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Eine Dresdner Baukommission 1854–65

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Erinnerungen aus den Maitagen 1849 Eine Dresdner Baukommission 1854–65 (1906) von Otto Richter
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908)
Dresden am 31. März 1206
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Eine Dresdner Baukommission 1854–65.

Als vor einiger Zeit der Prinzregent von Bayern die Staatsregierung veranlaßte, eine „Kunstkommission“ einzusetzen, die für die künstlerische Ausgestaltung und Ausschmückung der Stadt München Pläne entwerfen und deren Durchführung überwachen sollte, wurde dies in allen kunstverständigen Kreisen als eine erfreuliche und gute Frucht verheißende Anregung begrüßt. Der Gedanke war aber nicht, wie viele glaubten, ganz neu, bereits vor einem halben Jahrhundert hatte man ihn in ähnlicher Weise bei uns in Dresden verwirklicht, und zwar durch die vom Staatsminister Freiherrn von Beust eingesetzte „Baukommission“.

Am 28. Juni 1854 erließ die Königl. Kreisdirektion an den Rat zu Dresden eine Verordnung, in der es hieß: „Mit Genehmigung Sr. Majestät des Königs ist von dem Königl. Ministerium des Innern, als oberster Baupolizeibehörde, beschlossen worden, unter dem Vorsitze des Vorstandes des vorgenannten Königl. Ministeriums eine Kommission niederzusetzen, deren hauptsächliche Aufgabe darin bestehen soll, teils für noch unbebaute oder dem Umbau zu unterwerfende Stadtteile Baupläne in allgemeinen, den nötigen Rücksichten auf möglichste Verschönerung der Stadt und Zweckmäßigkeit Rechnung tragenden Grundzügen festzustellen, an welche sodann die untere Baupolizeibehörde wie jeder neu Bauende gebunden sein würde, teils für einzelne öffentliche Gebäude, deren Aufführung projektiert wird, die für die besondern Zwecke und den Baustil derselben geeignete Situation zu ermitteln oder nach Befinden bereits bestehende Verhältnisse, soweit tunlich, den durch jene Rücksichten gebotenen Bedingungen anzupassen und auf diese Weise einerseits anregend und den Sinn für Schönheit und Zweckmäßigkeit belebend auf das baulustige Publikum selbst einzuwirken, auf der andern Seite aber auch namentlich zu verhindern, daß nicht an Orten, die sich für die Ausführung größerer Baupläne im Anschlusse an bereits bestehende oder künftige Verhältnisse eignen, durch Bauten, die mit den diesfallsigen Rücksichten nicht im Einklange stehen, der späteren Ausführung umfassenderer Ideen und Pläne Hindernisse in den Weg gelegt werden.“ Der Kommission sollten Abgeordnete der Ministerien der Finanzen, des Kriegs [79] und des Königlichen Hauses, sowie ein Mitglied der Kreisdirektion, der Polizeidirektor, der Oberbürgermeister und der Vorstand der städtischen Baupolizei angehören. Die Berufung von Künstlern stand anscheinend im Ermessen des Vorsitzenden und richtete sich wohl nach der Beschaffenheit der Beratungsgegenstände: an der ersten Sitzung nahmen, außer den sieben Vertretern von Behörden, der Architekt Professor Nicolai und der Bildhauer Professor Rietschel teil; in den späteren Sitzungen erschienen neben Nicolai noch die Architekten Landbaumeister Hänel und Hofbaumeister Krüger, einmal außerdem der Maler Professor Hübner.

Die erste Sitzung der Kommission fand am 25. Mai 1857 statt. Der Vorsitzende Minister von Beust legte die Umstände dar, die ihren früheren Zusammentritt verhindert hätten, und wies darauf hin, daß „die Wirksamkeit der Kommission sich teils positiv durch Anregung zu geschmackvollen, die Verschönerung der Residenz bezweckenden Bauten und Anlagen, teils negativ durch Verhinderung solcher Bauprojekte, welche gegen den ästhetischen Geschmack verstoßen oder sonst die Harmonie des bei der Erweiterung der Stadt im Auge zu behaltenden Planes stören würden, zu äußern habe“. Sodann beschäftigte man sich mit der Begutachtung eines vom Stadtrat Hempel vorgelegten Planes über die Fortführung der Bürgerwiesenanlagen und die Versetzung des Neptunbrunnens aus dem Marcolinischen Garten in die neuen Anlagen. Die Abänderungsvorschläge des Ministers hinsichtlich der Führung der Straßen und Wege entlang der Bürgerwiese wurden gebilligt und sind später im wesentlichen ausgeführt worden; auch der Versetzung des Neptunbrunnens in die Mitte der Bürgerwiese stimmte man zu, doch wurde empfohlen, ihn nicht, wie geplant war, an einen aufzuwerfenden Erdhügel, der die Fernsicht verdecken und die Wirkung des Kunstwerks beeinträchtigen werde, anzulehnen, sondern ihm einen Hintergrund von Baumgruppen und Laubwerk zu schaffen.

