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RE:Philippos 10

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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V. König von Makedonien 221-179 v. Chr.
Band XIX,2 (1938) S. 23032331
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1. Anfänge. Kämpfe gegen die Aitoler und im Peloponnes. P. V., König von Makedonien, 221–179 v. Chr., Sohn des Demetrios II., folgte seinem Oheim Antigonos Doson: Polyb. II 70, 8. IV 2, 5. Da er beim Regierungsantritt 17 Jahre alt war (Polyb. IV 5, 3. 24, 1) und 179 starb, ist er 58 Jahre alt geworden (Euseb. I 239). Seine Mutter war wohl [2304] nicht Chrysëis, sondern Phthia (Fine Class. Quart. XXVIII 99ff.). Er lebte zunächst unter der Vormundschaft des Antigonos Doson, da er beim Tode seines Vaters 230/29 erst 9 Jahre alt war, und wurde von ihm adoptiert: Iustin. XXVIII 3, 9f. Plut. Aemil. 8. Paus. VII 7, 4. Zunächst stand P. nach seiner Thronbesteigung ein Regentschaftsrat zur Seite: Polyb. IV 76, 1. 87, 6ff. Der Tod des gefürchteten Antigonos ließ die Feinde Makedoniens überall sich regen. P. mußte seine Herrschaft genau so verteidigen, wie es Antigonos Doson hatte tun müssen. Besonders die Aitoler fühlten sich durch die Gründung des Hellenischen Bundes (vgl. o. Bd. XIV S. 745) in ihrer Macht bedroht, und eine mächtige Kriegspartei war stets zum Bruch bereit. Die Gelegenheit schien jetzt beim Thronwechsel günstig. Dorimachos und Skopas, die Häupter der Kriegspartei, fielen 220 in Messenien ein, und da die Messenier sich an die Achaier um Aufnahme in die hellenische Bundesgenossenschaft wandten, kam es zum Kriege zwischen den Achaiern und Aitolern: Polyb. IV 3–13. Zu Skopas vgl. Domrese Suppl.-Bd. VII Art. Skopas. Zunächst widerstrebte die aitolische Bundesversammlung dem Eintritt in den offenen Krieg, bis eine offene Friedensverletzung durch aitolische Freibeuter den Achaiischen Bund zur Kriegserklärung zwang: Polyb. IV 16ff. Auf die Nachricht von dem Vorgehen der Aitoler war P. nach dem Peloponnes geeilt, hatte sie aber nicht mehr getroffen und dafür mit Sparta den Bundesvertrag neu beschworen: Polyb. IV 22ff. Doch auch in Sparta kam die Kriegspartei ans Ruder, und Sparta verbündete sich mit den Aitolern: Polyb. IV 34f. Dafür faßte P. damals auf Kreta festen Fuß: Polyb. IV 533. Cardinali Riv. Stor. ant. IX 69ff. Vom Peloponnes aus stieß P. nach Epeiros vor und griff Ambrakia an, wobei er das Kastell Ambrakos eroberte. Dann ging es durch Akarnanien nach Aitolien; die Grenzstädte Phoitiai und Oiniadai wurden den Akarnanen zurückgegeben: Polyb. IV 37, 7. 57, 1. 61. 63–65. Inzwischen waren aber die Aitoler durch das Tempetal in Pierien eingefallen und hatten Dion zerstört; dann waren sie wieder umgekehrt, während sich nun die Dardaner zum Einfall rüsteten. P. mußte nach Makedonien zurück, um es gegen die Dardaner zu schützen; auf die Nachricht von seiner Rückkehr gaben die Dardaner das Unternehmen auf: Polyb. IV 62. 66, 1–7. Im Winter unternahm der König noch einen Zug nach Elis, der vollen Erfolg brachte; auch Triphylien schloß sich an P. an: Polyb. IV 67–80. Er selbst blieb den Winter über in Argos: Polyb. IV 82, 1.

Im Sommer 218 versuchte P. zunächst zu Wasser einen Angriff auf Kephallenia, der ohne Erfolg war. Dann landete er die Truppen bei Limnaia, marschierte zum Acheloos und brach in Aitolien ein. Da die Aitoler völlig überrascht waren, gelangte P. unangefochten nach Thermon, wo alles gründlich zerstört wurde. Doch mußte der König den Rückzug antreten, der auch über Limnaia nach Korinthos gelang. Das Ergebnis des Zuges lag in erster Linie in dem tiefen moralischen Eindruck auf die Aitoler: Polyb. V 2–17. Von hier eilte er nach Sparta und wirkte wieder durch die Schnelligkeit seiner Bewegungen; die [2305] Spartaner wurden völlig überrascht. P. durchzog das Eurotastal bis zum Tainaron und verheerte das Gebiet; den Rückweg erzwang er sich gegen den König Lykurgos und kam glücklich wieder nach Arkadien. Allerdings war auch hier kein politischer Erfolg erzielt: Polyb. V 18–24.

In dieser Zeit kam es zu Unstimmigkeiten zwischen dem König und den Mitgliedern des Regentschaftsrates, deren Vormundschaft P. lästig wurde. Dabei schloß er sich an Aratos an. Apelles und Leontios wurden hingerichtet; Megaleas nahm sich selbst das Leben, Ptolemaios wurde vom Volksgericht zum Tode verurteilt: Polyb. V 14ff. 25–30. Plut. Arat. 48.

2. Kämpfe im Norden und in Illyrien. 1. Makedonischer Krieg (216–205). Im Frühjahr 217 kämpfte P. gegen die Dardaner am Axios aufwärts und eroberte die Stadt Bylazora in Paionien. Da die Stadt das Axiostal sperrte, war mit ihrem Besitz das Einfallstor für die Dardaner gesperrt (Polyb. V 97, 1f.). Von Thessalien aus wandte sich P. dann überraschend gegen das phthiotische Theben und eroberte es nach kurzer Belagerung, es wurde mit Makedonen besiedelt und in Philippupolis Φιλίππου τὴν πόλιν) umgetauft: Polyb. V 91–100. Als der König nach Argos zog, da die Zeit der nemeischen Spiele herannahte, erhielt er die Nachricht von dem Siege Hannibals am Trasimenischen See. Damit schien die Möglichkeit gekommen, die Römer aus Illyrien zu verdrängen, wo sie eine ständige Bedrohung Makedoniens waren (vgl. o. Bd. XIV S. 746). Zugleich erneuerten Rhodos und Chios mit ägyptischer Unterstützung ihre Bemühungen zur Wiederherstellung des Friedens. Die Aitoler ihrerseits waren zu der Einsicht gekommen, daß sie bei einer Fortführung des Krieges nur neue Verluste zu erwarten hatten, und die Achaier hatten sowieso nur gezwungen zum Schwerte gegriffen. So war man schließlich zufrieden, auf dem Grunde des Besitzstandes zum Frieden zu kommen: 217 zu Naupaktos: Polyb. V 100, 9ff. 101, 7ff. 102–105. Für einen Augenblick brach die Einsicht durch, daß durch die ewigen Streitigkeiten der Griechen nur die Geschäfte der Römer gefördert würden (Polyb. V 104, 9–11).

P. wollte sich zunächst (noch 217) an der illyrischen Küste festsetzen; er hatte dazu begründeten Anlaß, da der Fürst Skerdilaïdas in Pelagonien (Lynkestis) eingefallen war, Pissaion geplündert, mehrere dessaretische Städte, Antipatreia, Chrysondyon, Gertus, auf seine Seite gezogen und Teile Makedoniens heimgesucht hatte. Obwohl wir die genannten Städte sonst nicht kennen, ist doch anzunehmen, daß die makedonische Grenze damals zwischen dem Ochrida und Prespa lief und die Illyrier in die Lynkestis eingedrungen waren, wo Pissaion gelegen haben muß: Polyb. V 108. P. war also vollkommen im Recht, als er beschloß, diese ewigen Übergriffe der Illyrier endgültig aus der Welt zu schaffen und zugleich durch Unterwerfung der Gebiete zwischen den Seen und der Küste für eine Unternehmung gegen Rom die nötige Grundlage zu schaffen. P. gewann denn auch die Städte zurück, eroberte Kreonion und Gerus (Gertus?) sowie vier Orte am Lychnitis (Ochrida), Euchelanai, [2306] Kerax, Sation und Boioi, die Leake Northern Greece III 325ff. wohl mit Recht auf das Westufer legte. Während des Winters 217/16 ließ er 100 Lemben (vgl. o. Bd. XII S. 1894f.) bauen und ging damit 216 in See. Um den Peloponnes herum erschien er bei Apollonia, fuhr aber auf die Nachricht vom Nahen einer römischen Flotte nach Kephallenia zurück. Dort erfuhr er, daß die Römer dem Skerdalaïdas nur 10 Schiffe geschickt hätten, er also wohl imstande gewesen wäre, in Illyrien seine Zwecke zu erreichen. Doch war der Schaden nicht mehr gutzumachen; er mußte unverrichteter Sache zurückkehren: Polyb. V 109. 110.

216 trat dann P. endlich mit Hannibal in nähere Beziehungen, und es kam zum Abschluß eines Bündnisses (215): Polyb. VII 9. Einmal hätte dieses Bündnis sofort 217 abgeschlossen werden müssen, und dann hätte der König die Kriegführung gegen die Römer viel energischer in die Hand nehmen müssen. Günstig war für Makedonien vor allem die Bestimmung, daß den Römern alle Besitzungen an der illyrischen Küste entrissen werden sollten, da P. erst in den italischen Krieg eingreifen konnte, wenn Illyrien ganz in seiner Hand war. Die Römer aber verstanden es, durch Entsendung einer Flotte die Illyrier in ihrer Gegenwehr zu stützen, und fanden nach und nach an den griechischen Feinden Makedoniens bereitwillig Unterstützung. Noch immer konnten sich die Griechen nicht zu der Erkenntnis durchringen, daß sie alle zusammenhalten mußten, wenn sie die ihnen allen aus dem Westen drohende Gefahr beschwören wollten. Ohne sich der gemeinsamen Abstammung und der gemeinsamen Interessen zu erinnern, fanden sie es klüger, sich mit dem Nationalfeind gegen den makedonischen König zu verbünden als diesem zu folgen, bloß weil ihre partikularistische Politik dabei besser zu fahren schien. Die Politik der hellenistischen Großreiche war nicht viel anders, und Rom brauchte nichts weiter zu tun, als geschickt den einen gegen den anderen auszuspielen, bis sie alle ihm zur Beute fielen (vgl. Polyb. VIII 1, 6. Liv. XXIII 32, 16f. XXIV 11, 3). P. griff 215 zunächst Kerkyra an; der Angriff scheiterte: Appian. Maced. 1. Ohne Flotte konnte er nichts ausrichten; aber die Achaier (mit Aratos an der Spitze) wollten ihn in seinen illyrischen Plänen nicht unterstützen. Denn sie fürchteten nur einen Machtzuwachs des Königs, ohne sich darüber klar zu werden, daß ohne eine Verdrängung der Römer aus Illyrien ihre eigene Unabhängigkeit ständig bedroht war. Allerdings kann man auch P. den Vorwurf nicht ersparen, daß er es nicht wie sein Vorgänger Antigonos verstand, die Sympathien der Griechen zu gewinnen. Da er kein Verständnis bei ihnen fand, ging er rücksichtslos vor und verscherzte damit auch den Rest an Vertrauen, den ihm die griechischen Staatsmänner, namentlich Aratos, bisher entgegengebracht hatten (Kaerst o. Bd. II S. 388f. Niese Griech. u. maked. St. II 469). Zuerst suchte er jetzt in Messenien festen Fuß zu fassen, mußte aber vor Aratos zurückweichen: Polyb. VII 10. 12. Plut. Arat. 49f.

214 ging P. zur See gegen Illyrien vor, nahm Orikos und belagerte Apollonia; doch er war der [2307] römischen Flotte nicht gewachsen, sie eroberte Orikos zurück und entsetzte Apollonia. Die Makedonen mußten ihre Flotte verbrennen und sich zu Lande zurückziehen. Entweder hat P. diesen Rückzug mit den Waffen in der Hand erkämpfen müssen, oder aber das Hinterland von Apollonia war 217 makedonisch geworden: Polyb. VII 14 d. Liv. XXIV 40. Plut. Arat. 51. Nach diesem Mißerfolg beschloß P., zunächst die Illyrier des Binnenlandes zur Unterwerfung zu zwingen, ehe er weitere Vorstöße an die Küste wagte. Er sah ein, daß die Basis seiner Unternehmungen gegen die Küstenstädte nicht sicher genug war. Es gelang ihm, Lissos zu erobern, und dieser Erfolg hat wohl die Atintanen, Ardiaier und Parthiner zur Unterwerfung veranlaßt: Polyb. VIII 13f. Liv. XXVII 30, 13. XXIX 12, 13. Vgl. Polyb. VIII 14 b. Damit war P. auf dem richtigen Wege, die Stellung der Römer an der illyrischen Küste zu untergraben und schließlich die Verbindung mit Hannibal herzustellen. Aber die Römer kannten das Mittel, das dem Könige jede aktive Politik unmöglich machte: sie verstanden die gegen Makedonien mehr oder weniger mißtrauischen Griechen für sich zu gewinnen. Wir haben oben bereits darauf hingewiesen, daß dieser unausrottbare Partikularismus, der schon seit Jahrhunderten jeden nationalen Zusammenschluß in Griechenland verhindert hatte, der beste Bundesgenosse der Römer wurde. 212 kam zunächst ein Bündnis mit den Aitolern zustande: Liv. XXVI 24. Iustin. XXIX 4, 5. Vgl. Niese II 477f. De Sanctis Storia dei Rom. III 2, 414f. Täubler Imp. Roman. I 210f.

