Die Fülle der dahin rauschenden Hexameter enthält nichts Tatsächliches, nur Stimmungen und Vermutungen. Gelehrte Anspielungen und Vergleiche mit Vorgängen aus der jüdischen Geschichte wechseln mit solchen aus der römischen Kaiserzeit ab. Aber eins leuchtet hervor: Der protestantische Professor betont wiederholt, daß dem Könige Großes beschieden sei, wenn er nur seine Stellung, seine Zeit recht begreife und erfasse. Glänzende Hoffnungen werden ausgesprochen, feurige Anmahnungen gegeben, feierliche Voraussagen getan.
Auf Maximilian ruht die Hoffnung des Volkes; auf ihn wenden sich aller Augen, auf ihn ist ihr Antlitz gerichtet; selbst der Fürstenstand ist ihm günstig. Und die Mahnung ertönt an ihn: Betrachte die elenden Zustände des Reiches, verteidige die wahren Heiligtümer des wahren Gottes! Es folgen Warnungen vor dem Papst und dessen Dienern: Dies Gott abgeneigte Geschlecht pflegt das irdische Haupt, besucht eingebildete Heiltümer, stellt beliebig neue Heilssatzungen auf und vollzieht nicht mit treuem Geiste Christi Vorschriften. Und so ruft Major dem in Dresdens Mauern Einziehenden und allen, die noch schwanken, zu: Fliehet die abscheulichen Gottesdienste und die erlogenen Heiltümer, gehorchet lieber Gott!
Wie wird sich alles herrlich entwickeln, wenn Maximilian nun dereinst als Kaiser den entscheidenden Schritt tut. „Du wirst dir“, so ruft er salbungsvoll, „einen nicht durch die Zeit zerstörbaren Ruhm erwerben!“ Ja, er vergleicht ihn, wenn er die wahre Lehre allenthalben zur Geltung bringen sollte, mit Theodosius und Konstantin. Der echt reformatorische Gedanke, daß das Wissen an Universität und in Schulen gepflegt werden solle, damit eine hellere Zeit heraufziehe, leuchtet aus den Schlußworten hervor: „Wähle die in der Heiligen Schrift kundigen Männer, eröffne Schulen, in denen die betriebsame Jugend die Künste und Wissenschaften einsauge und Mühe auf den Gebrauch der Sprachen verwende, ohne welche Religion weder gelernt noch richtig gelehrt werden kann. Was für herrliche Früchte, welches Wachstum deines Reiches, was für Lob wirst du ernten, mit wie großer Macht wird sich das deutsche Volk erheben! Schon lange hegen Abend und Morgen solche Hoffnung von dir, und die pannonische Donau, entrüstet über das Joch türkischer Barbaren, richtet ihren Blick auf dich; daß nur ja nicht der Himmel dich der Erde neide, schneller als es recht wäre!“
Als Major diese heißen Hoffnungen aussprach, war es bei Maximilian schon entschieden, daß er seine katholische Stellung nicht aufgeben werde. Groß waren aber 1564 noch des Fürsten Hoffnungen, durch eine gewaltige Anstrengung seiner Lande und des Deutschen Reiches die Türken aus Ungarn zu verjagen. Aber auch das ist ihm nicht beschieden gewesen. Majors Worte sind klangvoll, aber von ihrem Gehalte hat sich nichts erfüllt. Hat der Herrscher dieses Gedicht bei oder wohl eher nach seinem Besuche in Dresden überhaupt gelesen, so hat er von neuem den Zwiespalt in seinem Innern empfinden müssen.
Am 14. Januar 1564 verließ Maximilian Dresden wieder und ritt nach Bautzen, wo er den Oberlausitzer Landtag abhielt, sich aber auch eingehend mit der Frage der Grumbachischen Händel beschäftigte.
Die Zusammenkunft beider Fürsten hat sicher dazu beigetragen, sie einander näher zu führen. August war in Sachen des Vogtlandes und der Grumbachischen Händel an den König und baldigen Kaiser gebunden; Maximilian sah in ihm eine wichtige Stütze für die Reichspolitik nach innen und außen; daher ist es erklärlich, daß der Verkehr zwischen beiden viel reger wurde als bisher, und dies zeigte sich auch in einem Geschenkverkehr zwischen beiden, bei dem besonders warme und herzliche Worte gewechselt werden. Hatte Maximilian schon 1556[1] geschrieben, er erbiete sich August zu Diensten ohne alles Fuchsschwanzen, so heißt es 1567, als er dem Kurfürsten zwei Rosse schenkt: „Nun wollte ich wünschen, daß ich mich selbst zu einem Rosse machen kint und Ew. L. diene.“ Ziemlich regelmäßig wurden seit 1564 reiche Spenden Maximilians an Wein und guten Fischen, bescheidenere Gegengeschenke Augusts an Bier gesendet. Im Dezember 1564 geht von Wien eine „zwifiedrige“ (zwei Fuder) Sendung von ungarischen und österreichischen Weinen nach Dresden ab, im ganzen 161 3/4 Eimer, und zwar Oedenburger, Sixer, Gumpoldskirchner und Klosterneuburger; es fehlt 1568 auch nicht an Ruster und „Toggeier“. Dazu kommen 12 „Vassl eingesalzen Hausen“[2]. „Wo dann selliche Wein und Visch Deiner und dero geliebten Gemahelin Liebden zu gefallen und anmuet gereichen thetten.“ Einmal gehen „zwo Lageln“ Austern für den Kurfürsten nach Dresden ab. August wartet dagegen mit 12 „Vassen“ Ortrandischen, Freibergischen und Torgauischen Bieres auf, die Maximilian alle „ausbündig“ gut findet. Gelegentlich bittet dieser wohl auch um Überlassung geeigneter Arbeitskräfte; so verschreibt er sich 1570 den tüchtigen Bergmann Uttmann aus Annaberg für die Kuttenberger Silbergruben[3]; ferner Seidennäher aus Dresden nach Prag, die er in aller Eile und zur Erzeugung von allerhand Arbeit aus Wien nicht genügend heranziehen konnte. „E. L. wölln
uns alsbaldt Ihre Seidennätter, so Sy in Irer Churf.
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/237&oldid=- (Version vom 12.2.2025)