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Erinnerungen aus den Maitagen 1849

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Aus den Akten der Dresdner Goldschmiedeinnung Erinnerungen aus den Maitagen 1849 (1906) von Moritz Pretzsch
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908)
Eine Dresdner Baukommission 1854–65
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Erinnerungen aus den Maitagen 1849
vom Schuldirektor Moritz Pretzsch[1].
Mitgeteilt von Dr. O. Richter.

Die Aufregung, die sich der Gemüter bemächtigt hatte, dauerte das ganze Jahr [1848] hindurch fort. Nur die Berufstätigkeit hob dieselbe zeitweilig auf. Sobald man aber ausging und in irgend eine Gesellschaft eintrat, so war die Tagespolitik, durch die Presse genährt, die allgemeine Unterhaltung, und es war unmöglich, sich der Zeitströmung zu entziehen. Meine tägliche Arbeit gewährte mir nicht die Zeit, mich in das Treiben der Parteien einzulassen; doch war mir es interessant, zuweilen den Versammlungen der politischen Vereine beizuwohnen und das ungewöhnliche politische Leben zu beobachten. Recht wohlbefunden habe ich mich dabei nicht, denn ich fühlte, daß die Spannung einen zu hohen Grad annahm, der eine Abspannung unvermeidlich machen werde. Der Drang nach deutscher Einheit und Reform war ein zu plötzlicher, der Boden für die neue politische Saat noch nicht gepflügt genug, und der Aufschwung scheiterte an der Macht der beiden Großstaaten Deutschlands, die sich auch schwerlich werden bereit finden lassen, in Deutschland aufzugehen. Zu den kleineren Staaten, wo gewaltsame Versuche gemacht wurden, die von der Nationalversammlung in Frankfurt aufgestellte Reichsverfassung zur Ausführung zu bringen, gehörte auch Sachsen, und leider wurde dabei Dresden der Schauplatz blutiger Auftritte, wie ich sie niemals zu erleben gefürchtet hatte. Der Winter von 1848 bis 1849 kühlte das erhitzte Blut nicht ab, und die Erregung drang mit dem anbrechenden Frühjahr 1849 immer tiefer in die Gemüter. Ich gehörte zu denjenigen, welche weniger in das innere Treiben der Parteien eingeweiht waren; ich sah mich sogar überrascht von dem Ausbruche der öffentlichen politischen Unruhen in unserer Stadt zu Anfange des Maimonats. Es war Donnerstag den 3. Mai, [70] als die Kommunalgarden zusammentraten, während abgesandte Deputationen beim Könige um Anerkennung und Ausführung der Reichsverfassung in Sachsen ansuchen sollten. Soviel wußte ich allerdings; als aber die Gardisten einzeln nach Hause gingen und die Nachricht verbreiteten, daß am Zeughause vom Militär aufs Volk geschossen worden sei, wobei Tote geblieben, so kam mir dies bei der bisher gezeigten Nachgiebigkeit der Regierung doch unerwartet, und ich entließ meine Schüler mit der Weisung nach Hause zu gehen. Man erkannte wohl, daß von seiten der Volkspartei nach einem vorgefaßten Plane gehandelt wurde, denn alsbald stellten sich Leute ein, die den Bau von Barrikaden in der Stadt anordneten. Auch vor meinem Hause[2] begannen mir unbekannte Männer eine solche zu errichten, um den Eingang der Scheffelgasse zu schließen, wozu das Material aus den benachbarten Häusern herbeigeschleppt wurde. Vom Fenster aus sah ich, wie der schon bejahrte Stadtrat Rachel[3], vom Rathause kommend, diese Leute von ihrem Beginnen abzumahnen versuchte, aber nur durch seine schleunige Entfernung tätlichen Mißhandlungen zu entgehen vermochte. So wenig man das Einschreiten des Einzelnen bei der allgemeinen Aufregung klug nennen mochte, um so mutiger erschien mir der Versuch des alten Ratsherrn, zumal ich nicht in Erfahrung gebracht habe, daß irgendwo in Altstadt von seiten der Behörden durch Wort oder Tat dem Barrikadenbaue entgegengetreten worden wäre. Und doch war dies das einzige Mittel, der Insurrektion in Dresden und Sachsen und dem langen Straßenkampfe zuvorzukommen. Denn nur die Barrikaden waren es, die dem Aufstande eine siebentägige Dauer verschafften, denn nur hinter ihnen konnte sich der anfänglich kleine Haufe der Kämpfer halten und erst dadurch sich der Ruf von der Konsistenz und Bedeutung der bewaffneten Auflehnung zur Verteidigung der Reichsverfassung im Lande verbreiten und der Zuzug aus den Provinzen veranlaßt und gefördert werden. Dresden konnte aber so gut wie Leipzig vor einem mehrtägigen Kampfe innerhalb seiner Mauern und Häuser bewahrt werden. Während am Zeughause der Kampf mit der Schußwaffe fortgesetzt wurde, begannen die Turmglocken ihr Sturmläuten, und an den Straßenecken bliesen die Signalisten der Turner Alarm. Ich sah, wie die Gardereiterschwadron, die ihre Kaserne in der Seevorstadt[4] verlassen hatte, um sich nach der Brücke zu ziehen, auf dem Postplatze vor der Sophienstraße zurückprallte, als sich ihnen wahrscheinlich vom Balkon in Engels Hause[5] drohende Gewehrläufe entgegenstreckten, und wie sie dann im Trabe in die Ostra-Allee einlenkte.

Unterdeß war die Barrikade vor meinem Hause fertig geworden. Am Spätabende erschien ein bewaffneter Turner und begehrte Einlaß in die erste Etage, wo er die Nachtwache zu übernehmen habe. Er verlangte eine Lampe, die er hinter den Ofen stellte. Die Haustüre dürfte nicht verschlossen werden. Früh fand ich aber den Mann nicht mehr vor.

Freitag den 4. Mai wurden wir früh vor 4 Uhr durch Sturmläuten aufgeschreckt. Zu gleicher Zeit verließ der königliche Hof die Stadt. Eine unheimliche Stille war für diesen Tag eingetreten; auch alle Geschäfte ruhten. Der Stadtrat suchte eifrigst mit dem Militärgouvernement den Frieden zu vermitteln. Doch eben diese Zeit der äußeren Untätigkeit diente nur dazu, sowohl der deutlicher hervortretenden Revolutionspartei als der Regierung Verstärkung von auswärts zuzuführen. Der Verkehr für Fußgänger in der Stadt war unbehindert. Der Rektor Beger[6] besuchte mich vormittags von Neustadt aus und er hielt dafür, daß die Stadt einer großen Gefahr entronnen sei. Ich selbst, dem Frieden nicht trauend, benutzte die Ruhe, um Gegenstände und Papiere von Geldeswerte, zum Teil mir anvertrautes fremdes Gut, in der Vorstadt im Fletcherschen Seminar[7] und bei dem Kammermusikus Kummer an der Elbe in Verwahrung zu geben. Auf dem Wege zu Letzterem sah ich in einem Parterreraume der chirurgischen Akademie[8]) eine Reihe Leichen der gestern an dem Tore des Zeughauses durch einen unerwarteten Kartätschenschuß niedergestreckten Leute aus dem Volke, als sie im Begriffe waren, den Torflügel einzustoßen. Dem Äußern nach waren die Toten junge Männer von anständiger Kleidung. Die bisherigen geheimen Leiter der Bewegung zur Anerkennung der Reichsverfassung von Frankfurt waren indessen auf dem Rathause zu einem Sicherheitsausschusse zusammengetreten, und dieser hatte eine provisorische Regierung für Sachsen eingesetzt. Das Läuten mit allen Glocken auf dem Kreuzturme um 2 Uhr verkündete das Ereignis und damit zugleich den offenen Widerstand gegen die königliche Macht. Der Bau der Barrikaden wurde mit erneutem Eifer betrieben und bewaffneter Zuzug aus den Provinzen angeordnet, welcher von nun an ununterbrochen eintraf.