211 setzte P. seine illyrischen Unternehmungen fort. Er verheerte das Gebiet von Orikos und Apollonia und nahm von der Lynkestis aus eine Grenzstadt der Dardaner, Sintia (nach Kiepert FOA XVI S. 4 a Petritsch an der Strumitsa, nach Niese II 478, 3 auf Grund der Angabe des Liv. XXVI 25, 3 wohl richtiger ein Ort an der Straße von Prilep nach Köprülü oder an einem der anderen Pässe von Monastir in das Wardartal; vgl. noch Steph. Byz. s. Σιντία). Vom Wardar (Axios) eilte er nach Thessalien und vertraute die fauces Thessaliae seinem Sohne Perseus an, wohl nur dem Namen nach, da Perseus damals noch ein kleiner Knabe war. Dann (211) ging es in Eilmärschen an die thrakische Grenze gegen die Maeder, um ihre Grenzverletzungen zu bestrafen; er verheerte ihr Gebiet und belagerte ihre Stadt Iamphorynna (bei Polyb. IX 45, 3 Φόρουννα; Liv. XXVI 25, 8. 15). Nach ihrer Eroberung (Liv. XXVI 25, 15) folgte er einem dringenden Hilfegesuch der Akarnanen, die von den Aitolern bedroht wurden. Auf die Nachricht von seinem Anrücken gaben die Aitoler, die vielleicht auch vergeblich auf die Unterstützung der römischen Flotte gehofft hatten (Niese II 479), den Feldzug auf, und P. konnte nach Pella zurückgehen: Liv. XXVI 25. Die Römer erschienen ziemlich verspätet und richteten nicht viel aus: Liv. XXVI 26. Polyb. IX 39, 2. Bedenklicher wurde die Lage für P., als 211/10 die Eleer, Messenier und Spartaner und dann auch Attalos von Pergamon sich dem Bunde gegen ihn anschlossen (Niese II 481f.). 210 hatten sich die Achaier allerlei Angriffe zu erwehren, und P. ging gegen [2308] die Aitoler in Südthessalien vor: Polyb. XVIII 47, 6. Liv. XXXII 13, 13, und eroberte dann Echinos, nachdem er die Angriffe der römischen Flotte zurückgeschlagen hatte: Polyb. IX 41f. Vgl. Strab. IX 435. Dafür gelang es seinen Feinden, Aigina zu erobern, das von den Aitolern dann an Attalos verkauft wurde: Polyb. IX 42, 5. 209 wurde der Kleinkrieg im Peloponnes eifrig fortgesetzt, jedoch wurde dabei nichts Entscheidendes erzielt; P. kämpfte gegen die Aitoler in der Gegend von Lamia: Polyb. X 21–26. Liv. XXVII 29ff.

Gerade diese Sinnlosigkeit des Krieges, der sich in der Verwüstung des Landes und der Niedermetzlung von Hellenen erschöpfte, brachte einflußreiche Staaten zu einer Friedensvermittlung; Rhodos, Chios, Athen und Ägypten vermittelten zunächst einen Waffenstillstand, dem allerdings Rom abwartend gegenüberstand, obwohl es in Italien und Spanien doch genügend Sorgen hatte. So war schließlich die Kriegslust der Aitoler stärker, die außerdem von Pergamon und dem römischen Praetor in ihren Forderungen unterstützt wurden. P. begab sich zunächst nach Argos, wo er die Heraien feierte, um dann nach Aigion zu den Verhandlungen zu gehen: Liv. XXVII 30, 9; doch scheinen Römer und Pergamener an der Zusammenkunft keinen Anteil genommen zu haben: Polyb. X 25. Die Aitoler beklagten sich über Verletzungen der Waffenruhe und forderten sämtliche Eroberungen P.’ im Namen der Verbündeten zurück. Da brach P. die Verhandlungen ab und begann von neuem den Krieg: Liv. XXVII 30, 9ff. Polyb. X 25. Da er von den Achaiern 5 Kriegsschiffe erhielt und eine karthagische Flotte erwartete, konnte er wieder an der Westküste gegen die Illyrier vorgehen zu können hoffen: Liv. XXVII 30, 16. Ehe er den Feldzug 209 begann, feierte er die Nemeen in Kleonai. Als nun die Römer und Aitoler zwischen Korinthos und Sikyon landeten und das Land zu plündern begannen, fiel P. plötzlich über die zerstreuten Plünderer her, trieb sie auseinander und jagte sie zu den Schiffen zurück: Liv. XXVII 31. Vgl. 33, 3. Dann kehrte er zu dem Fest zurück. Er blieb danach noch in Argos; damals soll er schweren Anstoß erregt haben wegen seiner Zügellosigkeit namentlich den Frauen gegenüber: Polyb. X 26. Liv. XXVII 31, 4ff. Plut. amator. 12. Auch der weitere Feldzug gegen Elis war glücklich: Liv. XXVII 31, 11. 32, 1–9. Plut. Philop. 7. Paus. VIII 49, 7, als der König plötzlich nach dem Norden gerufen wurde. Hier hatte ein Empörer Aëropos (bei Liv. Eropus) Lychnidos eingenommen und die Dardaner zum Einfall in die Orestis und Verheerung des campus Argestaeus veranlaßt; vgl. dazu Argos Oresticum: Geyer o. Bd. XIV S. 659. Der Name des Empörers erinnert an die makedonische Königsfamilie der Argeaden; also hat der Rebell sich auf die Zugehörigkeit zu ihr berufen, was natürlich die Gefahr erhöhte. Die Dardaner sollen zahlreiche Gefangene mitgeschleppt haben: Iustin. XXIX 4, 6. P. ist ihnen gefolgt, hat die Empörung niedergeworfen und die Dardaner in ihre Schranken gewiesen: Iustin. 8. 10. –

208 wurde P. lebhaft bedrängt: zu Lande [2309] von den Aitolern und ihren Verbündeten, zur See von der verbündeten römisch-pergamenischen Flotte, die bei Aigina überwintert hatte. An den Thermopylen standen die Aitoler, an der argivischen Grenze die Spartaner, im Norden drohten Illyrier und Dardaner. P. sagte allen Bundesgenossen Hilfe zu: Iustin. XXIX 4, 7f.; in der Nähe von Skotussa nahm er selbst Aufstellung. In Herakleia waren inzwischen Attalos und der römische Praetor Sulpicius zu einer aitolischen Bundesversammlung eingetroffen. Wieder waren Abgesandte der neutralen Mächte zur Fortsetzung des Friedenswerkes erschienen; doch führten die Verhandlungen zu keinem Ergebnis: Liv. XXVIII 7, 13f. 5, 18. Appian. Maced. 3, wenn auch Sulpicius darüber nach Rom berichtete. Nach Entlassung der Volksversammlung versuchte P. einen Überfall auf die Aitoler und ging dann nach Demetrias zurück; hier wurde er durch optische Signale auf dem Laufenden gehalten: Polyb. X 42, 4. 45, 6. Trotzdem gelang der verbündeten Flotte ein Handstreich auf Oreos in Nordeuboia, allerdings nur mit Hilfe des verräterischen makedonischen Kommandanten; die Stadt wurde genommen und ausgeplündert; vgl. Geyer Supp.-Bd. IV S. 755. Doch mißlang ein Unternehmen auf Chalkis, zu dessen Rettung auch P. herbeieilte, und da bald darauf Attalos nach Kleinasien zurückkehren mußte, um einem Angriff des Prusias entgegenzutreten, hörte der Seekrieg auf, nachdem es vorher dem P. noch beinahe gelungen war, Attalos bei Opus gefangen zu nehmen: Liv. XXVIII 7, 5ff. Polyb. XI 7, 2ff. Zu den Erfolgen des Königs trug vor allem seine ungemeine Rührigkeit, die Plötzlichkeit seiner Entschlüsse, die Schnelligkeit seiner Bewegungen bei, die ihn den Operationen der Verbündeten überlegen erscheinen ließen; vgl. etwa Liv. XXVIII 7, 3. Von Opus aus eroberte P. noch Thronion und zwei dorische Städte und kehrte dann nach Elateia zurück, um wieder mit Abgesandten der Neutralen zu verhandeln; auch Römer und Aitoler waren zugegen: Liv. XXVIII 7, 9ff. Einen Vorstoß des Machanidas gegen Olympia benutzte der König, um die vorläufig noch zwecklosen Verhandlungen abzubrechen und sich gegen den Spartaner zu wenden; doch gab Machanidas sein Vorhaben auf, als er von dem Heranrücken des Königs hörte. Der Versuch, im Korinthischen Meerbusen mit Unterstützung karthagischer Schiffe gegen die Aitoler vorzugehen, mißlang, da die Karthager vor der verbündeten Flotte sich nach Akarnanien zurückzogen: Liv. XXVIII 7, 14ff. 8, 8. Ein zweiter Versuch, mit Hilfe des achaiischen Heeres und seiner Flotte die Aitoler zu überraschen, schlug auch fehl, da diese gewarnt und in die Berge geflüchtet waren. P. begab sich nun über Chalkis und Oreos, das offenbar von den Feinden wieder geräumt war und nun von P. zuverlässigen Parteigängern anvertraut wurde, nach Demetrias und von dort nach Makedonien: Liv. XXVIII 8, 7ff. Um in Zukunft der feindlichen Flotte besser entgegentreten zu können, ließ er in Kassandreia hundert Kriegsschiffe bauen. Ob noch in dieses Jahr der Handstreich der Römer gegen das Kastell Ambrakos gehört, ist nicht zu entscheiden; jedenfalls fällt das Unternehmen hinter die Friedensverhandlungen, [2310] da der römische Senat die Vorschläge ablehnte. Es fällt allerdings auf, daß die bedeutende Truppenvermehrung seitens der Römer (11 000 Mann) nicht zu einem größeren Schlage benutzt wurde: Appian. Maked. 3.

Im nächsten Jahre, 207, blieben die Römer dem griechischen Kriege fern, da sie in Italien selbst angegriffen wurden. Der Propraetor Sulpicius mußte sich mit dem Schutz der illyrischen Küste begnügen. Leider wissen wir aus diesem und dem nächsten Kriegsjahr nur wenig, obwohl P. seine Überlegenheit gewiß kräftig ausgenutzt hat. Trotz aller Bemühungen der neutralen Mächte, zu einem anständigen Frieden zu gelangen, und trotz der Bereitwilligkeit P.’ kam es aber zu keiner Einigung; offenbar lag es im Interesse der Römer, den Krieg gegen P. nicht zum Stillstand kommen zu lassen, solange Hannibal sie in Italien noch ernstlich bedrohte, und ihren Versprechungen gelang es, die Aitoler, obwohl auch hier eine Friedenspartei am Werke war, bei der Stange zu halten. Aber sie gerieten überall in Nachteil, zumal im Peloponnes durch Philopoimen ein Aufschwung der Achaier eintrat (Niese II 495ff.). Gleich zu Beginn des Jahres drangen die Makedonen wieder verwüstend von Akarnanien aus in Aitolien ein, ohne daß die Aitoler ihnen den Weg verlegen konnten: Polyb. XI 7, 2. Durch die Schlacht bei Mantineia 207, die Philopoimen bis nach Lakonien führte, wurde Sparta lahmgelegt, und der Achaiische Bund erhielt im Peloponnes das Übergewicht: Polyb. XI 11—13. Plut. Philop. 10. Fougères Bull. hell. XIV 81.

