Aus Julius Schnorrs Tagebüchern. Teil 2
← Ein Hosenbandordensfest am Dresdner Hofe im Jahre 1678 | Aus Julius Schnorrs Tagebüchern. Teil 2 (1897) von Franz Schnorr von Carolsfeld Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900) |
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1855.
Januar.
6) Samstag. Heilige drei Könige ... den heutigen Abend bringe ich in Folge Einladung bei Baudissins zu ... Goldschmidt spielte mit der Gräfin Baudissin Sachen von Bach zu zwei Klavieren, spielte dann auch noch eines der schönsten Präludien allein. Sodann sang die Goldschmidt (Jenny Lind) einige Lieder (Mendelssohn, Schubert, schwedisches Volkslied). Ich hörte sie heute Abend zum ersten Mal, und, wie man mir sagte, sang sie gerade heute besonders schön. Das schien mir nun auch so, obwohl ich nicht vergleichen konnte, und ich schätze mich wirklich glücklich, endlich diese so berühmte und ausgezeichnete Sängerin gehört zu haben. Boses waren auch da, Gonnens, Roquette. Man trennte sich erst um Mitternacht, und ich ging mit Roquette nach Hause.
11) Donnerstag ... Mit Kallmeyer berathe ich nun ernstlich die Vertheilung der Bilder im Museum. Wir lassen uns die Wandflächen neu aufzeichnen und vertheilen auf diesen die früher schon im Kleinen dargestellten Bildflächen ... Mein dieswöchentlicher Akt gefällt sehr, und es zeichnen sehr viel Schüler nach demselben.
16) Dienstag ... Zu Hause finde ich Kirchbach und Roquette. Der letztere liest uns eine köstliche Erzählung, eine Arbeit der allerletzten Zeit, vor, betitelt: Die Ritter vom Fleische. Die Handlung geht großentheils bei Tafel während des Essens vor sich. Die Feinschmeckerei spielt eine große Rolle und das Ganze persiflirt Gutzkow und seine Clique.
17) Mittwoch ... Die Vertheilung der Galeriegemälde, die wir im Kleinen jetzt vornehmen, zeigt, daß viele von den großen Gemälden der späteren Akademiker wegbleiben müssen. Wie würde es erst gehen, wenn die Erweiterung des Gebäudes nicht stattgefunden hätte!
[15] 20) Samstag. Galerie-Kommission ... Sodann wird ein Nachlaß von Gemälden des nun verstorbenen ehemaligen Oberbibliothekars Falkenstein, 50–60 Nummern enthaltend, abgeschätzt. Es sind recht schöne Porträts von Graff, zum Theil interessante Personen darstellend, Rabener, Ramler, Zimmermann etc. darunter, die ganz passend für unsere Galerie wären. Die Schätzung kann aber nur niedrige Preise ansetzen, da heute zu Tage diese Bilder sehr wenig gesucht und deshalb schlecht bezahlt werden. Vielleicht erstehen wir einige Bilder.
25) Donnerstag. Freund Oehme, dessen Halsübel mehr und mehr einen bedenklichen Charakter anzunehmen scheint, besucht uns und zeigt uns zwölf in Oel ausgeführte Landschäftchen, Ansichten aus der Umgebung von Loschwitz darstellend. Sie sind in Malerei und Färbung sehr fein, ebenso in der Auffassung, wenn auch die Gegenstände an sich höchst einfach, zuweilen unbedeutend sind.
27) Samstag ... Galerie-Kommission ... Wir verabreden, aus dem Nachlaß des Oberbibliothekars Falkenstein einige Gemälde an uns zu bringen. Wir glauben am besten dazu zu kommen, wenn wir die Auktion abwarten. Unser Augenmerk ist gerichtet auf einige Graff’sche Porträts (Rabener, Zimmermann, Ramler), einen Studienkopf von R. Mengs, den Minister Kaunitz darstellend, und ein Paar köstliche kleine Niederländer Porträts, grau in grau gemalt. – Gaber bringt mir Abdrücke der Psalmenbilder, unter denen nun auch die „Bitte“, deren Schnitt ich noch nicht gesehen hatte. Dieses Blatt ist so zart und schön wie die andern, die Engelsköpfchen sind vortrefflich wiedergegeben.
Februar.
6) Dienstag. Endlich bringe ich den langen Brief an Bunsen zu Stande und sende ihn ab ... Direktorialversammlung des Kunstvereins ... Wir finden auch die Skizze von Rietschel zu dem Gellert-Denkmal und erklären uns damit einverstanden. Außerdem sind interessante Sachen ausgestellt, Zeichnungen von Genelli, Entwürfe zu einer Restauration oder Ausbau der hiesigen Sophienkirche ...
9) Freitag. Noahs Dankopfer lasse ich mir auf das Holz aufpausen. Inzwischen nehme ich die nächstfolgenden Gegenstände aus dem Alten Testament, welche nun an die Reihe kommen und welche als Entwürfe in meiner alten Sammlung vorhanden sind, mir aber nicht genügen, noch einmal vor, um sie besser zu gestalten. Die Gegenstände sind: Abram von Melchisedek gesegnet; Verheißung an Abraham; Abraham und die drei Engel; Loth fliehet aus Sodom.
14) Mittwoch ... Emil Sachße besucht uns ... Er hat eine Wohnung am Falkenschlag gemiethet, in dem Hause, in welchem ehemals Ludwig Richter wohnte. Abends liest uns Paldamus aus Schuberts Leben (2.Theil) vor. Das Buch ist so schön, daß man wahrhaft erquickt wird. Schubert führt uns in einen schönen Garten, an dessen Bäumen liebliche Früchte hangen, an denen der Morgenthau noch nicht abgegriffen ist.
15) Donnerstag ... Der andere Brief ist von Wigand. Derselbe ist mit der Vignette [zum Psalter] sehr zufrieden, und ich soll sie von Pletsch aufzeichnen und im Gaber’schen Atelier schneiden lassen. Auch schreibt Wigand, daß die Aussichten für unser Werk sich sehr erfreulich gestalten. Das Werk beginnt in England merklichen Antheil zu erregen. Wigand schreibt, daß er mit mir sehr zufrieden ist und noch nie in einer Verbindung gewesen ist, welche ihm mehr zugesagt habe als die, in welcher er sich mit mir befindet ...
16) Freitag ... Gegen Abend, als ich gerade zur Konferenz des akademischen Rathes mich begeben will, werde ich durch einen Besuch meines alten Jugendfreundes Georg Göschen auf das Angenehmste überrascht. Die Konferenz lasse ich natürlich im Stich. Göschen hat jetzt seine Frau verloren und begiebt sich zu seinem Sohne Oskar nach Wien ...
17) Samstag. Galerie-Kommission ... Vogels Porträt des Papstes Pius VII., welches vordem in den Gemächern des höchstseligen Königs aufgestellt war und nun von dem jetzt regierenden Könige der Galerie für die Abtheilung der Gemälde lebender Künstler übergeben wurde, ist herbeigeschafft, und wir sehen es im Restaurationszimmer. Es ist kein bedeutendes Werk. – In Betreff der Pariser Ausstellung erkläre ich, daß ich meine Kartons nicht schicken will, was noch nicht unbedingt angenommen wird. Beschlossen wird die unserer Sammlung angehörenden Gemälde von Richter und Peschel zu der Ausstellung zu senden. – Abends lesen wir im Schubert weiter und sind höchst befriediget namentlich von dem Kapitel über Werner in Freiberg.
18) Sonntag ... Ich lasse mich bestimmen, allein in das Theater zu gehen, um Egmont zu sehen, den ich noch niemals aufführen sah. Die Besetzung der Rollen ist vortrefflich. Dawison nimmt sich als Alba wie eine Figur des Velasquez aus. Egmont gefällt mir nicht recht. Ich spreche nicht von Devrients Spiel, sondern von der Gestalt, die Goethe gezeichnet hat. Durch die Liebschaftsgeschichte mit dem Bürgermädchen und die sich dabei anhängenden Einschiebsel in die wahre Lage der Verhältnisse hat die Geschichte nicht gewonnen. Die Volksscenen sind vortrefflich angelegt und wurden einzig gegeben. Die Charakterfiguren des Vansen (Quanter) und Jetter (Koch) konnten nicht besser ausgeführt werden.
19) Montag ... Brockmann hatte gewünscht, noch eine Photographie von mir zu nehmen, und ich wünsche nebst dem Bildniß der Hausfrau auch das meinige meiner [16] Schwester zu ihrem Geburtstag zu schenken. Deshalb gehe ich am Vormittag nach Brockmanns Atelier, und es wird die Operation zweimal vollzogen. – Abends erhalten wir Besuch von unserm alten Freund dem Musikdirektor Ferdinand Hiller, der in Leipzig einige Konzerte gegeben hat und nun einige Tage hier zubringt. Seine Erscheinung ist eine uns sehr liebe. Er hat nun außer dem Adoptivsohn noch zwei eigene Kinder, ein Mädchen und einen Knaben. Er ist jetzt Musikdirektor in Köln und ist ganz gern dort.
21) Mittwoch. Pletsch bringt mir die Aufzeichnung der Vignette zu dem Psalter. Sie ist sehr gut ausgefallen und wird sogleich geschnitten. Gaber bringt mir die erste Lieferung seiner „Christenfreude in Lied und Bild“, eine Sammlung geistlicher Lieder mit Holzschnitten, zu welchen die meisten Zeichnungen von Ludwig Richter herrühren. Ich habe das Lied „O Haupt voll Blut und Wunden“ illustrirt. Das Büchelchen giebt Gaber heraus, Wigand hat es in Kommission.
24) Samstag. Meiner Schwester Ottilie Geburtstag. – Wir verehren ihr unsere (das heißt: meiner Frau und meines) Porträts aus dem photographischen Atelier Brockmanns. Mein zweites ist weniger gelungen als das erste. Das Porträt der Hausfrau aber gehört zu den gelungensten Erzeugnissen der Photographie.
25) Sonntag. Hiller macht uns noch einen Besuch und ladet uns ein zu einem kleinen Konzert, das er morgen einigen Freunden in dem Hause des Major Serre geben wird.
26) Montag ... Dann ordne ich definitiv mit meinen Inspektoren einige Säle des Museums, um den Hofbaumeister Krüger in Stand zu setzen, zur Aufstellung der Gemälde an den Wänden die nöthigen Vorkehrungen zu treffen. Um 12 Uhr begebe ich mich zu Major Serre, wo ich mit der Hausfrau und den Töchtern zusammentreffe und wo wir mit einer ansehnlichen und auserlesenen Gesellschaft Hillers kleines Konzert anhören. Wir kommen erst gegen 3 Uhr zum Essen ... Abends gehen wir ins Theater, um aus Antheil an Ludwigs Produktionen, welcher demnächst in Norma als Sever aufzutreten hofft, diese uns bisher unbekannte Oper zu hören. Hatte der Tag über Erwarten begonnen, so endete er unter Erwarten. Diese Oper ist entsetzlich leer und geistlos, und es gereicht noch zu ihrem Nachtheil, daß man durch das Sujet an Glucks Iphigenie erinnert wird.
28) Mittwoch. Mit Kallmeyers thätiger Hülfe schreiten wir in der Vertheilung der Gemälde an den Wänden unseres Museums in erfreulicher Weise vorwärts. Wir haben die Wände, wie auch die Gemälde, in einem kleinen Maßstab dargestellt und können so mit großer Bequemlichkeit ordnen. Es wird die Aufgabe sich glücklich lösen, wir sind aber von wesentlichen Bestimmungen abgekommen, die wir vorläufig festgestellt hatten. Wir nehmen z. B. die Spanier nun doch in die großen Säle herunter, ebenso den Rembrandt und Ferd. Col, welche in die Ecksäle der oberen Etage kommen sollten, welche Räume aber sich nicht so glücklich, wie wir hofften, gestaltet haben.
März.
1) Donnerstag ... Alte Kompositionen zur Bibel werden mehr oder weniger umgestaltet oder auch ganz erneuert. So Loths Flucht, Verheißung an Abram, Abraham und die drei Engel ganz neu. – Die Vertheilung der Bilder gestaltet sich immer besser. Ich gehe jetzt täglich nach der Galerie, um mit Kallmeyer etwas zu arbeiten ... Oldenbourg theilt uns ein Buch von Riehl mit: „Die Familie“ und liest einen Abschnitt über unsern Ludwig Richter vor, der mit eingehender Würdigung geschrieben ist und diesem viel Freude machen wird.
3) Samstag ... Der Galerie-Kommission lege ich die Schemas für die Aufstellung der Bilder vor. Kallmeyer hat sich sehr verdient gemacht. Die Sachen ordnen sich gut und die Herren Kommissare waren einverstanden.
4) Sonntag ... Abends giebt Alb. v. Zahns Anwesenheit Veranlassung, Lasinios Nachbildungen alter Italiener (ein Kupferstichwerk, das ich einst von Rehbeniz erhielt) zu betrachten. Wie viel Schönheit ist doch in diesen Sachen!
6) Dienstag ... Direktorial-Versammlung des Kunstvereins ... Rietschels Skizze zur Gellert-Statue ist fertig, und wird an das Komité in Hainichen die nöthige Meldung sowie einen Kostenanschlag gelangen zu lassen beschlossen ... Roquette ist den Abend bei uns und liest eine äußerst ansprechende, ganz kleine Erzählung, welche den Uebergang des Winters in den Frühling ausdrückt.
10) Samstag ... Bei der heutigen Galerie-Kommission (die ohne Quandt, aber sonst vollständig beisammen ist) wird das Bild von Giulio Romano, Apoll und Marsyas[1], im Restaurationszimmer betrachtet, und berathen, wie es mit den auffallenden Stellen, welche Ursache waren, daß das Bild entweder verschleiert oder an einen dunkeln Platz gehängt wurde, gehalten werden soll, da das Bild, welches wirklich sehr schön ist, im neuen Museum einen guten Platz erhalten soll. Ich hätte es sehr gern übernommen, jene schon von Matthäi etwas mit Gras und Epheu bedeckten Partien stylvoller zu verbergen. Hübner und Bendemann sind aber mit meinen Vorschlägen nicht ganz einverstanden; so werde ich die Sachen lassen, wie sie sind.
[17] 12) Montag ... Professor Preller in Weimar sendet mir eine Mappe, vermuthlich eine Zeichnung, welche nach Verabredung durch Austausch mein werden soll.
13) Dienstag. Prellers Mappe wird geöffnet und es findet sich eine herrliche, für das Album der Hausfrau bestimmte und ganz genau in dasselbe passende Zeichnung, deren Gegenstand der Insel Rügen entnommen ist. Sobald als möglich, werde ich ihm ein Gegengeschenk machen ... Den Abend bringen wir bei Rietschels zu. Geh. Rath Dr. Weinlig ist nebst seiner Frau da, und der Abend ist sehr angenehm belebt.
14) Mittwoch ... Museum. Ich finde Schulz daselbst, und wir besehen zusammen die Niederländer Teppiche, welche in der Rotunde bereits an ihrem Ort befestiget sind. Die Rotunde wird einen herrlichen, feierlichen Eindruck machen. Es wird einem daselbst zu Muthe werden, wie in einer Kirche, und man wird jedenfalls fühlen, hier in dem Allerheiligsten unseres Kunsttempels zu sein.
17) Samstag. Galerie-Kommission. Schulz ist unwohl und nicht zugegen. Sonst sind wir vollzählig und beschäftigen uns hauptsächlich damit, die anstößigen Partien des Apollo auf dem Bilde von Giulio Romano durch einen Krautgarten zu maskiren ... Pletsch bringt mir seine Aufzeichnung des Blattes „Esau versöhnt sich mit Jacob“. Es ist gut gezeichnet, doch nicht ganz genügend, und nur in wenig Fällen werde ich mich solcher Hülfe bedienen können.
18) Sonntag ... Abends Riehl. Wir lesen die herrlichen Kapitel vom Hause und der bürgerlichen Baukunst. Mein Hund in der Austreibung aus dem Paradiese kommt auch vor, und zwar werde ich darüber gelobt, daß ich auf den Hund gekommen bin.
19) Montag ... Den heutigen Vormittag verwende ich zur Nachbesserung der Pletschischen Aufzeichnung. Am Nachmittag empfängt Gaber, der mich besucht, die Platte aus meiner Hand.
25) Sonntag ... Obermann bringt mir einen Probedruck des Pharisäers und Zöllners. Das Blatt ist sehr schön gearbeitet und macht eine gute malerische Wirkung ... Mit Riehls „Familie“ kommen wir heute Abend zu Ende. Es ist das ein schönes Buch, und von Bedeutung ists, daß das Wesen des deutschen Hauses von einem Manne der Gegenwart so erfaßt und gekennzeichnet worden ist. Liegt darin der Keim einer besseren Zukunft für das deutsche Haus?
26) Montag. Zur Zeit, zu welcher ich aufzustehen pflege, aber noch nicht aufgestanden war, ertönt Chorgesang vom Garten herauf. Meine Schüler und eine kleine Anzahl andere Akademiker bringen mir ein Morgenständchen zum Geburtstag, der heute zum einundsechzigsten Mal angebrochen ist. Kaum hatte ich Zeit, so weit mich anzuziehen, daß ich die Sänger vor dem Abzug noch ereilen und mich bedanken konnte ... Abends kommt auch Gaber und bringt einen Probedruck des sechsten Schöpfungstages, der von Geringswald vortrefflich geschnitten ist.
27) Dienstag ... Am Morgen entwerfe ich einen Einbandsengel zum Psalter, den Wigand wünscht und welchen noch in dieser Woche nach Leipzig zu schicken ich versprochen habe.
29) Donnerstag. Wigand will einen Engel in Golddruck auf den Einband des Psalters bringen. Ich soll einen Entwurf dazu machen, nachdem eine Skizze von dem Künstler entworfen ist, welcher die Platte für den Golddruck arbeiten wird. Dieser Einbandsengel beschäftiget mich heute. Ich quäle mich damit und kann ihn heute nicht fortfliegen lassen, wie ich es hoffte.
30) Freitag. Der Engel wird in den Morgenstunden beendiget und nach Leipzig entlassen. Die Aufzeichnung des Jesaias wird noch einmal nachgesehen und Nachmittags an Gaber abgegeben, der große Freude daran hat und ihn selber schneiden will.
31) Samstag. Galerie-Kommission. Nebst mir sind Herr von Quandt und Bendemann zugegen. Herr von Quandt theilt uns einen von ihm geschriebenen, sehr hübschen Artikel über unsern Giulio Romano (Pan und Hermes) mit ...
April.
1) Sonntag ... Abends kommen Heinrich Richter und Hemken. Der letztere bringt mir eine Komposition, die recht viel Gutes hat, und eine Reihe von gezeichneten Porträts.
2) Montag. Die gestern von Hemken mir gezeigte Komposition, die Ehebrecherin vor Christo darstellend, veranlaßt mich, den Gegenstand nach meiner Weise für die Bibel in Bildern zu entwerfen. – Neues Museum. Ich verständige mich mit dem Hofbaumeister Krüger dahin, daß wir an jedem Samstag um 11 Uhr in dem Museum zusammenkommen wollen, um die laufenden Geschäfte zu besprechen. Schon heute bringen wir ein paar Gegenstände ins Reine.
4) Mittwoch. Endlich erhalte ich von Joch einen Probedruck des Sabbath. Das Blatt ist schön gearbeitet von Seiten des Xylographen, an meiner Aufzeichnung habe ich mancherlei auszusetzen ... Mit der Ehebrecherin plage ich mich heute sehr. Es will mit meinem Entwurf nichts rechts werden. Dann beunruhigen mich noch Besuche und Galeriegeschäfte. Es ist mir gar nicht charwöchentlich zu Muthe.
6) Freitag (Charfreitag) ... Die Komposition der „Ehebrecherin vor Christo“ machte mir viel zu schaffen und kostete mehr Zeit, als ich dachte. Nun glaube ich damit im Reinen zu sein und sie in der 9. Lieferung bringen zu können.
[18] 9) Ostermontag ... Pletsch bringt mir die zweite von ihm gezeichnete Platte zur Bibel, „Jakobs Flucht“. Sie ist ganz gut gearbeitet, doch sehe ich, daß ich nur in wenig Fällen fremder Hülfe mich werde bedienen können. Es fehlt hie und da, zumal an den Köpfen. Sie sehen mich großentheils fremd an.
10) Dienstag. Freund Oehme ist in vergangener Nacht gestorben. Sein Zustand war seit langer Zeit bedenklich; daß sein Ende aber so bald erfolgen würde, hätte man nicht gedacht. Ich freue mich, daß ich noch vor kurzer Zeit ihn ein paarmal besucht habe. Das zweite Mal zeigte ich ihm meine Psalmenbilder und las ihm die Erklärung derselben vor. Er war für solche Gegenstände stets sehr empfänglich. In der letzten Zeit brachte er in seinen Bildern gern biblische Figuren an.
12) Donnerstag ... Freund Rietschel macht mir Mittheilungen über Hähnel, die trauriger Art sind. Graf Einsiedel hatte Rietschel die Ausführung des Kruzifix für die Brücke an die Stelle des alten, damals in dem Flusse untergegangenen übertragen. Einsiedel hat aber veranlaßt, daß ein Komité zusammentrete, welches allerdings auch die Aufgabe hatte, Beiträge zu sammeln, hauptsächlich aber die Angelegenheit geschäftlich überwachen und leiten sollte. Hähnel steht nun mit einigen der Komitémitglieder längst in freundschaftlichem Vernehmen. Plötzlich tritt Hähnel als derjenige auf, welchem die Ausführung des Kruzifix von diesem Komité übertragen worden sei. Einsiedel ist sehr aufgebracht, zieht sich von der Sache ganz zurück, und möglicher Weise wird nun gar nichts aus der Sache, da Einsiedel den Guß in Lauchhammer unter allen Umständen auf sich genommen und überhaupt das an Mitteln fehlende decken zu wollen sich erklärt hatte.
13) Freitag ... Nachmittag begraben wir unsern Freund Oehme. Wir haben heute den ersten wahren Frühlingstag. Oehme hatte immer gewünscht, zur Osterzeit heimzugehen. Die Freude ist ihm geworden. Ein großer Zug folgt der Leiche. Es zeigt sich eine große Theilnahme. Die Lerchen empfangen uns auf den Feldern mit ihrem Auferstehungslied. Dann ertönt vom Kirchhof her Männergesang. Pastor Böttger hält eine Rede am Grabe. Er sagt viel Gutes und sagt es gut, aber er spricht zu lange und zeichnet statt eines schlicht ähnlichen Bildnisses des Verewigten ein flau idealisirtes Porträt, in welchem man den Freund nicht erkennt. – Konferenz des akademischen Rathes. Hofrath Winkler nimmt seine Stelle als Sekretär wieder ein. Der leere Präsidentenstuhl mahnt uns aber in trauriger Weise an den nahe bevorstehenden herben Verlust und nöthiget uns, daran zu denken, daß wir eines neuen Vorsitzenden demnächst bedürfen werden.
18) Mittwoch. Um 8 Uhr Morgens setzt sich der Leichenzug unseres verewigten Freundes Schulz in Bewegung. Neben dem Leichenwagen, der mit sechs Pferden bespannt ist, gehen 24 Akademiker mit Palmenzweigen. Ihnen schließen sich andere an, welche Lorbeerkränze an weißen Stäben tragen. Unmittelbar hinter dem Sarge werden die Orden des Verewigten, ein frischer Lorbeerkranz und ein verwelkter Lorbeer, mit welchem einst Thorwaldsen die Stirne desselben auf dem Kapitole schmückte, ebenfalls von jungen Künstlern auf Kissen getragen. Ein ansehnlicher Chor mit Blasinstrumenten geht dem Zug voraus und spielt Trauermärsche, abwechselnd den von Chopin komponirten und den von Henselt. Der Zug bewegt sich in einer langen dreifachen Reihe von Leidtragenden nach dem weiten Kirchhofe, wo die Schulz’sche Familiengruft sich befindet. Bei dem Eintritt in den Kirchhof spielt der Chor einen Choral. An dem Grabe angelangt, singt ein Männerchor einen Choral. Der Archidiakonus Rüling, welcher dem Verstorbenen das heilige Abendmahl reichte, hält die Leichenrede. Er spricht vortrefflich, kurz und christlich, ganz wie es sich gebührt. Er rühmt den Verstorbenen vor Allem darum, weil er seinen Lorbeerkranz willig und demüthig niederlegte vor der Dornenkrone seines Erlösers und Heilandes. Ich habe nie ein würdigeres und wahrhaft christlicheres Begräbniß gesehen, als dieses war. Zugegen waren die Minister von Beust, von Zeschau, von Wietersheim. Von Seiten des Hofes waren einige Würdenträger beigeordnet.
19) Donnerstag ... Die Berliner Akademie meldet mir, daß sie mich am 31. März zum ordentlichen Mitgliede erwählt habe.
22) Sonntag ... Rietschel besucht mich und erzählt mir den weiteren Verlauf seines Handels mit Hähnel. Rietschel hatte ihm noch in einem Briefe, den er mir mittheilt, in versöhnlichster Weise zugesprochen, abgesehen von der Entscheidung, welche von Seiten des Grafen Einsiedel und des Komité zu erwarten steht, sich zu vertragen. Hähnel antwortet hierauf nur in herbem und ablehnendem Tone ... Gaber bringt mir einen Probedruck der herrlich gearbeiteten Platte „Die Kinder Gottes vermischen sich mit den Kindern der Welt“.
23) Montag. Rietschel hatte mir gestern auch gesagt, daß es ihm nun recht sei, wenn ich käme, seine Gruppe (Goethe und Schiller) zu sehen. So verfüge ich mich denn heute in mein ehemaliges, nun Rietschels Atelier auf der Terrasse. Die beiden Gestalten machen einen mächtigen Eindruck und werden durch Rietschels Meisterhand zu einem vollendeten Kunstwerk herausgebildet werden. Fürs Erste ist mir Schiller noch lieber als Goethe. In einer sich paralysirenden Doppelbewegung des Ober- und Unterkörpers in der Gestalt des letzteren liegt eine Schwierigkeit, deren Ueberwindung Rietschel schon viel Mühe gemacht hat und die vielleicht für alle Ansichten nicht ganz glücklich zu lösen [19] ist. Aber das Werk wird seinem Meister Ehre machen und das Vaterland wird unserm Rietschel einen Kranz reichen, wie der ist, den Goethe bereits in seiner Hand hält.
29) Sonntag. Obermann bringt mir einen Abdruck von „Noahs Dankopfer“. Ein paar Köpfe, die verkürzt und im Schatten sich darstellen, sind mißlungen aus Mangel an Verständniß der Zeichnung; sonst ist die Platte gut gearbeitet.
30) Montag ... Ich werde in das Museum beschieden, um Ihrer Majestät der verwittweten Königin Marie dasselbe zu zeigen. Sie sieht schnell, aber mit Antheil. Die Majestät meint, daß ich an der Krankheit ihres Bruders (des Königs Ludwig) wohl großen Antheil genommen, daß ich doch wohl noch ein halbes bayrisches Herz habe. Ich erwiederte, daß ich allerdings mit größester Theilnahme den König in so großer Gefahr gesehen habe, daß ich, was mein Herz anbelangt, hoffe, mein halbes bayrisches und halbes sächsisches Herz gäben ein ganzes deutsches.
Mai.
3) Donnerstag ... Ein Gang ins Museum. Gestern hatte ich nur einen flüchtigen Blick auf die bereits in dem Kuppelraum befestigten Rafael’schen Tapeten werfen können, darum wollte ich sie mir heute noch einmal und besser besehen. Sie nehmen sich sehr gut aus. Schade, daß die Kuppel achteckig ist. Doch das ließ sich nicht mehr ändern.
4) Freitag ... Ich verfertige eine Zeichnung zu einer Trage für große Bilder. Es scheint mir geeignet, die Bilder aufrecht stehend und nicht liegend zu tragen.
5) Samstag. In den Morgenstunden zeichne ich die Entwürfe zu den bei dem Transport der Bilder zu verwendenden Tragen ins Reine und nehme sie mit zu der Konferenz im Museum, woselbst heute der Herr Minister in Begleitung des Geh. Hofraths Bär erscheint und der Landbaumeister Hänel, Hofbaumeister Krüger und der Amtsbauverwalter Beuchelt versammelt sind. Der Minister hält einen Vortrag über die Führung des Baues und Bildung der Baukommission, um deren Auflösung es sich jetzt handelt. Für den Umzug wird der Termin auf den 1. Juni festgesetzt ... Besprechung über die Transportmittel für die Bilder. Ich lege den Herren meine Entwürfe vor zu den Tragen.
9) Mittwoch ... Der neueste Holzschnitt von Gaber, „Jesaia“, macht mir große Freude. Die Komposition ist gut und der Schnitt ist herrlich.
10) Donnerstag ... Rietschels Gruppe nahet sich der Vollendung. Sie hat mir heute noch viel besser gefallen als neulich. – Graf Bose ladet mich zu Tische. Ich finde Langenn, mit welchem ich in einen politischen Disput gerathe.
19) Samstag. Am Museum finde ich den Herrn Minister in Berathung mit Krüger und Beuchelt wegen der Drahtvorhänge, welche die Fenster bei Feuersgefahr bedecken sollen. Jetzt wird der Gedanke an Feuersgefahr wieder lebhaft aufgenommen, welcher nach meiner Ankunft hier, also vor Legung des Grundsteins zu dem Gebäude, mich bestimmte, in einem ausführlichen Schreiben an Seine Majestät den hochseligen König von der Wahl dieses Platzes abzurathen und den Platz am Neustädter Elbufer, der Brühl’schen Terrasse gegenüber, dringend zu empfehlen. Ich lege mein Modell zu der Bildertrage vor, und man ist der Meinung, daß es im Großen ausgeführt werden soll. Dieselbe Ansicht hat auch die Galerie-Kommission, welche freilich nur durch Herrn von Quandt und Professor Hübner vertreten ist.
21) Montag ... Von Joerdens erhalte ich den Probedruck von der Platte: „Lot fliehet aus Sodom“. Das Blatt ist tüchtig gearbeitet, und gegen die erste von ihm gearbeitete Platte zeigt sich ein großer Fortschritt ... Herr von Quandt schreibt mir und macht mich aufmerksam auf ... den Johannis-Kirchhof, welcher zu Bauplätzen umgewandelt werden soll und dessen Erhaltung von vielen gewünscht wird, zu welchem Zweck auch eine Petition vorbereitet wird.
22) Dienstag ... Bei dem Advokat Matthäi unterschreibe ich die Petition, welche wegen Erhaltung des Johannis-Kirchhofs an den Magistrat erlassen werden soll. Würde es aufgegeben, den Kirchhof zu Bauplätzen zu verwenden, so müßte derselbe in einen Todtenpark umgeschaffen werden, d. h. man müßte die kleinen überall zerstreuten Grabsteine entfernen, die massenhafteren, mit schönen Baumgruppen bereits umgebenen Denkmale aber erhalten, die kleinen Erdaufwürfe wegnehmen und in etwas größere Grabhügel verwandeln mit geschickter Benutzung der ohnehin vorhandenen Hügel, das Ganze mit hübsch geführten Wegen durchziehen, in der Mitte einen breiteren Durchgang zur Passage (jedoch nur für Fußgänger) anlegen.
25) Freitag ... Konferenz des akademischen Rathes. Die Angelegenheit der Säkularisirung des Johannis-Kirchhofs kommt zur Sprache. Der akademische Rath wird durch eine Aufforderung des Münzgraveur Krüger veranlaßt, sich dem Ministerium gegenüber über die Angelegenheit auszusprechen. Wie man hört, wird aber bereits mit dem Zerstörungswerk begonnen. Bäume werden abgehauen, Denkmäler hinweggeräumt. So kommen wir wie alle Anderen jetzt zu spät.
29) Dienstag. Die erwähnte Darstellung der letzten Plage, welche über die Egypter kommt und endlich die Freilassung der Israeliten bewirkt, gestaltet sich zu einem eigenthümlichen reichen Bilde, das einen guten Platz in der Reihenfolge behaupten wird.
31) Donnerstag ... Heute ist die alte Galerie zum letzten Mal offen.
[20]
Juni.
1) Freitag. Die Galerie also geschlossen und die Umzugszeit begonnen. Anordnung der Herabnahme der Bilder für den Saal der Bolognesen.
2) Samstag ... Besuch bei dem Konsistorialrath Pastor Thenius, welcher in der Bibliothek seiner Kirche (Neustadt) ein paar alte deutsche Gemälde aufgefunden hat. Die Gemälde sind ganz interessant, doch aber nicht bedeutend. Sie sollen der Galerie-Kommission zur Ansicht und Begutachtung vorgelegt werden.
5) Dienstag. Catel aus Rom besucht mich. Er ist mit seiner Frau hier. Er erzählt, daß er Besitzer beträchtlicher Güter in Italien geworden ist.
6) Mittwoch ... Um Mittag wird [in die Galerie] die große Trage gebracht. Nachmittag wird der erste Versuch mit derselben gemacht. Ich finde vier Chaisenträger und sämmtliche Galeriediener, welche noch nicht recht wissen, wie sich die Sache handhaben läßt. Auch die Inspektoren sind noch nicht im Klaren. Doch wird ein Anfang gemacht mit ein paar großen Bildern von geringerem Werthe ohne Rahmen. Die Sache geht gut. Dann kommen schwerere Bilder dran, und die Sache geht besser. Wir nehmen dann immer zwei Bilder mit den Rahmen. Die Last ist groß. In der Mitte der Trage unten werden starke Eisenringe eingeschraubt, Seile befestiget, an welchen zwei Diener tragen helfen, die andern Diener gehen mit, um die Bilder oben zu stützen. Die vier Chaisenträger tragen die Hauptlast mittelst der Tragstangen. So machen wir vier Gänge, und die Sache geht ausgezeichnet. Drei Gänge mache ich mit; während des vierten Ganges führe ich einige Herrn Landtagsabgeordnete, die mit ihren Familien das Museum zu sehen wünschen. Die mittleren und kleineren Bilder zu transportiren wird ein Spaß sein. Die Befestigung will nun noch eingeübt sein; indessen ist an dem guten Erfolg nicht zu zweifeln, da alle Vorkehrungen richtig getroffen zu sein scheinen.
7) Donnerstag ... Zu Hause angekommen erfahre ich, daß Schwind angekommen und mit meiner Frau auf die Terrasse gegangen sei. Da mir angesagt wird, daß die Frau Herzogin von Orleans morgen das Museum und die Galerie sehen wolle, so gehe ich, um hievon Voigt zu benachrichtigen, und begegne Schwind mit den Meinigen. Schwind bringt dann den Abend bei uns zu. Er kommt direkt von der Wartburg, wohin er nach wenig Tagen zurückkehren wird.
8) Freitag. Nachdem ich mich überzeugt, daß in der Galerie alles zum Empfang der heute zu erwartenden hohen Herrschaften gesetzt ist, verfüge ich mich (91/2 Uhr) nach dem Museum. Während des Erwartens kommen noch die letzten der herabgenommenen Gemälde daselbst an. Etwas nach 10 Uhr kommt die Herzogin von Orleans, der Graf von Paris, der Herzog von Chartres nebst Gefolge zu Fuße aus dem Hotel Bellevue. Die Frau Herzogin erwidert meine Begrüßung mit sehr großer Freundlichkeit. Zuerst werden die Pastelle, Dietrichs und die Canalettos gesehen, dann die oberen Räume. Vor beendigter Besichtigung, die vom Hofbaumeister Krüger mit geleitet wird, verfüge ich mich nach der Galerie, um auch hier die zu Wagen jetzt ankommenden Herrschaften zu empfangen. Die Herzogin betrachtet alles mit lebhafter Theilnahme, mit Einsicht und Geist. Bald nach ihrem Eintreffen erscheint Seine Majestät der König. Schwind, welcher die Herzogin, sowie vor Kurzem den König auf der Wartburg kennen lernte, stellt sich auch ein, wird freundlichst begrüßt und schließt sich dem Gefolge an. Die Führung wird für mich eine sehr interessante durch lebhafte Gespräche mit der Herzogin und unserm König. Die Herzogin gedenkt mit großer Herzlichkeit ihres alten Lehrers Schubert und freut sich, von mir Neues über ihn zu hören. Nach halb 1 verlassen die Herrschaften die Galerie ... Dann gehe ich in der Richtung zum Bergkeller, wo ich die Meinen mit Schwind zu treffen hoffe. Sie begegnen mir, bevor ich den Bergkeller erreiche. Wir kehren nach Hause zurück, und wir bringen zusammen (Roquette ist auch dabei) den Abend zu in sehr heiterer und lebhafter Unterhaltung, bei welcher das Album der Hausfrau eine große Rolle spielt.
9) Samstag Museum ... Vorschläge ... wegen einer über den beiden Thüren des Kuppelsaals anzubringenden Inschrift. Galerie-Kommission ... Hübners Vorschlag wegen jener Inschrift von der Kommission angenommen und in offizieller Form dem Hofbaumeister mitgetheilt. – Gegen Abend stellt sich Schwind ein nebst seinem Spießgesellen oder mit seinem Gesellen Spieß. Wir bleiben dann den ganzen Abend bei einander.
10) Sonntag ... Am Vormittag besucht uns Wigand ... Sodann überreicht er mir den nun vollendeten Psalter ebenfalls in schönem, ja prachtvollem Einband. Das Werk nimmt sich wirklich gut aus, und ich habe eine fast kindische Freude daran ... Da wir am Vormittag uns trennen müssen, aber wissen, daß Wigand Nachmittags zu Ludwig Richter nach Loschwitz geht, so gehen Paldamus und ich ... ebenfalls nach Loschwitz und erreichen Richters Wohnung (Sperlings Weinberg) früher als Wigand. Dieser kommt erst mit dem Rektor Klee und dem Buchhändler Hirzel an, als wir alle zusammen, nämlich die Richter’schen und Gaber’schen und Arn. Amsler, hinauf zu den Brüdern Krüger uns begeben hatten. Wir waren dann sehr gemüthlich da oben beisammen. Wigand geht mit seinen Genossen früher als wir. Wir spielen noch im Walde das italienische Kugelspiel (boccia), nehmen an Richters Haus noch einen Imbiß ein und kehren dann mit dem Dampfschiff um 9 Uhr nach Dresden zurück.
[21] 11) Montag ... Heute ist nun Schwind auch wieder nach der Wartburg abgereist. Ich fand ihn gestern Abend nach unserer Rückkehr von Loschwitz noch in meinem Hause und konnte also von ihm Abschied nehmen. Daß er unter Tages, wie versprochen, nicht gekommen ist, hat darin seinen Grund, daß er nach Pillnitz zur königlichen Tafel geladen wurde, woselbst die Frau Herzogin von Orleans speiste.
12) Dienstag. Peschels Karton zu dem großen Altarbild für die Schloßkapelle gesehen. Peschel nimmt meine Bemerkungen, deren Berücksichtigung nicht unerhebliche Aenderungen veranlassen wird, sehr gut auf ... Museum. Mit der Aufstellung der Gemälde ist in dem Saal der Bolognesen ein Anfang gemacht. Bei dem wiederholten Besuch vor dem Schluß des Tagwerks finde ich neun Bilder aufgehängt, andere zur Aufstellung vorbereitet. Die Bilder nehmen sich herrlich aus. Die Farbe der Tapete ist vortrefflich.
13) Mittwoch. Am Schluß des heutigen Tagewerks ist nun auch eine der langen Wände des Saals der Bolognesen mit Bildern behängt. Die Aufstellung ist sehr glücklich, die Beleuchtung vortrefflich, das Verhältniß der Räume zu den Bildern das richtige. Mehrere der Bilder werden mir jetzt erst näher bekannt, da ich sie in der Höhe, in welcher sie in der alten Galerie hingen, eigentlich nie gesehen hatte. Vor manchem Maler bekomme ich großen Respekt, vor welchem ich ihn früher in dem Maße nicht hatte. So vor Hannibal Carracci. Sein Rochus enthält doch vortreffliche Sachen. Auch Procaccini ist nicht zu verachten ... Die Leute greifen alle gut zu und sind schon ziemlich eingeübt. In der Regel werden wir in einer Woche einen großen Saal und einige der Seitenabtheilungen in Ordnung bringen.
14) Donnerstag. Morgens in der Akademie und im Museum. Gegen Mittag im Atelier, dann wieder im Museum. Als ich zum Mittagstisch mich setzen wollte, werde ich wieder in Bewegung gesetzt durch die Nachricht, daß die Herzogin von Orleans die Galerie nochmals sehen wolle. Erst gegen 3 Uhr komme ich fast erschöpft nach Hause und zum Essen. Der Hetzerei ist zu viel und die Abhaltungen von der Arbeit nehmen kein Ende. Abends sehen und hören wir die romantische Oper Hans Heiling, Text von Eduard Devrient, Musik von Marschner. Mitterwurzer ist vortrefflich. Um das Ganze gehörig zu würdigen, bin ich zu müde und abgehetzt.
16) Samstag ... Galerie-Kommission ... Ich habe von Pastor Thenius die beiden altdeutschen Gemälde, welche er in seiner Kirchenbibliothek gefunden hat, holen lassen, damit die Kommission sie sehe und begutachte. Sie werden als geringe Arbeiten befunden ... Bei dem Schluß des Tagewerks ist der Saal der Bolognesen fertig und im Saal der Venezianer ein guter Anfang gemacht. Die Sache geht im Ganzen gut.
17) Sonntag ... Endlich eröffne ich die von Rahn mir gesendete Rolle mit dem zweiten Probedruck[2]. Ich wußte wohl, daß ich so eine Art Pandorabüchse vor mir habe, und darum zauderte ich. Es wird nichts aus der Platte, und dabei macht Rahn ungeheure Ansprüche; er fordert 4000 Thaler. Ich soll nun Arnold fragen, ob er die Platte kaufen will; der wird sich aber bedanken. Hätte ich nicht die Aussicht, die Zeichnung zu der Platte gut zu verkaufen, so müßte ich die Stunde verwünschen, in welcher ich beschloß, eine solche Arbeit zu unternehmen.
18) Montag ... Einer der neuen Galeriediener ... hat das Unglück gehabt, in ein Bild zwei Löcher zu stoßen. Es ist der Tintoretto, der in Leipzig war, glücklicherweise also kein sehr werthvolles Bild. Der Mann ist sehr bestürzt, weshalb ich ihm weiter keine Vorwürfe mache. Die Wiederherstellung des Bildes wird in der Stille sogleich besorgt.
19) Dienstag ... Im Saal der Bolognesen mache ich einige Veränderungen, durch welche ein paar sehr schlechte Bilder ganz hinaus und ein paar gute hereinkommen, sodann ein paar mit ihren Plätzen wechseln. Der Saal läßt jetzt wohl kaum etwas zu wünschen übrig. Im Saal der Venezianer werden auch Veränderungen besprochen, wobei Schirmers Beirath sehr zu Hülfe kommt zur Erreichung eines hoffentlich ganz glücklichen Resultats.
23) Samstag ... Um 51/2 Uhr führe ich Rietschel, Lübke, Roquette und Gaber in das Museum. Das Gebäude macht ihnen einen sehr guten Eindruck, und auch mit der Aufstellung sind sie sehr zufrieden.
25) Montag ... Gegen Abend ist nun auch schon ein Theil des Saals des Correggio und der Ferraresen geordnet und nimmt sich prachtvoll aus. Der Bagnacavallo wirkt außerordentlich. St. Franziskus und Sebastian von Correggio nehmen sich ebenfalls herrlich aus. Ein paar Veränderungen, die ich mit Schirmer beschließe, nach denen auch die Findung Mosis von Paul Veronese dem Auge nahe kommt, werden als große Verbesserungen erscheinen. Ich denke, wir wollen den Kritikern nicht viel übrig lassen.
27) Mittwoch ... Vor dem Mittagsessen noch einmal Museum. Ich finde die dritte Wand fertig und den großen Dosso Dossi auf der vierten bereits an seinem Platz. Gestern Abend ist auch noch die kleine Abtheilung nächst dem Rafael-Zimmer fertig geworden. Ich habe sehr große Veränderungen vorgenommen, [22] die entschiedene Verbesserungen sind. Die Abtheilung macht sich nun vortrefflich.
Juli.
1) Sonntag ... Nach Tisch begebe ich mich ... nach Loschwitz. Auf dem Dampfschiff finden wir Professor Bary, welcher dann nebst dem Münzgraveur Krüger und dem Kantor Kade der Richter-Gaberschen Gesellschaft, welche wir aufsuchen, sich anschließt. Wir spielen im Walde das italienische Kugelspiel und kehren um 9 Uhr mit dem Dampfschiff wieder nach der Stadt zurück.
2) Montag ... Es wird nun mit der Aufstellung der Bilder in den gegen den Zwingerwall gelegenen Seitenlicht-Räumen begonnen, und zwar mit der meinem Atelier zunächst gelegenen Abtheilung. Es gelingt mir, einige wesentliche Verbesserungen in der vorläufig festgestellten Anordnung zu bewirken, indem ich die Jünger zu Emmaus und die Landschaft mit dem Samariter von P. Veronese und mehrere andere Bilder in sehr vortheilhaftes Licht bringe. In der Anordnung des Saales 3 (Neapolitaner) ergeben sich Schwierigkeiten, weil der Architekt die Schemas nach irrigen Messungen aufgezeichnet hat. Wir finden aber Mittel zu helfen, ohne die ganze Anordnung aufheben zu müssen. Schirmer leistet überall wirksame Hülfe, wie denn sein einsichtsvoller Rath überhaupt mir sehr zu Statten kommt. Ihm und dem sehr tüchtigen Voigt schreibe ich gern ein großes Verdienst zu, auch Kallmeyer hat durch mühsames Zusammenstellen der bezeichneten Bilder Verdienst sich erworben; der Galerie-Kommission aber ... kann ich nur geringen Antheil zugestehen.
3) Dienstag. Die Aufstellung der Gemälde in den Seitenlicht-Räumen gegen den Zwingerwall ist vollendet und läßt wohl kaum etwas zu wünschen übrig. Die Kopie der Rafael’schen „bella giardiniera“ nimmt sich vortrefflich aus. Ich habe dieses von Carl Mander [P] ausgeführte Bild früher nie in der Nähe gesehen. Das Bild ist unvergleichlich schön und wirkt imponirend durch seine Massen wie durch sein Licht. Auch die Jünger von Emmaus nehmen sich sehr schön aus. In der andern Abtheilung macht die Madonna della Sedia, die heilige Familie von Giulio Romano (mit dem Becken) eine herrliche Wirkung. Die Wände machen im Ganzen den Eindruck einer guten Musik und enthalten außer den angeführten sehr werthvolle Kunstwerke. Der nun bald vollendete Kuppelsaal mit den Gobelins nimmt sich ebenfalls herrlich aus. In dem Saal der Neapolitaner dagegen will es noch nicht recht klappen. Werth und Form der Gemälde (letztere in Folge der bereits bemerkten irrigen Messungen des Architekten) widerstreben einer guten Wirkung. Ueberhaupt werden die großen Säle auf dieser Seite nicht den imposanten Eindruck machen, wie die auf der andern Seite. Aber hier werden die kleinen Abtheilungen ganz vorzüglich wirken.
4) Mittwoch ... Der Saal der Neapolitaner wird nun auch heute fertig. Die Spanier, namentlich die Murillos, nehmen sich herrlich aus. Auch die schöne Magdalena aus Egypten[3] von Spagnoletto, ein so höchst eigenthümliches Bild, wirkt vortrefflich, da es dem Auge ganz nahe gerückt ist. So bietet denn auch dieser Saal viel Schönes und wird nicht verfehlen, einen guten Eindruck zu machen.
6) Freitag. Im Museum finde ich am Vormittag bereits die meisten großen Bilder, welche im fünften Saal aufgestellt werden sollen, einige sogar schon aufgestellt. Es ist noch am gestrigen Nachmittag mit Macht transportirt worden. Die Spanier hängen alle und nehmen sich sehr gut aus. Der Saal des Rubens wird doch auch eine große Wirkung machen. Konferenz des akademischen Raths. Geheimer Rath Kohlschütter Vorsitzender. Hauptgegenstände die Bothenschen Stadtpläne und unsere Anerkennung derselben in einem amtlichen Schreiben, die Ausstellung, deren Eröffnung am Sonntag stattfinden soll.
7) Samstag ... Galerie-Kommission. In dem Rubenssaal sind drei Wände fertig. Sie nehmen sich trefflich aus. Die größeren Porträts von Rubens und Van Dyck, welche zu unterst hängen, machen eine herrliche Wirkung ...
8) Sonntag ... Im Museum finde ich Direktor Hettner, welcher ein mir fremdes Ehepaar zu den Bildern führt. Er ist mit der Aufstellung sehr zufrieden und hat eine so gute Meinung von meiner Einsicht, daß er mich um meinen Rath für die Einrichtung seiner Mengsischen Sammlung ersucht. Nach Hettners Entfernung studire ich noch über einige Veränderungen, welche ich mit der Anordnung der Bilder vornehmen möchte. Ich möchte den Zurbaran tiefer haben und jenen unglücklichen Bonifazio mit guter Manier wegbringen.
9) Montag. Dem Zurbaran würde ich leicht einen guten Platz verschaffen, es ist aber ein anderer Umstand, der mir zu schaffen macht. Es macht sich schlecht, daß zwei Bilder über der Thür, die man vom Kuppelsaal aus sieht, sich in den Platz theilen, keines in der Mitte über derselben sich befindet. Das muß anders werden, aber wie? Da ich nicht alles durcheinander mischen, also nur mit wenig Bildern wirthschaften kann, so fragt es sich, ob ich einen guten Ausweg finde. Ich muß diesen Ausweg mit Hülfe der Schemas ausfindig zu machen suchen. Inzwischen wird in dem Rubenssaal mit der Aufstellung fortgefahren, und ich finde diese am Abend vollendet, und zwar ganz zu meiner Zufriedenheit.
[23] 11) Mittwoch ... Es läuft ein Brief von Wigand ein mit Probedrücken der Joch’schen und Zscheckel’schen Platte. Die Joch’sche Platte ist vortrefflich gearbeitet. Wigand verzeiht Zscheckel und gestattet, daß ich wieder eine Aufzeichnung für ihn mache, während er noch auf Joch ungehalten ist und mich anweist, nicht eher neue Arbeit ihm zu geben, bis er nicht darum bittet. Ich wünsche, daß Joch bald bittet, denn er ist ein sehr geschickter Mann. Die Arbeiten von Zscheckel und Steinbrecher dagegen haben etwas Dürftiges und Lebloses, was mir sehr zuwider ist.
12) Donnerstag ... Den letzten der großen Säle finde ich großentheils fertig. Er nimmt sich mit den großen Thierstücken und den herrlichen Porträten ganz stattlich aus. Man nimmt nun die Aenderungen mit der Aufstellung der Spanier vor ... Ich wende mich nun zu einer Komposition für Gabers Liederbuch und entwerfe ein Bild zu dem Liede „Jerusalem, du hochgebaute Stadt“. Der Gedanke zu dem Bilde ist gut.
13) Freitag ... Die Spanier sind nun auch in Ordnung bis auf die Wand im Rubenssaal, wo die vier Köpfe den Raum allerdings nicht hinreichend füllen. Die gegen den Kuppelsaal gekehrte Wand macht sich vortrefflich, und der Zurbaran hat auch einen ausgezeichnet guten Platz bekommen.
