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RE:Philippos 7

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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II. König von Makedonien 359-336 v. Chr.
Band XIX,2 (1938) S. 22662303
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7) P. II., König von Makedonien, 359–336, Sohn des Königs Amyntas III. und der Eurydike: Diod. XV 60, 3. Iustin. VII 4, 5. Suid. s. Κάρανος. Liban. Βιογρ. 296 Westerm.

Übersicht.

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I. Jugend. II. Die Anfänge. III. Eroberung der Küste. IV. 1. thrakischer Krieg. V. Methone. Thessalien. VI. 2. thrakischer Feldzug. VII. Der olynthische Krieg. VIII. Friede des Philokrates. IX. P. in Phokis. X. Kämpfe im Norden und Osten. Thessalien. XI. P., Athen und Persien. XII. 3. thrakischer Feldzug. XIII. Belagerung von Perinthos und Byzantion. Zug zur Donau. XIV Vorbereitungen zum Kriege in Athen. XV. Der Feldzug 338. XVI. Die Ausnutzung des Sieges. XVII. Charakteristik und Ziele P.’ XVIII. P. und Isokrates. Der Hellenische Bund. XIX. Ph.’ Stellung als König. XX. Letzte Jahre. Familie.

I. Jugend.

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Auf Amyntas III. folgte zunächst sein ältester Sohn aus der Ehe mit Eurydike Alexandros II.; nach dessen Ermordung 368 riß Ptolemaios der Alorite, der Buhle und spätere Gemahl der Königin Eurydike, die Herrschaft an sich und suchte nun die noch lebenden Brüder des ermordeten Königs möglichst unschädlich zu machen. Offenbar trat der Adel für sie ein, so daß Perdikkas III. unangefochten blieb (vgl. o. Bd. XIX S. 602), während P. von dem Usurpator längere Zeit kaltgestellt wurde. Nach der Vertreibung des Pausanias durch Iphikrates schloß Ptolemaios mit Pelopidas ein Bündnis und gab unter anderen auch P. als Geisel nach Theben (368): Aischin. II 27ff. Plut. Pelop. 27. Nepos Iphicr. III 2; Diod. XV 67, 4. Iustin. VII 5, 1. Plut. Pelop. 26 werden durch Aischines widerlegt. Die Angabe bei Diod. XVI 2, 2, daß P. den Illyriern als Geisel gegeben worden und erst durch sie nach Theben gekommen sei, kann gegen die übrigen Zeugnisse nicht aufkommen. Über die Dauer seines Aufenthalts in Theben liegen verschiedene Angaben vor. Während nach Diod. XVI 2, 5 P. erst nach dem Tode Perdikkas’ III. (359) aus Theben entwichen sei, war er nach Iustin. VI 9, 6 und VII 5, 2 nur drei Jahre in Theben. Auch nach Karystios frg. 1. 2 (FHG IV 356f.) war P. noch zu Lebzeiten seines Bruders wieder in Makedonien, da ihm dieser nach Speusippos auf den Rat Platons eine Teilherrschaft gegeben haben soll (ἀρχή; ἀπομερίσαι τινὰ χώραν), die er beim Tode des Perdikkas noch besaß vgl. S.-Ber. Akad. Lpz., Philol.-hist. Kl. LXXX 3, 17.

Diese Überlieferung ist bei weitem wahrscheinlicher als die eines Entweichens aus der thebanischen Haft; danach hat Theben nach der Beseitigung des Aloriten Ptolemaios den Prinzen nach Makedonien zurückgeschickt, wo ihm der Bruder eine Teilherrschaft überließ.

II. Die Anfänge.

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Beim Tode Perdikkas’ III. war dessen Sohn Amyntas ein Kind. P. mußte also nach altmakedonischem Recht als ἐπίτροπος [2267] die Regentschaft übernehmen: Iustin, VII 5, 9. Er stand damals im 23. Lebensjahr. Geboren wurde er um 382, da er Suid s. Κάρανος δύο καὶ εἴκοσιν ἔτη γεγονώς die Herrschaft antrat und nach Paus. VIII 7, 6: 46, nach Iustin. IX 8, 1: 47 Jahre alt wurde. Damit stimmt die Dauer seiner Regierung überein, von Ol. 105, 1 bis Ol. 111, 1: Diod. XVI 2, 1. 95; im ganzen 24 Jahre (Diod. XVI 1, 3) oder 23 Jahre (Dexippos bei Georg. Synk. p. 263 Dind.); falsch Satyrosfrg. 5. FHG III 161: εἴκοσι καὶ δυσίν. Schol. Aischin. III 51. Marm. Par. Vgl. Boehnecke Forsch. I 608, 4: 360/59–336.

Als P. die Zügel der Regierung ergriff, schien Makedonien sich in hoffnungslosem Zerfall zu befinden. Alle Nachbarn machten sich bereit, um im Trüben zu fischen, und im Innern erhob die Zwietracht ihr Haupt. Die Illyrier waren bereit, ihren Sieg auszunutzen, die Paionen verwüsteten die Grenzbezirke, ein König der Thraker (Berisades? Beloch GG III 1², 225, 1) rüstete sich zu einem Einfall zugunsten des Prätendenten Pausanias, und Argaios (vgl. Geyer Makedonien 139) zog mit attischer Unterstützung (3000 Hopliten und Schiffe) ἐπὶ τὴν βασιλείαν. Als dritter Prätendent wird uns schließlich Archelaos, wohl der älteste Sohn Amyntas’ III. aus seiner Ehe mit Gygaia, genannt (Theop. FGrH 115 F 29). Er wurde später gefangen und hingerichtet (Iustin. VIII 3, 10). 30 P. verstand es zunächst, die vollständig entmutigten Makedonen wieder aufzurichten und das Heer schlagfertig zu machen; sodann brachte er die Paionen zum Frieden und bewog den Thrakerkönig durch Geschenke, Pausanias fallen zu lassen: Diod. XVI 3, 1–4. Iustin. VII 6, 4ff. Der gefährlichste Gegner war entschieden Argaios, der mit den attischen Hopliten auf Aigai marschierte. Pausanias, nach Schol. Aischin. II 26 συγγενὴς τῶν περὶ Φίλιππον (II 27 οὗτος ἦν δὲ βασιλικοῦ γένους) und nach Diod. XVI 2, 6 τῆς βασιλικῆς συγγενείας, hatte schon nach der Beseitigung Alexandros’ II. nach der Krone gegriffen (Geyer Makedonien 132) und sich dann in Ostmakedonien, in Kalindoia, festgesetzt: IG II².

Argaios, vor Aigai angelangt, mußte aus Mangel an Unterstützung nach Methone zurückgehen, wurde dabei von P. geschlagen und zur Ergebung gezwungen: Diod XVI 3, 5f. Zugleich sah P. ein, daß er sich zunächst mit Athen verständigen müsse. Er entließ daher die athenischen Gefangenen, zog die Besatzung aus Amphipolis zurück und schloß mit Athen Frieden: Diod. XVI 3, 3. 6. 4, 1. Athen versprach ihm für die Überlassung von Amphipolis Pydna, das damals mit Athen im Bunde stand. Theop. frg. 30. FGrH Demosth. XXIII 121. II 6. Durch diese Flankendeckung wurde seine Stellung in Makedonien erheblich verstärkt.