Ohne Hilfe von Seiten der Römer (Liv. XXXII 21, 17) waren die Aitoler auch dem gemeinsamen Angriff durch P. und die Achaier im J. 206 ausgesetzt, und nach dem Anschluß des Athamaneu Amynandros, den P. durch die Abtretung von Zakynthos gewann, stand auch das Innere Aitoliens der Verwüstung durch P. offen: Liv. XXXII 21, 17. XXXVI 31, 11 (Wilcken o. Bd. I S. 2004). Deshalb waren die Aitoler jetzt dem Abschluß des Friedens geneigt, und die Feindseligkeiten zwischen P. und Aitolien kamen zum Stillstand, ohne daß wir Näheres über die Bedingungen wissen: Liv. XXIX 12, 1ff. Die Römer versuchten den Krieg allein weiterzuführen und schickten nach der Eroberung Spaniens eine bedeutende Flotte mit 11 000 Mann unter P. Sempronius nach Illyrien. Als aber P. heranrückte, zog sich Sempronius, der Dimallos belagert hatte, auf Apollonia zurück. Da die Aitoler nicht wieder zum Krieg zu bewegen waren und die Römer selbst gern ihre ganze Kraft gegen Afrika richten wollten, kam es schließlich zu Verhandlungen. In Phoinike traf P. mit dem römischen Feldherrn zusammen; an dieser Unterredung nahmen auch die Epeiroten, Amynandros und die Akarnanen teil. Auf beiden Seiten war der gute Wille vorhanden, und da die Aitoler, die bisher ärgsten Feinde P.’, sich bereits mit ihm ausgesöhnt hatten, so einigte man sich schnell. P. mußte von den illyrischen Orten Dimallos, Bargullum und Eugenium (sonst unbekannt) herausgeben und behielt dagegen das Land der Atintanen; nach Livius sind ihm die Parthiner genommen worden, nach Polyb. XVIII 47, 12 [2311] sind sie später in seinem Besitz, ohne daß ein Besitzwechsel berichtet würde. Eingeschlossen waren in den Frieden auf makedonischer Seite die Achaier, Boioter, Thessaler, Akarnanen und Epeiroten sowie Prusias von Bithynien, auf römischer Attalos von Pergamon, Pleuratos von Illyrien, Nabis, Elis und Messene. (Über Ilion und Athen vgl. Niese II 502, 4.) Zunächst sollte ein zweimonatiger Waffenstillstand eintreten, während dessen die Genehmigung von Volk und Senat eingeholt werden sollte (205 v. Chr.). Diese wurde erteilt: Liv. XXIX 12, 9ff.

3. Zwischen den Kriegen. Das Ergebnis des Krieges stellte den Führereigenschaften P.’ ein nicht ungünstiges Zeugnis aus: er hatte sich gegen eine Unzahl von Feinden, die ihm wie die Römer und Attalos wenigstens zur See weit überlegen waren, tapfer gehalten und nichts von Bedeutung eingebüßt. Die Aitoler hatten eingesehen, daß sie gegen Makedonien selbst mit fremder Unterstützung nicht aufkamen; allerdings leistete der Achaiische Bund P. gute Dienste, wenn auch der König ihm häufig zu Hilfe kommen mußte. Andererseits war für ihn günstig, daß die Römer durch den Hannibalischen Krieg gebunden waren und nur geringe Streitkräfte nach Griechenland senden konnten. Wenn die Römer doch schließlich den Zweck des griechischen Krieges erreicht und die Zusammenarbeit P.’ mit den Karthagern verhindert hatten, so war dafür der entscheidende Grund, daß P. es an strategischer Umsicht fehlen ließ; er verzettelte seine Kräfte zu sehr in kleinen Unternehmungen, statt alles an die Vertreibung der Römer aus Illyrien zu setzen. Gewiß waren ihm die Aitoler und Spartaner höchst lästig; aber er hätte sie seinen griechischen Bundesgenossen überlassen und seine Streitkräfte für die Vereinigung mit Hannibal einsetzen müssen. Weiter hätte er zu diesem Zwecke vor allen Dingen eine Flotte bauen müssen, da ohne sie eine Landung in Italien unmöglich erscheinen mußte. Die Anläufe, die er dazu nahm, waren aber in keiner Weise geeignet, um den Römern zur See entgegentreten zu können. Die Makedonen waren offenbar, wie auch die Beispiele P.’ II. und Alexander des Großen beweisen, der Schiffahrt abgeneigt. Für die Zukunft war verhängnisvoll, daß der Ausgang des Krieges das Vertrauen der Griechen zum König erschütterte, während ein Erfolg den Weg zur Herstellung der nationalen Einheit hätte ebnen können. Vgl. zum Frieden De Sanctis Storia dei Romani III 2, 435ff. Täubler Imperium Roman. I 214ff. Fraglich bleibt, ob P. in Thessalien die Verluste, die Makedonien hier früher erlitten hatte, ausglich; es scheint doch, als ob Pharsalos, Echinos, Larisa Kremaste und das phthiotische Theben erst nach 205 wieder makedonisch wurden; vgl. Geyer o. Bd. XIV S. 750.

Auf das Verhältnis P.’ zum Achaiischen Bund wirkte der Krieg schädlich; er hatte das Selbstvertrauen der Achaier geweckt und traf dadurch die Machtstellung Makedoniens empfindlich, zumal der Bund in Philopoimen einen tüchtigen Feldherrn besaß. Sein Verhältnis zu P. war gespannt (vgl. Plut. Philop. 12. Paus. VIII 50, 4. Iustin. XXIX 4, 11). P. ging deshalb daran, [2312] seine Hilfsmittel zu steigern und seinen Besitz zu erweitern. Er hatte schon vor dem römischen Kriege mit der inneren Festigung seiner Macht begonnen. Denn dahin gehört seine Bürgerrechtspolitik gegenüber Larisa. 219 hatte er die Bürgerschaft durch Aufnahme anderer Hellenen zu vermehren gesucht; der Widerstand, auf den er stieß, entmutigte ihn nicht. 213 befahl er die Wiederaufnahme der inzwischen ausgeschlossenen Neubürger, wobei er auf die weitherzige Bürgerrechtspolitik Roms hinwies: Syll.³ 543. Es ist anzunehmen, daß P. auch anderen Städten seines Machtbereichs gegenüber ähnlich vorgegangen ist. War seine innere Politik durchaus verständig, so artete seine äußere Politik sehr schnell in rücksichtsloses Umsichgreifen aus. Seine leidenschaftliche Natur ließ ihn zu den gewaltsamsten Mitteln greifen, wenn nur der Erfolg dadurch gesichert erschien (vgl. Polyb. XIII 3). Ein gutes Teil dieser rücksichtslosen Politik wird dem Tarentiner Herakleides zugeschrieben, einem landesflüchtigen Baumeister, der aus Tarent und Rom wegen Verdachts von Landesverrat hatte weichen müssen (Polyb. XIII 4. Fabricius o. Bd. VIII S. 497f.). Zunächst hat P. im Norden seines Reiches Krieg geführt. Er hat in Illyrien Eroberungen gemacht und war dann in Thrakien tätig, wo lebhafte Unruhe herrschte (Polyb. XVIII 1, 14. Steph. Byz. s. Μελίτουσσα. Polyb. XIII 10, 7–10). Da man glaubt, die von Polybios genannte Stadt Kabyle bei Golowika an der Tundscha lokalisieren zu können (Oberhummer o. Bd. X S. 1455), übrigens eine von P. II. gegründete Stadt, muß P. bis an den Balkan vorgestoßen sein. Bei diesem Vorstoß in den Norden hat er die Dardaner in einer großen Schlacht besiegt: Diod. XXVIII 2. Iustin. XIX 4, 10.

Zwistigkeiten mit den Rhodiern um Kreta führten dann zum Ausbruch von Feindseligkeiten mit diesen. Es handelte sich um Seeräubereien der Kreter, die aus einem Kriege von Rhodos mit kretischen Städten (nach Polyb. XIII 10, 4–6 Allaria, Ilattia, Sibyrtos; dazu Polyb. XIII 5) entstanden und von P. und Nabis unterstützt wurden: Polyb. XIII 8, 2. Zugleich versuchte der Günstling P.’ Herakleides einen Anschlag auf die rhodische Flotte, wobei er sich als makedonischer Flüchtling ausgab: Polyb. XIII 5. Nach Polyain. V 17 soll ihm sogar der Anschlag auf eine Anzahl der Schiffshäuser gelungen sein. Jedenfalls mußte dieses Vorgehen P.’ die Rhodier, denen gerade damals in Ptolemaios IV. ein Freund starb, stark beunruhigen; vgl. Hicks Manual 182.

Neue Aussichten auf Erweiterung seines Besitzes eröffnete P. der Tod Ptolemaios’ IV. und die Thronbesteigung Ptolemaios’ V. Epiphanes unter unfähigen Vormündern: 205/04. Heftige Kämpfe unter den Machthabern, häufiger Wechsel im Regiment, gegenseitige Eifersucht legten die Außenpolitik lahm und bewirkten, daß Ägypten von seiner Weltmachtstellung herabsank. Dadurch waren vor allem seine Außenbesitzungen bedroht, die nur durch energische Aufrechterhaltung der militärischen Rüstung, vor allem der Flotte, gesichert werden konnten. Feinde, die nach den zahlreichen Landschaften und Städten unter ägyptischer Oberhoheit begehrende [2313] Blicke warfen, gab es genug. Die gefährlichsten waren die Könige von Makedonien und Syrien, die gerade im gemeingriechischen Interesse das doch auch hellenistische Reich über die schweren Zeiten hätten hinweghelfen müssen. Antiochos III. hatte schon unter Ptolemaios IV. versucht, Koilesyrien seinem Staate einzuverleiben, und war nun entschlossen, die günstige Gelegenheit noch einmal zu benutzen. Ägypten erwartete den Angriff und hoffte auf den Beistand P.’: Polyb. XV 25, 13. Statt dessen beschloß der König, ebenfalls aus der Notlage Ägyptens Vorteil zu ziehen, und es kam zu einem Abkommen zwischen P. und Antiochos zwecks gemeinsamen Angriffs: Polyb. III 2, 8. XV 20. XVI 1, 9. Appian. Maked. 4. Iustin. XXX 2, 8. Nach Polybios (III 2, 8; vgl. auch Appian.) sollten P. vor allem die Küstengebiete des Ägäischen Meeres bis Karien, dem Antiochos Koilesyrien und Kypros zufallen. Beide Könige begannen sofort mit dem Angriff, ohne auf eine Veranlassung zum Kriege zu warten. P. waren vor allem die ägyptischen Besitzungen an der thrakischen Küste um Maroneia (Polyb. V 34, 8) und am Hellespont ein Dorn im Auge. Deshalb ging er noch 202 mitten aus dem tiefsten Frieden heraus ans Werk. Zunächst beunruhigte eine makedonische Flotte unter dem Aitoler Dikaiarchos die Rhodier und brandschatzte die Kykladen und die Städte am Hellespont: Polyb. XVIII 54, 7. Diod. XXVIII 1. Paros ist damals makedonisch geworden: Liv. XXXI 15, 8. 31, 4. Die Städte am Hellespont Lysimacheia, Kalchedon und Kios traten unter aitolischen Schutz und erhielten einen aitolischen Kommandanten: Polyb. XVIII 3, 11f. XV 23, 8f. P. kehrte sich daran nicht. Er zwang als erste Lysimacheia, die zugleich von den Thrakern bedroht war, sich von den Aitolern loszusagen und eine makedonische Besatzung aufzunehmen: Polyb. XV 23, 9. XVIII 3, 11. 4, 5. Allerdings scheinen die Aitoler ihre Beschützerrolle recht nachlässig wahrgenommen zu haben. Darauf fielen Sestos, Perinthos und Kalchedon in P.’ Hand: Polyb. XV 23, 9. XVIII 2, 4. 3, 11. Die Eroberung von Kios brachte ihn in offene Feindschaft mit Rhodos, da er trotz einer rhodischen Gesandtschaft die Stadt zu Wasser und zu Lande belagerte und sie entgegen seinem Versprechen nach der Einnahme ausplündern ließ. Grund und Boden erhielt Prusias von Bithynien. Seitdem betrachteten ihn die Rhodier als ihren Feind: Polyb. XV 21. 22, 4ff. Noch rücksichtsloser verfuhr P. mit Thasos. Die Thasier öffneten ihm die Tore, da er ihnen Autonomie und Freiheit von Besatzung versprochen hatte. Da der Besitz der Stadt für ihn von großer Bedeutung war, behandelte er sie als erobert und verkaufte einen Teil der Bürgerschaft in die Sklaverei: Polyb. XV 24. Natürlich erregte er dadurch bei allen noch freien Griechen Abscheu und Schrecken und erreichte das Gegenteil von dem, was er hätte erstreben müssen: er trieb die Griechen seinen Feinden in die Arme und verewigte die Zerrissenheit der Nation, statt sie für den Entscheidungskampf mit Rom unter seiner Führung zu einigen. P. bewies durch diesen Bruderkrieg gegen die ägäischen Griechen, daß ihm jeder politische Weitblick fehlte, obwohl er ein tüchtiger [2314] Feldherr war. Der letzte Krieg mit Rom hatte ihm die Gefährlichkeit und Überlegenheit dieses Staates klar vor Augen geführt. Er mußte mit einem zweiten Waffengang rechnen und hätte sich sagen müssen, daß nur durch Zusammenfassung aller Kräfte eine Aussicht auf Erfolg bestand. Auch der Krieg gegen Ägypten widersprach seinen Interessen, und er hatte dafür nur die Entschuldigung, daß König Antiochos, den man den ,Großen‘ nennt, genau so wenig Verständnis für eine zielsichere Außenpolitik besaß wie er selbst.