Die Nacht verlief ruhig, da der erwartete Angriff des Militärs erst am Morgen des Sonnabends stattfand. Am Abend stellten sich mehrere Bewaffnete in meinem Hause ein, welche die erste Etage sowohl als Barrikadenwache als auch zur Verteidigung derselben [71] in Beschlag nahmen und bis zu Ende des Aufstandes besetzt hielten. Es wurde Stroh fürs Nachtlager hineingeschafft und an den Schultafeln wurde gegessen und getrunken. Die Persönlichkeiten wechselten öfter, wie sich auch die Zahl der Anwesenden veränderte. Ein junger Mann, den sie Gottschalk nannten, wurde der ständige Kommandant der Barrikade.

Am Sonnabend früh trat der allgemeine Angriff des Militärs vom Schloßplatze aus ein. Wir spürten davon aber den ganzen Tag nichts weiter als entferntes Schießen und das wiederholte Sturmläuten. Am Vormittage brachte man eine hohe Tonne in die erste Etage und stellte sie an einem Fenster auf, zugleich auch eine Handdruckspritze. Die Tonne wurde mit Wasser gefüllt. Auf meine Frage nach dem Zwecke eröffnete mir der mir unbekannte Transporteur, daß bei einem Sturme auf die Barrikade das Wasser mit Vitriolöl vermischt auf die Angreifenden gespritzt zu werden bestimmt sei. Das konnte mir keine guten Aussichten auf die bevorstehenden Ereignisse geben. Da jedoch bis Nachmittags der Inhalt des Fasses, das nebst der Spritze aus irgend einem Nachbarhause requiriert worden war, zur Hälfte ausgelaufen und bis ins Parterre durchgedrungen war, so ließ ich das übrige Wasser ausschütten und Niemand bekümmerte sich weiter darum. Die Spritze erhielt später ihr Besitzer, Klempner Weigel, zurück.

Am Vormittage langten bewaffnete Züge aus Chemnitz, Freiberg und Burgk an. Aus letzterem Orte brachten die Bergleute vier Stück vierpfündige Kanonen mit. Auf dem Altmarkte herrschte großer Jubel. Eine von den Kanonen schafften sie in das mir gegenüberliegende Lehmannsche Haus in die erste Etage über Naumanns Papierhandlung; am folgenden Tage aber versetzte man sie in ein Erkerzimmer hinter der großen Barrikade auf der Wilsdruffer Gasse. Gehört habe ich aber ihre Stimme nicht, während die Schüsse einer andern, auf der großen Barrikade in der Schloßgasse aufgestellten Tage lang erdröhnten. Wie sich der Kampf im Laufe des Tages gestaltete, erfuhren wir nicht, auch nicht, daß die Barrikade auf der Augustusstraße vom Militär genommen worden war, wie uns überhaupt die erlassenen Proklamationen der königlichen Regierung unbekannt blieben. Gegen Abend erst rückte uns das Schießen näher, als die Chemnitzer Scharfschützen vom Turmhause[9] auf der Ostra-Allee aus ihr Feuer gegen die auf dem Zwingerwalle sich zeigenden Soldaten eröffneten. Nachts trat heute wie gewöhnlich Ruhe ein; nur selten ward ein vereinzelter Flintenschuß gehört. Erwachte man früh von einem durch Traumbilder beschwerten Schlummer, so stellte sich das Bewußtsein ein, nur zu einem neuen in Wirklichkeit mit Schrecken drohenden Tage erwacht zu sein. Besondere Beängstigung verursachte vielen Personen die fortdauernde Unkenntnis von den Vorgängen in andern Stadtteilen und Straßen, wenn sie an ihre Freunde und Angehörigen dachten, namentlich bei dumpfen und falschen Gerüchten, die in solchen Fällen nicht ausbleiben.

Trüb und regnerisch brach der Sonntag an und mit ihm der erneute Kampf, welcher sich uns von der Nordseite immer mehr näherte. Da die Angriffe des Militärs nicht offen in den Straßen stattfanden, sondern der Kampf hauptsächlich im Gewehrfeuer aus Fenstern und verdeckten Positionen bestand und sich gleichsam in den Häusern fortfraß, so dauerte der Widerstand und das Vorrücken des jetzt auch von Preußen unterstützten Militärs um so länger. Die aus meinen Fenstern zu übersehenden Teile des Post- und Antonsplatzes zeigten wenig Passanten mehr, dagegen Züge von eintreffenden Freischärlern, mit Flinten und Sensen bewaffnet, oder Reihen von Männern, die in der Vorstadt requirierte Strohschütten nach dem Innern der Stadt trugen. Das Schießen dauerte ohne Unterbrechung fort. Man konnte öfters Leute bemerken, die mit Körben und Hocken bepackt und von Kindern begleitet nach der Südseite der Stadt hin flüchteten. Auch die Mitbewohner meines Hauses verließen dasselbe; nur das Dienstmädchen des Advokat Steglich blieb in dessen Wohnung. Der Kandidat Unterdörfer, Lehrer an meiner Schule und im Hause wohnend, hatte dasselbe gestern bereits verlassen. Er kam heute frühzeitig, um nachzusehen, wie es bei mir stehe. Da er aber den Weg über die Barrikade nach meiner Haustür nicht fand, so sprach ich mit ihm vom Fenster herab und machte ihn aufmerksam, daß ich etwas für ihn auf die Straße werfen wollte. Es war eine geschriebene Predigt, die ein gewissenhaftes Mitglied seines Predigerkollegiums bei mir für ihn abgegeben hatte. Unglücklicherweise trieb ein kleiner Luftzug das in einem Kuvert befindliche Manuskript von der ihm gegebenen Richtung ab, so daß es in die offene Schleuse fiel, die dicht am Hause auf der Wallstraße vorbeigeht und deren Bohlen zum Barrikadenbau verwendet waren. Ein vorübergehender Kommunalgardist trat indes schnell herzu, drehte sein Gewehr um und machte von dessen Bajonett den vielleicht heilsamsten Gebrauch in seiner ganzen Dienstzeit: spießte das Kuvert an und brachte es glücklich zu Tage.