Nun wandte sich P. gegen die Paionen und Illyrier. Die Paionen, der König Agis gestorben war, wurden nach einer schweren Niederlage zur Ergebung gezwungen. Die Illyrier waren ein gefährlicher Feind. Mit 10 000 Mann zu Fuß und 600 Reitern marschierte P. gegen den König Bardylis, der vergeblich einen Vergleich auf dem Grunde des Besitzstandes vorschlug. In einer [2268] Schlacht, in der die Entscheidung von der auf dem rechten Flügel aufgestellten Reiterei herbeigeführt wurde, wurden die Illyrier vollständig geschlagen. Bardylis bat um Frieden; sein Verlust betrug etwa 7000 Tote. Diod. XVI 4. Iustin. VII 6, 7. Frontin. strat. II 3, 2. Luk. Makrob. 10. Die Schlacht fand wohl in der Lynkestis statt, der Verbindung zwischen Illyrien und Makedonien. Endlich hatten die Makedonen das illyrische Joch abgeschüttelt; zugleich fielen die Gegenden westlich der Lynkestis bis zum Lychnidos ihnen zu: Diod. XVI 8, 1. 1, 3. Aus der Tatsache, daß man seit P. nichts mehr von den obermakedonischen Fürstentümern hört, hat Beloch GG in 1², 226f. geschlossen, daß sie von P. eingezogen seien. Der Lynkeste Menelaos, der Bruder eines Π..., Königs der Pelagonen (IG II² 190), ist zwischen 363 und 360 aus Lynkestis vertrieben worden, da er um 360 das attische Bürgerrecht erhielt: Geyer o. Bd. XV S. 830; Makedonien 81f. Daraus geht wohl hervor, daß die Lynkestis, für die Sicherung der makedonischen Grenze von ausschlaggebender Bedeutung, bereits von Perdikkas 3 vor seinem Illyrierzuge ihrer Selbständigkeit beraubt wurde. P. hat dann im Anschluß an seinen Sieg die Festung Herakleia (das heutige Monastir) gegründet: Steph. Byz. s. v., wo statt Ἀμύντου τοῦ Φιλίππου vielmehr Φιλίππου τοῦ Ἀμύντου zu lesen ist: Beloch GG III 1² 528, 2; o. Bd. XIV S. 728. Ihr Schicksal teilten dann die Orestis und Elimaia zur Zeit P.’ Die fürstlichen Familien wußte P. in den königlichen Dienst zu ziehen; sie haben dem Könige in hohen Stellungen treu gedient, wie etwa Leonnatos und Perdikkas.

Ob man aus Diod. XVI 14, 1f. einen Zug P.’ nach Thessalien für das J. 356 (oder 358) erschließen darf, wie es noch Kahrstedt Forschungen zur Gesch. d. 5. u. 4. Jhdts. (1910) 40 und Beloch GG III 1², 228, 1 getan haben, ist recht fraglich, da dadurch die Ereignisse in Thessalien auseinandergerissen werden würden. Es ist wahrscheinlicher, daß es sich bei der Diodorstelle lediglich um eine ungeschickte Übersicht über die thessalischen Verhältnisse handelt; vgl. Swoboda Österr. Jahresh. VI 202ff. und Pokorny Studien zur griech. Gesch. im 6. und 5. Jahrzehnt des 4. Jhdts. v. Chr. (1913) 45ff.

III. Eroberung der Küste.

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Auch die durch die Lage Makedoniens vorgeschriebene Richtung der Unternehmungen P.’ sprechen gegen ein Vordringen nach Süden. Jedenfalls mußte das nächste Ziel die ostmakedonische Küste sein, solange die Chalkidike noch durch Athen gedeckt war; denn das Strymongebiet war das Ausfalltor für jeden Angriff vom Osten her. Die Schlüsselstellung am Strymon aber nahm Amphipolis ein. Nun hatte P. die Besatzung, die seit Perdikkas III. in Amphipolis lag, zurückgezogen und auf alle Ansprüche verzichtet. Aber diese Handlung war ihm durch seine verzweifelte Lage am Anfang der Regierung aufgezwungen worden. Er war sofort bereit, die so wichtige Stadt durch einen Handstreich zu nehmen, sobald die Gelegenheit günstig war, und damals war Athen durch den drohenden Bundesgenossenkrieg gefesselt. So zauderte er nicht. Obwohl Amphipolis Athen feindlich gegenüberstand, wandte es sich hilfeflehend an [2269] Athen und war sogar bereit, sich Athen zu unterwerfen: Demosth. I 8. II 6. Theop. frg. 42. Athen aber glaubte, sich auf P.’ Versprechen, ihm die Stadt zu übergeben, verlassen zu können, und rührte sich nicht; Demosth. I 5. II 6. VII 27. XXIII 116. XIX 2. So fiel Amphipolis in P.’ Hände; er ließ seine Feinde verbannen und legte eine Besatzung hinein. Wie u. a. die aus Amphipolis ausgehobene Ile der Hetairen zeigt, hat er die Bevölkerung der Stadt in den Staatsverband aufgenommen (über Hampl s. u.): Diod. XVI 8, 2. [Demosth.] XII 207. Syll.³ 194 = Schwyzer Dial. Graec. 799: 357 v. Chr. Damit war der Schlüssel zum Osten, zu Thrakien und den Meerengen in P.’ Gewalt. Selbstverständlich kam für ihn eine Auslieferung der Stadt an Athen nicht in Frage. Einmal war die Haltung Athens ihm gegenüber feindselig, und dann machte es keinerlei Anstalten, sein Versprechen betreffs Pydna zu erfüllen. Überhaupt war dieses Versprechen kaum ernst zu nehmen. Denn eine Preisgabe von Pydna hätte Athens Ruf hoffnungslos untergraben, ganz abgesehen davon, daß es kaum in der Lage gewesen wäre, Pydna an P. zu überliefern. Immerhin hatte P.’ Vorgehen den Erfolg, daß seitdem zwischen ihm und Athen Kriegszustand herrschte; aber er wußte, daß Athen über leere Drohungen nicht hinausgehen würde: Syll.³ 196, 41 = IG II² 127. Demosth. IV 43. XXIII 107. Aischin. II 13. 21. 70. III 54. Isokr. V 2. 3 mit Schol.

P. dachte deshalb auch nicht daran, von dem ihm vorgezeichneten Wege der Eroberung der makedonischen Küste abzugehen, obwohl er mit jedem Schritt vorwärts Athens Stellung stärker bedrohte. Zunächst wandte er sich gegen das ihm zugesagte Pydna, drang durch Verrat in die Stadt ein und eroberte sie: Diod. XVI 8, 3ff. Demosth. I 5. 9. Schol. Demosth. XX 63. Aristid. 38. Liban. IV 973 (VIII 298f. Först.). Da Athen durch den Bundesgenossenkrieg voll in Anspruch genommen wurde, konnte es keine Hilfe leisten. Pydna am Olymp beherrschte die so wichtige Küstenstraße von der Axiosmündung zum Tempetal; wie der 3. makedonische Krieg bewiesen hat, war die Stadt die Pforte zu den makedonischen Niederlanden. Sie hatte schon vorher zu Makedonien gehört und war von Archelaos nach ihrem Abfall von neuem unterworfen worden (vgl. Geyer o. Bd. XIV S. 713). Auch sie wurde jetzt Makedonien einverleibt; vgl. Arrian. anab. III 5, 3; Ind. 18, 4. 6. Nach diesem Erfolge hielt es P. für geraten, die größte Macht an seiner Küste, Olynthos, nicht Athen in die Arme zu treiben, sondern vorläufig an sich zu fesseln, und es gelang ihm tatsächlich, den Argwohn der Stadt durch ein Bündnis und das Versprechen, ihr nach der Einnahme Poteidaia zu überlassen, zu beseitigen. Die Hoffnung, diese ihnen seit jeher verhaßte Stadt in ihre Gewalt zu bekommen, scheint den Olynthiern jede klare Vorausschau genommen zu haben. Denn sie griffen zu, ohne daran zu denken, daß sie neben einem starken Makedonien keine Daseinsmöglichkeit hatten. Sie ließen sich sogar von P. das altmakedonische Anthemus schenken (Liban. ad Olynth. 7. 3 [VIII 608 Först.] Geyer Makedonien 17). Zugleich verfeindete P. durch seine kluge Politik Olynthos [2270] mit Athen, dem die Einnahme Poteidaias höchst unangenehm sein mußte.