201 stach P. mit einer großen Flotte und einem Landheer an Bord nach Kleinasien in See, um sich dort der ägyptischen Besitzungen zu bemächtigen: Polyb. XVI 2, 9. Im Anfang hatte er wirklich einen großen Erfolg, da er Samos, den wichtigsten ägyptischen Stützpunkt, einzunehmen vermochte: Polyb. XVI 2. Appian. Maked. 4. Diese Eroberung hatte aber zur Folge, daß Rhodos sich zum Kriege entschloß, und da Attalos durch ein weiteres Vordringen P.’ in Gefahr geriet, machte er mit ihnen gemeinsame Sache, und zwar riß der rhodische Admiral Theophiliskos ihn mit sich fort (Polyb. XVI 9, 4). Entscheidend waren für Rhodos die Nachrichten aus dem Westen, wo Rom Karthago vollkommen niedergeworfen hatte. Entgegen ihrer bisherigen Haltung, die Fremden von jeder Einmischung in Griechenland fernzuhalten, kam den Rhodiern jetzt doch die Besorgnis, ob sie auch der gesamten Macht des Makedonen Widerstand leisten könnten. So schickten sie gemeinsam mit Attalos Gesandte nach Rom mit der Bitte um Hilfe: Liv. XXXI 2, 1. Der sinnlose Bruderkrieg P.’ trug also schon seine Früchte, indem die Macht, die nach dem schweren Kriege mit den Karthagern alle möglichen Gegner mit äußerstem Mißtrauen betrachtete und die ihm allein weit überlegen war, auf ihn als auf einen Störenfried aufmerksam gemacht wurde. P. wandte sich von Samos gegen Attalos, und da dieser sich ihm nicht stellte, verheerte er das offene Land und zerstörte mit barbarischer Grausamkeit die Anlagen und Bauten (das Nikephorion) in der Nähe von Pergamon: Polyb. XVI 1. XVIII 2, 2. 6, 4. Diod. XXVIII 5. Appian. Maked. 4. Liv. XXXII 33, 5. 34, 9. Dann zog er gegen Thyateira und in das Feld von Thebe an der mysischen Grenze. Als er auch hier nicht genügend Lebensmittel fand, wandte er sich an Zeuxis, den syrischen Statthalter von Sardis, um von ihm gemäß dem Vertrage Zufuhr zu erbitten. Dieser gewährte auch nur laue Unterstützung, um P. nicht zu sehr zu fördern: Polyb. XVI 1. Deshalb ging P. wieder an die Küste und begann die Belagerung einer Stadt, in der man nicht mit Unrecht Elaia gesehen hat (Niese II 585; vgl. Steph. Byz. s. Ἕλλα). Inzwischen waren aber die Verbündeten mit ihrer Flotte in der See erschienen und rüsteten sich, der Stadt zu Hilfe zu kommen. P. mußte die Belagerung aufgeben, und da seine Schiffe eingetroffen waren, stach er plötzlich in See, um vor den Feinden Samos zu erreichen. Diese aber folgten ihm sofort und zwangen ihn, sich zur Schlacht zu stellen (bei Chios). Attalos griff den rechten makedonischen Flügel an, während der linke von den Rhodiern unter Theophiliskos [2315] gestellt wurde. Durch ihre Überzahl und ihre nautische Geschicklichkeit waren die Rhodier den Makedonen überlegen, und die Schiffe P.’ waren im allgemeinen unlenksamer; so trugen die Rhodier einen unzweifelhaften Sieg davon, und auch die Pergamener waren entschieden im Vorteil. Die Tatsache aber, daß das Admiralsschiff des Attalos abgeschnitten und erbeutet wurde und der König selbst sich nur mit Mühe ans Festland rettete, ließ auf dieser Seite den Erfolg nicht so greifbar erscheinen, so daß P. sich sogar den Sieg zuschreiben konnte. Dazu trug auch der Umstand bei, daß er am Vorgebirge Argennon in der Nähe des Kampffeldes vor Anker ging. Doch wagte er nicht, die rhodische Flotte noch einmal anzugreifen: Polyb. XVI 2–6. XVIII 6, 3. 8, 10. Er hatte erhebliche Verluste erlitten und war deshalb durchaus nicht gehobener Stimmung; er soll 10 000 Mann durch Tod und 2000 durch Gefangenschaft verloren haben: Polyb. XVI 7. 8. Ein Gewinn war es für ihn, daß der tüchtige rhodische Admiral Theophiliskos an den erhaltenen Wunden starb: Polyb. XVI 9.

P. setzte trotz dieses Mißerfolges den Krieg rüstig fort, und die Uneinigkeit der Verbündeten erleichterte ihm die Kriegführung. Über die rhodischen Schiffe, die bei Lade Stellung genommen hatten, trug er einen Vorteil davon. Milet ehrte ihn durch einen goldenen Kranz, Myus fiel in seine Hände, und an den karischen Küsten hatte er Erfolge: Polyb. XVI 10. 11. 24, 1. 24, 9 (Myus). XVIII 2, 3. 44, 4. Liv. XXXIII 18, 1f. 19, 10. Vgl. Niese II 587, 1. 3. Als sich die Verbündeten wieder vereinigten, kam P. bei Beginn des Winters in eine schwierige Lage. Er wollte nach Makedonien zurück, da er einen Angriff der Aitoler fürchtete und auch einen Eingriff der Römer besorgen mußte. Aber die feindliche Flotte blockierte ihn, und bald litt sein Heer unter Ernährungsschwierigkeiten. Mit Gewalt sich die Ausfahrt aus dem Hafen von Bargylia, wo P. lag, zu bahnen, wagte er nicht. Schließlich mußten ihm Zeuxis und seleukidische Städte wie Magnesia aus der Not helfen; Magnesia erhielt dafür Myus. Auch scheint er damals Samos verloren zu haben: Polyb. XVI 24. Vgl. für Samos: XVIII 2, 3f. 44, 4. Liv. XXXIII 20, 12. Trotz seiner schwierigen Lage ist er offenbar ohne größeren Verlust, weil uns darüber nichts überliefert ist, entkommen und hat Flotte und Heer nach Makedonien zurückführen können.

Erreicht hatte er mit seiner Fahrt nach Kleinasien nichts weiter, als daß seine nutzlose Grausamkeit alles gegen ihn in Aufregung gebracht hatte. Ähnlich sah es auch in Europa aus. Über sein Vorgehen gegen Lysimacheia, Kalchedon und Kios waren die erst 205 zum Frieden gebrachten Aitoler mit Recht verletzt: Polyb. XV 23, 7ff. Wahrscheinlich ist auch, daß P. jetzt Echinos, das phthiotische Theben, Larisa Kremaste und Pharsalos den Aitolern wieder abnahm; denn sie gehörten ihm bei Ausbruch des 2. Makedonischen Krieges und waren ihm offenbar 205 nicht zugesprochen worden; vgl. Geyer o. Bd. XIV S. 750. Niese II 503, 1. 588, 5. Dadurch machte er sich die Aitoler vollends zu [2316] Feinden. Wenn sie nicht sofort mit dem Kriege begannen, so lag es nur an Rom; denn allein wagten die Aitoler nicht gegen P. vorzugehen. Rom aber wies das Begehren der Aitoler ab, da sie sich 206 von ihm losgesagt hatten: Polyb. XVIII 38, 8. Appian. Maked. 4, 2. Auch die Bitte des Attalos, als P. die Umgebung von Pergamon heimsuchte, lehnten die Römer ab: Liv. XXXI 46, 4f. Der Athamanenkönig Amynandros hatte sich von P. abgewandt und den Römern angeschlossen: Liv. XXXI 40, 7. 41, 6. Der Grund der Feindschaft war wohl das Streben nach dem Besitz von Gomphoi: Liv. XXXII 14, 1ff. und die oben genannten Stellen. Weiter war P. in scharfen Gegensatz mit Athen geraten, das bisher neutral gewesen war: vgl. Paus. II 9, 4. Ein Rachezug der Akarnanen gegen Attika, den sie mit P.’ Hilfe unternahmen, entfesselte den offenen Krieg: Liv. XXXI 14, 6ff., und da sie Makedonien allein in keiner Weise gewachsen waren, wandten sich die Athener an Ägypten, Attalos, Rhodos und zuletzt auch an Rom: Liv. XXXI 1, 10. 5, 5ff. 9, 1ff. Paus. I 36, 5. Bald darauf erschienen daselbst auch Gesandte aus Ägypten, Pergamon und Rhodos, um sich über P. zu beschweren: Liv. XXXI 2, 1. 9, 1ff.

Merkwürdig schnell ließen sich die Römer zum Krieg bewegen, nachdem sie erst vor wenigen Monaten den schweren Existenzkampf mit Karthago bestanden hatten. Die Erklärung für diesen schwerwiegenden Entschluß, den auch die Komitien, die die Last des neuen Krieges nach den Blutopfern der zwanzig Jahre wieder auf ihre Schultern nehmen mußten, billigten (Liv. XXXI 8, 1), ist in der Sorge begründet, daß sich um die Könige des Ostens eine neue, Rom gefährliche Macht bilden konnte. Man wußte in Rom wenig von den Machtverhältnissen des Ostens und glaubte deshalb den fremden Gesandten, daß die zu gemeinsamem Kampfe zusammengeschlossenen Könige Syriens und Makedoniens wohl imstande seien, Rom in Italien anzugreifen, zumal wenn es ihnen gelang, Griechenland zum Anschluß zu zwingen. Das mußte auf jeden Fall verhindert werden, und deshalb beschloß man, sofort gegen P. vorzugehen, ehe er Zeit fand, mit Antiochos den Krieg gegen den Westen zu eröffnen; vgl. Cauer-Geyer Röm. Gesch.² 55f. Vor allen Dingen war es jetzt noch möglich, die beiden Könige getrennt zu bekämpfen, da Antiochos in Asien reichlich beschäftigt war. Hätte man in Rom gewußt, wie brüchig das Bündnis war und wie sehr beide Herrscher nur an unpersönliches Interesse dachten, so hätte man vielleicht weniger schnell gehandelt. Hinzu kam, daß der Consul P. Sulpicius, der schon im 1. Makedonischen Kriege an der Spitze der Flotte gestanden hatte, in Makedonien kriegerische Lorbeeren gewinnen wollte (vgl. etwa Liv. XXXI 6f.). Vgl. zum Kriege vor allem De Sanctis IV 1, 1–103. Passerini Athen. IX 260ff. 542ff. X 105ff. Walek Eos XXXI 369ff.

Über Gründe eines feindlichen Vorgehens gegen P. war man nicht verlegen. Zunächst sollte eine Gesandtschaft im Osten den Boden vorbereiten, um die Last des Krieges möglichst auf die griechischen Bundesgenossen zu wälzen. Obwohl die römischen Staatsmänner damals noch [2317] nicht viel Erfahrungen auf diesem Gebiete gesammelt hatten, hatten sie doch schon tiefe Einblicke in die Zerfahrenheit der griechischen Staatenwelt getan, und namentlich Sulpicius hat gewiß mit Erstaunen und Verachtung von dem Partikularismus und Bruderhaß der griechischen Zwergstaaten Kenntnis genommen. Zugleich hatte ihm die Umsicht und trotz aller Zersplitterung seiner Kräfte gewandte Kriegführung P.’ vor diesem Könige Achtung eingeflößt und ließ ihn jetzt seine rücksichtslose Bekämpfung im Interesse Roms angezeigt erscheinen.

Drei Senatoren begaben sich in den Osten. Sie stellten an P. das Ultimatum, die Griechen nicht weiter zu bekriegen, den Streit mit Attalos und den Rhodiern einem Schiedsgericht zu unterbreiten und die ägyptischen Besitzungen unangetastet zu lassen. Unterwegs sollten die Gesandten den griechischen Staaten von ihrem Auftrage Meldung machen, schließlich zwischen Antiochos und Ptolemaios vermitteln. Sie besuchten Epeiros, Amynandros, die Aitoler und Achaier und begaben sich dann nach Athen: Polyb. XVI 27, 2f. 34f. Liv. XXXI 2, läßt die drei Gesandten nur nach Ägypten gehen. Noch vor der Ankunft der römischen Gesandten in Athen trafen dort die pergamenische und rhodische Flotte ein und nahmen im Peiraieus und vor Aigina Stellung. Die Athener schickten an Attalos Gesandte, dankten ihm für seine Hilfe und luden ihn zu einer Besprechung ein. Als Attalos von dem Eintreffen der römischen Gesandten erfuhr, fuhr er sofort nach dem Peiraieus. Er wurde in Athen mit großem Gepränge empfangen, und auf seinen Antrag, den die Rhodier unterstützten, beschlossen die Athener den Krieg gegen P.: Polyb. XVI 25f. Liv. XXXI 14, 11f. 15, 1ff. Obwohl Athen kaum über nennenswerte Macht verfügte, war es doch von Bedeutung, daß gerade das geistige Haupt Griechenlands den ersten Schritt zum Kriege gegen Makedonien tat. P. aber ließ zunächst eine Abteilung (nach Liv. unter Philokles, nach Polyb. unter Nikanor) in Attika einrücken und das Land bis zur Akademie plündern. Diese Gelegenheit benutzten die Römer, um das Ultimatum an P. übermitteln zu lassen, worauf der makedonische Feldherr abzog: Polyb. XVI 27. Liv. XXXI 16, 1f. Attalos versuchte vergebens, die Aitoler zum Kriege zu verlocken: Liv. XXXI 15, 9f., und die Achaier haben sogar noch später zwischen den Rhodiern und P. Frieden zu stiften unternommen: Polyb. XVI 35. Die Rhodier dagegen gewannen alle Kykladen außer Andros, Faros und Kythnos für sich und kehrten dann nach Hause zurück: Polyb. XVI 26, 10. Liv. XXXI 15, 8. Doch führten weder Attalos noch die Rhodier den Krieg mit Nachdruck, sondern ließen P. freie Hand zur Fortsetzung seiner Eroberungen: Liv. XXXI 15, 10f. Polyb. XVI 28, 8.

