Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3: No. VII
← No. VI.) Beylage zur 20. Woche 1774 | Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3 (1774) von Herrnhuter Brüdergemeine (Hrsg.) No. VII.) Beylage zur 28. Woche 1774 |
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Am 2. ten Novbr. wurde Geschwister Knausens
gebornes Töchterlein mit Namen Johanna Susanna
getauft. D. 6. ten zogen sämtliche Kinder
23. an der Zahl nebst 12. Mädgen u. 10. Schwestern
aus dem bis herigen Anstalts- in das so
genannte Mädgen-Haus, u. wurden Nachmittags
in demselben mit einem lieblichen Liebesmahl
bewillkommt. Den Kindern, welche über
ihre neue Wohnung sehr erfreut waren,
hielt Bruder Thrane nachher eine Rede, u. die
Vorgesezten theilten zu neuer Treue in ihrem
Dienst den Verbindungs-Kelch unter sich.
Am 13. ten beteten wir unserm Herrn u. Aeltesten
Chorweise an, u. erfuhren sowol dabey
als bey dem LiebesMahl u. dem Bundes-Kelch
Sein gnädiges Daseyn auf eine selige Weise.
Am 14. ten hatten die ledigen Brüder
[674] mit ihren lieben Bruder Fromelt zum Beschluß seines
10. jährigen gesegneten Helfer-Amts im
Chore ein vergnügtes Liebesmahl. Es wurde dabey
angemerckt daß dieses Chor bey der
Ankunft des Bruders Fromelt, aus 129. Personen
bestanden, seit der Zeit 199. abgegeben, u.
gegenwärtig aus 116. Personen bestehe. Es
waren an dem Tage eben 25. Jahre, daß
das jezige Chor-Haus bezogen worden, damals
bestand das Chor aus 110. Personen, davon
unser lieber Bruder Johann Bonn noch alleine
übrig ist. D. 15. ten reisete Bruder Fromelt
mit unsern herzlichen Segen nach Litiz ab, woselbst
er den Bruder Sydrich, welcher am 2.ten
Dec. zu einer anderweitigen Bestimmung zu
uns kam, im Chor-Helfer-Amte bey den ledigen
Brüdern ablösen wird. Den hiesigen ledigen
Brüdern, Jünglingen u. Knaben war bereits
am 12 ten dieses Bruder Busse als ihr
nunmehriger Helfer vorgestellt worden.
D. 17. ten wurde im Gemein-Rath erinnert,
daß das einsetzen in Lotterien den Character
eines Bruders nicht gemäß sey, indem gemeiniglich
nichts als Absicht Haabsucht zum Grunde
liegt, daher selbiges für eine Gemeine
Jesu höchst unanständig sey, u. von den schädlichsten
Folgen seyn könne.
[675] D. 27. ten beging die Gemeine das heilige AbendMahl deßen die 2. ledigen Schwestern Sophia Mauin u. Elies. Witkin, u. das große Mädgen Anna Gambold, zum erstenmal theilhaftig wurden. D. 29. ten war ein Kaufmann aus London hier, welcher den ledigen Schwestern eine Parthie gestickter Waaren abnahm, um selbige mit nach England zu bringen u. zu zeigen, was für Waaren in Bethlehem verfertiget würden. Am 11. ten Dec. begingen die Wittwer u. am 12. ten die Wittwen ihren Lehrtag mit einer Rede u. begnadigten Chor-AbendMahl.
Die Christ-Nachtwache der Gemeine, wobey auch die Kinder zu gegen waren, wurde mit einem fröhlichen LiebesMahl, u. im Gefühl der Nähe unsers Menschgewordnen Gottes begangen.
Der Beschluß des alten u. Übergang ins neue Jahr war nicht weniger mit ausnehmender Gnade begleitet. Tausend Danck u. Sünder-Thränen floßen zu den Füssen unsers barmherzigen Herrn, u. Sein Friede erfüllte unsre Herzen mit dem Trost der Gnade.
In den Memorabilien der Gemeine in Bethlehem
heißt es: Das Bewußtseyn unsrer
[676] Gebrechen, u. daß wir uns des Verdienstes unsers
Heilands nicht noch mehr zur Bevestigung
in der Gnade bedient haben, macht uns beym
Schluß des Jahres vor Ihm beschämt, noch
mehr aber, daß ER Seine Gnade gleichwol
nicht von uns abgewendet, sondern Seine Güte
Freundlichkeit u. viel Vergeben, alle Morgen
neu über uns gewesen, u. sich Seine Gnadengegenwart
ofte so empfindlich, sonderlich wenn wir
mit unserm Gebet u. Flehen gemeinschaftlich vor
Ihm lagen; am allermeisten aber bey dem
Sacramentlichen Genuß Seines Leibes u. Blutes
unter uns offenbahret hat. Die allgemeinen
u. besondern Feste, wie auch unsre
Gemein-Tage waren ausgezeichnete u. Segens
u. Gedenck-Tage. — Die Lehre von
der verdienstlichen Marter-Gottes war unsern
Herzen angenehm. — Die heilige
Schrift hat, so ofte sie gelesen worden
ihre eigene Kraft zur Lehre, Beßerung
u. Züchtigung in der Gerechtigkeit, bewiesen —
Das Band der Liebe ist unter uns unverlezt
geblieben; u. wir sind bey allen Versuchungen,
zur Abweichung doch allezeit wieder
auf das, was die Lehre Jesu ziert u. ehrt
zurück geführt worden. — Dieses alles
u. noch vielmehr gereicht unserm lieben Herrn, u.
[677] der treuen Pflege des heiligen Geistes, zum unendlichen
Lob, Ehre u. Preiß.
Die Segens-Hand unsers lieben himmlischen Vaters, hat uns mit alledem was zur Leibes-Nothdurft gehört, reichlich versorgt, so daß auch die Dürftigen keinen Mangel gehabt.
Die Chöre, deren Jedes für sich zu verschiedenenmalen die Gnade gehabt, das heilige Sacrament zu begehen, sind sowol dafür, als für ihre mit wahrer Gnade begangene Chorfeste, danckbar beschämt, u. gehen ins ganze einen seligen Gang.
Auf Posten u. in andre Gemeinen sind gegangen 27. Geschwister. Von Posten u. andern Gemeinen gekommen 30. Geschwister. In die Gemeine aufgenommen worden 9. Geschwister. Zum erstenmal zum heiligen AbendMahl gelangt, 16. Geschwister. Zur Acoluthie angenomen worden 16. Geschwister. Zu Diaconis eingesegnet 2. Brüder, u. 1. Bruder zum Coepiscopo[WS 1] geweyhet worden.
Getraut sind worden 3. Paare.
Geboren u. getauft 12. Kinder. Heimgegangen 12. Geschwister
Die Gemeine in Bethlehem besteht beym Schluß des Jahres aus
144. | Eheleuten | |
8. | Wittwern | |
32. | Wittwen | |
118. | ledigen Brüdern Jünglingen u. Knaben | |
170. | ledigen Schwestern u. großen Mädgen | |
36. | Knäbgen u. | |
51. | Mädgen | |
Summa | 559. | Personen, 6 mehr als voriges Jahr. |
[678] 1774. Noch ganz angethan von der beym Uebergang ins neue Jahr waltenden Gnade, stimte die Gemeine vormittags am 1. ten Januar das Te Deum an. Die Chöre erbaten sich von unserm lieben HErrn; der sich selbst für unsre Sünden gegeben hat, die Gnade, daß alle Tag im Jahre, die Gott läßt werden, jeden mögen Fest-Tage werden, der Marter-Gottes; u. opferten Ihm mit Hand u. Mund Geist, Seel, u. Leib aufs neue.
Am 4. ten hatten die Brüder-Wittwen-Societaet ihre halb jährige Versammlung, in welcher 4. neue Mitglieder auf genommen wurden. D. 9.ten segnete der liebe Heiland die Fest-Feyer der Jünglinge u. Knaben mit Seiner besondern Gegenwart in allen ihren Versammlungen. Es wurden 4. Kinder, Namens Richter, Ludwig Hübner, Friedrich Strehle u. Samuel Schober zu ihrer Anzahl hinzu gethan; u. die AbendMahls-Genoßen gelobten beym Bundes-Kelch dem Heiland, willige Herzen, sich in das [679] Bild des Knaben Jesu gestalten zu laßen. D. 15ten theilte die Gesellschaft der Stundenbeter, in ihrer ersten Versammlung dieses Jahrs den Kelch unter sich, im nahen Gefühl des Heilandes.
D. 23. ten beging die Gemeine das heilige AbendMahl, deßen die ledige Schwester Anna Maria Yarrel zum erstenmal mit uns theilhaftig wurde. Am 28ten wurden in einer Versammlung der AbendMahls Gemeine folgende Geschwister zur heiligen Ehe verbunden: Bruder Jeremias Denke u. die Schwester Sara Smouth, Bruder Daniel Sydrich u. Schwester Gertraut Petersin, u. Bruder Joseph Otto u. Schwester Anna Maria Horsefield.
Nun folgen noch Lebensläufe einiger in Bethlehem heimgegangener Geschwister.
1.) Am 6. ten Nov. ging die ledige Schwester Martha Mansin zum Heiland. Sie wurde Anno 1716. d. 19. ten Merz zu Bergen in Norwegen geboren, u. Anno 1739. durch die Predigten des Pastor Renmorts erweckt; welcher sie in sein Haus u. Dienst nahm, ihr viele Liebe u. Treue erwieß, u. sie bey sich behielt, bis sie Anno 1744. Erlaubniß erhielt zur Gemeine in Herrnhaag zu kommen.
Anno 1745. im Jan. wurde sie in die Gemeine auf genommen, gelangte mit derselben Anno [680] 1747. im Septbr. zum heiligen AbendMahl, u. reisete nach erhaltenen Ruf das Jahr drauf, mit noch einigen ledigen Schwestern nach Pensylvanien. Sie wurde in Bethlehem u. in Nazareth sowol bey den Kindern als auch bey den großen Mädgen u. ledigen Schwestern, als Stuben Aufseherin u. Mit-Arbeiterin gebraucht, besorgte auch einige Jahre das Krancken-Wärter-Amt, mit vieler Treue, u. wurde Anno 1762. zur Acoluthie angenommen. Ihre melancholische Gemüths-Art fiel ihr ofte schwer, aber der Umgang u. innige Zusammenhang ihres Herzens mit dem Heiland erhielt sie selig u. zuversichtlich. — Sie hatte schon seit verschiedenen Jahren gekränckelt, u. sich nach ihrer Auflösung gesehnet; die Hoffnung aber einer baldigen Erfüllung ihres Wunsches erlangte sie erst im Febr. dieses Jahrs 1773. als sie von einer heftigen Brust-Kranckheit überfallen wurde. In derselben äußerte sie sich einmal unter andern, folgender maaßen gegen eine Schwester: Es thut mir leid, daß ich meinen Gang in der Gemeine nicht immer so fröhlich gegangen bin. Indeßen hat mir mein treuer Heiland durch alle Schwierigkeiten von außen u. innen allezeit gnädig durchgeholfen, mir [681] auch alles vergeben; Ihm sey ewig Danck dafür gebracht. Wenn ich die Gnade haben werde zu Ihm heimzukommen; so komme ich als ein armes Sünderlein, ja als die Aermste im Chore. Nichts, ja gar nichts bleibt mir übrig; ich habe mit dem Heiland über alles aus geredet, u. freue mich gar sehr, Ihn bald von Angesicht zu sehen. Da wird auch die Blödigkeit wegfallen, die mich hier so ofte abgehalten, meine Liebe gegen den Heiland sowol, als meine Schwestern zu äussern. In dieser seeligen Herzens-Stellung verbrachte sie ihre noch übrige Zeit auf der Kranken-Stube, konnte aber mit unter dem heiligen AbendMahl auf dem Gemein-Saal mit beywohnen, war auch noch als die Schwestern am 19. ten Oct. 1773. ihr neues Haus bezogen in allen Versammlungen sehr munter u. vergnügt. Am 24ten selbigen Monats besuchte sie auf allen Stuben des neuen Hauses, welches ihr lezter Ausgang war. Von dem an, nahm ihre Schwachheit aber auch die Sehnsucht beym Herrn daheime zu seyn, täglich zu, bis sie an bemeldtem Tage selig in Jesu Arm u. Schoos erblaßte, im 58. sten Jahr ihres Alters.
2.) Am 14. ten Dec. 1773. nahm der liebe Heiland [682] den verwittweten Bruder Heinrich Wilhelm Gottlieb v. Vippach zu Sich, für deßen Erlösung von allem Elend wir Seinem Erbarmer von Herzen danckbar waren. Er schreibt selber von sich: „Ich bin in Schlesien, ohnweit Gnadenfrey am 30ten Jul. 1713. geboren, woselbst meine lieben Eltern, welche Gottes fürchtig waren 2. Güther besaßen. Weil man meinem Vater in Verdacht hatte, daß er es heimlich mit den Feinden, die damals ins Land gefallen waren, hielte; so wurde er mit Gift hingerichtet, u. einer seiner Bedienten auf der Stelle von einem Catholiken erschlagen, weil er ihn sagen hörte: Gott würde seines Herren Tod rächen. Meine Mutter wolte man nach Wien bringen laßen, sie erfuhr es aber noch zu rechter Zeit, begab sich daher zu einem unsrer Freunde, u. ich wurde zu einen nahen Anverwandten gethan.
Hier lernte ich unter andern verschiedene biblische
Sprüche aus wendig, von welchen mir dieser
der eindrücklichste war: Ich werde Ihm
noch dancken, daß ER meines Angesichtes Hülfe
u. mein Gott ist. Bey meinem ersten
AbendMahl war mir unaussprechlich wohl, u. ich
versprach meinem Beicht-Vater dem Herrn Jesu
ewig treu zu bleiben. Ich hatte auch
[683] Gl das Glück mit einer Person bekannt zu werden,
welche mir Jesu Leiden als die Ursach
unsrer Seligkeit zu einem nicht geringen Eindruck
anprieß. – Meine Anverwandten
welche einen Soldaten aus mir machen wollten
thaten mich in meinem 13. ten Jahr unter die
Cadetten. Ich war aber nur 8. Wochen unter
ihnen, denn ich schrie Tag u. Nacht zu
Gott, daß ER mich von den Greueln, die
ich da sehen u. hören muste, erretten sollte,
u. ER erhörte mich auch. Ich kam so
dann zu meinem Oncle, welcher Königlich Pohlnischer
Minister u. General war, muste
daselbst alle Adeliche Uebungen lernen u.
wurde als sein Kind gehalten; Aber mit
dem Beding, daß ich Soldat werden sollte,
welches auch zum andernmal erfolgte.
Aber, meines Angesichtes Hülfe half mir
wieder los. Ich wollte weder eßen noch
trincken, lag Stundenlang auf meinem Angesichte,
u. kam dergestalt von meinen Kräften
herunter; daß man mich wieder weg nehmen
muste. Nichts desto weniger wurde
mir nach einigen Jahren abermals heftig zugesezt,
Soldat zu werden, welches mich aufs
neue zu Gott um Hülfe schreyen machte.
Es kam auch würcklich dazu daß ich nach dem
[684] Orte meiner Bestimmung, wo ich in Soldaten-Dienste
treten sollte, abreiste. Auf der
lezten Station aber beredte ich den Postillion
mich abzusetzen, schrieb mit demselben ein
Dancksagungs-Schreiben an den Herrn General
zurück, mit dem Vermelden, daß ich mich
entschloßen hätte, anstatt meine Seele in solche
Gefahr zu setzen, zu gehen, wo mich
Gott hinführen würde. Ich nahm darauf
auf Anrathen des alten Mannes, der
mir meine Sachen nachführte, u. dem ich meine
Umstände erzehlte, die Flucht durch einen
Wald nach der Elbe, um vor denen mir
nachgeschickten Reutern des Herrn Generals
sicher zu seyn. Ich muste an der Elbe
bis auf den Abend warten, da ein Schiff
kam, u. mich mit nahm. Als aber
die Schiffs-Leute erfuhren, daß ich keinen
Paß hatte, sezten sie mich wieder ans
Land, u. ich muste die Nacht unter freyen
Himmel zu bringen, bis ich des Morgens einen
Menschen fand, der mich mit meinem Sachen
zu einer nah gelegenen Schiffs-Mühle brachte,
woselbst mich die Frau freundlich aufnahm,
hier blieb ich einige Zeit, gab mich für einen
Schneider-Gesellen aus, u. die Frau bewieß
mir alle Liebe, sagte aber, sie wolle mich
[685] auf ein Schiff als ein Schiffs-Junge verdingen
damit ich sicher nach Holland käme. So gut
sie es mit mir meynte, so wenig durfte ich
ihr den Schrecken, den mir ihre Worte einjagten
mercken laßen, u. wandte mich daher in
der Stille zu dem, welcher meines Angesichtes Hülfe
war. Es kam auch ein Schiff, auf welches
ich als Schiffs-Junge verdungen wurde,
meine Wirthin versorgte mich mit Lebens-Mitteln
u. empfahl mich dem Schiffer als ihr eigen Kind.
Hier erfuhr ich freylich eine ganz andre Lebens-Art,
als ich in des Herrn Generals Hause
gewohnt war, u. muste des Nachts in der
Näße u. Kälte auf dem Schiffe liegen.
Endlich konnten wir des Eises wegen nicht weiter
fahren, u. der Schiffer brachte mich mit
meinen Sachen in ein nah gelegenes Städtgen
von wannen ich mich auf Anrathen nach
Zerbst begab. Daselbst wurde ich zufälliger
Weise mit einen Kaufmann bekannt,
dem meine Umstände sehr zu Herzen gingen.
Er nahm mich in Sein Haus, u. erwies mir viele
Liebe, wollte mich auch, weil Er keine Kinder
hatte zum Erben machen, damit ich mich
auf meiner vorgegebenen Schneider Profeßion
sezen u. gut ernähren möchte. Dieses brachte
mich in neue Verlegenheit u. weil ich ein grosses
[686] Zutrauen zu dem Manne hatte; so rückte
ich mit meinen Umständen ganz heraus. Als
er erfuhr daß ich von Stande wäre, so bat
er für mich beym Fürsten, daß selbiger mich
zum Pagen annehmen wollte möchte. Derselbe
ließ mich auch aufs Schloß holen, befragte sich
gründlich um den Verlauf meiner Sachen, u. sagte
mir sodann zu, mich anzunehmen. Weil ich
aber für einen Pietisten gehalten wurde, so
ruhete die Gegen-Parthie nicht, bis der Fürst
seinen Sinn änderte. Als ich nun auf
meine weitere Flucht bedacht war, so verschafte
mir, der fürstliche Capell-Director
welcher ebenfalls für einen Pietisten gehalten
wurde ein Unterkommen, bey der Fürstin
von Cöthen. Diese Fürstin übergab
mich ihrem Hof-Prediger, u. dieser einen
fürstlichen Hofmeister, welcher das schöne
Lied gemacht hat: Mein Heiland nimt die Sünder
an p. Hier war ich nun eine Weile in
einer seligen Pflege u. etwa 18. Jahr alt.
Indeßen wurden meine Umstände den frommen
Herzog von Saalfeld, u. den Grafen
von Sorau bekannt, welche mir antragen liessen,
ob ich nicht noch Theologie Studieren wollte,
mit dem Versprechen, mich auf der Universitaet
[687] frey zu halten. Ich nahm es an, u.
kam demnach nach Halle ins Waysenhaus.
Nicht lange hernach wurde unser lieber Bruder Spangenberg
als Proffessor dahin berufen, uns
Schülern aber hart verboten, ihn u. seine Predigten
zu besuchen. Allein unser 18. verbanden
sich in der Stille, ihn zu besuchen, da
er denn sehr herzlich mit uns redte. Endlich
bekam ich auch einmal Erlaubniß in seine
Predigt zu gehen, da er just den Text abhandelte:
So wir unsre Sünde bekennen, so
ist ER treu u. gerecht p. Ich wurde dadurch
sehr angefaßt, u. das Blut Jesu war mir
das Einige Nothwendige. Nach u. nach wurde
ich durch einige Brüder, welche von Herrnhut
zum Besuch kamen, mit der Gemeine bekannt.
In meinen Studiis brachte ichs, wegen meines gesezlichen Ganges, u. anhängender Kräncklichkeit nicht weit, u. kam endlich zu einem alten Prediger auf dem Lande, u. ihm in Predigen u. andern Amts-Verrichtungen zu helfen. Ich erfuhr aber bald, daß mich der Herzog von Saalfeld zum Catecheten berufen wollte, u. entschloß mich daher, nach Herrnhut zu gehen. –
Von Herrnhuth wurde ich nach Marienborn gerufen u. daselbst der Gemein-Gnaden theilhaftig [688] auch nach einiger Zeit mit der Schwester Christiane geb. v. Kleist zur heiligen Ehe verbunden. Diese unsre Ehe, hat der Herr mit 6. Kindern gesegnet, von welchen noch 1. Sohn u. 1. Tochter am Leben, u. in den Europäischen Gemeinen sind. – Wir reisten sodann nach Holland, blieben einige Zeit in Herrendyk zur Pflege der Kinder u. wurden sodann nach Berlin gerufen. Hier hatten wir eine selige Zeit unter den Geschwistern, kamen darauf nach Stettin, von da als Kinder-Eltern nach Gnadenfrey, sodann nach Neusaltz u. zulezt nach Herrnhut, wo meine Frau selig in die Arme ihres Erlösers überging. – Ich wohnte nachher einige Jahre im Wittwer-Hause, bekam so dann einen Antrag nach Pensylvanien zu gehen, u. kam dem zu folge am 19. ten May. 1769. hier in Bethlehem an.“ So weit er selbst. Der Gang unsers seligen Bruders war auch in der Gemeine von eigener Art, wozu seine Führung von Jugend auf, u. andre Umstände vieles beygetragen haben. Er muste daher mit vieler Geduld getragen werden, u. diese bewies man ihn denn auch von Herzen gerne, in Betrachtung [689] seiner Gnadenwahl u. aus Ueberzeugung daß sein Herz gleichwol den Heiland zum Object hatte.
Vor etwa 1½ Jahren fiel er in eine schmerzliche u. betrübte Kranckheit am Leibe u. Gemüthe, welche auch bis zu seinem Ende anhielt, welches am 14. ten Dec. mit der schönen u. tröstlichen Collecte unter dem Text des Tages erfolgte: Jesus ER mein Heiland lebt, ich werd auch das Leben schauen pp. Sein Alter hat er auf 60. Jahr u. 4. Monate gebracht.
3.) Am 21. ten Jan. 1774. ging die verheyrathete Schwester Anna Oerterin geb. Boelin selig zum Heiland. Sie wurde d. 7.tn Dec. 1720. in Neuyork geboren, u. in der Reformirten Religion erzogen, fühlte von Jugend auf Gnadenrührungen an ihrem Herzen, u. suchte daher als sie zu mehrern Jahren kam, selig zu werden, fand aber bey aller Mühe die sie sich darum gab, nicht was sie suchte, u. blieb, ohngeachtet sie die Predigten des Mr. Whitfields so ofte er daselbst war niemals versäumte, immer in einen gesezlichen Zustande, bis die Brüder nach Neuyork kamen, u. sie Gelegenheit hatte, das Evangelium vom verdienstlichen Tode Jesu zum wahren u. bleibenden Segen für ihr Herz zu hören. – [690] Anno 1744. bekam sie Erlaubniß zur Gemeine nach Bethlehem zu ziehen, wurde noch indemselben Jahre aufgenommen, u. des heiligen AbendMahls theilhaftig.