Schon 356 rückte P. vor Poteidaia, obwohl er kurz zuvor den athenischen Kolonisten Friede gelobt hatte, [Demosth.] VII 10; doch stand er ja mit Athen im Kriege. Die Stadt wurde genommen, zerstört und den Olynthiern übergeben; nur die attischen Kleruchen wurden entlassen: Diod. XVI 8, 5. Demosth. II 7. VI 20. VIII 65. XXIII 107. VI 20 Schol. Suid. s. Κάρανος. Zur Chronologie Plut. Alex. 3.

IV. 1. thrakischer Krieg.

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Von hier aus (356) griff P. in das Strymongebiet hinüber, wo die griechische Siedlung Krenides, von den Thrakern bedrängt, ihn zu Hilfe rief (vgl. über Krenides Geyer o. Bd. XIV S. 656). P. setzte sich zunächst in Krenides fest (Steph. Byz. s. Φίλιπποι), als eine starke Koalition benachbarter Fürsten gegen ihn sich zu bilden begann. Die Besorgnis vor dem weiteren Vorrücken P.’ nach Osten führte die Thraker Ketriporis und seine Brüder, wohl die Söhne des Berisades, den Paionen Lyppeios (Lykkeios), von dem wir Münzen haben (Gaebler Ant. Münzen Nordgriechenlands III 2, 199ff,) und den Illyrier Grabos mit Athen, dessen Machtstellung am Nordrand der Aegaeis bedroht war, zusammen: Syll.³ 196 = IG II² 127: 356. P. war ihnen aber überlegen; sein kampfbereites Heer, seine blitzschnelle Entschlußkraft sicherten ihm jeder Koalition gegenüber die Vorhand. Die Verbündeten wurden einzeln geschlagen, gegen die Illyrier war Parmenion siegreich, und Athen kam überhaupt nicht zum Eingreifen: Diod. XVI 22, 3. Isokr. VII 21. Iustin. XII 16, 6. Plut. Alex. 3; consol. ad Apoll. 6. Aus Strab. VII 323. 331 frg. 33. 35 geht hervor, daß Ketriporis gezwungen wurde, das Gebiet bis zum Nestos abzutreten (Arrian. anab. VII 9, 3), Paionien wurde wieder zur Unterwerfung gebracht: Demosth. I 23. Arrian. anab. I 5, 1. Berve Alexanderreich I 135. Auch die Agrianer scheinen nach Arrian. a. O. damals Vasallen geworden zu sein. Grabos, der ein ὅμορος τοῖς Μακεδόσι war, war wohl Fürst der Dardaner nördlich vom Lychnitis (Droysen Hellenism. I² 90, 2. Schaefer Demosth. II² 251. Beloch GG III 1², 231, 1). Von Athens Beteiligung erfahren wir nichts, nur geht aus einem attischen Dekret von 356/55 für Neapolis, die Hafenstadt von Krenides, hervor, daß Athen die Küste weiter beherrschte: Syll.³ 197.

P. hat sofort nach seinem Eingreifen in dieser Gegend an die Anlage einer Festung gedacht. Er gründete bei dem heutigen Filibah Philippoi, die erste Stadt der langen Reihe hellenistischer Gründungen, die den Namen eines Herrschers trug. Wahrscheinlich ging Krenides in der neuen Siedlung auf; s. o. Bd. XIV S. 656. Diod. XVI 8, 6. Steph. Byz. s. Κρηνίδες und Φίλιπποι. Strab. VII frg. 34. 41. 43. Ephor. frg. 37, FGrH. Appian. bell. civ. IV 105. Vgl. Pokorny 46ff. Doch hat P. die Küste nicht besetzt, was einmal aus dem oben angeführten attischen Dekret für Neapolis und dann aus dem um 350 entstandenen Periplus des Skylax hervorgeht, wo neben Amphipolis, das also noch als hellenische Stadt unter makedonischer Oberhoheit galt, auch Galepsos und Oisyme genannt werden. Mit Unger Philol. [2271] XXXIII 34ff. die Eroberung deswegen erst nach 353 anzusetzen, geht wohl kaum an, da man das Jahr des Erscheinens des Skylax nicht so sicher bestimmen kann und auch Philippoi noch bis ca. 350 eigene Münzen geprägt hat: Gaebler 101.

Damals (um 355) wird P. auf Betreiben des Adels, vielleicht auch mit Zustimmung der Heeresversammlung (Granier Die makedon. Heeresversammlung 27f.), den Königstitel angenommen haben: Iustin. VII 5, 9. Beloch GG III 1², 232, obwohl auch Amyntas weiter König genannt wurde: IG VII 355. Er hielt sich nach den Kämpfen mit der nordischen Koalition wohl noch längere Zeit in Thrakien auf, vor allem um die Gründung von Philippoi durchzuführen. 354 muß der Zug des Thebaners Pammenes nach Asien zu Artabazos stattgefunden haben: Beloch III 2², 269. Kahrstedt Forschungen 49 gegen Pokorny 54ff. P. geleitete ihn durch sein Land, und zwar nach Demosth. XXIII 183 bis Maroneia; bei Pammenes hatte P. in Theben gewohnt: Plut. Pelop. 26. Suid. s. Κάρανος. Wenn Beloch III 2², 283 die von Polyain. IV 2, 22 berichtete Besetzung von Maroneia und Abdera erst nach 347 ansetzt, so sind seine Gründe keineswegs durchschlagend. Aus [Demosth.] XII 17 geht nicht hervor, daß Maroneia noch später von Athen abhängig war, und die Anwesenheit eines attischen Geschwaders unter Chares, von der Polyain. a. O. erzählt, wird von Demosth. XXIII 183 bezeugt. Am weiteren Vorrücken wurde P. nur durch die Haltung des Fürsten Amadokos gehindert, der seit 352 auf P.’ Seite stand. Auch der Einwand Belochs, daß Demosth. I 9. 12 die Eroberungen P.’ aufzählt, ohne Abdera zu nennen, ist nicht stichhaltig, da nur die Städte genannt werden, die Athen näher angingen. P.’ Schiffe entgingen der athenischen Flotte nur durch eine Kriegslist. Schaefer Demosth. I² 443, 3 hat wohl mit Recht in diesem Zusammenhang ein siegreiches Treffen des Chares mit Söldnern P.’ unter Adaios gesetzt: Theop. FGrH 249. Duris frg. 35. Herakleides FCA II 435.

V. Methone. Thessalien.

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Im Anschluß an diese thrakischen Kämpfe wandte sich 355/54 P. gegen die einzige Küstenstadt, die im eigentlichen Makedonien noch selbständig war, Methone. Sie bedrohte den Weg von Thessalien nach Makedonien, ähnlich wie Pydna, da die Pässe westlich des Olympos schwer gangbar sind. Zur Chronologie vgl. Pokorny 49ff. Beloch III 2², 268ff. Die Belagerung der Stadt zog sich bis zum Frühjahr 354 hin (zur Lage der Stadt Schaefer Demosth. II² 30, 4. O. Bd. XIV S. 666). Die Stadt fiel nach tapferer Gegenwehr und wurde zerstört: Diod. XVI 31, 6. 34, 5. Strab. IX 436. Polyain. IV 2, 15. Demosth. IX 26. Hierbei verlor P. das rechte Auge: Didym. ad Demosth. XII 43ff. Strab. VII frg. 22. VIII 374. Diod. XVI 34, 5. Iustin. VII 6, 14.

