen; lange schwebte über dem Elbtal starker Rauch, wie ein dichter Nebel. Bei der Landung 4 Uhr nachmittags waren gegen 1000 Pferde der „Sächsischen wol hergeputzten Landsknechte“, etwa acht Fähnlein, in einer schönen Ordnung aufgestellt. Der Kaiser wurde bis zum Wagen[2] getragen und fuhr mit den beiden Kurfürsten, zu den Seiten seine Söhne, voran die fürstlichen Herren von Anhalt, Liegnitz und Magdeburg, nach dem Schlosse. Ihm folgte in einem Kobelwagen, d. h. einem verdeckten Wagen, die Kaiserin. Da es sehr stark regnete, war der Einzug, bei dem Hakenschützen gar unordentlich schossen, „nicht sonderlich zierlich gewesen“. Der Kurfürst scheint nach den Angaben des spanischen Berichtes auf den militärischen Aufmarsch ein besonderes Gewicht gelegt zu haben. 2500 Gerüstete waren im Innern der Stadt anwesend. Als der Kaiser die Kutsche, an der sich hier sogar zwölf um Gnade flehende Verbrecher anhielten, verlassen hatte, stellten sich die Krieger in Schlachtordnung auf und zogen durch den Schloßhof[3], worüber sich der Kaiser und die Fürsten freuten. Denn alle waren neu und gleichmäßig bewaffnet worden aus seinem Zeughause, „das das beste ist, das es in der Welt gibt“. Nun wurde ein drittes Mal eine Fülle von Geschützen gelöst. Da es aber fortgesetzt regnete, verliefen sich die Zuschauer bald, und man war froh, als man, in das Schloß eintretend, von dem „Frauenzimmer empfangen und angesprochen“ wurde[4]. In dessen großem Hofe standen „beede Churfürstinnen sambt der Fürstin von Anhalt, des Churfürsten und Pfalzgrafen Söhne, so beede noch jung, sambt der vier Freilein von Sachsen, Anhalt und Wirtenberg und iren Frauenzimmern, die andern aber auf das cöstlichst geputzt in einer langen Zeil überzwerch des Hofs“[5].

Glücklicherweise wurde das Wetter in den folgenden Tagen etwas besser; Dresden hat den Gästen, wie es scheint, einen guten Eindruck gemacht; schreibt doch einer der Begleiter des Kaisers an den kaiserlichen Gesandten in Regensburg: „Dresden ist eine fein herliche, saubere Västig Stat, hat ein gewaltiges schön Schloß und Brügg. Sonnst hat es bey 2500 Pferdt allenthalben alhie, die der Churfürst alle frei hält. Deßgleichen speißt er täglich im Schloß und zu der Stadt

200 Taffeln“[6]. Wenn K. v. Weber berichtet[7], die


  1. Sie haben „primieret“; dem Solospiel ähnlich.
  2. Dr. Hegenmüller, damals Agent des Herzogs Albrecht von Bayern in Dresden, sagt: in einer Gotschy. S. Leist, Auswärtige Vertretung Bayerns im XVI. Jahrh. S. 37.
  3. Nach Mitteilung des Oberstleutn. Hottenroth enthält auch das Kgl. Kriegsarchiv (Hauptzeughaus A a 1575. 4. c. Loc. 1279) darüber eine kurze Notiz.
  4. H. Hopfen, Kaiser Max II. usw. 1895, S. 383. – 1570 war Maximilian in Nürnberg freilich ungleich glänzender empfangen worden: Gewaltige Ehrenpforten waren errichtet; der Kaiser ritt unter einem Himmel ein; ein Elefant erschien im Zuge, und Kaiser und Kaiserin erhielten prachtvolle Geschenke, darunter ein von Wenzel Jamnitzer verfertigtes Trinkgeschirr. Man sieht hier deutlich den Unterschied zwischen einer Reichsstadt mit älterer Kultur, größerem Reichtum, auserlesenem Kunstgeschmack und einer Landstadt. Dresden war selbst als fürstliche Stadt noch zu jung, und seine Bürgerschaft besaß weder Vermögen noch Kunstsinn. – S. von Soden, Kaiser Maximilian II. in Nürnberg. 1866, S. 39.
  5. Leist a. a. O.
  6. Dresden. 14. April 1575. (Münchner Reichsarchiv, Reichstagsakten XIII. Geschriebene Zeitung).
  7. Anna, Churfürstin zu Sachsen. Leipzig 1865, S. 107.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/242&oldid=- (Version vom 13.2.2025)