Anno 1745. im May. wurde sie mit dem nunmehrigen
Wittwer Christ. Friedrich Oerter zur
heiligen Ehe verbunden, mit welchem sie in Sept.
nach Friedrichstown zog, zur Gehülfenschaft
in der dasigen Kinder-Anstalt. Von
hier kamen sie in der Mitte des Jahrs 1750.
mit der Anstalt nach Maguntsche, u. Anno
1753. kamen sie beyde zur Bedienung der
Kinder nach Lancaster. Anno 1756. wurde
ihr lieber Mann nach Bethlehem gerufen, die Buchhalterey
zu übernehmen, mit welchem sie
zu Ende Januar hier anlangte. –
In ihrer Ehe hat sie der Heiland mit 3.
Söhnen u. 2. Töchtern gesegnet, welche noch am
Leben u. in der Gemeine sind. – Zu
Ende Oct. 1772. überfiel sie der damals
graßirende Husten mit einem heftigen Fieber,
welches zwar nachließ, allein es zeigten sich
bald darauf Spuren einer Auszehrung, welche
von Tag zu Tag zu nahm. Im Nov. des
folgenden Jahres, wurde sie ganz Bettlägerig.
Ihr ganzer Gnaden-Gang war ein Beweiß
[691] deßen, was ihr Herz im Umgang mit dem
Heiland u. beym kindlichen Aufschauen auf
Ihn, genoß, u. sie war in der Gemeine
eine legitimirte Schwester. Auf ihrem kranckenlager
nahm man auch ein in ihrem Erlöser
seliges u. auf ihre Erlösung Vollendung gänzlich
gerichtetes Herz an ihr wahr. – So ofte
eine Liturgie bey ihrem Bette gehalten wurde
freute sie sich gar sehr u. die lieblichen
Blicke, welche sie bey Anstimmung jeder Liturgie
zu geben pflegte, u. welche ihre innige
Freude über ihren nahen Hochzeit-Tag deutlich
anzeigten, die Andacht mit welcher sie zugleich
ihre zitternde Hände faltete, rührte
die Herzen der Anwesenden nicht wenig –
Am 16. ten Jan. dieses Jahres machte sie
mit ihren Kindern einen zärtlichen Abschied,
ermahnte sie dem Heiland bis an ihr Ende
treu zu seyn, u. empfahl sie Seiner Gnade
u. Aufsicht – Tags drauf wurde
ihr auf ihr sehnliches Verlangen noch das
heilige AbendMahl gereicht, u. von dem an hub sie
öfters ihre Hände in die Höhe u. sagte:
Komm lieber Heiland! komm bald u. hole mich zu
Dir! – Diese ihre Sehnsucht wurde am
21. ten aufs seligste gestillt, nachdem sie ihr
Sterbens-Leben auf 53. Jahr u. 1. Monat gebracht
hatte.
[692]
D. 3. ten Nov. zog der ledige Bruder Johann Weber
von Bethlehem in Christiansbrunn ein.
D. 13. ten beging die Gemeine mit ihren Kindern
das Aeltsten-Fest auf eine ausnehmend selige
Weise, u. erfuhr abermal, daß ER nun u.
nimmer nicht von Seinem Volck geschieden ist.
Abends theilten die AbendMahls-Genoßen den Lobe-
u. Verbindungs-Kelch unter sich. D. 18ten
zogen Geschwister Wenzel Bernhards in ihr Becker-Haus
im neuen Orte ein. D. 4tn Dec.
zogen unsre Kinder u. Knaben, weil sie nun
Gott Lob! völlig von der Blatter-Kranckheit
genesen, wieder auf ihre Stuben, u. hatten am
8. ten ein fröhliches LiebesMahl, wobey ein Dank-Psalm
musicalisch abgesungen, u. die manigfaltige
Liebe u. Treue unsers lieben Haus-Vaters,
die sich an ihnen bewiesen, erzehlt u.
geprießen wurde. Hierauf fielen sie nach einer
herzlichen Ermunterung zu einen wahren Lob u.
Danck gegen den treuen Heiland für Seine gnädige
durchhülfe auf die Knie, u. brachten Ihm
unter einem herzlichen Gebet des Bruder Lembkens
ihr sünderhaftes Gratias u. empfahlen sich zu
[693] neuer Gnade u. Segen. Abends verbanden sich
die Anstalts-Brüder, u. die bey derselben dienende[WS 2]
Geschwister beym Bundes-Kelch zu neuer
Treue u. Fleis in ihrem Dienst. Am 24. ten hatte
die Gemeine mit ihrem Kindern eine selige Christ-Nachtwache,
u. betete das Kindlein in der Krippe
mit gerührtem Herzen an. D. 31. ten machten
wir einen Danckvollen Beschluß des alten
Jahrs. Wir fühlten unsers lieben Herrn Da-
u. Nahseyn unter uns gar seliglich u. Sein
Gottes-Friede begleitete groß u. klein ins
neue Jahr über. Über Unzehliche Ursachen haben
wir zum Schluß des Jahres /: heißt es in
den Memorabilien der Gemeine :/ unsern lieben
Herrn mit Mund u. Herzen zu loben u. zu
preißen, für Seine an uns bewiesene Gnade
u. Treue.
Das erste u. gröste ist uns allemal Seine Unschäzbare Nähe u. gnädiges Bekenntniß zu uns Armen, welches wir in allen unsern Versammlungen oft mit ausnehmendem Gefühl erfahren u. genoßen haben, besonders aber bey dem Monatlichen Genuße Seines Leibes u. Blutes im heiligen AbendMahl.
Wir sind auch von Herzen danckbar für Sein theures Evangelium, das uns durch des heiligen Geistes-Gnade eine wohl schmeckende Speiße gewesen. Auf unsern Gemeinstunden [694] Bibel Lectionen, u. dem Lehr-Unterricht der Jugend ruhet ein eigener Segen, u. der Heiland hat gnädig fortgefahren zum Lehren u. Hören bey Jungen u. Alten Seines Geistes Gnade zu schencken.
Daß wir aber bey allem Ueberschwang der Gnade, dem treusten Heiland noch nicht ganz zur Freude sind, u. daß noch manches unter uns vorkommt, wodurch Sein Herz betrübt wird; darüber schämen wir uns von Herzen. Wir bitten Ihn daher oft angelegentlich: „Laß uns die heilige Gnadenwahl in Deinen Wunden lesen u. von den Mängeln ohne Zahl durch ihre Kraft genesen.“ Was unsre äußern Umstände betrift; so haben wir Ursachen genug unserm lieben Vater im Himmel für Seinen milden Segen, den Er auf unsrer Geschwister Arbeit in allen Theilen gelegt, für seine Väterliche Obhut, u. gnädige Bewahrung vor allen Schaden kindlich zu dancken.
In dem neuen Gemein-Oertgen sind, ohne daß jemand dabey den geringsten Schaden genommen, 4. neue Häuser gebaut u. 3. davon bezogen worden. Auch ist die Waßerleitung glücklich u. wohl gerathen, so daß die Einwohner in der trockensten Zeit keinen Waßer Mangel gehabt.
[695] In unsern Chören war ins ganze ein seliger Gang; der Heiland hat sich zu ihnen gnädig bekannt, unter ihnen gewandelt, u. ihre Chor-Feste, Lehrtage u. ihren gewöhnlichen Chor-Versamlungen zu wahren Gnaden-Tagen u. seligen Stunden gemacht, als wofür ein jeder Reigen mit beschämten Herzen seinen innigen Danck dem so lieben u. freundlichen Herrn darbringt.
In andre Gemeinen u. Posten sind gekommen: 13. Geschwister; Von andern Gemeinen zu uns 13. In die Gemeine aufgenommen worden 6. Zum erstenmal zum heiligen AbendMahl gelangt. 3, Zur heiligen Ehe verbunden worden 2. Paare. Zur Acoluthie angenomen worden 3. Brüder heimgegangen sind 6. Geschwister.
Die Gemeine in Nazareth besteht gegenwärtig aus
78. | Eheleuten | |
8. | Wittwern | |
2. | Wittwen | |
102. | ledigen Brüdern Jünglingen u. Knaben | |
20. | ledigen Schwestern u. großen Mädgen | |
27. | Kindern bey den Eltern | |
17. | Kinder in der Anstalt. | |
Summa | 254. | Personen, 10. weniger als voriges Jahr. |
1774. Die Nähe u. der Friede unsers lieben HErrn welcher beym Beschluß des alten Jahres unserm Herzen so fühlbar war, witterte auch [696] am Neuen-Jahrs-Tage gar selig in unsern Gemein u. Chor-Versammlungen. Die ledigen Brüder hörten eine begnadigte Rede, u. baten sich in einem herzlichen Gebet, die Segen der heiligen Bundes-Wunde Jesu aus. Unsre Kinder u. Knaben in der Anstalt hatten noch mit den übrigen Haus-Genoßen eine eigene Freude, da ihnen bey einem lieblichen LiebesMahl die Text-Büchlein aus getheilt wurden. D. 9. ten konten die Geschwister wegen harten Winter-Wetters nicht zu den Sonntags-Gelegenheiten kommen. Der liebe Heiland segnete heute die Knaben u. Jünglinge zu ihrem Chorfeste in allen ihren Versammlungen mit Seiner lieben Nähe u. die AbendMahls Genoßen nebst ihren Meistern u. Aufsehern beschloßen diesen Tag mit dem Bundes-Kelch auf das seligste. 4. Kinder Josias Gill, Nicolaus Garrison, Isaas Bämper u. John Popplewell wurden ins Knaben, Friedrich Schaefer, Christ. Heinrich Beck, Joseph Kaske, Samuel Steup Jacob Eyerle, Johann Renatus Lembke u. Johann Schulze ins Jünglings Chor auf genommen. D. 22. ten hatte die Gemeine zum erstenmal in diesem Jahre den allerseligsten Genuß des Leibes u. Blutes Jesu im heiligen AbendMahl, welcher großen Gnade der Knabe David Weinland zum erstenmal theilhaftig wurde.
[697] Sonst ist noch anzumercken, daß 2. unsrer Knaben in diesen Monat am neuen Ort zu Professionen gethan worden, nemlich Heinrich Müller zum Becker. Bruder Wenzel Bernhard; u. Abraham Bämper zum Sattler, Bruder Schlösser.
Am 11. ten Juny wurde in einer Versammlung der Verheyratheten u. andrer alten Geschwister wegen unsrer jungen ledigen Leute, u. besonders unsrer Geschwister Kinder in Ansehung ihres heyrathens ausführlich geredet, u. ihnen unsre Ordnung zu ihrer aller Zufriedenheit bekannt gemacht. D. 13. ten wurde der Bruder Samuel Moor mit der Schwester Helena durch Bruder Jungmann zur heiligen Ehe verbunden. Von Geckelmuckpechünck waren Indianer zum Besuch da, welche unsre Versamlungen fleissig besuchten u. mit Aufmercksamckeit zuhörten. Am 17. ten kamen einige Schwestern die jenseit Geckelmuckpechünck Welsch-Korn zu kaufen gegangen waren, zurück.
Wir erkennen es als eine besondre Vorsorge des lieben himmlischen Vaters, daß Er zum voraus für den Mangel unsrer Geschwister gesorget [698] hat. Denn anstatt daß vorm Jahr unter allen Indianern hiesiger Gegend eine große Hungers-Noth war; so können nun heuer unsre Geschwister das Welsch-Korn um einen sehr billigen Preiß haben. Am 19. ten kamen auch die Brüder die am 10ten dieses, nach Kaskaskunck, um ihr Welsch-Korn u. Vieh zu holen, gegangen waren, von daher zurück u. mit ihnen einige Indianer zum Besuch. Languntoutenünck welches einige Indianer in Besitz genommen, um da zu wohnen, ist jezt ein rechtes Sauf-Nest.
Am 20ten kam von Geckelemuckpechünck ein Bote mit einen String of Wampum, wodurch der dasige Chief unsern Salomo zu einem Council einlud. Zu gleicher Zeit erhielten wir Nachricht daß die Cherokeesen Krieg gegen die Wawiachtano-Nation angefangen u. schon ein ganzen Town verheeret, u. alle Indianer, ohne der Kinder zu verschohnen getödet hätten. Der Chief in Gekelemuckpechünck will deswegen eine Gesandschaft von 12. Männern mit Friedens-Vorschlägen zu den Cherokeesen schicken.
Am 24. ten kamen einige Fremde zum Besuch her, denen zu geredet wurde, sich ihrer Seelen Heil u. Seligkeit angelegen seyn zu [699] laßen. Am 25ten kam Salomo, der am 21. ten mit den Brüder Abraham, Samuel u. Jacob Gendaskund nach Geckelemuckpechünck zum Rath gefahren war, von daher zurück. Die Ursache warum sie ihn hin gerufen hatten, war, daß sie gerne von ihm, als einen alten Chief erfahren wollten, was er vor Alters vom Machtapaßigan /: Gift :/ gehört, u. wer unter den Indianern etwas davon gehabt habe. Er gab ihnen hievon so viel Nachricht, als er selber wuste, sagte aber, er habe es nie gesehen, sondern nur davon gehört. Ein gewißer Indianer, Namens Gulpikamen der von den Brüdern getauft ist u. Ludwig heißt, hat die Sache seit ein paar Jahren zu entdecken unternommen, u. das aus keinen andern Grunde, als dadurch ein großer Mann unter den Indianern zu werden. Sie waren mit Salomons Nachricht wohl zu frieden, u. beschenckten ihn mit Welschkorn, u. der Chief war sehr freundlich gegen ihn. Unsre Brüder von hier u. in Gnadenhütten gaben dem Chief einen Beytrag von 12. Claftern Wampum zur Expedition an die Cherokeesen, welches sehr wohl aufgenomen wurde. Es waren auch 4. Mann von den Lower-Shawanosen daselbst, die [700] die Nachricht dahin u. nach Pittsburg brachten daß die Mingoes den weißen Leuten ein Stück Land unter den Canhawa außer dem lezten den Engländern verkauften Land gegeben hätten, zur Vergütung des etliche Jahre her den weißen Leuten gestohlnen Viehes, wohin auch schon viele weiße Leute gezogen wären. Die Schawanosen befürchten einen Krieg, weil das Land nicht den Mingoes sondern andern Nationen gehört, u. glauben, dieselben thäten es nur darum, damit die Indianer in einen vorfallenden Krieg aufgerieben werden möchten. D. 27. ten nahm der Heiland die kleine Abigail, der Geschwister Wilhelm u. Martha Töchterlein, 16. Monat alt selig zu sich heim. Am 30ten wurde des Bruders Isaac kranckes drittehalb jähriges Söhnlein getauft.
Am 4. ten July Abends, wurde der Erstling
von den Cherokeesen mit Namen Noah u.
seine Frau mit Namen Wilhelmina in fühlbarer
Nähe des Heilandes getauft. Er ist
vor etwa 20. Jahren gefangen hieher gebracht worden,
u. kam lezten Winter mit seiner Familie
nach Languntoutenünk, u. dann hieher. Seine
Frau ist eine Unami. Da vor einigen
Jahren Friede zwischen den 6. u. übrigen
[701] Nationen gemacht wurde, so wurde ihm frey
gestellt, entweder in sein Vaterland zu gehen,
oder hier zu bleiben, wovon er Lezteres
erwehlte, u. nun dabey eine besondere Gnadenwahl
des Heilands über ihn erkennt. Am 5ten
ging Bruder David u. Geschwister Jungmanns mit einigen
Indianern nach Gnadenhütten zur Taufe
des den Geschwistern Roths gestern gebornes Söhnleins.
Ersterer kam Abends u. am 6. ten
Geschwister Jungmanns wieder nach Hause. Von
Geckelenuckpechünck lief die Nachricht ein,
daß 6. Shawanosen durch feindliche Indianer
umgebracht worden, von was vor
einer Nation aber die Thäter wären, wüste
man noch nicht. Am 9. ten nahm der
Heiland das den Geschwistern Nicolaus u. Amalia
in Languntoutenünk geborne Söhnlein
Tobias, im 2. ten Jahre seines Alters selig
heim. Tags darauf entschlief der Jüngling
Benjamin, der am 2. ten dieses auf
sein sehnliches Bitten war getauft worden,
sanft u. selig in seinem 14. ten Jahre. Er
kam vor anderthalb Jahren mit seiner Mutter
von Friedenshütten hieher, u. war ein stiller
Knabe aber schon ein Jahr lang kräncklich.
Nach seiner Taufe wurde er lichte u. schienf
[702] sich zu beßern, Allein 9. Tage drauf änderte
es sich auf einmal. Am 15ten ging
die kleine Sabine von 1½ Jahren, Michael
u. Charlotte Töchterlein, 4. Monat alt, selig
heim. u. am 17. ten Rebecca, Levi u. Salomo
Töchterlein, 4. Monat alt, selig heim. Ein
böser Husten, der in dieser Gegend grassirt
u. in Gekelemuckpechünck allein über 50. Kinder
seit dem früh Jahr mit genommen, ist auch
unter unsre Kinder gekommen, u. es bleiben wenige
verschohnt. Am 19. ten thaten die
Brüder einen reichen Fisch-Zug u. bekamen 2.
Canoes voll, allerley Sorten Fische, u. einige
darunter 6. bis 7. Fuß lang. Am 20ten
kamen von Tuscarawi des Michaels Mutter,
die seit einem Jahr lang schon verlangt
hat, bey uns zu wohnen, zum Bleiben hier
an. Von Gelenuckpechünck kamen verschiedene
Indianer zum Besuch her, denen der Heiland
als unser Seligmacher angeprießen wurde.
Am 25ten wurde eine Frau, Namens
Hanna, die in Gnadenhütten an der Mahony
getauft worden, u. zum Besuch hergekommen
war, in der Versamlung sehr angefaßt.
Am 20ten reiste Bruder Nathanael mit seiner
Frau zum Besuch einer mit ihnen befreundeten[WS 3]
krancken Frau, 2. Tage-Reisen von
[703] hier, die nach ihnen verlangt hätte, u. gerne
vom Heiland hören wollte, noch ehe sie aus der Zeit
ging. D. 27. ten kam Mr. Anderson von Kaskasckunck
auf seiner Reise nach Geckelenuckpechünck
hier an. Die Fremden die einige Tage zum Segen
für ihre Herzen zum Besuch hier gewesen,
gingen wieder nach Hause.
Am 29. ten wurde unser Schul-Haus fertig gemacht, damit Geschwister Roths derweilen, drinn wohnen können, wenn Geschwister Schmicks nach Gnadenhütten kommen. Auch wurde für Geschwister Jungmanns ein Haus angefangen zu bauen.
D. 30ten kam Bruder Samuel von Geckelenunckpechünck zurück, wohin er am 27. ten auf Verlangen des dasigen Chiefs gegangen war, u. für die Quäcker die daselbst von Philadelphia angekommen waren, Dollmetscher gewesen war. Dieselben hatten eine Rede an die Indianer gehalten, u. sie an die Freundschaft erinnert die sie mit den Indianern, seit ihrer Ankunft in dieses Land gehalten hätten.
Die Chiefs thaten darauf wieder eine Rede an sie, u. sagten ihnen, es würde ihnen lieb seyn, wenn sie ihnen nicht allein einen Prediger schickten, sondern auch wenn sie die Indianer in allerley Arbeit u. Handwercken unterrichteten damit sie ein ordentliches Volck würden. [704] Ferner begehrten sie von ihnen, sie möchten ihnen behülflich seyn, daß einige Indianer nach England zu einer Unterredung mit dem Könige kommen könnten. So viel wir aber vernahmen, wollten die Quäcker keins von diesen Dingen eingehen, u. entschuldigten sich, daß das ihre Sache nicht wäre, womit aber die Indianer nicht zu frieden waren; sondern sie gleichsam mit Gewalt nöthigten, lezteres zu versprechen. Es ist den Indianern nicht so viel darum zu thun, das Evangelium zu hören, als Geschencke zu erhalten, u. unter dem Schein einer guten Absicht äußerlich zu etwas zu gelangen.
D. 1. ten Aug. hatten die Getauften eine gesegnete Versammlung: Manches kam dabey auf sein Herz u. fand, daß es noch zurücke sey, faßte aber auch neuen Muth ganz des Heilands zu werden. Am 3. ten Abends kamen die 3. Quäcker, worunter ein Prediger war, die in Gekelemuckpechünck besucht hatten, hier an, besahen sich den Ort mit Wohlgefallen, waren in der Abend-Versammlung, u. rühmten die Andacht u. Ordnung der Geschwister, worauf sie den folgenden Tag nach Pittsburg zurück reiseten. D. 10ten wurde einer hier besuchenden Indianerin ihr kranckes Kind auf [705] ihr inständiges Bitten, getauft, mit Namen Anna welches einige Stunden darauf selig verschied. Die Mutter ist Salomons Enckelin. D. 11. ten hatten wir Besuch sowol von Geckelemuckpechünck als auch von Mahony an der Beaver-Creek. Von lezterm Orte war auch ein angesehner Indianer da, der schon ehedem in Languntoutenünck besucht hatte, u. gerne vom Heiland hört, auch von der Wahrheit überzeugt aber sehr reich ist.
Am 12. ten kam Isaac, welcher in Geschäften nach Geckelemuckpechünck gegangen, von da zurück u. erzehlte, er sey vom Chief sowol als von allen Indianern sehr wohl auf genommen worden, u. sie wären, um ihn zu hören, ihm von Haus zu Haus nachgefolget. Einer habe sich besonders mit ihm unterredet u. zu ihm gesagt: er hätte schon viel bey sich überlegt, auch gläubig zu werden, nur fürchte er die Indianer u. die Chiefs. Es wäre ihm ferner wohl bekannt, daß Isaac der Indianer ganze Sache wüste, u. ehedem der nächste um die Chiefs u. ihr Rathgeber gewesen.
Weil er nun aber gläubig worden, so glaube er, es müste doch wol Wahrheit seyn was die Brüder lehrten, denn er sey doch ein verständiger Mann, der von der Wahrheit, [706] oder Unwahrheit einer Sache urtheilen können. Isaack antwortete ihm: Du hast ganz recht gedacht, es ist nichts unter den Indianern, was ich nicht weiß, weil ich überall eine Haupt-Person war, u. weil ich mirs recht angelegen seyn ließ, es in allen Stücken recht weit zu bringen, habe aber dabey nichts gefunden, was das Herz befriedigen u. selig machen kan. Ich kan dir bezeigen, daß der Brüder Lehre Wahrheit ist, weil ich es an meinem Herzen als Wahrheit gefühlt u. erfahren habe. Der Indianer der auch ein angesehener Mann ist, fragte ihn ferner, was er zu den, den Quäckern gethanen Vorschlägen dächte? Isaac antwortete: er glaube sie würden ihr Vorhaben in vielen Jahren u. am Ende vieleicht gar nicht aus führen; das Evangelium würde ja hier geprediget, u. wers hören wollte der dürfte nur hingehen. Warum sie es noch wo anders suchten? Das wären nur hinderniße, damit die Indianer es nicht hören könnten u. sollten. Der Indianer äußerte gleiche Gedancken. Es wäre wunderbar, daß sie erst sich an den König wenden wollten; sie könnten derweile alle sterben, er wollte lieber jezt gleich kommen, das Evangelium zu hören. Isaack sagte darauf zu ihm u. den andern: [707] U. wenn ihr noch andre Lehrer bekommt, so sage ich euch, daß ihr nichts gebeßert seyn würdet; denn niemand wird euch das Wort Gottes u. den Weg zur Seligckeit so klar u. deutlich lehren als die Brüder. Dieses aber sage ich euch u. nicht die Brüder, daß nicht einer oder der Andere von euch hingehe u. sage: So haben die weisen Brüder, ihre Lehrer geredt; nein ich habe es gesagt, u. es hat mich es niemand geheißen, u. ich weiß, daß es wahr ist.