Mit der Eroberung Methones, das schon Perdikkas II. zu erobern versucht hatte (Geyer Makedonien 64f.), konnte P. den ersten Teil seiner Arbeit für die Größe Makedoniens als abgeschlossen betrachten: die makedonische Küste war frei, die nördlichen Nachbarn teils unterworfen, teils abhängig gemacht, die Mündung des Strymon mit Amphipolis in seiner Hand. Nur [2272] Olynthos war noch ein unangenehmes Hindernis auf dem Wege zur vollen Beherrschung des Küstengebietes. Aber hinter Olynthos stand Athen, das immer noch die erste Seemacht der Ägäis war und deshalb vorsichtig behandelt werden mußte.

Unmittelbar im Anschluß an die nordischen Kämpfe ergab sich für P. ein Anlaß, in die hellenischen Wirren einzugreifen. Der 2. heilige Krieg tobte seit 357 bzw. 355 in Mittelgriechenland und brachte die Gegner der Phoker in schwere Not (zur Chronologie Beloch III 2², 262ff.). Zu ihnen gehörten vor allem die Thebaner und Thessaler. In Thessalien brach damals der Zwist zwischen den Adelsgeschlechtern und den Tyrannen von Pherai mit voller Kraft aus. Beide Parteien sahen sich nach fremder Hilfe um, und so fanden die Aleuaden Anschluß an P., die Pherader bei den Phokern. P. war sofort bereit einzugreifen, um die für die Beherrschung Makedoniens wie Mittelgrieehenlands gleich wichtige Landschaft fest an sich zu ketten. Aber auch die Phoker erkannten die Bedeutung der Stellung in Thessalien. Onomarchos sandte Hilfsvölker unter Phayllos. Als P. sie besiegte und aus dem Lande hinausjagte, mußte Onomarchos sich entschließen, mit gesammelter Kraft in Thessalien einzurücken, da ein Eingreifen P.’ in den mittelgriechischen Kampf für die Phoker verhängnisvoll werden konnte; schon vorher hatte der phokische Stratege sich die Thessaler günstig zu stimmen versucht: Diod. XVI 33, 3. So marschierte Onomarchos selbst gegen P. vor, und es gelang ihm, P. in zwei Schlachten zu besiegen und zum Rückzug zu zwingen: Diod. XVI 35, 1–3. Polyain. IV 2, 19. Aber P. war entschlossen, so bald wie möglich den Kampf um Thessalien zu erneuern, und bereits im nächsten Sommer 353 fühlte er sich stark genug dazu, ein Beweis dafür, wie Makedonien unter ihm bereits erstarkt war. Er zog gegen Lykophron von Pherai, und auf dessen Hilferuf eilte Onomarchos herbei. P. vereinigte die thessalischen Adelstruppen mit seinem Heere und übertraf nun die Phoker bedeutend an Reiterei. Da diese Überlegenheit die Schlacht zu seinen Gunsten entschied, vermutete Beloch III I², 476f. mit Recht, daß das Schlachtfeld Gelegenheit zur Ausnutzung der Reiterei geboten haben muß; also lag es wohl in der Küstenebene des Pagasaiischen Meerbusens. Dazu stimmt, daß P. offenbar nach der Schlacht Pagasai eingenommen hat; diese Notiz ist bei Diod. XVI 31, 6 an eine falsche Stelle geraten. Seine Soldaten wußte P. dadurch zu höchster Tapferkeit anzuspornen, daß er sie als Gottesstreiter mit Lorbeerzweigen schmückte. Die Schlacht, ähnlich angelegt wie Chaironeia und die Alexanderschlachten, endete mit einem glänzenden Siege der Makedonen und Thessaler. Onomarchos selbst fiel mit Tausenden seiner Söldner: Diod. XVI 36, 3–6. 61, 2. Demosth. XIX 319. Paus. X 2, 5. Iustin. VIII 2, 1–6. Die Entscheidung war für Makedonien von außerordentlicher Bedeutung (vgl. Iustin. a. O.). Thessalien wurde endgültig von der Tyrannis befreit (Diod. XVI 37, 3) und bald eine Nebenlandschaft Makedoniens. Seine Reiterei war für P. ebenso wichtig wie für Alexander, und beide müssen es verstanden [2273] haben, die Adelsgeschlechter, deren entscheidende Bedeutung für die politische Stellung Thessaliens nach der Beseitigung der Tyrannis besonders klar hervortrat, an sich zu fesseln. Die Befreiung von den Tyrannen hat Thessalien den makedonischen Königen mit treuer Anhänglichkeit belohnt: Isokr. VI 20. Diod. XVI 14, 2. 38, 2. Pherai erhielt die Freiheit zurück; ein attisches Geschwader unter Chares kam zur Entscheidung zu spät und konnte nur wenigen Flüchtlingen Rettung bringen: Diod. XVI 36, 5. Pharkadon mußte im Sturm genommen werden und wurde bestraft: Polyain. IV 2, 18. Für Trikka muß dasselbe Schicksal angenommen werden, da es 319 von Polyperchon wie andere Tempelräuber (z. B. Amphissa) von der Amnestie ausgenommen wurde: Diod. XVIII 56, 5. Halos muß sich dagegen bis zum Frieden des Philokrates gehalten haben. Zu der Einnahme von Pagasai vgl. noch Demosth. I 9. 13. IV 35. Auch Magnesia wurde offenbar besetzt: Demosth. I 13.

P., dem nach Demosth. I 22. VI 22 von den Thessalern Hafen- und Marktzölle zur Kriegführung überlassen wurden, beschloß, durch einen energischen Vorstoß nach Mittelgriechenland die Phoker endgültig niederzuwerfen, und bei der Schwere des Verlustes und dem lähmenden Schrecken, den die Niederlage verbreitet hatte, wäre ihm von den Phokern kaum der Einmarsch gewehrt worden. Doch regte sich nun bei den besonders eifersüchtigen Staaten die Besorgnis, der König könne die Gelegenheit benutzen, um sich in Mittelgriechenland festzusetzen. So schickten Sparta 1000, die Achaier 2000 und die Athener 5000 Hopliten mit 400 Reitern. Dazu kamen außer den neu hinzugeworbenen Söldnern des Phayllos noch 2000 Mann der pheraiischen Tyrannen, denen P. freien Abzug bewilligt hatte. Dieser Macht gegenüber verzichtete P. auf einen Angriff, dessen Mißlingen alles Gewonnene hätte aufs Spiel setzen können; er war mit der Säuberung Thessaliens zufrieden: Diod. XVI 37, 2ff. 38, 1f. Demosth. XIX 319. 353/52: vgl. Beloch III 2², 270.

