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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/294

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Das neue dreitheilige Altarbildchen nimmt sich in seiner Auffrischung recht schön aus, obwohl es eigentlich heller nicht geworden ist. Den Meister desselben zu bestimmen vermag auch Hübner nicht ...

September.

2) Mittwoch. Inspektor Renner theilt mir mit, daß der junge Frenzel das große Gemälde von Rubens, nach welchem unsere Skizze kopirt ist oder zu welchem sie den Entwurf enthält, gesehen hat. Ich meine den heiligen Rochus: Das Gemälde schmückt den Altar der Martinskirche zu Alost und genießt den Ruf, eines der ausgezeichnetsten des Meisters zu sein. Also die Komposition gehört dem Rubens an; von wem mag unser Bildchen sein? Um vielleicht auf eine Spur zu kommen, schreibe ich etliche Zeilen für unsern Agenten in Rom, Professor Törmer,[1] mit der Bitte, nachzuforschen, seit wie lange das Bild im Besitz der Prinzessin Louise war und aus welchen Händen sie es erhalten hat etc. Diese Zeilen überreiche ich dem Geheimen Hofrath Bär, welcher sie durch das Ministerium des Auswärtigen nach Rom gelangen lassen wird ...

3) Donnerstag. Frenzel vervollständigt seine Mittheilung noch durch die Angabe, daß das fragliche Bild für die Martinskirche in Alost bei Rubens bestellt worden ist. Die Franzosen raubten es, mußten es aber zurückgeben, und es kam 1815 wieder von Paris nach Alost zurück. Das Bild ist von Paul Pontius sehr schön gestochen ... Unter großen Störungen beginne ich die Aufzeichnung der Auferweckung des Töchterlein Jairi. Zu meinem Verdruß sehe ich, daß die Pause verkehrt auf das Holz gekommen ist. Es kann glücklicherweise die Komposition auch so aufgezeichnet werden, und ich lasse es nun dabei ...

4) Freitag. Ade schickt mir einen Probedruck des Blattes „Christus und Nikodemus“, welches sehr tüchtig gearbeitet ist ... Museum. Mein Mißtrauen gegen die Echtheit der Rubens-Skizze wächst. Es ist keine Einzelheit, die mich in diesem Zweifel befestigt (es müßte denn die Beschaffenheit der Tafel sein, auf welche es gemalt), es ist die ganze Haltung des Bildes gegenüber den unzweifelhaft echten Werken, welche mich mehr und mehr bestimmt, dem Hübner Recht zu geben ...

9) Mittwoch ... Bei Herrn Werner (Schönfelds Buchhandlung) sehe ich zwei Gemälde an, welche einem Buchhändler in Teplitz gehören, der sie selbst hieher gebracht und mich gebeten hat, sie zu beurtheilen. Das eine ist ein Christuskopf von einem altdeutschen Meister, den ich aber nicht zu nennen weiß. Das andere Bild ist ein Thierstück – weidendes Rindvieh – von einem neueren Niederländer, der aber sehr geschätzt wird. Sein Name ist Ommeganck.[2] Gegen die alten Meister dieses Fachs, einen Potter, van der Velde und andere, kommt doch solch eine Arbeit nicht auf ...

10) Donnerstag ... ich ... gehe dann in die Ausstellung, um Wichmanns[3] Bild zu sehen. Es stellt ein Hochzeitsmahl vor und ist wirklich ein schönes, freundliches Bild. Wenn das Gesetz Wichmann ausschließt, nun dann ist überhaupt keine Wahl; ist das aber nicht der Fall, dann wird sein Bild ohne Zweifel gewählt werden, denn es ist unter den fraglichen bei weitem das beste.

12) Samstag. Galerie-Kommission ... Sehr ernstlich krank ist unser Van Eyck. In dem Mittelbild sind mehrere Stellen los. Bei einem Holzbild ist der Balsam copaivae nicht so wirksam, wie bei einem Leinwandbild, doch ist es das einzige Mittel, das anzuwenden ist, will man das Bild nicht vom Holz abnehmen, wozu man sich doch sehr schwer entschließt. Das Schlimme ist, daß das Holz seit der Zeit, als davon abgenommen wurde (noch unter Matthaei, jedoch gegen seinen Willen) etwas geschwunden zu sein scheint, so daß beim Niederlegen die Farbenränder gegen einander zu stemmen drohen. Schirmer will erst den Balsam wirken lassen, dann an einer Stelle vorsichtig das Niederlegen und Andrücken der Farbe versuchen. Man kann seiner An- und Absicht nur zustimmen ... Zu Hause angekommen finde ich Gasser,[4] der mit uns speist. Er hat jetzt in München die Wiederholung des St. Lukas von Van Eyck, den ich vor Jahren dort mehrmals gesehen, ein herrliches, unzweifelhaft echtes und reines Bild, von der Wittwe Noel zugleich mit ihrem ganzen übrigen Bilderkram gekauft. Er ist um diesen Besitz zu beneiden ... Inzwischen hat Obermann einen Abdruck der Hochzeit zu Cana gebracht. Das Blatt ist sehr fleißig gearbeitet. Am Christuskopf fehlt es. Hoffentlich kann durch Nachbesserung wesentlich geholfen werden. Am Theetisch sind wir wieder einmal allein, was auch nicht übel ist. Es wird etwas gelesen.

15) Dienstag. Je mehr ich mich mit dem Neuen Testament beschäftige, desto gründlichere Erwägungen werden nothwendig. Das Calwer Handbuch der Bibelerklärung[5] ist mir ein vortrefflicher Führer. Wie


  1. Benno Friedrich Törmer, Maler, 1804–1859, versah in Rom das Amt eines königlich sächsischen Legaten bei dem päpstlichen Stuhle.
  2. Balthasar Paul Ommeganck (1755–1826), Thier- und Landschaftsmaler.
  3. Adolf Fr. G. Wichmann, geb. 1820 in Celle, gest. 1866 in Dresden.
  4. Hans Gasser, Bildhauer in Wien, schon erwähnt unter dem 8. Februar 1854.
  5. Gemeint ist: Handbuch der Bibelerklärung für Schule und Haus, herausgegeben von dem Calwer Verlagsverein. Bd. 1, 2. 2. Auflage, Calw 1851, 1852.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 290. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/294&oldid=- (Version vom 17.8.2024)