Am 14. ten Morgens erhielten wir die erfreuliche
Nachricht, daß Geschwister Schmiks in Pittsburg
angekommen, wohin wir heute noch etliche
Brüder mit Pferden vor sie schickten. Von
Tuscarawi kam ein Indianer, der gerne vom
Heiland hört mit seiner Familje zum Besuch,
d. 15ten kam auch Echpalawehund mit noch
ein paar Indianern zum Besuch von Geckelemuckpechünck,
wohnte unsern Sonntags-Versamlungen bey,
u. die Indianer Brüder redten viel mit
ihnen von der Seligckeit in Jesu Verdienst u.
Leiden. Am 16. ten Mittags traf Bruder
Johann Jungmann mit den Indianer-Brüdern
zu unsrer Freude bey uns von Bethlehem ein.
Geschwister Schmiks waren einen andern Weg nach
Gnadenhütten gegangen, welche darauf am 18tn
[708] von Gnadenhütten zu unsrer großen Freude
bey uns eintrafen, u. von allen Indianer-Geschwistern
sehr herzlich bewillkommt wurden.
Zu gleicher Zeit kamen Geschwister Roths zu Wasser
hier an zum Bleiben, welche unterwegs
ein starckes Donner-Wetter betroffen hatte,
wovon sie ganz naß waren. Bruder Schmiks
richtete Abends in der Singstunde viel herzliche
Grüße aus der Gemeine an die Geschwister
aus. Am 19. ten verbanden wir weiße
Geschwister uns beym Lobe-Kelch, das Werck
des Herrn in Einem Sinne u. in Liebe unter
den Indianern zu treiben, u. gelobten Ihm
Seine treue Diener zu seyn. Bruder Schmik erfreute
heute nebst seiner Frau die Geschwister
mit Besuch in ihren Hütten u. Häusern, u.
fuhr folgenden Tags mit seiner Frau zu
Waßer nach Gnadenhütten zurück.
Bruder Johann Jungmann bleibt bis zum Ausbau seiner Wohnung daselbst noch hier. Heute Nachmittag ging die alte Cornelia, Isaaks Mutter sehr geschwind heim. Sie kam 1768. in Gosgoschinck zu den Brüdern, hörte gerne vom Heiland, war um ihre Seligkeit bekümmert, redte daher auch oft mit uns über ihren Zustand. Als aber die Brüder das Jahr drauf nach Lawunackhaneck zogen, blieb sie noch zurück, [709] u. ging nach Kaskaskunck, zu ihrem Sohn, unsern Isaack, freute sich aber gar sehr, da wir anno 1770. dahin kamen u. bat gleich, bey uns wohnen zu dürfen, welches ihr auch, zu ihrer großen Freude erlaubt wurde.
1771. am Heiden-Feste wurde sie getauft u. ging einen seligen Gang, so daß wir uns alle über sie freuten. Wegen ihres hohen Alters nahmen ihre Gemüths-Kräfte sehr ab, wenn man sie aber auf den Heiland wieß war sie immer sich gegenwärtig. Vorm Jahr kam sie denn von Langudountenück hieher, u. verbrachte ihre Zeit selig u. in der Stille. Seit etlichen Tagen war sie etwas unpäßlich u. heute entschlief sie sanfte. Ihr Alter war unbekannt, sie war aber weit über 100. Jahr hinaus.
Am 22. ten taufte Bruder Roth in der Kinderstunde der Geschwister Samuel u. Sara Nantikoks Söhnlein, mit Namen Heinrich. Am 25ten nahm der Heiland eben dieser Geschwister Töchterlein Beate zu sich heim, welches 1771. geboren u. 1772. zugleich mit der Mutter getauft wurde. Viele Geschwister fangen an, am Fieber sich zu legen, u. heute that es unser Bruder Anton senior an einem hitzigen Fieber. Die ledigen Brüder feyerten am 29.ten ihr Fest mit einem LiebesMahl, u. weyheten sich dem Heiland [710] aufs neue. Am 31.ten ging die viel jährige treue Mit-Arbeiterin Lucia in ihre ewige Ruhe ein. Sie war 1756. mit ihren ersten Mann Lucas, der sich in den Indianer Kriege von der Gemeine verirrt hatte, nach Bethlehem. Ihren Mann, der bey seinem Kranckenlager wieder auf sein Herz kam, bediente sie mit vieler Treue, u. ward dadurch sehr legitimirt. Er ermahnte sie vor seinem Ende, den Heiland u. die Geschwister lieb zu gewinnen, welches sie ihm versprach, u. gleich nach seinem Verscheiden, hielt sie um Erlaubniß an in die Gemeine zu kommen, welche sie 1757. erhielt. Das Wort von Jesu Leiden machte gleich einen großen Eindruck bey ihr, u. am 10ten Apr. 1757. wurde sie getauft, u. im Jahr 1758. des heiligen AbendMahls theilhaftig. Sie wurde von jedermann geliebt, u. war viele Jahre eine treue Mit-Arbeiterin unter ihrem Geschlechte. Sie war vest an dem Heiland u. an die Gemeine gebunden, wovon sie viele Proben ablegte, besonders in ihrer lezten Ehe, da sie oft versucht wurde, sie erhielt aber ihren Mann bey der Gemeine, bis an sein seliges Ende. Die lezten 10. Jahre verbrachte sie als eine selige Wittwe, obwol schon kräncklich. Allein sie reiste doch noch einmal an die Susquehanna, war aber froh als sie im Septbr. hier in Schönbrunn [711] endlich zur Ruhe kam. Sie ward immer schwächer u. wartete mit vieler Geduld in den Willen des Heilands ergeben, auf ihre selige Auflösung. Sie bat noch vor ihrem Ende, alle Brüder u. Schwestern hier in Gnadenhütten u. in Bethlehem von ihr zu grüßen, bezeigte ihre Liebe gegen alle, u. ihr Verlangen zum Heiland zu kommen, welches Glück ihr heute zu Theil wurde. Ihr Andencken ist bey uns im Segen.
D. 2. ten Sept. kam Bruder Isaack von Mochwesing
zurück, wo er in Geschäften einiger Geschwister gewesen
war. Auf seiner Hinreise wohnte er in
Geckelemuckpechünck auf geschehene Einladung einen
Rath bey, wobey auch 2. Chawanosen von den
Lower-Towns zugegen waren, denen folgende
Botschaft an ihre Chiefs aufgetragen wurde:
Es wären 3. Quäcker in Geckelemuckpechünck gewesen,
die sie ermahnt hätten, das Wort Gottes
anzunehmen, welches sie mit dem Beding
zu thun versprochen, daß die Quäcker ihnen behülflich
seyn möchten, eine Gesandschaft an den
König von England zu thun schicken, welches sie
ihnen versprochen hätten. Wenn nun die Boten
zurück kämen; so würde es sich auf Entscheidung
des Königs ausweisen, zu welcher Parthey
oder Religion sie sich schlagen würden. Die
Franzosen, die Quäcker, die Englische Kirche, alle
[712] alle behaupteten, die rechte Lehre zu haben, u.
so auch die 2. Towns gläubiger Indianer. Sie
wollten sich nun vom König belehren laßen.
Die Chawanosen sollen es mit den Dellamattenoos
über legen, u. sich fertig machen, innerhalb
10. Tagen /: das ist 10. Monat :/ ihre Reise
an zu treten; dazu aber auch Felle zusammen
legen, um die Unkosten der Reise zu
bestreiten. Isaack nahm nachher auf der
Reise Gelegenheit diese beyde Shawanosen zu
fragen, ob ihnen der Chief Netawatwees
jemals eine Botschaft von uns zu geschickt
habe. Wir hätten ihn schon 2. mal eine
an die Shawanosen u. Dellamattanos übergeben,
die er hin zu schicken versprochen.
Als Isaac nun dieselbe ihnen erzehlt hatte; so
antworteten sie: es wäre ihnen recht lieb,
diese gute Worte jezt gehört zu haben, welches
vorher nicht geschehen wäre.
Am 5. ten gefiel es unserm lieben Herrn, unsern lieben Bruder u. viel Jährigen treuen Mit-Arbeiter, Anton in seine Freude einzunehmen. Derselbe kam in Jan. 1750. zur Gemeine nach Bethlehem, gelangte im Febr. deßelben Jahres durch Bruder Cammerhof zur Taufe, u. im Herbst zum heiligen Abend-Mahl. Man konte ihn gleich von Anfang an recht lieb haben, u. wurde gewahr [713] wie sein Herz am Heiland u. der Gemeine hing. Nach der Verlaßung von Gnadenhütten, kam er als Uebersetzer nach Wechquetank, wozu er eine besondere Gabe vom Heiland geschenckt bekommen hatte, welches er auch treulich u. zu seinen Segen that. Der Heiland hatte ihn auch Mund u. Weisheit geschenckt, wie nicht weniger eine besondere Einsicht am Evangelio u. der Gemein-Sache; so daß ihm keine Trübsaal, Verfolgung u. Gefahr in Seinem Herzens-Gange störte; sondern nur zu einer vestern Anschließung diente. Als Anno 1763. Friedens-Hütten angelegt wurde, half er da selbst der Sache des Heilands treulich, u. rief viele durch die Predigt des Evangelii herbey, die meist alle gediehen sind. Tag u. Nacht predigte er den armen Indianern in seinem Haus. Anno 1768. zog er mit Freuden mit dem Bruder David Zeisberger nach Goschgoschinck u. war auch da ein legitimirter Gehülfe, wurde auch vom Heiland gewürdigt, daselbst Schmach u. Verfolgung, ja Lebens-Gefahr aus zu stehen, verkündigte aber das Wort Gottes mit großer Freudigkeit auch in Lawunackhanneck, u. in Langundoutennück, wohin sie Anno 1770. zogen. Von hier kam er mit allen Indianern hieher nach Schönbrunn, u. freute sich [714] daß er nun hier einmal zur Ruhe käme. Allein er wurde bald kranck, u. bezeugte seine Sehnsucht zum Heiland zu kommen, war aber in den Willen des Heilands ergeben. 4. Tage vor seinem Ende sagte er zu einigen Brüdern: „Ich gehe zum Heiland u. da bitte ich euch: verleugnet ja nicht den Glauben, reißt nicht ein, was der Heiland unter euch gebauet hat; sondern haltet drüber. Gehorchet euren Lehrern, machts ihnen nicht schwer, u. laßt euch nicht irre machen. Denckt auch nicht, daß bey meiner Abwesenheit, die Sache des Heilands leiden wird, ER wird Sein Werck wie bisher fortführen, u. sich Brüder, die Er brauchen kan, ausrüsten. Bey diesen u. nochmehr dergleichen Ermahnungen gingen den Anwesenden die Augen über. Er entschlief darauf an obbemeldtem Tage sanft u. selig, seines Alters nicht unter 76. Jahren, zu unserm Schmerz, dabey wir ihm aber seine Ruhe von Herzen gönnen. Am 7. ten hatte das Ehe-Chor ein seliges Chorfest, u. der Heiland bekannte sich gnädig zu ihnen. Am 8ten kam Isaack von Geckelemuckpechünck zurück u. hatte wieder manches gehört. Der Indianer Killbuk redte ihn an u. sagte: Ihr wißt doch, daß eure Lehrer hier nichts eigenes besitzen; soll denn das immer fort [715] gehen, daß sie euch hier lehren? Das geht unmöglich an; Ich gehe jezt zu Herrn Johnson, u. ihr solt bey meiner Zurückkunft sehen, daß die weißen Leute fort müßen. Isaac antwortete; daß sie kein eigenes Land besitzen, da hast du ganz recht; sie verlangen es aber auch nicht. Aber so wie es weder mein noch Dein Land ist, u. wir wohnen doch darauf, so wohnen sie auch da. Ich sage Dir auch: so lange Indianer da seyn werden, so soll das Evangelium unaufhörlich geprediget werden; denn Gott hat es so beschloßen daß es allen Nationen soll verkündiget werden, weil Er will, daß sie selig werden sollen, u. also auch Du. Daher kan es niemand hindern u. wehren! Der Indianer schwieg stille u. ging weg.
Am 9. ten reisten die Brüder Nathanael u. Anton nach Groß-Eyland; einige zum Bau sehr nöthige daselbst zurück gelaßene Sachen zu holen.
Von Geckelemuckpechünck kam der Indianer
Leonhard zum Besuch, mit dem Bruder David
u. dem die Indianer-Brüder viel redten, ihn an
seine Taufe erinnerten u. ermahnten, das verlorne
wieder zu suchen. Am 11. ten sprachen
die Brüder vom Aufseher-Collegio in Gegenwart
[716] zweyer als Zeugen daseyender Indianer,
von Geckelemuckpechünck mit der Frau, die neulich
von Tuscaravi zu uns gekommen, welche das
Gift Machtapassigan haben sollte, u. wenn
sie es hätte, nach Geckelemuckpechünck gebracht,
u. daselbst verbrannt werden sollte. Sie erklärte sich
aber gut, u. legte ihre Unschuld zu jedermanns
Satisfaction an den Tag, wodurch wir vieler
Ungelegenheit überhoben waren.
Am 17. ten tratt Bruder David mit Isaac u. Wilhelm eine Besuch Reise unter die Shawanosen an.
D. 18ten wurde die gestern selig entschlafene Schwester Rebecca, Salomons aelteste Tochter beerdiget, welche mit ihren Mann nach Friedenshütten kam, u. daselbst 1767. zur Taufe u. Anno 1769. zum heiligen AbendMahl gelangte, u. darauf eine geraume Zeit auch nach dem Heimgang ihres Mannes einen seligen Gang ging. Als sie aber 1770. nach Langundoutenünck mit ihren 3. Söhnen kam, u. ihre Freunde ihr schmeichelten, u. sie sich selber gefiel, kam sie in allerhand hinein, so daß sie das Gefühl vom Heiland verlor, u. sich des AbendMahls verlustig machte. Es überfiel sie darauf eine harte Kranckheit; so daß sie ein wahrer Gegenstand [717] des Mitleidens aller Geschwister war. Sie besann sich darauf, bat um Vergebung, u. gelangte wieder zum heiligen AbendMahl. Beym lezten Sprechen bezeugte sie ein großes Verlangen zum Heimgehen. An bemeldtem Tage, gefiel es dem guten Hirten, dem nichts zu schlecht ist, auch dieses Sein Schäflein zu sich zu holen, im 60ten Jahre ihres Alters. Am 20ten wurde mit einem Indianer aus Pakankes Freundschaft, der ehedem in Langundoutenünck fleißig besucht hatte, u. der um Erlaubniß, hier wohnen zu dürfen, gebeten hatte, gesprochen, u. erhielt dieselbe, zu seiner großen Freude. Es wurde auch heute der Grund zu unserm Gemeinsaal gelegt u. diese Stätte dem Herrn geweihet, u. die Arbeits-Leute seinen Schutz empfohlen. Der Chief von Schenenge Lawelochwalind, kam von der Beaver-Creek hier an, u. sprach bald mit unsern Indianer-Brüdern; sagte ihnen auch, er käme dis mal nicht nur zum Besuch; sondern er wolle nun, nach reiflicher Ueberlegung gläubig an den Heiland werden. Er wäre ganz fertig u. habe geeilt uns sein Herz u. seinen Sinn, bey uns zu wohnen, zu melden. Jezt wolle er eine kurze Zeit sich hier auf halten, bis seine eben so gesinnte Frau ihre Plantage [718] eingeerndtet habe. Sodann wollte er sie mit seiner ganzen Familie herbringen. Der unterm 20. ten dieses erwehnte Indianer, übersandte uns durch Bruder Abraham am 22. ten seinen Götzen, welcher aus einem von Holtz geschnitzten Gesichte bestand, welches ihm ein Indianer gegeben mit dem Beyfügen: Wenn er dem Bilde würde Bären-Fleisch opfern; so würde er lange leben, u. gut Glück auf der Jagd haben; wenn ers nicht thun würde, so würde er sterben. Weil er sich nun fürchtet es selber weg zu thun, u. es doch gerne los seyn wollte, so gab er es uns, daßelbe zu verbrennen.
Am 23. ten kam Bruder David mit seiner Reise Gesellschaft von den Shawanosen zurück. D. 26. ten waren die Brüder Johannes, Abraham u. Isaac unermüdet, die Fremden die hier besuchten mit dem Wort von Jesu Tod u. Leiden zu bedienen. Am 29.tn sprachen wir nebst den Brüdern der Helfer-Conferenz mit dem oberwehnten Chief von Schenenge, der mit seiner Familie gerne hieher ziehen wollte. D. 3.ten Oct. kam Bruder Isaac der am 27. ten Septbr. mit einem Bruder von Gnadenhütten auf einen Besuch dreyer Indianer-Prediger, die die Brüder zu hören, verlangt hatten, abgereißt [719] war, zurück. Sie haben ihnen den gekreutzigten Heiland, als den Versöhner ihrer Sünde gepredigt u. ihnen den Grund zur Seligkeit deutlich aus gelegt, wobey dieselben aufmercksam zu hörten. Unsre Brüder wurden wohl aufgenommen, u. fanden keinen Wiederspruch. Bey ihrer Abreise gaben sie ihnen die Antwort: Sie wären froh daß sie Brüder gesehen u. gehört hätten. Vor die Zeit aber könnten sie nichts dazu sagen, sondern wolltens erst überlegen, u. uns denn ferner ihre Gedancken wißen laßen. Am 4. ten musten wir zu unserm Schmerz der Abigail, Petri Frau, unsers Abrahams Tochter, durch das Aufseher Collegium andeuten laßen, daß sie, wegen ihres schlechten Betragens noch heute den Ort räumen sollte, welches auch geschah. Der Heiland wolle es zu ihrer Errettung gereichen laßen.
Am 9. ten reiste der Chief von Schenenge ab, um seine Familie her zu holen. Des gleichen kamen die Brüder Nathanael u. Anton mit den Sachen von Groß-Eyland hier an. Bey den 2. AbendMahlen am 4. ten Sept. 16ten Oct. genoßen daßelbe 1. Bruder u. 1. Schwester zum erstenmal mit uns. Auch erhielten wir heute, als am 16. ten Nachricht, daß alle Trader aus dem Lower-Shawanos-Town, weil [720] sie in Lebens-Gefahr gewesen, nach dem Fort zurück gekehrt sind. Am 17. ten fiel der erste Reif in diesem Herbst. Weil viele Geschwister sehr spät im Juny u. July gepflanzt hatten, so war ihnen recht zu passe gekommen, daß derselbe so spät fiel, weil schon alles reif u. nichts erfroren ist. Am 8ten kamen Indianer von Walhanding-Creek, 2. Tage reisen von hier zum Besuch, das Wort Gottes zu hören u. blieben zween Tage bey uns. Die Indianer Brüder mahlten ihnen den gekreuzigten Heiland vor, u. luden sie zu der Seligkeit ein, die Er uns durch Sein Blut erworben hat.
Nun folgt noch ein kurzer Bericht von Bruder David Zeisbergers Reise mit den Indianer Brüdern, Isaac u. Wilhelm zu den Shawanosen.
Wir reisten am 17. ten Septbr. von Schönbrunn
nach Gnadenhütten ab, blieben da
über Nacht, u. kamen d. 18ten nach Geckelemuckpechünck,
wo wir den Chief besuchten, u.
eine Parthie Delamattenoos u. Tawas antrafen,
welche wir freundlich grüßten, die auf
ihre Reise nach Pittsburg waren. Ich unterhielt
mich mit ihnen, so viel es die Zeit erlaubte,
[721] u. sagte ihnen, wer ich wäre. Sie
waren alle sehr freundlich u. bescheiden.
Einer von ihnen der ziemlich gut Englisch
redte war mein Dollmetscher. Darauf
versamleten sie sich alle zu einen Rath, in
welchen sie /: nach ihren gewöhnlichen Ceremonien,
wen die Chiefs solcher Nationen zusamen
kommen :/ nach ihrem Ausdruck, die
Gebeine der Verstorbenen beyderseits sammleten,
einwickelten, begruben, u. die Gräber
reinigten u. schmückten, u. sie vor Sturm
u. Regen verwahrten, welches alles nur
so viel heißt, daß sie die Trauer ihnen
abnahmen u. sie trösteten. Wir
hatten gleich bey unsrer Ankunft den hiesigen
Chief gesagt, daß wir im Sinne
hätten, nach dem Lower-Shawanos-Town
zu reisen, worauf er uns meldete, daß
weil sie den Chief von daher erwarteten,
unsre Reise vergeblich seyn würde. Wir
blieben denn bis gegen Abend hier, u. gingen
darauf mit einem Indianer, Namens Whyte
Eye einen Chief, der hier das meiste zu
sagen hat, 6. Meilen weiter, bis in seinen
Town, wo wir übernachteten. Hier beschloß
ich meine Reise so lange fortzusetzen, bis
wir entweder den Shawanos-Chief antreffen,
[722] oder, an den uns vorgesezten Ort gelangen
würden. Sowol Isaack als ich, sprachen
verschiedenes mit Whyte Eye, u. auch mit unter
manches Wörtgen vom Heiland. Whyte Eye
ist ein Capitain u. Chief u. ein verständiger
Mann, von welchen Isaack der sein bester
Freund gewesen, u. ihn daher gut kennt,
glaubt, daß, wenn derselbe nur einmal von
der Wahrheit überzeugt würde, so würde
ihn auch niemand leicht wieder abwendig machen.
Ich gab ihn auch einen Begriff von
der Brüder-Arbeit unter den Indianern u.
sagte ihm, daß wir nichts anders suchten
als der Indianer ewiges Wohl u. Seligkeit.
Hierauf erzehlte ich Ihm, daß wir so
viel davon hörten, daß wir weiße Brüder
sollten vertrieben werden u. sagte: Solange
unsre Indianer an der Susquehanna
gewohnt hätten, so hätten uns die 6. Nationen
hierinn nichts in den Weg gelegt, sie wären
betrübt gewesen, als die Indianer von dort
weg gezogen, u. hätten ihnen gesagt: sie würden
diesen Schritt bereuen, u. an ihre Worte
dencken. Was müsten nun unsre Indianer
dencken, wenn sie hörten, daß ihre
Lehrer aus dem Lande sollten? Würden
[723] nicht da die Worte der 6. Nationen ganz
erfüllt? Er erwiederte darauf: Wir sollten
uns nicht an dergleichen Reden kehren;
die Indianer redten auch manchmal ohne
Ueberlegung, so wie die weißen Leute, welche
doch verständiger seyn wollten, als die
Indianer. Wenn wir aber aus ihren
Rath was hörten, u. uns eine Botschaft geschickt
würde, das sollten wir glauben.
Ich sagte: so haben wir auch bisher gethan.
Am 19. ten reisten wir weiter. Beym Abschied
rieth er uns, den Rath des Shawanos-Chief
wenn wir ihn anträfen, in
Ansehung unsrer weitern Reise oder Rückreise
zu befolgen. Abends kamen wir nach
Woakelameki, einen Shawano-Town, wo
ich vorm Jahr auch gewesen war. Als
wir noch etliche Meilen davon entfernt waren,
hörten wir, daß Gischenethy der Shawano-Chief
gestern da angekommen wäre.
Wir gingen gleich zu ihm ins Haus, da er
uns nach Art der Chiefs sehr freundlich bewillkommte,
u. indem er einen jeden von uns die
Hand gab, sagte: „Diesen Tag hat Gott werden
laßen, der es so beschloßen hat, daß
wir an demselben einander sehen u. sprechen
sollen.“ Wir eröffneten ihn darauf
[724] unser Vorhaben, u. den Zweck unsrer Reise: Wir
hätten unterwegs vernomen, daß er in Geckelemuckpechünck
erwartet würde. Weil uns aber
der oftmalige Ungrund solcher Nachrichten bekannt
wäre, so hätten wir unsre Reise fortsetzen
wollen, bis wir ihn unterwegens oder
zu Hause angetroffen hätten. Es wäre uns
sein Hierseyn heute unterwegs gemeldet worden,
u. wir hätten einen Indianer gebeten
mit uns zu gehn, u. unser Dollmetscher zu
seyn, damit wir einander recht verstehen könnten.