18) Mittwoch ... Am Nachmittag ist der Transport der Gemälde nach dem Museum in vollen Gang gekommen. Da jetzt fast nur kleine Gemälde zu transportiren sind, so können viele auf einmal auf die Tragen gestellt oder gelegt werden, und Voigt bringt sieben Tragen zugleich in Gang. Am Schluß des Tagwerks sind 672 Bilder in das Museum gebracht, im Ganzen also 1893 Bilder daselbst aufgenommen worden. Die Zahl der in der alten Galerie zurückbleibenden Gemälde erreicht nun nicht einmal mehr 200 Stück.
23) Montag ... Nach einer kurzen Unterbrechung, die meiner Arbeit zu Gute kommt, begebe ich mich in die Porzellan-Niederlage, wo ich die Herren aus Meißen finde, die eine Konferenz in Sachen der Manufaktur wünschten. Nicolai kommt, Rietschel aber nicht, mit welchem ich die Zeit der Sitzung doch gemeinschaftlich berathen habe. Dem Wunsch, bei der Wiederholung unserer Majolica-Vasen weißen Porzellangrund stehen zu lassen, welchen der Bergrath Kühn aus Auftrag mir mittheilt, trete ich entschieden entgegen und erkläre, dieser Wunsch gleiche der Forderung eines Menschen, der einen Rock bestellt und aus dem zugeschnittenen Zeug ein Paar Hosen haben will.
24) Dienstag ... Die 8., 9., 10. Lieferung meiner Bibel sind nun heraus. Gestern erwähnte der König derselben mit Freundlichkeit, heute sehe ich ein Exemplar in der Volksausgabe. Der Sündenfall von Steinbrecher ist wohl das schlechteste Blatt unter allen. Dieser Künstler ist selbst zum Holz geworden.
26) Donnerstag. Gestern erhielt ich auch meine Exemplare der Bibel aus Leipzig durch Gaber. Schade, daß der Sündenfall so schlecht geschnitten ist. Viele Blätter sind aber sehr schön geschnitten.
[52] 28) Samstag. Nachdem gestern schon die Madonna di S. Sisto von ihrem Platze abgenommen und zum Transporte vorbereitet worden, wird sie heute Punkt sieben Uhr, getragen von den Galeriedienern, wobei Voigt und Müller die Hauptpersonen sind, und begleitet von mir, in das Museum gebracht. Unmittelbar darauf werden viele Tragen in Bewegung gesetzt, und es folgen dem Rafael der Holbein, Tizian (Zinsgroschen) und was sonst noch von der Galerie in das Museum zu schaffen ist. Im Laufe des Vormittags wird alles transportirt und somit der Umzug, wenn auch noch nicht die Aufstellung vollzogen sein... Gegen Abend gehe ich noch einmal in das Museum... Es finden sich daselbst noch einige Personen, welchen der Eintritt von mir gestattet wurde. Auch Seine Excellenz der Oberappellationsgerichts-Präsident von Langenn, der großen Antheil an unserer Galerie nimmt, erscheint. Ihnen allen zeige ich den Rafael und erzähle, wie und wann wir ihn herübergebracht. Langenn freut sich zu hören, daß die Galeriediener die Ehre sich nicht haben nehmen lassen, die Madonna selbst zu tragen, und freut sich ebenfalls, als ich ihm erzähle, daß ich den großen Meister beim Eintritt in das Haus mit lauter Stimme angemeldet habe als „Seine Excellenz, Rafael von Urbino“.
[53] 31) Dienstag ... Mit der Aufstellung der Gemälde stoßen wir auf Schwierigkeiten. Für die kleinen Abtheilungen auf der Seite der Italiener gebricht es uns an werthvollen Gemälden. Eine Menge Bilder, welche Kallmeyer für diese Abtheilungen bestimmt hatte, müssen wir verwerfen, das heißt, in das obere Stockwerk verweisen, weil sie für hier zu gering sind. Dadurch werden wir veranlaßt, weniger Abtheilungen mit den Italienern zu füllen und dagegen mit den Niederländern und Holländern uns auszudehnen, wodurch wir allerdings doch einen Vortheil gewinnen, nämlich den, sehr ausgezeichnete Gemälde dieser Abtheilung, die wir hoch hängen mußten, nun auch dem Auge nahe bringen zu können. Der Herr Minister ertheilt in einem Erlaß die Bewilligung, daß ich vom 6. August an Führungen im Museum einrichte. Ich bin nun befreit von den unangenehmen Verhältnissen, welche das Andrängen von Fremden, die das Museum sehen wollen, täglich bereitete.
August.
1) Mittwoch ... Im Museum fortwährend Anläufe, um den Eintritt zu erstürmen. Wir sind in diesen Tagen in der Abwehr aber ziemlich rücksichtslos verfahren. Schirmer nimmt sich der Aufstellung der Gemälde in den kleinen Abtheilungen der Italiener sehr eifrig an, was mir sehr zu statten kommt. Er kennt die Bilder wie keiner und hat ein sehr gutes Urtheil, was dem Kallmeyer gebricht. Es wird nun doch alles recht werden. Die Ausweisungen nach Sibirien (die entfernteren Räume der oberen Etage) werden aber in großer Zahl stattfinden. Auch am Nachmittag arbeiten wir mehrere Stunden zusammen. Inzwischen bringen die Galeriediener auch den großen Sylvester herbei, welcher in dem Entreezimmer aufgestellt wird. Es ist dieses das allerletzte große Bild, das wir herüberzuschaffen hatten. Es kann nun der Querbalken der Thüre, welcher herausgenommen worden, wieder eingesetzt werden ...
2) Donnerstag ... Die am Nachmittag fertig gewordenen Abtheilungen der Italiener nehmen sich sehr gut aus. Die Niederländer und Holländer werden wir etwas aus einander rücken, wodurch werthvolle Gemälde dem Auge näher gebracht und einige Abtheilungen auf der Seite der Italiener gefüllt werden. Die Franzosen vermitteln den Uebergang, und es wird sich nun das Ganze sehr schön ordnen. Anders ist es aber nicht einzurichten, als daß wir mit den großen Bildern der Italiener nach den Niederlanden und mit den kleinen Bildern der Niederländer in das Gebiet der Italiener herübergreifen ... Ludwig hat heute vor Seiner Excellenz Herrn von Lüttichau im Theater gesungen und, wie Herr von Naundorf Abends auf der Vogelwiese ihm gesagt hat, demselben gut gefallen. Anfragen, welche auf eine künftige etwaige Anstellung hier sich bezogen, hat Ludwig mit der Erklärung beantwortet, daß er für die nächsten drei Jahre in Karlsruhe engagirt sei.
4) Samstag. Um 11 Uhr sind sämmtliche kleine Abtheilungen fertig, mithin ist die Aufstellung in der ganzen ersten Etage vollendet.
6) Montag ... Um 12 Uhr besuchen sämmtliche Kammermitglieder das Museum. Ich biete das Mögliche auf, um in der Eigenschaft des Direktors der Galerie die Honneurs zu machen. Die Herren Minister Rabenhorst und Behr sind zugegen. Es wird mir schwer gemacht, andere Beschauer, welche sich von den Inspektoren führen lassen wollen, heute von dem Besuch des Museums abzuhalten. Ich komme mit den unverschämten Lohnbedienten in Streit, bei welchem ich sehr hitzig werde.
8) Mittwoch ... Im Museum ist nun auch der Saal der Deutschen in Ordnung. Im Ganzen macht er die gehoffte Wirkung, im Einzelnen nimmt das eine und andere Bild sich nicht so vortheilhaft aus, als zu wünschen wäre. Es wird da noch manche Aenderung geben ...
9) Donnerstag ... Im Museum geht alles seinen richtigen Gang ... In dem zweiten Stock geht die Aufstellung der Bilder voran, da alle Leute eingeübt sind und Schirmer zur Hand ist.
11) Samstag. Seit Monaten ist es zu keiner Sitzung der Galerie-Kommission gekommen. Geschäfte liegen nicht vor und werden nicht leicht mehr vorkommen, da die Restaurationsarbeiten beendiget sind und die Aufstellung der Gemälde im Neuen Museum, wie die ganze Einrichtung desselben, von den Galeriebeamten und zwar zunächst von mir ausgeht. Es handelt sich also nur etwa von einer Kritik, die wir auch ohne Kommission haben können und haben werden. Auch ist durch den Tod ihres Vorstandes und durch den Austritt des Herrn von Quandt die Kommission außer mir auf die Personen von Hübner und Bendemann reduzirt, so daß auch hinsichtlich ihres Personalbestandes eine Auflösung oder eine Erneuerung als unabweisliche Forderung erscheint ... Kirchbach sucht mich auf. Er fühlt sich jetzt ebenso aufgegeben von seinen Protektoren, wie ehemals getragen, und möchte nun bei mir Trost holen ...
13) Montag ... Im Museum ist eine kleine Stockung eingetreten. In dem Saal der Deutschen, wie schön er sich im Ganzen macht, wie glücklich das Verhältniß der Bildergrößen zu den Wandflächen paßt, ist doch das Licht nicht so günstig, als zu wünschen wäre, und deshalb entstehen mancherlei Zweifel über das, was wir zu thun haben, und mithin Stockungen in dem Aufstellungsgeschäft. Einiges kann man bessern, im Ganzen weiß ich aber dem Uebelstand nicht abzuhelfen; [54] denn um des Holbein willen, der sonst auch so herrlich plazirt ist, den Saal für die Deutschen aufzugeben, scheint mir doch nicht gerathen. Wohin damit? Am Nachmittag studiren wir Galeriebeamte mehrere Stunden über diesem Thema, finden aber keine Auskunft und gründliche Abhilfe ... Ich wollte heute etwas komponiren und bin an die Austreibung der Teufel, von der Matthäus cap. 8 v. 28–33 erzählt, gerathen. Ich verwickelte mich, denn der Gegenstand hat sein Eigenthümliches und führt zu Konsequenzen, die in Verlegenheit setzen. Heute komme ich nicht durch, durch will ich aber und will auch vor Konsequenzen nicht erschrecken. Teufel sind Teufel, und diesmal werde ich sie doch wohl an die Wand malen.
14) Dienstag. Am frühen Morgen mache ich mich wieder über die Teufel her und werde ihrer Herr, wie ich glaube. Um sicher zu arbeiten, nehme ich zur nächsten Aufzeichnung aber eine alte gereifte Komposition: „Davids Jammer über sein sterbendes Kind“ vor und zeichne die Pause. Bald treibt mich indessen der Museumsgeist davon. Der Holbein läßt mir keine Ruhe. Schirmer macht den Vorschlag, die ganze Bude auszuräumen und damit hinab zu ziehen und den Holbein in den Raum zu bringen, welcher an dem östlichen Flügel des Gebäudes dem Rafael-Zimmer entspricht. Auf der Stelle erkenne ich, daß dieses die rechte Auskunft aus. [so!] Wir stellen den Holbein in ähnlicher Weise auf, wie wir es für den Rafael projektirt haben, in einem altarartigen Aufbau deutschen Stiles. Dann kommen nur noch wenig Sachen, etwa die schönen Holbeinschen Porträts und der van Eyck, in diese Abtheilung, in den andern Abtheilungen gegen das Schloß hin bringen wir dann die ganze deutsche Schule unter, in der einen den Burgkmair, in der andern die Anbetung der Könige als Hauptbild. Nun ist der Nagel auf den Kopf getroffen. Man wird staunen, wir haben das Räthsel gelöst. Ich laufe nach Hause, ziehe mich anders an und gehe zum Minister, dem ich doch von der Sache sagen will. Er läßt mir ganz freie Hand. Der Gewinn ist auch zu augenscheinlich: dort Rafael, hier Holbein, der Kuppelsaal in der Mitte. Auch die Architektonik des Ganzen gewinnt entschieden. Im Museum benachrichtige ich dann noch Schirmer, daß der Gedanke augenblicklich zur Ausführung kommen soll. In wenig Tagen wird die Veränderung geschehen und noch innerhalb dieser Woche das ganze Aufstellungsgeschäft vollzogen sein.
15) Mittwoch ... Im Museum finde ich den Holbein bereits an seinem Orte und mehrere der andern deutschen Bilder in den Nebenabtheilungen aufgestellt. Der Vogel ist abgeschossen, wir haben die Aufgabe gelöst. Am späteren Nachmittag gehe ich noch einmal dahin und finde die Hauptsache gethan ...
18) Samstag ... Nach Beendigung dieser Berathungen nehme ich die Aufstellungsarbeiten im zweiten Stock in Augenschein. Ich ordne mit Schirmer die Aufstellung in den letzten Räumen an der östlichen Ecke. Bis Dienstag wird alles aufgestellt sein, was sich von Gemälden im Museum befindet, und nur noch so viel Platz übrig bleiben, um noch die Thieles, welche der Minister auch hier zu haben wünscht, unterbringen zu können. Sollten Erwerbungen stattfinden, so kann durch Zusammenrücken und Uebereinanderhängen noch viel Raum gewonnen werden.
23) Donnerstag ... Gang nach der katholischen Kirche in Neustadt. Die Propheten an der Decke, Gott Vater und die Verkündigung sind nun fertig. Das Schiff der Kirche soll auch in der allernächsten Zeit eingeweiht und zum Gottesdienst verwendet werden. Die jungen Maler arbeiten zu sehr auf die Wirkung in die Ferne und kommen dadurch ins Grobe und Rohe.
25) Samstag ... Im Museum erscheinen Hübner und Bendemann. Der Erstere überreicht mir einen Zettel mit einem kurzen Verzeichniß „Unmaßgeblicher Wünsche“ für Umstellung einiger Gemälde.
26) Sonntag ... Pletsch bringt mir eine fertige Aufzeichnung nach meiner Komposition „Davids Volkszählung wird mit Pestilenz bestraft“. Am Nachmittag überarbeite ich diese Zeichnung, obwohl sie recht sorgfältig übertragen ist.
27) Montag ... Im Museum bespreche ich die Aenderungen in der Aufstellung, welche zum Theil in Folge eigener und der Wünsche Hübners und Bendemanns vorgenommen werden sollen, mit Voigt. Das, woran mir gelegen war und was ich schon früher vergeblich zu bewerkstelligen versuchte, nämlich den Samariter in der schönen Landschaft von P. Veronese dem Auge näher und den Bonifazio (Lazari Auferweckung) dem Auge ferner zu rücken, habe ich jetzt in Verbindung mit noch einem andern Vortheil erreicht. Die beiden schönen Porträts von Bassano habe ich an die Stelle des Bonifazio unter den Dosso Dossi gehängt, wo sie herrlich sich ausnehmen, den Veronese habe ich an die Stelle der Porträts und den Bonifazio über die Thüre an die vom Veronese verlassene Stelle gebracht. Der Bonifazio ist freilich etwas klein und der Veronese etwas groß für den nun angewiesenen Platz, aber es geht und in der Hauptsache ist der erreichte Vortheil von großer Bedeutung. Den kleinen Giorgione wegzubringen können wir uns nicht entschließen, der Rembrandt (er und seine Frau), welchen Hübner und Bendemann in den großen Saal versetzt zu sehen wünschen, ist zu groß für die Stelle, wo man ihn sonst gern unterbringen würde, und einstweilen muß ich davon abstehen, die Wünsche der Kollegen zu erfüllen ...
[55] 30) Donnerstag ... Im Museum finde ich den Rembrandt (ihn und seine Frau darstellend) inzwischen von Schirmer vortrefflich plazirt im großen Saal, und allerdings nimmt sich hier in dem ruhigen Lichte das Bild noch viel vortheilhafter aus als in der kleinen Abtheilung mit Seitenlicht ... Am Nachmittag finde ich auch die Lücke, die durch die Versetzung des Rembrandt entstanden ist, vortrefflich benutzt, um mehrere Köpfe von Van Dyck und Rubens dem Auge näher zu rücken. Diese neuesten Aenderungen in der Aufstellung sind doch ein wesentlicher Gewinn. – Es ist eine spanische Tänzergesellschaft hier. Ich hatte noch niemals spanische Ballettänzer gesehen und entschließe mich heute in das Theater zu gehen und das Ballet zu sehen. Ich bereue die Ausgabe nicht, habe aber nun mit diesem einen Male genug.
31) Freitag ... In der Ausstellung sehe ich das Porträt des Königs, ganze Figur, von Gonne. Was Aehnlichkeit betrifft, so ist es vom Scheitel bis zur Zehe sprechend ähnlich, auch ist es trefflich gemalt. Bei alledem könnte doch mehr künstlerische Auffassung gewünscht werden. Es ist zu sehr Photographie.
September.
1) Samstag ... Meine Komposition „Jesus schläft während des Sturmes“ ist im Reinen, und halte ich dafür, daß sie eines der guten Blätter geben wird.
2) Sonntag. Am Vormittag, an welchem ich völlig ungestört meinen Arbeiten mich widmen kann, beschäftige ich mich mit meiner Bibel. Zum Theil verwende ich die Zeit auf die Korrektur der Durchzeichnung der gestern ins Reine gebrachten Komposition, zum Theil auf neue Entwürfe. Es entstehen die ersten Linien zur Komposition einer Verkündigung und eines Zacharias, dem im Tempel ebenfalls durch einen Engel eine Ankündigung zu Theil wird. Den Nachmittag verwende ich zu dem Aufsetzen des Gutachtens, welches in Betreff der Grundsätze, nach denen künftig die Erlaubnißertheilung zum Kopiren behandelt werden soll, von dem Ministerium mir abgefordert worden ist.
4) Dienstag ... Im Museum durch Schirmer noch eine glückliche Aenderung bewerkstelliget auf Anregung Bendemanns. Die Jagd von Rubens und das Gastmahl der Esther[4] von Rembrandt sind durch einen Tausch mit einem Hondekoeter und einem Mignon noch in den großen Rembrandt-Saal gekommen.
5) Mittwoch ... Und noch einmal gehe ich allein in das Theater, um Dawison als Bonjour in dem kleinen Stück „Wiener in Paris“, Quanter als Lassenius aus „Schulmeister in tausend Aengsten“ und die spanischen Tänzer zu sehen. Dawison als Bonjour ist einzig, und ich unterhalte mich vortrefflich.
7) Freitag ... Zu Hause sehe ich mir den heute erhaltenen Probedruck an der Platte von Walde nach meinem Karton „Barbarossas Tod“. Die Platte ist tüchtig gearbeitet, doch mit mehr Stilisirung als wahrem Verständniß.
10) Montag ... Gegen Abend besucht mich mein alter Jugendfreund Geyser, an dem ich große Freude habe. Wir erinnern uns lebhaft unserer gemeinschaftlichen Studien und unserer Unterhaltungen in Eutritsch, bei welchen in der Obstzeit seinen Pflaumen und Birnen von mir hart zugesetzt wurde.
11) Dienstag. Einige Bemerkungen, die mir in Betreff der Aufstellung des Rafael gemacht werden, erwecken Zweifel in mir, ob der ihm angewiesene Platz doch der rechte ist, oder ob es nicht besser wäre, ihn in den großen Saal zwischen die Correggios zu bringen, also da aufzustellen, wo jetzt der Abate hängt, nur tiefer. Ob die Wirkung des Bildes an dem gegenwärtigen Platz durch die architektonische Umgebung, die es erhalten wird, sich in dem Grade hebt, daß keine Einwendungen mehr gemacht werden können, muß sich zeigen.
12) Mittwoch ... Aus Berlin kommt das Diplom an, welches mich zum ordentlichen auswärtigen Mitglied der Berliner Akademie ernennt.
13) Donnerstag. Heute wird das Museum geschlossen und so lange geschlossen bleiben, bis es für das größere Publikum eröffnet werden kann. Das wird vor Anfang Oktober nicht möglich sein. Gestern schon theilte mir der Minister mit, daß der König heute das Museum sehen würde. In den frühen Morgenstunden erhalte ich ein Paar Zeilen, in welchen der Minister mir den Besuch des Königs bestimmter ankündiget und mich um 1 Uhr in das Museum bestellt. Der Minister kam etwas früher, um 1 Uhr erschien dann der König, begleitet von dem Generaladjutanten v. Engel. Der König durchschritt alle Räume, auch die in der oberen Etage, und war sehr zufrieden. Ich wurde aufgefordert, nach Besichtigung der Gemälde die Räumlichkeiten für die Kupferstich- und Handzeichnungs-Sammlung, für die Mengsischen Gypse, endlich für die naturhistorische Sammlung in dem kleinen Gefolge des Königs mit zu besuchen. An dem Mittelpavillon gegen das Prinzenpalais, wohin der Wagen Seiner Majestät bestellt war, entließ mich der König, versicherte mich, mir die Hand reichend, seiner Zufriedenheit, während der Minister mich noch als einen Mann lobte, mit dem man gut Geschäfte abmachen könne.
14) Freitag ... Rietschel benachrichtiget mich von Rauchs Ankunft und ersucht mich Veranstaltung zu treffen, daß derselbe das Museum sehe, für welchen Fall ich von dem Minister bereits die nöthige Vollmacht erlangt habe.
[56] 15) Samstag. 91/2 Uhr verfüge ich mich nach Stadt Rom, um Rauch abzuholen. Mit ihm ist seine Tochter und eine Enkelin. Auch Rietschel ist da, sowie dessen Frau. Wir begeben uns alsbald nach dem Museum bei sehr günstiger Beleuchtung. Rauch sieht mit außerordentlicher Theilnahme, mit größter Aufmerksamkeit und, ich möchte sagen, mit Hingebung. Der Eindruck, den die Sammlung in Verbindung mit dem Aufstellungsort macht, ist ein sehr starker. Rauch verläßt erst nach zwei Stunden die Galerie, obwohl wir nur den ersten Stock gesehen haben. Bendemann und etwas später Professor Hettner haben sich der Gesellschaft angeschlossen. Morgen geht Rauch nach Pillnitz. Er wird den König sehen und gewiß günstigen Bericht über seinen Besuch des Museums abstatten. An dem Ständchen, das Rauch morgen Abend in Pillnitz die Künstler bringen werden, kann ich nicht Antheil nehmen.
17) Montag. Die Bedenken, welche in Betreff der Aufstellung des Rafael in mir erwachten und deren ich bereits Erwähnung gethan, veranlaßten mich heute mit Schirmer, dessen Einsicht und Charakter ich immer mehr achten lerne, die Sache zu überlegen. Wir machten uns die zwei Gesichtspunkte deutlich, unter welche sich die Aufstellung des Gemäldes bringen läßt. Das Oberlicht gewährt eine über die Berechnung gehende magische Wirkung, das ist nicht zu leugnen. Die isolirte Aufstellung, wie sie jetzt durch mich bewerkstelliget worden ist (in Uebereinstimmung mit den von Anfang an vielseitig ausgesprochenen Wünschen), gewährt einen solchen Zauber nicht; aber sie zeigt das Bild in klarer und voller Beleuchtung, sie gestattet vollkommen ruhige, bequeme Beschauung, während der Standpunkt, von welchem aus man das Bild in dem Oberlichtsaale sehen würde (ich müßte mir es jetzt an der Stelle des Bagnacavallo, nur tiefer, denken), in der Linie läge, wo die Besucher der Säle hin und her wogen. Im Winter wird das Oberlicht wohl zuweilen stark getrübt sein durch Schnee, es werden häufig Wassertropfen da herab träufeln etc. etc.; das Bild würde nur zugleich mit vielen andern Bildern gesehen werden können; ob das Glas nicht spiegeln würde und deshalb entfernt werden müßte, ist zweifelhaft; kurz, es ist sehr die Frage, ob der zugestandene Vortheil der magischen Oberlichtwirkung gegen die jetzt erwähnten Vortheile der isolirten Aufstellung in Betracht kommen kann. Morgen wollen wir das Bild in den Oberlichtsaal bringen und sehen, wie es sich ausnimmt. Ich werde dann dem Minister von der Sache sagen und, wo möglich, bewirken, daß der König selbst entscheidet. Während ich mit Schirmer diese Angelegenheit in Erwägung ziehe, macht Rauch in meinem Hause einen Besuch. Seine herrliche Erscheinung macht auf Frau und Töchter einen großen Eindruck. Rauch erwähnt, daß der König, bei dem er gestern in Pillnitz speiste, über das Museum und die Aufstellung der Gemälde noch ganz entzückt sei.
18) Dienstag ... Um 10 Uhr bin ich im Museum, wo alles vorbereitet ist, um den Rafael in den Oberlichtsaal zu bringen. Als wir mit der Aufstellung desselben beschäftiget sind, werde ich benachrichtiget, daß der Minister im Museum sei. Da kommt er uns gerade recht. Ich gehe hinab zu ihm, sage, daß ich die Absicht gehabt hätte, ihn um einen Besuch des Museums zu bitten, erkläre mich ausführlich über die Lage der Sachen und bitte ihn endlich, das Bild nun selbst einmal in dem Oberlichtsaal anzusehen. Der Minister erklärt, daß er für keine Aenderung stimmen könne und werde, man soll die Leute reden lassen, was sie wollen. Die gestern bemerkten Bedenklichkeiten hinsichtlich des Oberlichts und der Aufstellung in dem großen Saal sind ihm ganz klar. Der König hat sich gegen ihn ganz zufrieden ausgesprochen und es namentlich ausgesprochen, daß der Rafael ihm nie solchen Eindruck gemacht, wie an der von mir ihm angewiesenen Stelle. Weder diese, noch irgend eine andere Anordnung soll nun noch geändert, sondern nur getrachtet werden, das Museum bald möglichst zu eröffnen. Er hofft, daß diese Möglichkeit schon für nächsten Sonntag eintreten werde, was ich allerdings nicht hoffe. Dem sei, wie ihm wolle, ich bin in hohem Grade erfreut, daß die Sache so abgelaufen und ein Riegel vorgeschoben ist gegen Alle, die zu mäkeln geneigt sind und an meiner Aufstellung noch herumflicken wollen. Ich selbst bin an der Richtigkeit der Wahl des Platzes nicht irre geworden, habe aber in Betreff der großen Verantwortlichkeit, die mit dem Festhalten des eigenen Gedankens gegenüber den Bedenklichkeiten Anderer verbunden sein könnte, vor einer definitiven Feststellung und Ausgabe bedeutender Summen (für die architektonische Umgebung des Bildes) alles in besonnene Erwägung ziehen und dem Minister zeigen wollen, daß die Sache allseitig erwogen ist. Durch des Ministers Ausspruch und, wenn dann der König noch einmal sich erklärt, was der Minister veranlassen wird, bin ich nun vollkommen gedeckt ... Nachmittags Direktorialversammlung des Kunstvereins. Es wird beschlossen, dem allgemeinen deutschen Kunstverein kein Gemälde von hier aus zum Ankauf in Vorschlag zu bringen, wodurch der Antrag, Hübners Karl V. in Vorschlag zu bringen, von selbst in Wegfall kommt, was Bendemann sehr verletzt und ihn mit Rietschel in peinlichen Konflikt bringt. Rietschel bringt den Abend dann bei uns zu und beruhiget sich wieder in heiterer Unterhaltung.
19) Mittwoch ... Abends wird vorgelesen aus dem Roman Freytags, welcher Aufsehen macht, „Soll und Haben“.
[57] 20) Donnerstag ... Nachmittag kommt Gaber und veranlaßt mich, Antheil zu nehmen an einer Partie nach Loschwitz, an welcher Richter und Hähnel und Bary Theil nehmen ... Die eigentliche Absicht, mit dem aus Rom zurückgekehrten Franz Dreber ein Paar Stunden hier zuzubringen, wird vereitelt. Wir finden ihn nicht. Sonst ist aber die Partie sehr gelungen, der Abend wundervoll und das Schlößchen auf dem Burgberg reizend gelegen. Wir fahren hin und zurück mit dem Dampfschiff.
21) Freitag ... Gang zu Hähnel. Leider finde ich ihn wieder nicht zu Hause, doch sehe ich seinen Rafael, der mir sehr gefällt ... Abends wird wieder aus „Soll und Haben“ von Freytag gelesen. Das Buch ist köstlich geschrieben.
22) Samstag ... Um 12 Uhr finde ich Bendemann und Hübner, der nicht in Paris gewesen und unerwartet rasch zurückgekehrt ist, im Treppenhaus des Museums. Wir durchschreiten rasch die Galerie. Hübner kann sich nicht enthalten, den Raum, welchen jetzt der Holbein einnimmt, als den geeignetern für den Rafael zu bezeichnen ... Fortsetzung in der Lesung des „Soll und Haben“. Das Interesse wächst, das Buch ist höchst anziehend und geistvoll geschrieben.
23) Sonntag. Die eigentlich auf den 25. fallende Feier des Religionsfriedens ist auf heute verlegt. Die Stadt ist geschmückt und die Theilnahme an dieser Jubelfeier ist sehr groß ... Meine Ruhe ist ungestörte Arbeit. Diese Ruhe ist mir an den Sonntagen gewöhnlich zu Theil geworden, heute aber wird sie vielfach, wenn auch nicht unangenehm, durch Besuch unterbrochen. Zuerst kommt Gaber mit seiner Kleinen, dann kommt Wigand, dann Oppenheim aus Frankfurt, der alte Bekannte aus Rom, L’Arriccia, dann Flüggen aus München.
24) Montag. Im Museum finde ich meine Leute in voller Thätigkeit, um alles für morgen zu ordnen ... Ich lasse den Rafael höher stellen, wodurch die Wirkung des Bildes gesteigert und dasselbe in die Stellung gebracht wird, die es später behalten soll. Der Kuppelsaal wird durch Tücher abgeschlossen, weil die Tischler mit dem Fußboden noch nicht fertig sind. Ich gehe zum Herrn Minister, um ihm zu sagen, daß alles bereit sei, um morgen öffnen zu können. So bleibt es denn dabei, daß wir die Jubelfeier des Religionsfriedens mit der Eröffnung des Museums begehen. Der Minister ist bereit, selbst noch Alles in Augenschein zu nehmen, und ich empfange ihn um 12 Uhr im Museum. Bis jetzt ist keine offizielle Nachricht über die Zeit der Eröffnung des Museums in das Publikum gedrungen, trotz der ewigen Fragen, mit denen man die Wissenden hat ausforschen wollen. In dem heute Abend erscheinenden Dresdner Journal ist enthalten die „Bekanntmachung über den Besuch der Gemälde-Galerie im neuen Museum“, welche den Ahnenden wohl neuen Grund geben wird, die Eröffnung des Museums für morgen zu vermuthen. – Abends kommt Oppenheim aus Frankfurt (der Maler) und trinkt den Thee bei uns.
25) Dienstag. Vor 300 Jahren wurde in Augsburg der Religionsfriede geschlossen. Um 10 Uhr Eröffnung des Museums. Diese ohne weitere Absicht gerade auf heute festgesetzte Eröffnung fällt mit der Jubelfeier des Friedensfestes sehr hübsch zusammen ... Viele Reisende haben in der Hoffnung, daß die Eröffnung des Museums in diesen Tagen stattfinde, ihren Aufenthalt in Dresden verlängert und finden sich nun belohnt. Man scheint allgemein sehr befriediget ...
26) Mittwoch. Wie verabredet, erwarte ich die Herren Abgeordneten der Kunstvereine um 9 Uhr am Museum und führe sie dann in dasselbe ein. Unter den Abgeordneten sind einige sehr alte Bekannte, unter andern Jacobs aus Gotha. Die Führung nimmt den ganzen Vormittag in Beschlag.
27) Donnerstag ... Um 9 Uhr begebe ich mich in das Kunstvereinslokal, um der ersten Sitzung der Abgeordneten beizuwohnen. Diese Sitzung nimmt den ganzen Vormittag ein und hat die Berathung des bereits früher aufgestellten Statuts zum Gegenstand ... Im Ausstellungslokal sah ich auch Flüggens Bild „Letzte Augenblicke unseres im vorigen Jahr verstorbenen Königs“. Es ist ein recht schön durchgeführtes Bild und voller Empfindung.
28) Freitag. Die heutige Sitzung der Abgeordneten beginnt um 10 Uhr und ist viel interessanter und für mich wenigstens in den Resultaten befriedigender als die gestrige. Die Hauptfrage betrifft die zu machenden Bestellungen. Man einiget sich dahin, zwei Gemälde zu bestellen, um zwei Richtungen der Kunst Rechnung zu tragen. Ein Gemälde wird bei M. v. Schwind, das andere bei Menzel in Berlin bestellt. Der Ort der nächsten Zusammenkunft soll Berlin sein ... Abends werden wir durch einen Besuch von Gasser überrascht. Er kehrt aus Paris zurück, kommt zunächst aber aus München. Er ist ganz der Alte, auch darin, daß er, obwohl seine Effekten schon auf dem Böhmischen Bahnhof sich befinden, bleibt, sich verplaudert und endlich die Nacht bei uns zubringt. Mit Befriedigung erzählt er von großen Einkäufen an mittelalterlichen Kunstsachen, die ihm Tausende von Gulden gekostet haben. Diese Sachen reihen sich früheren Erwerbungen an und werden den Hauptschmuck seines in Wien zu erbauenden Hauses und Ateliers bilden.
29) Samstag ... Ein deutsches Bild unserer Galerie, in Tempera gemalt, dessen Meister bisher noch nicht ermittelt worden ist, in der Mitte Maria mit dem Kinde und Engel, in einer Seitenabtheilung den [58] heil. Antonius, in der andern den heil. Sebastian darstellend, hält Gasser für ein Werk von Dürers Hand. Ich betrachte mir im Museum dieses Bild mit Bendemann und Schirmer und höre, daß auch schon von andern Kennern die nämliche Meinung ausgesprochen worden ist, die Gasser hegt; indessen kommen wir drei doch zu keiner festen Ansicht. Vieles trägt das Gepräge Dürers, anderes scheint ihm fremd. Es gehörte genauere Kenntniß der Kunstgeschichte jener Zeit dazu, als wir drei besitzen, um ein begründetes Urtheil aussprechen zu können. Man müßte doch sagen können, wer ein Bild, das unzweifelhaft sehr vortrefflich ist und sehr viel Dürersches Gepräge hat, neben, vor oder nach Dürer gemalt haben könnte.[5]
Oktober.
6) Samstag ... Im Schloß ist der sehr schön in Bronze nach Zeichnungen des Hofbaumeister Krüger ausgeführte Sarkophag für den hochseligen König ausgestellt.
7) Sonntag ... Auf dem Rückweg besehe ich mir Flüggens, den Tod unseres im vorigen Jahr verstorbenen Königs darstellendes Bild. Es ist doch wirklich sehr schön, voll wahrer und tiefer Empfindung.
9) Dienstag ... Mit den Meinigen mache ich bei Rietschels Schiller und Goethe einen Besuch. Der Meister ist nicht zugegen und Goethe dreht uns den Rücken zu, bei alledem ist der Anblick sehr befriedigend; es fehlt aber an der Vollendung noch mehr, als ich gedacht hätte.
10) Mittwoch. Besuch bei Peschel, der mich eingeladen hat, seinen Karton zu sehen. Die Arbeit hat sehr gewonnen und wird bei der weiteren Durchbildung und der Ausführung im Großen noch sehr gewinnen, das, was fehlt, läßt sich dem Künstler nicht beibringen. Das ist der große Stil, der eben nur als Ausdruck eines größeren Denkens Gestalt gewinnen kann ... Abends bringen wir Freytags „Soll und Haben“ zu Ende. Das ist einmal ein herrliches Buch und jedem Deutschen muß bei so würdiger Vertretung deutschen Geistes und deutscher Arbeitskraft wohl werden.
11) Donnerstag ... Gang zum Herrn Minister ... Der Minister theilt mir mit, daß Flüggens Gemälde, den Tod unsers Königs darstellend, für 2000 Thaler gekauft worden sei.
12) Freitag ... Schirmer hat einen großen Theil der Vorrathsbilder, die im Requisitengebäude schlecht aufgehoben waren, weil es da feucht ist, in den Direktorial- und Restaurationszimmern recht hübsch aufgestellt. Einige große Gemälde, die wir im Museum nirgends unterbringen können, müssen wir nach den Lokalitäten der alten Galerie zurückschaffen. – Flüggen macht mir seinen Abschiedsbesuch ... Es beschäftiget ihn jetzt der Gedanke, ein Gemälde auszuführen, in welchem der König Ludwig und die ihm zur Seite stehenden Koryphäen der Kunst zusammengestellt erscheinen werden.
16) Dienstag. Am Morgen bringt mir auch Geringswald einen Abdruck seiner Platte, „Absaloms Ende“ darstellend, welche sehr schön geschnitten ist ... Roquette liest mir einen Aufsatz vor, welchen er für die Konstitutionelle Zeitung geschrieben hat und in welchem er kurzen Bericht giebt über die Aufstellung der Gemälde im Museum, worüber bis jetzt noch gar keine Erklärung in öffentlichen Blättern erfolgt ist.
19) Freitag ... Hübner ... giebt keine Ruhe in Betreff des Aufstellungsplatzes des Rafael.
21) Sonntag. Heute endlich bringe ich den Bericht über mein Leben, welchen die Berliner Akademie der Künste von mir verlangt hat, zu Stande ...
22) Montag ... Aus dem Ministerium des Hauses erhalte ich das neue Regulativ für die Galerie-Kommission. Geschäfte und Geschäftsgang sind in der Weise geordnet, wie der Minister mit mir es besprochen hatte. Ich habe den Vorsitz in der Kommission, welcher beizuwohnen auch der Minister sich vorbehält.
24) Mittwoch ... Se. Excellenz von Langenn kommt ebenfalls in das Museum. Er macht mich aufmerksam, daß die Gemälde von Lucas Cranach in Moritzburg, namentlich das schöne Bild der Jagd, Gefahr laufen zu verderben wegen des feuchten Ortes, wo sie sich befinden.
27) Samstag. In diesen Tagen habe ich eine neue Komposition, die allerdings eine ältere zur Grundlage hat, ins Reine gebracht und dem jungen Müller zum Durchpausen übergeben. Das Bild stellt dar, wie die Israeliten in der Wüste gespeist und getränkt werden. Ich habe in dem Gegenstand das vorbildlich auf das heilige Abendmahl Deutende hervorheben wollen und deshalb die Speisung und Tränkung zusammengefaßt ... Heute findet die erste Sitzung der Galerie-Kommission statt. Ich habe Hübner (Bendemann ist noch nicht aus Berlin zurückgekehrt) und die neuen Mitglieder Rietschel und Peschel besonders eingeladen und eröffne die Sitzung mit einer Darlegung der Verhältnisse, welche das neue Regulativ hervorgerufen haben ... Roquettes Aufsatz „Die Dresdener Gemälde-Galerie im neuen Museum“ ist in Nr. 247 der Konstitutionellen Zeitung erschienen, nimmt sich ganz gut aus und ist für mich sehr ehrenvoll ...
28) Sonntag. Bis auf eine kleine Unterbrechung ... bin ich heute ungestört bei meiner Komposition „Die Stiftung des Osterlamms“. Der Gegenstand ist [59] wichtig und einen Theil der Zeit widme ich dem Lesen der betreffenden Stellen und wesentlichen Aenderungen der gestern nur flüchtig hingeworfenen Skizze. Nun wird das Blatt aber gut.
November.
1) Donnerstag ... Peschel nimmt nun doch den ihm von mir angebotenen Platz in meinem Atelier an, um sein Altarbild daselbst zu malen. – Mit Schirmer überlege ich etwaige Verbesserungen in der Aufstellung der Gemälde. So leicht ist es nicht, es besser zu machen, und es nur anders zu machen, Andern zu gefallen, dazu habe ich keine Lust. Im Rubens-Saal wollen wir das Bildniß des Antonis Moro an der Wand der Spanier, zu denen er halb und halb gehört, aufstellen. Das wird ein Gewinn sein.
2) Freitag. Am Schlusse der Hübnerschen Einleitung zu dem Katalog kommt er auch auf die Uebersiedelung zu sprechen, und da wird mir doch nicht ganz gut dabei zu Muthe. Er spricht von der Mitwirkung der Galerie-Kommission, welche damals eigentlich gar nicht existirte (Herr von Quandt hatte sich von Anfang an grundsätzlich jeder Thätigkeit entzogen, welche in Beziehung stand zum neuen Museum; Bendemann war zu seiner Erholung in Tirol); dann spricht er von der „anerkennungswerthen“ Weise, in welcher der Umzug bewerkstelliget worden sei. Gegen Abend bringe ich dem Herrn Minister das Manuscript zurück, rühme, was zu rühmen ist, weise aber auch auf die eben bemerkte Unrichtigkeit hin ...
8) Donnerstag ... In der Leipziger Zeitung ist nun auch der dritte Artikel über unser Museum (von Hettner), welcher von der Aufstellung der Gemäldesammlung handelt, erschienen. Er enthält nur Lob, und es ist des Ruhmes auf mich nur zu viel gehäuft, so daß ich hier abwehren muß, während ich mich den Hübner’schen Aussprüchen gegenüber zu schlecht bedacht finde.
12) Montag ... Im Atelier ist viel Leben. Zumpe beginnt nun auch die Ausführung seiner Kreuzabnahme in Farben, überhaupt malen jetzt die meisten meiner Schüler, und darüber bin ich froh.
14) Mittwoch. Der Minister hatte mir gestern einen Brief des Grafen Vitzthum, sächsischen Gesandten in Madrid, zugeschickt, in welchem derselbe über ein Bild von Murillo, die heil. Marina darstellend, berichtet, welches um eine verhältnißmäßig geringe Summe (2000 spanische Dollars) zu haben wäre ... Was den Ankauf des Murillo anbelangt, so finde ich bedenklich, ohne ganz zuverlässige Vermittelung ein solches Geschäft abzuschließen; ohndem liegt Murillo zunächst nicht in unserer Richtung. Ich kann nicht zu diesem Ankauf rathen.
17) Samstag ... Trotz der großen Störungen bringe ich meine Durchzeichnung der Komposition „Der Herr straft durch Mose das Volk für seine Abgötterei“ zu Stande. Es ist das ein grausames Bild, gehört aber nothwendig in die Reihenfolge der Erziehungsakte des halsstarrigen Volkes.
18) Sonntag ... Abends besuche ich den Nachbar Rietschel, den ich mit den Seinen und einigen Freunden, in Erinnerung des gestrigen Tages[6], recht fröhlich und zufrieden finde. Ich habe auch Gelegenheit ihm zu gratuliren für Empfang des Ordens der Ehrenlegion, welchen er jetzt aus Veranlassung der Pariser Ausstellung empfangen hat.
22) Donnerstag ... Abends kommt viel Gesellschaft zusammen: Gaber und Frau, die Brüder Amsler, Alb. v. Zahn, Roquette und was zum Haus gehört. Das Album der Hausfrau wird vorgelegt und natürlich bewundert.
26) Montag ... In der Augsb. Allgem. Zeitung ist erwähnt (auf eine für mich und mein Werk übrigens sehr ehrende Weise), daß in Mecklenburg meine Bibel zu Schulzwecken nicht geeignet befunden und die Anschaffung und Anwendung derselben verboten worden ist.
[70]
Dezember.
5) Mittwoch ... Guehery bringt mir einen Probedruck des Schnittes nach Pletschs Zeichnung: Davids Volkszählung wird mit Pestilenz bestraft. Ich sehe denn doch, daß es mit dem Aufzeichnen Anderer nicht geht. Pletsch hat eben immer wieder, trotz meiner Warnung, durch die Federzeichnung sich verleiten lassen, in der Aufzeichnung viel zu weit zu gehen, dem Holzschneider die Arbeit entsetzlich zu erschweren und eine gute klare Arbeit unmöglich zu machen. Konferenz mit dem Bergrath Kühn und den Malervorständen in der Niederlage der Manufaktur. Es handelt sich um Entscheidung der Frage, ob man bei den neu auszuführenden Vasen meiner Komposition sich an die beschränkte Farbengebung halten soll oder nicht. Ich bin dafür, die Färbung der Majoliken beizubehalten und nur etwa im Fleisch der Natur etwas näher zu rücken. Diese Ansicht wird auch zur Richtung genommen und beschlossen, die beiden neuen Vasen in der Weise zu malen, wie die zweite ältere Vase von Müller sen. ausgeführt worden war.
6) Donnerstag. Im Museum finde ich nun endlich den Eckdivan im Rafael-Zimmer aufgestellt. Er macht sich sehr schön und ich kann mir auf meine Vorzeichnung etwas einbilden.
8) Samstag ... Ein Porträt von Lucas Cranach, das dem jungen Maler oder Xylographen Jördens gehört und das er auf mein Ansuchen uns [d. i. der Galerie-Kommission] heute zur Ansicht gebracht hat, findet man sehr schön und meint, daß es sich für unser Museum eigne ... Zu Hause finde ich ein Packet aus dem Ministerium des Hauses, das ich aber in der Meinung, es sei ein gewöhnlicher geschäftlicher Gegenstand, uneröffnet lasse, bis Paldamus es sieht und mich daran erinnert. Es zeigt sich nun, daß es das Comthurkreuz des Albrechts-Ordens enthält, von dem Dekret, in welchem es als Beweis der Anerkennung meiner Verdienste bei Uebersiedelung der Galerie bezeichnet ist, und einigen sehr freundlichen Zeilen meines Ministers begleitet. Diese Gabe macht mir und den Meinigen große Freude.
12) Mittwoch. An Gaber übergebe ich die vollendete Aufzeichnung. Besprechung über einen Lebensbericht des Bürkner im Deutschen Kunstblatt von Eggers, in welchem, gewiß nur durch falsche Notizen verleitet, derselbe viele unrichtige, Andere verletzende Nachrichten gegeben hat; z. B. wird Gaber ein Schüler Bürkners genannt, und, was schlimmer ist, Ludwig Richter als ein Mann dargestellt, der erst durch den Meister im [71] Holzschnitt den Impuls zu seinen Illustrationen erhalten hat. Richter selbst wird hiergegen Einsprache thun ....
14) Freitag ... Ein Geistlicher in Magdeburg Namens Danneil schickt mir als Beweis von Wohlwollen seine Schrift „Das Kirchenjahr der Schule“ nebst einem sehr freundlichen Schreiben zu.
15) Samstag. Rietschel’s Geburtstag ... An das Deutsche Kunstblatt sende ich eine Berichtigung der in dem Artikel über Bürkner enthaltenen unrichtigen Angabe, nach welcher die Bilder zu der Bibel „meist von tüchtigen Schülern Bürkners“ geschnitten worden sein sollen. Aus Bürkners Atelier sind 28 Blätter hervorgegangen, die übrigen 56 sind theils von Gaber selbst, theils in dessen Atelier, theils von auswärtigen Xylographen geschnitten worden.[7] – Im Museum finde ich die zu einer Extra-Sitzung vereinigte Galerie-Kommission. Ich hatte dieselbe zusammengerufen, um ein altniederländisches Gemälde (Roger van der Weyden), das in des Malers Wichmann Händen sich befindet und uns zur Ansicht zugestellt wurde, zu betrachten und zu beurtheilen. Das kleine, den Gekreuzigten mit der Mutter, Johannes und Magdalenen darstellende Bildchen erschien Allen von großem Werth und als ein Gegenstand, der für unsere Galerie wo möglich erworben werden sollte. Der Preis ist 500 Thaler und erscheint nicht zu hoch, wenn auch eine Ermäßigung gewünscht werden müsse ... Der Prinz Georg, dem ich vor ein Paar Tagen gesagt hatte, daß wir das Bild sehen würden, stellt sich im Museum ein, während wir versammelt sind, und hat die Gnade, mit uns das Bild zu betrachten ... Geh. Rath Dr. Weinlig überreicht heute Abend unserm Rietschel die große goldne Medaille (50 Dukaten), welche von der Pariser Jury demselben als Preis für seine Leistungen zuerkannt worden ist ... Die Künstler Dresdens nehmen von dieser Preisertheilung und dem Geburtstag Veranlassung, dem Gefeierten ein Fackelständchen zu bringen. Von Rietschel ziehen sie dann zu Richter, welchem Weinlig ebenfalls die Medaille überreicht hatte. Bei Rietschel bleibt dann Weinlig nebst Frau und Kindern den Abend, und auch wir sind von der Gesellschaft, in der es bis gegen 11 Uhr heiter zugeht.
16) Sonntag. Meine Sonntagsruhe, was seit langer Zeit schon so viel heißt als meine Sonntagsarbeit, wird durch einen Besuch des Stadtrath Lampe aus Leipzig unterbrochen, welcher mich um allerlei unser Museum Betreffendes befragt und mir über die eingegangenen Pläne für das Leipziger Museum Bericht erstattet. Ein Plan, welcher als besonders zweckmäßig erkannt wird in Beziehung auf den vorhandenen Baugrund, auf den Zweck des Gebäudes und die ökonomischen Verhältnisse, nimmt sich im Grundriß, den mir Lampe skizzirte, wunderlich genug aus; doch habe ich großen Respekt vor dem Zweckmäßigen und Vernünftigen, und wenn der Plan sich als solchen erweist, mag ich nichts dagegen sagen.
21) Freitag. Schon vor 9 Uhr bin ich im Schloß. Ich finde in dem Empfangszimmer der königlichen Wohnung (die erst in diesen Tagen bezogen worden ist) die Herren von der Baukommission des Museums, Landbaumeister Hänel, Amtsbauverwalter Beuchel und Hofbaumeister Krüger, welche mit Ritterkreuzen bedacht worden sind. Hübner kommt erst nach mir. Wir werden einzeln vor den König gerufen, um uns zu bedanken. Der König ist gegen mich sehr freundlich. Er führt mich in sein prachtvolles und dabei sehr gemüthliches Arbeitszimmer ...
24) Montag. Heiliger Abend. Schirmer hat das erwähnte Gemälde von Roger van der Weyden[8] für 400 Thaler von Wichmann erhandelt.
27) Donnerstag ... Im Museum erscheint alsbald nach meinem Eintreffen daselbst auch Herr von Quandt, der begierig war, unser neu erworbenes Bild zu sehen. Er will es dem alten Roger van der Weyden nicht zugestehen, findet es aber, je länger er es betrachtet, je schöner und ist mit dessen Erwerbung sehr zufrieden.
28) Freitag ... Konferenz des akademischen Rathes ... Das Gutachten, das über den Raub an Kaulbachs Reinecke von Seiten des Münchner Advokaten gewünscht wird, wird entschieden gegen Leutemanns Ausgabe ausfallen.
29) Samstag ... Nachmittag begebe ich mich in das Atelier des Hofbaumeister Krüger, um, seiner Einladung folgend, das Modell zu der architektonischen Einfassung des Rafael zu sehen. Das Modell befriediget mich vollkommen.
30) Sonntag ... Als weitere Sonntagsarbeit beschäftiget mich eine Komposition, die mir bei Lesung der Danneil’schen Weihnachtsbetrachtungen eingefallen ist, darstellend: die Hirten, die ersten Weihnachtsprediger.
[73]
1856.
Januar.
1) Dienstag ... Sodann schreibe ich mein Gutachten über die bei Payne erschienene illustrirte Ausgabe des Reineke Fuchs, welche größtentheils aus Raubstücken, die der Kaulbachschen Ausgabe abgenommen sind, zusammengesetzt ist. Aus den einzelnen Gutachten der Mitglieder des akademischen Rathes soll das Gutachten der Akademie, das von Seiten der Cotta’schen Verlagshandlung von uns, wie von anderen Akademien gewünscht wird, sich gestalten. Ich schließe mich dem bereits von der Münchner Akademie ausgestellten Gutachten an und beantrage eine energische Erklärung gegen diese Art moderner Wegelagerei. – Gaber besucht uns und berichtet über sein mit Neujahr in Verbindung mit Heinrich Richter[9] ins Leben tretendes Verlagsgeschäft. Gott segne das Unternehmen!
