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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/201

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Angelegenheit in allen Einzelheiten mir klar mache und zurecht lege. Der Krügersche Entwurf muß beseitigt werden, das sehe ich. Entweder gewinnt der Aufbau zu sehr das Ansehen eines Altars und drückt das Bild, wenn er in seiner Größe der Rafaelschen Einrahmung einigermaßen das Gegengewicht halten soll; oder er verliert bei einer wesentlichen Zurückführung analler Bedeutung als Architektur und künstlerischer Durchführung. Das neue Programm wird lauten: Holbein (aber Holbein in drei Gemälden) und Schirm oder Wand. Morgen muß ich ans Werk gehen; vor allem aber mit Schirmer, Krüger und Gruner mich verständigen, damit das Nachgeben nicht blos ein Weichen wird, sondern wieder einen positiven Charakter annimmt....

6) Montag. Um 10 Uhr in das Museum, um zuerst mit Schirmer die Holbein-Angelegenheit zu besprechen. Ich sehe heute die Sache doch etwas anders an als gestern. Die Idee, die Holbeinsche Madonna als Gegenstück der Rafaelschen hervorzuheben, isolirt hervorzuheben, ohne durch daneben aufgehängte große Porträts ihre Geltung zu mindern, ist mir doch zu lieb, als daß ich nicht einen Versuch machen sollte, diese Aufstellung mit Vermeidung der gerügten Uebelstände der ersten Einrahmung zu bewerkstelligen. Ich bin es aber auch dem König, welcher sich bereits für diese Idee ausgesprochen und genehmigt hat, daß die Holbeinsche Madonna der Rafaelschen entsprechend, nämlich isolirt (allerdings hinzusetzen: aber einfacher) eingerahmt, aufgestellt werde, schuldig, diesen Versuch zu machen, um bei der Vorlage zur Wahl ein in seinem Sinne ausgearbeitetes Projekt vorzulegen. Indem ich der Meinung bin, Schirmer vor Allen diese Gedanken mitzutheilen und sein Urtheil zu hören, finde ich Hübner bei demselben im Restaurationszimmer, mit der Besichtigung der [des?] Paul Veronese, Hauptmann zu Kapernaum, beschäftigt. Ich nehme nun Gelegenheit, Hübner sogleich diese meine Absicht zu erklären und ihm auch zu sagen, daß ich die Entwürfe von ihm und Bendemann Krüger zu bringen im Begriff stehe, da ich es für eine Schuldigkeit erachte, diesem, der durch Zufall an der neulichen Berathung keinen Theil gehabt, über die Beurtheilung seines Entwurfs zu referiren und die neuen Entwürfe zu zeigen. Hübner nimmt diese Erklärungen sehr gut auf.... Leider bin ich dann trotz wiederholter Versuche nicht so glücklich, Krüger zu finden, was mir besonders deshalb mit leid thut, weil ich ohne seine Einwilligung die Einrahmung der Holbeinschen Madonna, welche seit Freitag dieselbe noch umgiebt, nicht entfernen wollte, nun aber doch gerathener finde, deren Entfernung anzuordnen.

7) Dienstag.... Auch heute finde ich Krüger nicht, höre aber, daß er verstimmt und nicht geneigt ist, auf weitere Entwürfe sich einzulassen. Das höre ich durch Schirmer, der mit ihm gesprochen.... Wigand schickt mir den Probedruck von Jochs Platte: „Christus er scheint seinen Jüngern am See Genezareth.“ So ist denn auch die letzte Platte eingelaufen, und die drei Lieferungen können erscheinen. Jochs Platte ist vortrefflich gearbeitet und macht mir große Freude. Auch versöhne ich mich ein wenig mit Aarlands letter Platte, von welcher Wigand mir einen Pressendruck schickt. – Nachmittag 5 Uhr Berathung in der Akademie wegen der Feier von Quandts Geburtstag[1] .... Die jungen Leute sind geneigt, ein Fackelständchen zu bringen. Dieses soll nun Donnerstag über acht Tage dem Herrn von Quandt gebracht werden und eine Verehrungsbezeugung von Seiten des akademischen Raths am selben Tage vorhergehen. Ich werde an Quandts Geburtstag ihm Vormittags einen Besuch machen und mit Genehmigung des akademischen Raths, aber in Form vertraulicher Mittheilung auf diese, eine Woche später erfolgende Feier hinweisen....

8) Mittwoch.... Meine Aufzeichnung „David schont Sauls in der Höhle“ wird fertig.

9) Gründonnerstag. Herrn von Quandts Geburtstag.... Von Seiner Hoheit dem Erbprinzen von Sachsen-Meiningen Georg erhalte ich ein sehr gütiges, eigenhändig geschriebenes Schreiben, in welchem er mich auffordert, zu einer in diesem Jahr in Meiningen stattfindenden Ausstellung einiges von meinen Arbeiten zu senden. – Je mehr ich mir die Holbein-Angelegenheit überlege, desto mehr befestiget sich mein Vorsatz, gegen die Kollegen Hübner und Bendemann geharnischt aufzutreten. Krüger war neulich bei mir und spricht sich dahin aus, daß er jetzt weder Luft noch Zeit habe, einen neuen Entwurf zu machen, daß er aber Gruner, welcher durchaus geeignet sei, bereits gebeten habe, solches zu thun. Mir ist das ganz recht, und ich bringe Gruner sämmtliche Materialien, nachdem ich noch an Krüger geschrieben und auch mündlich ihn gebeten habe, ein Gutachten über die Entwürfe von Bendemann und Hübner aufzusetzen, welches ich in meinem Bericht an das Ministerium aufnehmen werde, wenn ich die Sache spruchreif demselben übergebe. Die Einwendung Hübners gegen unsern ersten Entwurf, daß er zu altarartig sei, eine Einwendung, die er in seinem Gutachten sehr breit erörtert, erkenne ich immer mehr als eine nichtige. Denn, was ist ein Altar? doch nicht ein in reichem Schmucke aufgestelltes Bild? Ein Altar ist ein Tisch. Das in reicher Einrahmung aufgestellte Bild kann wohl einem Altarschmuck gleichen, aber nicht einem Altar. Die Aufstellung des Rafael erinnert an einen Altar wegen des durch die Eisenbahn bedingten Vorbaues, Ein solcher Vorbau ist aber bei dem Holbein nicht nöthig. Sobald der neue Entwurf,


  1. Es war sein siebzigjähriger.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/201&oldid=- (Version vom 3.7.2024)