Derselbe aber wäre verhindert worden, heute
zu kommen, wolle aber morgen hier eintreffen.
Wir wollten als denn gleich mit ihm
sprechen. Zulezt baten wir ihn, es möchte
uns eine Wohnung angewiesen werden, weil
sein Haus voll war, wozu er sogleich Befehl
gab, u. wir gingen zu unsern Thimothei
jun. Mutter ins Haus, einer Shawanosin.
Abends schon ziemlich spät kam der
Chief mit noch einen Shawanos, u. einem Mingo-Indianer
zu uns, u. unterredete sich mit
Isaack, der ziemlich Shawanosisch versteht, u.
auch etwas sprechen kan, über die Umstände
in Geckelemuckpechünck, u. wegen der Verrichtungen,
der Dellamattenos, wovon ihm derselbe
[725] so viel Nachricht ertheilte, als er selbst
wuste. Darauf erzehlte er, wie es bey ihm
in seinen Town aus sähe. Es würde viel gesoffen
u. geschähe viel Unheil dabey, so daß er seine
jungen Leute, ohngeachtet vieler Ermahnungen
kaum mehr zurück halten könnte, die Trader
nicht zu berauben. Sie schlügen sich einander
Todt, u. er wüste nicht, was noch am Ende daraus
werden würde. Er sagte darauf: „Vermuthlich
kommt dieser her /: wobey er auf mich
Bruder David wieß :/ u. will uns gute Worte sagen.
Ihr könnt hingehen, fuhr er fort,
vieleicht könnt ihr mehr aus richten, als ich.
Aber auf eben die Weise Leute haben es die
weisen Leute gemacht, so lange ich sie kenne.
Sie sagen uns immer von ihren großen Verstand
u. Weisheit vor, den sie von oben her bekommen
hätten, betrügen uns aber dabey nach
aller ihrer Lust, denn sie halten uns vor
Narren u. Unwißende u. elende Leute, welches
auch zum Theil wahr ist. Weil nun die
weisen Leute unsre Schwächen u. Unvermögen kennen;
so behalten sie immer eine gewiße Oberhand
über uns, u. es ist ihnen was leichtes, den Indianern,
bey alle dem, daß sie dieselben betrügen,
weiß zu machen, sie meynten es gut mit[WS 4] ihnen. Wenn sie Rum in unsre Towns
[726] bringen; so bieten sie den Indianern so lange
davon an, bis sie närrisch werden, u. sich wie
verrückte Leute auf führen. Dann stehen sie
da, zeigen mit Fingern auf uns u. sprechen
zu einander, indem sie uns auslachen: Seht
was für Narren die Shawanosen sind!
Aber, wer macht sie so närrisch? wer ist
Schuld daran? Er wieß auf mich u. sagte:
„der, u. seines gleichen die sind es; u. dabey
sagen sie uns immer gute Worte auf
diese Weise: Seht, so u. so sind wir von
Gott gelehret, der hat uns solchen Verstand
gegeben, der der Indianer ihren weit übertrift.
Die Indianer zu betrügen, sie um
ihr Land, Haab u. Gut zu bringen, das
ist die große Weisheit, die sie besitzen. Er
sagte ferner: Als die weisen Leute vor einigen
Jahren mit einer Armee in unser Land
kamen, u. ihr General die Gefangenen, als
ihr Fleisch u. Blut von uns forderten: so
haben wir uns, weil sie uns so viel versprochen
wiewol ungern überreden laßen, ihnen viele,
jedoch nicht alle aus zu liefern, worauf sie
wieder abzogen, u. uns zu einer Treaty nach
Pittsburg einluden. Hiezu ließen wir uns auch
bereden, weil wir keine Gefahr vermutheten,
[727] u. ich ging auch hin. Als wir nun dahin
kamen, versammleten wir uns in einem großen
Hause, welches nach ihren Vorgeben für die
Indianer aus allen Nationen gebaut war,
u. wo sie Frieden schließen wollten. Da ich
aber einstmals hinein gehen wollte, um mit
dem Gouverneur zu sprechen, ließ man mich
nicht hinein, u. als ich darauf bestund, weil
ich meynte, es wäre mein Haus, so wäre ich
beynahe erstochen worden, u. es war ein Glück
daß das Bajonet nur in die Kleider ging.
Ich beschwerte mich darüber bey dem Gouverneur,
der mir aber so viel Gutes verredete, daß
ich mich darüber beruhigte, u. auf seine Worte
verließ. So habe ich es noch jederzeit gefunden,
daß die weisen Leute Gutes reden
wenn sie im Herzen böses u. arges über
die Indianer dencken, ja wol gar schon beschloßen
haben. Das war ohngefehr der
Innhalt, aber noch lange nicht, die Hälfte seiner
Rede.
Weil wir ihm schon vorher gesagt hatten, daß wir ihn morgen sprechen wollten; so antworteten wir ihm nicht. Es schien, als hätte er uns wollen abschrecken, weiter etwas zu reden, u. wir sollten unverrichteter Sachen zurück kehren, welches auch Isaack glaubte. Als am 20ten [728] unser Dollmetscher nicht kam, so baten wir ihn zu uns, u. wir bekamen auch 2. gute Dollmetscher. Als nun der Chief kam, machte Isaack den Eingang mit folgenden Worten:
„Enckel! Wir waren vorm Jahr zweymal hier, u. haben unsern hier wohnenden Enckeln, das große seligmachende uns von Gott geoffenbarte Wort, wodurch wir selig werden, bekannt gemacht, u. wir waren darüber erfreut, daß es einige annehmen wollten. Wir kriegten darauf im Frühjahr eine Botschaft von die, die, obwol sie die Mahikander anging, doch auch uns betraf. Denn wir sind nicht zwey sondern Ein Volck, das aus 4. Nationen besteht nemlich Unamis, Wunalachtko, Monsys u. Mahikandern. Denn sind auch noch Nantikoks, Canais, Mingoes u. Cherokees bey uns, welche alle oberhalb Geckelemuckpechünck in 2. Towns wohnen.
Wir haben diese Reise unternommen, euch bey einem
Besuch das große Wort des Lebens zu bringen,
u. zu sehen, ob es einige gerne hören,
u. annehmen wollen. Es ist uns auch sehr lieb,
daß wir dich hier getroffen u. Gelegenheit haben,
mit einander zu sprechen. Darauf
sagte ich zu Ihm: „Bruder! Ich sehe;
daß du uns, die wir uns die Brüder nennen,
[729] noch gar nicht kennst, u. zwischen uns u. den
weißen Leuten keinen Unterschied machst, welches
ich dir wegen deiner Unwißenheit nicht verarge.
Daher will ich dir jezo sagen, was wir für
ein Volck sind. Wir Brüder sind schon
30. Jahr unter den Indianern, u. niemand kan
uns mit Recht nachsagen, daß wir dieselben
über vortheilt, betrogen u. verführt hätten.
Unsre ganze Absicht u. Zweck zielt dahin, die
Indianern mit unserm Gott bekannt zu machen,
u. ihnen den rechten Weg zum ewigen Leben,
den sie nicht wißen, zu zeigen. Wir suchen
weder ihr Land, noch Felle, noch Geld, noch Reichthum,
sondern nur ihr Zeitliches u. ewiges
Wohlseyn zu befördern. Das wißen alle
die uns kennen. Ich muß dir aber auch
sagen, daß es zweyerley Sorten Menschen gibt. Es
gibt gute u. Böse, Kinder-Gottes u. Kinder
des Satans u. Verderbens, Gläubige u. Ungläubige,
solche die in der Welt schon selig sind, u.
solche die ohne Gott in der Welt leben, u. deren
Vergnügen darinn besteht, nur böses zu thun.
Wer nun im Unglauben beharret, der gehet verloren.
Du must nun nicht dencken, daß
ich u. meine Brüder solche Schawonaks sind, wie
du sie oft hier siehest. Viele weiße Leute
wißen u. lesen die Schrift, u. sehen den Willen
[730] Gottes gut ein; aber nicht alle thun u. leben
darnach. Weil nun die Indianer gar nichts
von Gott u. Seinem Worte wißen, u. nie dasselbe
gehört haben: so sind die weißen Leute
die ich genennt habe nicht beßer, sondern noch
schlechter als die Indianer. Wir Brüder aber
suchen dem nach zu kommen, was Gott von uns
fordert, Ihn zu lieben, von ganzen Herzen,
weil Er uns zuerst geliebet, u. Seine Liebe
dadurch gegen uns u. alle Indianer an den
Tag gelegt hat, daß ER Sein Leben für
uns gelaßen, u. Sein Blut für unsre u. der
ganzen Welt Sünde vergoßen hat, u. daher
auch für die Indianer. Wer nun
das glaubt, der wird selig; wer es nicht
glaubt der geht verloren. Das sind des
Heilands Seine eigene Worte.
U. dis Wort von Seinem Leiden u. Sterben
haben wir, auf Seinen Befehl an alle
Nationen zu bringen, weil Er gnädig ist
u. niemand will verloren gehen laßen. Es
wird auch geprediget werden, so lange die
Welt stehet, weil Gott den Weg zur Seligkeit
allen Menschen will kund werden laßen, auf
daß, wer selig werden will, vernehmen könne,
wie dazu zu gelangen ist. Wer dieses
unser Wort annimt, der wird die Wahrheit
[731] deßelben an sich erfahren. Wir dringen uns
aber auch niemand auf. Denn wer uns nicht hört
u. unser Zeugniß nicht annimt, den laßen
wir stehen, u. laßen ihn seinen freyen Willen,
entweder selig zu werden, oder verloren zu
gehen. Nur finden wir uns schuldig u. verbunden,
das Evangelium zu predigen, u.
wenn man uns an einem Orte nicht hören will
so gehn wir weiter. Wir wünschen auch daß
ihr Alten u. Chiefs die Sache nicht hindern, sondern
vielmehr fördern möget; denn es betrift
euer u. eures Volcks ewiges Wohlseyn. Wenn
du nun dazu behülflich seyn wirst; so wird
dich Gott dafür belohnen. Solltest du es aber
hindern wollen, so wird dennoch das Wort-Gottes
geprediget werden, u. du wirst keinen
Danck davor haben. Wenn du auch gleich
mir jezt nicht glaubest, so wird dennoch die Zeit
kommen, da du u. ich u. wir alle einmal
vor Gott erscheinen werden, u. alles offenbahr
werden wird. Da wirst du es selbst bekennen,
daß ich jezt die Wahrheit geredet habe.“
Er fing hierauf wieder an u. sagte:
Vor vielen Jahren haben die Gachnawage-Indianer
/: die in Canada von den Franzosen getauft
sind :/ Worte hierher gesandt, des Innhalts:
Wir wollen euch wißen laßen, daß wir uns
[732] in unsrer Lebens-Art geändert, unsre alte
Weise verlaßen, u. eine andre angenommen haben.
Es sind Leute die eine weiße Haut haben, über
das große Saltzmeer herüber gekommen, die haben
eine Schrift mit gebracht, u. uns dabey gesagt:
Seht, das ist Gottes Wort, betrachtet es recht, u.
nehmt es an, so wirds euch wohl gehen, denn es
ist was köstliches, u. wird euch großen Verstand
u. Weisheit geben. Es wird die Zeit
kommen, daß die Erde erschüttert werden
wird, u. alles blutig um euch werden, u. Furcht
u. Schrecken über euch kommen, daß ihr euch
werdet suchen zu verbergen u. keinen Platz
dazu finden. So haben auch die Mahikander
/: vermuthlich in Stokbridge u. Albanien :/
geredet, u. uns eben das gesagt. Als wir
nun vor einigen Jahren die Armee in unser
Land einrücken sahen, welche uns den
Untergang droheten, u. als die getauften
Mohoks, Oneider u. Mahikander die andern
Indianer verfolgten, tödeten, ihnen das Vieh
umbrachten oder raubten, u. ihre Städte verbrannten,
so gedachte ich an die damals ge
erhaltenen Worte u. glaubte, sie würden nun
erfüllt werden. U. dieses haben die Gendowe,
/: Sonntags-Indianer :/ gethan, die einen solchen
[733] Verstand von oben durch die weißen erlangt
haben. Vorigs Jahre kamen die Mahikander
von der Susquehanna hieher nach Allegena
/: Das waren die von Friedens-Hütten :/ Als
sie nun übers Gebirge herüber kamen, sahen
sie sich überall um, u. sagten unter einander:
Wo werden wir endlich hingerathen, wir
sind ja hier ganz blind, können nicht sehen
u. wißen nicht, wo wir hin sollen. Als
sie endlich doch den Weg in die Gegend von
Geckelemuckpechünck mit vieler Mühe fanden,
schickten sie uns folgende Worte: Wir
sind arm u. blind, können nicht sehen wo wir
uns hinsetzen, oder niederlaßen sollen. /: Dieses
hatte Josua vorm Jahr vor sich u. gegen
den Willen der Brüder gethan :/ Es
wißen alle Indianer, daß schon vor vielen
Jahren das große Feuer bey den Shawanosen
angezündet worden, wovon der Rauch gen Himmel
aufsteigt, u. alles klar u. helle macht,
zu welchem Feuer auch alle umliegende Nationen
kommen, sich zu wärmen u. den Frieden zu
unterhalten. Wie komts nun, daß dieser blind
ist, herum tappet, u. bey dem großen Feuer
keinen bleibenden Ort finden kan? Woher komts,
daß er so arm ist? Wer hat ihn so arm
gemacht, u. wer ist Schuld daran? Hier wieß
[734] er abermal auf mich, u. sagte: „der ist Schuld
daran, der hat ihn so arm gemacht, u. verblendet,
daß er nichts sehen kan. Es war auch
noch nicht genug, daß dieser da war, sondern
sie haben noch einen seines gleichen müßen herholen.
Wer ist Schuld dran, daß wir in so
elenden Umständen sind, daß das junge Volck
den Alten u. Chiefs nicht mehr gehorchen will,
u. nichts thut, als saufen, rauben, stehlen u.
tödten? Ihr seyd Ursach an allen, seit
einigen Jahren unter uns vorgekommenen Unglück
u. Unheil. Denn vorher war es nicht so.“
Darauf wandte sie er sich zu mir u. sagte zu
mir: „Du kannst wol hingehn nach unsern
Towns, ich will Dirs eben nicht verbieten. U.
ihr, sagte er, indem er sich zu den 2. Indianer-Brüdern
wandte, mögt ihn dahin bringen,
aber auch erwarten, daß sie ihm das
Gehirn einschlagen.“ Ich antwortete darauf:
Bruder! du hast des Mahikanders Worte ganz
unrecht verstanden, er hat sie gar nicht so
gemeynt, wie du sie auslegst. Wenn du selber
mit ihm reden würdest, würde er sie dir
ganz anders deuten. Seine Meynung war,
daß sie hier in ein ganz fremdes Land gekommen
wären. Und es würde jedem so gehen,
bis er so wol die Gegend als die Einwohner
[735] kennen gelernt hätte. Wenn er nun eine
Weile da gewesen, so ist er wieder wie zu
Hause. Was den andern Punckt betrift, daß
ich u. meines gleichen Schuld an eurem elenden
Zustand seyn sollen, so habe ich Dir bereits
im Anfang meiner Rede gesagt, daß es 2.
Sorten von Menschen giebt, nemlich Gute u. Böse.
Wenn nun andre weise Leute unter den Indianern
böses stiften, davor kan ich nicht; es
steht auch nicht in meiner Macht, es ihnen zu
wehren. Meine Sache u. Geschäfte unter den
Indianern ist, ihnen zu sagen was gut oder böse ist p., was sie thun
oder laßen sollen, wenn sie selig werden wollen.
Wenn euch daher jemand was gutes sagt oder
bringt, so nehmt es an; bringt euch aber
jemand was Böses, so nehmts nicht an.
Bringt nun jemand Rum in euren Town,
wovon nach Deiner Aussage, so viel Unglück
entsteht; so macht es so wie wir es
in unsern Town damit halten. Wir nehmen
solche Leute nicht an, u. wenn sie ja übernachten
wollen bey uns, so verwahren wir den
Rum so lange, u. geben ihnen denselben bey
der Abreise wieder, u. entlaßen sie in Frieden.
Warum solltet ihr Chiefs nicht so viel Ansehen
in euren Towns haben, als wir in unsern?
Auf das übrige von deiner Rede können
[736] dir diese meine hier gegenwärtige Brüder antworten,
was unsere Lehre u. unsern Wandel
betrift, denn ich zeuge nicht gerne von mir
selber, sondern überlaße es andern. Diese
können dir es schon sagen.“ Er schwieg hierauf
stille u. wuste nichts zu antworten.
Nach einer kleinen Weile redte ihn Isaack also
an: „Höre mich nochmals an, du hast
zwar gesehen u. gehört, daß die von den
Franzosen u. Engländern getaufte Indianer
in den Krieg gehen, stehlen, sauffen, rauben
Todt schlagen, u. in allen Sünden nach wie
vor leben, u. daher nicht beßer werden:
sondern noch im vorigen Krieg unsre Nation
verfolgt, viele von uns getödet, u. die
Städte verbrannt haben, welches alles wahr
ist. Es ist aber nicht die Folge, daß
wir auch solche Leute sind. So viele von
uns gläubig worden, die gehen nicht in den
Krieg, schlagen niemand Todt, saufen nicht,
stehlen u. betriegen auch nicht: sondern haben
einen Abscheu vor allen solchen Sachen. So
werden wir von unsern Lehrern angewiesen
zu thun. Sie lehren uns täglich morgens u.
Abends nichts anders, als wie wir können
selig werden, u. wie wir ein Gott gefälliges
[737] Leben führen sollen. Sie wandeln auch
so, wie sie uns lehren, u. wir haben nie
etwas schlechtes an ihnen gesehen, wie wir es
an andern weisen Leuten sehen, von denen
viele nicht beßer als die Indianer sind.
Du must daher nicht dencken, daß wir
eben so ein Volck sind, als die von andern
Predigern getaufte Indianer. Ich sagte
erst neulich zu einigen Indianern in Geckelmuckpechünck,
da sie noch andre Prediger
kommen laßen wollten, sie würden nichts gebeßert
werden. Denn ich weiß es gut u. habe es
gesehen, daß die nicht von den Brüdern
getaufte Indianer noch schlechter sind, als
die andern. Zulezt sagte ich ihm noch:
Meine Absicht bey dieser Reise war, dich
u. deine Leute einmal zu besuchen, u. wenn
ich dich nicht hier getroffen, so wäre ich gewiß
zu euch gekommen. Weil ich dich aber
nun hier gesprochen habe, u. vernehme, daß
die meisten, u. besonders die, die wir gerne
gesehen hätten, auf die Jagd gingen, u.
also nicht zu Hause wären; so will ich dir
nur sagen, daß ich weiter gehe. Es ist mir
lieb, daß ich dich gesehen habe, u. mein Wunsch
ist, daß du meine Worte beherzigen u. darüber
dencken möchtest.“ Der Chief hatte nun
[738] sein Anliegen ganz aus geschüttet u. ausgeleeret
u. erholte sich. Es war auch schon Mitternacht,
daher er ganz freundlichen Abschied nahm
einen jeden von uns die Hand gab u. nach
Hause ging.
Wir blieben am 21. ten noch da, weil sich unsre Pferde verlaufen hatten. Während unsers Aufenthalts hieselbst, hatten wir Gelegenheit verschiedene uns besuchende Shawanosen die Seligkeit vom Blute Jesu anzupreißen, unter denen verschiedene waren, die wir vorm Jahr besucht hatten. Sie waren aber furchtsam u. blöde, zwar nicht vor uns; sondern wol nur vor dem Chief, dabey aber sehr aufmercksam, u. bezeigten, sie wären froh, daß sie wieder ein wenig gehört hätten. Die Shawanosen, die wir vorm Jahr besucht hatten, sind ganz zerstreut, einige in den Lower-Towns, andere hier herum. So sehr ich mich damals über den schönen Anschein freute, so wehe that mirs nun, das alles zu nichte u. verstört ist. Ich wundre mich aber nicht so sehr. Denn hier ist, wie es scheint, die Grentze, u. der Satan wehrt sich gegen uns, so viel er kan. Wir wollen nun hoffen, wo vor jezt nichts zu hoffen ist u. vest glauben, was in der [739] Loosung am Tage meiner Abreise steht: „Ich bin Gott u. keiner mehr, ein Gott des gleichen keiner ist, der Ich das Zukünftige vorher verkündige u. sage: Mein Anschlag besteht, u. ich thue alles was mir gefällt; mit der Collecte: Er hat noch niemals was versehn in Seinem Regiment, nein, was Er thut u. läßt geschehn, das nimt ein gutes End. Eben so tröstend u. zu paßend war die Loosung unsrer Ankunft allhier: Der Herr ist mit mir, darum fürchte ich mich nicht; was können mir Menschen thun? Unverzagt u. ohne grauen, soll ein Christ wo er ist, stets sich laßen schauen. D. 22.tn nahmen wir vom Chief u. den andern Abschied, redten mit ihm noch verschiedenes, luden ihn ein, uns auf seiner Reise nach Pittsburg zu besuchen, welches er versprach u. sollennen Abschied machte, u. so traten wir unsre Rückreise an. Wir kamen Abends nach Whyte-Lyes-Town wo sie auf ein Opfer, das morgen seyn sollte, Anstalt u. heute den Eingang dazu machten. Isaack, den sie einluden es mit zu machen, weil er ein Meister darinn gewesen, hielt ihnen eine Predigt u. bezeugte, daß hierinn keine Seligckeit zu finden sey: sondern nur im Blute Jesu wie er es erfahren. Wir kamen am 23tn über Geckelemuckpechünck wieder hier an. Froh u. danckbar über alles uns vom Heiland erwiesene Gute.
[740]
D. 16.tn Aug. kam ich, schreibt Bruder Schmik u. meine Frau mit den Indianer Brüdern Marcus u. Josua die von Bethlehem mit uns gegangen waren, gesund u. über die zurückgelegte Reise froh u. danckbar in Gnadenhütten an, wo wir mit großer Frende empfangen wurden. Am 17.tn grüsten uns die Chief Echpalawehund, u. der Schmidt Natumer, die hier besuchten sehr freundschaftlich. Lezterer deßen Frau in Gnadenhütten an der Mahony getauft worden, erinnerte sich, mich oft daselbst gesehn zu haben.
D. 18tn wurde Josua jun. u. Sophia Söhnlein mit
Namen Nathanael getauft, welches aber am 9. ten
Septbr. schon wieder zum Heiland ging. Am 21. ten
kam der Chief Epalawehund zum Besuch mit seiner
Frau, nicht allein um was vom Heiland zu
hören: sondern damit sie uns auch ihr beyderseitiges
Verlangen, bey uns wohnen zu dürfen zu
erkennen gäben. Er versprach nach vollendeter
Jagd, bey seiner Rückkunft weiter mit uns zu
darüber zu reden. Heute machten die Brüder u. Schwestern
2. große Wege zum Fluß, um bequemer an diesem
steilen Ufer, Waßer holen zu können.
Echpalawehund half dabey eben so, wie unsre
Leute. Am 22. ten in der Kinderstunde grüßte
ich die Kinder von den Kindern in Bethlehem, u.
[741] sagte ihnen, die ihnen von den Mädgen gesungene
Verse, worüber sie sehr erfreut waren.
Abends wurde im Gemeinrathe resolvirt, ein neues
Versamlungs-Haus zu bauen, wozu alles willig
war, zu unsrer nicht geringen Freude. Am 23. ten
fingen dann die Bruder alle an, darauf zu zulegen
im Holtz fällen u. andern Dingen, u. die Schwestern
fanden sich willig, den Brüdern das Eßen zu bereiten
u. thaten es mit Freuden. Obbenanter Chief u.
seine Frau, nebst den andern Besuchenden gingen
heute wieder nach Hause. Am 28tn früh versammleten
wir uns auf dem Bau-Platz u. unter
fühlbarer Nähe unsers Herrn legten wir
den Grundstein zum Versammlungs-Hause.