P. war entschlossen, trotz der drohenden Feindschaft der Römer seinen Feldzug gegen die ägyptischen Plätze in Thrakien weiterzuführen. Er zog mit dem Landheer zunächst gegen Maroneia, das er mit leichter Mühe einnahm, während Herakleides an der Spitze der Flotte stand. Ainos fiel durch Verrat, ihm folgten Kypsela, Doriskos und Serrheion, dann am Hellespont Elaius, Alopekonnesos, Kallipolis und Madytos: Liv. XXXI [2318] 16, 3ff. Darauf ging er nach dem Ostufer der Meerengen hinüber und forderte von Abydos die Übergabe, obwohl die Stadt anscheinend nicht ägyptisch war. Sie lag außerordentlich günstig und stellte die Belagerungskunst P.’ auf eine harte Probe: Polyb. XVI 29. P. schloß sie zu Lande und Wasser ein, fand aber einen außerordentlich hartnäckigen Widerstand. Die Stadt hoffte auf Unterstützung seitens ihrer Verbündeten, doch war die Hilfe von Rhodos und Pergamon unzulänglich: Polyb. XVI 30, 7. Die rhodische Flotte selbst blieb bei Tenedos liegen: Liv. XXXI 16, 7. Auf der Seeseite gelang den Abydenen die Abwehr der Feinde, aber zu Lande glückte es den Makedonen, einen Teil der Mauer niederzuwerfen. Ihr Angebot an P., die Stadt ihm zu überlassen, wenn er der Bürgerschaft freien Abzug bewillige, wurde abgelehnt; P. verlangte unbedingte Ergebung. Nun faßte sie die Verzweiflung; sie wollten die Stadt bis zum letzten Atemzug verteidigen und nach dem Fall der Stadt ihre Häuser, Weiber und Kinder, ihre gesamte Habe der Vernichtung weihen. Als aber die letzte Stunde geschlagen hatte und den Makedonen die Stadt freilag, schickte man doch dem P. Priester und Priesterinnen entgegen und bat um Gnade. Aber die Kampfwut der Bürger war doch so groß, daß viele ihrem Schwur getreu blieben und lieber alles opferten als sich ergaben: Polyb. XVI 30–34. Liv. XXXI 17. 18. Selbst P. soll über die Vorgänge bei der Einnahme erschüttert gewesen sein: Polyb. XVI 34, 9f. Liv. XXXI 18, 6ff. Vor der Entscheidung war Attalos nach Tenedos geeilt, und M. Aemilius Lepidus, der jüngste der römischen Gesandten, hatte sich zu P. nach Abydos begeben, um ihm die römischen Forderungen zu überreichen. Die Unterhaltung konnte das Schicksal von Abydos nicht wenden: Polyb. XVI 34. Liv. XXXI 18, 1ff. P. sicherte Abydos durch eine Besatzung: die furchtbare Vernichtung der Stadt hatte ihm alle Sympathien in Hellas verscherzt. Auch die Rhodier, bei denen damals die schon erwähnte Gesandtschaft der Achaier eintraf, sie zum Frieden zu bewegen, beschlossen, an den Römern festzuhalten, die inzwischen den offenen Krieg gegen P. begonnen hatten: Polyb. XVI 35.

4. Zweiter Makedonischer Krieg (200–197). P. Sulpicius Galba, der eine der Consuln des J. 200, dem Makedonien als Provinz zugefallen war (Liv. XXXI 6, 1), war Ende des Herbstes in Apollonia gelandet und überwinterte hier (Liv. XXXI 14, 1f. 22, 4). Auf die Bitten der Athener, deren Gebiet den makedonischen Angriffen freilag, schickte er 20 Schiffe mit 1000 Mann nach dem Peiraieus, um zusammen mit rhodischen und pergamenischen Abteilungen den Schutz Attikas zu übernehmen: Liv. XXXI 14, 3. 22, 53. Beinahe wäre ihnen Chalkis ganz in die Hände gefallen: so begnügten sie sich mit der Zerstörung der Magazine und Vorräte und zogen wieder ab: Geyer Suppl.-Bd. IV S. 445. Liv. XXXI 23f. P. kam aus Demetrias zu spät zur Rettung, fand auch die Feinde schon abgezogen. Er eilte durch Boiotien nach Athen und hätte beinahe die Stadt überrumpelt. So konnte er nur seinen Ärger gegen die Athener durch gründliche Verwüstung der reich geschmückten [2319] Umgebung Athens und der Landschaft freien Lauf lassen. Liv. XXXI 26, 9ff. Dann ging er in die Winterquartiere. Gegen Ende des Jahres machten die Römer noch einen Angriff auf Illyrien und brachen in Dessaretien ein; Antipatreia wurde genommen und grausam behandelt: Liv. XXXI 27 (vgl. Kromayer Ant. Schlachtf. II 9ff. Über den gesamten Feldzug der J. 200 und 199 s. Münzer u. Bd. IV A S. 805f. Art. Sulpicius Nr. 64. De Sanctis IV 1, 50ff.). Diese energische Kriegführung der Römer hatte zur Folge, daß die Illyrier, Dardaner und Amynandros sich bei dem römischen Feldherrn einfanden, während die Aitoler trotz der Anerbietungen, die ihnen jetzt von den Römern gemacht wurden, sich noch zurückhielten; man traute den Römern nicht ganz und wollte erst abwarten, ob es ihnen ernst mit dem Kriege war: Liv. XXXI 28–32. So waren im Anfange des Krieges die Römer in der Hauptsache auf sich allein angewiesen, wie auch P. nur auf seine eigenen Kräfte rechnen konnte. Seine grausame und rücksichtslose Kriegführung in Thrakien und Kleinasien trug jetzt ihre Früchte; die Griechen standen abseits. Wie leicht hätte er sie gewinnen können, wenn er von Anfang an sich darüber klar gewesen wäre, daß ein neuer Krieg mit Rom ein Existenzkampf werden und er daher überall Bundesgenossen gewinnen mußte! Sein Heer bestand neben seinen Makedonen nur aus illyrischen und thrakischen Söldnern und daneben aus Thessalern, Boiotern und Akarnanen: Polyb. XVIII 22, 2. 43. Liv. XXXI 35, 1. XXXIII 14, 4f. 18, 7ff. Davon gingen die Garnisonen ab, die er in Griechenland, Thrakien und Karien halten mußte: Niese II 600, 2.

Im J. 199 war Pelagonien, die Lynkestis, der Kriegsschauplatz; vgl. darüber neben Kromayer Geyer o. Bd. XIV S. 652f. 657ff. 670ff. Eine Weile vermochte P. hier die Gegner festzuhalten, bis er sich gegen die Illyrier und dann auch gegen die Aitoler, die nun auch in den Krieg eintraten (Liv. XXXI 40, 9. 46), wenden mußte. So konnten die Römer Obermakedonien durchziehen und dann nach Dessaretien zurückkehren: Liv. XXXI 40. Nach Polyb. XVIII 47, 6 haben sich damals die Oresten den Römern angeschlossen (vgl. auch Liv. XXXI 40, 3), was wundernimmt, da Orestis wohl der Ursitz der Makedonen war und die Oresten sich bisher nie gegen die Könige aufgelehnt hatten. Den Dardanern, gegen die sich P. zunächst gewandt hatte, konnte er nur durch nachgesandte Truppen Verluste beibringen: Liv. XXXI 40, 7. 41, 1f. Dann warf er sich auf die Aitoler, die in Thessalien eingebrochen waren, und zwang sie zur Umkehr: Liv. XXXI 41ff. Zur See wurde Kassandreia angegriffen, Akanthos und Histiaia auf Euboia eingenommen: Liv. XXXI 45, 14ff. Geyer Suppl.-Bd. IV S. 755f. 198 (vgl. zu ihm Kromayer n 33fi.) lieferte P. Lysimacheia den Thrakern aus, um die Garnison an sich zu ziehen: Polyb. XVIII 4, 5f. Die Achaier suchte er durch Zugeständnisse zu gewinnen: Liv. XXXII 5, 4ff. Der Consul des J. 199, P. Villius Tapulus, hatte im Herbst den Oberbefehl übernommen und in Korkyra Winterquartiere bezogen: Liv. XXXII 3, 2. 6, 1. Er beschloß zu Beginn des Frühlings [2320] 198, sich durch die epeirotischen Gebirge einen freien Zugang nach Epeiros, Thessalien und zu den Aitolern zu bahnen. Doch P. kam ihnen zuvor und befestigte den Paß von Antigoneia am Aoos derart, daß der Consul unschlüssig vor seiner Stellung liegen blieb, bis sein Nachfolger T. Quinctius Flamininus beim Heere eintraf: Liv. XXXII 5, 10. 6. 9, 7ff. Plut. Titus 3. Leake Travels in Northern Greece I 383ff. Eine Verstärkung brachte er mit: Plut. a. O. Liv. XXXII 8, 2. 9, 6. Seine Angriffe auf die Stellung des Königs blieben ebenso erfolglos wie eine Unterredung mit P.: Liv. XXXII 10. Schließlich gelang es Titus, unter epeirotischer Führung die Stellung P.’ zu umgehen, so daß sie von den Makedonen bei einem Doppelangriff fluchtartig verlassen werden mußte. Immerhin konnte P. doch in Gewaltmärschen die Hochebene erreichen und den Weg nach Thessalien einschlagen: Plut. Tit. 4. Liv. XXXII 11ff. Appian. Maked. 6. Es zeigte sich eben sofort, daß unter einer energischen, zielbewußten Führung die überlegenen Machtmittel der Römer zur Geltung kommen mußten. Titus stand erst in den dreißiger Jahren und war entschlossen, in seinem Oberbefehl den Sieg zu erringen. Dabei machte ihn seine liebenswürdige Art im Gegensatz zu P. und die aufrichtige Begeisterung für griechische Kultur außerordentlich geeignet, die griechischen Einzelstaaten für Rom zu gewinnen. P. befand sich in einer schwierigen Lage; er konnte weder einen Einbruch in Thessalien verhindern noch die Vereinigung der Römer mit den Aitolern. Er beschloß zunächst, die Plätze in Thessalien, die er nicht behaupten konnte, aufzugeben, und zwang die Bewohner, mit ihrer Habe die Städte zu räumen, und zündete diese dann an: Liv. XXXII 13, 5ff. Plut. Tit. 5. Polyb. XVIII 3, 9, eine Handlungsweise, die nur geeignet war, ihm die Hellenen, diesmal die seit 1½ Jahrhunderten mit Makedonien vereinigten Thessaler, zu entfremden. Bald brachen die Aitoler und Athamanen in die Grenzgebiete Thessaliens ein, während P. im Tempe sich festsetzte: Liv. XXXII 13f. 15, 9. Plut. Tit. 5. Inzwischen hatte der Consul Epeiros unter Wahrung strengster Neutralität durchzogen und sich dadurch das Wohlwollen der Epeiroten erworben, die von hellenischen Kriegen her ganz anderes gewöhnt waren: Liv. XXXII 13, 5ff. Plut. Tit. 5. Er eroberte in Thessalien Phaloreia: Liv. XXXII 15, 1ff., und nahm von anderen Städten, die sich ihm lieber als den Aitolern anvertrauten, die Ergebung entgegen. Vor Atrax stieß er auf heftigen Widerstand und belagerte die Stadt. Aber trotz aller Anstrengungen vermochte er nichts auszurichten und mußte schließlich die Belagerung aufgeben: Liv. XXXII 17, 4 bis 18, 2. Er ging nach Phokis: 18, 4. Doch war es inzwischen der Flotte gelungen, Eretria und Karystos zu nehmen: Liv. XXXII 16–18. Geyer Suppl.-Bd. IV S. 445. Doch sind Histiaia und Eretria bald wieder von den Makedonen besetzt worden: Polyb. XVIII 45, 5. Die phokischen Städte wurden vom Consul erobert, auch Elateia nach längerer Bestürmung: Liv. XXXII 18, 6ff. 24. Paus. X 34, 4. Das Wichtigste aber war, daß jetzt auch die Achaier, denen P. gegen den immer stärker werdenden Druck der [2321] Römer keine Hilfe bieten zu können schien, auf die Seite des Consuls hinübergezogen wurden, wobei die römischen Verbündeten halfen: Liv. XXXII 19–23. Plut. Tit. 5. Polyb. XVIII 6, 7. Appian. Makedon. 7. Ohne auf die Genehmigung des römischen Volkes (Liv. XXXII 23, 1. Polyb. XVIII 42, 6) zu warten, beteiligten sich die Achaier sofort am Kriege und schickten Truppen nach Korinthos: Paus. VII 8, 2, das man einzuschließen begonnen hatte: Liv. XXXII 23. Doch mußten die Verbündeten, da die makedonische Besatzung tapferen Widerstand leistete, die Belagerung aufgeben. Und durch einen mutigen Handstreich gewannen die Makedonenfreunde, von der Stimmung des Volkes unterstützt, trotz einer achaiischen Besatzung auch Argos für P. zurück: Liv. XXXII 25.