Am Vormittage, an dem sich Regen einstellte, erschreckte uns plötzlich die Nachricht, daß das große Opernhaus brenne. Dort war heute auch das Schießen heftiger, weil die Insurgenten die Hofkirche und die Barrikade in der Sophienstraße so kräftig verteidigten, daß das dort agierende Bataillon durch Schützen ersetzt [72] werden mußte. Ich konnte mich nicht enthalten, einen Punkt aufzusuchen, wo mir das Opernhaus sichtbar war. Ich ging deshalb auf die Straße, überstieg an einer mir bekannten Stelle die Barrikade und schritt hinter der Posthofeinfassung nach der Marienstraße so weit vor, bis ich die Feuerstätte erblickte. Niemals hatte ich eine so breite, mächtige, hohe Flammenmasse in so imponierender Ruhe zum Himmel emporsteigen sehen. Ein Glück war es, daß kein Wind herrschte und die von der Hitze hoch emporgetriebenen glühenden Kohlen, vom Luftzuge über unsere Häuser getrieben, auf von einem sanften Regen benäßte Dächer fielen. Das Schießen dauerte den ganzen Tag fort. Das Kanonenfeuer vom Zwingerwalle galt besonders dem Turmhause. Der endliche Verlust der Hofkirche und die weitere Annäherung der Soldaten bewog die Insurgenten, eine zweite Barrikade vor meinen Fenstern zu erbauen, welche sich im rechten Winkel an die vorhandene an- und die Wallstraße verschloß. Die Verbarrikadierung der Scheffelgasse befreite uns zwar von der Lieferung von Material zum neuen Bau, aber die Verteidiger fanden es für passend, mehrere meiner Schultafeln auf die Straße zu schaffen und sie als Treppenstufen hinter der alten Barrikade aufzustellen, während sie auf letztere eine dreifarbige Fahne steckten. Aus den Gesprächen der in meiner ersten Etage ab- und zugehenden Bewaffneten konnte ich nichts von den Vorgängen in der Stadt erfahren: sie schienen jedoch immer noch von der Hoffnung des Sieges erfüllt zu sein. Ein paar Bergleute spielten geheimnis- und erwartungsvoll auf unterirdische Bauten nach dem königlichen Schlosse zu an. Der eine davon, ein ältlicher, mir unheimlich erscheinender Mann, fiel mir später dadurch auf, daß er wiederholt gegen mich erwähnte, gewisse von ihm bezeichnete Häuser an der Zwingerstraße müßten zerstört werden, wenn das Militär weiter vordränge, und diese Häuser brannten in der letzten Nacht des Kampfes wirklich ab. Es hatten sich freilich nun auch Personen in die sogenannte provisorische Regierung eingemischt, wie der Russe Bakunin, die vor dergleichen Gewalttätigkeiten nicht zurückschreckten, wie die im Rathause vorgenommene Herstellung von Pechkränzen und Fackeln bewies, wo zu gleicher Zeit 25 Zentner Pulver aufbewahrt wurden. Das rücksichtslose Verfahren Bakunins und seines Anhanges, wie überhaupt der unglückliche und verderbliche Gang der ganzen Aktion, veranlaßten das eine Mitglied der Regierung, Todt[10], sich in Verborgenheit zurückzuziehen, und es begannen auch kleine Abteilungen von fremden Bewaffneten Dresden wieder zu verlassen. Machte es doch, wie ich vom Fenster aus bemerken konnte, keine sichtbare Wirkung, als am Sonnabend Nachmittag drei bewaffnete Turner einen Umgang an den Barrikaden vorüber hielten und der Besatzungsmannschaft ein Lebehoch auf die deutsche Republik zuriefen. Es mochte vielleicht eine Art Fühler sein sollen. Am Nachmittage erscholl ein Jubelgeschrei vom Altmarkte her. Ich ging nach dem Markte, um etwas von den dortigen Szenen zu sehen, und fand eine Schar neuer Zuzügler mit Schießwaffen, Piken und Sensen versehen in einem nach dem Rathause offenen Viereck aufgestellt. Aus der Mitte der auf dem Rathausbalkon stehenden Männer sprach ein mir Unbekannter, es mochte Tzschirner sein, mit lauter Stimme zu der Mannschaft und vereidete sie auf die deutsche Reichsverfassung. Der lebhaften Anrede antwortete die Schar mit einem mehrmaligen kräftigen Hoch und zog dann nach den östlich gelegenen Straßen ab. Der Führer der einen Abteilung, die nach der Kreuzkirche hin abbog, kam plötzlich nach dem Rathause zurückgesprungen und rief laut hinauf: Werft mir meine Schrapnels herunter. Alsbald flog eine Ledertasche vom Balkon herunter, die der Mann umhing und seiner Abteilung nacheilte. Ich erkannte in ihm den Advokat Marschall[11], den ich zwei Tage darauf zum letzten Male sah, indem er in tiefer Niedergeschlagenheit allein die Scheffelstraße durchschritt. Man konnte an ihm und andern bemerken, daß sie seit längerer Zeit Tag und Nacht nicht aus den Kleidern gekommen waren. Als nun die Nacht einbrach, mußte sich ein Teil der Barrikadenwache in meinem Hause hinter der Barrikade im Freien legen. Die Leute erbaten sich Holz von mir und machten sich damit ein Feuer an. Im Laufe der Nacht jedoch trieb sie der Regen ins Haus, wo sie sich in der Hausflur auf Stroh lagerten. An den beiden folgenden Morgen wurde ihnen Kaffee aus den Nachbarhäusern und von mir geschickt. Ein Faß Bier besaßen sie. Unter den ab- und zugehenden Freischärlern war auch ein junger Mann, der vorzüglich dieses Fasses wegen sich einzustellen schien und immer über Durst klagte. Er hatte ein gedrücktes schielendes Auge, trug keine Waffen, aber einen schönen metallenen Helm auf dem Kopfe, wegen dessen er nur fürchtete, daß er im Kampfe, wie er sagte, von den Feinden besonders zum Zielpunkt genommen werden würde, und am Tage darauf sah ich ihn in das Haus des Hutmachers Albert gehen, woraus er bald wieder mit einem gegen den Helm eingetauschten grauen Filzhut trat. Solche Bummler suchten sich wohl unter die Volkskämpfer zu mischen, allein sie mußten sich bald wieder entfernen, denn ich war Zeuge, wie der Barrikadenführer [73] seine Leute zusammennahm, ihnen Schonung und Achtung vor fremdem Eigentum als Ehrensache anempfahl und erklärte, er werde jeden in seinem Bereiche unter den bestehenden Umständen betroffenen Dieb erschießen lassen. Ich selbst habe mich über keinen der vielen in mein Haus gekommenen Leute zu beklagen Ursache gehabt. Freilich half dazu, daß ich das Haus nicht verließ, immer zu recht sah, das nicht verweigerte, was sie in solchen Verhältnissen beanspruchen konnten. Mein Nachbar, der Kaufmann Gierth, mir gegenüber, der in den letzten Tagen sein hart bedrängtes Haus verlassen hatte, fand bei seiner Rückkehr seinen Kleiderschrank ausgeleert, und ich entsann mich, daß ich ein auf unserer Gasse wohnhaftes Subjekt, das bereits das Zuchthaus geziert hatte, während der schlimmsten Tage mit einem Gewehr in der Hand in diesem Hause ein- und ausgehen hatte sehen, jedesmal mit einem andern und bessern Rocke bekleidet, als er außerdem trug. Der Kaufmann Gierth hatte freilich seine verlassene Wohnung nicht verschließen können, weil die Fenster zum Schießen benutzt wurden.