2) Mittwoch ... Meine Komposition, die aus Veranlassung jener Danneilschen Weihnachtsbetrachtungen mir in den Sinn gekommen, „Hirten, die ersten Verkündiger des Evangeliums von Christo“, kommt heute ganz in’s Reine. Dafür sehe ich das Museum aber heute nicht. Um 5 Uhr stelle ich den Akt in der Akademie. Es sind nur wenig Schüler da; der Akt wird aber dann noch in der nächsten Woche stehen.
3) Donnerstag. Heute beschäftige ich mich damit, die große Weintraube aus dem Lande Canaan herbeizuschleppen. Sie ist am Abend so ziemlich in Sicherheit ... Beim Akt finden sich auch heute nur sechs Schüler ein.
4) Freitag. Die Kundschafter des Landes Canaan sammt ihrer Weintraube zur Reife gebracht; das Hirtenbild wird durchgezeichnet ... Es wird Gutzkows „Königslieutenant“ mit vortrefflicher Rollenbesetzung zur Aufführung gebracht, und ich gehe mit Tochter Marie das Stück zu sehen. Es macht mir viel Vergnügen, trotz der vorhandenen Mängel des Stücks und der Aufführung. Die Sentimentalität fällt dem Dichter hauptsächlich, das eitle freche Wesen des jungen Goethe der Darstellung der Fräulein Schönhoff, die ihn giebt, zur Last. Dawison als Graf Thorane, Winger als Rath Goethe, die Berg als Frau Rath, Quanter als Professor Mittler sind vortrefflich.
5) Samstag ... In der Akademie beschließe ich die Woche mit sechs Schülern.
6) Sonntag. Heilige drei Könige ... Joch in München kündiget mir für Anfang Februar die Vollendung seiner Platte an und wünscht bis dahin eine neue Aufzeichnung zu haben. Ich kann Gott danken, daß diesen beständigen Aufforderungen zur Arbeit gegenüber die Lust dazu nicht ausgeht. Ich habe mich heute schon wieder mit zwei neuen Entwürfen beschäftiget; der eine hat die Anbetung der Könige zum Gegenstand, der andere den Untergang des Korah und seiner Rotte.
7) Montag. Schirmer nimmt die Restauration unseres neu erworbenen Bildes vor. Viel ist nicht zu thun. Am meisten hat das Gewand der Madonna gelitten, und da es Schirmer schwer fällt, in einigen durch Flecken entstellten Theilen den Faltengang herauszufinden, so zeichne ich den oberen Gewandtheil vor [74] dem Bilde mit gewissenhafter Benutzung des Vorhandenen auf Papier. – Beim Akt finde ich heute wieder viele Schüler. Die dem Modell in der vorigen Woche gegebene Stellung wird auch in dieser Woche beibehalten.
10) Donnerstag ... Seine Excellenz von Langenn erneut seinen früher schon an mich gestellten Antrag, einen Versuch zu machen, die Moritzburger Cranachs für das Museum zu erlangen. Ich stand von einem solchen Versuch ab, weil mir mitgetheilt wurde, daß eine frühere Reklamation auf Grund einer Stiftungsacte abgewiesen worden sei.
16) Mittwoch ... Schirmer ersuche ich die Gesammtzahl der Vorrathsbilder, welche seit meiner Zeit in die Galerie aufgenommen worden sind, aufzuzeichnen.
17) Donnerstag. Schirmer hat obenbemerktes Verzeichniß schon ziemlich vollständig beisammen. Es zeigt sich, daß gegen 140 Gemälde aus dem Vorrath in die Galerie aufgenommen worden sind.
18) Freitag. Schirmer hat das herrliche Bild von Palma, dessen Töchter darstellend [?], in das Restaurationszimmer genommen, um einen Fleck an der Wange der mittleren Schwester zu beseitigen, welcher in Folge einer früheren Restauration hervorgetreten war. Das Bild ist doch wundervoll. – Um 5 Uhr komme ich noch einmal mit Nicolai und dem Landbaumeister Hänel wegen der Leipziger Museumspläne zusammen. Es werden die Entwürfe zu dem Protokoll vorgelegt und der gleichfalls anwesende Advokat Niese[10] instruirt, aus diesen Entwürfen das Gutachten zusammenzustellen, welches dem Leipziger Stadtrath eingesandt werden soll.
22) Dienstag ... Jördens schickt mir einen Probedruck seiner Platte: „Moses zertrümmert die Gesetztafeln“. Das Blatt ist tüchtig gearbeitet ... Ich erhalte eine Einladung für morgen Abend zu Ihrer Majestät der Königin Maria.
23) Mittwoch ... Der Minister schickt mir Hübners Handschrift zum Katalog [der Gemäldegalerie]. – Der Hofmarschall der Königin Maria ersucht mich, heute Abend etwas zum Ansehen für die Königin mitzubringen. Ich wähle zu diesem Zwecke meine biblischen Zeichnungen. Außer mir ist noch Rietschel geladen. Wir fahren 81/2 Uhr dahin und finden die Königin mit Frau von Lüttichau und ihrer Hofdame, der Fräulein von Carlowitz. Sonst ist Niemand da. Die Damen betrachten meine Zeichnungen mit Aufmerksamkeit und, wie es scheint, mit Befriedigung. Die Unterhaltung ist sehr belebt und ungebunden. 1/4 vor 11 Uhr fahren Rietschel und ich wieder zusammen nach Hause.
24) Donnerstag. Es ist nun das große Gemälde von Paul Veronese, die Familie Concina [Cuccina], in das Restaurationszimmer gebracht worden, um der so sehr nachgedunkelten Luft wieder einen lichteren Ton zu geben. Die Aufgabe ist in jeder Beziehung eine sehr schwierige, in künstlerischer wie in technischer Beziehung, und es wird mancher vergeblicher Versuch gemacht werden, das Richtige zu treffen. Auch haben wir den Andrea del Sarto, die Verlobung der heiligen Katharina, der in einigen Theilen abzublättern droht, in das Restaurationszimmer gebracht. Ueberhaupt giebt es viel zu thun, nachdem die Restaurationsgeschäfte ein halbes Jahr stille standen.
27) Sonntag. Endlich ist die Abfassung des Gutachtens über die Leipziger Museumspläne in Ordnung und wird dasselbe mir zur Unterschrift zugeschickt. Ich bringe es selbst zu Rietschel, welcher zwar wegen Unwohlsein den Sitzungen nicht beiwohnen konnte, nachher aber die Pläne eingesehen, dem Gutachten der Kollegen sich angeschlossen hat und es nun mit unterzeichnet ... Später lasse ich mir aus Hübners Manuskript vorlesen. Da die Stelle, welche von der Uebersiedelung und der Betheiligung der Kommission an der Aufstellung spricht, unverändert geblieben [vergl. 2. November 1855], so werde ich Veranlassung nehmen müssen, einige schriftliche Bemerkungen hierzu zu machen.
28) Montag ... Café national. L. Richter theilt mir mit, daß man in Meißen eine Zeichnung von mir zu einem Porzellan-Mosaikbild wünscht, das für die Wiener Industrieausstellung gefertiget werden soll. Abends Roquette und Dr. von Eye.
29) Dienstag. Ich schreibe heute an meiner Erklärung über den Hübnerschen Bericht über den Umzug und die Aufstellung der Galerie im neuen Museum. Fast versäume ich die rechte Zeit, um mich bei der von mir selbst angesagten außerordentlichen Konferenz der Galerie-Kommission einfinden zu können ... Es wird die Meinung der Restauratoren und des Direktors [gebilligt?], das Gemälde von Andrea del Sarto, die Verlobung der heiligen Katharina darstellend, das in einem Drittel sehr krank ist und theilweise abzublättern droht, noch nicht von seinem Holzgrunde abzunehmen, sondern selbst auf die Gefahr hin, einige Stellen abstoßen zu müssen, nach Möglichkeit wieder anzulegen, zu befestigen und auszubessern. Ueber die Weise, wie die Luft in dem großen Veronese, die Familie Concina, zu behandeln ist, verständiget man sich, indem man schrittweise vorzugehen beschließt. Die schöne Landschaft von Ruysdael, das Kloster, die unter einer schmutzigen Firnißdecke schmachtet, soll gereiniget werden.
30) Mittwoch ... Nachm. 5 Uhr Konferenz des akademischen Rathes. Professor Hettner wird als Mitglied desselben von dem Geh. Rath Kohlschütter eingeführt. [75] Hierauf werden die Gutachten über die Leutemannsche Nachbildung des Kaulbachschen Reineke Fuchs vorgetragen und beschlossen, da die Gutachten sich nicht unter einen Hut bringen lassen, die Gutachten der Einzelnen, wie sie sind, an den Advokat Steub einzusenden.
Februar.
1) Freitag ... Ganz unerwartet und plötzlich (im Bade) ist Frau von Lüttichau gestorben.
2) Samstag ... Schirmer hat die Luft in dem großen P. Veronese nun wiederhergestellt und den braunen Qualm glücklich entfernt. Das Bild hat außerordentlich gewonnen. Bald wird es wieder an seinem alten Platze und zwar in neuem Glanze strahlen.
4) Montag ... Im Restaurationszimmer finde ich die Ruysdaelsche Landschaft „das Kloster“ von dem dunkeln Firniß befreit und ganz in dem Glanze, wie wir es zu sehen hofften, ganz so, wie das Bild gemeint scheint, eine Landschaft nach einem Gewitterregen. – Besuch bei Rietschel, der nicht ganz wohl ist. Rietschel ist mir ein sehr lieber vertrauter Freund, und ich theile ihm auch heute mit, was nach da und dort mein Herz bewegt.
5) Dienstag ... Abends haben wir einige Freunde geladen, um Fastnachtsdienstag zu feiern ... Roquette liest einen Fastnachtsschwank von Holberg mit dem Titel Don Ranudo Colibrados, der uns sehr viel Unterhaltung gewährt. Dann wird ein sehr guter Kardinal aufgetischt und bis gegen Mitternacht geschwärmt.
6) Mittwoch ... Im Restaurationszimmer male ich ein wenig an dem Paul Veronese. Es handelt sich darum, an den Wämsern des knieenden Knaben und des jungen Mannes, neben der Figur der Liebe, die abgestorbenen Schatten ein klein wenig aufzufrischen und wieder Zeichnung hineinzubringen.
7) Donnerstag ... Den Abend beschließen wir (mit Ausnahme der Hausfrau) im Theater. Es wird Räders Fastnachtsposse „Robert und Bertram“ wiederholt, und wir amüsiren uns vortrefflich.
8) Freitag ... Restaurationszimmer und die Grablegung [„Die Beweinung Christi“ Woermanns Katalog Nr. 708], über welche mir Quandt seine Meinung in einem Briefe aus Dittersbach mittheilt.
9) Samstag ... Galerie-Kommission. Die gestern erwähnte Grablegung ist heruntergestellt, und ich nehme Gelegenheit, den v. Quandt’schen Brief mitzutheilen. Das Bild ist sehr schön und wird jedenfalls in die Sammlung aufgenommen. Das Kloster von Ruysdael wird mit Freude in seiner aufgefrischten Gestalt betrachtet. Der Paul Veronese ist bereits an seinem Ort im Saal der Venezianer, und wird weiter nichts bemerkt, so daß das Bild an seiner Stelle verbleibt. Wir begeben uns dann in die obere Etage und besehen und besprechen die Bilder, welche ausgemustert werden sollen. Meine Kollegen haben am vorigen Samstag etwas über 20 Bilder bezeichnet, welche ich mir heute bemerke mit dem Vorbehalt, sie noch einmal genau zu prüfen, um mit gutem Gewissen der Kommission mich anschließen zu können bei dem Antrag an das Ministerium. – Um 4 Uhr fahre ich nach dem Prinzen-Palais in Folge der Einladung zur Tafel bei dem Prinzen Georg. Ich finde etwa 24 Gäste, unter denen ich mehrere Bekannte sehe, unter Anderen Geh. Rath Weinlig, dessen Nachbar ich werde, Geh. Rath von Langenn, General Heinze etc. Der Minister Behr sitzt zur Rechten des Prinzen, der Minister außer Diensten Herr von Wietersheim zu seiner Linken. Die Unterhaltung ist sehr belebt. ... Nach Tisch spricht der Prinz mit allen Geladenen, mir sagt er unter Anderem, daß der Minister von Zeschau viel auf mich halte.
11) Montag. Ich begebe mich zu dem Herrn Minister, um vor Allem anzuzeigen, daß das Glas zu dem Rafael mit dem Eisenrahmen aus dem Goldrahmen herausgenommen werden soll, weil dasselbe das genaue Maß für die neue Einrahmung geben wird. Der Minister wünscht, bevor dieses geschieht, noch mit dem Hofbaumeister zu sprechen in der Meinung, daß das Herausnehmen des Glases noch anstehen könne. Der Glaser Neumeier will natürlich bei einer Prozedur, bei der er nichts verdient, für das Glas (600 Thaler) nicht haften. Das Glas wiegt gegen oder über 3 Zentner. In Betreff der Hübner’schen Katalogsangelegenheit wünscht der Minister friedliche Beilegung ... Der Minister will selbst für Aenderung der mir anstößigen Stellen sorgen. Erst wenn diese Aenderung [bewirkt?] und anderes Ungehörige beseitiget ist, soll der König das Manuscript zu lesen bekommen.
12) Dienstag ... Im Museum gehe ich mit Inspektor Schmidt in die oberen Räume, um seine Meinung über die etwa auszuscheidenden Gemälde zu erfahren. Er bezeichnet die nämlichen Gemälde, welche von der Kommission bereits ausgewählt worden sind, und dann noch einige mehr. Es liegt doch in meiner Pflicht, mehrere Stimmen zu hören, da der Kunstwerth eines Bildes nicht allein entscheidend ist und Bedacht genommen werden muß, auch geringere Meister in einem Gemälde vertreten zu sehen.
13) Mittwoch ... Mit Schirmer und Renner gehe ich heute in die oberen Räume der Galerie, um auch mit ihnen die zur Aussonderung bestimmten Gemälde zu betrachten und die gestellten Anträge zu prüfen. Es werden die Ansichten der Kommission im Wesentlichen vollkommen gebilligt und mit Ausnahme des Bildchens von Kern, welcher Inspektor an der Dresdner Galerie war, die Entfernung sämmtlicher drei Klassen gewünscht.
[76] 14) Donnerstag. Nochmals und zwar allein prüfe ich die Anträge wegen der auszuscheidenden Bilder und stelle mein Gutachten fest, das nur in Kleinigkeiten von dem der Kommission abweicht ... Bei meinem Abendspaziergang treffe ich auf der Brühlschen Terrasse mit Dawison, Auerbach und Hettner zusammen und promenire ein Weilchen mit ihnen ... Abends stellen sich Roquette, Mathilde Sachße mit ihrer Mutter und Alb. v. Zahn[11] ein. Es wird Minna von Barnhelm mit vertheilten Rollen gelesen.
16) Samstag. Um 9 Uhr bin ich im Museum. Es wird das Glas zum Rafael aus dem Rahmen genommen ..., weil der Eisenrahmen, in welchen es eingelegt war, für die neue Einrahmung verwendet und diese jenem genau angepaßt wird. Nachdem das Geschäft glücklich vollzogen ist, gebe ich dem Herrn Minister mündliche Nachricht hiervon ...
17) Sonntag ... Abends trinken wir in kleiner heiterer Gesellschaft den Thee bei Rietschels. Vor dem Thee haben die Kinder eine Komödie aufgeführt.
18) Montag ... Das Kruzifix nach meiner Zeichnung nach Michael Angelo ist nun fertig geschnitten, und Heinrich Richter legt mir zwei Drucke vor. Es nimmt sich sehr gut aus.
19) Dienstag ... Ueber das Angebot des Bassenge, die zwei Porträts von Andrea Solario betreffend, bemerke ich ihm [dem Minister] das Nöthige. Die zwei Köpfe, die ich dann im Lokal des Kunstvereins sehe, sind wirklich interessant und wären eine hübsche Acquisition für uns. Dem Bassenge, den ich in seinem Bureau aufsuche, erkläre ich, daß ich höchstens einen Preis von 50–60 Thalern in Antrag bringen könnte.
20) Mittwoch. Das Interesse wächst an den Bildern des Antonio Solario (nicht Andrea), seitdem ich in Naglers Künstlerlexikon das ihn betreffende nachgelesen habe ... Ob ein Nachweis zu führen ist, daß die Bilder wirklich von ihm sind? Man muß die Gemälde noch einmal genau untersuchen, die Kollegen von der Kommission sind bereits schriftlich und mündlich ersucht worden, die Bilder zu sehen und für nächsten Samstag ihr Gutachten abzugeben[12]. Abends sahen wir einige Freunde am Theetisch, die wir lange nicht gehabt haben. Es kommen Rietschels, die Seebeck, Andreas Oppermann, L. Richter und sein Sohn, Gaber, dann noch Arn. Amsler, Müllenhoff. Wir sind sehr heiter beisammen bis gegen 12 Uhr. Die Hausfrau gab einen vortrefflichen Kardinal ...
21) Donnerstag. Konferenz in Sachen der Porzellan-Manufaktur mit den Meißner Herren um 12 Uhr in der hiesigen Niederlage ... Sodann wurde auch entschieden, daß die Saxonia, welche ich vor einigen Jahren zu den Transparents zur Vermählungsfeier des Kronprinzen entworfen, von Scheinert in Porzellanmosaik ausgeführt werden soll; meine im Kleinen mit der Feder ausgeführte Zeichnung hat Rietschel, das Transparent, das die Farbengebung zeigt, ist auch noch vorhanden ...
22) Freitag. Bußtag. Wie meine Erholung ungestörte Arbeit und meine Sonntagsfeier Arbeit ist, so ist auch meine Buße Arbeit ... Es erfolgt eine Einladung von dem Vorstand des jüngeren Künstlervereins zu der Aufführung des Reineke Fuchs, welche morgen stattfinden wird.
23) Samstag. Galerie-Kommission. Herr Bassenge hat auf mein Ansuchen die beiden Köpfe des Ant. Solario in das Museum bringen lassen, und wir können sie nun mit Muße betrachten. Ueber die Autorschaft ist kein Beweis zu führen, aber in den Gemälden selbst liegt nichts, was der Annahme, sie seien von Zingaro, widerspräche, und Hübner glaubt eine Aehnlichkeit in den Köpfen mit den Porträten Kaiser Friedrichs III. und der Eleonore von Portugal, wie sie Rafael in Gemeinschaft mit Pinturicchio in Siena gemalt, zu entdecken. In dem Protokoll wird die Acquisition der beiden Köpfe um die von mir in Antrag gebrachte Summe von 50–60 Thalern als wünschenswerth bezeichnet ... Nachmittag 5 Uhr findet eine Lehrer-Konferenz in der Akademie statt zur Feststellung der Zensuren. Bis man sich in den Gasthof zu den schwarzen Adlern zur Aufführung des Reineke begiebt, verweilt man noch ein wenig im Café national. Nach 7 Uhr gehen wir zu dem Fest. Rietschel, Richter, Peschel, Ehrhardt und ich halten uns zusammen. Im Festlokal finden wir dann noch Hübner, Hettner, Auerbach etc. etc. Das Maskenfest ist bereits in vollem Gange. 71/2 Uhr beginnt die Darstellung des Reineke Fuchs nach Roquettes Bearbeitung. Die Kostümirung der Thiere ist vortrefflich, die Köpfe sind meisterhaft von Flinzer verfertigt. Die Aufführung, das ist, das Spiel der jungen Leute, ist ausgezeichnet, und man ist allgemein begeistert über den Humor und das Geschick der Darstellenden. Nachher setzt man sich zu Tische, kriegt aber sehr lange gar nichts und dann nur sehr wenig. Jene Flüssigkeit, Humor, muß hinüberhelfen über Hunger und Durst. Das Fest schließt mit der Aufführung von Haydns Kinder-Symphonie, bei welcher Herr Hünerfürst thätig ist. Ich komme erst gegen 1 Uhr nach Hause ...
24) Sonntag ... Abends liest uns Roquette einen kurzen Auszug aus einem Holbergschen Lustspiel vor: Ulysses aus Ithazia. Das lustige Stück vermag nicht [77] ganz die Spuren der Ermüdung zu vertilgen, welche sich in Folge der Nachtschwärmerei bemerkbar gemacht haben.
25) Montag ... Auf dem Wege zum Minister begegnete mir Hübner und erklärte mit wenigen, aber herzlichen Worten, daß er mir nicht habe zu nahe treten wollen etc. etc. Für mich ist die Sache unter solchen Umständen abgethan. Nachtragen kann ich nicht.
27) Mittwoch ... Vom Magistrat der Stadt Leipzig kommt ein Schreiben an uns vier, die wir die Museumspläne geprüft und begutachtet haben, in welchem der Dank des Raths ausgesprochen und die Meldung enthalten ist, daß der Plan No. 9, welchen wir als den preiswürdigsten erkannt und bezeichnet hatten, auch durch den zweiten Preis gekrönt wurde; daß dessen Urheber der Professor Ludwig Lange aus München sei und daß dieser den Auftrag erhalten, seinen Plan umzuarbeiten und den Bau auszuführen ...
28) Donnerstag ... Obermann bringt mir einen Probeabdruck seiner nun vollendeten Platte: „Der Herr straft durch Moses die Abgötterei des Volks“. Das Blatt ist sehr gut gearbeitet.
März.
1) Samstag ... Nachmittag beginne ich die Komposition „Die von giftigen Schlangen gebissenen Israeliten etc.“, werde aber vielfach unterbrochen ... Zu Hause finde ich einen Brief von Bunsen, in welchem er mir hauptsächlich über die Propheten des alten Bundes, Jesaias und Jeremias, schreibt.
2) Sonntag. Die gestern nur in flüchtigen Zügen hingeworfene Komposition wird heute früh wieder aufgenommen und bei verschlossener Thür und folglich ohne Störung weiter geführt. Am Abend liegt eine ziemlich ausgeführte Zeichnung fertig vor mir.
4) Dienstag. Geringswald bringt mir einen Probedruck seiner Platte „Stiftung des Osterlamms“. Das Blatt ist sehr gut gearbeitet. – Direktorialversammlung des Kunstvereins. Es kommt nicht viel von Bedeutung vor. Angekauft wird nur ein unbedeutendes Bildchen. Die Kunstvereinsverhandlungen werden dadurch recht lästig, daß die Mitglieder des Direktoriums wenig Takt zeigen für eine einfache klare Besprechung der Angelegenheiten, Gesagtes wiederholen, Einfaches konfus machen, nicht hören, was Andere sagen, und immer mitreden: das sind Unarten, welche, so lange ich bei dergleichen Vereinen mitwirke, die Sitzungen zu einer recht unangenehmen Arbeit machen. – Abends kommt Roquette, und wir trinken unsern Thee bei gemüthlicher, heiterer Besprechung. Roquette scheint unser Haus gern zu haben und ihm treu zu bleiben, während er sich aus brillanteren Kreisen zurückzieht. Auch dem Kreise der jungen Künstler bleibt er zugethan und hat bei der Aufführung des Reineke Fuchs (die morgen wiederholt wird) namentlich sehr thätig und hülfreich, eigentlich als die Seele des Unternehmens sich erwiesen ...
5) Mittwoch ... Abends Wiederholung der Aufführung des Reineke Fuchs. Die jungen Künstler haben dieses Mal einen größern Saal gemiethet ... Es sind an 300 Plätze verlangt worden ... Die Frauen, welche dieses Mal unter den Zuschauern sich befinden, sind sehr überrascht und befriedigt durch das „Schönbartspiel“ ...
7) Freitag ... Nachmittag Sitzung des akademischen Raths. Um 4 Uhr prüfen wir die Konkurrenzarbeiten und beschließen über die Versetzungen. Die Arbeiten von Alb. v. Zahn befriedigen sehr, namentlich finden einige beigelegte Kompositionen viel Beifall ... Abends besucht uns Roquette. Er liest uns Einiges aus Auerbachs neuestem Buch „Schatzkästlein des Gevattersmanns“. Es sind prächtige Sachen darin, und man fühlt sich wieder hingezogen zu dem Schreiber. Ich werde das ihm sagen.
8) Samstag. Galerie-Kommission ... Beim Fortgehen meiner Kollegen höre ich, daß Prinz[WS 1] Georg da ist. Ich hatte ihn lange nicht gesehen und suchte Se. K. Hoheit in den oberen Räumen auf. Ich nahm Gelegenheit, von dem Zustande der Albrechtsburg in Meißen zu sprechen, den ein Artikel in dem Dresdner Journal als bedrohlich bezeichnet hatte, so ferne man die für die Porzellanmanufaktur errichtete Dampfmaschine noch lange dulde. Der Prinz, jetzt Vorstand des Alterthumsvereins, sagt, daß er gethan habe, was ihm möglich sei, um auf die Entfernung der Fabrik aus dem Schlosse hinzuwirken, alle Bemühungen scheiterten aber an dem Kostenpunkte. – Der Prinz erinnert mich an mein Landschaftsbuch, von dem ich ihm gesagt, und ladet mich und mein Buch zu nächstem Montag ein in seine Wohnung.
12) Mittwoch ... Schirmer ist mit der Wiederherstellung jener Grablegung beschäftigt, welche Quandt dem Juan de Sevilla zuschreibt und die nun unter den spanischen Bildern aufgestellt werden soll. Der Christus-Kopf bedarf einer wesentlichen Nachhülfe, bei welcher auch ich Hand anlege.
13) Donnerstag. Unter Schirmers Hand ist der Kopf des Heilands nun schon zu einem edeln, ausdrucksvollen, dem meisterhaft gemalten Leibe entsprechenden Angesicht geworden. Das Bild wird nicht verfehlen, eine große Wirkung zu machen.
14) Freitag ... Hemken[13] ist mit seinem Karton „Der Tod Abels“ fertig. Die Arbeit ist gut gelungen und dabei ein wesentlicher Fortschritt kund geworden. Hemken will die Komposition malen, was ich vollkommen billige ... Als ich um 7 Uhr nach Hause [78] komme, erfahre ich, daß ein famoser Brief von Ludwig, von dem wir lange keine Nachricht gehabt hatten, angekommen sei. Er ist in der Oper Belisario mit sehr großem Beifall aufgetreten[14]. Er hat wieder eine Gehaltszulage bekommen und erhält jetzt 1000 fl. Devrient scheint mit ihm recht zufrieden zu sein. Zum Thee kommen Roquette, Hemken, Zahn, Mutter und Tochter Sachße. Es wird ein Stück von Benedix gelesen mit dem Titel „Der Vetter“.
15) Samstag ... Aus München erhalte ich einen Probedruck der Jochschen Platte „Davids Kind stirbt“. Das Blatt ist vortrefflich gearbeitet und eines der schönsten meines Werks ... Nachmittag erhalte ich dann von Gaber einen Abdruck der „Kundschafter des Landes Canaan“, ebenfalls ein trefflich gearbeitetes Blatt ... Abends liest uns Paldamus aus Auerbachs Buch eine Geschichte vor: „Kampf auf Leben und Tod“, wenn ich nicht irre, die ganz ergreifend ist. Auerbach ist doch ein eminentes Talent und was müßte er für ein Mensch werden, wenn seine ganze herrliche Natur sich ausbaute, d. h. wenn er ein Christ würde im wahren Sinne des Wortes.
20) Gründonnerstag ... Nun beschäftigen mich die zwei Bilder zum V. Buch Mose: Wie der Herr ihm das gelobte Land zeigt und wie er den Todten hütet durch seinen heiligen Engel. Das letzte Bild wird eine eigenthümliche Wirkung machen. Ein flüchtiger Entwurf, der am Nachmittag entsteht, zeigt mir das schon. Mit diesen beiden Bildern ist die Reihenfolge der Darstellungen von 1 bis 65 erfüllt und die 5 Bücher Mosis sind erlediget.
21) Charfreitag ... Der flüchtige Entwurf, der noch gestern Nachmittag entstand, Mosis Tod darstellend, wird nach Endigung des Briefes [eines Briefes an Wigand] vorgenommen, und am Abend liegt eine ziemlich ausgeführte Zeichnung vor mir.
22) Samstag. Von der gestern gefertigten Zeichnung wird heute bereits eine Pause behufs der Uebertragung auf das Holz genommen. Galerie-Kommission ... Die Grablegung wird in ihrer Wiederherstellung als erlediget angesehen. Erschwerte mein Auge nicht die Führung des Pinsels, so wollte ich den Christus-Kopf noch besser zusammentuschen. Man verständiget sich außerdem über mehrere, neu aufzunehmende Bilder aus dem Vorrath, der nun, Gott sei Dank!, mehr und mehr überwunden wird ... Nachmittag beschäftige ich mich mit einem Entwurf der Rahab, welche zwei israelitische Kundschafter rettet.
23) Oster-Sonntag ... Ich entwerfe heute die Darstellung der Rahab ... und komme bis zum Nachmittag ... damit zu Stande. Zwar will mir am Abend dünken, ich müßte die Zeichnung umgießen, noch bis vor Schlafengehen zerre und ziehe ich daran herum; indessen wird sie denn doch wohl bleiben, wie sie eben geworden ist. – Aus Leipzig schickt man mir ein Exemplar der illustrirten Zeitung, in welcher mein Porträt und ein langer Aufsatz über mein Bibelwerk enthalten ist. Der Artikel ist sehr gütig und giebt mir nur zu viel Ehre; doch ist er gut geschrieben und meint es, abgesehen von meiner Person, auch mit der Sache gut. Dem Artikel sind zwei Bilder aus der Bibel (Osterbilder) beigegeben.
24) Oster-Montag. Mein Entwurf zur Rahab bleibt in Geltung. Es wird die Pause gezeichnet und auf dem Holz befestiget, so daß nun drei Umrisse zu neuen Aufzeichnungen vorhanden sind. Gestern vergaß ich zu bemerken, daß ich ... im Lokal des Kunstvereins war, woselbst recht viel Interessantes ausgestellt ist. Uns veranlaßte das neue Bild des Königs von Gonne und der Tannhäuser-Schild von Knoll dahin zu gehen ... Der Schild zeugt von recht viel Talent. Das Bild des Königs (ganze Figur) ist recht sehr gut.
25) Dienstag. Mariä Verkündigung. Ein heller ruhiger Festtagsmorgen ladet zur Arbeit ein. Ich nehme den Gegenstand vor, der allein mir noch zu den Büchern Mosis fehlt: wie der Herr Mose das Land der Verheißung zeigt. Der Anfang scheint eine leichte Arbeit zu versprechen, am Nachmittag, der allerdings nur unter großen Unterbrechungen erreicht wird, zeigt sich, daß der Gedanke des Entwurfs unhaltbar ist. Erst in der letzten Nachmittagsstunde werfe ich in leichten Zügen einen neuen Gedanken hin, der Lebensfähigkeit hat.
27) Donnerstag ... Im Museum werden einige Veränderungen vorbereitet. Da wir durch das Ausscheiden 26 größerer Bilder viel Platz bekommen haben, beschließen wir die Gemälde der Neueren, die jetzt in dem verlassenen alten Lokal von keinem Menschen gesehen werden und die doch jedenfalls dem Museum angehören, herüberzunehmen und provisorisch in einer der oberen Abtheilungen aufzustellen. Auch für die Grablegung (Juan de Sevilla) wird in dem Saal der Spanier Platz gemacht. Der schon erwähnte Gegenstand: „Der Herr zeigt Mose das Land der Verheißung“ ist gestern in einem ziemlich ausgeführten Entwurf zu Stande gekommen und trägt das Datum meines Geburtstags. Heute beginne ich die Aufzeichnung: „Josua wird zum Nachfolger Mosis geweiht“, die für Obermann bestimmt ist.
28) Freitag. Im Museum finde ich die Grablegung an ihrem Platze. Das Bild nimmt sich herrlich aus und hebt die Wände der in diesem Saale aufgestellten Abtheilung. Voigt hat auch oben mit unermüdlichem Eifer gewirthschaftet. Der Raum neben [79] dem Mittelraum auf der westlichen Seite des Museum, der den Neueren angewiesen ist, ist bereits frei, und die durch die Entfernung der ausgeschiedenen Bilder entstandenen Lücken sind durch das Zusammendrängen der gebliebenen ausgefüllt ... Abends besucht uns Herr Bildhauer Knoll und bleibt zum Thee. Natürlich dreht sich das Gespräch hauptsächlich um München. Seine Mittheilungen sind aber nicht geeignet eine große Sehnsucht dahin zu erwecken.
April.
5) Samstag ... Galerie-Kommission ... Unter den Vorrathsbildern, welche bereits als die besseren seit Jahren abgesondert aufbewahrt und im Museum im Restaurations- und den Direktorialzimmern aufgestellt wurden, trifft man eine Auswahl von Gemälden, die noch in die Galerie aufgenommen werden sollen. Der Druck des Katalogs von Hübner hat begonnen und das Verzeichniß der Bilder muß zum Abschluß kommen.
6) Sonntag ... Ant. Jördens, der Holzschneider, der seit längerer Zeit in München für meine Bibel arbeitete, besucht mich auf der Durchreise nach seiner Heimath Muskau. Er macht mir den Eindruck eines offenen lieben Menschen.
10) Donnerstag ... Nach 8 Uhr begebe ich mich zur Königin Maria, zu der ich eingeladen bin. Es war befohlen worden, daß ich mein Landschaftsbuch mitbringe, von welchem Prinz Georg erzählt hat. Mit mir geladen sind Graf Bose, Gemahlin und Tochter, Graf Baudissin und Gemahlin. Dann waren noch zugegen eine Fürstin ... [Lücke], Fräulein von Carlowitz und der Hofmarschall von Langenn. Die Herrschaften scheinen sich mit meinem Buch doch ganz gut zu amüsiren, und nach halb 11 Uhr begeben wir uns nach Hause ...
11) Freitag. Besuch bei dem Maler Fr. Zimmermann, welcher für die Porzellanfabrik meine Saxonia ins Große zeichnet. Scheinert wird diese Figur in einer Art von Porzellan-Mosaik für die Wiener Industrieausstellung ausführen.
13) Sonntag ... Es kommen Roquette, Gaber und später auch noch Wigand, den ich in Stadt Rom aufgesucht, gefunden und zu kommen gebeten habe. Wir sind bis 11 Uhr beisammen in heiterer Unterhaltung. So endiget ein Tag wieder einmal fröhlich, was lange nicht der Fall war. Die Hausfrau hatte für ein gutes Glas Wein gesorgt, und auch das trägt dazu bei, mich wieder auf die Beine zu bringen. Noch will ich erwähnen, daß zwei flüchtige, nur in ein Paar Linien bestehende Entwürfe zu Bibelbildern gemacht werden und daß Gaber einen Abdruck des Kopfes vom Erzengel Michael bringt (Tod Mosis), der mir große Freude macht.
14) Montag ... Der Theolog Luthardt aus Franken, jetzt Professor der Theologie in Leipzig, der nach Dresden gekommen, um sich dem Minister v. Falkenstein und den geistlichen Behörden vorzustellen, macht uns nach Tisch einen Besuch. Wir haben ihn als jungen Mann in München gesehen, wir freuen uns sehr ihn jetzt wiederzusehen. Seine ganze Persönlichkeit hat etwas ungemein Einnehmendes.
16) Mittwoch ... Bei aller Unruhe, in die ich wegen einer Menge kleiner Besorgungen und Geschäfte gerathe, kommt doch wieder ein Entwurf zu Stande, der Abends in einem Umriß feststeht und zum Durchpausen zu Gaber wandert. Das Bild stellt vor: die Eroberung von Ai.
17) Donnerstag. Wieder ein Entwurf: „Josua schlägt fünf Könige der Amoriter“. Professor Huber[15] in Dresden. Er macht mir diesen Morgen einen Besuch. Seine Absicht ist hier einige Vorträge über Association in seinem uns bekannten entschieden konservativen Sinn zu halten ... Nachmittag besucht mich ... der Bildhauer Schilling, der nun aus Rom wieder zurückgekehrt ist und mir gute Nachrichten von Wislicenus bringt. Bei meinem abendlichen Ausgang begegnet mir Prof. Huber in der Nähe meiner Wohnung. Die Polizei gestattet die Vorlesungen über Association nicht. Sie weiß natürlich nichts von der Sache und hält sich nur an den verrufenen Namen ...
18) Freitag ... Im Museum finde ich Prof. Huber. Er war beim Minister von Beust, um demselben persönlich über sein Vorhaben wegen der Vorträge über Association Mittheilung zu machen. Der Minister findet kein Bedenken, die Bewilligung zu diesen Vorträgen zu ertheilen, und so werden dieselben trotz des Polizeidirektors dennoch stattfinden. – Manger bringt mir einen Probedruck des Blattes: Die Anbetung der Weisen aus Morgenland. Das Blatt ist recht tüchtig geschnitten, nur sind die Lichtmassen nicht gehörig zusammengehalten.
19) Samstag ... Ich ... begebe mich dann zu dem Musiklehrer Brauer, welcher das C. M. v. Weber-Komite in Sachen des Denkmals zu sich entboten hat. Ich werde beauftragt mit Prof. Hettner wegen Uebernahme der Vorstandschaft des Komite, die seit Schulz’ Tod in Erledigung gekommen, dann mit Rietschel wegen Beginn der Statue zu reden. Abends kommt Roquette, dessen Geburtstag heute ist (weswegen wir ihn auch eingeladen), und liest uns seinen Tonio, der uns sehr gefällt ... Auf Roquettes Wohl wird ein gut Glas Wein geleert.
[80] 20) Sonntag. Ich werde in das Museum beschieden, um den Herzog und die Frau Herzogin von Altenburg zu führen. Um 1 Uhr kommt unser König selbst, dann die Königin mit den Prinzessinnen und dem Herzog und der Herzogin. Auch Prinz Georg stellt sich ein. Adjutanten, Hofkavaliere und Hofdamen giebts die Menge. Die Herzoglichen Gäste kennen die Bilder, aber nicht das neue Museum, das natürlich einen sehr guten Eindruck macht. Die Herrschaften sind sämmtlich sehr gnädig. Der König fragt mich nach meiner Bibel, spricht dann, wie Königin und Prinzessinnen von meinem Landschaftsbuch, das Allen große Freude gemacht zu haben scheint. Erst gegen 3 Uhr verlassen die Herrschaften das Gebäude. Inzwischen hatte sich eine große Menge von Leuten bei dem Eingang versammelt, die alle noch eintreten wollen. Ich bleibe bis 3 Uhr am Eingang und helfe die Leute ein wenig in Ordnung halten. An stöhnenden Frauen und an heulenden Kindern fehlt es nicht.
22) Dienstag ... Prof. Huber hält heute Abend seine erste Vorlesung über Association als Innung der Zukunft. Der Inhalt des Vortrags ist interessant und überzeugend. Morgen findet die zweite Vorlesung statt. Leider kommen wenig Leute.
23) Mittwoch ... Heute Abend hält Huber seine zweite Vorlesung, mit der sein Vortrag über Association als Innung der Zukunft geschlossen ist. Der Zuhörer sind nicht viele, die Anwesenden folgen der Entwickelung der Darlegung aber mit größter Aufmerksamkeit, und man sollte glauben, daß sie nicht ohne allen Erfolg bleiben könnte.
24) Donnerstag. Ich werde am frühen Morgen in das Museum gerufen, um genau den Platz zu bestimmen, auf welchem die Spindel für den Rafaels-Altar eingesenkt werden soll. Bald wird sich der Aufbau erheben ... Fräulein De Ahna (Rosa Delmont) tritt heute zum ersten Mal als Orpheus (Gluck) auf. Wir begeben uns in das Theater und sehen und hören mit eben so großer Befriedigung die hoffnungsvolle junge Sängerin, als wir uns der herrlichen Musik erfreuen. Nach der Oper werden noch aufgeführt: Die Badekuren von Putlitz.
25) Freitag ... Heute Abend wird der König von Preußen erwartet. Wir müssen darauf gefaßt sein, ihn und die Königin, die bereits am Dienstag hier eingetroffen ist, morgen im Museum zu sehen. Alles wird darauf vorbereitet, die Herrschaften auch bei den noch nicht vollendeten Reinigungsarbeiten mit Anstand empfangen zu können.
26) Samstag. Es wird mir gemeldet, daß die hohen Herrschaften um 12 Uhr im Museum sein werden. Ich war schon ein Paar Stunden vorher daselbst, um mich zu überzeugen, daß Alles in Bereitschaft sei ... Mit den preußischen Majestäten kam unser ganzer Hof, auch die Königin Maria und der Kronprinz fehlten nicht. Der König von Preußen war sehr liebenswürdig und, wie es schien, sehr zufrieden mit dem Eindruck, den er davontrug. Ich bin mit mir selbst und meiner Führung nicht zufrieden. Ich konnte einige Fragen, die an mich geschahen, nicht beantworten. Wenn ich mit meinem Prinzen Georg in der Galerie umhergehe, da geht das Herz und auch der Mund mir auf, und ich kann das Gefühl haben, zuweilen etwas zu sagen, das zu hören der Mühe verlohnt. – Die Königin Maria verlangt mein Landschaftsbuch noch einmal zu haben; ich soll es ihr morgen schicken.
28) Montag. In der Meinung, im Museum nur einige Erkundigungen in Betreff der Wiedereröffnung desselben einzuziehen, werde ich festgehalten durch den Umstand, daß zugleich mit mir die Prinzessin Auguste in dasselbe eintritt, welcher ich natürlich als Führer dienen muß. Indem die Prinzessin das Museum verläßt, betritt es Prinz Georg, bei welchem ich dann verweile. Der Prinz theilt mir mit, daß der König von Preußen mein Landschaftsbuch gesehen und geäußert hat, es wäre hübsch, wenn ich eine Anzahl der Blätter durch die Lithographie vervielfältigen ließ und herausgäbe.
29) Dienstag. Der heutige Tag bringt des Guten viel ... Der Leibjäger des preußischen Gesandten bringt für mich den rothen Adlerorden 2. Klasse ...
Mai.
5) Montag ... Heute langen zwei Probedrucke an, einer von Jungtow. Das Blatt ist nicht besonders ausgefallen. Jungtow klagt über das Holz. Der andere Druck ist von Aarland: „Moses erblickt das Israel verheißene Land“, ein gut gearbeitetes Blatt.
8) Donnerstag ... Ant. Jördens sendet mir einen Probedruck des „Bileam“. Das Blatt ist etwas rauh, aber tüchtig gearbeitet, nach rechter Holzschnittsart.
9) Freitag ... Unter den Holzschnitten, die ich dieser Tage erhalten, macht mir der heute empfangene ganz besondre Freude. Es ist Mosis Tod, von Gaber geschnitten. Von Thaeter erhalte ich einen Brief und einen Probedruck des nun vollendeten Stichs nach Friedrich Barbarossas Tod von Walde. Das Blatt nimmt sich sehr schön aus.
10) Samstag. Brief an Rahn. Ich schreibe ihm, daß Arnold nicht geneigt ist, auf eine Unterhandlung wegen der Platte mit ihm einzugehen, daß ich nicht sagen kann, was er noch an derselben zu thun hätte und deswegen die Zeichnung nicht zurücksende. Doch lasse ich es darauf ankommen, ob er die Zeichnung noch einmal haben will, da ich weder ihn zu kränken noch in Nachtheil zu setzen gesonnen bin.
11) Sonntag. Pfingsten ... Walde’s Stich nach dem Tod Barbarossa’s ist doch sehr schön durchgeführt, [81] und ich freue mich, darüber an Thaeter schreiben zu können.
12) Pfingst-Montag. Gestern war meines Vaters Geburts- und meiner Mutter[16] Sterbetag. Wie drängt doch die Gegenwart selbst die Erinnerung an die Vergangenheit zurück, und es gehörte die heutige stille Morgenstunde dazu, um die Blicke nach den Gräbern frei zu machen.
15) Donnerstag. Am frühen Morgen besehe ich mir mit Schirmer genau den Rafael, um mir von dem Zustande des Bildes einen ganz deutlichen Begriff zu machen, da nächsten Sonnabend entschieden werden soll, was wir damit vornehmen wollen. Das durchaus Nothwendige und das Mindeste, was zu thun uns obliegt, ist eine Tränkung des Bildes mit Balsam, da es außerordentlich ausgetrocknet ist. Dann können noch einige kleine Flecken, namentlich in dem blauen Gewande, die in Folge von Abgestorbenheit der Farbe entstanden sind, durch leichte und vorsichtige Nachbesserungen entfernt werden; so können auch unangenehme Flecke oben in der Luft beseitiget werden. Alles Uebrige mag bleiben, wie es ist, obschon ich finde, daß Palmaroli[17] viel zu viel gethan hat. Der Kopf der Madonna und das Christkind sind ganz übergangen. Wer mag da aber daran rühren? Wer weiß, was man unter den Retouchen findet?
16) Freitag ... Gasser bringt den Nachmittag bei uns zu. Gegen 6 Uhr gehen wir zusammen zu Rietschel in das Atelier, um seine Goethe-Schiller-Gruppe zu sehen. Das Werk geht nun seiner Beendigung mit raschem Schritt entgegen.
17) Samstag. Geburtstag der Hausfrau ... Galerie-Kommission. Wir besprechen heute die Restauration, welcher die Madonna von Rafael unterworfen werden soll, und ich stelle einen Antrag, in welchem ich auf die Nothwendigkeit hinweise, eine Erklärung bei den Akten der Galerie zu hinterlegen, die den Zustand des Bildes und dasjenige, was wir damit vornehmen, genau bezeichnet und für uns die Verpflichtung ausspricht, das in Gemeinsamkeit beschlossene und ausgeführte Werk der Wiederherstellung unter allen Umständen zu vertreten ... Abends führt Roquette eine Puppenkomödie bei uns auf, bei welcher Emil und Mathilde Sachße assistiren ...
19) Montag ... Bendemann und Hübner wollen Aenderungen in der Aufstellung der Bilder. Die kleinen Abtheilungen nächst der Madonna von Rafael könnten allerdings besser sein, und muß ich zugeben, daß hier eine Zusammenstellung der älteren italienischen Sachen Gewinn bringen kann. Nur erschrickt man vor der neuen Arbeit.
21) Mittwoch ... Mit Schirmer verabrede ich mich wegen der Umstellung der Bilder in der dem Rafael zunächst befindlichen kleinen Abtheilung und gebe ihm nach weiterer Verständigung mit Hübner die Vollmacht, die Aenderung nach seinem Ermessen zu bewerkstelligen. Meine Bibelbilder lassen mich nicht in Ruhe und die Gestalten der harrenden Holzschneider steigen vor mir auf wie Gespenster. Das Buch der Richter, in das ich nun eingedrungen bin, bietet außerordentlich viel geeigneten Stoff zu bildlichen Darstellungen, und ich fasse heute den Simson und den Abimelech an. Dem ersteren werde ich doch 4–5 Bilder widmen müssen. Er ist ein gewaltig plastischer Held. Reusche bringt mir einen sehr tüchtig gearbeiteten Holzschnitt der Darstellung des Schlangenbisses.
22) Donnerstag. Im Museum finde ich die verabredeten Aenderungen in der Aufstellung zum Theil schon bewerkstelliget. Die Aenderung wird ein Gewinn sein. Die älteren Sachen, die nun mehr zu einem Körper sich verbinden, nachdem das fremdartige Neuere ausgeschieden, machen nun auch als Ganzes einen Eindruck.
24) Samstag. In der Abtheilung der alten Italiener wird noch einmal umgehangen. Auf Wunsch der übrigen Kommissionsmitglieder wird auch noch der Ubertini herbeigeholt und daselbst eingereiht. Da Schirmer in Urlaub geht und vor völliger Beendigung des Katalogs ein Abschluß in der Aufstellung wünschenswerth ist, habe ich die Herren Kommissare für heute zu einer Sitzung eingeladen. Wir kommen in der genannten Abtheilung zusammen, und Alle sind nun befriediget. Ich bekenne auch gerne, daß die Sache besser geworden ist. Es ist in der Abtheilung nichts Fremdartiges mehr, und man gewinnt ein Gesammtbild von der altitalienischen Kunst. Auch die sich anschließende Abtheilung ist besser geworden. Correggios Magdalena hängt zwischen dem Arzt und der heiligen Margaretha und etwas höher als früher, ganz im richtigen Sehwinkel.
26) Montag ... Um 5 Uhr versammeln sich die Mitglieder des Weber-Komite bei Prof. Löwe[18], um die Angelegenheit des Denkmals zu besprechen und zu fördern. In der letzten Sitzung war ich ersucht worden, Direktor Hettner zu fragen und zu ersuchen, ob er nicht statt des seligen Schulz die Vorstandschaft des Komite übernehmen wolle. Ich fand ihn bereit, trotz der Bedenken, die eine edle Bescheidenheit ihm eingab, der Aufforderung nachzugeben, und heute hatte er die Güte, sich von mir in den kleinen Kreis einführen zu lassen und den Vorsitz einzunehmen. Es wurden die bereits [82] geprüften Rechnungen durch das Komite anerkannt und ein Schreiben an Rietschel beschlossen, worin derselbe gebeten werden soll, die Zeit zu bezeichnen, in welcher das große Modell von ihm würde geliefert werden können. Die zu erwartende Erklärung soll dann als Unterlage zu einem förmlichen Kontrakt dienen.
27) Dienstag ... Als ich im Entreezimmer des Museums durch mehrere Personen, die mit mir zu sprechen hatten, längere Zeit aufgehalten werde, fühle ich plötzlich meine Schulter leise berührt. Bein Umsehen wird mir eine sehr große und angenehme Ueberraschung zu Theil, indem ich Herrn Geh. Rath von Bethmann-Hollweg[19] erblicke. Er kehrte soeben mit Gemahlin und Tochter aus Italien zurück, die auch jetzt neben ihm stehen. Hollweg ist ganz entzückt über unser Museum und erklärt, was nach den unmittelbar vorhergehenden italienischen Eindrücken seine Bedeutung hat, daß dasselbe nach Inhalt, Räumlichkeiten und Aufstellung das schönste sei, das er kenne.
29) Donnerstag ... Abends lesen wir aus Perthes’ Leben, III. Band, und zwar den Abschnitt über Katholizismus und Protestantismus. Er enthält das Trefflichste, was ich je über diesen Gegenstand gelesen und gehört habe. Meine Ansichten und Vorempfindungen finden in dem, was Perthes selbst sagt, ganz ihren Ausdruck. Die Räthsel lösen sich mir, so weit sie jetzt lösbar sind. Der Bauplan der Kirche liegt vor, soweit ihn die Bauleute und Baugehülfen einsehen und verstehen können, eine völlige Uebersicht hat der Bauherr nur ganz allein. Die Meinung der Einen, daß der Protestantismus die Kirche sein könne und werde, der Vorwurf der Andern gegen den Protestantismus, daß er darum nichtig und verwerflich sei, weil er eben die Kirche nicht ist, findet Berichtigung. Der Protestantismus ist ein Element der Kirche, das stets in ihr vorhanden war und ihr dringend nothwendig ist zu ihrem Ausbau und das zum Protestantismus geworden ist dadurch, daß man es aus der Kirche hat hinauswerfen wollen. Die katholische Kirche enthält das konservative Element, das aber der Erstarrung und Einseitigkeit verfallen war und immer von Neuem verfallen würde, wenn der Protestantismus gegen das sich einnistende Menschliche nicht immer protestirte und für die neuen Zuflüsse aus göttlichem Geiste und Wesen die Kanäle offen hielt. Kurz und gut, Katholizismus und Protestantismus gehören zur wahren, sich mehr und mehr aufbauenden Kirche, deren Grund- und Eckstein zwar gelegt, deren Schluß und Spitze menschlichen Augen aber noch verborgen ist, und welche der Bau-Herr allein in Seinem Bauplane weiß und kennt.