Im allgemeinen war jedoch P.’ Lage beinahe verzweifelt. Er war aus ganz Griechenland bis auf ein paar Stützpunkte hinausgedrängt und hatte kaum noch einen Freund. Die Wahl des T. Flamininus zum Consul und Oberbefehlshaber in Griechenland stellte sich als ein guter Griff heraus; er verstand den Griechen es plausibel zu machen, daß die Römer nur zur Befreiung Griechenlands von der makedonischen Zwingherrschaft Krieg führten, und diese Versicherung wirkte um so glaubhafter, als Titus den Griechen wirklich mit aufrichtiger Sympathie gegenüberstand. P. hatte aber durch seine Kriegführung das Vertrauen der Griechen verscherzt. So läßt sich auch verstehen, weshalb die griechischen Städte sich lieber dem liebenswürdigen Römer ergaben als den rohen und grausamen Aitolern. Das zeigte sich auch bei der Erhebung der Lokrer von Opus. Nach heftigem Streit zwischen den Freunden der Aitoler und den Anhängern Roms siegte die römische Partei und lud Titus ein, die Stadt unter seinen Schutz zu nehmen. Da die Burg von einer makedonischen Besatzung gehalten wurde, schickten sich die Römer zur Belagerung an: Liv. XXXII 32, 1ff. Plut. Tit. 5. Vgl. zum J. 198: Béquignon Bull. hell. LII 444ff.

In diesem Augenblick trat P. an den römischen Feldherrn mit der Bitte um eine Zusammenkunft zwecks Verhandlungen über einen Frieden heran, und Titus, der nicht wußte, ob er den Oberbefehl behalten würde, und deshalb einen günstigen Frieden gern gesehen hätte, war bereit, auf den Wunsch einzugehen, wenn die Bundesgenossen damit einverstanden sein würden (vgl. Liv. XXXII 32, 6ff.). P. sah sich zu seinem Schritte gezwungen, da er nicht mehr lange imstande war, seine Heere zu unterhalten, zumal seine Besitzungen in Griechenland immer weiter zusammenschmolzen. Mit Zustimmung der Bundesgenossen wurde beschlossen, bei Nikaia am Malischen Meerbusen zu einer Unterredung sich zusammenzufinden: Liv. XXXII 32, 6ff. Über die Verhandlungen ist der ausführliche Bericht des Polybios erhalten, XVIII 1–11; vgl. außerdem Liv. XXXII 32, 9ff. Plut. Tit. 5. Appian. Maked. 8. Iustin. XXX 3, 8ff. Zonar. IX 16, 4. P. kam seinen griechischen Gegnern weit entgegen. Nachdem die Römer ihre Forderungen angemeldet hatten, traten Attalos, die Rhodier, Achaier, Aitoler auf. P. versprach einen Teil der Forderungen zu erfüllen. Am nächsten Tage erbat er [2322] eine besondere Unterredung mit Titus, und mit Zustimmung der Bundesgenossen wurde sie ihm gewährt. Dem Römer hatte die geistreiche Verteidigung des Königs gefallen, aber zu einem klaren Ergebnis kam auch seine persönliche Unterhaltung mit dem König nicht. P. wollte auf Pharsalos und Larissa, auf die rhodische Peraia außer Iassos und Bargylia, auf Korinthos und Argos, auf die illyrischen Orte verzichten und Wiederherstellungen leisten. Demgegenüber verlangten die Verbündeten vor allem Räumung aller hellenischen Besitzungen. Als auch am folgenden Tage nichts weiter zu erreichen war, appellierte P. an die Entscheidung des Senats, und Titus war bereit, dies zuzugestehen, da dadurch für ihn vielleicht in Rom von seinen Freunden die Verlängerung seines Imperiums erreicht werden konnte, wenn es nicht zum Friedensschluß kam. So erhielt P. gegen das Versprechen der Räumung aller lokrischen und phokischen Orte einen zweimonatigen Waffenstillstand. Außer ihm schickten auch Attalos, die Achaier, Aitoler und Athener Gesandte nach Rom. Titus entsandte neben dem König Amynandros drei befreundete Senatoren: Polyb. XVIII 10. Liv. XXXII 36, 10. Die griechischen Gesandten vertraten mit aller Energie den Standpunkt, daß ohne Freigabe der Festungen Korinth, Chalkis und Demetrias, der Fesseln Griechenlands, an Freiheit gar nicht zu denken sei. Sie baten daher den Senat, P. zur Räumung dieser Städte zu zwingen, oder den Krieg, der ja schon größtenteils gewonnen sei, kräftig fortzusetzen. Es gelang ihnen auch, dem Senat diese Forderung als unbedingt nötig hinzustellen. Als daher die Gesandten P.’ auftraten, wurden sie gleich anfangs gefragt, ob sie bereit seien, die drei Städte zu räumen. Sie mußten zugeben, daß sie dazu keine Vollmachten hatten, und sahen sich nun einer Lage gegenüber, die jede weitere Verhandlung zwecklos machte. Darauf beschloß der Senat, den Krieg gegen P. fortzusetzen, und übertrug den Oberbefehl in Griechenland weiter an Titus: Polyb. XVIII 11f. Vgl. Liv. XXXII 28, 3ff. 37, 6. Plut. Tit. 7. Da Titus jede weitere Verhandlung ablehnte, mußte P. sich zum Endkampf rüsten. Dazu schickten die Römer 6000 Mann Fußvolk, 300 Reiter und 3000 Seesoldaten; außerdem erhielt Titus aus Afrika Reiter und Elefanten: Liv. XXXII 28, 10. 27, 2.

P. zog aus allen Städten die entbehrlichen Besatzungen heraus und bot zugleich dem Nabis Argos an, um ihn zu sich herüberzuziehen und zugleich die Achaier zu fesseln. Als die Argiver jeden Anschluß an Nabis ablehnten, ließ der makedonische Kommandant nachts die Spartaner in die Stadt: Liv. XXXII 38. Iustin. XXX 4, 5.

Im Besitze von Argos dachte aber Nabis gar nicht an den Anschluß an P., der sogar für die Söhne des Tyrannen seine Töchter angeboten hatte, sondern schlug dem Attalos und dem Römer eine Zusammenkunft vor: Liv. XXXJI 39. Titus war dazu sofort bereit, da er alles einsetzen wollte, um den Krieg möglichst bald zu beenden. Doch brachte Attalos den Proconsul dazu, nicht nach Argos hineinzugehen, denn es zieme sich, daß der Tyrann zum römischen Feldherrn komme und nicht umgekehrt; man traf sich [2323] vielmehr bei Mykene. Die Forderung der Römer, den Krieg gegen die Achaier einzustellen und Truppen gegen P. zu schicken, nahm Nabis an; Argos machte ihm Attalos streitig: Liv. XXXII 40. Ein Versuch, Korinthos durch Übergabe in die Hand der Römer zu bekommen, mißlang: Liv. XXXII 40, 5ff. Auch die Akarnanen blieben, schon aus Furcht vor den Aitolern, P. treu. Dagegen gelang es den Verbündeten durch starken Druck, Boiotien zu gewinnen, obgleich die Stimmung des Volkes nicht römerfreundlich war. Liv. XXXIII 1f. Sie beschlossen auch, den Rhodiern bei der Eroberung der Peraia zu helfen.

Anfang Sommer 197 begab sich Titus mit dem gesamten Heere zunächst zu den Aitolern, die 6000 Mann und 400 Reiter stellen wollten: Plut. Tit. 7. Vgl. Liv. XXXIII 3, 9. Von dort gelangte er in die Phthiotis, wo die Aitoler und Athamanen sowie 800 Kreter zu ihm stießen: Gesamtzahl des Heeres Plut. Tit. 7 (mehr als 28 000, darunter 11 000 Hellenen). Vgl. Liv. XXXII 40, 3. XXXIII 3, 10. P. zeigte sich des makedonischen Blutes würdig. Nun, da er allein stand, wo er alle Kräfte einsetzen mußte, wenn er mit Ehren aus dem Kampfe hervorgehen wollte, entfesselte er eine außerordentliche Regsamkeit. Er brach nicht schwächlich zusammen, wie später sein Sohn Perseus, sondern war entschlossen, seinen Mann zu stellen, auch den mit Recht gefürchteten Römern gegenüber. Wie falsch seine Politik gegen die Griechen bisher gewesen war, so daß er jetzt ohne Bundesgenossen war (vgl. die große Anzahl von Griechen bei den Römern), wird ihm kaum zum Bewußtsein gekommen sein. Denn nach dem Kriege hat er dem Antiochos gegenüber ähnlich kleinlich und kurzsichtig gehandelt. Seine andauernden Kriege hatten stark unter den felddienstfähigen Makedonen aufgeräumt, und um sein Heer auf die Stärke des feindlichen zu bringen, mußte er auf die Sechzehnjährigen zurückgreifen, wie auch schon entlassene Veteranen wieder eingestellt wurden. Die Truppen sammelten sich in einem übungs-lager bei Dion: Liv. XXXIII 3, 1ff. Nach Livius soll das Heer 16 000 Phalangisten, 2000 Peltasten, je 2000 Thraker und Illyrier, 1500 Söldner und 2000 Reiter gezählt haben (XXXIII 4, 4ff.). Vgl. zu den Heereszahlen Kromayer Ant. Schlachtfelder II 102ff. Als P. hörte, daß Titus in Thessalien eingerückt sei, zog er ihm mit seinem Heere entgegen, nachdem er seine Makedonen durch eine Ansprache angefeuert hatte: Liv. XXXIII 3, 11ff. Plut. Tit. 7. Iustin. XXX 4, 6ff. Aus einem zufälligen Zusammentreffen entspann sich die Entscheidungsschlacht bei Kynoskephalai. Über das Schlachtfeld und die Schlacht selbst vgl. Kromayer II 60ff. Uns ist der Schlachtbericht des Polybios erhalten: XVIII 18–26; dazu Liv. XXXIII 3–11. Plut. Tit. 8. Die Entscheidung brachte ein Angriff der Römer auf den noch ungeordneten linken Flügel der Makedonen, wobei auch die Elefanten eingriffen, und dann der Stoß von 20 Manipeln in den Rücken des schon siegreichen rechten makedonischen Flügels. P.’, der den Sieg schon in den Händen zu haben glaubte, mußte bei der völligen Auflösung der Phalanx zusammenraffen, was zu fassen war, und einen schleunigen [2324] Rückzug nach dem Tempe antreten. P. soll nach Plut. Tit. 8: 8000 Tote und 5000 Gefangene eingebüßt haben. In der Leitung der Schlacht bewies P. Umsicht und Entschlossenheit, und die Schlacht war so gut wie gewonnen, als der römische Tribun mit seinen 20 Manipeln der Phalanx in den Rücken fiel (Kromayer II 84f.). Die Entscheidung gaben also die Geistesgegenwart des römischen Offiziers und die im 2. Punischen Kriege erprobte Kampfweise der römischen Manipeln. Die Phalanx war dieser Taktik nicht gewachsen, zu schwerfällig und auf hügeligem Gelände zu unbeholfen. Auch die Schlacht von Pydna 168 ist auf diese Weise ein Sieg der Römer geworden (vgl. auch Polyb. XVIII 28ff.). Es ist sehr fraglich, ob bei geschickterer Führung der Phalanx, wie Niese II 631f. glaubt, der Ausgang der Schlacht anders gewesen wäre. Vgl. noch Holleaux Rev. d. Philol. V 193ff.

