Gewiß wollte Herzog Georg seinem Gaste die neue Umwallung zeigen, und sicher sind sie auch an der Hauptkirche der Stadt vorüber, über den Markt und durch die Elb(Schloß-)gasse geritten. Der König hat Dresden für eine kleine Stadt „vast“, d. h. ganz besonders gelobt; auch haben ihm viele Häuser darin wohl gefallen. Er lernte die Stadt etwa in dem Umfange und der Anlage kennen, wie sie uns das bekannte Holzmodell im Grünen Gewölbe aus dem Jahre 1521 zeigt; doch waren durch das neue Schloß Verschönerungen, durch die Befestigungswerke Erweiterungen hinzugekommen.
Sonntag 8 Uhr früh gingen die fürstlichen Herren zur Messe und Predigt in die Kirche auf dem Schloß, d. h. in die im Westflügel gelegene Schloßkapelle, in der 1517 Luther vor Herzog Georg gepredigt hatte und die Kurfürst Moritz 1548 mit dem gesamten Süd- und Westflügel hat abbrechen lassen[1]. Auch sie war mit goldenem und anderem köstlichen Tuch hergerichtet worden. Die Predigt hielt der Spittelmeister und zwar zum Lobe des Königs und jedermanns. Es war dies der Geistliche, der nach der neuen Ordnung des Herzogs Georg vom Jahre 1536 dem Jakobshospital vorstand. Da der Herzog dem an jenem Sonntage im Gefolge König Ferdinands mit anwesenden Bischof Johann von Wien die neue Hospitalordnung zur Begutachtung vorgelegt hatte, wird er gewiß den ersten von ihm selbst eingesetzten Magister zur Predigt aufgefordert haben[2]. Die Messe zelebrierte einer der Kapläne des Herzogs; dazu traten des Königs Kaplan und sechs Buben königlicher Majestät, die mit brennenden Kerzen und großer Reverenz dienten und aufwarteten, an den Altar.
Nach der Messe fand im Schlosse ein Festmahl statt, zu dem des Königs Trompeter geblasen haben. Dann wurde ein Rennen abgehalten; ob im Schloßhofe oder auf dem Altmarkte, wird nicht berichtet. Daran beteiligten sich Graf Hans Georg von Mansfeld, Caspar von Ponickau, Hans von Schleinitz, Hans von Schönberg, Gottschalk von Haugwitz, Christoph von Haugwitz. Den welschen Herren von der päpstlichen und venetianischen Gesandtschaft fiel bei diesem Rennen auf, daß die Deutschen in so kleinen Sätteln und mit so großen Stangen so fest sitzen konnten. Sie gingen darauf in die Harnischkammer, die sich damals im ersten Obergeschoß des Nordflügels im Hausmannsturme nahe bei der Schloßkapelle befand, besahen und begriffen das Rüstzeug, um guten Bericht zu erlangen, „wie sichs gepürt, solchen Leuten anzuzeigen“.
Nach dem Rennen wurde ein feierliches Abendessen abgehalten, und hierauf begann an dem Hofe des sonst doch so ernst gewordenen Herzogs ein Tanz. Dazu waren aus dem Adel etwa 50 Frauen und Jungfrauen, die sich gewöhnlich in der Stadt aufhielten, geladen[3]. König Ferdinand – damals 35 Jahre alt – tat den ersten Tanz mit des Georg von Carlowitz Weibe, tanzte noch mit vielen Frauen und Jungfrauen, zum Beschluß mit Barbara von Schönberg. Der Herzog verehrte dem Könige an diesem Tage zum Gedächtnis ein reiches Geschenk, einen schönen Becher („Kopf“), der nicht weniger als 100 Gulden gekostet haben soll. Ferdinand bezeigte große Freude darüber und tat an dem Abende dem Herzoge zu Ehren und zu Danke einen „starken Trunk, dieweil er Adem hat und das ihm die Nasen rot geworden ist“. Ausdrücklich sicherte er dem Herzog zu, daß er diesen „Kopf“ nicht wegtun werde; er solle zum Gedächtnis aufbewahrt werden, und dazu wies er ihn allen seinen Dienern und forderte sie auf, ihn wohl zu verwahren. Montag den 19. Mai früh ist der König zur Messe gegangen und bald zu Roß gestiegen. Geleitet vom Herzog Georg und seinem Sohne Friedrich ist er durch die „Dresdenische Heide“ geritten; hierbei fand der Abschied statt. Wie wert dem König der treue katholische Fürst erschien, erhellt noch aus seinen Abschiedsworten an Georg von Carlowitz, dem er „fleißig befohlen, auf dessen Gesundheit gut Achtung zu geben aus Ursachen, daß viel an ihm gelegen sei“. Dieser vertraute Ratgeber des Herzogs schrieb fünf Tage darauf, am 24. Mai, an Herzog Heinrich von Braunschweig sehr befriedigt über die Zusammenkunft der Fürsten; beide seien, gottlob, fröhlich bei einander gewesen, wie Vater und Sohn, nach König Ferdinands eigenen Worten. Auch hatte der kluge Mann bei Anwesenheit Ferdinands und seiner Räte die Beruhigung gefaßt, daß der Königlichen Majestät Sachen nicht so übel ständen, als man vermeinete[4]. Das Mittagsmahl hielt König Ferdinand zu Bischofswerda; bis an die Grenze der Lausitz hatten 100 „Pferde“ den Gast, der nun nach Bautzen weiter ritt, geleitet.
Für das damals noch kleine Dresden mochten es anregende und unterhaltende, vielleicht auch gewinnreiche Tage gewesen sein; der König hatte bis zu 800 Pferde in Fütterung gehabt, Georg 500. Auch hier waren alle Fremden, soweit sie sich für sich und ihren Unterhalt auf den König beriefen, des Herzogs Gäste, wenn auch der königliche Kurier „hart dawider gewest ist“. Zum Schlusse seines getreuherzigen
Berichtes erklärt der Schreiber, daß ihm als Unwissendem
- ↑ C. Gurlitt, Kunstdenkmäler usw. S. 144. Abbildung.
- ↑ H. Haug, Zur Geschichte des Jakobshospitals. Dresdner Geschichtsblätter 1902 Nr. 4. S. 131 ff.
- ↑ Der große Tanzsaal war im zweiten Obergeschosse des alten Schlosses nach der Elb(Schloß-)gasse zu.
- ↑ Schreiben im Wolfenbüttler Archiv. Acta publ. Henric. jun. Nachtrag II. 27. (Gütige Mitteilung des Herrn Prof. Dr. F. Geß.)
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/149&oldid=- (Version vom 11.2.2025)