31) Samstag. Sterbetag meines guten Schwagers Blochmann. In dem Gartengrundstück des Pestalozzi-Stifts wird seine Büste aufgestellt und als ein Denkmal seiner Wirksamkeit und seiner Verdienste unter angemessener Feierlichkeit enthüllt und geweiht ... Die oben erwähnte Feier findet um 4 Uhr Nachmittags statt, und ich wohne derselben bei, wie die meisten Verwandten des edeln Dahingeschiedenen. Die Feier beginnt unter Gesang; Seminardirektor Steglich hält die Weiherede; Diakonus Schulze spricht das Gebet, nachdem die wohlgelungene Büste (Wittigs Arbeit) enthüllt worden; und mit Gesang wird die Feier beschlossen.
Juni.
1) Sonntag ... Als ich einen Brief an Wigand absenden wollte, kommt einer von ihm an, der mir Proben von kolorirten Bibelbildern und Holzplatten ankündigt; so wird die Absendung meines Briefes auf morgen verschoben.
2) Montag. Erst heute früh öffne ich die von Wigand mir gesendeten Packete. Die kolorirten Bibelblätter nehmen sich gar nicht so schlecht aus, trotz der flüchtigen Schmiererei. Ich habe die Genugthuung, zu sehen, daß das Zeug nicht todt zu machen ist, und schreibe Wigand, daß er in Gottes Namen mit dem Unternehmer, einem gewissen Geißler in Nürnberg, sich einigen soll ... Wie mir vor etlichen Tagen Kirchbach geschrieben hatte, daß nun etwas für ihn geschehen müsse, wenn er nicht in eine entsetzliche Lage kommen solle, das heißt: man müsse nun sein Bild kaufen; so schreibt mir heute auch seine Braut einen Brief von gleichem Inhalt. Sie sagt: „Sollte es möglich sein, daß man einen Charakter, der so aufrichtige und reelle Bestrebungen hat, ganz zu Grunde könnte gehen lassen!“ Wer ist „man“ und was heißt „zu Grunde gehen lassen“? Etwa die Bilder nicht kaufen, die einer malt, die nicht gut, nicht durchgebildet sind, die der Schüler aber trotz der Unzufriedenheit der Lehrer und sogar der Mitschüler für große Kunstwerke hält?
5) Donnerstag. Es werden mir heute zwei neue Holzschnitte zur Bibel gebracht. Der eine ist von Aarland in Leipzig gearbeitet, „Rahab, welche die israelitischen Kundschafter errettet“, und der andere von Obermann, „Die Schlacht des Josua wider die Amoriter“. Beide Blätter sind tüchtig gemacht.
7) Samstag ... Ein Porträt, von Prof. Rößler gemalt, den seiner Zeit berühmten Schauspieler Ochsenheimer darstellend, welches Hofschauspieler Heine der Galerie schenken will, betrachtet man als eine geistreiche und gelungne Arbeit, deren Erwerbung ... sehr wünschenswerth sei[20].
[83] 8) Sonntag ... Der Abendspaziergang wird ... etwas früher als sonst unternommen und erstreckt sich bis Kaitz, von wo dann links in mein liebes Thal eingelenkt und bis zur Mockritzer Mühle gegangen, dann über Zschertnitz nach Hause zurückgekehrt wird.
9) Montag ... Begegnung mit der Frau Ehrenbaum und deren schöner Tochter, die Schauspielerin geworden ist. Straßenbekanntschaft der Meinigen von München her. Sie erzählen mir von Ludwig, den sie in Karlsruhe auf der Bühne gesehen. Mehr Freude als diese Begegnung macht mir eine Unterredung mit Tichatscheck, der Ludwig in Karlsruhe viel gesehen hat und ihm nun eine bedeutende Zukunft weissagt.
11) Mittwoch ... Es wird auch wieder aus Perthes gelesen. Ich finde das Buch eines der schönsten, die mir in neuerer Zeit vorgekommen sind. Es ist mir so recht aus der Seele geschrieben, was Perthes schreibt. Das war ein Mann, wie es nicht viele giebt.
15) Sonntag ... Während ich mit diesem Brief beschäftiget bin, kommt Herr Schlitte aus Leipzig und bringt mir einen Probedruck seines Blattes „Josua fängt fünf Könige in der Höhle zu Makeda“. Das Blatt ist ganz vorzüglich gearbeitet und gehört zu den besten Blättern der neuen Lieferungen ... Es beschäftiget mich der Gegenstand „Jephthah und seine Tochter“. Vor Schlafengehen sehe ich aber, daß ich vergeblich gearbeitet habe und morgen von vorn anfangen muß. – Die Aufführung der Jungfrau von Orleans (die Bayer-Bürck) lockt uns wieder einmal in das Theater (die Hausfrau, Töchter und mich). Die Aufführung ist sehr gut, und wir sind Alle zufrieden; die Frauen sind begeistert. Mich stören die sentimentalen Stellen, die Einmischung von dem „Humanen“, sogenannten „Reinmenschlichen“ mehr als die Frauen. Ein Shakespearescher Geist hätte das doch anders gefaßt, auch vom französischen oder deutschen Standpunkt aus. Wie dem auch sei, alle stimmen wir darin überein, daß Schiller ein herrlicher, edler Geist ist, der erhebt und fortreißt, und somit wollen auch wir ihn erheben und preisen.
16) Montag. Ich fasse den Jephthah heute anders und besser an und komme mit einem neuen Entwurf vor Abend glücklich zu Stande ... Abends ist Roquette bei uns. Wir kommen auf Kirchbach zu sprechen, mit dem er viel verkehrt. Roquette stimmt mit meinen Ansichten über Kirchbach vollkommen überein, nämlich darin, daß dieser seine Kräfte weit überschätzt und in einen Zustand gerathen ist, für welchen nur Heilung in der Schule des Lebens sich finden wird. Freundes-Rath und Lehrer-Rath ist jetzt vergeblich.
18) Mittwoch ... Zscheckels Platte, „Den Hirten wird die Geburt Christi verkündet“, ist recht tüchtig gearbeitet. Im Museum finde ich Rauch, der in Karlsbad war und jetzt nach Berlin zurückkehrt. Rauch ist doch eine prachtvolle Erscheinung, wie es auch Thorwaldsen war. So sehen Künstlerfürsten aus.
19) Donnerstag ... Joch sendet mir einen Probedruck seiner Platte „Untergang der Rotte Korah“. Das Blatt ist sehr tüchtig gearbeitet, überhaupt befriedigen mich die zuletzt eingelieferten Arbeiten der Holzschneider in hohem Grade ... Ich führe die Kinder zu den Seiltänzern Kolder und Weitzmann ... Weitzmann ist in der That ausgezeichnet. Bei Ersteigung des Thurmseils zeigt sich seine prachtvolle Körperbildung in glänzendem Lichte.
20) Freitag ... Sitzung des akademischen Raths ... Rietschel zeigt uns das nun in Bronze gegossene Medaillon des Herrn von Lindenau, das an der Außenseite des Akademie-Gebäudes als Denkmal angebracht wird. Das Porträt ist trefflich gelungen ... Abends einige Abschnitte aus Perthes. Der Abschnitt über die religiösen Fragen und Wirren ist höchst interessant. Nie habe ich etwas gelesen, was mir so aus der Seele geschrieben ist, wie das, was Perthes über diese Dinge sagt. Gewiß, der Protestantismus ist der Kirche nöthig, wenn er auch selbst die Kirche nicht gestalten kann. Nur in einer Einigung der getrennten Glieder zu der wahrhaft katholischen Kirche wird Heil und Heilung errungen werden. Wann diese Einigung erreicht werden wird? Das weiß Gott! Zu den Vorzeichen einer solchen Einigung wird aber gehören, daß die katholische Kirche Luther als Reformator anerkennt und ihre Mißbräuche und Mißlehren abzustellen beginnt.
22) Sonntag ... Um Mittag erhalten wir Besuch von Herrn Professor Alexander von Oettingen aus Dorpat mit seiner Frau, einer Tochter des Prof. Carl von Raumer. Das junge Ehepaar macht einen Besuch bei den Aeltern in Erlangen.
24) Dienstag ... Die Hausfrau liest mir am Nachmittag die letzten Abschnitte aus Perthes’ Leben vor, die von den letzten Lebensjahren und seinem Tod handeln. Der Mann bewährt sich, und es wird nicht leicht etwas gefunden werden, was erhebender wäre zu lesen als die Beschreibung des Endes dieses Mannes. Fürwahr, das war ein Mann und ein Christ. Könnte da noch einer fragen, ob er der rechten Kirche angehörte?
25) Mittwoch. Die Porträtfigur, eine sitzende Dame mit Rosen im Schooß, zu den Füßen ein musikalisches Instrument, vermuthlich eine gefeierte Sängerin darstellend, spanische Arbeit, hängt nun an dem Platz, den ich ihr angewiesen habe, nämlich an der Wand der Spanier, an der die Velasquez hängen. Das Bild nimmt sich vortrefflich aus. Der Tod der Maria, der vorher da hing, ist nun über der Madonna von Murillo aufgestellt, wo ein schlechter David von Luca Giordano war, der hinauf gekommen ist. Die spanische Schule [84] hat sich nun erweitert und verdichtet. Oben sind die Kopien nach Andrea del Sarto und Tizian neben die Kopie nach P. Veroneses Europa zu stehen gekommen und nehmen sich da ganz gut aus. Es wird doch fort und fort gebessert.
26) Donnerstag. Gegen 10 Uhr kommt Ludwig glücklich an ...
27) Freitag ... Im Museum wird Verabredung getroffen, die Madonna di S. Sisto heute Nachmittag in das Direktorialzimmer zu bringen und sogleich die Tränkung des Bildes von der Rückseite mit dem Balsam copaivae zu bewerkstelligen. So geschieht es denn auch. Um 4 Uhr finde ich mich im Museum ein und bleibe, bis die Prozedur beendiget ist, das ist, bis gegen 6 Uhr ...
28) Samstag ... Museum. Heute keine Kommission. Hübner ist jedoch zugegen und überreicht mir ein Exemplar seines Katalogs. Den Inhalt kenne ich und halte ihn für sehr vorzüglich und belehrend, die Ausstattung finde ich etwas kokett. Wie mir Voigt berichtet, ist Schirmer mit der gestern bewerkstelligten Operation sehr zufrieden. Der Balsam hat beide Leinwanden vollständig durchdrungen und gesättigt und zeigt sich reichlich auf der Oberfläche des Bildes.
29) Sonntag. Ein schöner, ruhiger Sonntag, welcher meiner Arbeit, wie auch dem ungestörten Umgang mit unserm lieben Ludwig sehr zu Gute kommt. Die Unterhaltung wird allerdings am häufigsten durch die Sprache der Musik vermittelt, und haben wir Ludwigs schönem, ausdrucksvollem Gesang großen Genuß zu verdanken. Am Nachmittag wird ein Spaziergang in den großen Garten unternommen, der Tag dann aber wieder mit Musik beschlossen.
30) Montag ... Im Museum finde ich Schirmer bei der Rafaelschen Madonna und schon einige Flecken beseitiget. Der Balsam hat auffallend günstig gewirkt. Das Bild ist leuchtender und saftiger geworden, einige abgestorbene Stellen sind wieder farbig und belebt. Schirmer und ich sind darin einig, die Palmarolische Restauration unangetastet zu lassen und nöthigen Falls dafür zu sorgen, daß niemand Anderer sie antaste, mit einem Wort, das im Protokoll ausgesprochene Verfahren aufrecht zu halten. In vierzehn Tagen wird Bild und Einrahmung vollendet und die Aufstellung in Ordnung sein. – Dr. E. Förster[21] ist im Museum. Im Ganzen scheint er doch sehr zufrieden, im Einzelnen mäkelt er; das wird ihm aber nichts helfen und uns nichts schaden. Er ist doch nur darum eine hervorragende Persönlichkeit, weil er sich überall vordrängt.
Juli.
1) Dienstag ... Schirmer hat bereits das Wesentliche an der Madonna di S. Sisto gemacht. Wir nehmen noch einmal das blaue Gewand vor, das sehr fleckig ist, und suchen durch einige zarte Lasuren Zeichnung und Farbe aufzufrischen ... Förster besucht uns. Das Museum ist der Hauptgegenstand des Gesprächs. Er schimpft gewaltig gegen die Gläser und wünscht für die Jünger von Emmaus von Paul Veronese einen bessern Platz. Er hält das Gemälde für eins der bedeutendsten von diesem Meister. Ich bin darin anderer Meinung[22].
2) Mittwoch ... Wir haben heute Galerie-Kommission. Hübner will einige Farben an dem architektonischen Aufbau, welcher den Rafael aufzunehmen bestimmt ist, anbringen und die Stelle aus dem Vasari, welche von dem Bilde spricht, in die am Unterbau befindlichen Füllungen schreiben. Der Gedanke ist gut, es stehen aber doch Bedenken entgegen, in einem rein architektonisch und plastisch durchgeführten Werk, wo es sich außerdem nicht um Belebung von Lücken handelt, mit gemalten Dingen zu kommen. Die Kommission faßt denn auch den Beschluß, erst das Bild einzusetzen, den ganzen Raum in Ordnung zu bringen und dann zu sehen, was etwa noch zu thun ist. Ueber das Bild ist man erstaunt und erfreut, so erfrischt erscheint es Allen. Hübner möchte gern noch an dem Kinde etwas thun, wir werden das aber nicht zulassen. Es könnte sehr bedenklich werden, das Vorhandene anzutasten. Die Beseitigung der Flecke in dem blauen Gewande, der Luft und einige leichte Lasuren sollen Alles sein, was geschieht. Ich theile dem Minister sogleich mündlich das Resultat der Sitzung mit.
3) Donnerstag. Heute wird das Glas in seinen neuen Rahmen, in welchen übrigens der früher schon das Glas fassende Eisenrahmen eingelassen ist, eingelegt und mit demselben an dem Aufbau aufgehängt. Die Prozedur ist nicht ganz unbedenklich, denn das Glas hat eine ungeheure Schwere (gegen 3 Zentner); doch geht Alles glücklich von statten. Auch hierüber bringe ich dem Minister sogleich mündlichen Bericht ... Bald wird das Bild in der neuen Einrahmung prangen, ich hoffe heute über acht Tage. Die Wirkung wird groß sein, und ich hoffe, einen kleinen Triumph zu feiern. Schirmer und ich stehen wegen der Restauration wie ein Mann und werden sorgen, daß Niemand seine Hände dabei im Spiel habe. Und die Einrahmung wird wohl auch bleiben, wie sie ist. Jene Stelle aus dem Vasari: „Fece a’ monaci neri di St. Sisto in Piacenza la tavola dell’ altar maggiore, dentro vi la nostra Donna con St. Sisto e S. Barbara, cosa veramente rarissima e singolare“, kann man auf eine eingerahmte Tafel schreiben, die an irgend einem passenden Platz in dem Gemach aufgestellt werden mag.
[85] 4) Freitag ... Im Museum finde ich Schirmer bei den letzten Pinselstrichen an der Madonna. Wir Beide wünschen, daß Weiteres nicht geschieht, als geschehen ist. Schirmer hat überzeugende technische Gründe, von jeder Berührung des Christkindes abzurathen. Nach den gründlichsten Prüfungen stellt sich auch die Meinung immer fester, daß Palmaroli doch sehr gewissenhaft und schonend bei seiner Restauration zu Werke gegangen ist. Wir haben jetzt den Vortheil, mit Wenigem und ohne alle Verantwortlichkeit die Wirkung des Bildes außerordentlich gehoben zu sehen. Wie die Sachen stehen, wünschen wir, daß diese Angelegenheit keiner weiteren Berathung der Kommission unterworfen werden möge, und ich kann um so leichter von einer Einladung derselben absehen, als die Mitglieder derselben bei der letzten Zusammenkunft sich befriediget erklärten. Bei der heute Nachmittag stattfindenden Konferenz des akademischen Raths habe ich Gelegenheit, die Meinung Rietschels und Hübners hierüber noch besonders einzuholen, und Beide halten eine weitere Berathung für nicht nothwendig. So ist diese Sache denn abgethan und das Bild für etwa 30 Jahre wieder gesichert. Gott gebe Denen, die dann etwa das Bild wieder vornehmen, die Einsicht und Pietät, die unser Schirmer jetzt bewiesen hat. Eine Erklärung, die wir bei den Akten hinterlegen wollen, soll über die Natur des Bildes das Nöthige sagen und als Mahnung für Alle dienen, die ihre Hände an das Bild legen wollen[23].
5) Samstag. Auf dem Weg nach der Akademie begegnet mir Julius Platzmann, und ich nehme Veranlassung, ihn in seine Wohnung zu begleiten und eine Komposition nach einer Horazischen Ode zu sehen, die recht geist- und gemüthvoll war, wie Alles, was Platzmann macht. Schade, daß wenig Aussicht vorhanden ist, ihn in seinen Studien so vorschreiten zu sehen, daß man hoffen könnte, er werde einmal die Darstellungsmittel beherrschen und seine guten Gedanken auch auszuführen lernen. – Mit den Arbeiten der Schüler in der Akademie bin ich recht sehr zufrieden; fleißig waren Alle. Aster hat seinen Akt recht hübsch gemalt. Anstatt ein Gewand zu legen, zeichne ich eine kleine Studie nach einem von den Schülern gelegten Gewand.
9) Mittwoch. Um 8 Uhr wird die Madonna di S. Sisto in die neue Einrahmung gestellt. Die Wirkung des Bildes ist eine außerordentliche, der altarartige Aufbau bewährt sich vollkommen, und selbst das Glas erhöht die Wirkung des Bildes, das nun durchaus klar und saftig erscheint ...
10) Donnerstag ... Gestern Abend brachte mir Obermann einen Abdruck seines Blattes „Sisseras Tod“ ... Es ist tüchtig gearbeitet.
11) Freitag. Am Morgen Hofbaumeister Krüger und Schirmer vor der Madonna. Es wird die Farbe des Unterbaues etwas tiefer gestimmt und einige Glieder werden noch vergoldet; dann wird Alles recht sein ... Förster ist da ... Förster ist ganz entzückt, er erklärt, einen Eindruck zu haben, als sei das Bild ein neues; so belebt findet er die Farbe, so saftig und frisch die Schatten.
12) Samstag. Vom Oberhofmarschallamt werde ich benachrichtiget, daß Seine Majestät der König mit der Großherzogin von Toscana um 11 Uhr das Museum besuchen wird ... Der König ist mit der Aufstellung der Madonna sehr zufrieden und spricht sich dahin aus, daß nun auch die Holbeinsche Madonna eine entsprechende Aufstellung erhalten müsse. ... Bei dessen [Wigands] Fortgehen tritt Schnaase[24] in mein Haus. Ich sah ihn im Museum, konnte aber wegen Führung der hohen Herrschaften nur flüchtige Worte an ihn richten ... Sein Besuch macht mir viel Freude. Er ist eine edle, religiöse Natur, die sich mehr und mehr zu vertiefen scheint. An meinem Werk nimmt er großen Antheil. Die letzten Lieferungen sind ihm bei der Abreise von Berlin zugekommen. Er führt sie bei sich mit der Absicht, in Thüringen, wo er längere Zeit verweilen wird, etwas darüber zu schreiben als Fortsetzung des früher im Kunstblatt erschienenen Artikels.
13) Sonntag ... Gegen Mittag gehe ich über die Brücke, um Förster aufzusuchen. Ich finde nur Schwester und Nichte. Mit Geh. Rath Schnaase bin ich glücklicher. Ich finde ihn noch zu Hause und sehe ihn auch dann noch im Museum. Da giebt es sehr viel Leute, und Alles drängt sich nach dem Rafael. Ich mache eine halbe Stunde lang den Thürhüter, um Ordnung zu halten und zu verhüten, daß die Leute nicht von beiden entgegengesetzten Thüren eintreten. Die Diener sind gedankenlos und unpraktisch und lassen die Dinge gehen, wie sie eben gehen wollen.
14) Montag ... Museum. Schirmer theilt mir mit, was der Hofbaumeister Krüger an unserer Einrahmung [86] noch zu thun gedenkt, womit ich mich einverstanden erkläre. Noch einmal finde ich Schnaase und seine Frau in der Betrachtung des Rafael versunken. Zusammentreffen mit Rietschel ebendaselbst. Bei unserem gemeinschaftlichen Gang nach unseren Wohnungen theilt mir Rietschel mit, daß Hübner an der Galerie als Archivar oder so etwas Aehnliches angestellt zu werden wünscht ...
15) Dienstag. Vortrag bei dem Herrn Minister. Bericht über des Königs Besuch im Museum und dessen Urtheil über die neue Einrahmung der Madonna, sowie der Aeußerung, daß nun auch die Holbeinsche Madonna eine entsprechende Aufstellung erhalten müsse. Der Minister giebt mir den Auftrag, mit Krüger deshalb zu reden und die bereits von diesem angefertigte Zeichnung zu begutachten ... Sodann theile ich mit, was mir Rietschel über Hübners Wunsch gesagt hat, um der Aufforderung, in dieser Sache als Vermittler zu dienen, zu genügen. Ich lasse Hübners Talenten und vielen ausgezeichneten Eigenschaften gewiß volle Gerechtigkeit widerfahren, bemerke auch, daß ich oft daran gedacht hätte, meine Direktorstelle aufzugeben, damit sie Hübner einnehmen könne; erkläre jedoch, daß ich ihm lieber meine ganze Stellung einräumen würde, als ihn an meiner Seite haben. Ich ... erhalte dann den einfachen Bescheid als Antwort, daß weder Veranlassung, noch Mittel zu solch einer Anstellung vorhanden wären ...
16) Mittwoch ... Nachmittag machen wir eine Partie nach dem Fischhaus ... Die Neustadt, die ich außer der Klostergasse seit Jahr und Tag nicht betreten habe, macht auf uns einen neuen und sehr günstigen Eindruck; besonders sind die neuen Häuser mit Gärten an der Bautzner Straße ganz reizend.
17) Donnerstag. In der Akademie arbeiten nur neun Schüler, unter denen einer modellirt und einer malt. Alle sind sehr fleißig, einige recht tüchtig. Besondere Freude macht mir Aster, der Malende.
19) Samstag ... Galerie-Kommission ... Der Christus von Cima da Conegliano, dessen Hintergrund ziemlich schlecht aussah in Folge früherer Uebermalung und nicht völlig durchgeführter Restauration, ist durch Schirmer jetzt befriedigend wiederhergestellt.
20) Sonntag ... Vor Eröffnung des Museums für das Publikum statte ich der Madonna von Rafael einen Besuch ab. Das Bild nimmt sich doch unvergleichlich aus. Es ist auch in allen Zeitungen davon die Rede, wie unglaublich es durch die letzte Restauration und durch die neue Aufstellung gewonnen hat.
22) Dienstag ... Museum. Schirmer hat den Christus von Cima da Conegliano (sonst Giov. Bellini) vortrefflich restaurirt. Die eine Hälfte der Luft war vor langer Zeit, vermuthlich wegen starker Beschädigungen, mit einem Vorhang verdeckt. Dieser wurde schon vor einigen Jahren wieder weggenommen und durch Luft ersetzt, die aber nicht besonders gut gerieth. Jetzt ist dieser Hintergrund vortrefflich in Stimmung und Behandlung.
23) Mittwoch. Ich entschließe mich nun doch, die Einrahmung des Rafael mit einer eisernen Schranke umgeben zu lassen, und da nächsten Sonntag die Vogelwiese beginnt, die immer einen großen Andrang von Menschen veranlaßt, so treffe ich auf der Stelle die nöthigen Maßregeln, um die Schranke bis dahin aufstellen zu können. Zuerst hole ich selbst den Hofbaumeister Krüger herbei, dann wird der Schlosser gerufen, um diesem sogleich die nöthige Anweisung zur Anfertigung der Schranke zu geben.
24) Donnerstag. Die Studien nach dem Gewand in der Akademie nehmen guten Fortgang. Die jungen Leute halten sich gut und arbeiten recht tüchtig. Aster und Zahn werden sich bald auszeichnen. Einer der tüchtigsten Zeichner unter den Jungen ist Steglich[25].
25) Freitag. Meinen Akademikern zeige ich die Gewandstudien, die ich nach den von Schülern gezeichneten, aber von mir gelegten Gewändern gemacht habe, und suche mir eine von den jetzt gefertigten Studien aus, um sie für mich und in meiner Weise nachzuzeichnen. – Im Museum ist das Gemälde von Garofalo Nr. 586/125 [„Maria, ihr Kind anbetend“], das früher durch Renner vom Holze abgenommen und restaurirt worden, jetzt aber einige Abblätterungen droht, in das Restaurationszimmer gebracht worden, um zu sehen, was damit zu thun ist. Es ist besser erhalten, als wir vermutheten ... Ein furchtbares Hagelwetter geht über Dresden hernieder, das großen Schaden anrichtet. Unser Museum bleibt unversehrt.
27) Sonntag ... Nach langer Zeit komme ich auch wieder dazu, eine Predigt zu hören. Ich höre eine Predigt von Langbein, die kurz, gut und praktisch ist, über das Thema: Ihr sollt allezeit bereit sein, Zeugniß zu geben von dem Grund, auf welchem Eure Hoffnung ruht ... Im Museum finde ich die eisernen Schranken nun auch schon vergoldet. Alles ist also vollendet, und nun kann die Vogelwiese anfangen.
28) Montag ... Eine der Zeichnungen nach dem in der vorigen Woche in der Akademie von mir gelegten Gewande copiere ich mir heute, wie ich in jedem Jahre gethan habe, um mit den akademischen Studien immer in Verbindung zu bleiben.
29) Dienstag ... Besuch bei dem Maler und Lithographen Gille, welcher unser nächstauszugebendes Kunstvereinsblatt ausführt. Die Lithographie wird von ihm nach einer auch von ihm komponirten und [87] in Aquarell ausgeführten Zeichnung, die der Kunstverein im vorigen Jahr ankaufte, angefertigt. Ich finde die Arbeit außerordentlich fleißig und streng in der Zeichnung durchgeführt. Der Gegenstand ist Rindvieh, das am Morgen auf die Weide getrieben wird. Von Gille gehe ich zu Rietschel, der nun bereits mit der Zusammensetzung seiner in Gyps gegossenen Goethe- und Schiller-Gruppe beschäftiget ist.
31) Donnerstag ... Gaber bringt mir einen Abdruck des für den Berliner Verein für religiöse Kunst verfertigten Holzschnitts. Die Zeichnung ist von Pfannschmidt, der Schnitt von Vogel. Man könnte glauben, das Blatt sei in Kupfer gestochen. Das ist nun freilich trotz der bewunderungswürdigen Arbeit kein Lob.
August.
1) Freitag ... Kurz vor 3 Uhr kamen der König von Preußen und der unsere. Es sollte nur die Madonna di S. Sisto gesehen werden, der Weg dahin wurde aber so gar schnell nicht zurückgelegt, endlich langten die Majestäten auf dem Sitze vor dem Bilde an. Die Wirkung war eine große. Was das Glas belangt, hatte ich die Befriedigung, von dem König von Preußen die Frage zu hören: „ob das Glas über dem Bilde sei“. – Unser König entfernte sich gegen halb 4 Uhr, der König von Preußen verweilte aber noch, die Königin erwartend, mit welcher er die Rückreise nach Berlin vom Museum aus antrat. Bevor die Königin kam, besichtigte der König noch mehrere Bilder. Ich nahm auch Gelegenheit, mich für den Orden zu bedanken, worauf der König mit der Hand weitausholend in die meinige lebhaft einschlug und sagte: „wie gern hab’ ich das gethan!“ Bei der Besichtigung der Claudeschen Bilder sagte er mir: in Berlin habe man eines der Bilder zu dem landschaftlichen Hintergrunde in der Oper Armida von Gluck benützt, und fügte dann hinzu, als ich bekennen mußte, daß mir die Armida noch unbekannt sei: „kommen Sie nach Berlin und [ich?] lasse Ihnen die Oper geben“. Die Königin kam, sah auch noch den Rafael, und um 4 Uhr verließen die Herrschaften das Museum und zugleich Dresden.
3) Sonntag ... Um 10 Uhr begebe ich mich dann zu Hähnel, dem ich längst einen Besuch zugedacht habe, zu dessen Ausführung aus Mangel an Zeit ich aber bis jetzt nicht kam. Ich finde ihn auf Elisens Ruhe, seiner jetzigen schönen Wohnung, und bleibe bis gegen 1 Uhr. Er zeigt mir seine Arbeiten, bald aber kommen wir in tiefe Gespräche, die wir im Garten im Schatten der alten herrlichen Bäume fortsetzen. Ich kann nicht ohne große Liebe und Hingebung das Ringen einer so edlen, aber leidenschaftlichen Natur wahrnehmen und noch weniger ohne tiefe Dankbarkeit erkennen, wie gut und redlich er es mit mir meint. Vieles sprechen wir über Angelegenheiten, die auf dem Gebiete der Religion liegen, und auch hier muß ich bekennen, viel mehr Tiefe und Gemüth zu finden, als man zu erwarten geneigt ist. Sehr befriediget und beruhiget, wie man es nach Erfüllung einer Pflicht ist, kehre ich nach Hause zurück. ... Platzmann hat mich aufgesucht, ohne mich zu finden, hinterläßt aber ein Bändchen Gedichte, die von seiner Hand geschrieben und seinen Lehrern Rietschel, Richter und mir gewidmet sind.
4) Montag ... Auf der Ausstellung sehe ich ein Paar Sachen, unter Anderem Hübners Carl V. Tüchtig gemacht ist das Bild und der Kopf voll Charakter[26].
[123]
September.
5) Freitag ... Während meiner Abwesenheit ist ein Schreiben von dem Rath zu Dresden an mich eingelaufen, in welchem ich aufgefordert werde, eine Zeichnung für ein Album, welches der Prinzessin Margarethe aus Veranlassung ihrer Vermählung verehrt werden soll, zu liefern. Ich beantworte heute Vormittag dieses Schreiben und erkläre mich bereit, eine Zeichnung, darstellend Christus und die Samariterin am Brunnen, anzufertigen ...
7) Sonntag ... Am späteren Nachmittag gehe ich ... nach der Begerburg am Plauenschen Grund, wo ehedem das sogenannte Kanapee war. Ich war [124] lange nicht in jener Gegend. Die Aussicht von der Burg aus ist sehr schön, noch schöner aber an dem Höhenvorsprung der Villa Grassi gegenüber. Mir schien heute alles doppelt schön, nachdem ich so lange nicht da war.
8) Montag. Obermann schickt mir einen Probedruck des Blattes „Simsons Rache und Tod“. Es ist sehr gut gearbeitet, und ich habe nur wieder an meiner Zeichnung vieles auszusetzen.
9) Dienstag ... Nach 9 Uhr kommt Hofrath Ternite[27] mit dem evangelischen Pastor aus Carlsbad zu mir. Es soll für das dortige Bethaus ein Altarbild gemalt werden, und ich soll die Ausführung besorgen. Ternite ist etwas zudringlich, und ich weigere mich ein anderes Versprechen zu geben als bei einer späteren Besprechung der Sache mein Urtheil und Rath nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben.
10) Mittwoch ... Im Museum finde ich Voigt etwas bestürzt. Es ist mit einer Stufenleiter, die in der Abtheilung der Ruysdaels gebraucht wurde, in eines der Ruysdaelschen Bilder ein Loch gestoßen worden. So etwas ist immer schlimm; da die Sache aber nicht zu ändern ist und im ganzen sehr wenig Unglück bei uns geschieht, der Schaden auch leicht auszubessern ist, so mache ich nicht viel Aufhebens und gebe Auftrag, das Bild so schnell als möglich wiederherzustellen und Niemand etwas zu sagen. Samstag wird das Bild wieder an seinem Platz sein.
12) Freitag ... Quandt wünscht mich zu sprechen. Ich gehe zu ihm hinüber nach Neustadt. Er theilt mir einen Aufsatz mit, in welchem er einige Versäumnisse Hübners in Betreff seiner Nachrichten über unsere Galerie gut zu machen sucht. Da er diesen Aufsatz in die Allgemeine Zeitung einrücken lassen will, wünscht er ein Paar Zeilen von mir an die Redaktion, die ich gern gewähre und augenblicklich schreibe ... Im Museum finde ich den Ruysdael bereits vortrefflich wiederhergestellt. Morgen wird er an seinem Platz sein ... Dann finde ich den Hofrath Ternite, welcher wegen des Carlsbader Altarbildes mit mir spricht, für welches er eine Copie des Christus von Cima da Conegliano vorschlägt ...
13) Samstag ... Am Vormittag entwerfe ich noch die Darstellung der „Heimsuchung Mariä“, die am Nachmittag ziemlich klar zu Papier gebracht wird. Im Museum finde ich Ternite, wie verabredet, vor dem Christus. Wir treffen nähere Verabredung, da es scheint, es wird aus der Copie für den Altar der evangelischen Kirche in Carlsbad etwas werden ... Galerie-Kommission. Es liegt nichts Wesentliches vor. Rietschel ist nicht zugegen. Der herrliche De Heem mit dem Vogelnest, der sehr krank ist, wird untersucht, so wie auch Rembrandts Ganymed, den wir aber in gutem Stand finden ... Abends besucht mich Ferd. Voigt, mein Schüler ... Dann theilt er mir seinen Vorsatz mit, in das Bendemannsche Atelier einzutreten, um hinsichtlich einer durchgebildeten Ausführung zu lernen, was ich ihm so gut nicht lehren kann. Ich erkläre ihm, daß ich den Schritt nur billigen kann und in demselben nichts erblicke, was unser Verhältniß auflöst.
14) Sonntag ... Als ich wieder zu meinen Zeichnungen mich wendete, kommt Gaber ... und bringt der Hausfrau die herrlichen Blätter zum Vater Unser von seinem Schwiegervater L. Richter.
15) Montag ... Bei Erdmann bestelle ich einen Probeschirm für die Niederländer Tapeten, wie Bendemann zu versuchen angerathen hat.
17) Mittwoch. Maler Schönherr besucht mich aus Veranlassung einer Mittheilung, welche ich durch Ferd. Voigt ihm hatte zukommen lassen. Ich bin nämlich der Meinung, daß er der rechte Mann sei, die Ausführung der Malereien in der Chornische der katholischen Kirche in Neustadt zu bewerkstelligen. Ihm können dann ein Paar von meinen Schülern, etwa Voigt und Diettrich, vielleicht auch Kießling, zur Seite stehen und helfen. Ich muß in solcher Weise die Angelegenheit ordnen. Schönherr ergreift den Vorschlag mit lebendiger Theilnahme und Freude und wünscht nur, daß die zu seinem Unterhalt nöthigen Mittel ihm gewährt werden. Ohnehin hat er übernommen, für die Kapelle der Diakonissen ein Altarbild umsonst zu malen. Da muß natürlich Rath geschafft werden. – Es besucht mich auch der Graf Drechsel aus München, königlicher Kämmerer, welcher mein Haus gekauft hat. Er ist sehr freundlich und herzlich und bringt mir Grüße von seiner Gemahlin. Er erklärt in meinem Hause sehr glücklich zu sein ... Abends besuchen uns Herr Cichorius aus Leipzig (Bruder von Wigands Schwiegersohn) und Gaber. Es wird das Album der Hausfrau angesehen.
19) Freitag ... Im Museum finde ich Professor Gerhard, den Archäologen, und Alexander Lesser aus Warschau, meinen ehemaligen Schüler. Atelier. Zumpes[28] Bild (Kreuzabnahme) nahet sich der Vollendung ... Unterm Mittagsessen kommt Hettner, um mich für den Abend einzuladen. Gerhard wird kommen. Um 5 Uhr haben wir Sitzung des akademischen Rathes ... Nach der Sitzung gehe ich zu Hettner, wo sich außer Professor Gerhard auch noch Rector [125] Klee, Steinla und Gonne einfinden. Nach dem Thee bekommen wir ein kleines Abendessen. Der Abend ist sehr gemüthlich. Es ist von Bunsen viel die Rede, und zwar wird seiner mit großer Anerkennung und Liebe gedacht. Klee, der ihn nicht persönlich, sondern nur aus seinen Schriften (Zeichen der Zeit) kennt, spricht mit großer Achtung von der dargelegten Gesinnung. Sehr ansprechend ist der Bericht, den Klee über den Besuch des Königs in der Kreuzschule giebt.
20) Samstag ... Ein dicker Brief für Ringseis[29] läßt mich vermuthen, daß dieser alte Freund nicht fern von hier ist. Hjort[30], mein alter römischer Freund, kündiget sich durch einen Brief für den Abend an ... Mein Schüler Zumpe kommt mit einem jungen Künstler aus Böhmen, der ein wundervoll gearbeitetes Kruzifix aus Elfenbein mir zeigt. Es trägt den Typus Van Dyckscher Auffassung. Es ist verkäuflich. 100 Dukaten sind vergeblich darauf geboten worden ... Mit der Erwartung, nach einem kleinen Abendspaziergang Professor Hjort zu Hause zu finden, finde ich beim Eintreten den Ritter Neukomm[31]. Bald nach diesem stellt sich Ringseis mit den beiden Töchtern Marie und Bettina ein. Ringseis sieht vortrefflich aus und ist ganz der Alte. Ich begleite ihn dann nach seinem Hotel Stadt Rom, wo ich auch Frau von Ringseis und Emilie, die Dichterin (Verfasserin der Veronica), sehe. Als ich von da nach Hause komme, sitzt Hjort im Familienzimmer. Mit großer Freude sehe ich den lieben Freund wieder. Er giebt sehr interessante Berichte über die Berliner Ausstellung, noch interessantere über seine Familie, namentlich über seine weltumsegelnde Tochter. Auch Hjort begleite ich noch ein Stück Weges nach Hause, dann aber begebe ich mich zur Ruh und schlafe, Gott sei Dank, mit all den Meinigen in Frieden.
21) Sonntag ... Ringseis und die Seinen versprechen heute Abend bei uns den Thee zu trinken ... Um 7 Uhr kommen die Gäste. Alex. Lesser hatte sich eingestellt, Rietschel und Frau kommen als Geladene. Der Abend vergieng äußerst heiter. Das Gespräch bewegt sich auf dem Gebiete der Münchner Zustände. König Ludwig wird viel besprochen; auch Kaulbach und seinen Wand- oder Schandmalereien an der neuen Pinakothek werden mancherlei Betrachtungen gewidmet. Ueberaus viel Freude macht uns der Gesang der Bettina und Emilie, welche uns mehrere bayerische Lieder singen. Beim Scheiden schienen alle Gäste sehr zufrieden. Ringseis war überaus gut aufgelegt.
22) Montag ... Heute Abend wird Hamlet aufgeführt. Die Ringseisischen gehen mit Ausnahme des Vaters zu dieser Aufführung und nehmen statt des unwohl sich fühlenden Vaters unsere Marie mit. Ich hatte mir auch ein Billet genommen. Mehr als die Aufführung, obwohl die besten Kräfte dabei wirken (Dawison, die Bayer), ergreift das Stück selbst mich. Es ist von Anfang bis Ende wunderbar, einzig, eigenthümlich.
23) Dienstag ... Es besuchen uns auch noch Emilie und Bettina Ringseis. Die alte Verbindung wird zwischen ihnen und den Meinigen in größter Innigkeit erneuert. Die Hausfrau hat den schönen Gedanken, ihnen die Richterschen Hefte „Erbauliches und Beschauliches“ und das soeben erst vollendete „Vater Unser“ zum Andenken zu verehren. Abends sind Gaber und Herr Cichorius bei uns. Die Homerischen Hymnen und das Landschaftsbuch werden angesehen ...
24) Mittwoch. Kirchbach besucht mich, um Abschied zu nehmen. Er will also wirklich nach London gehen. Von Herzen wünsche ich, daß der kühne Schritt ihm gelingen möge. Bittere Pillen wird er genugsam schlucken müssen. Gott gebe, daß sie zur Heilung gereichen und nicht zum Untergang der edeln kräftigen Natur ... Aus Berlin erhalte ich einige Zeilen, in welchen mir der Tod meines alten Freundes und Capitolsgenossen Professor Wilh. Stier[32] gemeldet wird. Er war ein braver und sehr geistvoller Mensch ... Abends kommen Neukomm, Zumpe, tom Dieck[33] und Hemken.
25) Donnerstag. Heute vor einem Jahr eröffneten wir das neue Museum ... Hofrath Winkler (Theodor Hell), der vor kurzem irrthümlich für todt gehalten wurde (es war ein alter Geheimer Rath Winkler, aber nicht der unsere gestorben), ist nun wirklich todt. Noch vorgestern hatte er im Theaterbureau mehrere Stunden gearbeitet; erst nach seiner Rückkehr nach Hause fühlte er sich angegriffen, legt sich und stirbt ... Gegen Abend kommt Neukomm und bleibt bis gegen 9 Uhr. Er erzählt aus seinen Erlebnissen die Ereignisse der Entfernung Carls X. aus Paris und die Berufung und Thronbesteigung Louis Philipps. Er stand – und steht den Hinterbliebenen bis zur Stunde noch – den Familien beider Könige sehr nahe und war bei den erwähnten Ereignissen unmittelbar betheiliget. Wenn Neukomm Memoiren schrieb, sie könnten sehr interessant werden, denn er hat außerordentlich viel erlebt, erfahren und mit eigenen Augen gesehen.
[126] 27) Samstag ... Abends Neukomm, der schon ganz bei uns eingewöhnt und uns auch recht lieb geworden ist ...
28) Sonntag ... Um Mittag begebe ich mich in das Museum. Ich finde Schirmer und sehe noch bei ihm Rembrandts Festmahl, das allerdings sehr gewonnen hat durch die Entfernung des erblindeten Firniß. Das Gemälde von de Heem (Vogelnest) ist wieder herrlich in Stand gesetzt und wird durch weitere Entfernung des erblindeten Firniß noch sehr gewinnen.
29) Montag. Michaelis ... Abends kommt Neukomm, um auf einer Phys-Harmonika, welche er von Herrn Kaufmann hatte kommen lassen, uns vorzuspielen. Wir hatten Rietschel und Krugs und Roquette (der nun wieder hier angekommen ist) dazu eingeladen. Zum Schluß spielt Neukomm das Händelsche „Er weidet seine Schafe“ und aus Judas Maccabäus „Seht, er kommt, mit Sieg umringt“. Diese beiden Musikstücke nehmen sich herrlich auf diesem Instrument aus. Neukomm verläßt nun Dresden bald wieder.
30) Dienstag ... Neukomm mache ich einen Morgenbesuch, der Abschiedsbesuch ist. Er selbst nimmt nicht Abschied und hat in stillen Abschiedsgedanken gestern Abend, geleitet noch von seiner „Antigone“ (meiner Tochter Marie, die ihn auf der Treppe zu geleiten und bis zu seiner Droschke zu führen pflegte, denn er sieht fast gar nichts), unser Haus verlassen. Zunächst begiebt er sich nach Leipzig, wo er wieder von Freunden (Moscheles) erwartet wird.
Oktober.
2) Donnerstag ... Die Zeichnung für das Prinzessin-Margarethen-Album wird nebenbei in Angriff genommen. Ich zeichne „Christus und die Samariterin am Brunnen“ etwas größer als die Blätter zur Bibel, aber die Komposition beibehaltend ... Im Museum finde ich Schirmer mit dem Ferd. Bol [vielmehr: Govert Flinck] beschäftiget, welcher David und Urias darstellt (No. 1205). Ein glücklicher Instinkt hat das Bild, an dem eigentlich nichts zu fehlen schien, Schirmer in die Hände gespielt. Es zeigte sich bei genauerer Untersuchung, daß an einem Rande Würmer, vermuthlich durch den Honig angelockt, der bei der Rentoilage des Bildes zu dem Kleister gemischt worden, die neue Leinwand ganz weggefressen hatten. Die alte Leinwand ist glücklicher Weise nicht im mindesten verletzt; die neue mußte aber in der Breite der Blindrahmenleiste durch einen Streifen ersetzt werden. Dieser ist nun gehörig mit Steinöl getränkt, und das wird die Würmer nicht anlocken.
3) Freitag ... Im Museum finde ich den Geh. Hofrath Bär, welcher gekommen ist, mir mitzutheilen, daß die Kaiserin von Rußland erst morgen Abend in Dresden anlangt und am Sonntag, wenn sie überhaupt im Stande ist, das Museum zu besuchen, die Galerie sehen wird. Die Galerie wird für das Publikum am Sonntag nicht eröffnet, bis die Kaiserin Dresden wieder verlassen hat, was am Nachmittag der Fall sein wird ...
4) Samstag. Der Geheime Hofrath Bär kommt auch heute in das Museum, um anzuzeigen, daß die Kaiserin etwa um zehn Uhr die Galerie besuchen wird. Es wird ein schöner Fahrsessel herbeigebracht, in welchem die Kaiserin von einem Heiducken in der Galerie herumkutschirt werden wird. Ich wollte, die Geschichte wäre schon überstanden.
5) Sonntag. Gegen 10 Uhr begebe ich mich in das Museum. Bald kommen ein Paar Kosaken mit einem Tragsessel, um die Kaiserin die Treppe hinauf zu tragen. Bald nach 10 Uhr kommt ziemlich zahlreiches Gefolge. Unter ihnen Baron von Meyendorff, Schwager der Baronesse, welche in der Galerie kopirt. Er war lange Zeit russischer Gesandter in Berlin. Dann kommt die Kaiserin mit ihrem Bruder, dem Prinzen Albrecht von Preußen. Die arme Kaiserin sieht sehr leidend aus, doch behauptet sie immer noch eine aufrechte Haltung. Staatsrath Grimm macht den Führer, Inspektor Schmidt und ich sind seine Adjutanten. Grimm wollte nur etwa acht bis neun Bilder zeigen, es wurden aber mehr. Rafaels Madonna wurde gleich zu Anfang ordentlich betrachtet. Ich drängte mich nicht hervor und nahm gern Gelegenheit, mit Baron von Meyendorff und ein Paar Damen zum Rafael und andern vorzüglichen Bildern zurückzukehren, als die Kaiserin unter Grimms und Schmidts Führung nach dem östlichen Flügel des Museums sich wendete. Indessen ich wurde gerufen. Die Kaiserin war bereits unten in den Abtheilungen der Pastelle und Canaletto, wo sich unser König, die Königin und die Prinzessinnen eingestellt hatten, angelangt. Der König hatte nach mir gefragt, und der Kaiserin war inzwischen mitgetheilt worden, daß sie mich schon in München in den Kaisersälen kennen gelernt hatte. Sie richtete nun in Erinnerung Münchens freundliche Worte und Fragen an mich. Meiner Person erinnerte sie sich offenbar nicht, was sehr begreiflich ist. Prinzessin Sidonia nahm Gelegenheit, mich zu benachrichtigen, daß ihr Bruder Prinz Georg jetzt in Rom sei. Dem König fiel das Bild von Caffe auf, was uns der Pastellfabrikant Richter geschenkt hat [Bildniß des Julius Athanasius Dietz]. Es hängt in der Abtheilung der Pastelle über einer Thüre. Ich mußte mich bei dieser Gelegenheit fragen, warum das von Pastor Löhn uns angebotene Bild von der Kommission sei abgelehnt worden. Wenn es ein Bild von gleich lebendiger Auffassung ist, so wäre es immerhin würdig, der Galerie anzugehören. Gegen 12 Uhr verließ die Kaiserin das Museum. [127] König und Königin und Prinzessinnen, dann sämmtliches Gefolge entfernten sich gleichzeitig.
13) Montag ... Abends macht Frau von Arnswaldt aus Hannover ... meiner Frau einen Besuch. Sie will mit mir wegen eines Altarbildes sprechen, das für die Kreuzkirche in Hannover, wo ihre Familiengruft ist, ausgeführt werden soll. Ihr Gedanke ist, daß nur das Kruzifix, das nach meiner Zeichnung in Holz geschnitten worden, im großen gemalt werden soll.
14) Dienstag ... Frau von Arnswaldt kommt mit ihrer jüngeren Tochter um 11 Uhr. Es stellt sich heraus, daß mir nicht nur ihr Name, sondern auch ihr seliger Mann, der mit vielen meiner verehrten Freunde in naher Verbindung stand, in früheren Jahren bekannt geworden ist. Ihre Angelegenheit wird vielseitig besprochen, doch liegt es in der Natur der Sache, daß ein definitiver Beschluß noch nicht gefaßt wird. Erstlich soll ein Versuch gemacht werden, statt des bloßen Kruzifix den Gekreuzigten mit der Mutter und dem heiligen Johannes, wie sie von mir in der kleinen, von Gaber in Holz geschnittenen Zeichnung zusammengestellt sind, als Altarbild ausführen zu dürfen; zweitens wird noch eine Entscheidung hinsichtlich des ausführenden Künstlers (ich habe an Wichmann gedacht) vorbehalten, weil in dem gegenwärtigen Augenblick der definitiven Wahl noch Hindernisse in dem Weg stehen ...
15) Mittwoch ... Gaber bringt mir eine Photographie nach Cornelius Carton, darstellend: die Erwartung des Gerichts. Es ist ein herrliches Werk, ein Werk, mit dem ich nach Auffassung und Form ganz einverstanden bin.
17) Freitag. Aus dem Dresdner Journal ersah ich, daß mein Schüler Paul Kießling bei der Berliner Concurrenz den Preis davongetragen und das Reisestipendium ... erhalten hat ... Dem Herrn Stadtrath Peschel melde ich, daß ich durch Krankheit abgehalten worden bin, die Zeichnung für das Margarethen-Album zu verfertigen ... Endlich arbeite ich auch wieder einige Stunden an dem „Kindermord in Bethlehem“. O, könnte ich mich frei machen und meine Zeit und Kräfte ganz meiner Bibel widmen!
19) Sonntag ... Schreiben an den Stadtrath Peschel, der mir eine Verlängerung der Frist für Ablieferung des Album-Blattes bis zum 30. d. M. zugestanden hatte, in welchem ich meine Verzichtleistung auf die Betheiligung an dem Margarethen-Album ausspreche.
21) Dienstag ... Abends liest die Hausfrau aus Ludwigs „Zwischen Himmel und Erde“. Das ist freilich ein Schriftsteller, der in die Tiefe geht, darum auch die Schilderung an sich sehr einfacher Verhältnisse wunderbar anspricht und fesselt.
22) Mittwoch. Wieder ein Tag, der an Briefen gesegnet ist ... Frau von Arnswaldt schreibt, daß Fräulein L. Grisebach, wie es scheint, die eigentliche Bestellerin des Altarbildes für Hannover; einverstanden ist, daß meine Komposition, Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, gemalt werde. Fräulein Grisebach schreibt auch selbst und bedingt nur vor definitiver Entscheidung eine Farbenskizze ... Von dem Herrn Minister werde ich in Kenntniß gesetzt, daß Fürst Metternich, der Alte, morgen das Museum besuchen werde ... Graf Radolinsky besucht mich, um mir noch Näheres wegen des morgen zu erwartenden Besuchs des Fürsten Metternich zu sagen.