Die Loosung des Tages: Ich will euch mehr
Guts thun als je zuvor, u. sollet erfahren
daß ich der Herr sey. Nun wir woll'n mit
Freuden sehen was du thust; war uns tröstlich
u. erfreulich. Am 29. ten erzehlte uns Epa
Echpalawehund der uns wieder mit seiner Frau
besuchte, daß ein Indianscher-Doctor ihn vor
2. Tagen besucht, u. auf die Weise gefragt
hätte: Kann ich, wenn ich gläubig werden will
meine Sachen wie vorher als Doctor noch so
fort treiben? kan ich Capitain bleiben, opfern
u. dergleichen Indianische Gebräuche nach, wie vor
bey behalten? worauf er geantwortet: „Ich könnte
[742] dieses alles als Einer der an den Heiland gläubig
werden will, nicht mehr thun; denn es sind
schädliche Dinge. Ich bin zwar noch nicht gläubig
so viel ich aber vom Heiland gehört habe, so
überzeugt mich die Wahrheit der Sache, daß alles
das, was du mir genennt hast, heidnische u. keine
gute Sachen sind, womit sich kein gläubiger
abgeben, noch dieselben beybehalten kan. So erkenne
ich die Wahrheit. Willst du nun von der
Wahrheit der Sache selbst überzeuget seyn, so gehe
nur nach Gnadenhütten, wo du noch mehr hören
wirst, als ich dir jezo sagen kan.“ Es ist gut,
sagte der Doctor, jezt gehst du dahin; in einigen
Tagen will ich nachkommen. Die uns besuchenden
Indianer u. obbenannter Chief unterredeten sich
noch bis spät in die Nacht von der Liebe des
Heilands mit den Brüdern Marcus u. Joh. Martin.
Zu mir, Bruder Schmik, kam ein Indianer
Namens Schinapehellus u. erzehlte mir mit Bewegung
seinen unseligen Herzens-Zustand wobey
ich ihm manches gutes Wort sagte.
Beym sprechen unserer Geschwister in den ersten Tagen des Septemb. konnten wir den Heiland für die ihnen erzeigte Gnade, herzlich dancken. Mit denen am 4. ten hier durch nach Pittsburg reisenden weisen Leuten, sandte ich einige Briefe nach Lankaster u. Bethlehem. Abends hatten [743] wir mit 25. Geschwistern ein seliges AbendMahl. Am 5ten hatten die Erwachsenen getauften eine Versammlung in welcher Elias der bisher in einen schlechten Gang gewesen, nachdem er öffentlich Wehmüthig Reue bezeuget auf sein sehnliches Verlangen absolvirt wurde. Es war bey den Geschwistern große Freude zu spüren, daß der Heiland dieses arme Schäflein wieder angenommen hatte. In der Abend Versammlung waren viele besuchende von Geckelemuckpechünck aufmercksame Zuhörer. In diesen u. den folgenden Tagen waren die Brüder fleißig am Bau des Versammlungs Hauses, so daß d. 12. ten das Ehe-Fest schon drinne konnte begangen werden. Das Haus ist 32. Fuß lang u. 27. Fuß breit.
Das Ehefest wurde mit den gewöhnlichen Versammlungen in Gnade u. Segen begangen. Am 17. ten kam Bruder Johann Jungman zu Waßer u. Bruder David Zeisberger mit den Brüdern Isaack u. Wilhelm auf ihrer Reise nach dem Lower-Shawano-Town zu Lande hier an. Leztere reißten am 18ten weiter, u. kamen am 21. ten wieder zu rücke. An eben dem Tage kam der Chief Echpalawehund mit seiner Frau u. Kindern zum Besuch. Er erzehlte daß er auf dem Rückwege von der Jagd bey einem Indianer-Prediger eingekehrt sey. Dieser sagte zu ihm: Ich [744] u. meine 2. Prediger, die auch Prediger sind, haben Worte nach dem Indianer-Town ohnweit Geckelemuckpechünck geschickt u. sie ersucht, um jemand der uns gute Worte brächte. Weil aber niemand gekommen ist, so dencken wir, vieleicht sind wirs nicht werth. Jener bedeutete ihm u. versprach ihm, dieser Sache wegen nach zu fragen, u. wenn in 10. Tagen niemand käme, so könnten sie ihren Gedancken Platz geben. Wir versprachen den Echpalawehunt zur bestimmten Zeit ein paar Brüder hin zu schicken, worauf er nach Schönbrunn ging. D. 22. ten kam ein Mahikander mit seiner Familie von Kaskaskunk u. noch mehrere, etwas vom Heiland zu hören. Diesen Leuten hatte Bruder Marcus die Liebe des Heilands Tag u. Nacht angepriesen. Am 29. ten Abends wurde der neue Versammlungs Saal mit der schönen Loosung eingeweyhet: Ich will Friede geben an diesem Orte, spricht der Herr. Befiehl dein'm Engel daß er komm, u. dir bewach dein Eigenthum.
Am 1. ten Oct. fingen Philippus u. obbenanter Schimapehellus an, ihre Häuser auf zu blocken. Am 2. ten gegen Abend kamen die Brüder Johann Martin u. Isaac von ihren Besuch der 3. Indianer Prediger zurück, wohin sie am 28ten Sept. abreisten. Sie hatten nur 2. derselben [745] angetroffen, denen sie die Liebe Gottes ihres Schöpfers anprießen, der für sie Mensch worden u. Sein Blut vergoßen, u. ihnen da durch das ewige Leben erworben habe.
Sie danckten den Brüdern für den Besuch u. sagten: sie verstünden zwar ihre Worte noch nicht recht, wollten aber drüber dencken, u. ihnen denn ihren Sinn ferner wißen laßen. Isaack der von hier aus nach Geckelmuckpechünck gegangen, sein verlornes Pferd zu suchen, brachte am 5ten die Nachricht, daß eine Krancke Frau daselbst sehr verlange nach Gnadenhütten zu kommen, um ihre Seele zu retten. Gegen Abend langte sie hier an, u. Jo Peepe nahm sie zu sich, weil sie mit ihm befreundet ist. Meine Frau besuchte sie, zu der sie sagte: sie sey schon ein Jahr lang damit umgegangen hieher zu ziehen, um ihrer Seligckeit willen, ihr Mann aber habe sie daran gehindert, sie freue sich aber daß sie nun hier sey.
Am 9. ten Erndteten die Geschwister auf ihren Plantagen. Ich hatte am 10ten mit Jo Pepe eine gesegnete Unterredung. Bruder Jungmann besuchte die Geschwister, um etwas in der Dellaware-Sprache zu profitiren. Eine Indianerin [746] Namens Susanna die wegen schlechten Betragens aus geschloßen, u. nun hier über 4. Monate Kranck gewesen, wurde am 16. ten in Gegenwart einiger Geschwister absolvirt. Am 17. ten wurde eine Indianerin, die sich schon ofte ins Andencken gebracht hatte, in Jesu Tod getauft mit Namen Salomee, welcher Handlung einige Fremde Indianer von Geckelemuckpechünck beywohnten. Obgedachte Susanna, war dem Heiland für seine an ihr erwiesene Barmherzigkeit, sehr danckbar, u. bezeugte, sie könne nun als eine begnadigte Sünderin mit Freuden aus dieser Welt scheiden. Am 18ten entschlief die Wittwe Magdalene u. wurde Tags drauf beerdiget. Sie war sehr veränderlich dem Gemüthe nach. Im Jahr 1770. kam sie von Schomunk nach Friedenshütten, u. erhielt bald Erlaubniß zum Bleiben. Es währte aber nicht lange, so zog sie mit ihrem Sohne fort, u. wohnte in einer Hütte ganz abgesondert. Bey der Gelegenheit, daß sie bey ihrem oftmaligen Kranckseyn ans Sterben dachte, bekam sie von den Schwestern in Schechschequanink öftern Besuch u. sie hielt um die Taufe an, welche ihr am 28ten Apr. 1771. durch [747] Bruder Roth zu theil wurde, worauf sie 1772. mit ihrem Sohne zu ihrer Schwester Johanna nach Friedens-Hütten zog. Von da kam sie mit ihren Freunden hieher, u. verbrachte ihre übrige Zeit selig u. vergnügt.
Am 21. ten wurde das Anbringen des Echpalawehund
wegen seines Herziehens in reifliche
Überlegung genommen. Er war gestern
mit seiner Tochter zum Besuch hergekommen,
u. hatte schon einigen Indianern-Brüdern
sein Verlangen bezeugt, welches er uns auch
heute zu erkennen gab, mit folgenden Worten:
„Es ist mir nur noch ein Bedencken
übrig. Weil der Chief Netawatwees
nichts ohne mein Wißen u. Willen gethan
hat, so würde ich, wenn ich zu euch zöge
u. ihn verließe, nicht sowol mir, als euch
u. denen, in Welhik-Tuppek des Chiefs
u. des ganzen Councils – Feindschaft zu ziehen.
Wenn ich aber, nach erhaltener Erlaubniß
hieher zu ziehen, von den Brüdern Erlaubniß
hätte, benannten Chief ferner hin, mit
guten Rath an die Hand zu gehen; so
könnte ich mir u. euch seine Freundschaft versprechen.
Dieses sind meine Gedancken darüber
[748] ich euren Sinn wißen möchte.“ Ich
sagte darauf: wenn es dir u. deiner
Frau drum zu thun ist, an den Heiland
gläubig zu werden u. herzuziehen, so hast
du Erlaubniß, dem Chief zu helfen, zu rathen,
u. wenn er dich ruft in den Rath zu
gehen. Wir glauben, daß es für die Sache
des Heilands hier u. in Schönbrunn gut
sey, daß wir einen haben, der unsre Sache
vertritt bey dem Chiefs. Es wird allen Geschwistern
lieb u. angenehm seyn, wenn du hierinn
dem Heiland u. Seinem Volck dienest
u. das beste der Chiefs, u. besonders des
Netawatwees mit Rath u. That bedenckest u.
die äußerliche Ruhe u. Friede beförderst.
Echpalawehunt war sehr erfreut, u. zufrieden
hierüber, u. versprach, nach genauener
Abrede mit dem Chief bald wieder hier zu
seyn.
Am 22. ten kam ein Indianer, u. bezeugte sein u. seiner Frauen Verlangen hieher zu ziehen. Ich versprach ihm, Antwort zu senden.
[749]
Am 1. ten July richteten sich Geschwister Baders, die nach Orange-Grave gezogen waren, daselbst ein, u. er fing an, die Neger im Felde zu besuchen.
Des Bruder Plantas eigne Negerin Rose in Eden, die vor 14. Tagen mit einem todten Kinde entbunden worden, war heute Abend sehr schwach. Doch erholte sie sich ein wenig u. schien sich zu beßern. Als Geschwister Plantas sie besuchten, ergriff sie unvermuthet ihre Hände, u. küßte sie, welches sie vorher nie gethan u. sagte: sie sollten sich um sie nicht bekümmern, u. bezeigte ihre Danckbarckeit für alle ihr erwiesene Liebe. Ob sie gleich von ihrem baldigen Heimgang völlig überzeugt war, so ließ sie sich doch gegen Geschwister Plantas um sie nicht zu betrüben, davon gar nichts mercken, weil dieselben niemand an ihre Stelle hatten. Sie bat hernach die Schwester Planta, sich bey ihr ein wenig nieder zu laßen, u. erzehlte darauf, sie sey an einen gar schönen Platz [750] gewesen, habe daselbst das schönste u. gröste Haus gesehen, u. eine sehr angenehme Music gehört; aber ein Mann der an der Thüre stand, habt sie nicht hinein gelaßen, sondern gefragt, was sie hier wolle? sie habe geantwortet: ich suche meinen Pickaniny /: so nennen die Neger ihre Kinder :/ u. muß da hinein, denn sie glaube, der Heiland sey da mit ihrem Kinde. Sie wäre hierauf eingelaßen worden, u. hätte viele Leute in langen weißen Kleidern gesehen, sie hätte sie alle gekannt, nur der Heiland hätte das besondere gehabt, daß Er ganz blutig aber doch sehr schön gewesen, u. etwas rothes um sich gehabt hätte. Ich wuste, sagte sie, daß es der Heiland war. Sein Blick war unbeschreiblich schöne. Darauf hätte Er sie freundlich gefragt, was sie hier wolle; sie habe geantwortet: Meister! ich möchte gern mein todtes Kind sehen; Er sagte: jezt kanst du es nicht sehen; sondern gehe zu deinem Meister zurück, ich kenne ihn, u. er kennt Mich. Sie habe aber nicht gern zurücke gewollt; aber doch keine Erlaubniß erlangt, da zu bleiben. Der Heiland wäre darauf in eine andre Kammer gegangen, [751] u. sie habe sich nach dem Bruder Schlegel umgesehn, ihn aber nicht gefunden, habe aber gedacht, er müste in einer andern Stube oder Kammer seyn, wo der Heiland hinein gegangen. Nach diesen Traum kam sie wieder zu sich selbst, u. erzehlte oberwehntes mit vernehmlicher Stimme, da sie vorher nicht mehr reden konnte. Als die Schwester Plantain weinte, war sie darüber verlegen u. sagte: Liebe Frau, weil ich noch keine Erlaubniß bekommen beym Heiland zu bleiben, so will ich nun bey ihnen u. meinen Meister bleiben, bis ich Erlaubniß kriege.
Weil es am 3. ten mit dieser Patientin immer schlechter wurde, u. man sahe, daß sie zum Ende eilte, sie auch die Tage vorher um Vergebung ihrer Sünden, u. um die heilige Taufe bekümmert zu werden anfing; so brachte ihr Bruder Planta diesen Morgen die freudige Nachricht, daß sie heute in Jesu Tod solte getauft werden. Ob sie gleich schon sehr schwach war, so bezeugte sie noch mit Mienen ihre Freude u. Danckbarckeit darüber. Sie wurde darauf in Beyseyn verschiedener getaufter Neger von der Bogue, u. der Schwester Planta in Jesu Tod getauft, mit Namen [752] Anna Beningna unter einer seligen Nähe des Heilandes; u. um 2. Uhr Nachmittags ging sie als eine arme Sünderinn, die ihre Unwürdigkeit zu dieser Gnadenwahl wuste, in die Arme ihres Erlösers über. Ihr Heimgang ging den Geschwister Plantas sehr nahe, weil sie eine so nüzliche u. treue Person war. Sie ist schon die 6te von ihren eigenen Negern, die sie begraben haben. Sie trösteten sich, daß sie beym Herrn Daheim wäre.
Gegen Abend war das Begräbniß, wobey Bruder Planta eine kurze Rede mit vielem Eindruck auf die Leichen-Begleiter hielt, u. sie darauf in der Bogue beerdigte. Es ist anmercklich daß diese selige Schwester an einem u. demselben Tage getauft, heimgegangen u. begraben worden.
Am 4. ten Abends nach der Predigt wurde den AbendMahls Geschwistern, das bevorstehende AbendMahl gemeldet, u. sie gebeten, sich gründlich zu untersuchen, u. mit dem Heiland aus zu reden, damit ja keiner Unwürdig hinzu nahe, u. sich dadurch am Leibe u. Blute des Herrn schuldig mache.
In Island that Bruder Müller in der Kinderstunde, [753] an dieselben verschiedene Fragen, unter andern: Für wen hat der Heiland Sein Blut vergoßen? worauf einige freudig antworteten: Für mich!
Am 5ten redte die Schwester Martens ernstlich mit einer getauften aber untreu gewordenen Negerin. Ein gleiches that die Schwester Baderin mit der Schwester Eva, einer AbendMahls Schwester, die aber, weil sie mit ihrem Manne, mit dem auch nachher gesprochen wurde uneinig lebet, schon lange das AbendMahl entbehren muß. In Lankaster sprach Bruder Planta beym Besuch seiner Patienten mit 2. Untreu gewordenen Leuten sehr ernstlich, u. erinnerte sie an ihr bey ihrer Taufe gethanes Versprechen; wie vorsezlich sie es gebrochen, u. sich in allen Sünden wieder herum gewälzt hätten. Eben so redte er mit einem andern Neger u. ermahnte ihn, mit reuigen u. sünderhaftem Herzen zum Heiland zu kommen.
Die zwey ersten bezeugten, sie wollten wieder
zum Heiland kommen, welches auch der Leztere
that, der aber nach seiner Meynung sehr
viele Sachen hatten, die ihm im Wege wären.
Er erkannte indeßen seinen elenden Zustand
[754] Eine Neger-Schwester erzehlte am 6. ten beym Sprechen zum heiligen AbendMahl. Sie habe vom heiligen AbendMahl geträumt, sey aber zu spät gekommen, u. daher aus geschloßen gewesen; sie freute sich aber, wie sie sich beym erwachen besann, daß ihr das AbendMahl noch bevor stünde. Uberhaupt fanden wir beym Sprechen zum heiligen AbendMahl Ursache, uns über die meisten unsrer Leute zu freuen. So fanden es auch Geschwister Kloosens in Elim, die die Geschwister sprachen, wo er Abends die Versammlung über die Worte: Ich bin ein guter Hirte p. zu einem Zahlreichen Auditorio hielt.
Am 11. ten wurden nach der Predigt folgende 3. in Jesu Tod getauft: Cornelius u. Anna Rosiena von der Bogue u. Ignatius von Elim. D. 16. ten kam der Besitzer von Georges Valley zu uns, u. frug: wenn wir wieder daselbst predigen würden; versicherte dabey, er wolle die gute Sache nicht hindern, sondern fördern, so viel er könnte, u. wolle es auch seinen Aufseher befehlen. Es hatten uns auch schon vorher einige Neger dieses Herrn darum ersucht. Wir versprachen denn balde hinzu kommen, welches [755] den folgenden Tag zu großer Zufriedenheit obbenannten Herrns geschahe, da er ihnen des Heilands Liebe u. Sein Leiden u. Tod verkündigte. Die folgende Tage besuchten wir die Krancken in den Plantagen, u. hatten gesegnete Unterredungen, mit ihnen, besonders auch mit einem Krüppel, der lezt sollte getauft werden, aber nicht kommen konnte.
Am 24. ten kam ein Bote von Kingston
mit einem Brief von Bruder Franz, darinn
er seine u. seiner Frauen glückliche
Ankunft meldete u. bat, ihm zu seiner
weitern Reise Pferde zu senden, welches auch
geschahe. Weil am 25ten Obbenannter Krüppel
aus großem Verlangen nach der Taufe
hergekrochen war; so wurde er heute nach der
Predigt in Jesu Tod getauft, mit Namen
Israel. Am 27. ten brachte der alte
Amos sein Kind zu uns, um es wegen
einer gefährlichen Beule hier in die Cur
zu geben, welche auch in kurzen gut anschlug.
Am 30ten besuchte der alte Amos die Krancken
in Elim u. Twomilewood, u. redte den
Krancken überall zu Herzen, war auch überall
[756] zu Herzen, war auch überall Willkommen,
weil sie ihn kennen u. liebhaben. Heute
Mittag langten Geschwister Franzens wohlbehalten
in Carmel an.
Die Besitzerin von Georges Valley hat die Grönländische Historie u. Bruder Cenniks Reden nicht ohne Segen für ihr Herz gelesen, welches sie am 31. ten bezeugte. An eben dem Tage ging unser alter Bruder Henoch selig zum Heiland, welcher am 1. ten Aug. unter Zahlreichen Gefolge in Elim beerdiget wurde. Er hatte schon zu des seligen Bruder Schlegels Zeit von demselben, das Evangelium mit Eindruck gehört, u. wurde Anno 1772. getauft, hatte auch das Zeugniß eines treuen u. fleißigen Sclaven. Die folgenden Tage continuirte der Besuch bey gesunden u. krancken Negern, u. zwar nicht ohne Segen. Wir lasen uns auch die Briefe u. Nachrichten aus Nord-Americka, u. die Neger waren erfreut etwas von ihren lieben Bruder Angermann zu hören, der bey ihnen in guten Andencken ist. In Emaus redte Bruder Bader am 3. ten mit einen Mann, deßen Frau sich über ihn beklaget u. sagte ihnen [757] wenn der Friede-Gottes bey ihnen regierte, so würde auch im Hause Friede u. Einigkeit herrschen. Bey dem Decken des Dachs in Carmel baten die Geschwister den Heiland oft die Arbeits-Leute vor Unglück zu bewahren, u. da Bruder Klose am 4.ten dahin kam, da sie eben fertig waren, u. zum Zimmermeister, seine Danckbarkeit bezeugend, sagte: Gott Lob! daß kein Unglück geschehen, so hörte er, daß, da ein Neger, die Leiter weg nehmen wollte, dieselbe zu geschwinde los ging, u. er vom Dach herunter fiel. Sie blieb aber doch noch etwas hängen, u. der arme Mensch kam noch ohne Schaden davon. Heute Abend wurden auch hier die Grüße des Bruder Angermann an die Neger aus gerichtet, worüber sie herzlich erfreut waren. Wir besuchten am 5ten in Bardon wo die Neger, wie auch der Aufseher gerne sähen, wenn wir bey ihnen predigten. Allein der Eigenthümer, welcher ein Quäcker ist, will es, alles Bittens der Neger ohnerachtet, nicht erlauben.
Am 7. ten hatten wir mit einigen schwarzen Geschwistern ein seliges AbendMahl.
[758] Mit der Schwester Franzin die an einen
hitzigen Fieber kranck lag, beßerte s es
sich in etwas. Übrigens hatte Bruder
Planta wegen der vielen Krancken, die
alle Tage Zahlreicher werden, sehr viel
zu thun. Am 11. ten kriegten wir ein
von Bruder Haid in Bethlehem der hiesigen
Mission geschicktes Bild, von der Abnahme
des Heilands am Kreutz, nach Carmel,
welches sich die Neger unter vielen Thränen
ansahen, u. nicht satt dran sehen konnten.
Am 13. ten Aug. waren meist alle weise
Geschwister in Carmel beysammen, hatten einen
recht seligen u. vergnügten Tag, mit
einander, u. Abends den allerseligsten Genuß
des heiligen AbendMahls.
In Island entschlief am 16. ten die Schwester Ruth, nachdem sie auf ihr Verlangen war eingesegnet worden, u. wurde folgenden Tags unter Zahlreicher Begleitung beerdiget, nach einer Rede des Bruder Müllers, über den Text ihres Heimgangs Tages. Die selige Schwester war sehr einfältig u. hing mit ganzen Herzen an dem Heiland. [759] Als ihr Mann am 7. ten Aug. 1768. getauft wurde, kam sie ohne Erlaubniß weiß angezogen in dem Saal, u. sezte sich freymüthig unter die Täuflinge, u. die Geschwister konnten nicht anders als sie ebenfalls taufen. Anno 1770. gelangte sie zum heiligen AbendMahl. Bey ihrer Herrschaft wurde sie beliebt, u. hatte ein gutes Zeugniß. D. 22. ten wurde den Kindern nach ihrer Versammlung, das oberwehnte Bild des Heilands mit Eindruck auf ihre Herzen gezeiget. Abends war bey der Rede des Bruder Müllers in Island ein wahres Gefühl der Nähe des Heilands zu spüren. Bruder Müller der d. 23. ten nach der Bogue zum Besuch kam, gedenckt bald die Frey-Neger zu besuchen, u. zu sehen, ob etwas bey ihnen vor den lieben Heiland zu thun ist. D. 27. ten wurde der aeltste Mann in dieser Gegend begraben in Orange-Grave. Er war 97. Jahre, u. seine beym Begräbniß anwesende Frau ist 93. Jahr alt.