Als die Römer sich nach der Verfolgung der Plünderung des feindlichen Lagers zuwandten, waren ihnen die Aitoler schon zuvorgekommen. Sie erhoben dagegen lebhafte Beschwerde, obwohl kaum anzunehmen ist, daß die Aitoler auf die ganze Beute Anspruch machten: Polyb. XVIII 27, 4ff. Liv. XXXIII 10, 6. Ob die Beutegier der Aitoler wirklich das Entkommen P.’ verschuldet hat, erscheint wenig glaubhaft: Plut. Tit. 8. Da sich der römische Feldherr nach Larisa wandte, ließ er die dort zurückgelassenen Papiere verbrennen: Liv. XXXIII 11, 1. Polyb. XVIII 33, 1. P. selbst zog sich nach dem Tempe zurück und wartete in Gonnoi eine Weile, um die Flüchtigen zu sammeln. Thessalien gab er auf, und die thessalischen Städte schlossen sich bis auf Demetrias den Römern an: Polyb. XVIII 27, 1. 33, 1. 38, 9. Damit verlor Makedonien das Vorland, das seit Philipp II. eins seiner Bollwerke gewesen war, und die Vorherrschaft Makedoniens in Griechenland war beendet. Zu spät sollten die Griechen erkennen, daß die Herrschaft der Römer viel drückender war als die der Makedonen. Mit der Hegemonie über Griechenland fiel auch die Großmachtstellung Makedoniens.

Dies zeigte sich schon vor dem Friedensschluß. Korinthos war stark besetzt und stand unter dem Kommandanten Androsthenes, der das Land und die Orte der Umgebung heimsuchte und auch zur See die Küste plünderte. Der achaiische Stratege Nikostratos war zu energischer Gegenwehr zu schwach. Schließlich gelang es ihm, seine Truppen zu verstärken und die Feinde, die sorglos sich zerstreuten, aus dem Hinterhalt zu überfallen und ihnen eine empfindliche Niederlage beizubringen: Liv. XXXIII 14f.

Noch vor der Schlacht hatte L. Quinctius, der Bruder des Titus, der die Flotte führte, versucht, die Akarnanen, die zum Teil im Heere P.’ kämpften, zu gewinnen. Ein in Leukas gefaßter Beschluß, sich Rom anzuschließen, wurde von der Mehrzahl angefochten und auf Betreiben P.’ wieder aufgehoben, ja die Führer der Römerpartei sogar zum Tode verurteilt. Allerdings wurde dieses Urteil kassiert, als die Verurteilten sich offen rechtfertigten; doch blieb man auf P.’ Seite: Liv. XXXIII 16. Nun begann L. Quinctius den offenen Kampf und belagerte Leukas; die Eroberung [2325] gelang trotz tapferen Widerstandes durch Verrat. Auf die Nachricht von dem Siege bei Kynoskephalai ergaben sich auch die anderen Städte: Liv. XXXIII 17. Damals scheinen auch Kythnos und Paros römisch geworden zu sein: vgl. Polyb. XVIII 2, 3f. 44. Auch die Rhodier kämpften mit der makedonischen Besatzung in der Peraia und wurden durch achaiische Hilfstruppen (vgl. Geyer u. Bd. V A S. 2259) instand gesetzt, dem Kommandanten Deinokrates die Stirn zu bieten. Da sie aber ein siegreiches Gefecht nicht ausnutzten, blieben die Makedonen im Besitz von Stratonikeia: Liv. XXXIII 18. Vor allem aber konnte P. sein Stammland in vollem Umfange behaupten. Die Dardaner brachen in das nördliche Makedonien ein, wurden aber von P. bei Stoboi bei der Plünderung überrascht und mit schweren Verlusten über die Grenzen zurückgetrieben: Liv. XXXIII 19.

5. Der Friede 197. Bei den nun beginnenden Friedensverhandlungen ließ Titus deutlich erkennen, daß der König ihm sympathisch war, während die Aitoler sein Mißfallen erregten, wozu ihre Ruhmredigkeit, mit der sie überall ihren Anteil am Siege verkündeten, in erster Linie beitrug. P. erbat zunächst einen Waffenstillstand, um in Rom die entscheidenden Verhandlungen führen zu können; er mußte aber 200 Talente zahlen und seinen Sohn Demetrios als Geisel stellen. Dabei wurde P. insofern vom Glück begünstigt, als der Proconsul ebenso wie der Senat den König nicht zum Äußersten treiben wollte, da Antiochos im Kriege mit Ägypten bedeutende Erfolge errungen hatte. So wurde ihm ein verhältnismäßig günstiger Friede auf Grund der bereits gebilligten Bedingungen bewilligt. Über die Vorverhandlungen in Griechenland, bei denen besonders die Aitoler durch ihre Forderungen auffielen, während P. alles zu bewilligen versprach, was man von ihm verlangt hatte, vgl. Polyb. XVIII 36ff. Liv. XXXIII13. Appian. Maked. 9, 2. Natürlich schickten auch alle Beteiligten ihre Gesandten nach Rom. Der Senat genehmigte den von Titus vorgeschlagenen Frieden, und auch die Comitien billigten ihn. Darauf gingen zehn Senatoren nach Griechenland, um die Ausführung des Friedens zu überwachen: Polyb. XVIII 42. Alle Griechen sollten frei sein, was sich natürlich nur auf die bisher unter makedonischer Herrschaft stehenden bezog, die von P. besetzten Städte sollten vor den Isthmien den Römern übergeben werden, u. a. Thasos, Perinthos, Abydos, Bargylia; Kios sollte von Prusias freigegeben werden. Außerdem mußte P. alle Gefangenen und Überläufer und die Kriegsschiffe bis auf sechs ausliefern und schließlich 1000 Talente in zwei Raten zahlen: Polyb. XVIII 44. Vgl. Täubler Imp. Rom. I 228ff. De Sanctis IV 1, 92f. Unzufrieden waren nur die Aitoler, die aus dem Wortlaut des Vertrages schlossen, daß hinfort die Römer an die Stelle der Makedonen treten würden; im tieferen Sinne hatten sie natürlich recht, aber daran dachten sie nicht, daß sie zu diesem Ergebnis vor allem beigetragen hatten. Mit dieser Vernichtung der makedonischen Großmacht war die letzte Hoffnung geschwunden, daß die römische Fremdherrschaft auf die Dauer von Griechenland ferngehalten werden könnte. Der [2326] griechische Partikularismus hatte sein Ziel erreicht: es gab in Griechenland keine Macht mehr, die den Mittel- und Kleinstaaten gefährlich werden konnte, aber auch keine, die einen mächtigen Feind fernzuhalten imstande war. – Die noch aufrechtstehenden hellenistischen Mächte sollten bald darüber Klarheit erhalten, daß auch ihre Tage gezählt waren; vgl. Münzer Die politische Vernichtung des Griechentums, Lpz. 1925. Geyer N. Jahrb. III (1927) 523ff. Die Annahme, daß die Freiheitserklärung der Griechen (nur der bisher makedonischen) auf den Isthmien 196 jede Machtbildung unterbinden und sie den Römern ohnmächtig überliefern sollte, ist kaum stichhaltig; gewiß haben die Römer seit dem Hannibalischen Kriege ängstlich darauf gesehen, keinen ihnen gewachsenen Gegner aufkommen zu lassen, aber vor den Kleinstaaten haben sie kaum jemals in dieser Hinsicht Besorgnisse gehegt. Vielmehr liegt diesem Beschluß wohl die ehrliche Griechenbegeisterung des Titus und seiner Freunde im Scipionenkreis des Senats zugrunde: Polyb. XVIII 46. Liv. XXXIII 32f. Plut. Tit. 10. Appian. Maked. 9, 4. Von besonderer Wichtigkeit für Makedonien waren folgende Bestimmungen, die gewiß auch für P. am schwersten tragbar waren: die Oresten, die Bewohner der makedonischen Ursitze, wurden für frei erklärt, dann die Thessaler mit Einschluß der Phthiotis und der Grenzstämme (Perrhaiber, Magneten, Teile der Doloper). Über einige thessalische Städte, wie Theben und Pharsalos, mußte der Senat entscheiden, da die Aitoler sie für sich beanspruchten: Polyb. XVIII 46, 5. Im allgemeinen wurde der Freiheitserlaß durchgeführt, nur Akrokorinthos, Chalkis und Demetrias blieben trotz aller Bemühungen des Titus vorläufig noch römisch: Polyb. XVIII 45, 10ff. Schmerzlich war für P. auch, daß im Norden der Illyrier Pleuratus Lychnidos bekam und Amynandros eine Reihe von Kastellen und von Thessalien Gomphoi und Trikka: Polyb. XVIII 47, 12f. Liv. XXXIII 34, 11. XXXVI 13, 6. Schließlich hatte P. im Tempe eine Zusammenkunft mit Cn. Cornelius und ließ sich bewegen, in ein Bündnis mit Rom zu treten: Polyb. XVIII 48. Liv. XXXIII 35, 3ff. Unzufrieden waren mit dem Frieden besonders die Aitoler, die sich zurückgesetzt fühlten und wirklich noch einmal Gesandte an den Senat schickten; doch dieser wies sie an die Kommissare, und hier wurde ihnen keine der von ihnen beanspruchten Städte bewilligt: Liv. XXXIII 49, 8. XXXIV 23, 7. Dieses Verhalten gegen die Aitoler war von den Römern unklug, denn zur Zeit der Isthmien 196 stand Antiochos bereits in Europa. Immerhin räumten die Römer 194 ganz Griechenland, und als Titus die Heimreise antrat, stand kein Soldat mehr auf griechischem Boden. Allerdings hatte man dafür gesorgt, überall das Regiment in die Hände der Optimaten und Römerfreunde zu legen, auf die man sich verlassen konnte. Doch konnte man diese Vorsichtsmaßregel den Römern bei der Haltung des syrischen Königs kaum verübeln.