VI. 2. thrakischer Feldzug.

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Noch war auch in Thrakien und Illyrien genug zu tun. Zu sehr wirkte hier noch immer die Macht Athens ein, als daß P. mit der Ordnung der thrakischen Verhältnisse zufrieden sein konnte. So schloß sich damals der alte Gegner Athens, Kersobleptes (vgl. Kahrstedt o. Bd. XI S. 329. Cloché Mélanges Glotz I 215ff.), der noch eben bei P. Anlehnung gesucht hatte (Demosth. XXIII 183. [VII] 89), an Athen an. Er ließ es zu, daß Chares Sestos nahm, und trat den Athenern die Städte auf der Chersones außer Kardia ab. Athen sandte Kleruchen dorthin, Diod. XVI 34, 3f. Auch versprach Kersobleptes, den Athenern zur Rückgewinnung von Amphipolis behilflich zu sein: Demosth. XXIII 14. Dafür zeigte sich Athen dem Schwager des Königs Charidemos erkenntlich; vgl. Beloch III 1², 489, 2. Diese Wendung hatte für P. das Gute, daß die thrakischen Gegner des Kersobleptes, Amadokos, der noch 357 das Vorrücken P.’ verhindert hatte, und Ketriporis sich ihm zuwandten: Theop. FGrH 101. Beloch 490, 2. Zunächst schien aber die Gegenwart des Königs in [2274] Illyrien wichtiger zu sein; hier hat er nach Isokr. V 21 seine Grenzen über den Lychnitis hinaus ausgedehnt; vgl. Demosth. I 13. Vielleicht fällt auch in diese Zeit die Anlage weiterer befestigter Plätze neben Herakleia: Demosth. IV 48 (ἐν Ἰλλυριοῖς πόλεις τειχίζειν). Damals ist Kleitos, der Sohn des Fürsten Bardylis, tributpflichtig geworden: Arrian. anab. I 5, 1.

Von Illyrien ging es nach Epeiros (351), wo Arybbas die Gewalt an sich gerissen hatte (Klotzsch Epirot. Gesch. 56ff.). P. zwang ihn, ihm seinen jungen Schwager Alexandros zur Erziehung zu übergeben; nur bis zu dessen Großjährigkeit sollte Arybbas das Land verwalten: Iustin. VII 6, 10ff. VIII 6, 5ff. Demosth. I 13. Es ist durchaus wahrscheinlich, wie Beloch III 2², 180f. annimmt, daß P. sich damals die Parauaia abtreten ließ, da sie vor ihm nicht makedonisch war, sicher aber 317 (Plut. Pyrrh. 2) und 294 (Plut. Pyrrh. 6) zu Makedonien gehörte.

Jetzt erst (351) hatte P. die Hände frei für ein Eingreifen in Thrakien. (Nach Focke Genethliakon f. W. Schmid 11 gehört der thrakische Feldzug vor den epeirotischen). Er drang bis zur Propontis vor und belagerte 351/50 Heraion Teichos. Kersobleptes war nicht imstande, ihm Widerstand zu leisten. Er mußte sich zum Frieden bequemen und vielleicht Charidemos aus seiner Nähe entfernen (Beloch 491, 4). Was die Wendung bei Demosth. I 13 (τοὺς μὲν ἐμβαλών, τοὺς δὲ καταστήσας τῶν βασιλέων ἠσθένησε) bedeuten soll, ist schwer zu erklären; zum Teil bezieht sie sich wohl auf Kersobleptes: Demosth. III 4. Theop. frg. 101. Bis an den Bosporos erstreckten sich die Beziehungen P.’; ob er aber jetzt schon Bündnisse mit Byzantion und Perinthos abschloß, bleibt fraglich: Demosth. IX 34. XVIII 87. 93. Wie immer, kam der athenische Hilfszug zu spät, um P.’ Festsetzung in der Nähe der Meerengen zu hintertreiben, und nur eine schwere Krankheit des Königs rettete Athen vor stärkerer Bedrängnis: Demosth. III 4f. Focke 4ff.

VII. Der olynthische Krieg.

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Jetzt reichte P.’ Einflußsphäre von den obermakedonischen Seen bis zu den Meerengen, von den thrakischen Bergen zum Meere und nach Thessalien. Nur der chalkidische Bundesstaat (vgl. über ihn Hampl Herm. LXX [1935] 177ff.) unterbrach noch das makedonische Herrschaftsgebiet. Die Küste war aber erst dann gegen jeden feindlichen Eingriff gesichert, wenn auch Olynthos zu Makedonien gehörte. Längst hätten die Chalkidier sich sagen müssen, daß auf die Dauer ein friedliches Zusammenleben mit P. nicht möglich war. Statt sich auf den Zusammenstoß, der um die Existenz gehen würde, vorzubereiten, hatten die Chalkidier mit P. Bündnis geschlossen und hatten sich von ihm beschenken lassen (Poteidaia!). Den gefährlichen Nachbarn hatten sie groß werden lassen, weil sie aus alter Tradition in Athen ihren Hauptfeind sahen. Jetzt hatte sich die Lage gründlich geändert: Makedonien beherrschte Küste und Hinterland, während Athen nach dem Bundesgenossenkrieg kaum noch an eine große kriegerische Unternehmung denken konnte, wenn es auch noch eine bedeutende Flotte besaß. Je mehr Olynthos sein zukünftiges. [2275] Schicksal überdachte, desto deutlicher wurde es ihm, daß die einzige Macht, die ihm allenfalls noch helfen konnte, Athen war. Denn aus machtpolitischen und wirtschaftlichen Gründen mußte Athen alles daransetzen, daß nicht das letzte Stück der makedonisch-thrakischen Küste in P.’ Hände geriet. Erst mit der Herrschaft über die Chalkidike, diese natürliche Festung vor Makedoniens Toren, konnte P. seine erste Aufgabe, sein Land aller Fesseln entledigt zu haben, als erfüllt betrachten, und damit verlor zugleich Athen jede Möglichkeit, für seine Flotte aus Thrakien Schiffsbauholz und Pech zu beziehen (o. Bd. XIV S. 680) und weiter die Ägäis als seine Domäne zu betrachten. Deshalb mußten die Chalkidier über alles Trennende hinwegsehen und Athen die Hand zum Bunde reichen: Demosth. III 7. XXIII 107ff. Zwar hatte P. mit Gold nicht gespart, um sich in der Stadt eine Partei zu schaffen: Demosth. XIX 265 (vgl. Koehler S.-Ber. Akad. Berl. 1891, 473ff.), und auch einsichtige Chalkidier zogen eine Einigung mit P. einem Kriege vor: Demosth. IX 56. So gelang es noch kurz vor dem Beginn des Kampfes den Makedonenfreunden, ihren Hauptgegner Apollonides in die Verbannung zu schicken: Demosth. IX 56. 66. Aber trotzdem begann man mit Athen zu verhandeln. Aus Demosth. I 13 schließt nun Focke Genethl. 10ff., daß P. 350 einen Zug gegen die Chalkidike unternommen habe, um Olynthos während dieser Verhandlung zu schrecken. Andererseits konnte man aus Demosth. IX 11 herauslesen, daß P. den Ausbruch der Feindseligkeiten damals noch hinauszuschieben versuchte. Dagegen ist es sicher, daß P. sich damals nocheinmal nach Thessalien, gewandt hat, um den nach Pherai zurückgekehrten Peitholaos zum zweitenmal zu vertreiben: Diod. XVI 52, 9. Die Unternehmungen gegen Illyrien und Epeiros, die Focke 11f. ebenfalls erst in das J. 350 verlegt, gehören aber in das J. 351 (s. o.).

Erst 349 hielt P. die Zeit für gekommen. (Über die Chronologie vgl. neben Pokorny 116ff. und Kahrstedt Forsch. 50ff., vor allem Beloch III 2², 277ff. Im allgemeinen habe ich mich Beloch angeschlossen; die Abweichungen der andern sind nur geringfügig. Hingewiesen sei noch auf Radüge Zur Zeitbestimmung des euböischen und olynthischen Krieges, Diss. Königsberg 1908, und Rehm Silvae Monacenses 61ff. Momigliano Filippo il Macedone [1934] 112ff). Schon beim ersten Angriff fielen fast alle chalkidischen Städte in seine Gewalt, die meisten ohne Bestürmung; nur Stageira mußte erstürmt werden: Diod. XVI 56, 9. Philochoros frg. 132 (FHG I 405). Demosth. XIX 266.