[760] In Georges Valley predigte Bruder Planta zu einem sehr Zahlreichen Auditorio, worunter auch der Eigenthümer war, über den Text: Der Zöllner stund von ferne u. sprach: Gott sey mir Sünder gnädig! u. alles war sehr aufmercksam.
D. 29. ten wünschten wir den ledigen Brüdern an allen Orten viele Gnade u. Segen vom Heiland, u. daß es niemals in diesem Chor an treuen Zeugen u. Boten fehlen möge, Jesu Tod u. Leiden zu verkündigen.
Wir fingen am 31. sten schon an, unsre Abend-Mahls-Geschwister zu sprechen, kamen aber nicht weit, weil ein ungewöhnlicher starcker Regen sie hinderte zu kommen.
Den Monat beschloßen wir von ganzen Herzen mit dem Vers: Du mit unsrer Schuld u. Noth überladen, blick uns an in Gnaden.
[761]D. 5ten Oct. besuchte mehr erwehnter Abuna abermals den Bruder Hocker, welcher auf sein Begehren die 9. te Berlinsche Rede ganz mit ihm durchging, wobey der Abuna an manchen Stellen zeigte, wie der Sinn im Arabischen beßer aus gedrückt werden konnte. Bey den lezten Worten dieser Rede – Wer aber sagen kan: ich lebe u. nun nicht ich p. der geht über alle Schwierigkeiten hinüber, u. wird ihrer kaum inne, denn er ist erlöset von allen Sünden; – sagte er seufzend: Ach wer so wäre! Bruder Hocker erwiederte: hat Paulus der gewiß ein großer Sünder war so sagen können, warum wir nicht auch? Nur muß es nicht beym Wünschen bleiben: sondern man geht hübsch zum Heiland, u. bittet auf den Knien darum, solange bis man es erhält. Denn wer da bittet der emphähet, wenn es nur wahrer Ernst ist. In diesen Tagen kam ein Türcke, welcher einer von des Bruder Antes besten Kunden ist, zu ihm u. konnte seine Freude nicht genug bezeigen, daß er noch hier sey, denn man hatte ihm gesagt er wäre in sein Land gereiset. Er sagte [762] Ich habe noch nie einen Uhrmacher gefunden, von dem ich versichert war, daß er mich nicht betriegt; u. du kennest mich auch schon. Wir haben den Heiland auch dafür herzlich zu dancken, daß Er uns als ehrliche Leute legitimiret. D. 7. ten besuchte uns Michael u. sein Schwieger-Vater, von welchem er gute Hoffnung hat, daß er sein Herz dem Heiland hingeben werde. Wir fanden aber an ihm einen ganz todten Mann, der jedoch einsieht daß es mit Fasten u. dergleichen nicht gethan ist. Abends gab uns die Loosung des Tages Gelegenheit zu einer herzlichen Unterredung u. aufmunterung unter einander, ganz für unserm lieben Heiland in der Welt zu leben. Am 8ten kam Michael zum leztenmal zu uns, weil er in den drey Tagen nach Behnesse abreisen wollte, nahm herzlich Abschied, u. empfahl sich in unser Andencken.
D. 13. ten hielt uns Bruder Hocker eine gesegnete Chor-Rede über die Loosung des Tages, u. wir verbanden uns aufs neue, Dem ewig zu leben, der uns mit Seinem Blute erworben hat. D. 23. ten muste Bruder Hocker zu Joseph Beg gehen, welcher schon einige Jahre einen Ausschlag an den Füßen hat. Nachdem er schon [763] viele Aerzte ohne Nutzen gebraucht hatte, ward ihm gesagt: wenn ihn der englische Arzt /: das ist Bruder Hocker :/ nicht helfen könne; so könne ihn niemand helfen. Bruder Hocker muste versprechen, ihn in die Cur zu nehmen. Obgedachter Abuna, der den Bruder Hocker täglich besucht, sagte am 12. ten zu ihm: Wenn ihn jemand fragen würde, was er bey ihm mache? so solle er nur sagen er lerne einige Arabische Wörter von ihm, welches auch würcklich wahr ist. Er muß einen besondern Geschmack an den Berlinischen Reden gefunden haben, weil er keinen Tag versäumet, auf eine Stunde zu kommen, um dieselben mit Bruder Hocker zu lesen. Dieses komt dem Bruder Hocker im Arabischen gut zu statten, u. wir dancken dem lieben Heiland der ihn ganz ohne unser Gesuch einen solchen Mann zu gewiesen hat. D. 13.ten Novbr. machte uns unser lieber Herr u. Aeltester durch seine liebe Nähe zu einem aus gezeichneten Fest-Tage für unsre Herzen. Wir danckten ihm im Morgensegen auf dem Angesichte für die selige Erfahrung Seines Aeltsten-Amtes, u. empfahlen uns ihm aufs künftige zu Gnaden. Dabey wünschten wir sehnlich daß [764] Er sich doch auch bald an dem hiesigen Christen-Volcke als Aeltester beweisen können. Abends hatten wir ein fröhliches LiebesMahl, u. lasen sodann ein paar schöne auf dieses Fest gehaltene Reden. Nachmittags besuchte Bruder Hocker einen seiner Patienten, welcher ihn um seinen Glaubens-Grund fragte. Dieses gab ihm Gelegenheit mit einem warmen Herzen ein Bekenntniß von der Liebe Jesu Christi abzulegen. Mehr erwehnter Abuna war dabey zugegen, u. bekräftigte was Bruder Hocker sagte. D. 10ten Dec. erhielten wir verschiedene erfreuliche Briefe u. zu unserm ganz besondern Trost u. Aufmunterung die angenehme Nachricht, daß unser lieber Bruder Roller künftiges Jahr von Herrnhut zu uns kommen werde, wofür wir unsern lieben Herrn u. unsern lieben Geschwistern gar herzlich dancken. D. 14.ten bat sich mehr gedachter Abuna eine Berlinsche Rede von Bruder Hocker zum Abschreiben aus, welche er ihm gerne gab. Wir wünschen, daß der Heiland sie ihm gesegnet seyn laßen wolle. Er hat sich nachher nochmehrere aus gebeten. Am 18ten hörten wir, daß ein Cachef, welchen Mohomed Bey vor einiger Zeit, mit den Einkünften [765] des Großherrn nach Constantinopel geschickt hatte auf seinem Rückwege hieher, nebst 2. Sklavinnen, welche der Großherr dem Mahomed Bey zum Geschenck sandte, von den Rußen gefangen genomen worden sey. Hierüber wurde Mahomed Bey sehr auf gebracht, u. drohete den Francken u. den vornehmsten Land-Christen sie alle um zu bringen, wenn sie ihm dieselben nicht wieder schaffen. Nach einigen Tagen vernahmen wir, daß die Francken davon ganz frey geworden, durch Vermittelung des Griechen, der mit Geschencken aus dem Archipelagus an Mahomed-Bey gekommen war, u. diese Nachricht überbracht hatte. Derselbe stellte dem Mahomed-Bey nachdrücklich vor, daß dieses nicht der rechte Weg sey, das verlorne wieder zu bekommen; die Rußen würden es nur desto weniger hergeben, wenn die Francken es begehrten; denn diese hätten ihnen ja nichts zu befehlen; einige Geschencke von ihm, an dieselben, würden, von weit beßerer Würckung seyn. Er beschloß auch zu gleich dieses zu thun, u. schickte eben diesen Mann, nebst noch einem der Seinigen zu dem Zweck, an die Rußen noch Paros ab. Wir waren unserm lieben himmlischen Vater auch herzlich danckbar, daß [766] Er dieses so gewendet hatte. In den Weyhnachts-Feyer-Tagen, danckten wir unsern lieben Herrn für Seine heilige Menschwerdung u. erbaten uns angelegentlich den völligen Genuß der uns dadurch erworbenen Segen für Leib u. Seele. Am 31. ten fanden wir alle, u. jedes in seinem Theile gar viele Ursach unsern lieben Herrn zu loben, u. Ihm zu dancken für alle das Gute, was Er in dem verfloßenen Jahre an uns gethan hat.
Ohngeachtet unsrer vielen Mängel u. Gebrechen, hat Er sich in Gnaden, zu uns Armen u. Elenden bekannt, u. ist nie müde geworden, sich unser zu erbarmen, u. uns zu trösten. In unsern täglichen Versammlungen hat Er uns Seine liebe Nähe gar kräftig fühlen laßen. Die Reden aus den Wochen, welche seit einiger Zeit viel davon handelten, sich zu untersuchen, ob auch das Herz den Heiland meyne, ob wir scheinen oder seyn, sind uns zum wahren Segen für unsre Herzen, u. eine Gelegenheit zu vielen gründlichen Unterredungen mit dem Heiland gewesen.
In September hat Bruder Antes einen Besuch in Behnesse gethan. Unser lieber [767] Herr war mit ihm, u. wir freuten uns, daß er außer dem Michael Baschara noch einem, dem Hanna Saich fand, der etwas vom Heiland an seinem Herzen erfahren hat, u. um Ihn verlegen ist.
Michaels Besuch, war uns allen sehr angenehm. Wir hoffen der Heiland habe es auch ihm gesegnet seyn laßen, u. wünschen daß Er ihn zu einem recht brauchbaren Werckzeug unter seiner Nation zu bereite. Ein besonders Vergnügen war es uns, daß uns der Heiland hier in Cairo mehr gedachten Abuna zu gewiesen hat, der uns fleißig besucht. Wir wünschen daß es ihm zu seiner Seelen Heil gereiche.
Bey der vorgefallenen Revolution hat uns unser lieber Herr vor allen Schaden gnädiglich bewahret, so wie Er uns überhaupt Friede u. Liebe bey Francken u. Innländischen hat finden laßen.
Bey der anhaltenden großen Theurung hat Er uns das zu unserm Unterhalt, Nöthige beschehrt. Er hat uns auch gesund u. wohl erhalten. Für alle diese Wohlthaten, wie auch für alles, was [768] wir schon vergeßen, beteten wir unsern lieben Herrn im Staube an, empfahlen uns u. Sein ganzes Volck Ihm von neuen zu Gnaden, auf das bevorstehende neue Jahr, u. gingen getrost im gläubigen Hinblicken auf Ihn, in daßelbe über.
D. 8ten Januar. 1774. kam ein Schwedischer Capitain hieher, welchen wir weil er hier keinen Bekandten hatte, u. von Herrn Marion in Alexandria uns empfohlen war, so gut wir konnten, beherbergten. Am 17. ten reisete er danckbar für die genoßene Bewirthung nach Alexandria ab. Am 18. ten that Bruder Hocker da er einen Krancken zu besuchen, nach Bulak ritt, von den Esel einen harten Fall auf die rechte Schulter, so daß er gleich den Arm nicht bewegen konnte. Der Französische Wund Arzt, den wir holen ließen, gab sich alle Mühe, jedoch ohne erwünschten Erfolg.
In den lezten Tagen dieses Monats hörten wir, daß die hiesigen Alleppinischen [769] u. Damasconischen Christen welche unter schiedene Priester von ihrer eigenen Nation haben /: von welchen mehr gedachter Abuna einer ist :/ die aber bisher weder Trauung noch Begräbniß besorgen dürften, sich aus gebeten haben, daß sie von ihren eigenen Priestern mögten bedient werden, welches ihnen auch ist zu gestanden worden, u. gedachter Abuno wurde vom Bischoff zu Antiochien, zu ihren Superior ernannt.
Am 10ten Februar ließ der Griechische
Patriarch, der es erst an diesem Tag
erfahren hatte, daß Bruder Hocker
nicht Wohl wäre, ihn durch einen Priester
er besuchen, u. sich um sein Befinden
erkundigen.
Bruder Hocker, bey dem sich zwar der Schmerz im Arm verloren hat, der ihn aber noch nicht gehörig bewegen [770] kan, ging am 11. ten zum erstenmal wieder auf einen Krancken-Besuch aus.
[773]
Es hatten sich zu dieser Conferenz 12 Prediger aus der Oberlausiz eingefunden, darunter 2 zum erstenmal zugegen waren. Bruder Clemens eröfnete sie mit folgender Rede: Zuerst habe ich den gegenwärtig versammleten lieben Brüdern u. Dienern des Evangelii, von den lieben Brüdern der Aeltesten Conferenz der Unität die herzlichen Grüße u. ihr wahres Theil nehmen an der Gnade u. dem Segen, den der HErr auf ihre Arbeit legt, zu vermelden. Sie haben nach ihrer Gewohnheit, zu Anfang dieses Jahres, allen Predigern u. Dienern Christi, die sie kennen u. lieben, ein Wort unsers HErrn aufgeschlagen, mit dem herzlichen Wunsch, daß der Herr daßelbe an ihnen erfüllen möge. Es sind die Worte aus der disjährigen Loosung vom 20ten Nov. Die Rechte des HErrn sind mein Lied im Hause [774] meiner Wallfahrt. Ps. 119, 54.
Sollt ich meinem Gott nicht singen, sollt ich Ihm nicht danckbar seyn.
Die Rechte des HErrn, die unser Lied seyn sollen, daß wir im Hause unsrer Wallfahrt nach dem Beruf den Er uns gegeben, mit Freymüthigkeit unsers Herzens davon zu singen u. zu sagen wißen, hat Er sich durch Leiden u. Sterben erworben.
Wir sind dazu berufen, diese Rechte unsrer Erlösung nicht allein zu unsrer Erquickung u. unserm Ruhm an Ihm vor Jedermann, sondern auch zu unserm Geschäfte u. Hauptsache, die wir allen Seelen vor zu halten u. zu verkündigen haben, zu machen. David spricht: Sie sind mein Lied u. meine Erquickung; sie sind mein Ruhm! So lange ich auf Erden lebe, kann u. soll ich nicht von Ihm u. Seinen Rechten schweigen.
Damit kommen auch die Worte der heutigen Loosung der Gemeine überein. In derselben heist es: Recht muß doch Recht bleiben, u. dem werden alle fromme und rechtschaffene Herzen zufallen. Ps. 94, 15.
Das sind also Worte des Trostes für [775] Seine Knechte unter dem mancherley Gedränge, wenn über ihren HErrn, der sie berufen u. gesezt, Sein Recht, das Er an die Menschen hat, zu verkündigen, auf allerley Art geurtheilt wird, oder wenn man den Lehrern, die es zu ihrem Lied machen, allerley Vorwürfe u. zu nöthigungen macht. Da gehört die große Pastoral-Ermahnung des Apostels Pauli hin, daß ein Knecht des HErrn die Bösen, die über unsre Erlösungs Rechte, Ausstellungen machen, solle tragen können /: Tim. 2, 24 :/ Recht wird doch Recht bleiben, unser HErr wird schon sein Recht behaupten. Wenn man daher bey der Verkündigung des Evangelii wahrnehmen muß, daß wie es leider zu unsern Zeiten geschieht, viele Leute die Rechte Jesu! das Evangelium und Seinen Geist, den Herzen der Menschen, die doch für Seine Todes-Mühe sein Lohn sind, lieber verdunckeln möchten, als daß sie dieselben immer deutlicher, klärer und herzbeweglicher machen sollten, so sagt David hier: Sie werden doch nichts gewinnen; die Wahrheit unsers HErrn wird [776] Wahrheit bleiben u. siegen; sie wird durch nichts, es mag noch so ausstudirt seyn, verdrängt werden können; Am Ende behält Er doch Recht, u. alles was Ihm nicht will zugestanden werden, wird einmal offenbar werden.
Wenn sich nun gleich die Menschen auf mancherley Art der Wahrheit zu wieder sezen, dieselbe zu verstellen, die Leute von Christo abzuwenden, u. Seine Verdienste und Rechte, die Er an den Seelen hat, zu verkehren suchen; so werden doch diejenigen, die durch die Gnade ein rechtschaffnes Herz haben, unter allen Widrigkeiten, Trennungen, Spaltungen u. Wiedersprüchen gegen das Evangelium; u. wenn sie auch über dem Einfordern u. Treiben der Knechte Christi eine Zeitlang noch so zweifelhaft wären gemacht worden, doch endlich den Rechten der Wahrheit, und dem Geiste Jesu Christi zu gefallen, der Ihn verklärt u. an allen rechtschaffenen Knechten Christi so lange arbeitet, bis sie endlich einsehen, daß bey allen Nebeln u. Verdunckelungen u. was nur gegen die [777] Rechte Christi gedacht werden kan, dieselben doch bestehen müßen.
Daher habe ich besonders in Ansehung der Zeiten, darinnen wir leben, oft gedacht: laßt die Menschen, die der Warheit wiederstehen, u. das aufrichtige Herz, das der heilige Geist allein geben kann, nicht haben, urtheilen, was sie wollen, Christus wird doch gewinnen, u. wenn sich die Pforten der Hölle gegen Seine Rechte aufmachten, ja bereits schon aufgemacht hätten, so trägt Er doch den Sieg davon. Das ist es, was wir heute sehr rührend auf mein Herz gefallen. Ich habe gedacht: HErr Jesu! über der Behauptung Deiner Rechte an den Seelen, über dem Geschäfte der Wahrheit, die Du selber bist, läßt sich als denn schon etwas wagen, dulden u. tragen, wenn Du nur Recht behälst.
Darauf wurde folgendes Schreiben des Bruder Josepho d. d. Barby 17tn May 1774 an die in Herrnhut versammlete Prediger-Conferenz verlesen:
Es ist mir von meinen lieben Brüdern der [778] Aeltesten-Conferenz der Unität aufgetragen worden, der ganzen werthen Prediger Conferenz, die zu einer Brüderlichen Unterredung in Herrnhut erwartet wird, ihren herzlichen Gruß zu melden; und dieses thue ich hiemit um so viel lieber: weil ich selber zu verschiedenen malen Gelegenheit gehabt habe, Euren gesegneten Conferenzen bey zu wohnen, und in meinem Herzen fühlbar wahrzunehmen, daß euch der Heiland nicht unbesucht gelaßen hat. Wir haben mit einander die gute Hoffnung, daß Er auch dieses mal in eurer Mitte seyn, u. euch Sein Wohlgefallen an eurer Einfalt zu erkennen geben werde.
Ihr habt viel Ursache, Gott dem HErrn
zu dancken, der euch nicht nur einen
Blick in Sein Evangelium gegeben hat,
sondern euch auch würdiget, daßelbe zu
bekennen, u. den armen Seelen zu ihrem
Heil vorzutragen; zumal da Er sich in
Gnaden zu eurem Dienst bekennt, und
denselben nicht vergeblich seyn wird läßt.
Ihr werdet denn mit einander den Bund
[779] erneuern, bey Jesu Creuze zu bleiben,
u. die Marter Gottes zu treiben, bis ihr
Ihn seht von Angesicht; u. da wünschen
wir: daß Er seine Hände über euch aufheben
u. euch dazu segnen möge.
Lieben Brüder! der Gott dieser Welt hat der Ungläubigen Sinne verblendet, daß sie nicht sehen das helle Licht des Evangelii von der Klarheit Christi. Durch die Ungläubige meyne ich hier nicht die Juden, Türcken u. Heiden, sondern viele von den Gelehrten u. Weisen dieser Welt, welche unter dem Christen Volck auf Canzeln u. Cathedern stehen. Was sollen wir dabey thun? Wir wollen unsern Herrn Jesum Christum bitten: daß Er Seine Diener mit Seinem Geist, u. mit dem Feuer Seiner Liebe erfülle, daß Er mit ihnen sey, u. ihr Zeugniß segne. Wir wollen auch zu Seinem und unserm lieben Vater schreyen, daß Er die Verheißungen erfülle, die Er Seinem lieben Sohn, u. den Schaafen seiner Herrde gegeben hat. Wir wollen uns der Leitung des heiligen Geistes um so vielmehr Kindlich überlassen, als [780] unser ganzer Dienst eigendlich ein Amt des Geistes ist. Es wird demnach dazu kommen, daß die Kirche Christi unter sich wurzelt u. über sich wächset, u. mit guten Früchten erfüllet wird. Wir sehen in der Nähe u. von weiten wie sich die Segen überall aus breiten.
Nun die Gnade unsers HErrn Jesu Christi, u. die Liebe Gottes u. die Gemeinschaft des heiligen Geistes sey mit euch allen; Amen!
Habt euch unter einander herzlich lieb; vergebt einander von Herzen, wenn jemand Klage hat, wider den Andern; werdet Fürbilder der Heerde Jesu, die ihr zu bedienen habt; u. wenn ihr Gottes Wort gesäet, so begießt es fleisig mit Gebet.
Bruder Clemens sagte sodann weiter: Nach Anleitung des heutigen Textes u. dem Wunsche der Brüder der Unitäts-Aeltesten-Conferenz, gleich beym Anfang dieses Jahres über die Rechte Jesu Christi zu halten, ist mir aufgefallen, daß man jezo in der Religion anfängt das Wort von Christi Leiden u. Seinem [781] Blut u. Tod so zu verdunckeln, u. in öffentlichen Schriften so vorzustellen, daß man nicht mehr weiß, wenn man nicht bey seinem Herzen ist, was man davon dencken soll. Es geht darauf hinaus, daß die Rechte Christi an den Seelen verdunckelt werden. Nun wird wol der heilige Geist, der Seine Kirche die Religion, den Gottes Dienst, bey allen Arten von Bestürmung[WS 5] erhalten hat, ferner darüber halten, daß die Wahrheit nicht den Menschen aus den Augen gerückt werde. Aber, sagt der Heiland, ihr sollt auch zeugen, wie es der Geist der Wahrheit thut, u. die Weißheit wird durch ihre Kinder gerechtfertiget werden.
Folgende 2 Stücke sind mir zu gegenwärtiger Zeit die betrübtesten:
1.) Sucht man das Menschliche Elend, die Sündigkeit unsrer Natur, so gering als möglich zu machen, u. das ist der Anfang wodurch der hohe Werth u. die Würde unsers Erlösers verdunckelt wird. Der Pelagianissmus u. die Aufrichtung eigner Gerechtigkeit bekommen sehr große Unterstützung durch die [782] Verdunckelung des Verdienstes Jesu Christi.
Zweitens geht man damit um, daß man diejenigen, welche die Lehre von Christi Verdienst, seinem Blute u. seiner Versöhnung predigen, verdächtig zu machen sucht, u. man fängt bereits an, solche Lehrer, wo nicht für ganze, doch für halbe Kezer zu halten, ja man möchte gern das Wort von der Versöhnung unter den Titel der Kezerey sezen.
Anstatt der thörichten Predigt vom Creuz Christi sucht man durch kluge Worte menschlicher Weisheit das Creuz Christi zu nichte zu machen. Diese klugen Worte Menschlicher Weisheit sind recht der Charackter der jezigen Zeit.
Es gab dieses Anlaß, über die heut zu
Tage zum Vorschein kommende schädliche
Schriften über die Lehre Jesu zu klagen,
in welchen durch allerhand Künsteleyen des
Satans lauter Pelagianissmus u. Socinianissmus
die Grundlage ist, u. das ist in einem
so glänzenden u. prächtigen Vortrag, als
wenn es lauter Evangelium wäre. Als ein
Hauptbuch dieser Art Schriften, wurde das
so viel Aufhebens machende, u. fast durch
[783] gängig sehr beliebte Buch – die drey lezten
Lebens-Jahr Jesu, genannt. Man äußerte
darüber folgende Gedancken: Die Geschichte
Jesu wird in demselben an vielen Orten in
ein deutliches Licht gesezt, u. die Verbindung
vieler Reden Jesu schön vor Augen gelegt.
Eine gute Einsicht u. kenntniß der Jüdischen
Alterthümer, u. der zur Verfertigung
einer solchen Geschichte nöthigen Hülfsmittel,
kan man den Verfaßer nicht absprechen.