6. Die letzten Jahre. In Lysimacheia trafen die römischen Gesandten auf Antiochos und verlangten Herausgabe der dem P. abgenommenen Städte, rieten auch zur Aufgabe der feindlichen [2327] Haltung gegen Ptolemaios und zur Schonung der freien Städte. Antiochos wies jede Einmischung der Römer in Asien zurück und bezeichnete die thrakischen Städte als von seinem Ahnherrn erworben: Polyb. XVIII 49. Liv. XXXIII 38f. Diod. XXVIII 12. Appian. Syr. 2. Da der Senat natürlich ein Interesse daran hatte, im Hinblick auf den kommenden Krieg sich in Griechenland keinen Feind zu schaffen, suchte er 195, als sich Gesandte aus Griechenland und Kleinasien bei ihm eingefunden hatten, alle zufrieden zu stellen. So versprach er auch P. für die Festhaltung am Bündnis Freilassung seines Sohnes Demetrios und Erlaß des Restes der Kriegsentschädigung: Liv. XXXV 31, 5. Diod. XXVIII 15. Der König wurde zwar bearbeitet, mit Antiochos zusammenzugehen, Liv. XXXV 12, 15ff., und diesem gegenüber wurde auch behauptet, er sei bereit, loszuschlagen, aber er scheute davor zurück, weil er einmal nicht an einen Sieg des Antiochos glaubte, und dann einen solchen wegen der engen Beziehungen desselben zu den Aitolern auch nicht für wünschenswert hielt (Liv. XXXIX 28). Daß sich hier wieder die stammverwandten Könige nicht zum Kriege gegen den gemeinsamen Feind zusammenfanden, daran lag die Schuld vor allem auf syrischer Seite. Wenn Antiochos P. die Rückgabe der thrakischen Städte angeboten hätte, so wäre es vielleicht doch möglich gewesen, das durch sein Verhalten während des Krieges mit Rom tief eingewurzelte Mißtrauen bei P. zu überwinden. Als dann Antiochos sich zu einer bewußt feindseligen Handlung bewegen ließ, indem er nämlich die Gebeine der bei Kynoskephalai gefallenen Makedonen von einem angeblichen Nachkommen Alexanders und Prätendenten auf den makedonischen Thron bestatten ließ, Liv. XXXVI 8, 33. 10. 10. Appian. Syr. 16, schloß sich P. endgültig den Römern an. Diese hatten ihn zunächst durch eine Truppenabteilung in Illyrien beobachten lassen: Liv. XXXVI 1. Appian. Syr. 15f.; jetzt sicherte man ihm die den Aitolern und ihren Bundesgenossen abgenommenen Gebiete zu. Er öffnete darauf sein Land den Römern für den Durchzug nach Thessalien: Liv. XXXVI 10 und beteiligte sich 191 selbst eifrig am Kriege, indem er Athamanien eroberte: Liv. XXXVI 13f. 32, 1. Appian. Syr. 17. Nach der Schlacht bei den Thermopylen belagerte er Lamia und mußte hier den Römern Platz machen, was ihn tief kränkte. Daher behandelte er einen Boten der Aitoler, der in seine Hände fiel, freundlich und entließ ihn mit dem Auftrage, seine Landsleute seines Wohlwollens zu versichern: Polyb. XX 11. Nun lenkte der Consul ein und überließ die Eroberung der noch aitolischen Städte Thessaliens P., der darauf Demetrias und Magnesia und einige perrhaibische Städte gewann und die Doloper und Aperanten unterwarf: Liv. XXXVI 33, 1. 7. 34, 9. XXXIX 23. 28. Plut. Tit. 15. In dieser Zeit entließ der Senat, dem an P.’ Treue viel gelegen war, seinen Sohn Demetrios mit den übrigen Geiseln und versprach Erlaß der Kontribution: Polyb. XX 3. 11, 9. Liv. XXXVI 35, 12. Nachdem man 190 ein vorläufiges Abkommen mit den Aitolern getroffen hatte, rüstete man sich zum Zuge zum Hellespont durch Thessalien, Makedonien und Thrakien. Dafür war P.’ Bundestreue von größtem [2328] Wert. Er hatte die Straßen in Ordnung gebracht, Brücken gebaut, Lebensmittel bereitgestellt; er empfing die römischen Feldherren mit großer Liebenswürdigkeit und geleitete sie persönlich durch Makedonien und Thrakien: Liv. XXXVII 7, 7ff. XXXLX 28. Appian. Syr. 23. 28. 43; Maked. 9, 5. Dafür wurde ihm der Rest der Kontribution erlassen: Appian. Syr. 23; Maked. a. O. Da Antiochos infolge der Seesiege der Römer und ihrer Verbündeten sehr besorgt war und sogar Lysimacheia räumte, konnte das römische Heer unbehindert übersetzen: Diod. XXIX 5. Liv. XXXVII 31. Appian. Syr. 28. 37. Auch den Rückweg nach dem Siege bei Magnesia legten die Römer zu Lande zurück, aber da sich Manlius Vulso nicht mit P. in Verbindung gesetzt hatte, erlitt er bedeutende Verluste: Appian. Syr. 43; Maked. 9, 5. Liv. XXXVII 41. Schon 190/89 hatte P. Athamanien wieder verloren: Liv. XXXVIII 1f., und auch das Gebiet der Aperanten und Doloper wurde ihm entrissen: Polyb. XXI 25, 3ff. Liv. XXXVIII 3, 3ff., und nach dem Frieden zwischen Rom und Aitolien erhielt er diese Gebiete nicht zurück: Liv. XXXVIII 10, 3ff. Polyb. XXI 31. Die Römer beobachteten ihn schon wieder mit Mißtrauen, und er sollte zur Genüge erfahren, daß man ihn nur anständig behandelt hatte, solange man ihn brauchte. Ein mächtiger makedonischer König war den Römern höchst unsympathisch, da er stets der Mittelpunkt einer gefährlichen Koalition werden konnte. Als er nun begann, die wenigen Eroberungen, die ihm geblieben waren, an seinen Machtbereich anzuschließen, und auch in Thrakien Ainos und Maroneia zurückgewann: Polyb. XXII 6, 7. 13, 5. 9. Liv. XXXIX 23, fanden die Klagen seiner Gegner, die vor seiner Energie und Entschlußkraft immer noch Besorgnis hatten, in Rom williges Gehör, nachdem ihm schon einige thessalische Städte mit Gewalt genommen worden waren: Liv. XXXIX 26, 1ff. Das Eintreffen seiner Gegner in Rom (187: Gaebler Ztschr. f. Numism. XXXVI 111ff.) war für den Senat das Signal zu einem Einschreiten in Makedonien. Eine Kommission wurde dorthin entsandt und traf mit P. im Tempe zusammen. Der König mußte erkennen, daß er von den Römern trotz seiner Verdienste nichts zu erwarten hatte. Die Entscheidung fiel gegen ihn aus; er mußte die Städte in Thessalien und den anliegenden Gauen räumen. Nur Demetrias und die phthiotischen Städte behielt er: Liv. XXXIX 24ff. Polyb. XXII 1. In Thessalonike verhandelte man dann über die thrakischen Städte – dabei war Eumenes von Pergamon der gehässigste Gegner –, und obwohl sich P. sehr wirksam verteidigte, mußte er doch zunächst die Besatzungen aus den Städten ziehen, bis der Senat entschieden habe: Liv. XXXIX 27ff. Als ihm dann befohlen wurde, die Städte herauszugeben, ließ er in seinem Grimm vorher seine Widersacher in Maroneia zusammenhauen: Polyb. XXII 11. XXIII 8, 1f. Liv. XXXIX 33ff. Dadurch setzte er sich aber den Römern gegenüber in schlechtes Licht, und obwohl diese an einen Krieg in Makedonien nicht dachten (Liv. XXXIX 29), hielt er es doch für das Beste, sich vor dem Senat möglichst reinzuwaschen, zumal er selbst noch lange nicht genügend gerüstet war. Er [2329] schickte also seinen Sohn Demetrios nach Rom, der hier zwar viele Ankläger vorfand, aber doch freundlich aufgenommen wurde. Die Räumung Thrakiens mußte jedoch vollzogen werden: Polyb. XXIII 1ff. 8, 1. Liv. XXXIX 46ff. Iustin. XXXII 2, 3ff. Appian. Maked. 9, 6.

Für P. war diese Forderung der Römer schnöder Undank und berechnete Kränkung, da er sich im Kriege gegen Antiochos doch große Verdienste erworben hatte. Er sah ein, daß die Römer ihn nie wieder zur Macht kommen lassen wollten, und da er seinerseits keineswegs gewillt war, als gehorsamer Vasall der Römer sein Leben zu beschließen, so setzte er fortan seine ganze Kraft ein, um sein Land wiederaufzurichten und seine Machtmittel zu verstärken. Es war ihm jetzt klar, daß es zu einem Entscheidungskampf auf Leben und Tod kommen mußte: Polyb. XXII 14,7. 18, 10. XXIII 8, 1. 10, 4. Liv. XXXIX 23. 28f. Wenn auch Liv. c. 24 die Erhöhung der Grundsteuern und Hafenzölle, die Neubelebung des Bergbaus, die Vermehrung der Jugend durch eine energische Bevölkerungspolitik, die Ansiedlung von Thrakern schon vor die Räumung Thrakiens setzt, so ist doch klar, daß erst dieser Beweis des römischen Übelwollens den König zur äußersten Anspannung aller Kräfte veranlaßte. Dabei suchte er die Vorbereitungen möglichst geheimzuhalten, indem er sich um die Städte an den Hauptstraßen und Küsten wenig bekümmerte, dagegen in den oberen Provinzen Waffen und junge Mannschaften sammelte. Er soll 30 000 Rüstungen, acht Millionen Scheffel Getreide in den Festungen angehäuft und soviel Geld zusammengebracht haben, daß 10 000 Söldner zehn Jahre lang unterhalten werden konnten: Plut. Aemil. 9. Vgl. dazu noch Polyb. XXV 3, 9ff. Plut. Aemil. 8. Appian. Maked. 11, 1. Iustin. XXXII 3, 4. Zu seinen Maßnahmen, die Schlagkraft seiner Truppen zu erhöhen, gehört wohl auch das Militärreglement, das in einer Inschrift auf uns gekommen ist: P. Roussel Rev. arch. 6. ser. III 39ff. De Sanctis Riv. di Filol. class. XII 515ff. – Aus den Küstenstädten verpflanzte er viele Bürger mit Weib und Kind – es ist wohl vor allem an Griechen zu denken – ins Binnenland und ersetzte sie durch Thraker und andere Barbaren: Polyb. XXIII 10, 4ff. Liv. XL 3. Wenn Polybios εἰς τὴν νῦν μὲν Ἠμαθίαν τὸ δὲ παλαιὸν Παιονίαν προσαγορευομένην sagt, so kann er nur das Axiostal bis Demir-Kapu meinen: vgl. Geyer o. Bd. XIV S. 648. 758. Die Kinder der von ihm Hingerichteten ließ er in Haft nehmen, um vor ihnen sicher zu sein: Polyb. Liv. a. o.

Die Münzpolitik des Königs ist besonders bezeichnend. Auch hier zeigte sich das Bestreben, alle Kräfte einzusetzen, um den Reichtum seines Landes zu fördern. Die Bewirtschaftung der Bergwerke wurde dadurch intensiver gestaltet, daß die Bezirke sich daran beteiligten und vom Ertrage eigene Münzen schlugen. So erhielten von ihm die Distrikte Edonis, Amphaxitis, Bottiaias, Doberos und Paroraia das Recht zur Prägung von Bronze- und Silbermünzen. Es ist durchaus wahrscheinlich, daß auch noch andere Distrikte Münzhoheit erhielten; vgl. darüber Gaebler Ztschr. f. Numism. XX 169ff. XXXVI 183ff.; Die ant. Münzen Nordgriechenlands III 1 (1906) 1ff. 26ff. [2330] III 2, 1ff. Auch Städte, wie Amphipolis, Pella, Thessalonike, besaßen seit 187 das Prägerecht.

In Thrakien scheint P. bis in die Gegend der griechischen Kolonien (Ainos, Maroneia) Besitzungen gehabt zu haben: Diod. XXXI 8, 8. In ihren Nöten wandten sich auch die hellenischen Städte wieder an ihn. Man sieht daran, wie notwendig für die Wahrung des griechischen Kulturbereiches ein starkes makedonisches Königtum war und wie falsch die Politik P.’ bisher gewesen war, der diese Städte Feinden in die Arme trieb, statt sie um sich zu sammeln. So half er den Byzantinern gegen die Thraker, nahm einen Fürsten gefangen und sah damals bereits nach Norden, ob nicht von der Donau aus Italien zu bedrohen wäre: Polyb. XXII 14, 12. Liv. XXXIX 35. Darauf besiegte er die Odrysen, Besser und Dentheleten, nahm ihnen Philippupolis wieder ab und gründete auf dem Rückmarsch den Axios abwärts am Erigon im Gebiete der Deurioper Perseïs: Polyb. XXIII 8, 3ff. Liv. XXXIX 53; o. Bd. XIV S. 667. Obwohl Philippupolis bald wieder in die Hände der Odrysen fiel, waren diese doch noch zur Zeit von Pydna heerfolgepflichtig; sie blieben also trotz ihres Abfalls unter der Oberhoheit des makedonischen Königs: Polyb. XXIII 8, 7. Liv. XLIV 42. – 181 zog er gegen die Maeder. Von Stoboi am Axios kam er durch unwegsame Gebirgslandschaften zum Balkan, suchte zunächst die Dentheleten heim und besiegte dann die Maeder, deren Hauptstadt Petra er einnahm. Damit hatte er einen großen Teil Thrakiens wieder in der Hand: Liv. XL 21f. 24. 56. Beziehungen zu den Bastarnern an der Donau sollten ihm gegen die Dardaner von Nutzen sein; aber auch hier dachte er wieder an den Rachekrieg gegen Rom: Liv. XL 5. 57f. XLII 11. Iustin. XXXII 3, 5.

Die letzten Jahre des Königs wurden durch den Zwist zwischen seinen Söhnen Perseus und Demetrios verbittert, wozu sein Argwohn nicht wenig beitrug (vgl. Kaerst o. Bd. IV S. 2794f. Geyer o. Bd. XIX S. 997).

7. Tod und Familie. Als nach dem Tode des Demetrius die Beschuldigungen, denen er zum Opfer gefallen war, sich als unwahr herausstellten und Perseus sich bereits als künftiger König fühlte, soll P. daran gedacht haben, einen entfernten Verwandten, Antigonos, zum Nachfolger zu bestimmen. Ehe er aber Entscheidendes unternehmen konnte, starb er 179 v. Chr. in Amphipolis: Liv. XL 54ff. Euseb. I 239. 240, um die Zeit der attischen Jahreswende 180/79: Beloch GG IV 2, 113. Er hat 42 Jahre regiert, von 221 bis 179, was auch mit den Angaben der Chronisten übereinstimmt (Beloch 115); er hatte ein Alter von 58 Jahren erreicht: Euseb. I 239. Seine Gemahlin, die Mutter des Perseus, war Argiverin, vielleicht Polykrateia (über ihre Familie Beloch 140; vgl. Geyer o. Bd. XIX S. 996f.); doch erscheint mir dies nicht so sicher wie Beloch. Ein zweiter Sohn aus anderer aber auch ebenbürtiger Ehe war Demetrios: Liv. XXXIX 53. XL 6. Polyb. XXIII 7. Außerdem soll er noch einen Sohn Philippos gehabt haben, der erheblich jünger als Perseus gewesen sein muß, da dieser ihn adoptierte: Liv. XLII 52. Aus welcher Ehe die Töchter stammten, wissen wir auch nicht; immerhin ist wohl [2331] die eine, die Perseus mit Prusias II. von Bithynien vermählte, kaum jenes leibliche Schwester gewesen: Liv. XLII 12. Appian. Mithr. 2. Die zweite war mit Teres von Thrakien verheiratet: Diod. XXXII 15, 5. Vgl. noch Mommsen RG I⁵ 693ff. Holleaux Cambr. Anc. Hist. VIII 116ff. Cauer-Geyer Röm. Gesch.² 55ff.

[Geyer. ]