Inzwischen (349/48) war ein Bündnis zwischen Olynth und Athen geschlossen worden (Demosth. XXIII 107ff. Philoch. a. O.), und Demosthenes bot seine ganze Beredsamkeit auf, um eine energische Unterstützung durchzusetzen (Olynth. I. II). Nach Philochoros ging Herbst 349 eine Flotte von 30 Trieren mit 2000 Söldnern unter Chares ab, und da weitere Sendungen zu erwarten waren, versuchte P. die Athener zugleich an anderer, sehr empfindlicher Stelle zu beschäftigen, in Euboia. Der euboiische Krieg ging mit dem olynthischen parallel und hat P.’ [2276] Ziele wesentlich gefördert (Beloch III 1, 494. III 2, 277ff. Kahrstedt 58ff.). Denn die Athener mußten erhebliche Streitkräfte in Euboia einsetzen, um die so überaus wichtige Insel zu behaupten: Geyer Suppl.-Bd. IV S. 441f. (s. u.). Immerhin gingen im Frühjahr 348 Verstärkungen nach der Chalkidike, 18 Trieren und 4800 Söldner mit einer Abteilung von 150 Reitern, unter Charidemos. Doch dieser mußte sich mit der Verwüstung der Bottiaia und Pallene begnügen, da die Machtmittel des Königs ihm weit überlegen waren: Philoch. frg. 132. Theop. frg. 143. Demosth. XXI 197. Der König nahm Torone und Mekyberna, siegte in zwei Schlachten und nahm den Kern der feindlichen Reiterei, 500 Reiter, gefangen. Schließlich begann die Einschließung der Stadt, und die letzte Unterstützung kam zu spät. Demosthenes hatte endlich die Entsendung eines Bürgerkorps von 2000 Hopliten und 300 Reitern unter Chares durchgesetzt. Trotzdem wurde die Stadt eingenommen: Diod. XVI 53, 2. Philoch. a. O. Suid. s. Κάρανος. Demosth. XIX 265ff. Hyper. frg. 76. Über. Olynthos im allgemeinen vgl. noch Gude A history of Olynthus, 1933. Die noch lebenden Brüder des Königs aus der Ehe Amyntas’ III. mit Gygaia, die Olynthos aufgenommen hatte, wurden hingerichtet: Iustin. VIII 3, 10f. Die Stadt wurde geplündert, die Einwohner in die Sklaverei verkauft; manche scheinen auf den königlichen Domänen gearbeitet zu haben: Aischin. II 156. Das städtische Gebiet wurde eingezogen und aus königlicher Machtvollkommenheit reiche Schenkungen an Makedonen gemacht; vgl. neben Hampl Der König der Makedonen (Diss., Lpz. 1934) 29ff., ohne daß ich mir dessen Schlußfolgerungen zu eigen mache (s. u.), Syll.³ 332. Wie der König überhaupt damals die Zuneigung der Soldaten durch Geschenke inniger zu gestalten suchte: Diod. XVI 53, 3. Das Gebiet des chalkidischen Bundesstaats wurde in den makedonischen Staatsverband aufgenommen, wie die Ilen aus Apollonia, Anthemus, Bottiaia in Alexanders Heer beweisen: Arrian. anab. I 12, 7. II 9, 3. I 2, 5, wurde also nicht, wie Hampl 34f. will, königliches Privateigentum. Über das Schicksal einiger Städte, die fortbestanden haben, vgl. Beloch III 1, 497, 1.

Nach Beloch bedeutete die Einverleibung der Chalkidike einen Gewinn von 4000 qkm fruchtbaren und dichtbevölkerten Landes, wobei man allerdings bedenken muß, daß die drei Halbinseln größtenteils gebirgig sind. Die Heeresstärke P.s wuchs bedeutend, das Wichtigste aber war, wie schon hervorgehoben, daß jetzt die ganze makedonische Küste bis über den Strymon hinaus unter seiner Botmäßigkeit stand. Die erste Etappe des Lebenswerkes des Königs war damit erreicht. Zum Balkanreich fehlten noch die Abrundung nach Osten und Norden und die Hegemonie über Griechenland.

Wie oben betont, ging mit dem olynthischen Krieg der Kampf um Euboia parallel. Trotz der starken makedonenfreundlichen Partei, die P. für seine Zwecke geschickt einsetzte, gelang es Athen noch einmal, die Insel für sich zu retten: Geyer Suppl.-Bd. IV S. 441f. Aischin. III 86ff. Die Darstellung Schaefers Demosth. II² 78ff. und Belochs III 1², 494f., daß der Zug der Athener [2277] mit einem Mißerfolg endete, ist durch Kahrstedt 54ff. und Pokorny 116ff. widerlegt worden.

VIII. Friede des Philokrates.

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Ehe wir auf die Außenpolitik P.’ weiter eingehen, muß kurz auf die Bemühungen des Königs, eine Flotte zu schaffen, eingegangen werden. Die erste Aufgabe, die die makedonischen Schiffe erfüllen mußten, war die Verfolgung der Seeräuber, die die Küstengewässer unsicher machten. Die erste Unternehmung, von der uns auf diesem Gebiete berichtet wird, war gegen die Seeräuber auf Halonnesos gerichtet. Die Lage dieser Insel ist noch nicht sicher bestimmt, doch wird sie an der Küste Magnesias gelegen haben: Bürchner Suppl.-Bd. III S. 880ff. Die Besetzung durch P. bezeugt [Demosth.] VII 2 mit Schol.; vgl. Aischin. II 72. Sie gehört wohl schon in die Zeit vor dem Olynthischen Krieg, weil Demosth. XVIII 69 Halonnesos unmittelbar nach Pydna und Poteidaia nennt; vgl. darüber Schaefer II² 28, 2. Aber P.’ Schiffe jagten nicht nur den Seeräubern ihre Beute ab, sondern suchten nach Demosth. IV 34 auch athenische Besitzungen heim, wie Lemnos und Imbros; einmal gelang es ihnen, bei Geraistos eine Anzahl Handelsschiffe (πλοῖα) mit Ladung fortzunehmen, die P. nur gegen hohes Lösegeld wieder herausgab. Sogar die heilige Triere (Schaefer II² 29, 1) wurde von Marathon fortgeführt; vgl. Aischin. II 72. Da die attischen Schiffe, was auch Demosthenes rügt, gewöhnlich nicht zur Stelle waren, konnten also die makedonischen Schnellsegler auch einmal den Athenern nennenswerten Schaden zufügen und zugleich ihr Bewußtsein der Meerbeherrschung erschüttern. Daß die makedonische Flotte aber noch nicht imstande war, den Athern offen entgegenzutreten, zeigt der oben erwähnte Vorfall (353), bei dem es P. nur mit Mühe gelang, seine Schiffe auf der Höhe von Neapolis vor den attischen zu retten. Und Demosthenes hielt 351 10 Trieren für ausreichend, um die makedonischen Schiffe aus dem Meere zu vertreiben: Demosth. IV 22.

In dieser Zeit hat P. wohl auch die Ausbildung seines Heeres abgeschlossen. Die Kriegszüge, die ihn vom ersten Jahre an beschäftigten, haben ihn von Anfang an gezwungen, seine Soldaten an Disziplin und Ertragung von Strapazen zu gewöhnen, und ihm zugleich die Möglichkeit dargeboten, Fußvolk und Reiterei aufeinander einzuspielen und allmählich die Phalanx zu dem furchtbaren Kriegsinstrument zu machen, das noch den Römern Respekt einflößte (Literatur s. u.).