23) Donnerstag ... Nach 11 Uhr treffe ich im Museum die nöthigen Anordnungen zum Empfang des Fürsten Metternich. Gegen 12 Uhr besehe ich die Gemälde aus Pillnitz, Architekturstücke, einige von Canaletto, welche zum Theil der Restauration bedürfen und deshalb in Schirmers Hände kommen müssen. Es handelt sich auch um Ermittelung, ob die Gemälde zum Kron- oder Hausfideicommiß gehören. In der ersten Kategorie gehören sie zur Galerie. Nach 1 Uhr bin ich auf meinem Posten im Museum, um den Fürsten zu erwarten. Graf Radolinsky kommt zuerst, dann die Fürstin Hermine Metternich mit der Gräfin Rödern, dann die Fürsten Metternich, Vater und Sohn; der letztere ist jetzt hier als östreichischer Gesandter. Dessen Gemahlin kommt mit einer andern Dame noch später. Der Fürst Vater erinnert sich meiner von München her. Die Galerie wird mit Aufmerksamkeit betrachtet, obwohl die Gemälde vom alten Local her dem Fürsten wohl bekannt sind. Die Fürstin Hermine wird in dem neuen Fahrsessel vom Grafen Radolinsky kutschirt. Erst gegen 3 Uhr verlassen die Herrschaften das Museum.
24) Freitag ... Claus Groth, den Mathematiker und Dichter, den ich schon im Museum sah, finde ich in meinem Atelier ... Abends Zumpe, Roquette, später Wigand und Claus Groth. Es wird beliebt meine Porträtsammlung zu sehen. Wigand, Roquette und Zumpe bleiben bis gegen 11 Uhr bei einem guten Glas Punsch, das die Hausfrau bereitet hat.
25) Samstag. Ich erhalte Botschaft aus dem Schloß, daß der König mich sprechen will. Um 11 Uhr warte ich auf. Er wünscht eine Zeichnung aus dem Buch Tobiä, die er aus Veranlassung der Vermählung der Prinzessin Anna mit dem Erbgroßherzog von Toskana dem alten Großherzog schenken will. Der König bringt seinen Wunsch mit großer Güte und Liebenswürdigkeit vor. Alsdann haben wir Galerie-Kommission, bei welcher jedoch Rietschel fehlt. Ich stelle den Antrag, jetzt die Restauration von Tizians Zinsgroschen vorzunehmen, da die oberste Firnißdecke sehr blind geworden ist und der Wirkung des Bildes großen Eintrag thut. Ein paar kleine Versuche [128] Schirmers zeigen, daß diese oberste Firnißdecke auf trockenem Wege leicht zu entfernen ist und zu hoffen steht, daß die Restauration Palmarolis unberührt bleiben wird. Die Mitglieder der Kommission sind einverstanden, daß diese Restauration jetzt vollzogen werde. Es soll zunächst mit der Reinigung untergeordneter Theile der Anfang gemacht werden und nächsten Dienstag will man noch einmal zusammenkommen, um über Weiteres zu beschließen ...
26) Sonntag ... Von der gestern erwähnten Komposition [„Gideons Sieg wider die Midianiter“] wird ein fester Umriß behufs der Uebertragung auf das Holz gezeichnet. Sobald der Durchzeichner die Platte in Händen hat, gehe ich an die Zeichnung für den König. Derselbe schickt mir heute die Porträte des alten Großherzogs und des Sohnes, des Bräutigams der Prinzessin Anna. Gegen Abend kommt Gonne, den ich gestern und vorgestern vergebens aufsuchte, um ihn zu fragen, ob er nach meiner Komposition das Altarbild für Hannover malen wolle. Ich trage ihm nun jetzt meine Gedanken vor. Er geht mit großer Bereitwilligkeit und Freude auf meinen Vorschlag ein und wird zunächst die verlangte Farbenskizze ausführen. Er bleibt den Abend bei uns.
27) Montag ... Im Museum finde ich den Zinsgroschen wunderbar umgewandelt. Die Operation der Wegnahme der obersten Firnißdecke, zu welcher noch Eiweiß und mancher Schmutz gekommen sein mag, ist vortrefflich gelungen. Das Bild steht in vollster Klarheit, Deutlichkeit und Kraft vor meinen Augen, das vorgestern noch undeutlich und trübe war. Das Haar des Heilands löst sich deutlich vom Grunde. Das Roth und Blau der Gewänder steht fast in vollkommenem Einklang. Unser Schirmer hat sich aufs neue als tüchtiger Restaurator erwiesen ... Ich beginne die Komposition aus dem Buch Tobiä für den König. Abends kommt Gonne nochmals, um die verabredeten Aenderungen noch einmal zu besprechen. Er ist voll Lust und Feuer für die Arbeit.
28) Dienstag. Mit meiner Komposition aus dem Buch Tobiä komme ich nun schon in Zug, obwohl die Aufgabe keine leichte ist. Der König wünscht nämlich die Analogie der Situation, Rückkehr des Sohnes zu den Aeltern mit einer geliebten Braut, durch einige Porträtähnlichkeiten hervorgehoben und entschieden betont. Das nöthigt mich, das Bild im ganzen etwas anders zu halten, als ich es sonst thun würde. – Der Herr Minister von Zeschau ladet mich durch ein sehr freundliches Handbillet für heute Abend zum Thee ... Im Restaurationszimmer finde ich bereits, mit Ausnahme des Prof. Hübner, sämmtliche Mitglieder der Kommission vereinigt. Was ich schon gestern wußte, finden heute meine Herren Kollegen. Anstatt den Anfang einer Restauration zu sehen, findet man durch die einfache, von Schirmer vorgeschlagene und ausgeführte Operation einer theilweisen Befreiung des Bildes von der obersten, durch Anwendung von Eiweiß und anderen Anfeuchtungsmitteln trübe und schmutzig gewordenen Firnißdecke die Restauration fast vollendet. Es sind nur störende Pünktchen vorhanden und kleine Streifen, die Schirmer einstweilen stehen lassen, um das Bild der Kommission zu zeigen, wie es sich nach der Reinigung gestaltet hat. Die Kommission findet das Resultat der Restauration so glänzend und befriedigend, eine etwaige Weiterführung derselben durch Nachhülfe mit Farbe einerseits so wenig nöthig, andererseits so bedenklich, daß man einstimmig erklärt, mit dem erreichten Erfolg und der Entfernung oben bemerkter störender Pünktchen und Streifen sich begnügen zu wollen ... Nach 8 Uhr begebe ich mich zu Herrn von Zeschau. Die Gesellschaft ist eine glänzende. Sämmtliche Minister und Gesandten mit ihren Gemahlinnen sind zugegen, außerdem noch die Notabilitäten der Stadt. Ich unterhalte mich sehr gut und bleibe bis zu Ende der Gesellschaft.
29) Mittwoch ... An meiner Zeichnung arbeite ich noch ohne rechte Sicherheit und deshalb auch ohne raschen Fortgang. Es muß besser gehen, wenn es etwas werden soll. – Schirmer hat nun auch die Kleinigkeiten gemacht, die am Zinsgroschen herzustellen übrig blieben. Das Bild könnte in die Galerie zurückgebracht werden, wenn es um des frischen Firniß willen nicht wünschenswerth wäre, es im wärmeren, keinem Zug ausgesetzten Restaurationszimmer zu lassen ...
31) Freitag. Reformationsfest. Der heutige Festtag überhebt mich amtlicher Verpflichtungen. Es ist traurig, aber so lange, als ich in dem entsetzlichen Arbeitsgedränge bin, unvermeidlich, daß nur dieser Umstand auf meine Verrichtungen Einfluß hat. Ich arbeite mit größter Anstrengung an der Zeichnung für den König und unterbreche die Arbeit gleich nach Tisch nur ein Viertelstündchen, um die Ankunft des Erzherzogs Carl Ludwig mit anzusehen, welcher nächsten Dienstag seine Vermählung mit unserer Prinzeß Margarethe begeht.
November.
1) Samstag ... Auch heute arbeite ich ohne alle Unterbrechung bei verschlossener Thüre. Es kommen so viel Leute, welche Zutritt in die Galerie begehren, daß ich mir nicht anders zu helfen weiß, als die Thüre zu schließen. Wilibald Alexis (Häring) sehe und spreche ich und ertheile ihm natürlich eine Ausnahmsbewilligung. Um im Museum nicht in Kollisionen zu kommen, begebe ich mich gar nicht dahin. So kommt es, daß ich mit Ausnahme der kurzen Zeit, die ich am Mittagstisch zubringe, gar nicht von der Arbeit wegkomme, [129] bis ich dann gegen 4 Uhr so ermüdet bin, daß ich es sehr gern sehe, zum Kaffe gerufen zu werden. Es kommt nun aber auch heute ein sauberer Umriß auf dem richtigen Papier zu Stande, und morgen gedenke ich an die Ausführung mit der Feder zu gehen ... Nach der Sitzung [des akademischen Raths] 1/2 8 Uhr gehe ich mit Rietschel zu Peip[34], zu dem wir geladen sind. Es kommen noch die Excellenzen von Zeschau, von Falkenstein und von Langenn. Außerdem Geh. Rath Dr. Carus. Der Graf Radolinsky, der wohl der eigentliche Wirth ist, ist zugegen. Auch der junge von Zeschau ist anwesend. Peip liest eine Gedächtnißrede des Professor Niedner auf Luther, sodann einen Vortrag des Professor Nitzsch über Melanchthon. Beide Schriften sind sehr interessant und ansprechend. Nach der Lesung begiebt man sich zu einem Souper und entfernt sich erst gegen 11 Uhr. Der Abend war sehr belebt. Die Herrn Minister waren sehr mittheilend und liebenswürdig. Der Oberhofprediger Liebner war durch Unwohlsein verhindert zu erscheinen.
2) Sonntag ... Aus dem Hofmarschallamt erhalte ich ein Billet für die katholische Kirche zur Trauung der Prinzessin Margarethe. Die Arbeitszeit wird der Zeichnung gewidmet. Abends liest uns Roquette die beiden letzten Acte seines Dramas [„Die Sterner“] vor. Es will mir nicht gefallen, oder richtiger, es gefällt mir nicht, obwohl es mir gefallen möchte. Ich finde nirgends Eigenthümliches, Neues oder Tiefes. Es ist ein Mosaik von dagewesenen Dingen.
3) Montag ... Wegen des Zinsgroschen, der im neuen Glanze mehr unter den Spiegelungen leidet als bei dem trüben Firniß, treffen wir Verabredungen. Es sollen die untern Scheiben des Fensters mit kleinen grünen Vorhängen wie im Rafael- und Holbeinzimmer verhangen und die Thüre gegen den Rafael mit einer Portiere versehen werden. Im Atelier finde ich auch heute wie schon neulich, daß Hemken sehr tüchtig arbeitet. Sein Adam und seine Eva sind sehr brav ausgeführt. Aus dem Hofmarschallamt erhalte ich auch eine Einladung für das Théâtre paré, das übermorgen (Mittwoch) stattfindet. Abends 7 Uhr erhalte ich Nachricht durch den Kammerherrn von Budberg, daß der Erzherzog Franz Carl, Vater des Kaisers und des Erzherzogs Carl Ludwig, morgen nach 8 Uhr das Museum sehen will. Ich schicke sogleich die nöthige Weisung an Voigt.
4) Dienstag. Als ich im Begriff bin nach dem Museum zu gehen, sendet die Königin Marie und läßt mir sagen, der Erzherzog werde erst nach 9 Uhr kommen. Da ich die Möglichkeit eines Irrthums annehmen muß und Voigt nicht im Stich lassen will, der um 8 bestellt ist, so gehe ich doch bald nach dieser Zeit ins Museum. Der Erzherzog kommt aber in der That erst gegen 91/2 Uhr. Er begrüßt mich mit größter Freundlichkeit als einen alten Bekannten. Meines seligen Bruders erwähnt er als eines Freundes. Der Erzherzog sieht mit großer Theilnahme, Freude und Kunstkenntniß unsere Schätze. Er bleibt bis ein viertel vor 11 Uhr. Ich eile nun nach Hause, um mich in Staat zu werfen ... Denn ich habe mich nach der katholischen Kirche zu verfügen, wo die Vermählung der Prinzeß Margarethe mit dem Erzherzog Carl Ludwig stattfindet ... Die Handlung ist sehr feierlich. Die Musik ist wirkungsvoll, wenn auch etwas zu weltlich. Das ganze heilige Amt wird, bis auf wenige Worte am Schlusse, in deutscher Sprache abgehalten, und ich höre nichts, was mich an römisch-katholische Lehre erinnert ...
5) Mittwoch. Gonne hatte mir gestern gesagt, daß er mit der Farbenskizze zu dem Altarbild für Hannover fertig sei. Ich gehe heute Vormittag zu ihm, um die Skizze zu sehen. Sie ist sehr flüchtig gemalt, zeigt aber, daß das Bild eine große Wirkung machen kann. Einige angefangene Sachen, die ich sehe, gefallen mir sehr gut. So der junge Luther, der durch Musik aus einer Ohnmacht erweckt wird. Von Gonne wende ich mich nach dem Museum, wo ich gerade zu rechter Zeit anlange, um den Kronprinzen, die Kronprinzessin und den Prinzen Georg, welche dem Erbprinzen von Dessau und seiner Gemahlin das Museum zeigen wollen, zu begleiten ... Ein viertel vor 7 Uhr begebe ich mich nach dem Theater und finde die Versammlung schon beisammen. Das Theater macht eine prachtvolle Wirkung. Die glücklichen Größenverhältnisse und die lebendigen vollen Formen der Architektur berühren mein Auge sehr wohlthuend. Beim Erscheinen der Neuvermählten wird ein dreimaliges Hoch ausgebracht. Das Festspiel ist sehr hübsch ausgedacht. Die Bayer spricht als Saxonia den Prolog. Sie deutet auf den Schmerz der Trennung, verheißt auch den liebevollen Empfang des treuen Tyrolervolks bei dem Einzug in Innspruck. Während Saxonia auf diesen Trost hinweist, erscheint Innspruck im Bilde, belebt durch eine Menge jubelnden Volks, das die östreichische Volkshymne singt. Als dieses Bild verschwunden ist, spricht Saxonia weiter und lenkt den Blick auf die Heimath, in welcher treue Liebe und Anhänglichkeit der Scheidenden bewahrt bleiben werden. Es erscheint nun das königliche Schloß in Pillnitz, die mit vielen schwankenden Gondeln belebte Elbe, deren Ufer aber mit noch mehr treuen Bewohnern belebt sind, die ihre Empfindungen in dem Gesang der sächsischen Volkshymne vereinen. [130] Nun folgt die Aufführung von Glucks Iphigenia in Tauris. Die Ney-Bürde als Iphigenia, Mitterwurzer als Orest, Tichatscheck als Pylades. Die Aufführung ist eine sehr ausgezeichnete. Erst nach 10 Uhr verläßt man das Theater.
6) Donnerstag. Meine Zeichnung beunruhiget mich, und schwerlich werde ich sie mit Freude abgeben. Die Art der Durchführung mit der Feder ist nicht frei und künstlerisch, ist zu mühsam, und doch weiß ich nicht, wie ich die Zeichnung hätte ausführen sollen, da ich bei dem Zustand meiner Augen, das heißt, bei Ermangelung eines Auges, den Pinsel nicht mehr sicher handhaben kann. Ueberdem harren einige Holzschneider vergeblich auf Zeichnungen von mir. Es war ein Mißgeschick, daß der König auf den Gedanken kam, mir den Auftrag zu geben.
7) Freitag ... Meine Zeichnung, die ich heute den Meinigen zeige, findet dennoch Beifall. In wenig Tagen wird sie vollendet sein.
8) Samstag. Meine Zeichnung gestaltet sich nun doch besser, als ich dachte. Der Beifall der Meinigen ermuthiget mich, auch auf die Zufriedenheit des Königs mit meiner Arbeit zu hoffen. Bald wird sie beendiget sein ... Als ich heute das Museum zum zweiten Mal betrat, begegnete mir noch Prinz Georg in dem Treppenhaus, und wir sprachen ein Weilchen zusammen über Glucks Iphigenie.
9) Sonntag ... Bis Mittag ist meine Zeichnung fertig. Nur die Schrift auf dem Tuch oben fehlt. Der König wünscht, daß ich den Text nach der Vulgata hinsetze. Nachmittag fange ich ein wenig an der Aufzeichnung für Steinbrecher an, der schon lange sehnlichst auf Arbeit wartet. Es bleibt bei wenig Strichen heute. Gaber kommt, und es wird bald nach 3 Uhr so dunkel, daß ich nicht mehr hinreichend sehen kann.
10) Montag. Rietschel sucht mich auf ... Ich zeige Rietschel meine Zeichnung. Er ist sehr zufrieden damit, was mich recht sehr ermuthiget. Im Museum sucht mich ein Abgeordneter der Weber’schen Buchhandlung in Leipzig auf, um mich im Namen derselben zu fragen, ob ich erlaube, daß mein Einzug Barbarossas in Mailand als Holzschnitt in der Illustrirten Zeitung aufgenommen werde. Ich habe nichts dagegen. Zeichnung und Schnitt werden bei Gaber besorgt werden.
13) Donnerstag ... Im Museum alles in der Ordnung. Schirmer hat den Garofalo No. 124, Neptun und Pallas darstellend, in das Restaurationszimmer bringen lassen, der eine zum Theil vergilbte Firnißdecke zeigt. Als Schirmer in früheren Jahren das auf den Stab der Pallas von fremder Hand aufgesetzte Kreuz entfernte und die Lanze in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit wiederherstellte, wurde ein Theil der Luft gereiniget, der nun mit dem unberührten verschmutzten Lufttheil nicht zusammenpaßt. Wir wollen nun die ganze Luft fegen, wenn die Herren von der Kommission nichts dagegen haben.
14) Freitag. Um 9 Uhr Morgens schicke ich die oft erwähnte Zeichnung an Se. Majestät den König ... Abends wird aus einem neuen Buch von Auerbach gelesen. Es führt den Titel Barfüßele.
15) Samstag ... Ein Hofdiener meldet mir, daß ich 1/2 10 Uhr zu Seiner Majestät dem König kommen soll. Zu gedachter Zeit an Ort und Stelle werde ich sogleich von Seiner Majestät empfangen. Der König sagt mir mit großer Freundlichkeit, daß er mit meiner Zeichnung zufrieden sei. Es kommt dann die Rede auf die Galerie. Der König war vorgestern Nachmittag daselbst, als sie bereits für das Publikum geschlossen war. Renner war glücklicher Weise anwesend und zeigte ihm den Zinsgroschen und die veränderte Aufstellung der Claude’schen Landschaft. Der König spricht sich sehr zufrieden mit der Restauration des Zinsgroschen und mit der neuen Aufstellung der Landschaft aus ... 1/2 8 Uhr begebe ich mich zu Geh. Rath Carus, zu dem ich geladen bin. Es sind noch zugegen: der Oberhofprediger Liebner, Dr. Peip, Dr. Hettner, Hübner, Rietschel. Carus liest uns einen Aufsatz über die Sixtinische Madonna vor. Alle Zuhörer sind in hohem Grade befriediget. Ich gestehe, daß ich so etwas von Carus nicht erwartet hatte. Der Aufsatz wird über kurz oder lang wohl in die Oeffentlichkeit treten. Carus sieht sich veranlaßt, uns noch den Mozart’schen bekannten Brief und einen Brief von Goethe, den er an Friederike schrieb, vorzulesen. Um 11 Uhr trennt man sich.
16) Sonntag. Um 10 Uhr Morg. übergebe ich Steinbrecher die neue Aufzeichnung: Gideons Sieg, auf die er schon lange wartet. Dann nehme ich eine neue Skizze vor, darstellend: wie Jesus nach seiner Auferstehung den Jüngern sich in Galiläa offenbart. Der Gegenstand ist sehr schwer, der geringe Umfang des Formats meiner biblischen Blätter erhöht die Schwierigkeit, den Vorgang deutlich zu entwickeln. Es kommt bis zur Dämmerung ein Blatt zu Stande; ob es aber taugt? – Am Nachmittag liest mir während der Arbeit die Hausfrau aus Auerbachs „Barfüßele“ vor. Die Erzählung spannt uns außerordentlich. Als ich in der Dämmerung meinen Spaziergang machen will, bekomme ich Besuch. Der Professor und Hofmaler R. Suhrlandt aus Mecklenburg-Schwerin besucht mich mit seiner Tochter, welche Zeichnerin und Violinspielerin ist. Seine Redseligkeit bringt mich fast zur Verzweiflung. Den Vorschlag, mich von seiner Tochter für ihre Sammlung zeichnen zu lassen, schlage ich rund ab. Von seinen Pillen will ich eben so wenig wissen. Das [131] Rezept zu einem guten Firniß mag Schirmer prüfen ... Um meinen Spaziergang bin ich gebracht. Die Abendlektüre restaurirt mich wieder. Die Hausfrau liest „Barfüßele“ zu Ende. Das ist wieder einmal ein köstliches Buch ...
17) Montag. Da die letzte Komposition mir zweifelhaft ist, so nehme ich einen andern Gegenstand vor, der zunächst an die Reihenfolge aus dem Alten Testament sich anschließen soll: Simson, der tausend Philister mit eines Esels Kinnbacken schlägt. Ich fürchtete, mich in die Darstellung einer Prügelei zu verwickeln. Die nochmalige Lesung des Textes bringt mich, wie ich glaube, auf die richtige Erfassung. Simsons Triumph stelle ich dar. „Da liegen sie bei Haufen; durch eines Esels Kinnbacken habe ich tausend Mann geschlagen“ ... Ich soll zum Minister kommen. Nach einem Besuch bei Schirmer und Erledigung einiger Geschäfte gehe ich zu Seiner Excellenz Herrn von Zeschau. Derselbe sagt mir in freundlichster Weise, daß der König über meine Zeichnung sich sehr freue, daß derselbe wohl wisse, wie ich in meinen Erwartungen bescheiden sei und mir deshalb entgegenkommend seine Erkenntlichkeit in seiner Weise, nämlich durch Verehrung eines Ringes bezeugen wolle. Der Minister überreicht mir nun einen kostbaren Ring, dessen Werth bedeutend sein muß ... Die neue Skizze zum Simson ist am Abend im Wesentlichen fertig.
18) Dienstag. Heute findet bei Hofe die feierliche Bewerbung des toskanischen Gesandten um die Hand der Prinzessin Anna für den Erbgroßherzog von Toskana statt, an welche sich die Verlobung anschließt. Die Feierlichkeiten sind schuld, daß ich Se. Exc. den Oberhofmeister ô Byrn nicht sprechen und meine Danksagung für den Ring nicht anbringen kann ... Meine Skizze zum Simson bleibt in Geltung. Am Nachmittag wird der Umriß auf das Pflanzenpapier gezeichnet zum Behufe der Uebertragung auf das Holz.
19) Mittwoch. Es gelingt mir Se. Exc. ô Byrn zu treffen, ihm sagen zu können, wie hoch ich das Geschenk des Königs in Ehren halte, und ihn zu bitten Seiner Majestät meine Dankbarkeit zu bezeugen ...
20) Donnerstag ... Kaum habe ich mein Mittagsessen beendet, als ein Lakai in die Wohnung stürzt mit der Meldung, der König sei mit dem Großherzog von Toskana (der gestern hier angekommen und feierlich empfangen worden ist) seit einer Viertelstunde im Museum und es sei vor einer halben Stunde nach mir geschickt worden. Der Lakai war etwas außer sich, daß mir die Botschaft von meinen Leuten nicht ausgerichtet worden sei; ich aber war ziemlich ruhig, beeilte mich nichts desto weniger sehr, um bald am Platz zu sein, und gelangte durch eine Droschke auch bald dahin. Ich fand den Großherzog und den König beim Holbein. Der Großherzog sagte mir viel Freundliches über meine Zeichnung, die ihm heute wohl vom König übergeben worden ist ... Der Großherzog sah mit großer Theilnahme und, wie ich glaube, mit ernster Würdigung die Kunstschätze, die übrigens schon aus früherer Zeit ihm bekannt waren. Von vielem, was ich zu bemerken hätte, sage ich nur dies, daß er mit Unzufriedenheit seiner Akademie in Florenz gedachte und meinte, es sei besser, die großen Mittel, die sie erfordere, einem hochbegabten und ernstgesinnten jungen Künstler zuzuwenden, wenn ein solcher in seinen Landen vorhanden wäre und durch eine solche Unterstützung die Erziehung wahrer Meisterschaft demselben gesichert werde. Ehe der König das Museum verließ, nahm ich Gelegenheit, ihm noch für den Ring zu danken. – Kurz vor Schluß der Galerie war auch die Königin Marie gekommen. Nachdem der König mich entlassen, begleitete ich dieselbe noch bis zu ihrem Fortgehen.
21) Freitag. Bußtag ... Nachher beginne ich eine neue Komposition, die letzte zu dem Buch der Richter. Sie stellt die jungen Benjaminiten vor, welche durch List, das ist Raub, Weiber gewinnen. Der Gegenstand ist nicht ohne Bedenklichkeiten, doch lasse ich ihn nicht gern weg.
22) Samstag ... Um 3 Uhr begebe ich mich zu Baudissins, wohin ich zum Mittagsessen geladen bin. Es sind zugegen: Geh. Rath von Ammon[35], Herr Goldschmidt[36], Roquette, Hähnel, Hettner, Claus Groth, Gonne, General Graf Baudissin, Nicolai. Es ist ein sehr liebenswürdiges Diner, das wir begehen, und die Unterhaltung ist sehr belebt. – Abends sind wir allein. Die Hausfrau liest aus Schuberts Leben vor. Es ist ein durchaus herrliches Buch. Ich sehne mich danach, dem theuern Mann meinen Dank auszusprechen und noch einmal wenigstens – jeder Tag kann unser Ende bringen – mit ihm brieflich zu verkehren.
23) Sonntag ... Es kommt viel Besuch zu mir. Jungtow, die beiden Joerdens, am Nachmittag Gaber, der mir eine Anzahl bunter Bilderbogen zeigt, die in Ruppin bei Gust. Kühn mit der Bezeichnung „Original und Eigenthum“ erschienen sind und die, bis auf einen Zusatz in der Größe, genaue Copien meiner Bibel-Bilder sind. Dabei trägt eine Ueberschrift „Innere Missions“-Zwecke zur Schau. Es ist eine Schande, daß der deutsche Buchhandel solche Wegelagerei treibt und gar unter heiliger Firma stiehlt. Was wird Wigand dazu sagen?
25) Dienstag ... Nachm. 3 Uhr haben wir Direktorialversammlung des Kunstvereins. Es werden noch einige Ankäufe gemacht und sodann die der [132] Generalversammlung vorzuschlagenden Vereinsblätter bestimmt. Es werden drei Blätter gewählt: mit 8 Stimmen meine von Petzsch gestochene Ottokar-Schlacht, mit 6 Rietschels Gruppe „Goethe und Schiller“, welche im Falle der Wahl durch die Generalversammlung in Kupfer gestochen werden soll, und Bendemanns Bacchuszug aus dem Schloß, welcher lithographiert werden würde, mit 5 Stimmen. – Wir eilen mit der Erledigung der Geschäfte, weil mehrere der Anwesenden in das Théâtre paré gehen, das um 6 Uhr beginnt. Ich bin unter diesen Theatergängern. 1/2 6 Uhr bin ich völlig angekleidet und fahre mit Rietschel nach dem Theater. Die Vorstellung beginnt mit einem Festspiel: Arnus und Albina betitelt, mit ähnlichen Beziehungen auf die hohen Neuvermählten, wie sie das Festspiel bei dem letzten Théâtre paré enthielt. Dann folgt Oberon. Ich habe diese Oper erst einmal und in sehr frühen Jahren gehört; sie ist mir also ziemlich neu. Ich kann aber nicht sagen, daß sie mich sehr anspricht. Die schönen Gesangstücke stehen doch sehr vereinzelt. Der Zauberfirlefanz und die Tänze entschädigen mich nicht.
Dezember.
4) Donnerstag ... Am Nachmittag bringt mir Obermann einen Probedruck des von ihm jetzt vollendeten Blattes: Joseph erhält Befehl nach Aegypten zu fliehen. Das Blatt ist sehr schön ausgefallen, und es gefällt mir außer dem Schnitt auch meine Komposition sehr gut.
5) Freitag ... Wigand schickt einen Probedruck des Blattes von Ade, der Kindermord. Ich bin recht zufrieden in der Hauptsache. Ade wird ein braver Arbeiter werden. Den Nachdruck meiner Bibelblätter durch Herrn Kühn in Ruppin wird Wigand sehr energisch und, da die Gesetze in Preußen ihn unterstützen, mit Erfolg bekämpfen ... Zscheckel bringt mir auch sein Blatt, die Flucht nach Aegypten. Auch dieses Blatt ist recht schön gearbeitet.
7) Sonntag ... Jungtow bringt mir einen Probedruck seines Blattes: Gideon, zum Richter berufen. Es ist von seiner Seite gewissenhaft gearbeitet. Mir gefällt die Bekleidung des Engels nicht, und ich kann bis zum Schlafengehen den Katzenjammer nicht los werden, den ich immer empfinde, wenn ich etwas schlecht gemacht habe oder mir einbilde, es schlecht gemacht zu haben.
9) Dienstag ... Gaber bringt mir einen Probedruck der letzt vollendeten Platte, Mariae Heimsuchung. Das Blatt ist wunderschön geschnitten. Ich erhalte Weisung, bei einer Berathung über die Bestimmungen, unter welchen das Kupferstich- und Handzeichnungskabinet dem Publikum zugänglich sein wird, im Ministerium des Königlichen Hauses zugegen zu sein. Außer dem Herrn Minister, dem Direktor Gruner und mir sind noch der Geheime Hofrath Bär und der Geheime Rath Kohlschütter zugegen. Das Kabinet soll am Geburtstag Sr. Majestät des Königs, am 12. Dezember, also in wenig Tagen eröffnet werden. Obwohl die Zeit bis dahin sehr kurz ist, so wird es doch möglich sein, mit den Bestimmungen ins Reine zu kommen und dieselben am Eröffnungstage im Dresdner Journal erscheinen zu lassen. Zu Hause finde ich einen Brief von Ludwig ... Brulliot[37] hat seinen Kontrakt auf fünf Jahre erneuert. Ludwig meint, er werde sich schwer von ihm trennen können und doch wohl auch noch so lange in Karlsruhe bleiben. Doch denkt er auch sehr an Dresden und beauftragt uns, ihm zu schreiben, wie der neu berufene Krüger hier gefällt.
10) Mittwoch ... Im Museum erwartet man den König, der vor der Eröffnung des Kupferstich- und Handzeichnungs-Kabinets dasselbe sehen will. Der Herr Minister, welcher den König empfangen wird, kommt vor dessen Ankunft zu uns herauf ... Ich nehme den Augenblick wahr, dem Minister einen Brief aus Leipzig mitzutheilen, in welchem unserer Galerie „ein ächter Correggio“ zum Kauf angeboten wird. Ich werde ermächtiget, den Antrag abzulehnen. Eine freundliche Begegnung bietet sich. Graf Raczynski[38], den ich sehr lange nicht gesehen habe, begrüßt mich ... Raczynski ist sehr entzückt von unserer Galerie. Er sagt, daß er die meisten Galerien gesehen, aber keine gefunden habe, welche der unsern gleich komme.
11) Donnerstag ... Im Museum noch einmal genaue Betrachtung der Wouwermans in Begleitung von Renner zur Vorbereitung auf die morgen stattfindende Besichtigung und Begutachtung des von Würzburg zur amtlichen Schätzung hierher gesandten Bildes, das für einen Wouwerman verkauft, aber dann als nicht ächt zurückgewiesen wurde ... Die Komposition, deren Umriß bereits auf dem Holze: „Der auferstandene Heiland offenbart sich seinen Jüngern in Galiläa“ wird von mir verworfen und anders versucht.
12) Freitag. Geburtstag Seiner Majestät des Königs. Eröffnung des Kupferstich- und Handzeichnungs-Kabinets. – Um 10 Uhr zum Stadtgericht zur Begutachtung des aus Würzburg anher gesendeten Bildes. Beim Hingehen nehme ich (mit Erlaubniß) Schirmers Vergrößerungsglas mit zu besserer und genauerer Betrachtung der Ausführung. Schmidt finde ich bereits an Ort und Stelle; auch ist der Anwalt des Herrn Professor Rinecker[39] im Stadtgericht anwesend. Schmidt und ich wurden zusammen vereidigt. Die Prüfung des [133] Gemäldes wird von Einem nach dem Andern vorgenommen, so wie die Abhörung und gerichtliche Niederschreibung der Ansicht der Vorgeforderten nur in Gegenwart von einem derselben geschieht, ohne daß Gelegenheit zu gegenseitiger näherer Verständigung gegeben war. Herr von Quandt kommt erst, nachdem Schmidt und ich ihre Aussagen beendigt hatten. Wie ich nachher hörte, ist auch Quandt mit der Meinung von uns einverstanden, daß das Bild von Wouwerman nicht sei. Er hält es für einen Huchtenburg, zu welcher Ansicht auch Schmidt sich neigen soll. Ich halte es für eine Nachahmung des Wouwerman, die in der Absicht gefertiget worden, daß sie für eine Wouwermansche Arbeit gelte.
13) Samstag. Die neue Komposition des mich beschäftigenden Gegenstandes kann gelten. Sie ist als Skizze im Reinen.
14) Sonntag. Die neue Komposition wird am Vormittage durchgepaust und der gewonnene Umriß dem Joerdens zur Uebertragung auf das Holz zugestellt. Dann eile ich nach der Terrasse, um auf dem Kunstverein meine Stimme in Ansehung des von Bürkner demselben als Vereinsgabe angebotenen Werkes nach Bendemann abzugeben. Könnte ich mich näher aussprechen, so würde ich sagen: Bei aller Anerkennung der Schönheit der Kompositionen und der Trefflichkeit der Ausführung auf Kupfer kann ich dem Werke meine Stimme als „Vereinsgabe“ theils wegen des hohen Preises, theils darum, weil es viele Blätter enthält, nicht geben. So wird nur ein einfaches Ja oder Nein verlangt, und ich lege einen Zettel mit einem Nein in die Büchse.
15) Montag. Freund Rietschels Geburtstag. Mein erster Gang gilt ihm ... ich begebe mich nach seinem Atelier, wo ich ihn auch finde, damit beschäftiget, seinem großen Werke die Krone, könnte heißen: Schiller den Kopf, der allein noch fehlt, aufzusetzen ... Bei Rietschel finde ich Dr. Carus, den Sohn, den ich sehr gern habe.
16) Dienstag ... Die Hausfrau liest Schuberts Biographie am Abend zu Ende. Noch einmal sage ich’s: Das Buch ist schön, sehr schön. Könnte ich nur den lieben Schubert noch einmal sehen und dann auch für dieses Buch ihm danken!
19) Freitag. Brief an Fräulein Grisebach beendiget und abgesendet. Einigen ihrer Wünsche gebe ich nach, andern nicht. Ich erkläre mich entschieden und lasse ihr jetzt eigentlich nur die Wahl, auf Grund meiner Vorschläge anzunehmen oder ganz abzubrechen. Wir wollen nun sehen, wie sie das aufnimmt. Um Gonnes willen wünschte ich, es würde etwas aus der Sache ...
20) Samstag ... Nachmittag 3 Uhr Generalversammlung des Kunstvereins. Wahl neuer Mitglieder des Direktoriums. Es zeigt sich schon bei dieser Wahl, daß in der Versammlung ein Element der Opposition gegen die jetzige Verwaltung vorhanden ist. Rietschel, der so lange dem Verein mit Hingebung sich gewidmet, wird nicht wieder gewählt, dagegen kommt Bendemann wieder in das Direktorium. Bei der Wahl des Vereinsblattes bleibe ich nicht, da es unangenehm für mich ist, der Abstimmung über den Stich von Petzsch nach meinem Carton (Rudolfs Schlacht) beizuwohnen. Wie ich etwas später höre, sind sämmtliche Vorschläge des Direktoriums hinsichtlich des Vereinsblattes verworfen worden und soll ein neuer Vorschlag aus der Mitte der Generalversammlung hervorgehen und zur Annahme kommen. Ich gehe zeitig nach Hause, auch der Verloosung den Rücken wendend. Bei den Meinen ists besser. Frau und Kinder sind emsig beschäftiget mit den Vorbereitungen zur Ausschmückung des Weihnachtsbaumes.
23) Dienstag ... Im Museum erfahre ich durch Herrn Hollander noch manches Nähere über Herrn Morris Moore[40], was mich etwas milder gegen ihn stimmt als das bisher Erfahrene. Er ist eben ein Gegner der Deutschen, die ihm namentlich in England mit ihrem Prinzen Albert an der Spitze und ihrem Einfluß ein Dorn im Auge sind. Eine solche Antipathie ist immer noch verträglich mit einem rechtlichen Menschen. Der Herr Minister schickt mir meine Niederschriften zurück. – Nach Mittag beginne ich die kleine Zeichnung, die Rietschel, ich weiß nicht für wen, bestellt hat. Ich lege einen flüchtigen Entwurf zu einer Charitas zu Grunde. – Bürkner schickt mir ein bei ihm jetzt herausgekommenes Heft von Holzschnitten mit einem sehr freundlichen Schreiben. An der Spitze befindet sich der nach meiner Zeichnung ausgeführte Holzschnitt („Siegfrieds Leiche wird nach Worms gebracht“), und es liegen von dem Blatt noch 6 Abdrücke bei. Ich kann das Geschenk wohl annehmen, da ich die Zeichnung vor Jahren für ihn komponierte und umsonst auf Holz gezeichnet, und es macht mir Freude.
26) Freitag. Zweiter Weihnachtsfeiertag ... Gang nach dem Kunstverein ... Gaber, der uns besuchte, schließt sich an. Zumpes Bild ist ausgestellt und nimmt sich sehr gut aus. Es ist neben dem Porträt der Prinzessin Anna, jetzige Erbgroßherzogin von Toskana, aufgestellt. Dieses von Gliemann ausgeführte Porträt ist auch sehr anziehend. Im ganzen ist die Ausstellung reich, und man würde sie nicht ungern als die große Kunstausstellung Dresdens anerkennen.
[134] 28) Sonntag. Ich arbeite, ohne mich viel zu rühren, an der Zeichnung: „Der Herr verkündet Samuel Eli’s Untergang“. Am Nachmittag ist die Zeichnung fertig, und ich denke, sie ist nicht mißlungen. – Abends gehe ich zu Kammerrath Kaskel, wohin ich zu Thee und musikalischer Unterhaltung geladen bin. Charles Mayer spielt mit dem jungen Kaskel ein vierhändiges Stück auf dem Pianoforte, das von ihm selbst komponiert ist. Dann trägt ein Posaunenbläser, begleitet von Herrn Mayer, Schuberts Ständchen vor. Das Instrument des Weltgerichts ist nun freilich zu einem Ständchen nicht geeignet. Da ich viel Bekannte finde, so unterhalte ich mich ganz gut. Um 10 Uhr fängt man an zu tanzen, und ich entferne mich.
29) Montag. Im Museum berathe ich mit Schirmer die Einrichtungen im Holbein-Zimmer. Ich werde nämlich die neue Einrahmung der Holbeinschen Madonna nun in Angriff nehmen, habe aber den Gedanken, für die andern daselbst befindlichen Gemälde eine Art Läden machen zu lassen, die man herausdrehen und dadurch die auf ihnen befestigten Bilder in das Seitenlicht bringen kann. Ein solcher Laden soll am Fenster, der andere breitere an der gegenüberstehenden Wand angebracht werden. Schirmer ist einverstanden und jedenfalls der Meinung, daß die der Aufstellung des Rafael entsprechende isolierte Aufstellung des Holbein ohne weiteres durchgeführt werde ... Bürkner bringt, ohne jedoch mich zu Haus zu finden, Pletsch’s Aufzeichnungen nach meinen Zeichnungen für den Jugendkalender. Sie sind sehr nett ausgeführt und werden sich im Schnitt gut machen. Ich nehme Gelegenheit, in ein Paar Zeilen dieses Bürkner zu sagen und zugleich zu danken für das mir verehrte Heft von Holzschnitten und bringe jene Aufzeichnungen wie diese Zeilen selbst nach Bürkners Wohnung.
30) Dienstag. Da es die höchste Zeit ist, die kleine Zeichnung, welche Rietschel bestellt hat, vorzunehmen, so mache ich mich nun heute daran. Auf Grund einer älteren Skizze zeichne ich eine Charitas. Ich könnte das Blättchen zu deutsch nennen die erhaltende und die bewahrende Liebe. Ob ein Anderer Rietschel beauftragt hat, das Blättchen zu bestellen, oder ob er selbst es Jemand schenken will, weiß ich nicht. Fast möchte ich jetzt das letztere glauben. – Rietschels Gruppe ist nun fertig. Er hat uns für heute einladen lassen, sie zu sehen. So ziehen wir, Hausfrau, ich und die beiden Töchter, gegen Mittag auf die Terrasse und besehen uns das schöne Werk, das große Werk, das so ganz einzig in seiner Art ist. Bis zum 6. Januar wird es ausgestellt bleiben, dann wird es nach München gesendet und sogleich für den Guß in Angriff genommen. Der König Ludwig will, daß der Guß noch in diesem Jahr zu Stande komme! – Von der Terrasse gehen wir in das Museum und machen einen Besuch in dem Handzeichnungs- und Kupferstichkabinet. Die Meinigen hatten es noch nicht gesehen und sind nun sehr entzückt über die schönen und so herrlich eingerichteten und ausgeschmückten Räume. Freund Gruner macht den Wirth mit größter Liebenswürdigkeit und zeigt uns manchen für gewöhnlich verborgenen Schatz.
[170]
1857.
Januar.
1) Donnerstag. Neu-Jahrstag ... Meine Zeichnung wird Nachmittag fertig, und ich trage sie zu Freund Rietschel hinüber, bei dem ich dann im Familienkreise ein Stündchen weile.
3) Samstag ... Meine Komposition: „Eli stirbt vor Schrecken“ kommt ins Reine. Der Entwurf ist am Abend fertig. Wigand schreibt mir, daß er gegen den Ruppiner Nachdrucker der Bibelbilder zu Felde ziehe, und wünscht eine schriftliche, gerichtlich beglaubigte Erklärung von mir, in welcher ich sein ausschließliches Recht der Vervielfältigung dieser Bilder bezeuge.
5) Montag ... Beginn der Aufzeichnung: „Das Gebet der Hanna“. Akademie. Stellung des Aktes, dann Theater. Es wird Laubes „Graf Essex“ zum zweiten Mal hier aufgeführt, und ich habe für die Hausfrau, die Töchter und für mich Billets genommen. Wir sehen die Vorstellung mit großem Interesse, doch aber nicht mit voller Befriedigung ... Bei diesem Essex muß man an Shakespeares Stücke denken, doch nur um zu fühlen, wie weit es hinter den Stücken dieses Meisters zurückbleibt. Emil Devrient giebt den Essex, Dawison Burleigh, die Berg Elisabeth (ganz vortrefflich), die Bayer-Bürck Gräfin Rutland.
6) Dienstag. Heilige drei Könige ... Im Restaurationszimmer des Museums bespreche ich mit Hofbaumeister Krüger die Einrahmung der Holbeinschen Madonna (11 Uhr). Schirmer ist dabei zugegen. Wir finden den bereits im vorigen Jahr von Krüger verfertigten Entwurf so angemessen, daß wir außer einigen unwesentlichen Aenderungen, die erstlich das projectirte sächsische Wappen, ferner die Knaben am Aufsatz, sodann Vereinfachung der Verzierungen betreffen, dessen Beibehaltung beantragen. Die in dem Zimmer vielleicht anzubringenden Läden (zur Gewinnung des Seitenlichts für das große Holbeinsche Porträt, den van Eyck und Roger van der Weyden) sollen jeden Falls erst dann angeordnet werden, wenn der Einrahmung der Madonna und deren isolirter Aufstellung ihr volles Recht gewährt worden ...
7) Mittwoch ... Nachmittag 4 Uhr Direktorialversammlung des Kunstvereins. Baudissin wird wieder zum Präsidenten, Hettner zu dessen Stellvertreter erwählt ... Die Verhandlung über das Vereinsgeschenk dehnt sich entsetzlich aus. Das Resultat derselben ist, daß, wiewohl das Bendemann-Bürknersche Werk im Direktorium nicht die meisten Stimmen erhält, dasselbe doch zuerst der Generalversammlung vorgeschlagen [werden] soll, da [es] eine große Anzahl von Mitgliedern zu wünschen scheint. Das Direktorium muß natürlich darauf hinweisen, daß dieses Werk sehr große Geldmittel in Anspruch nimmt und folglich der Ankaufssumme für Verlosungsgegenstände entzieht, und soll zu dem Zwecke einer Erleichterung der Kasse in Frage gebracht werden, ob das Werk nicht auf zwei Jahre zu vertheilen sei. Nach dem Bendemannschen Werk wird eine Lithographie nach dem Bilde eines gewissen Leutnant Götz, darstellend die Erstürmung der Düppler Schanzen, dann der Gefangene von Gonne, endlich noch ein Stich nach den drei Grazien von Bendemann in Vorschlag gebracht.
9) Freitag. Noch am Vormittag vollende ich die Aufzeichnung „Das Gebet der Hanna“, verpacke sie nebst jener gerichtlich beglaubigten Erklärung gegen den Neuruppiner Nachdruck des Gust. Kühn und bringe das Packet zur Post. Im Museum liegt nichts vor, und ich begebe mich nach dem Lokal des Kunstvereins, wo seit gestern der Carton des Cornelius: „Die Erwartung des letzten Gerichts“ ausgestellt ist. Die Komposition war mir durch die Photographie bekannt, und ich habe in diesen Blättern meine Meinung darüber bereits ausgesprochen [1856 15. Oct.]. Die Anschauung des Cartons, obwohl derselbe nicht groß (etwa 4 Ellen hoch), gewährt doch noch viel mehr, als die Photographie erkennen läßt. Namentlich sind die Köpfe ganz herrlich durchgeführt, und die schönen und so höchst bedeutenden Gestalten wirken doch auch mächtiger als im kleinen Maßstab. Was würde erst das im Großen ausgeführte Bild für eine Wirkung machen! – Ich kann mich kaum trennen von dem Bilde und scheide dann in der Ueberzeugung, daß all die Einwendungen, die man dagegen erhoben hat, nichtig sind. – Die Erklärung des Bildes, die in Rom verfaßt worden sein soll und die der Vorstand der Schiller-Stiftung, [171] zu deren Bestem das Werk ausgestellt ist, hier wieder in einem Auszug hat abdrucken lassen, ist sehr würdig und schön geschrieben ...
11) Sonntag. Den heutigen Sonntag kann ich ungestört meiner neuen Aufzeichnung widmen, die für Gaber, der lange nichts bekommen hat, bestimmt ist. Die Zeichnung wird zum größeren Theil vollendet, bis übermorgen hoffe ich sie abgeben zu können. Der Gegenstand ist: „Wie dem Knaben Samuel Eli’s und seines Hauses Untergang verkündet wird“ ...
12) Montag ... Herr von Zeschau theilt mir seine Ansichten mit in Betreff mehrerer Veränderungen, welche in Sachen der Galerie eintreten sollen ... Ich erfahre, daß in dem Pavillon, wo ehemals Hübner sein Atelier hatte, der zum Heizen nicht eingerichtet wird, geringere Bilder der Galerie, unter denen auch die Vorrathsbilder, die nicht anderweit zu verwenden sind, sein werden, untergebracht werden sollen. In den Räumen der alten Galerie wird dann die Porzellansammlung aufgestellt werden. Die Bilder der Neueren bleiben in dem Hauptgebäude, und soll nach wachsendem Bedarf mehr Raum geschaffen werden durch Entfernung der Thieles, welche auch in dem erwähnten Zwingerpavillon untergebracht werden können ...
13) Dienstag ... Langer bringt mir sechs Abdrücke des nun ganz vollendeten kleinen Stichs nach meiner Zeichnung: „Jacob ringt mit dem Engel des Herrn“. Das Blättchen ist trefflich gelungen. – Meine Aufzeichnung: „Der Herr verkündet Samuel Eli’s und seines Hauses Untergang“ wird am Nachmittag fertig.
14) Mittwoch ... Noch einmal sehe ich meine Aufzeichnung durch und bringe sie dann zu Gaber, in dessen Behausung ich lange nicht gekommen war. Uebrigens wird noch am Nachmittag eine neue Zeichnung angefangen: „Eli’s Tod“. – Frau Professor Rietschel erhält von ihrem Mann, der in Berlin ist und Rauchs Büste modellirt, den Auftrag, auf telegraphischem Wege in München anzufragen, ob seine Gruppe glücklich angekommen sei. Heute Nachmittag etwa um 4 Uhr erhielt sie den Auftrag, unmittelbar darauf läßt sie telegraphiren und Abends gegen 7 Uhr hat sie Antwort, die sie sogleich an ihren Mann nach Berlin befördert, der sie nun dort in einer Stunde mindestens haben wird. Die Antwort lautete ohngefähr: „Glücklich angekommen, bereits aufgestellt. Näheres brieflich“.
15) Donnerstag. Der Tag beginnt mit dem Empfang eines recht sehr lieben und erfreulichen Briefes von Ludwig. Eine Aeußerung ist mir besonders erfreulich. Er sagt: daß er recht deutlich fühle, wie sehr die Arbeit in seinem Berufe zu seinem Glücke gehöre. Ludwig hat gerade in der letzten Zeit sich etwas anstrengen müssen, da er als Fra Diavolo aufzutreten hatte. Es soll die schwierige Parthie ihm aber geglückt sein, und Devrient war sehr zufrieden. Liszt war in Karlsruhe, und Ludwig spricht sehr befriediget von einem Abend, den er mit ihm zugebracht hat. Er hat ihm aus Lohengrin und Tannhäuser vorsingen müssen, und Liszt soll sich über den Gesang bei Hofe günstig ausgesprochen haben. Vielleicht ist ihm das von Nutzen.
16) Freitag ... Um 4 Uhr begebe ich mich zu Goldschmidts (Jenny Lind) zum Mittagsessen. Ich finde daselbst die Grafen Baudissin, die Brüder Kaskel, Prof. Hettner, Dawison und andere mir weniger bekannte Herren. Ein Spanier, Namens Viale, wenn ich recht schreibe,[41] ist auffallend durch seine schöne Gestalt und seinen herrlichen Kopf. Das ist das Bild eines Mannes, obwohl nicht mehr ganz jung. Der Scheitel ist kahl. Die Unterhaltung ist sehr belebt, und ich gehe erst 1/4 auf 8 Uhr sehr befriediget nach Hause. Zu Hause finde ich Roquette, Mutter und Mathilde Sachße, beschäftiget mit Lesung zweier kleinen Lustspiele, die bei uns aufgeführt werden sollen.
20) Dienstag ... Im Museum finde ich den Cardinal-Fürstbischof Schwarzenberg. Ich geleite ihn noch zu einigen Gemälden, die er nicht beachtet hatte; er verläßt aber dann bald das Museum, da er noch heute Mittag nach Prag zurückkehren will. Der Cardinal ist eine interessante feine Erscheinung, und ich freue mich ihn kennen gelernt zu haben. Er sagt mir, daß er meinen Bruder Ludwig gekannt habe. – Meine Aufzeichnung „Eli’s Tod“ wird am Nachmittag fertig ...
21) Mittwoch. Ich unterwerfe meine Zeichnung noch einer Durchsicht und Nachhülfe, packe dann diese Platte nebst einer leeren, die in Leipzig etwas vergrößert werden soll, zusammen und bringe das Packet ... auf die Post ... Nachmittag beginne ich einen neuen Entwurf zur Bibel: „Samuel salbet Saul zum Könige über Israel“.