Am Montage den 7. Mai veränderte sich unsere Lage wesentlich. Das Schießen begann frühzeitig. Ich konnte immer noch einen Blick auf die Westseite aus dem Fenster tun. Nach einem heftigen Geschrei bemerkte ich eine lebhafte Bewegung an der Barrikade beim Turmhause. Jene und dieses wurden vom Militär genommen. Dasselbe erfolgte mit der Spiegelfabrik und der daran stoßenden Barrikade, und so etablierten sich die Soldaten in sämtlichen den Postplatz auf der Nordseite begrenzenden Gebäuden. Sonach trat nun das Posthaus, das von Polytechnikern besetzt war, mit seiner südlichen Umgebung in die in Angriff genommene Linie. Das Gewehrfeuer richtete sich sofort auf die beiden vor meinem Hause errichteten Barrikaden, das nun aus den beiden daran stoßenden Häusern lebhaft erwidert wurde. Aus meinem Hause konnten die Aufständigen nicht schießen, weil sie dabei die Arme und den Oberkörper zum Fenster hinaus hätten stecken müssen. Ebenso streiften die feindlichen Kugeln aber das Haus nur an der Westseite, während die Südseite desselben gar nicht oder nur von zurückschlagenden Kugeln getroffen werden konnte, weshalb sie den Leuten mit Ausnahme des letzten Tages einen sichern Aufenthalt gewährte. Natürlich durften die Verteidiger sich weder an den Fenstern noch auf der Barrikade blicken lassen, denn es lauerten drüben Hunderte von Schützen, die ihre Kugeln dahin absendeten, wo die Soldaten die geringste körperliche Bewegung wahrnahmen. Ein Bergmann hatte kaum den Kopf etwas über die Barrikade erhoben, als er mit einer Kugel in demselben zu Boden sank. Er war der erste unter meinen Augen Getroffene, und man trug ihn blutend vor in das Deutsche Haus, wo im Saale ein Lazarett eingerichtet war. Auf den Plätzen um das Posthaus herum sah man zwei Tage nicht einen Hund, geschweige einen Menschen gehen. Meine Nachbarn in den Häusern nach rechts auf der Wallstraße blieben von nun darin eingeschlossen, da sie keinen Ausgang nach hinten hatten. Sie konnten sich kein Wasser und Brot mehr holen lassen. Gegen Mittag war nun auch eine Kanone dem Turmhause gegenüber hinter der Staketerie aufgestellt. Zum Abfeuern wurde sie vor- und nach jedem Schusse schnell wieder zurückgezogen. Ihre Geschosse waren abwechselnd auf die Barrikade und auf die beiden Häuser dahinter und daneben gerichtet, und nur dann, wenn die Kugeln links abwichen, trafen sie mein Haus. Kanonenkugeln und Kartätschen wechselten ab, und letztere prallten rasselnd gegen die mit Trottoirplatten von Granit belegte Barrikade. Nun hatten wir an den Fenstern nach der Scheffelgasse das Zusehen, wie erstlich die Kugeln eine Maueröffnung in dem Hause schrägüber bohrten, sodann wie sie ein Stück nach dem andern vom Erker des einen gegenüberliegenden Eckhauses aus dem Verbande rissen und herabwarfen. Auf diesen Erker schienen die Gegner es besonders abgesehen zu haben, weil die Insurgenten daraus ein heftiges Feuer aus starken Standbüchsen unterhielten, was ihnen dadurch erleichtert wurde, daß sie durch mein Haus gedeckt waren und nur dann in den Erker vortraten, wenn sie abfeuerten. Währenddem schlugen Flintenkugeln ununterbrochen ein, und das an der Ecke meines Hauses vom Dache herabführende Wasserabfallrohr fand ich nach Beendigung des Kampfes wie ein Sieb durchlöchert. Ich hatte nicht geglaubt, daß ich in meinem Leben einmal würde ernstlich Pulver zu riechen bekommen, und jetzt saßen wir hier am Fenster in Pulverdampf gehüllt stundenlang ganz nahe dem Zielpunkte der Geschosse und gleichsam in der Schußlinie der beiden Gegner. In meine nach der Wallstraße zu liegenden Stuben durfte ich mich nicht mehr wagen, denn da drangen an den Fenstergewänden abprallende Kugeln ein und warfen unter anderem die Gardinenstangen zum Teil herab. Ich fand nun auch für gut, Kleidungsstücke und einige wertvolle Gegenstände in den Keller zu räumen.

Die Besatzung der Barrikade an meinem Hause war heute ungewöhnlich stark, und viele neue Gesichter tauchten auf. Ein Leipziger Volkskämpfer, der bereits in seinen Siegeshoffnungen herabgestimmt schien, äußerte gegen mich: „Nun, wenn wir nur wenigstens ein anderes Ministerium erlangen!“ Im Erkerhause fiel mir ein anderer junger Mann, ein Büchsenschütze, durch seine malerische Erscheinung mit einer roten Schwungfeder auf dem Hute auf.

Als ich vom Kleinen Rauchhause zurückkehrte, wo ich zu Mittage gegessen hatte, fand ich die Besatzungsmannschaft, [74] der das lange Stehen mißfiel, an Schultafeln sitzend, die an der schützenden Hauswand aufgestellt waren. Sie hatten sich gerade die neuesten Tafeln einer kurz vorher errichteten Klasse heruntergeholt, aber auf meine Vorstellung, daß ich ihnen zur Schonung dieser gern ältere bewilligt haben würde, deren Verlust leichter zu ertragen wäre, waren die Leute sofort bereit, die neuen wieder hinauf zu schaffen und andere dafür zu nehmen.

Nach einiger Zeit bemerkte ich, daß sich aller Augen auf einen Mann richteten, der am Nachbarhause auf dem Trottoir stand und mit lauter Stimme eine Anrede an die Bewaffneten auf der Straße und an den Fenstern hielt. Es war Heubner, Mitglied der provisorischen Regierung. Er feuerte die Leute zur Ausdauer im Kampfe für die Reichsverfassung an und brachte dieser ein Hoch aus, in welches alles mit einstimmte. Bei dem Emporheben seines rechten Armes zeigte er unbewußt, wie sehr er Arm und Ärmel bereits strapaziert haben mochte, denn letzterer hatte sich unter der Achsel vom Rocke getrennt und ließ das weiße Hemd gerade im feierlichsten Momente breit durchschauen. Bald darauf zeigte mir mein Hausmann, daß man daran gehe, die Haustür auszuheben. Ich fand auch wirklich einige Männer von wildem Aussehen, die eben erst erschienen waren, damit beschäftigt. Es waren anscheinend Fremde. Sie trugen graue Blusen mit roten Schnuren um den Leib, führten Äxte bei sich, und mit ihrem ungeberdigen Benehmen harmonierten ihre weingeröteten Gesichter. Sie mochten zu dem Dutzend solcher Gestalten gehören, die am Rathause gesehen worden sind. Sie waren eben im Begriffe, die Haustüre und die Läden im Parterre loszumachen, um sie in der Barrikade zu verwenden, worin sie Schießscharten anbringen wollten. Mit diesen Leuten konnte ich nichts anfangen. Sie müßten heute noch Blut sehen, äußerte der Eine. Da wendete ich mich an die Barrikadenwache, und dieser gelang es unter der Vorstellung, daß das Haus schon durch seine unmittelbare Verbindung mit der Barrikade genug zu leiden habe, die Ungestümen zur Verzichtleistung auf meine Türen und Vorbauläden zu bewegen und ihr Material anderweit zu holen. Sie benutzten besonders Schleusenbohlen und stellten eine Schießluke dicht an meiner Hausecke her, woraus nun die gesamte Mannschaft einer nach dem andern ununterbrochen in gedeckter Stellung schoß, denn auf die Barrikade durfte sich heute niemand wagen, und die aufgepflanzte dreifarbige Fahne wurde ebenso oft heruntergeschossen als aufgesteckt, so daß ihr Stock immer kürzer wurde. Gegen die eröffnete Schießluke richtete sich besonders das Kartätschenfeuer. Es fingen sich aber auch schon Löcher in der Hauswand an der beschossenen Westseite an zu zeigen, die in der zweiten und dritten Etage das Licht neben Fenstern durchscheinen ließen, und die grünen Jalousien gingen in Stücken. Jetzt wurde auch das Straßenpflaster hinter der Barrikade aufgerissen und die Steine in die erste Etage transportiert, wo man sie zur Erhöhung der Fensterbrüstung verwendete.