Nach Erreichung der ersten Etappe seiner Regierung trat an P. die Frage heran, ob es für die Erreichung einer Hegemonie über Griechenland nicht zweckentsprechender sei, sich zunächst mit der größten griechischen Seemacht, Athen, gütlich zu einigen, es für ein Zusammengehen mit Makedonien zu gewinnen (vgl. Aischin. II 12ff.). Aber auch Athen war des Krieges müde, und sogar Demosthenes trat für den Frieden ein. So wurde nach längeren Verhandlungen in Athen beschlossen, eine Gesandtschaft nach Makedonien zu schicken; vgl. darüber Schaefer II² 192ff. Obwohl wir die Reden der beiden Parteiführer, [2278] des Demosthenes und Aischines, besitzen, ist die Sachlage nicht völlig geklärt, da beide in eigener Sache reden und daher die Ereignisse so darstellen, wie sie sie aufgefaßt sehen möchten. Früher folgte man der Darstellung des Demosthenes (s. Schaefer), aber neuerdings hat man gelernt, ihm nicht blindlings zu folgen. Vgl. vor allem Bruns Das literarische Porträt der Griechen 573ff. Drerup Stud. z. Gesch. u. Kultur d. Altert. VIII 3/4 (1916) und Beloch GG. Für den Friedensschluß selbst sei auf Beloch Att. Politik 190ff. und GG III 1², 503ff. Kahrstedt Forsch. 127ff. Pokorny 139ff. Cloché La politique étrangère d’Athènes (1934) 224ff. verwiesen. [Korrekturzusatz: Hier sei auf das soeben erschienene Buch von Fr. Hampl Die griechischen Staatsverträge des 4. Jhdts. v. Chr. Geb., Lpz. 1938, hingewiesen, wo S. 56ff. und 111ff. der Philokratische Friede behandelt ist.]

Uns interessiert hier lediglich das Verhalten P.’ und die Bestimmungen des Friedensschlusses. Aus den Schilderungen beider Redner ergibt sich trotz aller Verschiedenheiten, daß der König die Gesandtschaft freundlich aufgenommen hat und daß man verhältnismäßig schnell zu einem Übereinkommen gelangte. Eine makedonische Gesandtschaft, der Parmenion und Antipatros angehörten (Demosth. XIX 69. Schol. XIX 40. XVIII 28. Aischin. III 72. Dreizahl: Aischin. III 76), ein Zeichen, welche Bedeutung P. dem Frieden beimaß, ging nach Athen und schloß dort den Frieden ab. Er beruhte auf dem Grunde des gegenseitigen Besitzstandes und enthielt zugleich die Gewähr dieses Besitzstandes für die Vertragspartner und ihre Bundesgenossen: Demosth. XIX 174. 143. VII 26. Schol. zu VII 18. 24. XIX 78. V 25. Ausgeschlossen waren Halos und die Phoker, doch wurde diese Ausnahme vom Volke gestrichen (ob von P. wieder eingesetzt?; vgl. Demosth. XIX 159 und dazu Beloch III 1², 508, 4. S. u.). Die Sicherheit des Meeres wurde verbürgt: [Demosth.] VII 14. Philipp. [Demosth.] XII 2. Vgl. die Quellenstellen über den Vertrag bei v. Scala Staatsverträge d. Altert. I 206ff. Über seine Zeit (Frühjahr 346) vgl. Dion. epist. ad Ammon. I 11. Demosth. XIX 57. [Dem.] VII 31. Ausdehnung auf P.’ Nachkommen Demosth. XIX 48. 56. VI 31.

Bis zum Eintreffen der zweiten athenischen Gesandtschaft zur Beschwörung des Friedens zog P. gegen Kersobleptes, der sich gegen Byzantion, Perinthos und Amodokos gewandt hatte; er wurde in Hagion Oros an der Propontis zur Ergebung gezwungen und mußte seinen Sohn als Geisel geben. Er selbst wurde zum Vasallenfürsten: Aischin. II 81f. mit Schol. Demosth. XIX 156. 334. Isokr. V 21. Der Versuch, ihn in Athen bei der Beschwörung des Friedens in den Vertrag aufzunehmen, mußte mißglücken, da er nicht als Bundesgenosse Athens gelten konnte: Aischin. II 83ff. III 73f. Vgl. Hartel Demosthen. Studien II 108f. v. Scala 207. Die Küstenstädte fielen P. zu; vgl. außer den oben genannten Stellen Demosth. IX 15. XVIII 27. Aischin. III 82. Ob Beloch III 2², 283 den Zug des Antipatros περὶ τὴν Ἄπρον mit Recht hierher stellt, erscheint fraglich: Theop. FGrH 160. Die Absicht, den [2279] Beitritt anderen Staaten drei Monate offen zu halten, erwähnt Aischin. II 60. III 69f.