22) Donnerstag. Wigand sendet mir einen Probedruck der letzten Joch’schen Platte, Simsons Fall darstellend. Das Blatt ist schön gearbeitet, wenn es nur von mir aus noch mehr durchgebildet wäre. Die Nothwendigkeit, in die ich versetzt bin, nach einem flüchtigen Entwurf die Bilder gleich auf das Holz zu zeichnen, setzt mich oft in Nachtheil. Mit den Kompositionen bin ich im Ganzen nicht unzufrieden, und diese müssen das Werk tragen ... Entwürfe zur Salbung Sauls zum Könige und der Salbung Davids, ebenfalls durch Samuel ...
23) Freitag. Brief von Wigand ... Wigand drängt vorwärts. Ich kann es ihm nicht verdenken, [172] und es ist auch mein Vortheil, wenn es rasch geht. – Schirmer hat einen starken Eindruck von dem Carton des Cornelius empfangen. Ich sehe von neuem, wie viel Tiefe in dem Mann ist. Es sind hier im ganzen doch nur wenige, die das Werk zu würdigen wissen ...
25) Sonntag. In der vorgestrigen Sitzung [des akademischen Raths] bat mich Prof. Steinla seine Gemälde zu besichtigen und zu begutachten. Er wünscht seine ganze Sammlung, die aus Gemälden, Münzen und naturhistorischen Gegenständen besteht, zu verkaufen und möchte nun, daß die Galerie seine Bilder kauft, während die Vorstände der übrigen königlichen Sammlungen die andern, zum Theil sehr werthvollen Gegenstände für ihre Sammlungen erwerben möchten. Da bei einem Ankauf jedenfalls die Galerie-Kommission ein Gutachten abgeben müßte, so ersuche ich meine Herrn Kollegen gleich heute um 11 Uhr bei Steinla sich einzustellen, wo wir denn auch zusammentreffen. Unter Steinlas Bildern ist kaum ein ganz uninteressantes, die meisten sind aber sehr interessant und gehören Schulen und Meistern an, die wir für die Galerie vertreten wünschen, weil sie uns gänzlich fehlen. Steinla besitzt Gemälde von Lorenzo di Credi, Fillipino, Raffaello del Garbo, Perugino, Luicci, von Duccio, dann noch einige Niederländer, die alle uns sehr wünschenswerth wären. Die Kommission ist denn auch der Ansicht, daß eine Erwerbung derselben bei dem jetzt von Steinla vorgeschlagenen sehr mäßigen Preise zu empfehlen sei, und beschließt, diese Ansicht in einer schriftlichen Erklärung niederzulegen, die dem Ministerium jetzt schon mitgetheilt, später, wenn ein Gesammtverkauf der Steinla’schen Sachen eingeleitet würde, einem Gesammtantrag der Sammlungsvorstände beigefügt werden könnte. Steinla will 5000 Thaler für alles in allem und rechnet hievon auf die Gemälde 1000, was sehr wenig ist. – Der Entwurf zu der Darstellung „Davids erste Salbung zum Könige“ kommt ins Reine und am späten Abend entsteht noch ein erster flüchtiger, aber, wie ich glaube, haltbarer Entwurf zu dem Bilde: „Saul wird wegen seines Ungehorsams verworfen“ ...
27) Dienstag. Ich erhalte eine Einladung zur Königlichen Tafel ... Im Museum erfahre ich, daß Hettner mit mir geladen ist ... Um 4 Uhr bin ich im Schloß. Außer uns beiden ist ein Graf Vitzthum (ich vermuthe, derselbe, der Gesandter in Spanien war) und Staatsrath Grimm geladen. Es versammeln sich im Empfangszimmer dann noch Hofdamen und der Obersthofmeister ô Byrn, Kammerherren und Adjutanten. Endlich kommt der König mit der Königin und der Prinzessin Sidonie. Nach kurzer Unterhaltung geht man zur Tafel. Ich sitze dem König gegenüber neben Hettner. Die Unterhaltung ist frei, lebhaft und durchgehends auf interessante Gegenstände gerichtet. Der König bringt das Gespräch zuerst auf Rietschel’s Gruppe, auf des Cornelius Carton, auf das sich jetzt gestaltende Gypskabinet, auf Länder im Orient und im Deutschen Vaterland (Grimm gegenüber, der von Geburt ein Thüringer ist, sodann aber Jahre lang im Orient sich herumtrieb an der Seite des Großfürsten Konstantin). Grimm erklärte den Berg Athos (vergleiche Fallmerayer) für das schönste, was er gesehen habe. – Nach der Tafel blieb man im Empfangszimmer noch einige Zeit zusammen, während welcher Zeit Prinzeß Sidonia, wie schon vor der Tafel, sich mit mir lebhaft unterhält. Etwa um 6 Uhr begeben sich die Majestäten und Prinzeß Sidonia in ihre Gemächer, und wir andern gehen auseinander. – Zu Hause finde ich Rietschel, der heute nach Beendigung von Rauchs Büste aus Berlin zurückgekehrt ist ...
28) Mittwoch. Wir Künstler scheinen bei Hofe in Mode zu kommen. Für heute Abend werde ich mit Rietschel zur Königin Marie beschieden, und sollen wir etwas mitbringen zum Ansehen ... Die Komposition: „Saul wird verworfen“ kommt ins Reine ... 1/4 auf 9 Uhr fahre ich mit Rietschel zur Königin. Rietschel hat Richters „Erbauliches und Beschauliches“, ich habe eine Auswahl von 17 Blättern aus dem Album der Hausfrau mitgenommen. Wir sind die einzigen Männer im Kreise der Königin; an Damen finden wir außer derselben die Prinzessin Amalie (die sich meiner von 1809 her erinnert und auf diese frühe Bekanntschaft mich anredet), die Fürstin Reuß, Frau von Könneritz, Fräulein Cerrini, Fräulein von Carlowitz. Es geht höchst gemüthlich zu. Die Fürstin Reuß sagt zu mir, ich müsse sie für ein rechtes pecus campi halten, daß sie so lange nicht ins Museum gekommen sei. Als ich von Fräulein von Carlowitz begleitet, nach dem Vorzimmer eile, um die Sachen zum Ansehen zu holen, stürze ich auf dem gewichsten Boden der Länge lang hin. Von Fräulein von Carlowitz gestützt, raffe ich mich schnell auf; drinn hat man nichts gemerkt, wie Rietschel mir beim Nachhausegehen sagt. Die Zeichnungen und Holzschnitte finden großen Beifall. Aus Veranlassung der Overbeckschen Zeichnung [„Das Abendmahl“], die der Königin sehr gefällt, bemerkt sie, daß ihr des Cornelius Carton gar nicht gefalle und sie völlig kalt lasse. Mehre von den andern Damen stimmen dem entschieden bei. Heute lasse ich diesen Reden ihren Lauf und schweige. – Um 11 Uhr werden die Gäste entlassen. Rietschel und ich gehen zusammen nach Hause.
29) Donnerstag ... Nachmittag 4 Uhr Direktorialversammlung des Kunstvereins. Steinla hat seinen Stich nach der Madonna del pesce dem Kunstverein angeboten zum Vereinsblatt. Dieses Anerbieten ist Ursache der außerordentlichen Zusammenberufung. Es wird über die Sache sehr viel hin und her gesprochen. [173] Die Satzungen des Vereins scheinen allerdings der Annahme des Anerbietens entgegenzustehen; da indessen die betreffenden Paragraphen immer noch eine verschiedene Auslegung zulassen, so wird mit nicht unbedeutender Majorität beschlossen, daß der übermorgen stattfindenden Generalversammlung der Fall vorgetragen und ihr die Auslegung überlassen werden soll. Da außerdem noch ein Anerbieten gemacht wird, indem der Kupferstecher Goldfriedrich seinen Cyklus der Gesetzgeber aus Bendemanns Thronsaalbildern dem Verein für eine mäßige Summe anbietet, so werden der Versammlung dieses Mal nicht weniger als sechs Vorschläge vom Direktorium gemacht.
30) Freitag. Abends lesen wir den Anfang einer Auerbachschen Dorfgeschichte, welche betitelt ist „Lucian“. Auerbach sagte mir, die Erzählung sei unter dem Eindruck der Ronge’schen Bestrebungen, eine neue Kirche zu stiften, in welcher auch Leute seiner Richtung Aufnahme und Stellung zu finden hoffen dürften, entstanden. Wir sollten bei Lesung der Geschichte das bedenken und Nachsicht haben. Die Tendenz thut sich nun auch gleich Anfangs kund. Wir werden aber schwerlich durch Lucian gewonnen werden, sondern eher auf der Seite des strengen katholischen Pfarrers unsern Platz einnehmen. Wie tief auch Auerbach in menschliche Dinge und menschliche Gebrechen eindringt, die Tiefe, in welcher eine Erneuerung aus Gott gewonnen und die Selbstsucht und die Sünde überwunden wird, die hat er noch nicht ergründet.
31) Samstag. Brief von Thaeter. Er zeigt mir an, daß Barfus seine Platte mit unermüdlichem Fleiße nun so weit gebracht habe, daß er mir einen Probedruck glaubt vorlegen zu können, der nur noch eine letzte Korrektur nöthig erscheinen lassen werde. Der Probedruck kommt denn auch am Nachmittag in einem Kistchen an, das heute aber noch nicht eröffnet wird, da ich zur Generalversammlung des Kunstvereins zu gehen habe, die heute über die Wahl einer Vereinsgabe entscheiden wird ... Die Generalversammlung beginnt um 3 Uhr. Nach vielfacher Erörterung der Frage, ob wir das Recht haben, den Steinla’schen Kupferstich nach der Madonna del pesce nebst den andern Blättern in Vorschlag zu bringen, wird durch Stimmenmehrheit entschieden, daß das Blatt, weil es nach einem alten Bilde gestochen, nicht in Vorschlag gebracht werden soll. Nach Beseitigung dieses Gegenstands wird zur weitern Wahl vorgeschritten und unter den vier übrig bleibenden Vorschlägen der erste, nämlich der, das Bürkner-Bendemannsche Album als Vereinsgabe zu wählen, angenommen.
Februar.
1) Sonntag. Am heutigen Tag wird tüchtig gearbeitet. Vom Morgen bis zum Tagesschluß bin ich an dem Entwurfe des Gegenstandes: „Saul will David tödten“ ... Am Nachmittag eröffne ich das Kistchen mit dem Kupferstich nach dem Münchner Altarbild der evangelischen Kirche. Der Stich macht mir wirklich viel Freude. Barfus hat in der That mit großem Fleiße und mit sehr viel Gefühl die Arbeit durchgeführt. Sein brieflich ausgesprochener Wunsch, eine schriftliche, in Zeugnißform ausgestellte Erklärung von mir zu erhalten, welche, womöglich, mit dahin wirken soll, von der Königin Marie die Erlaubniß zu erhalten, ihr das Blatt widmen zu dürfen, soll erfüllt werden in einer Weise, die ihm nützlich sein wird ... Den Abend bringen wir bei Rietschel zu. Geh. Rath Weinlig, dessen Gemahlin, Sohn und Tochter sind zugegen. Die Unterhaltung ist außerordentlich lebhaft, Weinlig, wie immer, höchst interessant.
2) Montag. Der gestern erwähnte Entwurf kommt in den Morgenstunden vollends zu Stande. Steinbrecher bringt mir einen Abdruck seines nun vollendeten Blattes: „Gideons Sieg wider die Midianiter“. Das Blatt ist sehr gut gearbeitet. Es heißt nun ihm eine andere Zeichnung geben, und noch am Nachmittag beginne ich auf dem Holze zu zeichnen ... Abends Fortsetzung der Lesung des „Lucian“ von Auerbach. Diese Erzählung macht einen entsetzlich peinlichen Eindruck. Viel menschlicher Geist thut sich kund, aber die Tiefen und Höhen, die nur der heilige Geist erschließen kann, diese sind nicht ergründet, und darum nur Trostlosigkeit, inneres Elend, darum keine Befriedigung.
4) Mittwoch ... In der gestern erwähnten Angelegenheit (Erwerbung der Steinla’schen Sammlungen) beabsichtigte ich ohnehin Hettner aufzusuchen. Da ich nun noch höre, daß Hettner am Mittag mich aufgesucht, weil er in Angelegenheiten des Kunstvereins mit mir zu sprechen habe, so gehe ich gegen 5 Uhr zu demselben. Er theilt mir mit, daß General Baudissin dem Sekretär des Kunstvereins bereits eine schriftliche Austrittserklärung zugeschickt, und ist der Meinung, daß man suchen müsse diesen sehr begreiflichen, aber ebenso bedauerlichen Schritt rückgängig zu machen. Ich bin ganz seiner Meinung und werde gern das Meine dazu beitragen, um eine Wendung in den Angelegenheiten des Vereins, welche von sehr übeln Folgen sein kann, zu verhüten. Leider muß ich dann von Gonne, den ich zu Hause finde, erfahren, daß Baudissin schwerlich umzustimmen sein wird und daß die Gegner das Feld zu gewinnen alle Aussicht haben ... Abends liest die Hausfrau Auerbachs Erzählung „Lucian“ zu Ende. In keiner seiner Dorfgeschichten spiegelt sich sein Inneres so unverhüllt und deutlich als in dieser Erzählung. Deshalb ist es mir interessant, gerade diese Erzählung jetzt kennen gelernt zu haben. Der Ausdruck „interessant“ drückt aber meine Empfindung so wenig aus, daß ich [174] hinzufüge: keine Schrift Auerbachs hat mich in Ansehung seiner Person, zu der ich mich in mehrfacher Beziehung hingezogen fühle, so tief betrübt als diese.
5) Donnerstag ... Im Museum suchen mich Graf Baudissin (Otto)[42] und Kammerherr v. Rochow auf ... General Baudissin bestätiget mündlich seinen Entschluß, aus dem Direktorium des [Kunst-] Vereins auszutreten. Nachher kommen Goldschmidts mit Frau Gonne. Ich verweile einige Zeit mit Frau Goldschmidt (Jenny Lind) und Frau Gonne im Saale der Spanier. Hier sucht mich dann der Herr Minister auf und ladet mich freundlichst ein zum Mittagsessen für nächsten Samstag ... Den Abend bringt Lottchen Krug[43] mit ihren beiden Töchtern Helene und Ludovike bei uns zu. Sie liest uns ein von ihr verfaßtes Knaben-Lustspiel vor, das in einer Jugendzeitung abgedruckt ist. Es scheint uns allerliebst.
6) Freitag ... Mit Professor Hettner bespreche ich mich im Museum über die Kunstvereinsangelegenheiten und die Steinla’schen Sammlungen. Wir werden nächsten Mittwoch Direktorialversammlung des Kunstvereins haben und General Graf Baudissin, der seinen Austritt erklärt hat, wiederwählen. So wird es den Gegnern nicht gelingen, sich selbst auf den Stuhl zu setzen ...
7) Samstag ... Wigand besucht mich. Er erstattet mir Bericht über den Stand unseres Unternehmens vom geschäftlichen Gesichtspunkt aus. Dieser Stand ist ein befriedigender. Sobald der Cyklus fertig ist, wird Wigand die Bilder mit vollständigen Bibeln in allen Hauptsprachen erscheinen lassen ... Mittagsessen bei dem Herrn Minister von Zeschau. Gäste: Geheimer Rath von Langenn, Herr von Miltitz auf Siebeneichen, Kammerherr von Rochow, Geheimer Hofrath Bär, Conrector Böttcher, Oberlehrer Helbig, Director Gruner. Die Rede kommt wieder auf des Cornelius Carton, und ich muß losgehen. – Sehr gefallen hat mir Herr von Miltitz, wobei ich zunächst nicht an seine herrliche, echt ritterliche, hochadliche Erscheinung, sondern an seine einsichtsvolle, ernste und bescheidene Weise denke, mit welcher er sich ausgesprochen. Langenn[44] fühlt sich zu sehr als letzte Instanz, als daß ich über ihn hätte entzückt sein können ...
8) Sonntag. Fast ohne irgend eine Unterbrechung bleibe ich bis 1/2 5 Uhr (so lange kann ich jetzt schon zu solcher Arbeit sehen) bei meiner Aufzeichnung und komme beinahe mit den zwei Figuren, die das Bild enthält, zu Stande. Der Gegenstand ist: „Saul, wegen seines Ungehorsams verworfen“. Leider muß ich in den nächsten Tagen mit vielen Schreibereien mich befassen, die mir überhaupt sehr viel Zeit rauben ...
9) Montag ... Eggers will in sein Kunstblatt meine Lebensgeschichte bringen. Roquette hat mir dieses mitzutheilen. Ich gebe ihm die von [Tochter] Marie geschriebene Abschrift der biographischen Skizze, welche ich für die Berliner Akademie schrieb ...
10) Dienstag. Konferenz der Direktoren Königlicher Sammlungen, welche den Antrag auf Ankauf der Steinla’schen Sammlungen bei dem Ministerium des Königlichen Hauses stellen wollen. Wir versammeln uns um 5 Uhr im Sitzungszimmer der Akademie. Die Betheiligten sind die Herren Geinitz, Gräße, Loßnitzer, Hettner und ich. Es sind alle einverstanden, daß die Erwerbung sehr wünschenswerth und der geforderte Preis ein mäßiger sei. Die Schrift, welche ich für den Gesammtantrag entworfen, wird genehmigt. Es wird nun jeder sein Separatgutachten abfassen und nächsten Samstag Mittag 12 Uhr im Museum übergeben, wo auch der Gesammtantrag zum Ankauf von Allen unterschrieben werden soll. Die Ueberreichung an das Ministerium werde ich besorgen. Hettner hat heute die Bilder gesehen und ist von den Altflorentinern namentlich ganz entzückt ...
11) Mittwoch ... Um 4 Uhr ist Direktorialversammlung des Kunstvereins. General Baudissin hat die Wiederannahme der Präsidentschaft an eine Bedingung geknüpft. Das Direktorium soll bestimmen: daß ein wirkliches oder Hülfs-Mitglied des Direktoriums sich den Beschluß einer Majorität in der Art aneigne, daß, wenn es auch andrer Meinung ist, dasselbe darauf verzichte, als Mitglied des Vereins in der Generalversammlung dem Beschluß dieser Majorität des Direktoriums zu opponiren. Nur das freie Stimmrecht soll zugestanden werden. Das Direktorium verneint die Frage, ob es auf eine solche Forderung eingehen könne und wolle. Dennoch wird eine anderweitige Wahl nicht vorgenommen, man trägt vielmehr Hettner auf, dem General zu sagen, daß er nicht nur im Direktorium bleiben, sondern auch die Wiederwahl zum Präsidenten annehmen möge, wenn diese, freilich ohne jenes Zugeständniß, auf ihn falle. Verweigert Baudissin die Annahme, dann wird der Geheime Rath Spitzner wahrscheinlich aus der Reihe der Hülfs-Direktorial-Mitglieder in das Direktorium und sodann sogleich zum Präsidenten gewählt. In Betreff der Ausführung des Beschlusses über das Vereinsblatt wird bestimmt, daß nur die nöthige Zahl von Abdrücken von Bürkner genommen wird. Ich gebe zu Protokoll, daß ich für den Ankauf der Platten gestimmt habe, weil solches durch die Satzungen verlangt wird ...
[175] 13) Freitag ... Um fünf Uhr Lehrer-Konferenz in der Akademie ... Rietschel erscheint nicht, er ist unwohl und ließ sich durch mich entschuldigen. Ich sprach ihn um Mittag. Er ist sehr angegriffen, und ich bin recht besorgt um ihn. Wäre nur schon sein Fest glücklich vorüber!
14) Samstag. Ehe ich nach dem Museum gehe, besuche ich Rietschel. Ich mußte doch wissen, wie er sich fühle. Ueber Erwarten finde ich ihn wohlgemuth ohne Bangen vor der Anstrengung, die heute seiner wartet ... Obermann sendet mir den Probedruck seines Blattes: „Wie der Stamm Benjamin sich wieder erbauet (durch Mädchenraub)“. Das Blatt ist recht schön gearbeitet. – Nach 6 Uhr begebe ich mich in das „Deutsche Haus“[45], wo die Rietschel-Feier stattfindet. Die Gesellschaft ist schon beisammen. Der Saal ist schön geschmückt. Rauchs von Rietschel jetzt in Berlin gearbeitete Büste steht in der Mitte, nach dem Platze seines Schülers schauend. Hinter Rietschels Platz ist die ganze Wand mit Grün geschmückt, in welchem des Königs Büste und die Statuen Albrecht Dürers und Giottos aufgestellt sind (Rietschels Werke). An einer Langwand erblickt man einen Vorhang, welcher ein Geheimniß verhüllt. Rietschel erscheint gegen 7 Uhr. Zu seiner Rechten sitzt Geheimer Rath Kohlschütter, zu seiner Linken ist mir der Platz angewiesen. Kohlschütter spricht den Toast auf Seine Majestät den König. Am Schlusse eines Gedichts, das ein mir Unbekannter spricht, öffnet sich der erwähnte Vorhang und sichtbar wird ein Transparent-Gemälde, welches die Goethe-Schiller-Gruppe, etwas tiefer Rietschels Büste zeigt, und es wird das erste Hoch für Rietschel ausgebracht. Dann spricht Hübner; dann ein munteres Lied von Auerbach nach der Melodie „Prinz Eugen“, abermals mit Hoch auf Rietschel. Jetzt Rietschels einfache, schöne Erwiderung und sein Dank. Nun sprechen noch Geh. Regierungsrath Spitzner, Dr. Hettner, Dr. Gutzkow, Weinlig. Zum Schluß noch ein Lied von Hammer nach der Melodie von Schillers Reiterlied, das mit den Worten endet: was auch beschwere den Kopf, nie soll es doch sein ein Philisterzopf. Rietschel ist ganz selig. Die Feier ist auch wunderschön, und niemals habe ich schöner sprechen hören als heute. Hettner, Gutzkow sprechen überaus schön. Spitzner, an Rietschels Jugend erinnernd, nahm wohl am meisten die Gemüther gefangen.
15) Sonntag. Vor Tagesanbruch dichter Nebel, dann klarer Sonnenschein. So sieht es draußen aus; wie mag es den Theilnehmern am gestrigen Feste wohl gehen? Bei Einigen wird der Nebel wohl bis Mittag dauern. Ich kann von mir sagen, daß ich mit dem Sonnenschein, das heißt heute mit Tagesanbruch bei der Arbeit bin. Es soll heute viel geschehen, damit Obermann nicht lange auf neue Beschäftigung zu warten brauche. Rietschel sendet mir einige liebe Zeilen, in denen er mir sagt, daß er sich sehr wohl fühle. „Ich bin ein neuer Mensch geworden“ sagt er „und denke an viel Gutes und Liebes, was mir zu Theil geworden, ohne zu fragen, ob ichs verdiene“. „Kein Mißton stört heute meine Freude.“ – Gott sei Dank, daß alles so gut gegangen ist! Ich war sehr besorgt, habe nun aber wieder die Erfahrung, wie so oft, gemacht, daß aus guten Elementen sich gewöhnlich ein gutes Ganzes herausarbeitet ...
16) Montag ... Zusammentreffen mit Rietschel im Museum. Er fühlt sich wohler als seit lange und ist noch ganz glücklich in der Erinnerung an sein Fest. – Mengsisches Gypskabinet. Die Räume füllen sich mit ihren weißen Bewohnern. Die Elginschen und Aeginetischen Skulpturen sind aufgestellt und machen in ihren schönen Räumen eine herrliche Wirkung. Ich durchschritt die Räume, um Hettner aufzusuchen, den ich in der Angelegenheit der Steinla’schen Sammlungen zu sprechen hatte. – Meine Aufzeichnung „Die erste Salbung Davids“ kommt am Nachmittag zu Stande ...
18) Mittwoch. Der Umriß des Blattes „Saul will David tödten“ wird durchgezeichnet und zum Behuf der Uebertragung auf das Holz an Joerdens befördert. Da ich einen sehr einfachen Gegenstand als letztes Blatt der 18. Lieferung geben will, namentlich um des Holzschneiders willen, dem nur wenig Zeit zum Schnitt gewährt werden kann, so wähle ich „Freundschaft Jonathans und Davids“. Ich sehne mich sehr nach einer Zeit, da ich nicht mehr gehetzt werde und andere nicht mehr hetzen muß ...
19) Donnerstag ... Als ich mich rüste, um mit den Töchtern der Einladung von Baudissins zu folgen (gegen 8 Uhr), kommt Eduard Devrient, den Ludwig uns schon angekündiget hatte. Wir sehen ihn mit großer Freude; er sieht recht kräftig aus. Sein Aufenthalt wird nur kurz sein. Er geht zur Hochzeit seines Sohnes nach Berlin. Von Ludwig erhalten wir gute Nachrichten. Die halbe Stunde, die Devrient jetzt bei uns verweilt, verstreicht sehr schnell; wir sehen ihn dann aber noch bei Baudissins, wo er allerdings ziemlich spät eintrifft, wir verweilen daselbst aber bis gegen Mitternacht. Dawison, Goldschmidt, jener Nachbar vom Rietschel-Fest Präsident Rönne, Architekt Sommer und andere, natürlich auch Damen sind da. Die Gräfin Baudissin und Goldschmidt spielen einige vierhändige Sachen.
20) Freitag ... Um 8 Uhr begebe ich mich mit Marie zu Rietschels, wohin wir geladen sind, um den Abend mit Devrient zuzubringen ... Zu unserer Freude [176] hören wir auch von Rietschels, daß er sich über Ludwig sehr günstig geäußert hat.
21) Samstag ... Um 12 Uhr versammelt sich die Galerie-Kommission im Restaurationszimmer. Rietschel und Hübner fehlen. Es ist eines der großen Bilder von P. Veronese, „Die Kreuztragung“, und „Der Arzt“ von Correggio [?] in das Restaurationszimmer gebracht worden. Man erwägt, wie an dem ersteren Gemälde die sehr verdunkelte grünbraune Luft wiederhergestellt werden könne, und entschließt sich versuchsweise mit deckender Farbe einen Anfang zu machen, da ohne dieselbe nichts zu erreichen ist. An dem „Arzt“ wird man den fast verzehrten blindgewordenen Firniß durch eine neue Firnißlage auffrischen, den Riß an der Lippe und den Fleck an der Wange entfernen, im Uebrigen die Restauration Palmaroli’s (von ihm ist das Bild vor etwa 30 Jahren wiederhergestellt worden) unbedingt schonen und erhalten ...
22) Sonntag ... Arbeit an der Aufzeichnung „Saul will David tödten“. Ich bin wieder einmal vom Hexenschuß getroffen worden, was mich zwar an der Arbeit nicht hindert, aber sehr unbequem ist, da ich mich kaum von der Stelle rühren kann. Dieses wird sehr peinlich am Abend, da wir Gäste empfangen (Rietschel’s, die Seebeck, Oppermann, sämmtliche Krug’s, Hemken etc.), welche die Aufführung der seit ein Paar Wochen einstudierten Lustspiele („Der Brockenstrauß“ und „Familienzwist und Frieden“ von Putlitz) mit anzusehen und dann den Thee mit uns zu trinken eingeladen sind. Die Stücke gehen sehr gut und machen großes Vergnügen.
23) Montag. Kaum kann ich mich rühren beim Erwachen ... Ein sehr lieber Brief von L. Grisebach, begleitet von einem Schreiben des Fräulein Marie von Arnswaldt, kommt mir bald nach dem Aufstehen zu. Fräulein Grisebach hat große Freude an dem veränderten Entwurf zu dem Altar, und der Architekt hat alle Veränderungen genehmigt. Es ist demnach alles in Ordnung und die Arbeit kann beginnen ...
24) Dienstag ... Wigand schickt mir einen Probedruck des von Ade geschnittenen Blattes „Das Gebet der Hanna“. Das Blatt macht mir keine Freude. Die Nebensachen sind entsetzlich hölzern gearbeitet.
25) Mittwoch. Ausgang ... Zum Herrn Minister. ... Vorlage der Krügerschen Zeichnung zu der neuen Einrahmung des Holbein. Ich schlage vor, eine Kommission zur Beurtheilung zu berufen, an welcher außer den Mitgliedern der Galerie-Kommission auch Direktor Gruner Antheil nehmen und bei welcher Hofbaumeister Krüger zugegen sein soll. Der Minister erwähnt der Steinla’schen Sammlungen als einer Angelegenheit, die für ihn eine harte Nuß sei. Indessen sehe ich doch, daß die Bilder und die Petrefacten gewünscht werden ... Meine Aufzeichnung „Saul will David tödten“ wird am Nachmittag fertig.
26) Donnerstag ... Nachmittag fange ich die letzte Platte zu der 18. Lieferung an, darstellend „Jonathans und Davids Freundschaft“ ...
[193] 28) Samstag. Um 11 Uhr versammelt sich im Museum die Kommission, welche zur Beurtheilung der Zeichnung zur neuen Einrahmung der Holbeinschen Madonna berufen worden ist. Außer den Mitgliedern der Galerie-Kommission ist Herr Direktor Gruner eingeladen worden. Herr Hofbaumeister Krüger, der den Plan verfertigt, ist zugegen. Es zeigt sich von Anfang an eine Opposition gegen das Projekt. Hübner und Bendemann finden die Einrahmung zu reich und wollen eine Wand, an welcher die Madonna, mit den andern entsprechenden Bildern vereinigt, aufgestellt werde. Rietschel und Peschel scheinen diese Meinung nicht zu theilen, finden aber auch die Einrahmung zu massig. Direktor Gruner wünscht Aenderungen, ist aber im ganzen mit dem Projekt einverstanden und findet die Einrahmung nicht zu groß. Das heutige Resultat der Berathung ist, daß eine weitere Besprechung vorbehalten wird, bei welcher die Herrn Professoren Bendemann und Hübner ihre Gedanken in Zeichnungen zur Vorlage bringen sollen. Man begiebt sich, mit Ausnahme der Professoren Hübner und Rietschel, noch in das Holbein-Zimmer, wo die Meinung, daß das Projekt angemessen und die Einrahmung nicht zu groß sei, ein Uebergewicht zu bekommen scheint, wenn auch Bendemann bei seiner Ansicht verharrt. Es wird beschlossen, daß man unser Projekt durch einen Dekorationsmaler [194] in wirklicher Größe auf Pappe malen lasse und mit dieser gemalten Einrahmung das Bild umgebe, um dann mit Sicherheit beurtheilen zu können, wie sich die Einrahmung zu dem Bilde und zu dem Raume, in welchem dieses aufgestellt, verhalte. Ich werde schwerlich meine Ansicht aufgeben, daß das Bild isolirt und in einer Weise aufgestellt werde, welche der Aufstellung der Rafaelschen Madonna entspricht. Vermuthlich wird ein Machtspruch die Entscheidung geben, denn Bendemann und Hübner werden bei ihrer Opposition verharren.
März.
1) Sonntag. Noch am Vormittag komme ich mit meiner Zeichnung durch. Sie wird am Nachmittag durchgesehen, und, da Gaber mit einem Besuch, den ich heute bei ihm beabsichtigte, zuvorkommt, diesem mitgegeben. Er verspricht den Schnitt bis in drei Wochen zu vollenden. Ich habe nun also meinen Theil ausgeführt und bin herzlich froh eine Hauptlast abgeschüttelt zu haben ... Mittags gehe ich nach dem Kunstverein, um Ehrhardts Bild zu sehen. Es stellt Karl den Großen, neben der Leiche seiner Gemahlin Fastrade sitzend, vor. Ich finde das Bild scheußlich, in Auffassung und Komposition so ordinär, wie in der Farbe unangenehm. Es ist die Düsseldorferei in vollem Glanze. Von einem solchen Bilde hätten seine Genossen ihm abrathen sollen, anstatt sich überall besseren Bestrebungen hartnäckig entgegenzustellen ...
3) Dienstag. Brief an Paul Barfus. Erklärung über seinen Stich „Die Kreuzigung“ als Zeugniß für ihn und ein Blatt mit den Korrekturen nach München abgesendet ... Von Wigand erhalte ich einen Brief ... Er fragt mich auch, ob ich für rathsam halte, daß er sich mit Bunsen, der eine verbesserte Uebersetzung der Bibel bearbeitet, zu einer Ausgabe von dessen Text mit meinen Bildern verbinde. Es gilt diese Frage wohl zu überlegen nach allen Seiten hin. Ich fühle die Verpflichtung, zunächst Wigands Interesse bei der Sache als „Geschäft“ ins Auge zu fassen ... Museum. Schirmer meint, daß ich mit unserm Entwurf für die Aufstellung des Holbein auf den entschiedensten Widerstand von Seiten Bendemanns und Hübners rechnen müsse. Mich wird das nicht hindern, die Ausführung auf alle Weise zu vertreten und zu bewerkstelligen. – 5 Uhr Sitzung des Weber-Komites. Die Herrn kommen etwas spät. Da ich mit der Hausfrau ins Theater, wo heute Armide aufgeführt wird, gehe, so kann ich nur dem Anfang der Verhandlungen beiwohnen. Hettner, als Vorstand, meldet, daß Rietschel die ihm für das Modell zugestandene Summe erhöht wünscht. Diese Mittheilung macht einen übeln Eindruck. Allerdings sind unsere Mittel gering, und Rietschel hat durch sein Hinausschieben der Arbeit die Schwierigkeiten für die Ausführung vermehrt, doch reden Hettner und ich Rietschel auf alle Weise das Wort.
4) Mittwoch ... Schreiben an Wigand als Antwort auf seinen gestern erhaltenen Brief. Die Frage wegen einer Verbindung mit Bunsen hinsichtlich der Bibel beantworte ich von dem gestern bezeichneten Gesichtspunkt aus nach Pflicht und Gewissen ... Direktorialversammlung des Kunstvereins. Ankäufe ... In Betreff der Wahl eines Präsidenten wird beschlossen, Professor Hettner zu bitten, als Stellvertreter, wie bisher, die Geschäfte bis zu Neujahr zu führen. Hettner nimmt diese Bestimmung an ...
5) Donnerstag ... Eine neue Komposition „Saul bei der Wahrsagerin von Endor“ kommt zu Stande ...
6) Freitag ... Die gestern erwähnte Komposition wird heute Vormittag noch mit Fleiß und Lust überarbeitet und als Entwurf durchgeführt ...
7) Samstag ... Galerie-Kommission. Die sämmtlich gegenwärtigen Mitglieder derselben sind sehr erfreut über die Restauration des „Arztes“ von Correggio und des Wouwerman Nr. 1308[46] ... Abends Faschingsfest der Künstler (obwohl die Zeit der Fasten längst da ist). Es werden zwei kleine Stücke aufgeführt: Dr. Eisenbart, Schönbartspiel von Otto Roquette, und Bleistift, Künstlerdrama von Th. Große[47] ... Die Vorstellungen, sowie mehrere der gegenwärtigen Masken sind sehr gelungen. Große zeigt in seinem Stück einen akademischen Zögling, welcher von den drei Kunstrichtungen, der Münchner streng historischen, der Düsseldorfer romantischen und der niedrigen Kneipengenre-Richtung gewaltig in die Klemme getrieben wird. Die Lösung wird dadurch herbeigeführt, daß die streitenden Parteien versöhnt und von jeder dem Zögling die beste seiner Gaben verliehen werden. In sehr geistreicher und witziger Weise ist der Gliederpuppe eine Hauptrolle in dem Stücke zugetheilt.[48] Ich begebe mich mit Rietschel nach Aufführung der beiden Stücke nach Hause, wo wir etwa 1/210 Uhr eintreffen.
9) Montag ... Nachmittag beginne ich einen Entwurf zur Bibel: „Saul’s Tod“ ...
10) Dienstag ... Museum. Schirmer hat an dem Bilde des P. Veronese (Kreuztragung) die Luft bereits übermalt und mit sehr viel Glück und Geschick und Erfolg. Der Ton ist vortrefflich. Schirmer hat den alten Ton an einigen Stellen zwischen Baumblättern, [195] wo Paul nicht hingekommen ist mit seiner verdammten Schmiere[49], aufgefunden und nach diesem seinen Ton gestimmt, der dem Bilde außerordentlich gut thut. Die Köpfe und Gruppen auf der rechten Seite des Bildes heben sich vortrefflich los ...
11) Mittwoch ... Mit dem Arbeiten will es nicht recht gehen. Ich brüte über der Darstellung von Sauls Tod. Gaber schickt mir einen Probedruck des Blattes „Der Herr verkündet Samuel Eli’s Tod“. Gaber hat selbst nur wenig daran gethan, was allerdings zu merken ist ...
12) Donnerstag ... Gleich am Morgen beschäftige ich mich mit der Darstellung „Sauls Tod“. Ich kann nicht sagen, daß ich in der letzten Zeit so leicht gearbeitet habe wie sonst. Bei den Produktionen muß freilich ein Wogen und Schwanken, Ebben und Fluthen fühlbar werden; es drücken mich aber auch die vielen Nebengeschäfte und Schreibereien ...
13) Freitag. Bußtag ... Vollendung und Durchzeichnung des Entwurfs, darstellend „Sauls Tod“ ...
14) Samstag ... Im Museum sehe ich Preller, der vorgestern von Weimar hier angekommen ist und eine Woche hier weilen wird. Er beabsichtiget, einen landschaftlichen Cyklus zur Odyssee auszustellen ...
15) Sonntag ... Neue Komposition: „David schont Sauls in der Höhle". Obermann bringt einen Probedruck seines Blattes „Davids erste Salbung“ ...
16) Montag ... Museum. Preller daselbst. Ich soll den heutigen Abend mit ihm bei Rietschel zubringen. Schirmer ist mit der Restauration des Paul Veronese (Kreuztragung) fast fertig. Das Bild hat sehr gewonnen. Abends bei Rietschels mit Frau und Töchtern. Die Familie Carus, mit Ausnahme der Mutter, ist zugegen. Dann sind Gruners da, die Seebeck, Roquette. Preller ist leider durch Unwohlsein ... verhindert zu kommen. Das Album meiner Frau ist beliebt worden, und es besichtiget die ganze Gesellschaft dasselbe. Der alte Carus kritisirt und dozirt ohne Unterbrechung. Eine seiner Nachbarinnen, Frau Gruner, wird unwohl. Ich unterhalte mich mehrentheils mit dem jungen Carus, der mir sehr wohl gefällt ...
17) Dienstag ... Im Kunstverein sind eine Reihe von Arbeiten Prellers ausgestellt. Die größere Zahl derselben bildet einen Cyklus zur Odyssee. Ich besichtige diese Zeichnungen heute Mittag. Sie sind sehr bedeutend, namentlich sind auch die Figuren vortrefflich. Carstens Geist spricht aus ihnen ...
18) Mittwoch ... Museum. Die Kreuztragung von Paul Veronese ist vortrefflich geworden. Die neue Luft thut dem ganzen Bilde außerordentlich gut ...
19) Donnerstag ... Nachmittag bin ich wieder am Holze und beginne die Zeichnung „Saul bei der Wahrsagerin“ ...
20) Freitag ... Meine Aufzeichnung schreitet rasch voran. Das Blatt kann wirkungsvoll werden ...
21) Samstag ... Galerie-Kommission. Rietschel, der wieder unwohl ist, fehlt. Gegenstand unserer Berathung ist das Bild von Paul Veronese, die Kreuztragung. Schirmer wird sehr gelobt; Hübner meint, er habe wieder ein Meisterstück gemacht. Nachdem die Luft und manches andere so trefflich gelungen ist, wird nur noch der Felsen hinter der Hauptgruppe, dessen Schatten auch sehr nachgedunkelt sind, etwas lichter gewünscht. Schirmer wird diese Wünsche erfüllen. – Gaber bringt einen Probedruck des Blattes „Jonathans und Davids Freundschaft“. Er hat das Blatt am 2. März begonnen, hat also nicht einmal drei Wochen zur Vollendung gebraucht, und es ist herrlich ausgefallen. Der Stock ist übrigens heute schon nach Leipzig abgegangen ...
22) Sonntag ... Meine Aufzeichnung „Saul bei der Wahrsagerin von Endor“ wird nach wenig unterbrochener Arbeit heute beendiget. – Nachmittag besucht uns Kirchenrath Langbein[50] ... Wir sprechen viel über Bunsen, dessen letzten Schriften er gar nicht gewogen ist.
23) Montag ... Am frühen Morgen übergebe ich Joerdens die gestern fertig gewordene Aufzeichnung, der sie Obermann zustellen wird. – Brief an Wigand nebst jener von ihm gewünschten Erklärung über die mit ihm getroffene Uebereinkunft wegen des Bibelwerkes und einem Verzeichniß der Gegenstände bis zu Nr. 105 ... Es wird mich nun die Komposition „David und Abigail“ beschäftigen, welche in einem flüchtigen Entwurf vor mir liegt ... 5 Uhr Ausstellungs-Kommission. Bendemann wird zum Vorsitzenden gewählt ... In Betreff einer Aufforderung Krügers[51] an den akademischen Rath, gegen die Monotonie der Neubauten einzuschreiten, welche von diesem schriftlich abgegeben worden und in Cirkulation gesetzt ist, giebt mir Professor Heine[52] einige Nachweisungen, welche mir zeigen, daß die Ursache jener Monotonie allerdings bei der städtischen Bau-Kommission nicht allein zu suchen ist. Die Kommission hat [196] vieles befürwortet, was den Neubauten Mannigfaltigkeit verliehen hätte, dann aber vom Ministerium gestrichen worden ist. Heine ist selbst Mitglied der Konmission, was ich nicht wußte. Ich sehe ein, daß ich in meiner heute Morgen geschriebenen Begutachtung des Krügerschen Aufsatzes der städtischen Baubehörde zu nahe getreten bin und deshalb einer Zurechtweisung mich aussetze. Indessen ist die Hauptsache doch, daß der Fehler bekämpft werde, und die nähere Erörterung wird zeigen, nach welcher Stelle der Schlag zu führen ist.
24) Dienstag ... Die Zeichnung „David und Abigail“ wird sehr gefördert. – Zscheckel bringt mir einen Probedruck des Blattes „Simon schlägt tausend Philister“. Es ist tüchtig gearbeitet, nur fehlt es an Leben. Die Führung der Striche, die bei Gabers Arbeiten das Gepräge des erfindenden Künstlers stets beibehält und deshalb so warm und lebendig erscheint, erscheint hier steif und todt. – Schirmer hat nun auch den Felsen übermalt und die nachgedunkelten Schatten entfernt. Auch diese Aenderung thut dem Bilde wohl, wenn auch die Lebendigkeit der Behandlung des Meisters etwas abgeschwächt erscheint ... Rietschel schickt Prellers Album zu uns herüber ...
25) Mittwoch. Mariä Verkündigung. Besichtigung von Prellers Album. Die schönsten Blätter sind die Skizzen der jetzt ausgestellten Kartons, die Bilder aus der Odyssee. Uebrigens tragen alle Blätter das Gepräge der Genialität und Großartigkeit ... Da heute Feiertag ist, fällt mein Gang nach dem Museum aus; um so besser kann ich mich meiner Bibelzeichnung widmen. – Auch vom dicken Ludwig kommt ein Geburtstagsbrief. Er befindet sich jetzt in einer falschen Stellung Devrient gegenüber. Devrient hat ihm den Antrag im vorigen Jahr auf Verlängerung des Kontrakts gemacht. Ludwig hat sich nicht entschließen können, sich zu binden. Nun möchte er gern bleiben über die durch den alten Kontrakt festgesetzte Zeit, möchte aber, daß Devrient ihm erneut Anträge machte, um als derjenige zu erscheinen, der gewünscht und gesucht wird. Statt daß Devrient ihm entgegenkommt, erneuert er den Kontrakt mit Grimminger, Ludwigs Nebenbuhler, wodurch dieser sich als zurückgedrängt erkennen muß. Ludwig hat durch Mißtrauen gegen Devrient sich in die fatale Lage gebracht, entweder die Verhältnisse, in denen er sich glücklich fühlt und die seinem Gedeihen förderlich sind, aufgeben oder Devrient nun seinerseits um Verlängerung des Kontrakts bitten zu müssen. Ludwig sollte die gute Lehre, die ihm geworden ist, beherzigen, mit Vertrauen und Bescheidenheit Devrient seine Wünsche eröffnen – ich bin überzeugt, daß Devrient sie erfüllen würde. – Besuch bei Frau von Quandt. Ich richte meinen Auftrag aus, indem ich sie bitte, ihrem Mann als vertrauliche Mittheilung zu sagen, daß wir seinen Geburtstag feiern möchten in einer Weise, die am Gründonnerstag, auf welchen diesmal Quandts Geburtstag fällt, oder auch am Vorabend nicht ausführbar ist und deshalb dieses acht Tage später thun möchten, wenn wir vernehmen, daß Quandt die spätere Feier annehmen will. Frau von Quandt wird ihren Mann fragen und mir dessen Meinung mittheilen. – Abends kommen Schäfers[53], Roquette und Hemken, und wir verleben recht heitere Theestunden, bei welchen wieder einmal meine Homerischen Hymnen beliebt werden.
26) Donnerstag. Mein Geburtstag ... Abends Gesellschaft. Rietschels, Gabers, ... Sachßes (Mutter, Tochter, Sohn und Schwiegertochter), Roquette, Hemken. Roquette hat ein Festspiel gedichtet: „Dürers Geburtstag“, es mit den Meinigen heimlich einstudirt, und heute wirds aufgeführt. Albrecht Dürer (Hemken), Agnes, seine Frau (Emmy), Katharina Fürlegerin (Marie), Willibald Pirckheimer (Roquette), Jürgen Dürers Diener (Eduard), Jakob, Pirckheimers Diener (Franz), die Muse (Mathilde Sachße). Das Stück ist sehr schön und die Aufführung vortrefflich. – Roquette, der überhaupt sich sehr verdient um unser Haus macht, hat neue Ehren sich erworben ... Die Heiterkeit ist groß ... Es wird „Des Königs Geburtstag, Vogelwiese“ aufgeführt, in seiner Art vortrefflich. Oppermann, den ich noch nicht unter den Gästen nannte, trägt viel zur Heiterkeit bei. Rietschel ist überaus vergnügt ...
27) Freitag ... David und Abigail in sauberem Umriß zur Uebertragung auf das Holz vorbereitet. – Schirmer sagt mir, daß er, infolge von dessen Aufforderung, Hübners Familienbild gesehen hat und es sehr tüchtig finde. Das Bild wird nicht ausgestellt, und deshalb nehme ich Gelegenheit, Hübner mit seinem Bilde in seinem Atelier aufzusuchen. Das Bild ist allerdings sehr tüchtig gemacht. Es zeigt eine amerikanische Familie in vier Gestalten, Vater, Mutter, die sitzend mit einander Schach spielen, und zwei Töchter die hinter den Eltern stehen. Hübner nimmt meinen Besuch, wie mir scheint, sehr gut auf ... Im Begriff, Preller zu besuchen, und schon nahe an dessen sehr entfernter Wohnung, begegnet mir derselbe und sagt mir, daß er soeben mit seiner Frau mir einen Besuch zugedacht habe. Ich eile also wieder nach Hause, wo ich Preller, der gefahren ist, bereits finde im Kreise der Meinigen. Von uns begeben sich Prellers zu Rietschels, und wir werden von letzteren aufgefordert, uns auch einzufinden und den Abend mit ihnen zuzubringen. Das geschieht nun auch, und wir sind alle [197] sehr erfreut, endlich mit den trefflichen Leuten näher zusammenzukommen. Prellers gefallen uns sehr. Die Frau, die wir zum ersten Mal sehen, macht auf uns einen sehr guten Eindruck. Meiner Hausfrau Album wird besichtiget und wird Veranlassung, daß Rietschel für die seine auch eines gründet. Preller nimmt sogleich das Maß von Mariens ihrem, und Donndorf erhält den Auftrag, einstweilen beim Buchbinder das Gehäuse zu bestellen ...
28) Samstag ... Im Museum treffe ich mit Bendemann und Hübner vor der Kreuztragung Pauls von Verona zusammen. Die Beleuchtung ist heute gut. Das Bild macht eine treffliche Wirkung, und Schirmer erwirbt sich viel Lob. – Wigand schickt mir den Probedruck von Ades letzter Platte: „Saul verworfen“. Das Blatt ist sehr gut gearbeitet. – Abends Peip. Die Gesellschaft ist größer als sonst. Es sind nicht weniger als drei Minister gegenwärtig: von Beust, von Falkenstein, der einen trefflichen Aufsatz „über die religiösen Parteien in der evangelischen Kirche Sachsens“ vorträgt, und Herr von Zeschau. Außerdem sind Herr Präsident von Langenn, Rektor Klee, Hofrath Reichenbach, Oberhofprediger Liebner und Andere zugegen. Peip trägt eine Abhandlung „über rechte Mitte und schlechte Mitte“ vor, die geistreich geschrieben, aber mit Citaten überfüllt und verzwickt ist. Peip muß sich gefallen lassen, darüber getadelt zu werden. Klee schenkt ihm denselben nicht, sondern sagt seine Meinung mit aller Offenheit ...
30) Montag ... 1/212 Uhr Konferenz in der Niederlage der Porzellanfabrik mit den Herren aus Meißen wegen Bemalung und Dekorirung einer sehr großen Vase, welche für die Wiener Ausstellung angefertiget wird. Ich schlage für das Figürliche ein Bild von Fr. Albano vor, und, da die Herren selbst keinen Vorschlag machen und den meinigen gut finden, so begeben wir uns in das Museum, wo wir vor dem betreffenden Bilde, „Diana und Aktäon“, uns auch verständigen. Rietschel, welcher auch zur Konferenz gekommen ist, ist ebenfalls mit meinem Vorschlag einverstanden ...
April.
1) Mittwoch ... Probedrücke aus Leipzig und von hier. Der erstere, Arbeit von Aarland, „Saul will David tödten“, ist roh und macht mir einen wahren Schreck. Der andere von Steinbrecher ist tüchtig gearbeitet, und wünschte ich nur manches anders, was von mir gefehlt worden. Der Gegenstand ist Sauls Salbung zum Könige. ... Meine Aufzeichnung „Sauls Tod“ ist beinahe vollendet. Morgen werde ich sie Gaber bringen.
2) Donnerstag. Vor 8 Uhr Morgens macht mir Wigand einen unerwarteten Besuch. Er kommt von Berlin. So bekommt er denn eine kleine Epistel, in welcher ich mich gestern über das Aarlandsche Blatt aussprach, nicht aus erster Hand und nicht unvorbereitet. Wigand ist ganz in Verzweiflung über Joch, der seine Platte noch nicht abgeliefert hat. ... Meine Aufzeichnung „Sauls Tod“ wird fertig und gegen Abend zu Gaber gebracht.
3) Freitag ... Krüger hat die von Langau gemalte Einrahmung für den Holbein aufstellen lassen, und wir (Krüger, Schirmer und ich) betrachten diesen Entwurf ... 1/25 Uhr Sitzung des akademischen Raths. Die halbe Stunde vor der gewöhnlichen Zeit ist zugegeben worden, um über die Geburtstagsfeier des Herrn von Quandt von Seiten des akademischen Raths zu berathen ...