Dabey hat er die besten Schriftsteller, die
man über die Evangelisten finden kann,
benuzt; so daß man den Kern von Historischen
Erläuterungen da beysammen hat.
Aber, als eine Geschichte, aus den 4 Evangelisten
Jesu ist das Buch voll schrecklicher
u. gefährlicher Irrthümer. Die ganze
Lehre von der heiligen DreyEinigkeit, von der
Gottheit unsers Heilandes, von dem Menschlichen
Verderben, u. der Gnade im Blute Jesu
Christi, wird auf eine feine u. bisweilen
ganz unvermerckte Weise beyseite geschaft,
u. uns entzogen. Hie u. da aber, sind die
sonst sehr fein eingewebten Irrthümer so
grob u. in die Augen fallend, daß mans
[784] fast mit Händen greifen kann.
Ein Prediger sagte: So viel schlechte Bücher ich schon gesehen habe, so habe ich doch noch über keines so wehmüthig zum Heiland gebetet, u. so manche schlaflose Nächte darüber gehabt, als über dieses; weil es so verführerisch ist, daß es jungen Leuten wie Honig u. Zucker seyn muß. Daß dieses Buch die künftigen Teologen bilden wird, ist ein sehr betrübter Prospect[WS 6].
Nachdem man noch einiger solcher Schriften erwehnt hatte, wurde dabey erinnert; in Ansehung aller solcher Bücher, welche die Biebel zu verdrehen suchten, wäre es das beste: wenn man thäte, als wenn man sie weder sähe noch höre, u. immer seinen Gang fort ginge, wie ein kluger General, der, wenn ihm die Kanonen-Kugeln zu beiden seiten vorbey rauschen, thut, als wenn er gar nicht schießen hörte. Sodann kam man auf die Gemeine u. auf die Urtheile, welche über dieselbe u. ihren bisherigen Gang von der Welt gefällt werden. Es wurde angeführt: daß sehr viele Leute hierinnen ein anders Licht bekommen,[WS 7] [785] daß sie aber doch nicht ganz unterrichtet seyn. Daher sey es besonders merckwürdig u. danckenswerth, daß der Herr Doctor Walch in Göttingen, welcher Beyträge zu der neuesten Religions-Geschichte des 18ten Jahrhunderts heraus gibt, die Brüder selber ersucht: ihm eine kurz gefaßte Nachricht von ihrer innern u. äußern Verfaßung zu zuschicken, um selbige seinem Werck ein zuverleiben.
Diese kurze Nachricht, welche auch apart gedruckt worden, wurde hiebey vorgewiesen, u. der Vorbericht des Bruder Josephs zu allerseitigem Vergnügen der Anwesenden gelesen.
Mann machte hierauf den Anfang mit Verlesung der von den anwesenden Predigern eingegebenen Berichte. Zuerst wurde folgender Aufsaz des Bruder Reichels in Neu-Kirch gelesen:
Vor nunmehr 27 Jahren, nemlich am 17ten May 1747 bin ich in der Creuz-Kirche zu Dreßden von dem seligen Dr. Löscher zum Predigt-Amt ordinirt worden. Es ist mir noch immer erinnerlich wie mir zu Muthe [786] war bey dieser großen Sacramentlichen Handlung; da ich bey dem Genuß des Leibes und Blutes Christi zum Prediger des Evangelii[WS 8] geweyht worden. Ich hatte ein Kindliches Herz vom lieben Heiland geschenckt bekommen, das mit sich wollte machen laßen, was Er für gut befände. Blos aus Gehorsam gegen die Göttliche Führung stellte ich mich zu einem Amte dar, bey welchem ich dazumal für mein Herz noch fast kein durchkommen sahe. Wenn ich daran dachte, daß ich meines Heilands Menschwerdung u. Erlösungs-Tod predigen: u. eine Gnaden-Posaune seyn sollte: So wallete mein Herz für Freuden; denn ich wußte mir nichts schönres auf Erden als den Tod des HErrn zu verkündigen, in welchem ich mein Leben u. meine Seligkeit gefunden hatte.
So bald ich aber daran dachte: daß ich einer großen Menge Menschen, die von dem Leben das aus Gott ist, entfremdet sind, u. nach dem Laufe dieser Welt in Sünden u. Eitelkeiten dahin gehen, ihr Beicht-Vater werden; ihre Gottesdienste in meine Besorgung nehmen, u. alle dazu [787] gehörige Sacramentliche Handlungen mit ihnen vornehmen sollte: so kam mich ein Zittern an, ich sahe lauter Dunckelheiten u. wiedersprechende Dinge vor mir. Natürliche Menschen, die nicht verstehen, was des Geistes Gottes ist, als Glieder der Gemeine Jesu zu behandeln: und Leute, die kein Geistlich Leben haben, mit Geistlicher Speise u. Tranck zu bedienen, war für mich eine ganz unbegreifliche Sache. Ich muste schlechterdings, nicht etwa nur meine Vernunft, sondern alle meine Gedancken unter den Gehorsam des Glaubens gefangen nehmen. Das einige, was mir die Annehmung meiner Ordination möglich machte, war dieses: daß ich dabey von dem Göttlichen Willen völlig überzeugt war. Ich hing an den Worten Jesu: Sorget nicht für den andern Morgen; denn der morgende Tag wird für das seine sorgen. Ich dachte, ich werde schon sehen, wo der liebe Heiland hinaus will, ob ich es gleich noch nicht verstehe.
Ich muß hiebey die damalige Situation meines Herzens berühren, um meine daraus[WS 9] [788] fließende Denckungs-Art deutlich zu machen. Ich hatte etliche Jahre zuvor nach vieler Unruhe, u. nach vielen gesezlichen Umwegen; nach vielem ängstlichen Ringen u. Kämpfen um die Gewißheit meines Gnadenstandes, wobey ich aber immer tiefer in Noth gefallen war, eine große u. unvergeßliche Hülfe Gottes an meinem armen Herzen erfahren. Der liebe Heiland hatte mir einen Herz durch dringenden Blick in seinen Erlösungs-Tod geschenckt: u. die große Wahrheit, daß mein Schöpfer aus Liebe zu mir vom Himmels Thron kommen sey, u. mich durch Sein Leiden u. Sterben selig gemacht habe, nahm mein ganzes Herz ein. Ich schämte mich über meinen Unglauben; u. über die unbegreifliche Thorheit, daß eine von Gott selbst erlößte Seele, so ängstlich seyn, u. so unverständig handeln könnte. Ich erkannte, daß alle meine Seelen-Noth daher gekommen war, daß ich die Menschwerdung Gottes, u. die Erlösung meiner Seele von allen Sünden, vom Tode u. von der Gewalt des Satans nie recht bedacht, u. [789] niemals von Herzen geglaubt hatte. Ich erkannte aber auch, daß es schlechterdings unmöglich ist, aus eignen Kräften an den Heiland zu glauben. Meine Aengstlichkeit verwandelte sich in Ruhe; ich fing an Gott zu dancken; daß Er mir die so tief verborgene Sünde des Unglaubens offenbarte. Dabey dachte ich: Mein Unglaube wird Gottes Wahrheit nimmermehr umstoßen; Es wird doch Wahrheit bleiben, daß der im Fleisch geoffenbarte Gott mich u. alle Menschen erlößet hat; ob ich gleich dieses unermeßliche Wunder noch nicht glauben kann. Ich hofte gewiß: daß Er mir die Gnade schencken würde, es zu glauben, u. dadurch würde ich mit Freude u. Friede erfüllt werden. Was mich am meisten in diesen tröstlichen Gedancken bestärckte: das war das neu aufgehende Licht der Brüder-Gemeine, welche mir damals als ein außerordentliches Wunder Gottes bekannt wurde.
Eine Gesellschaft von Menschen zu sehen, die im Glauben des Sohnes Gottes lebten, war für mich eine unaussprechliche Freude.
Ich kam mit vielen Brüdern der Gemeine in
[790] eine gesegnete Bekantschaft. Ich gelangte
zu einer tröstlichen Gewißheit meines
Gnadenstandes, schmeckte den süßen
Trost der Wunden Jesu, u. nährte mich
an der lautern Milch des Evangelii wie
ein neu gebornes Kindlein. Darüber hatte
ich den kläglichen Zustand der Religion, daß
Gottes Wort an vielen Orten nicht mehr
rein u. lauter u. rein gelehret wird, u.
da man wenig Menschen findet, die als Kinder
Gottes darnach leben, fast ganz aus
den Augen verloren. Und nun sollte ich wieder
alles mein Dencken u. vermuthen, ein
Diener der Religion werden. Wäre ich als
den Anweisungen Gottes, die Er mir dazu
gab, nicht blindlings gehorsam gewesen, so
würde ich mich gewiß nicht darein ergeben
haben. Aber der Heiland erfüllte mein
Herz mit Trost, daß ich mich mit Kindlichem
Vertrauen der Göttlichen Barmherzigkeit
u. Treue überließ, u. that, wozu ich angewiesen
ward, ohne weiter auf etwas zu
reflectiren. Als ich nun einige Jahre in
meinem Amte gestanden, u. über alles,
was ich darinnen thun sollte, angelegentlich
[791] mit dem lieben Heiland geredet hatte: so bekam
ich endlich eine klare u. beruhigende
Erkenntniß in die Gottes Dienste der Christlichen
Welt. Ich fand: daß dieselben ein
Rath der unergründlichen Weisheit u. Liebe
Gottes sind. Ich stellte mir vor, was das
für ein abscheulicher Zustand seyn würde,
wenn der ganze Haufe der Unbekehrten entweder
gar keinen Gottes Dienst hätte, oder
in einer Art von Abgötterey leben müßte.
Da demüthigte ich mich, u. betete den Heiland
den Gott über alles an, daß Er durch erhaltung
eines Christlichen Gottes Dienstes
die arme grund verdorbene Welt; die doch
aber mit Seinem theuren Blut erlößt ist,
vor dem gänzlichen Untergange zu bewahren
weiß, u. daß Er die Menschen eben dadurch,
daß sie in Seinen Tod getauft, mit der Lehre
Seines Evangelii unterrichtet, und zu
dem Altar Seines Leibes u. Blutes unabläßig
hin gewiesen werden, mit Seiner
Liebe der gestalt umzingelt, u. umschlossen
hat, daß sie in der Stunde der Noth, wenn
sie aus dem Traum aufwachen, und um
Hülfe schreyen, nirgends anders hin, als
[792] in Seine offene Wunden fallen. Seit der
Zeit ist mir der Gottes Dienst so was großes
u. respectables, daß ich mich äußerst bemühe,
denselben in aller nur möglichsten
Ordnung zu erhalten; u. mich aller meiner
Amts-Verrichtungen zur Erhaltung der
Seelen, zu denen mich Gott gesandt hat,
zu bedienen. Der heilige Geist ruft mir
dabey unabläßig zu: Thue das Werck eines
Evangelischen Predigers.
Ich sehe je länger je mehr ein, daß das
Werck eines Evangelischen Predigers eigentlich
darinn besteht: den Erlösungs-Tod
Jesu zu predigen, u. das für uns vergoßene
Blut aus zu theilen. Ich theile dasselbe
in der heiligen Taufe an alle Kinder
aus, u. theile es bey dem Catechetischen
Unterricht an alle Knaben u. Mägdlein
aus, u. erzehle ihnen wie herzlich ich damals,
als ich sie taufte, den Heiland gebeten:
Nimm dieses Kind HErr Jesu Christ!
tauch es tief in dein Blut; u. wie mein
inniges Wünschen dahin geht: sie aufs
neue sie in das Blut Jesu Christi hinein
zu bringen u. darinn zu erhalten.
[793] Ich theile es in der Predigt an alle Seelen aus, die Ohren haben zu hören, und denen der heilige Geist das Verständniß öfnen kann. Ich theile es im heiligen AbendMahl an alle Gnadenhungrige u. lebendig gemachte Herzen aus. So bald sich also Seelen finden, an denen die Gnaden-Arbeit des heiligen Geistes zu spüren ist, so geht alle meine Bemühung dahin, sie in die Weide des Evangelii völlig hinein zu leiten, u. dem Heiland dar zustellen; daß Er sie in das Bündlein der Lebendigen sammlen wolle.
Daraus ist die begnadigte Societät von mehr als 200 auf Jesu Blut u. Tod verbundenen Seelen in meiner Kirchfahrt entstanden, zu welchen der liebe Heiland alle Jahre noch mehrere hinzu thut.
Es kommen beständig Männer u. Weiber von neuem herbey, die mich herzlich und zum Theil mit vielen Thränen bitten, mich ihrer besonders anzunehmen; denen ich wöchentlich ihre eigene Erbauungsstunde halte. Und von denen werden diejenigen, die eifrig darum bitten, u. wo man [794] einigen Grund im Herzen spürt, unsrer Societaet von Zeit zu Zeit beygefügt.
Daß mancherley Leiden u. Übungen durch Satans Tücke, u. durch die Abwechselungen, denen ein noch nicht ganz gegründetes Herz unterworfen ist, bey einer solchen Societaet vorkommen, muß mich nicht abschrecken. Christi Reich ist ein Creuz Reich; u. wenn ich sehe, daß eben dieselbigen Leiden über meine Brüder in der Welt ergehen: so thäte ich Sünde, wenn ich darüber verzagt u. muthlos werden wollte. Ich genieße in Ansehung dieses verbundenen Häufleins, wie ich schon oft mit Danck erkannt u. gerühmt habe, der Gehülfenschaft u. des Beystandes einiger lieben Geschwister aus der Gemeine.
Dieses ist mir um vieler Ursachen willen eine große u. unschäzbare Wohlthat; denn erstlich sehe ich für diese auf Jesum verbundene Societät kein ander Mittel ihrer Erhaltung, als wenn sie an die Gemeine angeschlossen ist. Zweitens übersteigt die individuelle u. Persönliche Pflege vieler Seelen, unter denen doch auch [795] mancherley vorkommt, meine Kräfte.
Und Drittens habe ich meine übrige Kirch-Kinder
auch zu bedencken u. zu besorgen,
u. mein Ammt erfordert: auch an ihnen
das Werck eines Evangelischen Predigers zu
thun. Ich suche nicht nur mit Paulo allen
allerley zu werden, damit ich von allen
Arten der Menschen, die so sehr verschieden
sind, immer ihrer etliche gewinnen möge,
sondern ich sehe es für meinen Beruf an:
einem Jedweden, der zu meiner Kirchfahrt
gehört, zu seinem Seelen Heil beförderlich
u. behülflich zu seyn. Und da es einem
jeden Kinde Gottes zu kommt, gegen alle
Sanftmüthigkeit zu beweisen gegen alle
Menschen /: Denn wir waren auch unweise,
irrig, u. dienten den Lüsten u. mancherley
Eitelkeiten, wandel in Boßheit u. Neid, u.
haßten uns unter einander. Tit. 3, 2.3 :/
So hat ein Prediger, der die gläubigen
Seelen zu einer solchen linden u. liebreichen
Aufführung ermahnen u. anweisen
soll, doppelt nöthig, seine Lindigkeit und
Langmuth allen Menschen kund werden zu
laßen. Es gehört aber dazu eine mehr als
[796] Menschliche Geduld; in einem liebreichen und
Evangelischen Sinn gegen die verstockten
Herzen zu bleiben, über welche Jesus selbst
in den Tagen Seines Fleisches oft so betrübt
war, daß Er bittre Thränen über sie vergoß.
Wenn man siehet: daß sie bey aller Anhörung
Göttlicher Lehre ohne Gefühl u. ohne
Regung bleiben; so wandelt einem leicht
ein Prophetischer Eifer an, u. man wird geneigt,
mit Schärfe in sie zu dringen; u. ihr
hartes Herz zu bestürmen. Ich habe aber
gefunden: daß da gemeiniglich mehr Schaden
als Nuzen heraus kommt. Daher bleibe ich
mit meinem Herzen gerne bey Gott in
Christo, der die Welt mit sich selber versöhnte,
u. ihnen ihre Sünden nicht zu rechnet.
Ich befleisige mich, ihnen ein mit
Liebe erfülltes u. über ihren unseligen
Zustand jammerndes Herz fühlen zu lassen.
Dadurch werden die meisten gewonnen.
Ich habe davon verschiedene Exempel gehabt,
die mich in der Methode bestärckt
haben; gegen die Ungläubigenbekehrten
liebreich u. Evangelisch zu handeln, u. mir
in den Stunden Jesu, Gnade u. Geduld
[797] schencken zu laßen, daß ich sie ein Jahr
nach dem andern mit Langmuth tragen, u.
mit Liebe aus warten möge, bis sie gewonnen
werden. Am schwersten ist es in einem
Evangelischen Sinn zu bleiben, gegen diejenigen,
die dem Unflath der Welt durch
die Erkenntniß des Heilandes entflohen waren;
aber dem Heiland untreu worden, u. sich
wieder in die Welt, u. in die Sünde einflechten
laßen. Solche Leute: wenn sie unter
dem, auf Jesum verbundenen Häuflein
sind, machen dem lieben Heiland u. allen die
Christo angehören Schmach u. Betrübniß, u.
verlaßen entweder selbst die Versammlungen
der Gläubigen, um desto ungehinderter
dahin zu gehen in dem Fleisches Sinn, der
bey ihnen die Oberhand kriegt, oder sie
nöthigen uns, daß wir uns ihrer Gemeinschaft
entziehen; u. darauf bedacht seyn
müßen, von uns hinaus zuthun, was böse
ist. /: 1 Cor. 5, 13. :/ Mit dergleichen Leuten,
habe ich meine größte Noth. Eine Zeit lang
scheuen sie sich vor mir, u. kommen mir nicht
vor die Augen, sezen Beichte u. AbendMahl
beyseite, u. leben dahin ohne GottesDienst.
Endlich, kommen sie wieder, den ganz ohne
[798] Gottes-Dienst zu bleiben, ist noch zur Zeit
den mehresten Menschen ohnmöglich.
Wenn ich nun nicht da die Hirten Treue des für alle Menschen verwundeten Heilands tief ins Herz faßte; so würde ich mit solchen armen Menschen, die durch Betrug der Sünde von dem lebendigen Gott abgefallen sind, leicht zu harte umgehen. Aber, ich verbanne durch die Gnade Jesu den finstern Gedancken aus meinem Herzen, als ob der Heiland solche Menschen zu ihrem ewigen Ruin u. Unglück auf den Weg der Wahrheit hätte kommen laßen; ich hoffe, daß sie am Ende aus dem Verderben wieder herum geholt werden sollen. Ich sehe selbst ihren Fall als ein Mittel an, wodurch der in ihnen liegende Hochmuth u. die Präsumtion von sich selbst, /: die eigentlich das exitiale Unglück einer Menschlichen Seele ist :/ zerknirscht[WS 10] u. zermalmt werden soll. In dieser Hinsicht, trage ich sie mit Geduld so viel mir Gott Gnade schenckt. In etlichen Jahren, wenn die Sünde Noth u. Tod gebühret, finde ich sie in bitterster Reue u. Jammer, u. kann das Evangelische Trost-Amt mit Nuzen u. Segen bey ihnen anwenden, u. dann [799] habe ich die Freude ihre Seelen gerettet zu sehen.
Dieses habe ich den lieben Brüdern in der Gemeine vorlegen wollen, mir ferner ihren Segen u. Liebesvolles Theilnehmen an meiner Amtsführung aus zu bitten; u. will es auch denen mit mir auf den Heiland und Sein Blut u. Tod verbundenen u. an Seine Gemeine sich anschließenden Predigern in Brüderlicher Liebe darlegen; damit wir uns unter einander zum treuen Aushalten in der Arbeit an den Seelen ermahnen, stärcken u. trösten möchten.
1.) Wurde angemerckt, daß die Connexion mit den Brüdern einem Prediger im Amte erstaunlich viel hilft. Ein Prediger sagte: er habe wol 30 Jahre darüber gedacht, ob es möglich wäre; eine solche Einrichtung zu machen, wie man gegenwärtig bey den verbundenen Häuflein in der Diaspora antrift, er könne daher dem Heiland nicht genug für die Klarheit, die Er ihm in dem Theil geschenckt, dancken. Daß bey solchen Häuflein gar manches Schwere u. Schmerzliche [800] für den Prediger vorfalle, könne man nicht leugnen; aber es diene einem auf der andern Seite auch gar sehr zur Erleichterung u. Erquikung.
2.) wurde das, was von der nöthigen liebreichen Behandlung verstockter Seelen gesagt worden, von allen bekräftiget, u. die Heilsame Würckung derselben an einigen sehr merckswürdigen, u. besonders erfreulichen Exempeln gezeigt.
Dieses gab Anlaß, etwas aus dem Aufsaz des Herrn Pastor Heilersig, betrefend die lezten Stunden u. das selige Ende des Herrn General Majors v. Schlieben in Rothenburg zu lesen. Es heißt davon unter andern: Es ließ mich am heiligen Drey Königs-Tage der HErr General wißen; ich möchte zu ihm kommen, um mir zu erzehlen, was der HErr großes an seiner Seele gethan habe. Er empfing mich mit folgenden Worten: Sie sind mir allezeit lieb, aber heute doppelt, da sie einen Antheil an meiner Freude nehmen wollen, die ich genieße. Hier floß von seinen heitern u. aufgeklärten Gesicht ein Strom Thränen, u. er erzehlte mir hierauf folgendes:
[801] Ich erwog auf der einen Seite meine viele u. große Sünden, u. auf der andern Seite das theure Blut des Sohnes Gottes, welches auch für mich verlornen u. verdammten Sünder vergoßen worden ist. Und schloß daraus für mein Herz so: das Blut des Sohnes Gottes macht ja rein von allen Sünden; ein Tropfen von Seinem auch für mich vergoßenen Blute übersteigt ja alle meine Sünden. Da öfnete mir der heilige Geist die Augen, daß ich in Jesu Wunden und Sein vollgültiges Verdienst sehen konnte. Die Liebe Gottes in Christo Jesu wurde in mein Herz aus gegoßen. daß ich nun sagen kann: ich schmecke Seine Liebe. Nichts gar nichts soll mich nun von der Liebe Jesu scheiden, es sey Leben oder Tod; Ich leg die Hand in Seine Seite, u. sage: Mein HErr u. mein Gott!
Ach daß es doch alle Menschen wißen möchten wie gut es bey Jesu ist. Nun weiß ich gewiß, daß ich selig sterben werde.
Einige Tage nach dieser Unterredung, machte er mit seiner Gemahlin u. Kindern den Zärtlichsten Abschied. Er ließ sie vor [802] sein Bette kommen, kniete mit ihnen nieder, u. betete mit diesen Worten: HErr! hier bin ich u. die Kinder, die du mir gegeben hast, die ich jezo vor mir habe, u. die Abwesenden, als wenn sie hier vor mir stünden, u. theile ihnen auf dein theures Verdienst u. Tod meinen Väterlichen Segen mit, im Namen des Vaters, des Sohnes u. des heiligen Geistes. U. bitte zugleich: daß keines von ihnen verloren gehe, die Du mir gegeben hast. Meinen einen Sohn werde ich schon bey Dir antrefen.“
Nach diesem sagte er noch zu mir: Erinnern Sie nach meinem Tode bey aller Gelegenheit meine Kinder an das, was an dem heutigen Tage vorgegangen ist, u. unter richten Sie besonders meinen Sohn, daß er Gott kennen lerne.
Der 28te Merz war der Tag an welchem er in Friede zu seinem HErrn fuhr, an den er geglaubt, Ihn lieb gewonnen, wie wol er Ihn hier nicht mit leiblichen Augen gesehen hat, u. nun zu Seinen verwundeten Füßen Ihm Lob u. Preiß gibt, daß Er auch ihn gewaschen von Sünden mit Seinem Blute.
[803] Nachmittags um 2 Uhr versammleten sich die sämtlichen Prediger-Brüder, nebst den dazu erbetenen Gästen. Zuerst hatten sie ein Liebesmahl, dabey der Friede Gottes auf eine besondere Weise zu spüren war.