Auf der Tagesordnung der zweiten Sitzung am 6. Juli 1857 stand die Beratung eines Bebauungsplans für die Ländereien auf dem „Sande“ an der alten Radeberger Straße, und sodann die Ermittelung eines geeigneten Platzes für das neue Gebäude des Hauptstaatsarchivs, das man zu errichten beabsichtigte, um das alte Archivgebäude womöglich gleichzeitig mit der bereits geräumten Hofapotheke am Taschenberge abbrechen zu können. Es kamen dafür zwei Plätze in Frage: der Platz an der Hauptstraße gegenüber der Katholischen Kirche, den die Kommission aber für zu abgelegen und auch wohl nicht ausreichend erachtete, und das Fabrikgrundstück der Zuckersiedereikompanie an der Ostra-Allee und Kleinen Packhofstraße. Man empfahl, dieses Grundstück für den fraglichen Neubau zu benutzen und den Raum vor dem Gebäude mit Gartenanlagen zu besetzen. Schließlich erklärte noch der Minister die Beseitigung der Verkaufsbuden von dem Altmarkte „im Interesse der Verschönerung des durch seine Größe und Regelmäßigkeit ausgezeichneten Marktplatzes“ für dringend wünschenswert.

In der dritten Sitzung am 7. Juni 1858 kam der Bebauungsplan für die Bauflächen zwischen der äußeren Bürgerwiese und der Sächsisch-Böhmischen Staatseisenbahn, sowie das Projekt eines Elbkais auf Neustädter Seite unterhalb der Augustusbrücke zur Beratung. Außerdem wurde eine würdige Instandsetzung des Reiterdenkmals Augusts des Starken angeregt.

Eine vierte Sitzung fand erst am 13. April 1861 statt. Man besprach zunächst eingehend den neuen Stadtbebauungsplan, wobei auch schon der Vorschlag auftauchte, ihn zum Gegenstand eines Wettbewerbs unter den Bautechnikern zu machen. Weiter wurde die gerade jetzt wieder brennende Frage der Bebauung des Italienischen Dörfchens an der Hand der von den Architekten Nicolai und Hänel dafür aufgesetzten Bedingungen beraten. Im Gegensatze zu diesen drang die Kommission darauf, daß für die Neubauten die Höhe der jetzigen Häuser zum Maßstab zu nehmen und daher zu bedingen sei, daß die zu errichtenden Gebäude, abgesehen von Mittel- und Eckbauten, eine Höhe von nur 15 Ellen erhielten. Für die Gestaltung der Neubauten wollte man einen Wettbewerb ausgeschrieben wissen. Ein Entwurf Hänels über den Umbau der Terrassentreppe wurde, abgesehen von der bereits durch königliche Entschließung anders angeordneten plastischen Ausschmückung, zur Ausführung empfohlen.

Wieder entstand eine lange Pause: erst am 29. Mai 1865 fand die nächste Sitzung statt. In ihr beschäftigte sich die Kommission mit dem Plane des Grafen Hofmannsegg für die Bebauung seines Grundstücks an der Wiesentorstraße, das zur Anlegung einer Straße in Fortsetzung der Klostergasse nach dem Hospitalplatze zu benutzt werden sollte. Die Kommission erklärte, entgegen den vorliegenden beifälligen Begutachtungen des Projekts von andrer Seite, die zweiseitige Bebauung der geplanten Straße wegen des unschönen Anblicks, den die Hinterfronten der südlichen Häuserreihe nach der Elbe zu über die Pontonschuppen hinweg bieten würden, für durchaus unzulässig und wollte nur die Errichtung der nördlichen Häuserreihe gestattet wissen, wozu es aber damals glücklicherweise auch nicht kam.

So hatte die Kommission in den 12 Jahren ihres Bestehens zwar nur 5 Sitzungen gehalten, immerhin aber in mehreren für die Verschönerung der Stadt wichtigen Fragen einen günstigen Einfluß ausgeübt. Es war ja übrigens auch eine Zeit sehr langsamer baulicher Entwicklung der Stadt, in der sich der Kommission nur [80] selten Gelegenheit zum Eingreifen bot. Nach dem Weggange des Ministers von Beust im Jahre 1866 wurde sie nicht wieder zusammenberufen: er war die Seele der Sache gewesen als einer der wenigen hohen Beamten, die damals für die Aufgaben des Städtebaues und der Stadtverschönerung Sinn und Verständnis hatten und bei deren Lösung die mit in erster Linie dazu berufenen Künstler zu Worte kommen ließen.

     (Ratsakten A. XXIII. 197.)

O. Richter.