4) Samstag ... Nach dem Museum zurückgekehrt, werde ich längere Zeit durch Herrn von Römer in Anspruch genommen, welcher mir sieben Miniaturporträts der Friederike Dinglinger einhändigt, welche er als Geschenk den Königlichen Sammlungen bestimmt hat ... Inzwischen sind sämmtliche Kommissionsmitglieder (die Galerie-Kommission fällt heute aus) vor dem Holbein versammelt, um den Krügerschen Entwurf nochmals zu prüfen und die etwaigen andern Vorschläge in Erwägung zu ziehen. Hübner und Bendemann haben neue Entwürfe gemacht. Obwohl sämmtliche Mitglieder der Kommission heute mehr als neulich die Nothwendigkeit anerkennen, das Holbeinsche Bild hervorzuheben, so erklären sich doch alle gegen unsern Entwurf mehr oder weniger. Besonders findet man, daß der Aufbau einen zu altarartigen Charakter habe und das Bild durch seine Massenhaftigkeit drücke. Der Hübnersche Entwurf, bei welchem das Porträt des Goldschmieds Morette und das große Bildniß der Frau nebst dem Eyckschen Altar und dem kleinen Roger van der Weyden mit aufgenommen ist, findet den meisten Beifall und wird, da in demselben der Hervorhebung des großen Holbein entschieden Rechnung getragen ist, wohl die Grundlage des anzunehmenden Entwurfs bilden. Die Herren sollen ihr Gutachten alle einzeln abgeben. Ich werde, um die Sache zu einem Ziele zu führen, mit Gruner und Krüger unter den jetzt gewonnenen Anschauungen berathen und mit Zugrundlegung des Hübnerschen Entwurfs und der von der Mehrzahl gebilligten Eigenschaften desselben neue Vorschläge machen, aus welchen eine Einigung hervorgehen dürfte. – Nachmittag beginne ich die Aufzeichnung „David schont Sauls in der Höhle“. – Der Herr Bischof Forwerk macht mir einen Besuch und erkundiget sich nach dem Stande der Arbeiten für die Kirche. Von allen Seiten werde ich gedrängt. Gott stehe mir bei, um den an mich gemachten Anforderungen genügen zu können.
5) Sonntag. Palmarum ... Ich arbeite emsig und ohne Störung an meiner Zeichnung, während ich die gestern von der Kommission besprochene und berathene [198] Angelegenheit in allen Einzelheiten mir klar mache und zurecht lege. Der Krügersche Entwurf muß beseitigt werden, das sehe ich. Entweder gewinnt der Aufbau zu sehr das Ansehen eines Altars und drückt das Bild, wenn er in seiner Größe der Rafaelschen Einrahmung einigermaßen das Gegengewicht halten soll; oder er verliert bei einer wesentlichen Zurückführung an aller Bedeutung als Architektur und künstlerischer Durchführung. Das neue Programm wird lauten: Holbein (aber Holbein in drei Gemälden) und Schirm oder Wand. Morgen muß ich ans Werk gehen; vor allem aber mit Schirmer, Krüger und Gruner mich verständigen, damit das Nachgeben nicht blos ein Weichen wird, sondern wieder einen positiven Charakter annimmt ...
6) Montag. Um 10 Uhr in das Museum, um zuerst mit Schirmer die Holbein-Angelegenheit zu besprechen. Ich sehe heute die Sache doch etwas anders an als gestern. Die Idee, die Holbeinsche Madonna als Gegenstück der Rafaelschen hervorzuheben, isolirt hervorzuheben, ohne durch daneben aufgehängte große Porträts ihre Geltung zu mindern, ist mir doch zu lieb, als daß ich nicht einen Versuch machen sollte, diese Aufstellung mit Vermeidung der gerügten Uebelstände der ersten Einrahmung zu bewerkstelligen. Ich bin es aber auch dem König, welcher sich bereits für diese Idee ausgesprochen und genehmigt hat, daß die Holbeinsche Madonna der Rafaelschen entsprechend, nämlich isolirt (allerdings hinzusetzen: aber einfacher) eingerahmt, aufgestellt werde, schuldig, diesen Versuch zu machen, um bei der Vorlage zur Wahl ein in seinem Sinne ausgearbeitetes Projekt vorzulegen. Indem ich der Meinung bin, Schirmer vor Allen diese Gedanken mitzutheilen und sein Urtheil zu hören, finde ich Hübner bei demselben im Restaurationszimmer, mit der Besichtigung der [des?] Paul Veronese, Hauptmann zu Kapernaum, beschäftigt. Ich nehme nun Gelegenheit, Hübner sogleich diese meine Absicht zu erklären und ihm auch zu sagen, daß ich die Entwürfe von ihm und Bendemann Krüger zu bringen im Begriff stehe, da ich es für eine Schuldigkeit erachte, diesem, der durch Zufall an der neulichen Berathung keinen Theil gehabt, über die Beurtheilung seines Entwurfs zu referiren und die neuen Entwürfe zu zeigen. Hübner nimmt diese Erklärungen sehr gut auf ... Leider bin ich dann trotz wiederholter Versuche nicht so glücklich, Krüger zu finden, was mir besonders deshalb mit leid thut, weil ich ohne seine Einwilligung die Einrahmung der Holbeinschen Madonna, welche seit Freitag dieselbe noch umgiebt, nicht entfernen wollte, nun aber doch gerathener finde, deren Entfernung anzuordnen.
7) Dienstag ... Auch heute finde ich Krüger nicht, höre aber, daß er verstimmt und nicht geneigt ist, auf weitere Entwürfe sich einzulassen. Das höre ich durch Schirmer, der mit ihm gesprochen ... Wigand schickt mir den Probedruck von Jochs Platte: „Christus erscheint seinen Jüngern am See Genezareth.“ So ist denn auch die letzte Platte eingelaufen, und die drei Lieferungen können erscheinen. Jochs Platte ist vortrefflich gearbeitet und macht mir große Freude. Auch versöhne ich mich ein wenig mit Aarlands letzter Platte, von welcher Wigand mir einen Pressendruck schickt. – Nachmittag 5 Uhr Berathung in der Akademie wegen der Feier von Quandts Geburtstag[54] ... Die jungen Leute sind geneigt, ein Fackelständchen zu bringen. Dieses soll nun Donnerstag über acht Tage dem Herrn von Quandt gebracht werden und eine Verehrungsbezeugung von Seiten des akademischen Raths am selben Tage vorhergehen. Ich werde an Quandts Geburtstag ihm Vormittags einen Besuch machen und mit Genehmigung des akademischen Raths, aber in Form vertraulicher Mittheilung auf diese, eine Woche später erfolgende Feier hinweisen ...
8) Mittwoch ... Meine Aufzeichnung „David schont Sauls in der Höhle“ wird fertig.
9) Gründonnerstag. Herrn von Quandts Geburtstag ... Von Seiner Hoheit dem Erbprinzen von Sachsen-Meiningen Georg erhalte ich ein sehr gütiges, eigenhändig geschriebenes Schreiben, in welchem er mich auffordert, zu einer in diesem Jahr in Meiningen stattfindenden Ausstellung einiges von meinen Arbeiten zu senden. – Je mehr ich mir die Holbein-Angelegenheit überlege, desto mehr befestiget sich mein Vorsatz, gegen die Kollegen Hübner und Bendemann geharnischt aufzutreten. Krüger war neulich bei mir und spricht sich dahin aus, daß er jetzt weder Lust noch Zeit habe, einen neuen Entwurf zu machen, daß er aber Gruner, welcher durchaus geeignet sei, bereits gebeten habe, solches zu thun. Mir ist das ganz recht, und ich bringe Gruner sämmtliche Materialien, nachdem ich noch an Krüger geschrieben und auch mündlich ihn gebeten habe, ein Gutachten über die Entwürfe von Bendemann und Hübner aufzusetzen, welches ich in meinem Bericht an das Ministerium aufnehmen werde, wenn ich die Sache spruchreif demselben übergebe. Die Einwendung Hübners gegen unsern ersten Entwurf, daß er zu altarartig sei, eine Einwendung, die er in seinem Gutachten sehr breit erörtert, erkenne ich immer mehr als eine nichtige. Denn, was ist ein Altar? doch nicht ein in reichem Schmucke aufgestelltes Bild? Ein Altar ist ein Tisch. Das in reicher Einrahmung aufgestellte Bild kann wohl einem Altarschmuck gleichen, aber nicht einem Altar. Die Aufstellung des Rafael erinnert an einen Altar wegen des durch die Eisenbahn bedingten Vorbaues. Ein solcher Vorbau ist aber bei dem Holbein nicht nöthig. Sobald der neue Entwurf, [199] welcher an der isolirten Aufstellung des Holbein natürlich festhält, fertig ist, wird er den Herren Kollegen von der Kommission zur schriftlichen Begutachtung vorgelegt. Ist diese eingelaufen, so mache ich meinen Bericht, in welchem die Mängel der von Hübner und Bendemann eingegebenen Entwürfe gerügt werden und der neue Entwurf zur Annahme empfohlen wird. Die Kollegen sollen diesen Bericht mit anhören, aber damit ist zunächst wenigstens die Unterhandlung geschlossen und Bericht wie Belege werden sogleich abgegeben. – Vom Museum begebe ich mich zu Quandt, welchem ich gratulire ... Als ich meine Aufzeichnung „David und Abigail“ beginnen will, finde ich einen großen Sprung in der Holzplatte ...
10) Charfreitag ... Ich halte mich zur Arbeit. Da ich aber um des gestern angegebenen Grundes willen verhindert bin, an einer Bibelplatte zu zeichnen, so nehme ich die Zeichnung für die katholische Kirche vor, welche zu beendigen allerdings auch dringend nöthig ist. Die Figur des Christus wird fertig.
11) Samstag ... Vor 11 Uhr Museum. Schirmer hatte bereits an dem Paul Veronese (Hauptmann von Kapernaum) die Luft übermalt. Die Erfahrung, die wir an der Kreuztragung gemacht haben, daß auch die Verbesserungen ihr Bedenkliches haben, weil die Natur des Meisters so leicht verändert wird, hat ihn bewogen, seine Uebermalung, obwohl Hübner sie sehr gut fand, wieder wegzunehmen und mit einer bescheidenen Restauration sich zu begnügen. Mich freut diese einsichtsvolle Bescheidenheit viel mehr, als mich jede noch so erfolgreiche Kühnheit in dem Fache der Restauration freuen würde ...
12) Oster-Sonntag. Ein schöner, heller, sonniger Morgen, ein rechter Ostermorgen. Ich feire meine Ostern in der Arbeit an der Zeichnung zur Chornische der katholischen Kirche. Diese Zeichnung wird bis übermorgen fertig sein, und es mag wohl sein Gutes haben, daß jene Platte gesprungen ist. Denn noch wäre ich zu dieser Arbeit nicht gekommen, wäre die Platte nicht gesprungen. Die Zeichnung, die ich jetzt vorhabe, umfaßt übrigens nur den obern Theil der Chornische, die Kuppel ...
13) Oster-Montag. Mit geringen Unterbrechungen halte ich mich heute an der Zeichnung zur Chornische und vollende bis zum Abend den Theil, dessen Ausführung ich mir jetzt zur Aufgabe gemacht hatte, nämlich die Gestalt Christi und die beiden ihm zur Seite befindlichen Gruppen der Engel mit den Leidenswerkzeugen. Eine Unterbrechung wird herbeigeführt durch die Berufung zum König. Seine Majestät theilen mir mit, daß Sie dem Finanzminister Behr, welcher während der Abwesenheit des Justizministers Zschinsky dessen Ministerium verwaltete, Ihre Zufriedenheit durch ein Geschenk ausdrücken wollen. Dieses Geschenk soll in einer Vase bestehen, auf deren einer Seite ein Bild die Vereinigung der beiden Ministerien in einer Hand ausdrücken soll; die Gegenseite wird durch eine Inschrift geschmückt werden, welche der König selbst verfaßt. Die Zeichnung zu dem Bilde wünscht nun der König von mir, und diesen Wunsch mir auszusprechen ist die Ursache meiner Berufung. Die Aufgabe ist eine schwierige. Vertrauen erweckt Vertrauen, sagt man; daß Vertrauen aber plastisch deutliche und vernünftige Bilder hervorrufe, wenn der Stoff dazu nicht angethan ist, das habe ich noch nicht erfahren. Dabei hat die Sache Eile. Ich sagte dem König, was sich überhaupt finden läßt, wird wohl bald gefunden werden, und empfahl mich, der Aufgabe nachsinnend. Nachmittag suche ich Hettner auf, um meine Gedanken ihm mitzutheilen und Raths zu holen. Hettner giebt mir Nachweisungen, die mir nützlich sein werden ...
[213] 14) Dienstag. Ein flüchtiger Entwurf, den ich zu der mir aufgetragenen Zeichnung mache, scheint Lebensfähigkeit zu haben. Ein Blick auf die Vase, welche das Bild aufnehmen soll, zeigt mir die Nothwendigkeit, in der Zahl der Figuren mich zu beschränken und einige hübsche Motive aufzugeben, die ich mir ausgesonnen hatte ... Um 3 Uhr bei Graf Baudissin zum Mittagsessen. Präsident Rönne, Geheimer Rat von Ammon, Bürgermeister Hertel (des seligen Schulz[55] Schwager), Direktor von Weber[56] sind noch [außer Hettner und Nicolai] zugegen, und die Unterhaltung ist, wie gewöhnlich in diesem Hause, sehr lebhaft ...
15) Mittwoch ... Brief an Rahn als Einlage des Schreibens vom Sekretär des Kunstvereins, in welchem das angebotene Blatt fürs Erste abgelehnt wird. Mein Brief ist dahin gerichtet, Rahn jede Hoffnung zu benehmen, mit dem hiesigen Verein ein Geschäft mit seinem Stich zu machen, wie denn in der That durchaus keine Aussicht dazu vorhanden ist ... Von Schönherrs Wohnung begebe ich mich nach Neustadt zu Frau von Quandt, um ihr zu sagen, daß sie dafür sorgen müsse, daß ihr Mann 1/2 12 Uhr die Hosen anhabe, weil der Minister kommen werde; daß sie um 1 Uhr essen müsse, damit die Deputation des akademischen Raths um 2 Uhr Herrn von Quandt bereit finde, ihre Gratulation anzunehmen, und daß sie das Hinterthürchen des Gartens öffne, damit der Fackelzug nebst Musikkorps von der Elbseite in den Garten gelangen könne ...
16) Donnerstag. Heute also ist die Nach- und Hauptfeier des Quandtschen Geburtstages. 3/4 2 Uhr hält Geheimer Rath Kohlschütter an der Terrasse, und Rietschel, Nicolai und ich, welche ihn daselbst erwarteten, steigen in seinen Wagen ein, um uns in Quandts Wohnung zu verfügen. Inzwischen erfahren wir, daß der Herr Minister von Beust nach 12 Uhr bereits Herrn von Quandt das Komthurkreuz des Albrechtordens persönlich überreicht hat ... Um 5 Uhr kommen eine große Anzahl Bauern von Quandts Gütern und bringen ihm einen silbernen Pokal. Um 8 Uhr begebe ich mich nochmals in Quandts Wohnung, um das Fackelständchen mit anzusehen und zu hören. Der Abend konnte nicht schöner sein für das Vorhaben. Der Himmel war bedeckt, deshalb dunkler, als er bei Sternenlicht gewesen sein würde. Kein Lüftchen rührte sich. Als ich über die Brücke ging, sah ich das Dampfschiff nahen, welches die Künstlerschaft und das Musikkorps von der Terrasse abholte. Quandt war bereits am Fenster, als ich zu ihm kam. Bald sahen wir den Fackelzug sich von der Akademie aus gegen die Brücke zu bewegen. Bei dem Herabsteigen an der Freitreppe und dem Herabziehen zu dem Landungsplatz erinnerte das Feuer der dicht gedrängten Fackeln an den sich ergießenden Lavastrom. Das Goldlicht der Fackeln nahm sich im Gegensatz zu dem Silberlicht der Gasbeleuchtung sehr schön aus. Mit Musik setzte sich das Dampfschiff in Bewegung und landete in der Nähe der Pontonschuppen. Endlich kam der stattliche Zug heran. Tausende von [214] Menschen mochten von der Terrasse und der Brücke aus das Schauspiel mit ansehen. Auch das Quandtsche Haus war dicht besetzt. Die Bauern sahen von dem flachen Dache aus die Szene. Unter den Balkonen stellten sich die Sänger und das Musikkorps sowie die Träger der Fahnen und künstlerischen Embleme auf. Musik. Instrumente und Gesangesgruß. Dann die Deputation. Wegener als Repräsentant des Vereins der selbständigen, Kietz als Repräsentant des Vereins der jüngeren Künstler brachte den Dank und die Wünsche der Künstler. Quandt antwortete auf die sehr gute Anrede Wegeners sehr ausführlich und gut. Quandt war sehr gerührt und sichtbar erfreut durch die Beweise der Liebe und Anerkennung. Etwa 1/2 10 Uhr zogen die Künstler ab. Ich ging sehr bald nach ihnen. Rietschel, Hettner, Gruner schienen Lust zu haben, Quandts Einladung, mit ihm eine Flasche Champagner zu leeren, annehmen zu wollen. Die Feier des Tages ist in allen ihren Abtheilungen sehr gelungen, und Quandt hat unverkennbare Beweise der Liebe und Dankbarkeit empfangen, und diese Erweisungen schienen ihm sehr wohl zu thun ... Mein Entwurf zu der Zeichnung für die Vase ist ganz ins Reine gekommen, und ich glaube die schwierige Aufgabe ziemlich gut gelöst zu haben. Nun gilt es noch, die Reinzeichnung zu Stande zu bringen, wozu indessen zwei Tage genügen werden.
17) Freitag. Der Faktor Teichert kommt am Morgen, um nach der Zeichnung für die Vase zu fragen, da der König sich danach erkundiget hat und auch aus Meißen deshalb geschrieben worden ist. Teichert sagt mir, daß der König 1/2 1 Uhr in die Porzellan-Niederlage kommen werde, um einige Vasen zu sehen, die nach Florenz als Geschenke gehen. Diese Gelegenheit ergreife ich, um dem König meinen Entwurf zu zeigen. Der König ist sehr zufrieden, und es gefällt ihm auch die kurze Erklärung so, daß er daran denkt, sie als Inschrift beizubehalten. Ich werde nun möglichst schnell die Reinzeichnung vollenden, und soll diese sogleich an die Manufaktur gesandt werden. – Nachmittag 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths. Hauptgegenstand der Berathung ist der Krügersche[57] Antrag wegen der hiesigen Bauordnung. Geheimer Rath Kohlschütter trägt sämmtliche schriftlich dem Antrage beigegebenen Bemerkungen der Mitglieder des akademischen Raths vor, unter denen die letzten, von Herrn von Quandt herrührenden, durch ihre das Ziel oft verlierende Ausführlichkeit und durch den dozirenden Ton sich auszeichnen. Nach langer, sehr lebhafter und nicht immer im rechten Maße gehaltener Besprechung wird beschlossen, die Baubestimmungen selbst, welche ohnehin jetzt von Neuem von der Behörde in Berathung gezogen werden, einer Prüfung zu unterwerfen und womöglich auf ihre Fassung einzuwirken ...
18) Samstag. Meine Zeichnung nimmt Zeit und Kräfte ganz in Anspruch. Da die Figuren klein sind und heute das mühsame und die Augen angreifende Durchpausen und Ueberzeichnen des Umrisses vorgenommen werden muß, so bin ich gegen Abend wirklich ermüdet. Eine Unterbrechung bringt unter Mittag die Galerie-Kommission. Der Hauptmann von Kapernaum des P. Veronese hat doch außerordentlich gewonnen. Schirmer erntet mit seiner Restauration großes Lob ...
20) Montag ... Gruner zeigt mir einen Entwurf zur Einrahmung des Holbein, der wohl zur Annahme gelangen wird ... Porzellan-Niederlage. Der König hat die Inschrift aufgesetzt. Sie lautet: „Wohl dem, der im Streit der Pflichten mit klarem Sinn das Recht zu treffen weiß, Wohl mir, daß ich solchen Mann in dir gefunden.“ Vortrefflich hat der König mit der Deutung des Bildes die Widmung verbunden. Meine Erklärung des Bildes lautete: „Durch Weisheit verbunden und geleitet walten Gerechtigkeit und Reichthum zum Segen des Volkes.“ In dem Bilde ist zwischen die Figuren der Gerechtigkeit und des Reichthums (Abundantia), welche sich die Hände reichen, die Weisheit (Minerva) gestellt, die ihre rechte Hand auf die Schulter der letzteren, ihre linke Hand auf die Schulter der Justitia legt. Ein Genius zeichnet die durch die Wage erfolgenden Entscheidungen auf, ein anderer nimmt die Gaben aus dem Füllhorn der Abundantia, um sie zu vertheilen. In den oberen Ecken sind schwebende Genien mit Palmen- und Olivenzweigen. 1/2 6 Uhr übergebe ich die in Farben ausgeführte vollendete Zeichnung dem Faktor Teichert. – Aus Leipzig erhalte ich meine Exemplare der 16., 17., 18. Lieferung. So hat denn doch bis zum 20. April Wigand diese Lieferungen herausgebracht. Julius Ade, der junge Xylograph, welcher einige recht gute Blätter geschnitten hat und in der Wiederherstellung der häufig springenden Platten Wigand gute Dienste leistet, besucht mich ...
21) Dienstag ... Ich lasse mich bestimmen, in das Theater zu gehen, da Frau und Töchter für den Nachmittag und einen Theil des Abends zur Professor Rietschel geladen sind. Es wird die Stumme von Portici aufgeführt, und es singt den Masaniello, eine Partie, auf welche Ludwig lauert, ein Herr Auerbach aus Wien, Neffe von Berthold Auerbach. Der Mann hat eine schöne Stimme und gefällt. Man sagt, er wünsche hier angestellt zu werden.
22) Mittwoch ... Endlich nehme ich auch wieder eine Aufzeichnung vor: „David und Abigail“. Das [215] viele Schreiben verstimmt mich. Die Beschäftigung mit der Bibel richtet mich wieder auf. Leider giebts noch viel zu schreiben ...
24) Freitag. Schreiben an Seine Hoheit den Erbprinzen von Sachsen-Meiningen. Ich verspreche einige der bunten Zeichnungen zum Nibelungenlied Anfang Juni nach Meiningen zur Ausstellung zu schicken. Unbestimmt lasse ich, ob ich auch einen großen Karton (Siegfrieds Einzug in Worms) sende. Gonne hat seine Arbeit im Atelier[58] begonnen und bereits den Umriß auf die Leinwand übertragen. – Von Lieutenant Begas erhalte ich einen Brief, worin derselbe im Namen seiner Mutter die Frage stellt: ob die Galerie das berühmte Porträt Thorwaldsens, welches sein Vater 1821 in Rom malte, ankaufen wolle. Die Meinung der Galerie-Kommission wird gehört werden; doch kann kaum ein Zweifel sein, daß wir bei unserer Mittellosigkeit und in Betracht des Umstandes, daß wir in Betreff der Neueren uns bis jetzt nur auf den Kreis der Sachsen angehörenden Künstler beschränkt haben, einen Kauf nicht in Antrag bringen können ... Zahn bringt uns am Abend die Nachricht, daß unser Kollege Professor Anton Krüger[59] heute Vormittag unerwartet schnell, aber sanft verschieden sei. Er war ein sehr wackerer Mann und ein tüchtiges Mitglied des akademischen Lehrer-Kollegiums.
25) Samstag. Mein Atelier wird gründlich gereiniget, was sehr noth that. Ich finde deshalb Gonne nicht, welchem ich ein Bedenken nahe legen wollte hinsichtlich unseres Altarbildes. Die Christusfigur kam mir gestern allzu groß vor. Ich sprach mich nicht sogleich hierüber aus, weil ich dem Eindruck nicht ganz traute; die Sache läßt mir aber keine Ruhe, bis ich sie nicht nochmals vor dem Bilde erwogen und Gonne darauf aufmerksam gemacht habe ... Obermann bringt mir einen Probedruck des Blattes „Saul bei der Wahrsagerin von Endor“. Das Blatt nimmt sich sehr gut aus. Die Zeichnung „David und Abigail“ schreitet nun rasch voran ... Ich erfahre, daß Krüger morgen früh in aller Stille beerdigt wird. Er selbst hat angeordnet, daß in dem Fall seines Todes, von welchem er in der letzten Zeit ein starkes Vorgefühl gehabt hat, das Begräbniß ohne Rede, ohne Sang und Klang und nur im Beisein nächster Verwandter stattfinde.
26) Sonntag ... Beim Aufstehen (6 Uhr) sehe ich draußen alles weiß. Um 7 Uhr ist Krügers Begräbniß. Kälte und Tod sind zwei traurige Dinge ... Scheinert schreibt mir, daß Müller sen. das Vasenbild nach meiner Zeichnung malen werde. Man ist mit derselben sehr zufrieden ... Meine Aufzeichnung wäre fertig geworden, wäre die letzte Tagesstunde nicht durch einen übrigens sehr angenehm überraschenden Besuch in Anspruch genommen worden. Es besucht uns Professor Max Widnmann, der Bildhauer, unser alter treuer Freund. Derselbe war in Berlin, vermuthlich um Rauchs großes Werk, das Denkmal Friedrichs des Großen, zu sehen, da er jetzt das Denkmal König Ludwigs ausführen wird. Trotz des bösen Wetters zeige ich Widnmann ein wenig die Stadt. Den Abend bringt er dann bei uns zu ...
27) Montag. Brief an Wigand, welcher heute Abend nebst der heute beendigten, für Ade bestimmten Aufzeichnung „David und Abigail“ nach Leipzig abgeht ...
28) Dienstag ... Es beschäftigen mich nun neue Kompositionen zur Bibel, und zwar nehme ich jetzt Gegenstände des neuen Testaments vor. Wie für das alte Testament eine ununterbrochene Reihenfolge bis zu Nr. 105 hergestellt ist, so trachte ich auch für das neue eine entsprechende von I an geführte Reihenfolge herzustellen. Ich zeichne heute Entwürfe zu folgenden Gegenständen: „Jesus als zwölfjähriger Knabe unter den Lehrern im Tempel“ und „Die Geburt des Johannes“ ...
29) Mittwoch ... Vortrag an den Herrn Minister von Zeschau wegen der von Lieutenant Begas und von Unger angebotenen Bilder. Es ist schade, daß wir Thorwaldsens Porträt nicht erwerben können, aber ich mußte einen ablehnenden Bescheid erwarten. Ich werde beauftragt, sowohl Begas als auch Unger, der einen Salvator Rosa angeboten, ... abfällig zu bescheiden ... Nachmittag besuchen uns Widnmann, Professor Hettner und Gaber. Mit Widnmann und Gaber begebe ich mich nach dem Café National, wo wir die alte Gesellschaft außer Hähnel finden. 1/2 9 Uhr begebe ich mich mit den beiden zu den Meinigen, welche uns erwarten. Dann kommt auch noch Rietschel, und wir bringen noch ein paar Stunden bei einem Glase Bocksbeutel recht gemüthlich mit einander zu.
30) Donnerstag ... Atelier. Gonne hat mit großer Energie den schon aufgepausten Umriß weggewischt und neu aufgezeichnet. Es stehen nun die Figuren Christi, der Maria und des Johannes in dem richtigen Verhältniß zu einander. Die Maria ist auch schon großentheils nach einem vortrefflichen Studium grau in grau untermalt ... Peschel[60] zeigt mir sein Bild. Ich finde leider, daß es schwach ist. Es straft sich hier das eigensinnige Festhalten an einer kindlichen Kunst, [216] wo es Zeit ist, daß sie männlich werde. Peschel fühlt das auch ... Widnmann macht uns seinen Abschiedsbesuch. Morgen früh reist er ab. Wir haben durch seinen Besuch einen recht starken Eindruck empfangen, daß wir in ihm einen treuen anhänglichen Freund haben und daß er ein durch und durch tüchtiger Mensch und Künstler sei. Widnmann bringt den Abend bei uns zu.
Mai.
1) Freitag ... Meinen Entwurf zu der „Geburt des Johannes“ bringe ich am Nachmittag vollends ins Reine. – Um 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths ... Zunächst wird des guten Krüger gedacht. Professor Heine wird das Inspektorat einstweilen verwalten ... Für die erledigte Lehrerstelle haben sich Langer und Wichmann gemeldet ...
2) Samstag ... Galerie-Kommission. Die Mitglieder sind einverstanden, daß das Porträt des todten Luther, Cranachs Schule, das bisher im Restaurationszimmer sich befand, in der Galerie aufgenommen werde ... Auf dem Nachhauseweg gehe ich mit Rietschel. Derselbe bespricht sich mit mir wegen der Besetzung der Stellen in der Akademie. Wir sind darin einig, daß das Inspektorat Heine verbleibe, welcher dasselbe schon so lange pünktlichst verwaltet hat, wenn er es annehmen will. Wegen des anzustellenden Lehrers hat sich Rietschel über eine Person noch nicht entscheiden können, er spricht aber bei dieser Gelegenheit den Wunsch aus, es möchte doch Gonne in das Kollegium eintreten ...
3) Sonntag. Da ich Heine über mein Atelier Bericht zu erstatten und meine Schüler zu nennen habe, so nehme ich Gelegenheit, zu ihm zu gehen und wegen des Inspektorats mit ihm zu sprechen. Ich sage ihm offen, daß die Art, wie Herr von Quandt mit völliger Uebergehung seiner Person das Gesuch des Professor Ehrhardt unterstützt habe, mich verletzt, daß Rietschel ebenso empfinde und ich wissen möchte, ob Heine denn das Inspektorat nicht haben wolle. Da höre ich denn, daß Heine allerdings dieses Amt, das er so lange verwaltet, wünsche, und ich glaube, man kann annehmen, daß er es erhalten werde. Gegen 1 Uhr sende ich an Hübner die Entwürfe und Schriften, welche die neue Einrahmung des Holbein betreffen, mit einer kurzen Erklärung, daß ich an der isolirten Aufstellung des Bildes festhalte und daß ich, nachdem diese Entwürfe und Schriften bei den Mitgliedern der Kommission cirkulirt haben, meinen Bericht an das Ministerium schreiben werde, welches die Angelegenheit bei Sr. Majestät dem Könige zur Vorlage und Entscheidung bringen werde. Nachmittag Besuch bei Schönherr. Ich bringe ihm die Zeichnung zur Kuppel der katholischen Kirche und treffe die nöthigen Verabredungen wegen Vergrößerung der Umrisse und der Behandlung der Sache ... Gegen Abend kommt Gonne zu mir. Er theilt mir mit, daß er sich wegen einer Lehrerstelle an der Akademie melden werde ...
4) Montag ... Die Komposition „Jesus als zwölfjähriger Knabe unter den Lehrern im Tempel“ im Reinen ...
5) Dienstag ... Nachmittags 4 Uhr Sitzung des Direktoriums des Kunstvereins. Gekauft wird nichts. Hauptgegenstand der Berathung ist die Tilgung der Schuld, welche der Kunstverein dem Fonds für öffentliche Zwecke zu entrichten hat. Man hat sich selbst dabei etwas vorgeschwindelt und ist so ziemlich in die Patsche gerathen. Die enorm theure Vereinsgabe, welche Bendemann-Bürkner durchgesetzt haben, vermehrt die Schuld noch bedeutend ...
[233] 7) Donnerstag ... Ich schreibe meinen Bericht wegen der Schenkung der sieben Miniaturen von Friederike Dinglinger für die Königliche Galerie, welche wir Herrn Rud. von Römer zu verdanken haben, und gebe denselben in der Expedition der Sammlungen ab. Diese kleine Schenkung wird Veranlassung geben, daß wir in der letzten Abtheilung der Canalettos eine Vorrichtung treffen zur Aufstellung der Miniaturen, deren wir mehrere recht werthvolle haben ... Wieder ein Entwurf zur Bibel: „Christi Darstellung im Tempel und Simeons Weissagung“ ...
[234] 8) Freitag ... Museum. Hübner daselbst. Er sagt mir, daß auch Gruners Entwurf zu der Umrahmung des Holbein von ihm bekämpft werde. Das sehe ich, die Geschichte wird sich hinziehen bis zum Herbst. – Meine Komposition „Christi Darstellung“ im Reinen. Am Abend ist sogar ein sauberer Umriß zum Behuf der Uebertragung auf das Holz davon genommen ...
11) Montag ... Neue Komposition: „Die Versuchung Christi“. Atelier. Gonne hat sich also um die Stelle an der Akademie im Gypssaal beworben. Ich würde mich freuen, wenn seine Bewerbung von Erfolg wäre, und werde sie unterstützen so viel als möglich. Rietschel, dem ich am Abend auf der Terrasse begegne und diese sowie auch die Aufstellungsangelegenheit (Holbein) mit ihm bespreche, ist ganz meiner Ansicht in Betreff Gonnes. Schönherr theilt mir mit, daß wir den Maurer Strohbach nur haben können, wenn wir ihn für den ganzen Sommer engagiren. Das kostet sehr viel, wir werden aber ohne ihn nicht durchkommen. Ich suche Bendemann in seinem Atelier auf, um die Sache mit ihm zu besprechen. Bendemann ist dafür, daß Strohbach engagirt werde. Wegen der nöthigen Farben muß ich nach München schreiben. Die Kirche macht mir viel zu schaffen. Bei dieser Gelegenheit sehe ich auch Bendemanns Untermalung des Bildes Nausikaa und Ulysses. Bedeutend ist die Arbeit nicht ...
12) Dienstag. Schönherr ist gestern mit Bendemann nach Strehlen gegangen, wo Strohbach jetzt arbeitet, um ihn für die Kirchenarbeit zu engagiren. Die Christusfigur wird bald aufgezeichnet sein, dann noch eine Engelsgruppe ins Große übertragen und, so Gott will, die Ausführung in der Kirche begonnen werden. Ich suche den Herrn Bischof Forwerk und den katholischen Hofprediger Lange auf, um mit ihnen die Angelegenheit zu besprechen, finde aber weder den einen noch den anderen. – Mein Entwurf zur „Versuchung Christi“ fertig ...
13) Mittwoch. Brief an Schlotthauer[61]. Da wir die Farben zu der Malerei in der katholischen Kirche aus Berlin nicht beziehen können, wie Bendemann berichtet, so wende ich mich auf seinen Rath nach München, um dieselben zu erlangen. Und an wen könnte ich mich wohl mit größerem Vertrauen wenden als an Schlotthauer? Freilich wird sein Streit mit dem verstorbenen Hofrath Fuchs[62] dabei in Erinnerung gebracht, indeß wird er seine Mißhelligkeiten unserer Sache nicht entgelten lassen. – Museum. Restaurationszimmer. Die Venus von Guido, die zu blättern droht, ist tüchtig mit Balsam copaivae getränkt worden. Trotz der doppelten Leinwand und des Oelgrundes steht der Balsam in Tropfen auf der Oberfläche des Bildes, und es ist zu hoffen, daß die Operation wirksam sich erweisen werde ...
14) Donnerstag. Gestern erhielt ich die Nachricht, daß die Vase für den Minister von Behr vollendet und jedenfalls diesen Morgen in der Niederlage zu sehen sei, weil sie bereits 1/2 9 Uhr in das Bibliothekzimmer des Königs gebracht werden soll. Ich begebe mich um 1/4 9 Uhr in die Niederlage, wo ich die Vase sehe. Sie ist recht gut ausgefallen, und das Bild befriedigt mich mehr, als ich erwartete ... Prinz Napoleon ist heute hier angekommen.
15) Freitag ... Noch hat der Prinz das Museum nicht betreten; wie ich am Abend höre, ist er mit unseren Prinzen am Vormittag nach Räcknitz gefahren, um Moreaus Denkmal oder vielmehr von dort aus das Schlachtfeld des Kampfes bei Dresden zu sehen. Man sagt, des Prinzen Gesicht erinnere sehr an seinen großen Oheim. Eine neue Aufzeichnung: „Die Geburt des Johannes“, die ich gestern begonnen, schreitet rasch vorwärts ...
16) Samstag. Die Mappe mit den Entwürfen und Schriften bezüglich des Holbein gelangen [so!] an mich zurück. Es haben sich Hübner, Bendemann, Rietschel und Peschel auch gegen den Grunerschen Entwurf erklärt. Bendemann zieht seinen eigenen Entwurf zurück und unterstützt den Hübnerschen. Auch Rietschel und Peschel sind günstig für den Hübnerschen gestimmt und meinen, der Auszeichnung der Holbeinschen Madonna sei ihr Recht widerfahren, wenn auch ein Paar andere Holbeinsche Bilder daneben hingen. Was nun zu thun? Ich suche Krüger und Gruner auf, um sie zu einer Besprechung der Angelegenheit aufzufordern. Diese wird für Montag festgesetzt. – Im Museum werde ich durch den Hoftrompeter in Kenntniß gesetzt, daß Prinz Napoleon morgen früh um 1/2 9 Uhr die Galerie sehen wolle. Galerie-Kommission. Das Bild von Wijnants [richtiger: Adriaen van de Velde] (No. 1111) [„Die Rinderheerde im Thor“ jetzt 1658] findet man in guten Stand gesetzt. Die Venus von Guido, welche sehr los war, ist mit Balsam getränkt und angelegt worden. Anderes soll nicht geschehen. An der Findung Mosis von Paul Veronese, die gereinigt und leicht gefirnißt worden, wird wenig gethan werden ... Um 7 Uhr Versammlung des Weber-Komitee. Rietschel hat eine Berechnung gemacht der nöthigen Gelder. Der Anschlag lautet auf 8000 Thaler. Wir haben nur etwas über 5000. Nun wird berathen, wie das noch nöthige Geld herbeigeschafft werden soll. Ein erster Schritt besteht darin, daß wir an den Cölner Gesangverein uns wenden, welcher demnächst nach London geht, und ihn bitten, ein Konzert für unsere [235] Zwecke zu veranstalten. Da der Sekretär mit den Akten, Advokat Flemming, nicht kommt, so wird der wesentliche Theil der beabsichtigten Berathung vereitelt ...
17) Sonntag. Meiner Frau Geburtstag. Um 8 Uhr begebe ich mich nach dem Museum. Es ist alles bereit. Nach 1/2 9 Uhr kommt der Prinz mit seiner Begleitung, unserm Hofmarschall und den ihm hier beigegebenen Adjutanten. Der Prinz ist groß und stark, etwa wie unser Ludwig, nur noch kräftiger in den Schultern. Seinem großen Onkel sieht er sehr ähnlich, die jenem eigenthümliche Gesichtsbildung ist noch schärfer ausgeprägt. Vertrauen erweckend ist der Ausdruck des Gesichts nicht, der korsische Typus ist vorherrschend, doch sieht der Mann klug und bedeutend aus. Der Prinz spricht vollkommen gut deutsch, sieht die Bilder mit großer Aufmerksamkeit bis 10 Uhr an, und da diese Zeit ihm nicht ausreicht, um alles gut zu sehen, so erklärt er morgen und auch übermorgen seinen Besuch der Galerie zu wiederholen. Es ist mir doch ganz interessant, den Mann kennen gelernt zu haben. Ich erfahre ..., daß der Prinz Absichten hatte auf unsere Prinzessin Sidonia. Da unser König dieser Absicht nicht günstig ist, wurde die Prinzessin ... dem Prinzen gar nicht vorgestellt ... Auch Roquette schreibt und sendet mir in Abschrift von eigener Hand jenes Stück, das er zur Feier meines Geburtstags geschrieben und zur Aufführung gebracht hat ... Nachmittag gehen wir mit Rietschels hinaus nach Zschertnitz und Räcknitz. Der Tag war sehr schön und mild.
18) Montag ... 1/4 9 Uhr begebe ich mich auf meinen Posten im Museum. Grahl[63] stellt sich ein. Er hat den Prinzen, als er noch ein Kind war, in Rom gemalt, darum interessirt er sich für dessen Person und wünscht sich ihm jetzt wieder vorstellen zu können. Der Prinz kommt in derselben Begleitung wie gestern. Zuerst wird das Handzeichnungs- und Kupferstichkabinet in Augenschein genommen, dann die Galerie, nur in umgekehrter Ordnung, betrachtet. Wir beginnen mit den Neapolitanern und Spaniern, gehen dann zu Rubens, Van Dyck und zu den Deutschen. Der Prinz verweilt lange vor dem Holbein und erklärt dieses Bild, wenn auch nicht für das schönste, doch für das seltenste und merkwürdigste der Sammlung. Von da gehen wir durch die kleineren Abtheilungen zu dem Rafael. In der Abtheilung des Ruisdael stellt der Ceremonienmeister von Gersdorff Freund Grahl dem Prinzen vor, und derselbe bleibt von da an in der Begleitung des Prinzen. Etwa 1/2 11 Uhr verläßt der Prinz das Museum, nachdem er die zweite Etage ebenfalls gesehen hat. Das Mengsische Gypskabinet und das historische Museum ist schon gestern von ihm in Augenschein genommen worden. Der Prinz erweist sich als ein Kenner und als ein Mann von Einsicht in Sachen der Kunst. Die Werke voll Geist und Gediegenheit der Durchbildung werden immer mit sicherem Blick herausgefunden. Morgen um 9 Uhr will der Prinz noch einmal kommen. – Hofbaumeister Krüger ist bereits zugegen, sowie auch Gruner zu der verabredeten Besprechung über die Einrahmung des Holbein bereit ist. Wir begeben uns in das Restaurationszimmer und ich trage die eingelaufenen Gutachten der Kollegen vor. Gruner und Krüger sind wenig erbaut davon und noch weniger geneigt, den erfahrenen Tadel gelten und zu neuen Entwürfen sich bestimmen zu lassen. Wir haben jetzt Zeit, da der König morgen nach Italien geht und vor sechs Wochen nicht zurückkehrt, folglich eine Entscheidung nicht erfolgen kann. Ich werde zu den Architekten halten, mag nun gefunden werden, daß eine bessere Lösung nicht zu erzielen ist oder daß in einem neuen Entwurf doch noch ein glücklicheres Resultat erreicht werden kann. Wir sind darin einig, daß die isolirte Aufstellung festzuhalten ist ...
19) Dienstag. Um 9 Uhr im Museum. Der Prinz stellt sich bald darauf ein mit dem königlichen Ceremonienmeister von Gersdorff und dem Oberst von Stieglitz. Der Prinz ist orientirt und schreitet, da die Zeit kurz zugemessen ist (um Mittag verläßt derselbe Dresden), rasch durch die Räume, nur bei dem ausgezeichnetsten verweilend. Nach 10 Uhr verläßt Prinz Napoleon das Museum. Beim Abschied reicht er mir die Hand. Die Erinnerung an ihn ist mir werth. Ich würde ihm nicht leicht Vertrauen schenken, aber die Beweise von Einsicht und richtigem Urtheil zeichnen ihn als einen bedeutenden Menschen aus ... Meine Aufzeichnung der „Geburt des Johannes“ wird am Nachmittag fertig und sogleich eine andere: „Jesus unter den Lehrern im Tempel“ begonnen. – Ein Schreiben des Oberkammerherrn von Könneritz vom Weinberge berichtet mir, daß die Königin Marie mit der Frau Erzherzogin Sophie morgen die Galerie sehen wird.
20) Mittwoch ... Museum. Die Königin und die Frau Erzherzogin Sophie kommen erst 1/2 2 Uhr. Se. Exzellenz der Oberkammerherr von Könneritz kommt 3/4 Stunden vorher und unterhält sich mit mir über Palmaroli (den er kommen ließ) und Prinz Napoleon ... Die hohen Schwestern sehen die Galerie nicht ganz so gründlich wie Prinz Napoleon, freilich auch nicht zum ersten Mal ... 6 Uhr Sitzung des Weber-Komitee. Das Schreiben an den Cölner Männer-Gesang-Verein, das Hettner abgefaßt, wird vorgetragen und genehmigt, anderes verabredet, unter anderem ausgemacht, daß die ganze Ausführung des Denkmals, Guß und was dazu [236] gehört, in Rietschels Hände gelegt wird. Rietschel wird unserer nächsten Sitzung beiwohnen, da er über viele Punkte allein Auskunft geben kann. Es wird nun Ernst in der Sache ...
22) Freitag ... Nachmittag 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths. Ein Erlaß des Ministeriums des Innern eröffnet uns, daß es der Meinung sei, dem akademischen Rath in Zukunft ein Stimmrecht in Bausachen der Stadt Dresden zu gewähren. Zunächst ergeht eine Aufforderung an denselben, ein Paar Kommissäre zu ernennen, welche sich der Kommission zur Prüfung der neuen Stadtbaupläne anzuschließen haben. Es werden die Kollegen Nicolai und Rietschel gewählt. Nach Erledigung noch anderer Angelegenheiten verschreitet man zur Ernennung eines neuen Inspektors (an die Stelle des verstorbenen Krüger) und eines neuen Professors für den Gypssaal. Das Inspektorat erhält Heine, der dasselbe schon längere Zeit verwaltet hat, die Professur erhält Gonne ...
24) Sonntag. In der letzten Sitzung des akademischen Rathes war unter anderem auch ausgemacht worden, daß die im Namen desselben von Hübner verfaßte Petition wegen jährlicher Gewährung von 5000 Thalern für Kunstzwecke dem Herrn Minister von Beust durch eine Deputation des akademischen Rathes überreicht und empfohlen werden solle. Hübner, Rietschel und ich werden als Deputations-Mitglieder ernannt. Heute morgen um 10 Uhr überreichen wir dem Herrn Minister die Petition und bitten um Unterstützung derselben ...
26) Dienstag. Die Aufzeichnung „Jesus unter den[WS 2] Lehrern im Tempel“ wird am Vormittag noch einmal durchgesehen und am Nachmittag Obermann zum Schnitt übergeben ...
28) Donnerstag ... Der Herr Minister von Zeschau beauftragt mich, den nun vollendeten Saal in der oberen Etage des nordöstlichen Eckpavillons der Zwingergebäude amtlich zu übernehmen ...
29) Freitag ... Museum. Gruner zeigt mir einen neuen, in den Maßen reduzirten Entwurf seines Einrahmungsprojektes für den Holbein. Gruner selbst verläßt nur mit Widerstreben den ersten Entwurf; ich halte aber den zweiten für den geeigneteren und den von den Kommissionsmitgliedern aufgestellten Forderungen entsprechenderen, so daß mein Bericht auf die Wahl dieses letzten Projektes hinzulenken suchen wird ... Der Herr Minister eröffnet mir, daß die Steinla’schen Sammlungen für den geforderten Preis gekauft sind und in den nächsten Tagen von den betreffenden Direktoren übernommen werden sollen ...
31) Sonntag. Pfingsten ... Ich lese heute erst zwei gestern angekommene Briefe von Schlotthauer und Thaeter. Schlotthauers Brief kam mit den Farben für die katholische Kirche. Er sagt darin Folgendes: „Was Deine Bemerkung bezüglich der Erfindung dieser Malerei betrifft, so übergehe ich dieselbe hierbei und denke, man muß auch angethanes Uebel ertragen können, weniger um des willen, der es aus schmutzigem Eigennutz veranlaßt, als vielmehr um eines alten Mannes willen, der sich stets einen guten Namen (Fuchs) erhalten hat, aber in Folge einer Schwäche von ehrsüchtiger Eitelkeit von dem Schelm Reinecke, der von weiterer Verpflichtung enthoben sein wollte, sich hintergehen ließ.“ Diese Abschrift ist nicht buchstäblich getreu, aber gewiß sinngetreu, welches jeder finden wird, der Schlotthauers nicht ganz exakt geschriebenen Brief vergleichen könnte mit meinem Auszug. Wie die beiden Namen Fuchs und Reinecke zu nehmen sind, wird der Eingeweihte verstehen ...
Juni.
2) Dienstag ... Schirmer hat den heiligen Hieronymus von Rubens No. 791 in der Arbeit. Der Löwenkopf hat durch ein Loch, das in früher, uns nicht bekannter Zeit durchgestoßen worden ist, sehr gelitten. Mit Hilfe eines sehr schönen, gezeichneten Studiums nach einem wirklichen Löwenkopf restauriren wir die Bestie. – Direktorialversammlung des Kunstvereins. Es liegt nichts Wichtiges vor. Mir macht es aber große Freude, daß dem armen Gille eine Zeichnung, die übrigens wirklich vortrefflich ist, abgekauft wird um die von ihm geforderte Summe ... Ich beginne heute wieder eine Aufzeichnung: „Die Versuchung Christi“.
5) Freitag ... Im Museum betrachte ich mir mit Schirmer die Steinla’schen Bilder genau. Die Hälfte davon bereichert unsere Sammlung wesentlich, die andere Hälfte könnten wir entbehren, doch bietet auch diese manches werthvolle Bild ...
6) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission ... Inspektor Schirmer hat den heiligen Hieronymus von Rubens 791 oder vielmehr seinen schlafenden Löwen, der sehr beschädiget ist, ziemlich wieder in Ordnung gebracht. Nur eine der Tatzen, von der man nicht weiß, ob sie die innere oder die äußere Seite zeigt, macht noch zu schaffen. Ich zeige den Kollegen Gruners neuesten Entwurf (Rietschel hat ihn schon gestern bei mir gesehen). Man findet ihn sehr zum Vortheil verändert, und ich denke, man wird sich beruhigen, wenn er zur Ausführung kommt ... Gegen 5 Uhr begebe ich mich nach Neustadt in die katholische Kirche, wohin ich durch Schönherr bestellt war, um den in der Chornische befestigten Christus zu sehen ... Die Figuren werden eine schöne Wirkung machen namentlich gleich beim Eintreten in die Kirche ...
7) Sonntag ... Gestern Abend erhielt ich auch einen sehr freundlichen Brief des Erbprinzen von Sachsen-Meiningen aus London, wo derselbe sich jetzt noch befindet. [237] Der Prinz Georg meint, ich solle einen großen Carton [nach Meiningen zu einer Ausstellung] schicken, wünscht aber auch, daß ich selbst komme. Ich beschäftige mich heute ausschließlich mit meiner Zeichnung „Christi Versuchung“ und bringe sie am Nachmittag zu Stande ...
8) Montag ... Nach Tisch sehe ich die gestern fertig gewordene Aufzeichnung noch einmal durch und überbringe sie Steinbrecher zum Schnitt ...
9) Dienstag ... Nachmittag zeichne ich an der Aufzeichnung „Christi Darstellung im Tempel“ ...
11) Donnerstag. Die Mappe mit den Nibelungenzeichnungen für die Meininger Ausstellung wird ... zur Post gebracht. Den 28 Nibelungenzeichnungen lege ich noch die Schlacht von Ikonium bei, so daß im Ganzen 29 Zeichnungen nach Meiningen abgehen. Atelier. Hemken malt Roquette’s Porträt ... Gegen Abend besucht mich Wigand. Er fragt mich, ob ich schon von G. Kühn, dem Neuruppiner Wegelagerer, wegen Ehrverletzung verklagt worden sei. Das ist nicht der Fall und wird wohl auch kaum geschehen. Wigand theilt mir mit, daß die nachgedruckten Blätter bereits mit Beschlag belegt worden sind und daß er ohne Frage zu einer Geldstrafe verurtheilt werden würde, deren Betrag Wigand einer Wohlthätigkeitsanstalt in Neuruppin zuwenden will ... Abends wird das Haus voll. Außer den Unsern ... stellen sich Roquette, Fr. Preller Sohn, Hemken und Alb. von Zahn ein. Roquette liest die Novelle „Bei Tische“, die umgearbeiteten „Ritter vom Fleisch“. Wir gehen spät aus einander.