Es wurden darauf der Conferenz noch einige schriftliche Berichte von den versammleten Prediger-Brüdern gelesen.
1.) Bruder Böttger von Berthelsdorff schreibt: Der HErr ist nun u. nimmer nicht von Seinem Volck geschieden, Er bleibet ihre Zuversicht, ihr Segen, Heil u. Frieden. Von der Erfüllung dieses lieblichen Bekenntnißes, hat unser lieber HErr u. Sein Geist auch an unserm Orte manche neue Beweise, seit der lezten Pastoral Conferenz bis auf diese Zeit gegeben, dafür wir Ihm beschämt dancken, u. ein Gleiches, ja noch mehreres in der künftigen Zeit erwarten. Ich rechne dahin: das oftmalige sehr kräftig verspürte Nah und Daseyn unsers Oberhirten, u. die Handreichung des heiligen Geistes, bey der Verkündigung des Evangelii in u. außer der Kirche. Ferner die jedesmaligen fast mit einer allgemeinen Herz zerschmelzenden [804] Gnade begleiteten AbendMahle unsrer Societaets-Geschwister, u. die mit einer besonders verspürten Geistes-Anregung gesegnete Advents- Weyhnachts- Passions- und Oster und Pfingst-Fest-Zeiten. Unsers Herzens sehnen bey dem geschloßenen Pfingstfest ging ins besondre dahin: Ach HErr Jesu! mache doch uns zuvörderst, die wir all zeit bey dem Bau deines Reichs, obgleich nur armselige Handlungen abgeben sollen, zu Menschen Gottes voll Geistes; Laß Herz, Sinn u. Wandel von der täglich neuen Erfahrung deiner Gnade zeigen, u. thue ein Gleiches wie an Jeden Orts-Einwohner, so auch insonderheit an jeder zu unserm auf Deiner Gemeinschaft verbundene Häuflein, gezehlten Seele.
Der größte u. treuste Kinderfreund hat auch mich u. unsre disjährige Erstlinge so wol bey dem Präparations-Unterrichte derselben zu ihrem ersten Abendmahle, den sie in Gesellschaft mit den vorjährigen zugleich empfingen, theils auch bey der Beicht Handlung, Confirmation u. AbendMahl gehen, vorzüglich, tröstlich u. Freundlich angesehen, daß die Thränen ihrer Augen oft u. viel von der seligen Empfindung ihrer Herzen statt der Worte geredet haben.
[805] Einige Mädgen geben Hoffnung, Reben am Weinstock werden zu wollen; bey andern aber äußern sich Spuren von der Wahrheit deßen, wenn Gnade erscheint, so regt sich auch der Feind, u. sucht auf mancherley Art, den Beweiß von der Kraft des in das Herz gesäeten guten Saamens wiederum zuersticken. So wie die Catechisation eines meiner liebsten Geschäfte bey der Bedienung meines Amtes ist, so finde ich auch bey solcher bald Veranlaßung zur Beugung u. Demüthigung, wenn ich dabey Mängel, Fehler u. Gebrechen oft u. vielfältig bey mir bemercke; ein andermal aber werde ich hauptsächlich dadurch wiederum aufgerichtet, u. zum freudigen Loben u. Dancken ermuntert, wenn ich bey mir u. meinen Zuhören das tröstliche Wohnen und Wandeln Deßen unter uns deutlich verspüren kann, der auch ehemals als ein Catechumonus zu den Füßen Menschlicher Lehrer geseßen hat. Die Catechismus Examina, werden auch durch die Hülfe Deßen, der die Herzen lencket, Kindern u. Erwachsenen immer mehr schmackhaft, u. auch die Kinder kommen immer besser in den Gang hinein, nicht nur die ihnen mit [806] der Antwort zugleich in den Mund gelegte leichte Fragen, mit Lust u. Nachdencken gehörig zu beantworten, sondern auch diejenigen auf gleiche Weise, wo sie selbst reden, in die Antwort auf ihre gemachte Einwürfe, oder bey dem zu zeigenden Beweise aus denen gelernten Beweiß-Sprüchen, selbst u. aus dem Stege reif formiren müßen.
Gott lob! ich sehe auch hierinnen neue Bestätigung. Mit Ihm u. in dem Namen Sein, läst sich auch so etwas thun. Und, bleibt uns Armen nur sein Erbarmen, so hats nicht Noth. Ich wünschte zwar freylich: daß ich, seit der Zeit, daß ich meine lezte Nachricht von dem Zustande des Reichs Gottes unter uns hier eingericht habe, jeden Sterbenden, der zwar bey leibes Leben, kein Glied unsrer Societät gewesen, doch noch bey dem Schluße desselben, entweder nach Art eines reichlich getrösteten verlornen Sohnes, oder doch mit einem wahrhaftig Schächer mäßigen Zuflucht nehmen zu Jesu Erbarmen mit ungezweifelter Zuversicht möchte von hinnen haben scheiden sehen: So aber kam ich das Erste nur von Einer, und das Zweite nur von etlichen solchen sterbenden[WS 11] [807] Personen gewiß u. mit getroster Zuversicht bezeugen. Unsre hiesige Societaet zu deren innern Wachsthum an Gnade und Wahrheit unsere geliebten Geschwister Kettners bey ihrer noch fort dauernden Bedienung derselben alle mögliche Treue u. Handreichung bewiesen, besteht überhaupt gegenwärtig aus 432 Seelen, als 268 Erwachsenen u. 164 Kindern.
Nota:
1.) Unter der Anzahl der Erwachsenen Personen sind auch 7 mit begriffen, die seit der lezten Prediger-Conferenz zu der Societät sind hinzu gethan, u. in dieselbe öffentlich auf u. angenommen worden.
2.) Die beiden Tages-Anstalten zur Aufsicht
u. Pflege einiger Kinder unsrer Geschwister,
von Knaben u. Mädgen sind auch
bis jezo bestanden, davon 2 ledige Brüder
die ersten, u. 2 ledige Schwestern die lezten
bedienen, und diese Kinder für den Eigengenthums
HErrn derselben mit zu erziehen,
zu ihrem Haupt-Geschäfte machen.
3.) Eine noch junge verheyrathete Ehe-Schwester u. eine betagte Wittwe, die beyde zur Societaet gehörten, sind in dieser Zeit, auf [808] eine in ihren lezten Stunden sehr erbauliche Weise, zu ihrer ewigen Ruhe eingegangen; Insonderheit, bewieß die erste auf ihrem langwirigen u. sehr schmerzhaften Krankenlager eine solche anhaltende Freudigkeit, die von der großen Fülle der Geistes-Freude deutlich zeigte, die ihre Seele aus Jesu Herzen genoß.
2.) Diaconus Benade von Klix schreibt: Geliebteste Brüder! Es ist nun seit verwichenen Sonntag Exaudi ein Jahr, daß ich nach dem Worte des Heilands, in dem an diesem Sonntage gewöhnlichen Evangelio, die Gnade habe: in meinem geringen Theil zeugen zu dürfen, von Jesu u. was wir arme Sünder durch, bey u. in Ihm finden und erlangen können. Die Regungen meines Herzens hiebey nur überhaupt aus zudrücken, so muß ich mit Jacob voller Schaam u. Beugung bekennen: Ich bin viel zu geringe aller der Barmherzigkeit u. Treue, die Du an deinem Knecht gethan hast. Mit welcher Geduld, u. Gnade u. Huld, hat Er der Treue Heiland auch in dieser neuen Laufbahn mich geführet, u. meine mannigfalltige Fehler [809] übersehen u. gnädiglich vergeben, so daß ich zum Preiße Seiner unbeschreiblichen Sünderliebe noch heute rühmen kann; ohnerachtet aller Mängel, bin ich dennoch Seine, u. Er bekennt sich auch zu mir, daß ich gläubig sagen kann: Er ist meine, mein HErr und Gott; Hallelujah! Wenn ich solche Seine Liebe[WS 12] fühle u. erwege: so wird mein Herz voll Liebe gegen diejenigen, die Er mir zu Zuhörern gegeben, u. die Betrachtung Seiner Langmuth über mich, lehret mich Geduld haben, mit ihren Mängeln, Schwachheiten, ja Schlechtigkeiten; u. ich freue mich alsdenn schon von Herzen, wenn ich nur bey dem Einen u. dem Andern ein wahres Verlangen, um ihre Seligkeit gewahr werde. Solche Spuren, die Er mich manchmal sehr unverhoft, u. da wo ich es nicht gesucht hätte; hat sehen laßen, sind mir süße Tröstungen in meinem Amte, u. Stärckungen einer guten Hoffnung auf die Zukunft gewesen. Auch für die ganz rohen u. Toden /: deren es bey uns vielleicht doch nur wenige geben wird, weil sie wenigstens dem Verstande nach von der Nothwendigkeit der Wiedergeburt überzeugt sind :/ auch für [810] solche habe ich im Glauben u. Vertrauen beten können; wenn ich die Mühe bedacht, die ich Ihm gemacht, bis Er mir zu starck worden: bis Er mich überredet, u. ich mich habe überreden laßen.
Von unserm Kirchspiel noch etwas zu sagen: so würde es an Klagen nicht fehlen, wenn man klagen wollte. Wir wollen aber dieses lieber mit dem zudenken, was uns zum Lobe u. Preiße der unendlichen Treue unsers Kirchen-Hauptes u. der unermüdeten Arbeit des heiligen Geistes ermuntert, u. auch macht, daß wir die Hoffnung beßerer Zeiten nicht ganz verlieren können. Dahin nehme ich zuvörderst die heurige Präparation u. Confirmation der Kinder zum heiligen AbendMahl unter denen gewiß keines ganz ohne Rührung u. Anforderung geblieben. Verschiedene aber waren so kräftig angefaßt, daß man was bleibendes hoffen kann. Auch durch ihr Betragen zu Hause haben sie bey andern u. Erwachsenen Nachdencken, Beschämung u. Erweckung verursachet. Anfänglich war mir bange, weil sie meistentheils ziemlich verschloßen schienen; aber bald zeigte sich die mächtige[WS 13] [811] Gnaden Arbeit des heiligen Geistes an ihren Herzen, besonders gegen das Ende. Bey der Confirmation in der Kirche war der Heiland so kräftig in unsrer Mitte, daß die Thränen uns zu reden wehrten. Auch jezt finde noch gelegentlich daß der Eindruck davon nicht verloschen ist.
Der treue heilige Geist bewahre ihnen allen solche Beylage bis zur endlichen Erlösung aus aller Gefahr. Ich aber bin dadurch erweckt worden, besonders in Ansehung der heranwachsenden Jugend ins künftige aufmercksam u. zuversichtlich zu seyn.
Das zweyte, was mich bisweilen besonders getröstet u. aufgemuntert hat, ist, wenn ich Krancke besucht, denen das Wort von Jesu Sünderliebe ein theuer u. annehmungswerthes Wort gewesen. Manche darunter sind wieder geneßen; andere aber sind in wahrem Verlangen nach ihrem Heiland aus der Welt gegangen.
O! daß alle von meinen Kirch-Kindern so glücklich seyn, u. wenigstens am abgemeßnen Ende, dem großen Sünder Freunde in Seine blutige Arme fallen möchten[WS 14]. [812] Aber noch lieber wünschte ich ihnen hier schon zu erfahren, wie gut es ist, ein Schäflein Christi werden, u. in der Huld des treusten Hirden stehn. In solchem Verlangen ist mein beständiges Seufzen: Gib uns Gott einen gnädigen Regen, und dein Erbe, das dürre ist, das wollest du erquiken.
Freylich gibt es solche unter uns, die würklich ein mal Sein Erbe worden, aber nach u. nach dem Verdorren nahe kommen sind, schlummern oder doch furchtsam thun. Für solche vornemlich ist mein angelegentlicher Wunsch: daß ein Gnaden-Wind sie von neuem beleben möchte; damit sie hernach ihre Brüder reizen, anfaßen u. stärcken möchten, Jesum u. Seine Gnade zu suchen. Ich will hoffen, u. mein Vertrauen nicht wegwerfen; denn wem liegt mehr daran, daß solche Gnadenzeiten kommen möchten, als dem, der mit Blut unsre Seelen sich erworben, u. dem sie verheißen sind, darum, daß Seine Seele gearbeitet hat.
Nun Er müße auch an mir in meinem [813] Wandel u. in meinem Amte seine Lust sehen je mehr und mehr.
Das helft mir erbitten Ehrwürdige Brüder! nach eurer treuen u. theilnehmenden Liebe, wie ich denn glaube, daß ihrs thut.
3.) Pastor Michaelis in Taubenheim schreibt:
Ich habe Ursach meinen allerliebsten
HErrn u. Heiland zu loben u. anzubeten,
für Seine große u. unbeschreibliche
Treue u. Barmherzigkeit, die Er an mir
Seinem armen u. elenden bis her erwiesen
hat. Er hat nicht nur mein armes
Herz nach manchen schweren innern und
äußern Umständen, die Er mir zum
Segen gewendet, mit neuer Gnade angesehen
u. kräftig getröstet; sondern
hat mir auch die unverdiente Barmherzigkeit
erzeiget, u. mich zu Seinem
Dienst u. Geschäfte aufs neue gestärckt,
u. mich nach einem seligen Sabbath, darinnen
Er manche feine Schule mit mir gehalten,
wieder mein dencken u. vermuthen
mit neuem Muth u. Kraft angethan,
meinen Mund in Seinem Namen
[814] auf zuthun, u. Seinen werthen Tod zu
verkündigen. Das alles nehme ich nun
von Seinen treuen Händen auf den
Knien an, u. gebe mich Ihm zu Seinem
Opfer aufs neue hin, Ihm zu leben,
Ihm allein zur Freude, so lange es Ihm
gefällt mich hier wallen zu laßen.
Meinen lieben Zuhörern ist es würcklich
zur Verwunderung, u. ich verspüre unter
den meisten neue Attention aufs Wort der
Versöhnung; das ich ihnen, als ob ich erst
anfinge, bringe, u. wünsche von Grund
meines Herzens: daß mein treuster Heiland
seinen ganzen seligen Zweck an mir u. ihnen
erreichen möge, welches mir meine lieben
Brüder von Ihm wollen aus bitten helfen.
Wir haben aufs neue einander lieb, und
ich hoffe habe Hoffnung, daß noch manches
verirrtes[WS 15] u. verlornes Schäflein, in die
Arme des guten Hirten in meinem Kirchspiel
werde gesammlet werden, von Alten
u. Jungen. Ich habe in diesem Jahr das
Vergnügen gehabt: daß etliche recht selig
aus der Zeit gegangen, u. besonders ein
alter 84 jähriger Mann, der als ein von allem
eignen, aus gezogner armer Sünder sehr[WS 16]
[815] selig u. vergnügt entschlafen ist.
Unsre kleine Societät u. gesammeltes
Häuflein ist dieses Jahr mit 4 neuen
vermehrt worden. Unter den 41 Kindern,
die heuer in den Unterricht gekommen,
u. am Grünen Donnerstag zum erstenmal
zum Abendmahl admittirt worden,
war eine durch gängige selige Bewegung,
die der treue Erbarmer zu was mehrerem
u. bleibenden wolle gedeyhen laßen.
Ihm sey denn alles empfohlen u. Ihm
gebühret Danck Ehre u. Anbetung.
Sodann wurde folgendes Schreiben eines
Predigers in H. an einen Bruder in
der Gemeine vorgelesen:
Ich liege kranck vor Liebe hier, mein Herz ist weg u. wohnt bey dir, wenn schaut daßelbe sich gesund an dir wenn küßet dich mein Mund.
Dieses mein theuerster u. in dem HErrn Jesu innigst geliebter Bruder! ist meine Herzensstellung, die ich in gröster Schwachheit u. mit zitternder Hand, aber mit warmen Herzen Ihnen noch vor meiner Vollendung eigen händig melden wollte. [816] Ich schmachte dem Leibe nach im Ofen des Elends nach meinem Erbarmer. Das Gefühl meiner großen Armuth will mir oft das Herz zerquetschen, aber der Trost des gecreuzigten Heilands richtet mich immer wieder auf; mit den Trostvollen Worten: Ich will dich erquicken! Ich darf auch mit tiefster Beugung u. zitternder Freude sagen: Alle meine Feinde sind verschwunden, denn ich habe Jesum funden; ich bin ein seliges Kind, gereinigt[WS 17] u. geheiligt durch das unschäzbare Blut des allerliebsten Immanuels. Bald werde ich Jesum Leibhaftig sehen, den meine Seele so zärtlich liebt, u. den ich so gerne noch tausendmal mehr lieben; auch in meinem schweren Leiden mit noch mehrern Geduld, Gehorsam u. Treue verehren möchte. Dieses helfen Sie mir erbitten.
Hoffentlich ist dieses Jahr das lezte hier und
mein ewiges Jubel Jahr. Ach wie wirds so
wohl thun an Seinen Wunden, von meinen
jezigen Kampf u. Leidens-Stunden sanft
aus zuruhn. Wenn meine äußerst geschwächte
Hütte, die dem Tode reif ist, mir es zuläßt,
hieran mit Ernst zu dencken, so vergeht
mir Furcht, u. Angst u. alles, u. ich
[817] thue einen Blick ins ewige Leben. Ach wie
wirds der armen, nackenden und sich oft
so jämmerlich fühlenden Braut Christi so lange
u. bange, bis ihr Bräutigam kommt, deßen
blutige strahlende Wunden meine karcke krancke
und sehr elende Hütte am Tage der Freuden
u. Herrlichkeit umgeben werden.
Nun habe ich Ihnen mein ganzes Herz
gesagt. Ich küße Sie lieber Bruder! und
alle liebe Geschwister auf das zärtlichste.
Der HErr, dem sie alle leben u. dienen,
u. deßen Sie ganz sind, erhalte, erhalte
Sie bey Seinem heiligen Wort u. blutigen
Wunden. Er sey ihnen allen gnädig und
freundlich und salbe sie mit Seinem
heiligen Oele der Freuden, als seine
Geschwister u. seine Mit-gesellen.
Ich bitte die liebe Gemeine! gedencken
Sie in Liebe ihres armen Mitpilgers.
Aus einem Briefe des Bruder Hübners
In Niesky wurde folgendes mitgetheilt:
Unsere Diaspora ist seit einem Jahr in 4 Districte eingetheilt und besucht worden. Bey der Gelegenheit haben[WS 18] [818] einige Prediger theils die alte Bekanntschaft erneuert, theils sich zuerst als wahre Freunde der Gemeine zu erkennen gegeben, und auch zum Theil hier besucht.
Zulezt wurde noch folgender Auszug der Gedancken eines lutherischen Evangelischen Predigers am Feste der Menschwerdung Christi, über die bey der Welt untergehende, bey den Kindern Gottes aber desto heller scheinende Gnaden-Sonne d. 25ten Merz 1774 aus den Bauzner Wöchentlichen Anzeigen communicirt:
Mensch gewordner Gott! du ewigs Wunder
das mir stets vor Augen steht,
Sonne deiner Welt, die zwar jetzunder
hinter trüben Wolcken geht,
Aber mehr als tausend Jahr geschienen
da Dich Schöpfer! dem die Engel dienen
Ganz Europa fern u. nah
Als Mariens Kindlein sah.
Als Mariens Kind wardst du besungen
angebettet und verehrt,
Alle Lieder, alle Lehrer-Zungen
habens öffentlich gelehrt,
Kamen Leute, die es wiederstritten
solche wurden nirgends wo gelitten
Ja ihr froher Ubermuth,
bracht sie oft um Ehr und Gut.
Dort, wo Bilder schon vor langen Zeiten
aller Layen Biebel sind,
Hat die Vorwelt dich den Christenleuten
in Mariens Schooß als Kind!
das die Welt in Seinen Händen träget
Vorgemahlt u. in das Herz gepräget
daß ein Jeder säh und wüßt
Wer sein Gott und Heiland ist.
Und in unsern Evangelschen Ländern
sang mans allen Kindern vor.
Jezt, nur jezt will sichs mit Schrecken ändern
denn der Anthichristen Ohr
dem schon längst nach neuem immer jückte
u. dich gern der Welt entrückte
ist zu Lügen hingewandt,
und sucht jezt die Oberhand.
Arme Welt! du läßt den Heiland fahren
einen Baal nimmst du an!
den dir deine fleischlich weiße Schaaren
die Verführer kund gethan;
Christus unser Meister, HErr u. Richter!
lebt u. weiß, wenn diese Bösewichter,
Die dir Ihm entreißen woll'n,
Ihm zun Füßen fallen soll'n.
Wenn das Fest des HErrn der uns erschaffen,
der vom Himmel zu uns kam,
Und die Göttlichen Erlösungs-Waffen
unser Fleisch u. Blut annahm.
Und dadurch die Welt vom Fluch erledigt,
wenn dis große Fest den Heiland predigt:
nimmt die Freude ins gemein
alle Gnaden-Kinder ein.
Sie erscheinen als der Wahrheit Zeugen!
vor dem HErrn mit Lob-Gesang:
Jedes opfert Ihn mit tiefsten Beugen
seinen Freuden reichen Danck,
Daß Er nicht die Engel angenommen;
sondern her zu uns ins Elend kommen,
Unser Bräutgam unser Christ!
und Erlöser worden ist.
Hierauf machte Bruder Clemens den
Beschluß dieser vergnügten Conferenz,
und sagte: Nun ER segne euch ferner,
Ehrwürdige Brüder! einen Jeden an
seinem Theil, und vollende alle Werke
Seiner Gnade u. Liebe, damit ihr den
Orten, denen ihr dienet, zum Frieden
und Segen seyn könnet.
Wir wollen einander lieben, und dem Heiland die Anliegen Seiner Kirche, u. was oft wehmüthig macht, und schwer ist, ans Herz legen. Er hat bisher sein Werck erhalten, u. uns Arme hier in Herrnhut am 12ten May das 50te Kirchweyh-Fest mit einer Liturgischen Freude begehen laßen.
Es war ein Segen u. Ermunterung vor [822] unser aller Herzen. Wir gehören doch zusammen und haben Einen Beruf, Einen Zweck unsrer Mühe und Arbeit, die Er einem Jeden an seinem Theil aufgelegt, u. zu erkannt hat. Der liebe Heiland wolle es nur verleyhen, daß Sein Volck, das Seine ist, u. das Seine seyn will mit Leib u. Seel, einerley Sinn auf Erden haben möge, so wird gewiß ein ganz besonderer Segen daraus entstehen. Er segne euch ins gesammt, und laße Euch wachsen u. zunehmen in allem Segen des Evangelii, den der heilige Geist einem Jeden mittheilen wird.
Gesungen: Nimm uns von neuen in die Hand, der nimmer nichts entfallen pp.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Mitbischof, Bischof ohne Ordinationsrecht für andere Bischöfe
- ↑ Vorlage: dienennende
- ↑ Vorlage: befreundeteten
- ↑ Vorlage: Wiederholung mit
- ↑ Vorlage: Bestürnung
- ↑ i. S. v. Aussicht, Vorstellung
- ↑ Vorlage: Wiederholung bekommen auf der Folgeseite
- ↑ Vorlage: Evanglii
- ↑ Vorlage: Wiederholung da auf der Folgeseite
- ↑ Vorlage: zerkrirscht
- ↑ Vorlage: Wiederholung sterben auf der Folgeseite
- ↑ Vorlage: Leibe
- ↑ Vorlage: Wiederholung mächti auf der Folgeseite
- ↑ Vorlage: Wiederholung möch auf der Folgeseite
- ↑ Vorlage: verrirtes
- ↑ Vorlage: Wiederholung sehr auf der Folgeseite
- ↑ Vorlage: gereigt
- ↑ Vorlage: Wiederholung ha auf der Folgeseite