Als man nun auch bemerkt haben wollte, daß die Läden des Verkaufslokals im Parterre zerschossen seien, an welches sich die Barrikade anlehnte, so daß bei einem Sturme das Militär eindringen könne, so bestanden die Verteidiger darauf, die Türen und Fenster von innen zu verbarrikadieren. Ein Schlosser öffnete das Lokal von der innern Seite; ich mußte Holzwerk schaffen und die in langer Reihe von der Straße, die Treppe hinauf bis wieder hinunter in das Eckgewölbe aufgestellte Mannschaft reichte sich Pflastersteine zu und hinein, so daß mittelst derselben bald die hohen Fensteröffnungen geschlossen waren. Das zur Arbeit nötige Licht drang allerdings durch die Spalten der zerschossenen Läden ein, bis der innere improvisierte steinerne Verschluß fertig war. Daß dieser Raum, der einem Friseur zum Geschäftslokal diente, an seiner inneren Ausstattung nicht gewann, läßt sich leicht ermessen, jedoch es wurde nichts mutwillig zerstört oder genommen, denn ich blieb Augenzeuge und sorgte, daß das Lokal alsbald wieder verlassen und verschlossen wurde. Kaum damit zustande traf ich in der ersten Etage in der an das Nachbarhaus der Wallstraße anstoßenden Schulklasse drei Männer beschäftigt, mit Brecheisen einen Stein aus der Kommunwand zu lösen an der Stelle, wo sie die schwarze Wandtafel herabgenommen hatten. Die Arbeit schien ihnen ungewohnt zu sein und schwer zu werden. Der Kalk war gelöst, das umfängliche starke Grundstück erzitterte zwar von den Schlägen, aber wollte nicht weichen. Auf meine Frage nach dem Zwecke ihrer Arbeit erklärte der Leiter des Vornehmens, ein junger Mann, anständig in Benehmen und Kleidung, daß sie von der großen Barrikade am Eingange der Wilsdruffer Gasse beordert seien, dieselbe mit der an der Scheffelgassenecke durch die dazwischenliegenden Häuser in Verbindung zu setzen und deshalb die Wände zu durchbrechen. Das klang nicht tröstlich für mich. Auf diese Eröffnung gab ich achselzuckend ganz ruhig die Versicherung, daß sie an der Front der Wallstraße vier Häuser zu passieren, also viermal eine solche Kommunmauer zu durchbohren haben würden, ehe sie die beabsichtigte Kommunikation zustande brächten. In jedem der anderen Häuser auf der Scheffel- und Wilsdruffer Gasse, die mit den Rückseiten aneinanderstießen, wäre nur eine einzige Wand zu öffnen, um von einer Gasse in die andere zu gelangen, ja nur einige Häuser entfernt im Gasthause zum goldnen Hirsch[12] bestehe bereits [75] ein solcher Durchgang. Die Leute legten ihr Werkzeug nieder, und der junge Mann, sichtlich erfreut, forderte mich auf, da ich gute Ortskenntnisse zu besitzen scheine, sie in der angedeuteten Richtung zu führen. Sie nahmen ihre Brechstangen auf und verließen mein Haus, und aus der Verlegenheit, als ihr Führer bei einem von meinen Hausnachbarn zu erscheinen, konnte ich mir nur dadurch helfen, daß ich zwar bis auf die Straße mitging, aber dort unter den Gruppen der Barrikadenmannschaft verschwand. Unsere Häuser blieben von der beabsichtigten Durchbrechung verschont. Jene Fremden hatten Respekt bekommen vor den sandsteinernen Dresdner Mauern und zogen das Durchhaus des Hirsches vor.

Indessen dauerte das Sturmläuten wie das Schießen fort. Trotz der unzähligen Kugeln, die den drei Häusern hinter und neben den beiden Barrikaden, wie diesen selbst, galten, floß hier kein Blut, bis endlich ein Bergmann, der so unvorsichtig war, vom Posthofe nach der Scheffelgasse laufen zu wollen, nach wenig Schritten getroffen niedersank. Der Arme raffte sich auf und kroch nach dem eisernen Posthoftore zurück, wo er sich auf den Boden setzte und bald sein Leben aushauchte. Die gesamte Mannschaft eilte in die erste Etage und war durch die Fenster Zeuge dieses traurigen Falles. Erst nach Einbruch der Nacht wagten sie den Toten, der von der Kugel durchbohrt war, herüberzuschaffen. Einen am Fuße Verwundeten brachte man noch bei Tage in einem Korbe von der Schloßgasse her und transportierte ihn durch den Eckladen des Erkerhauses, welcher wegen seiner zwei Eingänge eine Verbindung zwischen der Wallstraße und der Scheffelgasse abgab, nach Hause. Es war der Dr. Munde, Hauptmann der Dresdner Turnerschar, welcher mit seiner Wunde nach Altenburg und dann nach Belgien flüchtete.

Endlich brach das nächtliche Dunkel ein und das Schießen hörte allmählich auf. Ein Sturmangriff war nicht erfolgt und unsere Lage seit heute früh dieselbe. Daß aber das Militär im Umkreise des Neumarkts Fortschritte gemacht hatte, erfuhren wir nicht. Bei der Betrachtung der beiden mir gegenüberliegenden Häuser war ich allerdings begierig zu erfahren, wie die Westfront meines Hauses beschaffen sei. Bei der inneren Untersuchung am Abende fand ich die schadhafteste Stelle an dem der Barrikade nächsten Mauerschafte im Parterre, welcher oben zur Hälfte fehlte. Wurde der bleibende stützende Teil auch noch fortgerissen, so konnte ein Bruch der darauf ruhenden Frontmauer nicht ausbleiben. Obgleich ich daran zweifelte, daß der Einsturz meines oder eines andern Hauses bei den Machthabern auf dem Rathause Teilnahme oder Sorge erregen würde, so beschloß ich dennoch einen Gang dorthin, wäre es auch nur, um einen Blick in dasselbe unter den bestehenden Verhältnissen zu tun.