12) Freitag ... Nachmittag 4 Uhr Museum. Wie gestern verabredet, machen wir heute einen Anfang mit der Aufstellung der Steinla’schen Bilder. Schirmer meinte gestern, man sollte gründlich zu Werke gehen und eine Abtheilung ganz ausräumen und dann nur Zusammengehöriges hineinbringen. Heute ist er derjenige, welcher das vorschlägt, was ich gestern als meine Ansicht aufgestellt habe, nämlich die alten früher vorhandenen Sachen zu lassen, nur das Fremdartige zu entfernen und durch die neuen Bilder zu ergänzen, namentlich die Plätze zu benutzen, welche in der Abtheilung 2 durch die Entfernung der Evangelisten von Guercino, für welche ich die Plätze neben der großen Thüre in der Abtheilung 5 angewiesen, gewonnen würden. Wir haben eben nicht genug alte Bilder, um eine ganze Abtheilung mit ihnen füllen zu können und wollen sie auch nicht zu hoch hängen. Auf dem Papier nehmen sich die Prinzipien sehr gut aus, bei der Ausführung und den Thatsachen gegenüber wird man aber zuweilen von den Theorien und Prinzipien abgedrängt. Mit Schirmer komme ich aber immer gut aus. Er ist ein aufrichtiger und im Grunde seines Herzens bescheidener Mensch, voll richtigen Gefühls und guter Einsicht ...
13) Samstag. Ich begebe mich nach 9 Uhr in das Museum, um zu sehen, wie weit die Aufstellung der Steinla’schen Bilder in den Abtheilungen der Italiener gediehen ist. Es ist schon alles in Ordnung und läßt mir nichts zu wünschen übrig. Die störenden fremden Theile sind meistentheils entfernt und die alten Sachen reihen sich nun gut an einander. Eine genauere Zusammenhaltung der Schulen und gelehrte Aufstellung halte ich nicht für ausführbar. Wir haben immer noch viel zu wenig. Es bleibt uns nun noch die Aufstellung der andern, nicht-italienischen Bilder übrig.
14) Sonntag. Die Welt, die gestern untergehen sollte, steht noch immer. Aber kalt ist’s ...
15) Montag ... Museum. Steinla’s Bilder machen mir in unserer Galerie noch viel mehr Freude als in Steinla’s Wohnung ...
16) Dienstag ... Im Kupferstichkabinet finde ich eine Jugendarbeit von mir, welche dem Hofschauspieler Böhme gehört und wegen welcher er einen Ausspruch von mir wünscht. Es ist eine Zeichnung in Kreide, stellt Apollo mit dem sterbenden Hyazinth vor, und erinnere mich sie wirklich gemacht zu haben. – Nach Tisch besucht mich der Bischof Forwerk, um wegen der Kirche mit mir zu reden. Die Arbeit ist in gutem Gang ...
17) Mittwoch. Korrektur in der Akademie, dann ein Besuch in der Neustädter katholischen Kirche. Schönherr ist noch nicht da. Christus und die Engelgruppe auf der linken Seite sind untertuscht. Alles ist am rechten Platz und die Größenverhältnisse stimmen gut mit dem Raume. Gonne hatte gewünscht, daß ich die Köpfe für sein Bild[64] im Großen etwas genauer zeichnen möchte, und hat mir zu dem Behuf Durchzeichnungen übergeben. Heute nehme ich nun den Johanneskopf vor und bringe ihn dann in das Atelier ...
18) Donnerstag. Brief an Wigand als Antwort auf den gestern von ihm empfangenen. Er hatte Auskunft gewünscht über eine Zeichnung von mir, welche das Leipziger Museum besitzt. Die Zeichnung stammt aus meiner frühen Jugend und, wenn ich mich recht erinnere, stellt sie eine Szene aus „Sigurd der Schlangentödter“[65]) vor. Um 11 Uhr besichtige ich mit dem Herrn Minister eine Schloßkapelle, in welcher viele Bilder außer dem Altarbild sich befinden. Das Altarbild [238] soll von Guido Reni sein, die andern Sachen gehören auch, mit Ausnahme von ein Paar kleinen Sachen, der Bologneser Schule an, und findet sich nichts sehr werthvolles vor. Wenn der Kopf, welcher dem Andrea del Sarto zugeschrieben wird, von ihm wäre, und ein Rembrandt nicht bloß angeblich existirte, dann freilich würde man anders urtheilen müssen ...
19) Freitag. Freund Richter wünschte, daß ich einen Engel, mit welchem er nicht zurecht kommen konnte, etwas in die Kur nähme. So nehme ich denn das Figürchen diesen Morgen vor und thue, was ich thun kann, um Richters Wunsch zu erfüllen. Für Gonnes Altarbild zeichne ich heute noch den Madonnen- und den Christuskopf und zwar gleich mit der Feder, da das Papier für den Stift zu glatt ist ... Major Serre kommt nochmals in Angelegenheit des Tiedge-Festes, das er vorbereitet, um meine Theilnahme bei einer Berathung über die zu stellenden Tableaux in Anspruch zu nehmen. Diese Berathung findet denn auch heute Abend nach 6 Uhr bei mir statt. Die Herren Naumann und Gliemann, welche die Bilder stellen werden, und der Herr Major kommen ...
20) Samstag. Ich trage meine gestrigen Arbeiten aus. Zu Gaber kommt der Richter’sche Engel, zu Gonne gelangen die Köpfe. Unsere auf heute fallende Galerie-Kommission ist schwach vertreten. Außer mir erscheint nur Professor Bendemann. Wir begnügen uns mit stiller Freude an dem schönen Filippino[66], der unter Schirmers Hand noch sehr an mildem Glanz gewonnen hat ...
22) Montag ... Das kleine Bild von Filippino ist eine Perle der Galerie. Es hat unter Schirmers Hand außerordentlich gewonnen. Noch heute wird es an seinen Platz zurückgebracht werden ...
23) Dienstag ... Gegen 6 Uhr wandre ich nach der katholischen Kapelle in Neustadt. Schönherr hatte einen Besuch gewünscht. In der Untertuschung treten nun sämmtliche Gestalten der Halbkuppel aus dem Grunde heraus, und der Christuskopf ist bereits vollendet. Dieser Kopf ist sehr schön, und ich sehe, daß Schönherr der rechte Mann ist zur Lösung der Aufgabe. Endlich also kann ich Freude an der Sache haben und mich beruhigen ...
25) Donnerstag ... Der Herr Bischof L. Forwerk hat mir ein Buch über die Galerie zugeschickt, über welches er mein Urtheil hören will. Der Titel ist: „Die Dresdner Galerie. Geschichten und Bilder. Von A. von Sternberg“. Der Verfasser will die Liebe zu unserer Sammlung und zur Kunst dadurch erwecken, daß er aus Veranlassung einiger Bilder Novellen erzählt, die wohl gar wenig oder gar keinen geschichtlichen Grund haben. Er hat sich Bilder gewählt, die, weil sie ihrem Inhalt nach etwas räthselhaft sind, der Auslegungskunst reichen Stoff bieten. Die Novellen sind nicht ohne Geist erfunden und geschrieben und werden ihre Leser unterhalten. Die Liebe zur Kunst wird aber wohl wenig Nahrung dadurch erhalten ... Hier und da schauen die Hörnerchen aus dem Lockenkopf hervor ...
26) Freitag ... Sitzung des akademischen Raths. Es kommt viel und nicht Unwichtiges vor. Der Antrag an das Ministerium, dem Architekten Giese, unserm Stipendiaten, noch 150 Thaler zu bewilligen, führt lange Erörterungen herbei, bei denen besonders Bendemann betheiligt ist als Opponent. von Quandt fällt wieder in seinen alten Fehler. Die Sitzung endet erst 3/4 8 Uhr ...
27) Samstag ... Ich beginne einen Entwurf zu dem Gegenstand: „Jesu erste Jünger“. Die Berufung Petri nach dem wunderbaren Fischzug ist vielleicht ein schönerer Moment als der von mir gewählte; er ist aber zu wundervoll durch Raphael dargestellt, als daß man noch einmal sich daran wagen konnte. Dann paßt auch die erste von mir gewählte Berufung der fünf ersten Jünger besser in die Reihenfolge, und ein wunderbarer Fischzug kommt schon vor, bei der Erscheinung des Herrn nach der Auferstehung am See Genezareth.
Juli.
2) Donnerstag ... von Sternbergs Buch ist mit viel Talent und mit Geist geschrieben, doch ist sein Geist in Teniers Hexenküche etwas angeräuchert und unsauber geworden ...
3) Freitag ... An die Mutter ist ein Brief von Ludwig eingelaufen, den er unmittelbar nach seiner Ankunft auf dem Rigi geschrieben hat. Von der Natur ist er ganz entzückt; sonst ist aber seine Stimmung sehr ernst. Er fühlt sich vereinsamt, und die Sorgen um seine Gesundheit drücken ihn ... Ich fürchte sehr, daß er seinen Beruf als Theatersänger wird aufgeben müssen. Wir wollen sehen. Ludwig äußert sich über solche Möglichkeit, als drohe darin ihm eine Strafe. Sollte es sich fügen, daß er das Theater verlassen muß, dann soll er erfahren, daß er an mir einen Vater und einen Freund hat, der jeder Aufopferung fähig ist ...
5) Sonntag. In Folge der von Krüger gegebenen Anregung in Betreff des städtischen Bauwesens wurde aus den Mitgliedern des akademischen Raths eine Deputation gewählt, um an einigen Berathungen der Baubehörde Antheil zu nehmen. Sodann wurde Veranlassung gegeben, diejenigen Abschnitte der Bauordnung kennen zu lernen und zu begutachten, welche von den [239] Rügen des seligen Professors Anton Krüger besonders betroffen wurden. Die Professoren Nicolai und Heine wurden aufgefordert, zuerst diese Abschnitte durchzunehmen und ihre Meinung darüber schriftlich auszusprechen. Die betreffenden Akten zirkuliren nun bei den übrigen Mitgliedern ...
7) Dienstag ... Nachmittag schreibe ich an Quandt eine Erwiderung auf seinen Brief[67]. Ich sage ihm ganz offen, daß ich in Betreff der Bewilligung für Giese nicht seiner Meinung bin ... Abends sind wir mit Frankl[68] allein. Mit letzterem verstehe ich mich sehr gut. Ich nehme Gelegenheit, ihm meinen alten Aufsatz, den ich in der Menterschwaig vor vielen Jahren vorgetragen habe[69], mitzutheilen. Es wird mir dabei recht klar, woran es hier im Kunstleben fehlt. Es fehlt an ganz anderen Dingen als den Lumpereien, über die Quandt lamentirt.
8) Mittwoch ... Den gestern an Herrn von Quandt geschriebenen Brief sehe ich diesen Morgen noch einmal durch und expedire ihn. Einiges, was er mehr zwischen den Zeilen als in denselben lesen wird, wird ihm nicht recht sein. Da kann ich aber nicht helfen ... Im Museum finde ich nun auch den Ghirlandajo bis auf weniges vollendet. Das Bild steht aber auf einer niedrigeren Stufe als der Filippino, der Lorenzo di Credi und der Raffaellino del Garbo. Ich freue mich, dem König diese Bilder zu zeigen ...
9) Donnerstag ... Museum. Der Baronet Sir John Murray Naesmyth begegnet mir auch heute in den Gemäldesälen. Er sagt mir, daß er sehr befreundet mit Bunsen ist und denselben jetzt in Heidelberg besuchen wird. Der Baronet macht mich aufmerksam, daß das Pastellgemälde 1961 [von Rosalba Carriera] den Kardinal von York nicht vorstelle; er meint, es sei eine Verwechselung vorgefallen; das Bild 1971, das als das Porträt des Clemens August, Kurfürst von Cöln, Prinz von Sachsen [richtiger: Bayern], bezeichnet sei, stelle den Kardinal von York vor. Diese angebliche Berichtigung dürfte doch noch besser zu begründen sein ...
11) Samstag ... Zusammenkunft mit Bendemann ... Bendemann liest einen Brief Hübners aus Manchester vor, in welchem ein ausführlicher Bericht über die daselbst aufgestellten Kunstwerke enthalten ist. In Betreff der Magdalena des Lord Ward[70] gehen unsere Meinungen aus einander. Ich halte sie für eine Copie des Allori und ziehe die unsere vor ...
13) Montag ... Heute Abend kommt der König von seiner Reise zurück. Ich mache mich nun an die Abschrift meines Berichts über die Aufstellung der Holbeinschen Maria ...
14) Dienstag ... Im Atelier sucht mich Herr Clauß[71] auf, welcher die Zeichnung zu der Vase für den Minister Behr wünscht, da er für die Illustrirte Zeitung einen Artikel darüber zu schreiben beauftragt ist. Im Museum finde ich den spanischen Hofmaler Jose Galofre (Madrid, calle del Sorda 43), welchen mir Papperitz schon gestern daselbst vorstellte. Galofre meint, daß das Porträt, welches früher als Van Dyck galt, von Quandt aber dem Roelas zugeschrieben wurde (No. 580), wirklich von letzterem herrühre. Dagegen meint er, daß die Konzeption der heiligen Jungfrau, die in London als Roelas gekauft wurde (No. 579), demselben nicht zuzuschreiben sei, sondern von Franc. Pacecho, dem Meister des Velasquez, herrühre ...
15) Mittwoch ... Schirmer hat den Kopf von Lorenzetti restaurirt und ist jetzt bei dem heiligen Crispinus von Perugino, der von Würmern arg heimgesucht worden. Die Löcher sind nun bereits gut verkittet, und da hoffentlich keine lebenden Würmer mehr im Holze sind, so wird das interessante und ohne allen Zweifel echte Köpfchen nun gesichert sein. Die Malerei ist, was den Kopf betrifft, gut erhalten ...
18) Samstag ... Museum. Ich entwerfe nach dem Bilde des Albano „Diana und Aktäon“ das Gemälde für die große Vase, welche zur Ausstellung nach Wien bestimmt ist ... Geh. Rath Carus hat mich für den Abend einladen lassen. Ich finde den Geh. Rath Varnhagen von Ense, Gemahl der berühmten Rahel, den ich gestern schon im Museum sah und ein wenig kennen lernte, ohne zu wissen, wer er sei. Außer diesem waren Professor Hettner, Hofrath Klemm, Grahl, der alte Oppenheim, Peip und Rietschel zugegen. Carus las Einiges aus seinen „Betrachtungen“ über Gemälde unserer Galerie vor, und zwar über drei Bilder von Ferd. Bol und die beiden Claude’s. Geistreich ist Carus, das muß man ihm lassen.
[288] 25) Samstag ... Im Museum entwerfe ich die Zeichnung zur zweiten Hälfte der Vase nach „Diana und Aktäon“ von Albano ... Zu Hause finde ich einen Brief von Bethmann-Hollweg.[72] Derselbe wünscht auf dem Kirchentag zu Stuttgart eine kleine Ausstellung derjenigen neueren Werke zu veranstalten, welche Zeugniß ablegen von dem neuerwachten Streben und Wirken religiöser Kunst in der evangelischen Kirche. Ich soll seine Bemühungen unterstützen, die geeigneten Werke dort zu vereinigen.
27) Montag. Museum. Beendigung der Zeichnung nach Albano zu der Vase. Es fehlen jetzt nur noch die schwebenden Amorinen, welche von einem anderen Bilde desselben Meisters entnommen werden sollen, um dem oberen Theil der Vase eine Zierde zu geben. Unser kleiner Rochus (umbrische Schule) ist nun auch gereinigt und wiederhergestellt. Es ist ein zierlich Bildchen, die Hände, namentlich die eine, mit welcher er sich auf dem Boden stützt, sind trefflich gezeichnet. Niemand kann etwas dagegen einwenden, das Bildchen wirklich für eine Jugendarbeit Rafaels zu halten ...[73]
28) Dienstag ... Noch am späten Abend bringt Obermann einen Abdruck des Blattes „Jesus als Knabe unter den Lehrern“. Es ist sehr tüchtig ausgeführt ...
29) Mittwoch. Gaber läßt die Platte „Jesu erste Jünger“ abholen und sendet mir dagegen die Serien XIII und XIV, 1856 und 1857 der „fliegenden Blätter“ des rauhen Hauses, in welchem zwei zusammengehörige Artikel über „Bilder und Illustrationen“ enthalten sind, die unter anderem auch meine Bibel und Richters Arbeiten besprechen. Es wird die Bedeutung der Bibel in Beziehung zur Familie und gegenüber derselben hervorgehoben und ich als der Künstler der ersteren, Richter als der Darsteller der letzteren bezeichnet. Die Artikel sind vortrefflich, nicht weil sie mich loben, sondern obwohl sie mich loben. Wie gern stehe ich mit meinem alten Richter zusammen! Von wem mögen die Aufsätze wohl herrühren? ...
August.
1) Samstag ... Galerie-Kommission. Bendemann und Peschel sind gegenwärtig, Gegenstände der Berathung und der Beurtheilung sind zwei Köpfe aus den Steinla’schen Bildern: die heilige Cäcilie [richtiger eine Märtyrerin] von Francesco Furini und der heilige Hieronymus, angeblich von Domenichino. Der letztere ist mit großer Meisterschaft gemalt, doch ist an Domenichino nicht zu denken. Schirmer glaubt nach dem Zustand von Festigkeit der Farbe annehmen zu müssen, daß das Bild erst etwa 80 Jahr alt sein könne. Die Heilige ist auch mit einer gewissen Meisterschaft gemalt, aber mit keiner guten. Diese Bilder rechnen wir nur als Zuwage ...
[289] 8) Samstag ... Museum. Aus dem Ministerium wird ein kleines Bild zur Beurtheilung mir vorgelegt, das aus dem Nachlaß der Prinzessin Louise[74] aus Rom angekommen ist. Das Bildchen ist eine sehr schöne wohlerhaltene Originalskizze von Rubens, den heiligen Rochus darstellend. Es wird mir gesagt, daß der Minister es gern sehen würde, wenn ich zu ihm käme und noch ein anderes, aus Rom gekommenes Bild sähe. Dieser Weisung komme ich natürlich nach. Das andere Gemälde ist aus der Zeit, in welcher italienische Einflüsse die deutsche Kunst berührten; es hat manches Schöne, ist im Ganzen aber doch nicht so werthvoll wie jene Skizze, auch vermag ich den Meister nicht zu bestimmen. Der Herr Minister will veranlassen, daß der König beide Gemälde der Galerie überläßt ...
10) Montag ... Schirmer hat das Bild von Mart. Heemskerk gereinigt. Es ist ein sehr schönes Bild und, obwohl es durch allzu starkes Putzen sehr gelitten hat, immer noch seine 250 Thaler werth. Steinla hat es mit 50 Thaler veranschlagt ...[75]
11) Dienstag ... Im Dresdner Journal kommt ein Bericht über die Erwerbung der Steinla’schen Sammlungen. Ich hatte Clauß meine Berichte zur Verfügung gestellt und ich finde großentheils wörtlich das, was ich gesagt ...
12) Mittwoch ... Es beschäftiget mich heute der Entwurf zur Bergpredigt. Am Abend sehe ich, daß die Zeichnung nichts taugt und daß ich nur Elemente gefunden habe, aus denen ein besserer Entwurf hervorgehen kann.
14) Freitag. Die Bergpredigt wird nochmals vorgenommen, und ich darf hoffen, daß der neue Entwurf besser wird und beibehalten werden kann. ... Museum. Im Restaurationszimmer finde ich die beiden Bilder, welche mir neulich der Minister zeigte ... Die Gemälde sind von einem Schreiben begleitet, in welchem gesagt wird, daß der König auf Vortrag des Ministers sich bewogen gefunden hat, dieselben der Galerie zu überlassen. Die Skizze von Rubens – oder von Van Dyck, wie Renner[76] meint – ist vortrefflich; das andere Bild immerhin auch interessant ... Es ist ein Bild deutschen Ursprungs und unter italienischem Einfluß entstanden, der Meister fürs erste noch nicht zu ermitteln.[77]
15) Samstag ... Ade schickt mir einen Probedruck des Blattes David und Abigail: Es ist gut gearbeitet. – Galerie-Kommission. Rietschel und Peschel sind zugegen. Beide freuen sich über die beiden vom König geschenkten Bilder, besonders über die Skizze von Rubens. Mit größter Befriedigung sehen wir das in der meisterhaften Restauration nun vollendete Bild von M. Heemskerk, das, wenn nicht das schönste, doch eines der schönsten Bilder aus der Steinla’schen Sammlung ist.[78] Außer allem Zweifel gehörte zu diesem Fragment ein Hauptbild und ein entsprechendes Flügelbild. Denkt man sich dann die Form des Ganzen, so wird man zu der Annahme geleitet, daß unser Bild nicht nur insofern Theil eines Ganzen, sondern auch an sich nur Theil eines Theiles ist, daß nämlich das Bild ein stark überhöhtes Flügelbild war und der untere Theil der Figuren abgeschnitten ist ...
17) Montag. Am Morgen wird der neue und bessere Entwurf zur Bergpredigt fertig. Ein Herr aus Warschau, Namens Skarnitzki, wenn ich recht gehört, besucht mich. Er ist im Besitz des Sechskampfes, welchen ich in Wien malte und den damals (1816) Speck kaufte, und, wie es scheint, hält er etwas auf das Bild ...
20) Donnerstag ... Um 3 Uhr finde ich mich bei Frau Gräfin Radolinska ein, wohin ich durch Peip geladen bin. Mitgäste sind Geheimer Rath von Langenn, Carus, der englische Maler Wheelwright und Professor Harms aus Kiel (Liebners Schwiegersohn). Bei so guter Gesellschaft kann man sich nur gut unterhalten ...
26) Mittwoch ... Gaber ... bringt mir einen Druck des Blattes „Christi Darstellung im Tempel“, das von ihm selbst, folglich sehr schön gearbeitet ist ...
27) Donnerstag. Museum. Zweite Begegnung mit Hübner daselbst. Gespräch über Kunstwerke in England. Er hat natürlich vieles gesehen, was mir unbekannt geblieben ist (Windsor), manches habe aber ich gesehen, was er nicht kennen gelernt hat. Endlich haben wir das meiste alle beide gesehen. Hübner hat übrigens, wie zu erwarten, gut gesehen, und es ist gut mit ihm über das Gesehene reden. Er ist klug und gebildet ... Steinbrecher bringt mir einen Druck seiner nun vollendeten Platte „Die Versuchung Christi“. Das Blatt ist untadelhaft gearbeitet, nur der Teufel kann sich beklagen; denn dem hat der Holzschneider ein verdammt schiefes Maul geschnitten, wozu der Teufel ihn nicht brauchte ...
29) Samstag ... Galerie-Kommission, gegenwärtig Hübner und Rietschel. Hübner erklärt sich entschieden und umständlich gegen die Originalität jener Rubens-Skizze ... [290] Das neue dreitheilige Altarbildchen nimmt sich in seiner Auffrischung recht schön aus, obwohl es eigentlich heller nicht geworden ist. Den Meister desselben zu bestimmen vermag auch Hübner nicht ...
September.
2) Mittwoch. Inspektor Renner theilt mir mit, daß der junge Frenzel das große Gemälde von Rubens, nach welchem unsere Skizze kopirt ist oder zu welchem sie den Entwurf enthält, gesehen hat. Ich meine den heiligen Rochus: Das Gemälde schmückt den Altar der Martinskirche zu Alost und genießt den Ruf, eines der ausgezeichnetsten des Meisters zu sein. Also die Komposition gehört dem Rubens an; von wem mag unser Bildchen sein? Um vielleicht auf eine Spur zu kommen, schreibe ich etliche Zeilen für unsern Agenten in Rom, Professor Törmer,[79] mit der Bitte, nachzuforschen, seit wie lange das Bild im Besitz der Prinzessin Louise war und aus welchen Händen sie es erhalten hat etc. Diese Zeilen überreiche ich dem Geheimen Hofrath Bär, welcher sie durch das Ministerium des Auswärtigen nach Rom gelangen lassen wird ...
3) Donnerstag. Frenzel vervollständigt seine Mittheilung noch durch die Angabe, daß das fragliche Bild für die Martinskirche in Alost bei Rubens bestellt worden ist. Die Franzosen raubten es, mußten es aber zurückgeben, und es kam 1815 wieder von Paris nach Alost zurück. Das Bild ist von Paul Pontius sehr schön gestochen ... Unter großen Störungen beginne ich die Aufzeichnung der Auferweckung des Töchterlein Jairi. Zu meinem Verdruß sehe ich, daß die Pause verkehrt auf das Holz gekommen ist. Es kann glücklicherweise die Komposition auch so aufgezeichnet werden, und ich lasse es nun dabei ...
4) Freitag. Ade schickt mir einen Probedruck des Blattes „Christus und Nikodemus“, welches sehr tüchtig gearbeitet ist ... Museum. Mein Mißtrauen gegen die Echtheit der Rubens-Skizze wächst. Es ist keine Einzelheit, die mich in diesem Zweifel befestigt (es müßte denn die Beschaffenheit der Tafel sein, auf welche es gemalt), es ist die ganze Haltung des Bildes gegenüber den unzweifelhaft echten Werken, welche mich mehr und mehr bestimmt, dem Hübner Recht zu geben ...
9) Mittwoch ... Bei Herrn Werner (Schönfelds Buchhandlung) sehe ich zwei Gemälde an, welche einem Buchhändler in Teplitz gehören, der sie selbst hieher gebracht und mich gebeten hat, sie zu beurtheilen. Das eine ist ein Christuskopf von einem altdeutschen Meister, den ich aber nicht zu nennen weiß. Das andere Bild ist ein Thierstück – weidendes Rindvieh – von einem neueren Niederländer, der aber sehr geschätzt wird. Sein Name ist Ommeganck.[80] Gegen die alten Meister dieses Fachs, einen Potter, van der Velde und andere, kommt doch solch eine Arbeit nicht auf ...
10) Donnerstag ... ich ... gehe dann in die Ausstellung, um Wichmanns[81] Bild zu sehen. Es stellt ein Hochzeitsmahl vor und ist wirklich ein schönes, freundliches Bild. Wenn das Gesetz Wichmann ausschließt, nun dann ist überhaupt keine Wahl; ist das aber nicht der Fall, dann wird sein Bild ohne Zweifel gewählt werden, denn es ist unter den fraglichen bei weitem das beste.
12) Samstag. Galerie-Kommission ... Sehr ernstlich krank ist unser Van Eyck. In dem Mittelbild sind mehrere Stellen los. Bei einem Holzbild ist der Balsam copaivae nicht so wirksam, wie bei einem Leinwandbild, doch ist es das einzige Mittel, das anzuwenden ist, will man das Bild nicht vom Holz abnehmen, wozu man sich doch sehr schwer entschließt. Das Schlimme ist, daß das Holz seit der Zeit, als davon abgenommen wurde (noch unter Matthaei, jedoch gegen seinen Willen) etwas geschwunden zu sein scheint, so daß beim Niederlegen die Farbenränder gegen einander zu stemmen drohen. Schirmer will erst den Balsam wirken lassen, dann an einer Stelle vorsichtig das Niederlegen und Andrücken der Farbe versuchen. Man kann seiner An- und Absicht nur zustimmen ... Zu Hause angekommen finde ich Gasser,[82] der mit uns speist. Er hat jetzt in München die Wiederholung des St. Lukas von Van Eyck, den ich vor Jahren dort mehrmals gesehen, ein herrliches, unzweifelhaft echtes und reines Bild, von der Wittwe Noel zugleich mit ihrem ganzen übrigen Bilderkram gekauft. Er ist um diesen Besitz zu beneiden ... Inzwischen hat Obermann einen Abdruck der Hochzeit zu Cana gebracht. Das Blatt ist sehr fleißig gearbeitet. Am Christuskopf fehlt es. Hoffentlich kann durch Nachbesserung wesentlich geholfen werden. Am Theetisch sind wir wieder einmal allein, was auch nicht übel ist. Es wird etwas gelesen.
15) Dienstag. Je mehr ich mich mit dem Neuen Testament beschäftige, desto gründlichere Erwägungen werden nothwendig. Das Calwer Handbuch der Bibelerklärung[83] ist mir ein vortrefflicher Führer. Wie [291] unerschöpflich der biblische Stoff ist und wie sehr auch oft wiederholte Gegenstände neuer und eigenthümlicher Auffassung fähig sind, das erfahre ich auch immer von Neuem. Ich bin wieder zur Maria Magdalena gelangt, eine liebe, tiefe und innige Persönlichkeit, und ich komme dabei wieder auf einen Gedanken, einen Entwurf aus dem Jahre 1816 oder 17.
17) Donnerstag ... Dann begebe ich mich nach Neustadt, um Schönherrs Malerei in der katholischen Kirche zu besichtigen. Christus mit den beiden Engelgruppen ist nun bald vollendet. Wenn die Ornamente demnächst gemalt werden, so kann die Malerei fixirt, der Grund vergoldet und somit die Kuppel der Chornische noch in diesem Herbst völlig vollendet werden. Schönherr hat sich bewährt, und ich denke, es soll sein Vortheil sein ...
25) Freitag ... Beim Thee erhalte ich einen Brief von Wigand, der weniger angenehm ist. Wigand ist ängstlich wegen des Erfolgs unseres Werkes und ungeduldig wegen dessen Vollendung. Doch schreibt er in sehr rücksichtsvoller Weise. – Ade sendet einen Probedruck seines Blattes „Die Auferweckung des Töchterlein Jairi“. Das Blatt ist sehr rasch entstanden, ohne vernachlässigt zu sein. Doch ist Ade kein Gaber oder Joch.
26) Samstag ... Nach der Arbeit erquicke ich mich durch einen Spaziergang ins Freie. Wie ich nach Hause komme, berichtet mir die Hausfrau, daß der Erbprinz von Meiningen mir einen Besuch machen wollte und, da ich nicht da war, nach ihr gefragt und sich dann lange mit ihr unterhalten hat. – Ich werde ihn dann wohl nur erst im Museum wiedersehen.
27) Sonntag. Brief an Wigand als Antwort auf den vorgestern empfangenen. Ich kann nur anerkennen, daß Wigand sehr rücksichtsvoll und freundschaftlich sich gegen mich ausgesprochen; das ändert indessen nicht den Inhalt seines Begehrens. Er will raschere Vollendung des Werkes, als ich es zu liefern vermag, und will jetzt schon ein Verzeichniß aller einzelnen Blätter haben, welche es enthalten wird. Ich muß ihm sagen, daß ich diese Wünsche nicht erfüllen kann, wie gern ich auch möchte. – Wider Erwarten wiederholt der Erbprinz Georg von Meiningen schon diesen Morgen (etwa gegen 10 Uhr) seinen Besuch bei mir. Er ist begleitet von einem Musiker Namens Reichel. Die Unterhaltung wird sehr lebhaft. Natürlich ist es die Kunst, um welche sich das Gespräch dreht; da wird aber in der Hauptsache alles berührt, und ich glaube, in vollem Einverständniß. Der Prinz bleibt über eine Stunde. Als er weggeht, fährt der Großherzog von Weimar in einer Hofequipage bei Rietschel vor.[84] Der Prinz hält sich auf der Treppe zurück, um nicht gesehen zu werden, da er sich bei Hofe noch nicht vorgestellt hat ...
Oktober.
1) Donnerstag ... Nach meinem Spaziergang finde ich zwei Probedrücke in meinem Hause, die Gaber inzwischen gebracht hat. Sie sind sehr schön, obwohl nicht von Gaber selbst gearbeitet. Der eine ist das Blatt „Jesu erste Jünger“, der andere „Zwei Blinde rufen Jesum um Hilfe an“ ...
3) Samstag ... Ant. Joerdens bringt mir den Probedruck seiner sehr brav gearbeiteten Platte „Die Bergpredigt“ ...
4) Sonntag. Schon am Morgen fleißig bei der Aufzeichnung: „Jesus und die Sünderin“. Bis Mittag ist die Zeichnung fertig ... Nachmittag 1/4 4 Uhr mache ich mich ... auf den Weg über Kaitz nach Cunnersdorf. Der Tag ist so mild und schön wie möglich. Das stille Thal ist entzückend schön. Ueber Plauen gehen wir dann zurück ...
5) Montag. Ein neuer Gegenstand in Angriff genommen: „Die Aussendung der zwölf Apostel“. Darstellbar ist, genau genommen, der Gegenstand nicht, aber zu wichtig, um von mir übergangen werden zu können, im Uebrigen wird sich das Bild durch das, was davor und dahinter kommt, erklären ...
7) Mittwoch ... Abends besuchen uns die Herren Nießen aus Düsseldorf,[85] Höninghaus[86] und Borg.[87] Das Album und das Landschaftsbuch werden besehen. Nießen gefällt mir sehr gut. Wir verständigen uns ganz über einige Persönlichkeiten, als da sind Kaulbach, W. Schadow ...
8) Donnerstag. Von Wigand erhalte ich einen überaus freundlichen und liebevollen Brief als Antwort auf meinen letzten, der ihn ganz beruhiget und überzeugt hat. Meine Achtung kann nur sich steigern durch ein so unumwundenes Zugeständniß eines Mannes, der alle Ursache hat, zuweilen vor dem Umfang von Lasten und Sorgen zu erschrecken, welche eine Unternehmung, wie unser Werk, mit sich bringen mag ...
9) Freitag ... Am Abend kommt Nießen und trinkt den Thee mit uns. Er macht mich mit einem interessanten Buch bekannt: „Der deutsche Christus“ von Candidus, Pfarrer in Nancy. Das Buch ist verlegt von Hirzel in Leipzig.[88]
[292] 11) Sonntag. Es wird die Arbeit zur Feststellung der Gegenstände aus dem Neuen Testament fortgesetzt, dabei einiges leicht entworfen. So oft die meisten Gegenstände dargestellt sind, so ergeben sich doch immer wieder neue Auffassungen ...
12) Montag ... Gegen Abend mache ich mit Andreä[89] einen Spaziergang. Um 7 Uhr begeben wir uns mit Rietschel zu Gruners, zu denen wir auf Rauch geladen sind. Rauch kommt aber nicht. Er ist leidend. Wir finden Bendemanns und Hübners. Trotz dieser etwas seltsamen Gesellschaftszusammensetzung ist die Unterhaltung eine belebte und unbefangene.
13) Dienstag ... Herr De Fresne besucht mich nochmals.[90] Er verlangt einige Zeichnungen zu meiner Bilderbibel zu sehen und nimmt davon Veranlassung mich zu fragen, ob ich Katholik sei. Auf meine Verneinung erwidert er, er sei Katholik und als solcher müsse er annehmen, daß ich im Irrthum sei. Darauf beginnt er seine Argumente in Bewegung zu setzen; ich schneide eine weitere Entwickelung der Beweise für die Alleingültigkeit des Katholizismus aber mit der Versicherung ab, ich habe über die Sache viel nachgedacht und wisse wenigstens so viel, daß wir in einem Diskurs darüber nicht zu Ende kommen würden. Museum. Daselbst finde ich ein Schreiben des Ministeriums des Königlichen Hauses, in welchem mir mitgetheilt wird, daß aus Rom Antwort gekommen sei wegen der Anfragen über das Bild „der heilige Rochus“. Diese Antwort, welche abschriftlich beiliegt, enthält aber nur den Nachweis, daß die Nachforschungen über die Herkunft der fraglichen Skizze zu keinem Resultat geführt haben. Mir ist das nun jetzt ziemlich einerlei. Seitdem ich das Bild in der Nachbarschaft der echten Originalskizzen des Rubens gesehen habe, ist die Meinung von seiner Echtheit gewichen, und ich gestehe nun gerne zu, daß Hübner Recht hat ...
18) Sonntag ... Abends werden ein Paar Abschnitte aus den „Hesperischen Blättern“[91] gelesen. Die Partie mit der Signora Antonia in Tivoli beschreibt mir Freund Stier[92] etwas gar zu ausführlich und zu überschwänglich. – Heute der entscheidende Tag der Völkerschlacht bei Leipzig. Vierundvierzig Jahre sind es nun her, daß der Entscheidungskampf stattfand; doch denken die Menschen viel zu wenig daran.
19) Montag ... Nach dem Thee lesen wir ein Paar Abschnitte aus Stiers Buch. Die Abschnitte Ariccia, Ostia, Genzano sind sehr schön und mit der ganzen Schwunghaftigkeit geschrieben, die dem seligen Freunde so eigen war.
20) Dienstag ... Nach dem Thee lesen wir aus einem neuen Buch von Otto Ludwig, das den Titel führt „Heiterethei“ – es erinnert sehr an die Auerbachschen Dorfgeschichten – und folgen der Erzählung mit größester Spannung.
21) Mittwoch ... Im Museum finde ich Schwarzmann[93] mit Frau Heiß aus München, der Frau des berühmten Bräuers, welcher das neue große Brauhaus im Plauenschen Grund eingerichtet hat und das Braugeschäft führen wird. Die junge Frau ist der Münchner Künstlerschaft als geschickte und angenehme Wirthin des Pollinger Brau- und Gasthauses in bester Weise bekannt geworden, und da mache ich mirs zur Pflicht, im Namen der hiesigen Künstlerschaft und in meiner Eigenschaft als Direktor der Galerie die Honneurs zu machen. Ich führe sie nach Hause und gehe noch mit Schwarzmann in der Stadt umher, um ihm unsere Bauten und neuen Straßenanlagen zu zeigen ...
23) Freitag. Mein Schüler Friedr. Lange[94] ist ein Beweis, wie großen Einfluß die Entfaltung des innern Lebens auf die Ausübung der Kunst hat. Was er jetzt an seinem Karton gearbeitet hat, ist so ohne allen Vergleich vorzüglicher als das, was er vor seiner Krankheit gemacht hat, daß das ungehindertste und fleißigste Studium ihn nicht mehr hätte fördern können, als es sein Leiden gethan hat ...
25) Sonntag ... Abends lesen wir aus Heiterethei. Dieselben Bemerkungen, welche wir gestern schon über die zu große Ausführlichkeit der Schilderung zu machen hatten, werden auch heute wieder hervorgerufen. Dazu kommt, daß das Mädchen in ihrer eigenthümlich derben Sprödigkeit in eine Verschrobenheit geräth, welcher zu folgen peinlich wird. Bei alledem sind diese menschlichen Zustände mit tiefstem Einblick und meisterhaftester Behandlung entfaltet.
- ↑ So wird der Gegenstand (Pan und Olympos) in älteren Galeriekatalogen (z. B. in dem vom Jahre 1846 S. 110 Nr. 987) bezeichnet.
- ↑ Eines Stichs nach einer von Schnorr für ein Freskobild am Wohnhause des Dekorationsmalers Schwarzmann in München komponirten Madonna.
- ↑ Richtiger Maria Magdalena.
- ↑ Richtiger: Samsons Hochzeit.
- ↑ Dürers „Dresdner Altar“ ist inzwischen von der Forschung als eine eigenhändige Arbeit des Meisters, deren Seitentheile indessen möglicher Weise jünger sind als das Mittelbild, anerkannt worden.
- ↑ An diesem Tage hatte sich Rietschels älteste Tochter Adelheid vermählt.
- ↑ Die im Deutschen Kunstblatt 1856 Nr. 8 S. 72 abgedruckte Berichtigung lautet: „Von der Bibel in Bildern wurden in Bürkners Werkstatt geschnitten 28 Blätter, von A. Gaber selbst 26 Blätter; in der Werkstatt dieses Meisters 16, von auswärtigen Formschneidern 14 Blätter“.
- ↑ Nr. 800 des Galerie-Katalogs.
- ↑ Ludwig Richters Sohn.
- ↑ Karl Friedr. Niese, Musikreferent des „Dresdner Anzeigers“ (gest. 1891).
- ↑ Maler, später Kunstgelehrter und vortragender Rath in der Generaldirektion der Königl. Sammlungen (gest. 1873).
- ↑ Nach Woermanns Katalog zu Nr. 69 und 70 wird Antonio de Solario von der neueren Forschung als eine mythische Persönlichkeit angesehen.
- ↑ Ernst Hemken, lebt noch als Historienmaler in Dresden.
- ↑ Am Hoftheater in Karlsruhe.
- ↑ Victor Aimé Huber, sozialpolitischer Schriftsteller, Vorkämpfer für die auf Abhilfe der Noth der unteren Klassen gerichteten sozialen Bestrebungen (gest. 1869 in Wernigerode).
- ↑ Genauer: Stiefmutter.
- ↑ Pietro Palmaroli, berühmter Gemälderestaurator in Rom, war 1826 nach Dresden berufen worden und hatte hier zahlreiche Meisterwerke der Galerie restaurirt.
- ↑ Max Leopold Löwe, Professor der Philosophie an der medizinisch-chirurgischen Akademie (gest. 1865).
- ↑ Moritz August von Bethmann-Hollweg, früher Professor der Rechtswissenschaft in Bonn, von 1858 bis 1862 preußischer Kultusminister (gest. 1877).
- ↑ Wurde nach der Angabe des Galerie-Katalogs zu Nr. 2196 im Jahre 1868 geschenkt.
- ↑ Ernst Förster, Kunstschriftsteller (gest. 1885 in München).
- ↑ Nach einer Bemerkung des Galerie-Katalogs zu Nr. 233 ist das Bild „wohl nur eine gute Werkstattarbeit“.
- ↑ In welchem Zustande sich das Gemälde befand, bevor Palmaroli eingriff, ergiebt sich aus einer Aeußerung Quandts in seinem Briefe an Schnorr vom 29. August 1824: „Der herrliche Raffael, vielleicht sein edelstes Werk, ist dem Untergange nahe, ganz mit Schmuz bedeckt und so völlig ausgetrocknet, daß die Farbe sich abblättert“. Quandt hat „viel dazu beigetragen“, daß Palmaroli berufen wurde, und versichert später, daß er „wahrhaft Wunder an der großen Madonna von Raffael gethan, einen großen, als verloren aufgegebenen Garofalo gerettet, den Zinsgroschen von Tizian, den Arzt des Correggio und viele andere treffliche Bilder unvergleichlich wiederhergestellt, vielleicht eher zu viel von dem alten Roste habe stehen lassen, als davon weggenommen oder neu hineingemalt habe“ (s. Quandts Briefe an Schnorr vom 24. August 1826 und 17. Januar 1827).
- ↑ Karl Schnaase, Kunsthistoriker, Obertribunalsrath in Berlin (gest. 1875 in Wiesbaden).
- ↑ Karl Julius Steglich, lebt noch als Historienmaler in Dresden.
- ↑ Die Tagebuchblätter vom 5. bis 30. August enthalten den Bericht über eine Reise nach Würzburg, Heidelberg und Karlsruhe, den ich hier übergehe.
- ↑ Wilhelm Ternite, Maler, geb. 1786 in Neustrelitz, gest. 1871 in Berlin.
- ↑ Joh. Zumpe, Schüler Schnorrs, starb am 6. Dezember 1864 in Dresden.
- ↑ Johann Nepomuk Ringseis (1785–1880), der bekannte Münchener Arzt und Professor der Medizin.
- ↑ Peder Hjort (1793–1870), dänischer Gelehrter.
- ↑ Sigismund Neukomm, Musiker, geb. 1778 in Salzburg, gest. 1858 in Paris.
- ↑ Wilhelm Stier (1799–1856), Architekt.
- ↑ Aug. Chr. Herm. tom Dieck, geb. 1831 in Oldenburg, lebte als Maler in Dresden, wo er 1893 starb.
- ↑ Albert Peip, der Verfasser eines 1860 erschienenen Buches über Jakob Böhme, wohnte in Dresden als Hofmeister im Hause des Grafen Ladislaus Radolinsky.
- ↑ Friedr. August von Ammon (1799–1861), Königl. Leibarzt.
- ↑ Gatte der Jenny Lind.
- ↑ Opernsänger, damals in Karlsruhe, später in München.
- ↑ Graf Athanasius Raczynski, preußischer Diplomat, bekannt als Kunst-Freund und Sammler.
- ↑ Rinecker (1811–1883), Professor der Medizin in Würzburg.
- ↑ Englischer Maler, Verfasser der Schrift: „Raphaels Apollo and Marsyas. A European scandal“ (2. edition. Rome 1885). Er war zu Ende des Jahres 1836 in Berlin verhaftet und wegen Beleidigung in Anklagestand versetzt worden.
- ↑ Oberstleutnant de Vial, spanischer Militärbevollmächtigter am Königl. Sächsischen Hofe.
- ↑ Der bereits mehrfach erwähnte Schleswig-Holsteinische Generalmajor a. D., Bruder des zu jener Zeit gleichfalls in Dresden lebenden Shakespeare-Uebersetzers Grafen Wolf Baudissin.
- ↑ Schnorrs Schwester.
- ↑ Präsident des Oberappellationsgerichts.
- ↑ Auf der Scheffelstraße.
- ↑ „Die Türkenschlacht“, jetzt Nr. 1451.
- ↑ Theodor Große, 1829–1891, seit 1867 Professor an der Dresdner Akademie.
- ↑ Das Drama „Bleistift oder die Lebensfrage“ liegt gedruckt vor (Dresden, E. Blochmann & Sohn [1854]). Die drei einander gegenübertretenden Personen sind: Severus Goldgrund, Genius der klassischen Richtung, Fridolin Himmelblau, Genius der Romantik, und Gottlieb Wurzelkoth, Genius des Genre.
- ↑ Diese Worte erklären sich gemäß einer mir von einem Kenner gütigst ertheilten Auskunft folgendermaßen. Paul Veronese wendete in einigen seiner Bilder, in denen er den Himmel durch nachträglich aufgemalte Wolken zu beleben versuchte, bei diesem Verfahren ein unglücklich gewähltes Bindemittel an, das starkes Nachdunkeln bewirkte und so die Ruhe des Gesammttones des Himmels schädigte. Vergl. unten unter dem 24. März und 11. April.
- ↑ Bernh. Ad. Langbein, Hofprediger.
- ↑ S. weiter unten unter dem 24. April.
- ↑ Gustav Heine, Professor der Baukunst an der Akademie der bildenden Künste.
- ↑ Arnold Schäfer, Historiker, Professor in Grimma, zuletzt Bonn, und seine Gattin, Eugenie, geb. Großmann aus Leipzig.
- ↑ Es war sein siebzigjähriger.
- ↑ Vergl. 18. April 1855.
- ↑ Direktor des Hauptstaatsarchivs Karl von Weber.
- ↑ S. u. unter dem 24. April.
- ↑ In Schnorrs Atelier.
- ↑ Der Kupferstecher Anton Ferdinand Krüger, geb. 1793. Er war der mit der allgemeinen Studienaufsicht beauftragte Professor.
- ↑ Karl Gottlieb Peschel (1798–1879), Professor an der Dresdner Akademie.
- ↑ Joseph Schlotthauer, 1789–1869, Maler.
- ↑ Johann Nepomuk Fuchs, 1774–1856, Mineralog.
- ↑ August Grahl, Maler (Rethels und Hettners Schwiegervater), schon erwähnt am 15. Oktober 1851.
- ↑ S. oben 26. Oktober 1856.
- ↑ Von de la Motte Fouqué. Es handelt sich vermuthlich um dieselbe Sepiazeichnung aus dem Jahre 1813, die sich auch noch im Katalog der 1894 zu Frankfurt a. M. veranstalteten Ausstellung von Werken Schnorrs (Seite 3) als Darstellung einer Szene aus „einem unbekannten Drama“ bezeichnet findet.
- ↑ „Maria mit dem Kinde“, nach der Angabe des Galerie-Katalogs zu Nr. 19 „aus der Schule“ Filippino Lippi’s.
- ↑ In Schnorrs nachgelassener Korrespondenz nicht erhalten.
- ↑ Joseph Frankl aus Wien, ein in jungen Jahren verstorbener Schüler Schnorrs.
- ↑ Abgedruckt in Hermann Riegels „Kunstgeschichtlichen Vorträgen und Aufsätzen“ (Braunschweig 1877) S. 234 ff.
- ↑ S. oben unter dem 3. Juni 1854.
- ↑ Carl J. E. Clauß, Kunstschriftsteller, später Inspektor am Königl. Grünen Gewölbe, zuletzt Direktor der Königl. Porzellansammlung.
- ↑ S. oben unter dem 27. Mai 1856.
- ↑ Dies that nach Hübners Katalog vom Jahre 1880 Nr. 28 S. 113 Rumohr; Wörmanns Katalog unter Nr. 40 theilt das Bild der Schule des Perugino zu und erwähnt, daß es nach Thode von Ensebio di San Giorgio herrühre.
- ↑ Louise von Lucca, geb. 2. Oktober 1802, † 18. März 1857, zweite Gemahlin des Prinzen Maximilian von Sachsen, Stiefmutter des Königs Johann.
- ↑ S. weiter unten unter dem 15. August.
- ↑ Johann Renner, Inspektor an der Königlichen Gemäldegalerie.
- ↑ Wörmanns Katalog (große Ausgabe, vierte Auflage vom Jahre 1899) zu Nr. 806 A schreibt das Gemälde, ein dreitheiliges Altarbild, der Richtung des Hendrik Bles (geb. zu Bouvignes um 1480) zu. Bles lebte in Italien, später in den Niederlanden.
- ↑ Nach Wörmanns Katalog zu Nr. 1966 rührt das Bild („Bruchstück einer Beweinung Christi“) von Barthel Bruyn (geb. 1493 zu Köln) her.
- ↑ Benno Friedrich Törmer, Maler, 1804–1859, versah in Rom das Amt eines königlich sächsischen Legaten bei dem päpstlichen Stuhle.
- ↑ Balthasar Paul Ommeganck (1755–1826), Thier- und Landschaftsmaler.
- ↑ Adolf Fr. G. Wichmann, geb. 1820 in Celle, gest. 1866 in Dresden.
- ↑ Hans Gasser, Bildhauer in Wien, schon erwähnt unter dem 8. Februar 1854.
- ↑ Gemeint ist: Handbuch der Bibelerklärung für Schule und Haus, herausgegeben von dem Calwer Verlagsverein. Bd. 1, 2. 2. Auflage, Calw 1851, 1852.
- ↑ Rietschel und Schnorr wohnten damals einander gegenüber auf der kleinen Reitbahngasse, jetzigen Carolastraße.
- ↑ Johannes Nießen, Maler, geb. 1821 in Köln, 1866 bis 1890 Konservator des dortigen Wallraf-Richartz-Museums.
- ↑ Adolf Höninghaus, Landschaftsmaler, geb. 1811 in Krefeld, gest. 30. September 1882 daselbst.
- ↑ Borg aus Köthen, damals Atelierschüler Schnorrs.
- ↑ Karl Candidus, der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig 1854. Der Verfasser, geb. 1817 zu Bischweiler, gest. 1872, hat das kleine Werk seinen „getreuen Freunden Theodor Kugler, Gustav Mühl, August Nefftzer zur Erinnerung an entschwundener Jugendzeit trauliche Weihestunden“ gewidmet, Jacob Grimm hat ein Vorwort beigesteuert.
- ↑ Karl Andreä, Maler (siehe über ihn Pastor, Reichensperger Bd. 2. Freiburg 1899. S. 323 ff.), wohnte damals in Dresden, jetzt in seiner rheinischen Heimath.
- ↑ Aus einem in Schnorrs Nachlaß vorhandenen Briefe eines Marcellin De Fresne, „ancien Secrétaire général de la Préfecture de la Seine", geht hervor, daß Schnorr einen Besuch des Briefschreibers 1841 in München empfangen hatte.
- ↑ Hesperische Blätter. Nachgelassene Schriften von Wilhelm Stier. Berlin 1857.
- ↑ Wilhelm Stier (1799–1856), Architekt.
- ↑ Joseph Schwarzmann, Dekorationsmaler, geb. 1806 zu Prutz in Tirol, gest. 1890 in München: vergl. Allgem. deutsche Biographie Bd. 33 S. 315 f.
- ↑ Friedrich Lange, Maler, geb. 1834 in Plau (Mecklenburg), gest. 18. Juli 1875 in Straßburg i. E.