Auf den Barrikaden lugter die Wachposten sorgsam ins Dunkel hinaus; denn es konnten sich die Soldaten zu einem Überfalle heranschleichen. In der Scheffelstraße war alles still; die Männer saßen meistens in den Schenkstuben. Am Deutschen Hause hatte ich eine Barrikade zu passieren, und auf dem Altmarkte herrschte Ruhe. Daß eine Ermüdung eingetreten, war unverkennbar. Im Rathause war die Hausflur und der Vorsaal mit Bewaffneten erfüllt, von denen sich ein Teil aufs Stroh gelagert hatte. Sensenmänner standen an den Eingängen. Die Türen in die Ratszimmer, sonst immer verschlossen, standen heute weit auf. Im großen Sessionszimmer saßen Männer an der grünen Tafel; andere gingen umher, allerhand Personen passierten die Türen wirr durcheinander. Ein Sensenmann wies mich in das kleine Ratszimmer, wo die laufenden Geschäfte betrieben, Bons und Passierscheine zum Verlassen der Stadt ausgestellt wurden und dergleichen mehr. Ich wendete mich an einen noch jungen Mann in Kommunalgardenuniform, der mit andern Beschäftigten an einem Tische saß, und stellte ihm den Umstand mit dem halbzerstörten Mauerschafte vor, der sofort wieder hergestellt werden müßte, weil bei einer völligen Zerstörung ein Herabstürzen der ganzen Hausecke auf die Barrikade zu befürchten sei. Ich fügte hinzu, daß ich hier im Rathause zunächst in Reserve gestellte Maurer und Zimmerleute für die in Verteidigungszustand übergegangene Stadt zu finden erwartet habe. Der Assessor fragte mich, ob ich keinen Hausmaurer habe. Auf meine Antwort, daß es mir unmöglich sei, denselben aufzutreiben, zuckte er mit den Achseln und entließ mich. Ihm mochten wohl ganz andere Sorgen den Kopf schwer machen, als die um meinen Schaft. Als ich auf dem Rückwege die Barrikade am Deutschen Hause passieren wollte, hielt mich ein da zur Wache stehender Volksgardist an. Auf meine Erklärung, daß ich der Besitzer des Eckhauses in der Gasse sei, erwiderte er in vogtländischem Dialekte: „Und wenn Sie der König von Sachsen wären, so dürften Sie hier nicht durch“. Man merkte es dem Manne an, wie er es fühlte, daß er in der Residenz auch einmal ein Wort zu sagen habe. Zufällig trat der alte Vater des Wirtes vom Deutschen Hause an die Haustüre und bewog den Wachposten, mich passieren zu lassen. Ich fürchtete einen Angriff in der Dunkelheit, jedoch die Ruhe der Nacht ward nicht unterbrochen. Nur halbentkleidet hatte ich mich niedergelegt.

Der nun folgende Dienstag verlief fast ganz so wie der vorige Tag. Kein Mensch ließ sich auf dem zwischen beiden gegnerischen Linien freien Raum blicken, aber das Schießen dauerte, wenn auch mit weniger Heftigkeit als den Tag vorher, ohne Unterbrechung fort. Man fing fast an, sich daran zu gewöhnen. Die Zahl [76] der anwesenden Bewaffneten verminderte sich im Hause wie auf der Gasse. Ich aß Mittags wieder im Rauchhause. Bei meinen Ausgängen, die sich aber nur bis an die Quergasse auf der Scheffelgasse ausdehnten, sah ich Niemanden von meinen Nachbarn, auch nicht an den Fenstern; sie hatten sich in die hinteren Räume ihrer Häuser zurückgezogen oder auch ihre Wohnungen verlassen. Nur Bäcker und Schenkwirte hielten ihre Lokale geöffnet und bei den Schlossern wurde an Sensen und anderen Waffen gehämmert. Nachmittags sah ich, während ein sächsischer Artillerist mit Schleppsäbel ohne Kopfbedeckung bei mir vorbeistürmte, durch die Quergasse das Dach des Hauses in der Kleinen Brüdergasse in Brand, welches ans prinzliche Palais anstößt. Später bemerkte ich, wie der Barrikadenführer an meinem Hause Freiwillige sammelte und mit diesen, etwa sechs bis acht Mann, eilig nach dem Markte marschierte. Man schien Hilfe nach der Loch-[13] und Frohngasse hin zu verlangen, und ich schloß daraus, daß dort ein schärferes Vordringen des Militärs stattfinden möchte als gegen unsere Position. Gegen Abend war Gottschalk wieder an der Barrikade. Das Schießen hörte allmählich auf. Die Mannschaft gruppierte sich, steckte die Köpfe zusammen, ließ aber die Unterhaltung nicht laut werden. Das schien mir ein bedenkliches Zeichen für den Verlauf der folgenden Nacht. Bei einer Erstürmung der Barrikade und dem Eindringen der erregten Soldaten in mein Haus mochte ich nicht in demselben anwesend sein. Ich beschloß demnach, als das Nachtdunkel eingetreten war, das Haus zu verlassen, da überdies auch wegen der Strohlager in der 1. Etage Feuersgefahr nicht zu fern lag. Waren doch am Tage schon die großen mit Papierspänen gefüllten Säcke, die zum Schutze gegen die Kugeln oben auf die Barrikade gelegt worden waren, in helle Flammen geraten.

Nachdem ich Katze und Kanarienvogel außer Verschluß gebracht, übergab ich den Schlüssel zu meiner Wohnung in der 2. Etage dem Hausmanne, der mit seiner Frau im Hause verbleiben wollte, und begab mich ins Rauchhaus, um dort die Nacht zu verbringen, wohin ich auch meine Wirtschafterin und das Dienstmädchen des Advokat Steglich mitnahm. Hier munkelte man von einem nahe bevorstehenden Erscheinen des Militärs, und in der großen Küche waren die Leute mit Charpiezupfen beschäftigt. Unter Sorgen suchte und fand ich im Eckzimmer den Schlaf.

Früh Mittwoch um 3 Uhr wurde ich geweckt. Das Schießen geht los, hieß es. Ich vernahm ein lebhaftes Gewehrfeuer vom Posthause her. Als es zu tagen begann, bemerkte ich, daß aus den Fenstern dieses Hauses in die Scheffelgasse geschossen wurde, und ich durfte wegen des Einschlagens der Spitzkugeln nicht mehr in den Erker treten. Um nun die Verbindung des gegenüberliegenden Durchhauses im Hirsch mit dem Rauchhause nicht zu verlieren, wurde ein langer Wagen quer über die Straße gestellt, hinter welchem Flüchtende von der Wilsdruffer Straße herüber eilten. Im Rauchhause fand ich, daß dasselbe westlich durch Mauerdurchbrüche mit dem Erkerhause an der Wallstraße (meinem Hause gegenüber) und südlich mit der Webergasse in Kommunikation stand. Jetzt war die Zeit, wo auch aus meinem Hause sowie in dasselbe durch die Fenster geschossen wurde. Die Mannschaft hatte die Barrikade verlassen und sich in mein Haus zurückziehen müssen, weil die Preußen vom Posthause herab über die Barrikade schossen und die Scheffelstraße beherrschten. Die Leute waren demnach vollständig abgeschnitten, sowie seit Mitternacht schon von ihrem Führer Gottschalk verlassen. Nachdem sie eine Zeit lang aus den Fenstern geschossen, hatten sie endlich oben nach Durchbruch der östlichen, wenig starken Giebelwand ihren Abzug über und durch die Dächer der niedrigeren Nachbarhäuser genommen. Einen älteren Mann, der sich auf die Gasse hatte retten wollen, fand ich bei meiner Rückkehr tot neben meiner Haustüre am Pflastergerinne liegen.

Einmal nicht mehr in meiner Behausung, sehnte ich mich aus den beengenden Mauern hinaus. Es mochte nach 6 Uhr sein, als ich auf dem Vorhausgange des Rauchhauses einen mir von Angesicht bekannten Mann traf, der eben vom Erkerhause durch die Maueröffnungen kam. Ich fragte ihn, wie es vorne an der Barrikade stünde, worauf er andeutete, daß es Zeit sei, sich zurückzuziehen. Wenn ich das Haus zu verlassen gedächte, so wollte er mich führen. Ich entschloß mich sofort dazu und folgte ihm mit meinen beiden Frauenzimmern. Wir stiegen im Hintergebäude des Rauchhauses durch ein Mauerloch in eine tiefer liegende Stube eines anderen Hauses und sahen uns da in der Wohnung einer jüdischen Familie, die mit dem Ausdrucke der Angst und des Schreckens unsern Durchzug beobachtete. Wir passierten eine dunkle Treppe und gelangten bald durch die Haustür auf die Webergasse. Hier und auf der Seegasse war alles still und leer, und erst vor dem Seetore stießen wir auf Trupps von Aufständigen, die auf dem Rückzuge aus der Stadt begriffen waren. Am ersten Hause rechts[14] erblickte ich den Besitzer desselben, Dr. Barthel, an der Haustüre. Er fragte mich verwundert, wohin ich wolle; die Sache sei ja zu Ende und seit 4 Uhr habe schon der Abzug gedauert. Diese Nachricht, vielmehr aber das Gefühl, aus dem Getümmel und der Absperrung heraus zu sein, machte, daß es mir wie ein Stein vom Herzen [77] fiel und die Brust, wie die eines von schwerer Krankheit Genesenden, frei und frisch aufatmete. Mehr mechanisch als nach einem bestimmten Plane setzte ich meinen Weg dem stillen Zuge der abgematteten Leute folgend bis an das Trompeterschlößchen fort, wo ich einen Nachbar von meiner Gasse, den Schlosser Bose traf, der nach Räcknitz wollte. Wiewohl ich mich auch hinaus in die freie Natur sehnte, so schien mir es doch rätlicher, wenn die Waffenruhe wieder hergestellt sei, je eher je lieber nach meinem verlassenen Hause zu sehen. Die hier zahlreicher zusammentreffenden abziehenden Volkskämpfer, deren oberste Leiter das Rathaus und die Stadt schon in der Nacht verlassen hatten, drängten sich durch ein Nebenhaus in die Große Plauensche Gasse, deren Eingang verbarrikadiert war. Ich bog mit meinen beiden Begleiterinnen in die Gasse am See. Die Straße war menschenleer, und Bekannte, die spähend aus der Haustüre schauten, wollten noch nicht recht an den Abschluß des Aufstandes glauben, weil man noch vom Antonsplatze her schießen hörte. Ich trat in die Restauration zur Konversation[15] ein und beschloß hier den Ausgang abzuwarten. Unter frischem Maigrün und in erquickender Stille tranken wir hier im Garten unsern Morgenkaffee, seit langem zum ersten Male ohne bange Sorgen für den Verlauf des Tages. Nach einer Stunde ging ich auf Erkundigung aus. Nur einzelne Personen zeigten sich auf der Straße, aber vorn an der Annenstraße traf ich Männer mit Beseitigung der Barrikade beschäftigt und über den Postplatz sah ich Menschenkörper, an Armen und Beinen angefaßt und, wie mir schien, in blauer Uniform von Trägern transportiert werden, sonst aber niemanden. Man fing an, improvisierte weiße Fahnen aus den Fenstern der Wohnhäuser heraus zu stecken, anscheinlich aus Freude über Befreiung aus dem qualvollen Zustande, denn von bewaffneter Macht war nirgends etwas zu spüren. Das Militär mochte sich nach dem Markte hin gezogen haben. In die Konversation zurückgekehrt, beschloß ich nach Hause zu gehen. Es war aber immer noch etwas zu früh, denn als wir die Marienstraße erreichten, hatte sich daselbst noch niemand auf die Straße gewagt, weil neben dem Portikus ein Preuße stand, der noch immer durch denselben nach dem gegenüberstehenden Portikus und der dahinter liegenden Barrikade schoß, da das Feuern von derselben durch einen Mann noch fortgesetzt wurde. Wir warteten deshalb an der Ecke von Renners Hause[16]. Doch schien es mir nötig, dem Preußen über unsere Gegenwart Aufklärung zu geben, ich ging deshalb hinüber und sprach mit ihm. Es war ein gutmütiger, nicht aufgeregter Mann, der mir sogar die mir neue Manipulation des Zündnadelgewehrs beim Laden zeigte und erklärte, ehe er hinter dem Portale vortrat und abdrückte. Jetzt betraten noch zwei Preußen die beiden Eingänge der Marienstraße. Der eine kam von der polytechnischen Schule her und transportierte einen jungen Bergmann, den er am Kragen des Grubenkittels festhielt. In meiner Nähe begegneten sich beide Preußen und gingen beieinander vorüber; nach wenigen Schritten aber drehte sich der andere um und schoß sein Gewehr nach dem Rücken des Gefangenen ab, traf aber nicht. Ich konnte von Glück sagen, daß dieser von Spiritus erhitzte rohe Soldat mich unbeachtet beiseite ließ. Ein mir bekannter Mechanikus Grimmer, der auch zu zeitig in seine Wohnung in dem jetzt Baumannschen Hause am Zwinger ging, mußte es mit dem Leben büßen; er wurde als Gefangener auf der Brücke erschossen und in die Elbe geworfen.

Unterdessen hatte der letzte Schütze drüben die Barrikade an der Zahnsgasse hinter dem Portikus verlassen. Der preußische Gardist vom Alexanderregimente deutete mir an, daß ich gehen könnte. Wir passierten den menschenleeren Antonsplatz und näherten uns erwartungsvoll meinem Hause. In einem der offenen Läden des Erkerhauses an der Wallstraße war ein Aufständiger zurückgeblieben, er hatte auf dem langbenutzten Strohlager sein Sterbebett gefunden. Die beiden oft erwähnten Barrikaden zeigten sich in einem bereits destruierten Zustande, so daß wir darüber steigen konnten. Ein preußischer Soldat ohne Gewehr stand darauf und schien die Freimachung der Passage vorbereiten zu wollen. Auch hier war noch niemand auf der Straße zu sehen, und wir traten durch die offene Haustüre ein. In der Hausflur standen Sensen und Piken angelehnt, und auf der Treppe lag noch allerlei Schießapparat. Den Hausmann und seine Frau traf ich in seiner Wohnung; er hatte sich noch nicht hervorgewagt. Ich rief ihn heraus und forderte ihn auf, mit mir an das erste Aufräumen zu gehen. Ich ergriff zunächst die Waffen im Hause und legte sie hinaus zu der auf Trümmern liegenden zerschossenen Fahne. Der neben der Haustüre liegende Tote ward bald darauf weggeholt. In der ersten Etage sah es wild aus. Tiefe runde Löcher von preußischen Spitzkugeln blieben noch lange sichtbare Erinnerungszeichen an die schreckliche Katastrophe. An einer schwarzen Wandtafel war ein Namenverzeichnis der Barrikadenmannschaft vom letzten Tage angekreidet. Sie schienen zumeist Handwerkern aus nichtsächsischen Orten anzugehören. In meiner Wohnung, zweite Etage, fand ich alles unberührt; der Hausmann hatte zwar aufschließen müssen, aber, da nicht daraus geschossen worden war, die Türe wieder verschließen können. Die letzten Fremden im Hause hatten, wie bereits erwähnt, da die unteren Wände ihren eiligen Durchbruchsversuchen [78] widerstanden, oben in der vierten Etage ein Fensterchen so erweitert, daß es ihnen Rettung über das Nachbardach gewährte. Als nun der Hausmann auch die Schultafeln, zum Teil in Stücken, ins Haus schaffte, so hätte ich gerne auch die Fahne geborgen, die gleich einem zum Tode verwundeten und niedergestreckten Krieger einen wehmütigen Anblick bot; allein in dem Augenblick sprang ein einzelner sächsischer Soldat hinzu und zertrat sie und die von mir hingeworfenen Piken und Sensen mit wütenden Gebärden. Nun fingen allmählich einzelne an, sich auf die Straße zu wagen, und man sah die Leute, später in Masse, die drei Häuser an der Scheffelgassenecke anstaunen, die einen der Hauptangriffspunkte in der Stadt gebildet hatten und nun in ihren durchlöcherten Fronten mit dem Trümmerhaufen auf dem Pflaster einen merkwürdig düstern Anblick gewährten, daß sich alsbald Zeichner einfanden, die denselben im Bilde zur Vervielfältigung fixierten. Die Wiederherstellung des Äußern meines Hauses verursachte mir aber eine Ausgabe von 200 Talern. Nachmittags erschienen drei preußische Unteroffiziere, welche das Haus nach versteckten Insurgenten durchsuchten, dabei mit Stäben in und unter die Betten stießen, aber, da sie keinen fanden, bald wieder weitergingen und durch ein humanes Benehmen absichtlich einen guten Eindruck zurücklassen zu wollen schienen.

Als ich zur Umschau ausging, fand ich unter den ungezählten Spuren des Kampfes vorzüglich zwei Stellen, die an Verwüstung von Baulichkeit der Umgebung meines Hauses glichen, das war der Platz um die evangelische Hofkirche und Stadt Rom am Neumarkt, nach welchem Hotel wie nach meiner Umgebung und dem Turmhause mit Kanonen gefeuert worden war. Vor Engels Hause hinten auf der Wilsdruffer Gasse sah ich den letzten toten Volkskämpfer in seinem Blute liegen. Die im Deutschen Hause liegenden Verwundeten aber wurden noch tagelang vor meinen Fenstern vorüber ins Krankenhaus getragen. Endlich trat die Nacht ein, die erste Nacht der Ruhe seit sechs Tagen. Totenstille herrschte in den Straßen, denn alles hatte sich ermattet und sorglos dem Schlafe überlassen, der sich auch mit solchem Bleigewichte auf die schlafende Einwohnerschaft gesenkt hatte, daß selbst die Sturmglocke bei dem in den Brandstätten auf der Zwingerstraße wieder auflodernden Feuer keinen Neugierigen, kaum die beorderte Mannschaft auf die Beine zu bringen vermochte. Die Abspannung war allgemein, die nervöse sowohl, wie die politische. Es war wie nach einem heftigen, die Atmosphäre umgestaltenden Gewitter, nur die auf ein solches folgende erquickende Abklärung der Luft mangelte. Es verblieb eine dumpfe Schwüle in Erwartung der Dinge, die da kommen sollten. Daß mit dieser Episode zugleich ein Abschnitt in dem Entwicklungsgange deutscher Verfassung erlebt worden sei, war einleuchtend. Doch ich will davon nicht weiter sprechen, da es sich hier nur darum handelte, es aufzumerken, was von diesem Stück Bürgerkriege zu beobachten mir persönlich Gelegenheit gegeben wurde.


  1. Moritz Adolf Pretzsch war am 6. Oktober 1803 in Dresden geboren. Sein Vater, der Kandidat der Theologie Christian Pretzsch, hatte 1802 in der Schreibergasse eine Privatschule errichtet, die er später in die Wilsdruffer Gasse (Nr. 238, jetzt 22) verlegte; er starb am 4. Oktober 1835. Der Sohn Moritz Pretzsch hatte in Leipzig Philologie studiert; 1827 trat er als Lehrer in die Schule seines Vaters ein und übernahm 1833 deren Leitung. Die Schule nahm unter ihm einen guten Aufschwung und verlangte bald größere Räume. Er kaufte daher 1837 für 10 500 Taler vom Kammermusiker Kummer das 1822 neu aufgebaute Eckhaus an der Wallstraße und Scheffelgasse (Nr. 172, jetzt Scheffelstraße 36, Hoffmanns Korsettfabrik) und siedelte mit der Schule dorthin über. Pretzsch war ein gebildeter, tüchtiger und dabei bescheidener Mann, erfüllt von Liebe und Pflichtgefühl gegen seine Nebenmenschen und besonders gegen die Eltern. In den Kreisen der Lehrerschaft erfreute er sich allgemeiner Wertschätzung. Am 22. Juli 1876 ist er gestorben. Im Besitze seiner Familie befindet sich ein dicker Band Erinnerungen aus seinem Leben, die er in den 1870er Jahren, wohl auf Grund von Tagebuchaufzeichnungen, niedergeschrieben hat und die namentlich zur Geschichte des Dresdner Schulwesens mancherlei Bemerkenswertes enthalten. Auch die Kriegs- und Aufruhrzeiten, die er erlebt hat, werden darin eingehend geschildert. Die Erinnerungen aus der Zeit der Befreiungskriege fallen zu sehr in die Tage seiner Kindheit, als daß man ihnen einen selbständigen Wert beimessen könnte. Dagegen verdienen seine Mitteilungen über die Maiereignisse von 1849, obwohl auch sie im allgemeinen nichts Neues bringen, in weiteren Kreisen bekannt zu werden, weil sich in der treuen und anschaulichen Schilderung seiner persönlichen Erlebnisse die trübe Stimmung jener Unglückstage trefflich wiederspiegelt. Pretzsch’s Vetter, Herr Stabsarzt a. D. Dr. Oskar Hoffmann, hat sie mir zum Zwecke der Veröffentlichung freundlichst zur Verfügung gestellt.
  2. Ecke Scheffelstraße und Wallstraße.
  3. Kämmerer Heinr. Wilh. Rachel, pensioniert 1853, gest. 1861.
  4. Reitbahnstraße.
  5. Ecke der Wilsdruffer Straße, jetzt Bargou’s Warenhaus.
  6. Dr. Friedr. Aug. Beger, Direktor der Neustädter höheren Bürgerschule (jetzt Dreikönigschule).
  7. Freiberger Straße.
  8. Kurländer Palais am Zeughausplatze.
  9. Webers Hotel.
  10. Karl Gotthelf Todt, Geh. Regierungsrat (gest. in Rießbach bei Zürich 1852), bildete mit Samuel Erdmann Tzschirner, Advokat in Bautzen (gest. in Leipzig 1870), und Otto Leonhard Heubner, Kreisamtmann in Freiberg (gest. in Blasewitz 1893), die provisorische Regierung.
  11. Herm. Fr. Marschall von Biberstein.
  12. Jetzt Scheffelstraße 24.
  13. Auch Badergasse, jetzt König Johann-Straße.
  14. Eckhaus der Waisenhausstraße, jetzt Nr. 15.
  15. An Stelle der jetzigen Einmündung der Liliengasse.
  16. Jetzt Marienstraße 20 „Drei Raben“.