50 Tage nach der Abreise der athenischen Gesandten traf P. wieder in Pella ein: Demosth. XVIII 30. XIX 156. Nach Aischin. II 112 stand P. damals im Mittelpunkt Griechenlands: παρόντων πρέσβεων... ἐξ ἁπάσης τῆς Ἑλλάδος: Aischin. II 104. Demosth. IX 11; ὑποθ. B XIX p. 337. Iustin. VIII 4, 1ff. 6. Diod. XVI 59, 2. Athen hatte seine Gesandten angewiesen, ὅ τι ἂν δύνωνται ἀγαθόν: Aischin. II 104; vgl. Schaefer II² 240, 2. Da die Zwietracht unter den hellenischen Gesandten groß war, wurde P. ganz von selbst zum Schiedsrichter Griechenlands. Er spielte die Phoker, Thebaner, Spartaner gegeneinander aus, um bei der Niederwerfung der Phoker freie Hand zu haben: Iustin. VIII 4, 3ff. Demosth. IX 11. XIX 76. 72 Schol. IV 48. Aischin. II 114ff. Um die Athener für sich zu gewinnen, scheute er auch vor Bestechung nicht zurück; nur Demosthenes will sich ausgeschlossen haben: XIX 166ff. Es ist schwer, aus den Darstellungen des Demosthenes und Aischines sich über den Gang der Verhandlungen klar zu werden. Aischines will seinen Mitgesandten vorgeschlagen haben, P. die Züchtigung Thebens und den Wiederaufbau der boiotischen Städte nahezulegen. Demosthenes widersprach diesem Vorschlag, und so kam es zu keiner Einigung. Aischines hat dann nach seiner Rede die Entscheidung im Heiligen Kriege in P.’ Hände gelegt und ihn zugleich gebeten, seinen Spruch den uralten heiligen Gebräuchen unterzuordnen. Scharf wandte er sich gegen die Zerstörung der boiotischen Städte durch Theben. Während Schaefer II² 255ff. glaubt, daß Aischines etwa in diesem Sinne vor P. gesprochen haben wird, möchte er dem Demosthenes zutrauen, für die Phoker, Halos und Kersobleptes eingetreten zu sein. Ohne diese Fragen entscheiden zu wollen, müssen wir versuchen, die Haltung P.’ zu erkennen. Er hat offenbar versucht, durch Versprechungen die athenischen Gesandten ganz auf seine Seite zu ziehen. Hierhin gehören die Andeutungen, die Demosthenes V 10. VI 30. XIX 21f. macht: der König habe sich gegen Theben und für die boiotischen Städte ausgesprochen und zugleich die Rückgabe von Oropos in Aussicht gestellt (Wohlwollen: Demosth. XIX 102). Er wußte, daß es für die Gewinnung Athens noch auf andere Männer als Aischines und seine Freunde ankam, vor allem auf Demosthenes, der damals beim Volke in Gunst stand. Dieser trat aber, wie man aus den Angriffen des Aischines (II) ersehen kann, dessen Vorschlägen scharf entgegen. Für ihn war der Friede nur ein notwendiger Waffenstillstand, um Kräfte für den entscheidenden Waffengang zu sammeln. Eine Ordnung in Griechenland ohne volle Selbständigkeit Athens kam für ihn überhaupt nicht in Frage, und auf sie war neben P. kaum zu rechnen. Deshalb mußte das Schwert entscheiden; dazu brauchte Demosthenes aber Bundesgenossen und der wichtigste unter ihnen konnte nur Theben sein. So läßt sich sein βοιωτιάζειν, sein Streben nach Zusammenschluß mit der alten Gegnerin erklären: Demosth. XVIII 66ff. 161 f. Aischin. II 106. Daher war Demosthenes gegen jede Bindung dem Könige gegenüber und wollte sich mit der [2280] Abnahme des Eides begnügen. Wenn Beloch (III 1², 508) gegen Schaefer 261f. und Pokorny 164 behauptet, daß aus Demosth. XIX 44. 174. 278 nicht der Ausschluß der Phoker und von Halos durch P. hervorgeht, so muß man ihm zustimmen; denn es wird von Demosthenes nur von einem stillschweigenden Ausschluß und von der Haltung der Mitgesandten gesprochen, und XIX 159 wird ausdrücklich betont, daß P. den Frieden beschwor, wie er vom athenischen Volke angenommen war. Einseitig hätte P. ja den Vertrag auch gar nicht ändern können, ohne daß er noch einmal in Athen vorgelegt worden wäre. P. hat also auch hier eine Bestimmung, die Athen verärgert hätte, fallen lassen, zumal ihm die Entscheidung in der phokischen Frage sowieso anheimgestellt war. Wie aus den Zeugnissen hervorgeht, hat P. weiter die vor seiner Rückkehr nach Pella gemachten Eroberungen als unter den Frieden fallend betrachtet; Kersobleptes ist als Vasall nicht namentlich ausgeschlossen worden, und Kardia wurde förmlich als Bundesgenossin P.’ anerkannt: Demosth. V 25. VIII 66. Vor der Schlußhandlung hat P. noch auf die Verwendung des Demosthenes, der eigenes Geld für den Loskauf der athenischen Kriegsgefangenen ausgegeben hatte (Schaefer 259f.), sich bereit erklärt, sie auf seine Kosten loszukaufen und zu den Panathenaien nach Athen zu senden: Demosth. XIX 166f. Über das Schreiben P.’ an die Athener, im dem er sich zu weitgehendem Entgegenkommen verstand, vgl. Demosth. XIX 40f.

In Pherai, wohin P. die Gesandten begleitete, nachdem sie längere Zeit auf ihn gewartet hatten, leisteten die Thessaler den Eid auf den Frieden; Demosth. XIX 158f. Ob eine Vermittlung zwischen P. und Halos gelang, erscheint sehr fraglich, da nach Demosth. XI 1. XIX 36ff. die Stadt zerstört und die Bewohner vertrieben wurden; ihr Gebiet wurde Pharsalos zugeteilt: Strab. IX 433. Demosthenes hielt die Bitte P.’, in Pella auf ihn zu warten, bis er selbst mit nach Thessalien abgehen könne, für einen Vorwand, um die Nachricht von seiner phokischen Heerfahrt nicht zu früh nach Athen gelangen zu lassen: Demosth. XVIII 32. XIX 51. 323. Doch kann dieser Grund für P. schwerlich entscheidend gewesen sein, da man in Athen nach dem Gang der Verhandlungen über die Absichten des Königs Bescheid wissen mußte.

Nach der Rückkehr nach Athen versuchte Demosthenes vergeblich, die Gesandten des Verrats zu überführen: Demosth. XIX 48. 56. Der Vertrag wurde auf eine Stele eingegraben, die 340 auf Antrag des Demosthenes zerstört wurde: Philoch. frg. 135. FHG I 406. Athen beschloß, selbst gegen die Phoker zu Felde zu ziehen, wenn sie nicht den delphischen Tempel wieder an die Amphiktionen ausliefern würden: Demosth. XIX 49f. [Korrekturzusatz: Gründlich und scharfsinnig ist in dem Buch von Fritz R. Wüst Ph. II. von Makedonien und Griechenland, München 1938 (Münchner Histor. Abhandlungen, 1. Reihe 14. Heft), die Politik P.’ von 346–338 behandelt worden, ohne daß ich seine Ausführungen noch verwenden konnte.]

IX. P. in Phokis.

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Als Phalaikos, der nur [2281] noch Trümmer seines Heeres um sich hatte und kein Geld zu Soldzahlungen mehr besaß, die Stellungnahme Athens gegen ihn erfuhr, schloß er die Kapitulation ab, übergab die Städte an P. und zog mit seinen Söldnern ab; die Phoker ergaben sich dem Könige: Demosth. XIX 53–62. Diod. XVI 59, 1–3: 346. P. hatte schon auf dem Marsche nach Phokis die Athener aufgefordert, πάσῃ τῇ δυνάμει zu ihm zu stoßen; es mußte ihm daran liegen, Athen als Gegengewicht gegen Theben auf seiner Seite zu haben: Demosth. XIX 51. Aischin. II 137. Doch Athen ließ die entscheidende Zeit ungenützt verstreichen und hielt sich, als P. in Phokis stand, mißtrauisch zurück; nur Gesandte schickte man an P.: Demosth. XIX 121ff. Aischin. II 137ff. So hatte sich Athen selbst ausgeschaltet. Da P. den Krieg im Namen der Amphiktionen geführt hatte, überließ er auch dem Amphiktionenrat die Entscheidung. Die zehnjährige Verheerung Mittelgriechenlands, die Ausplünderung des Tempels, die schweren Frevel bei der Eroberung der Städte verlangten natürlich eine exemplarische Strafe. Aber konnten die zurückgebliebenen Phoker dafür in vollem Maße verantwortlich gemacht werden? Aischines berichtet (II 142), daß die Oitaier beantragt hätten, alle erwachsenen Phoker als Tempelräuber hinzurichten. Gegen solche Maßlosigkeiten schützte P. das schwer heimgesuchte Land, dessen Schicksal auch ohnedies hart genug war. Die Phoker verloren ihre Stimmen im Amphiktionenrat an P.; sie sollten weder mit dem Heiligtum noch mit dem Rate irgendwelche Gemeinschaft haben. Sämtliche Städte der Phoker wurden zerstört und die Einwohner gezwungen, sich in Dörfern von höchstens 50 Häusern anzusiedeln. Der Besitz von Waffen und Pferden wurde ihnen versagt, bis sie in jährlichen Raten von 60 Talenten die geraubten Tempelschätze zurückerstattet hätten. Ihre Waffen sollten am Felsen zerschmettert und die Überreste verbrannt, die Pferde verkauft werden. Die Flüchtlinge der Phoker und der anderen am Tempelraub Beteiligten sollten verflucht und überall vogelfrei sein. Die Pythien sollte P. mit den Boiotern und Thessalern abhalten; die Korinthier, Athener und Spartaner waren ja Teilhaber an den Gesetzlosigkeiten der Phoker. (Die Stelle Diod. XVI 60, 2 am Schluß ist verderbt: Fischer z. St. 90. Schaefer II² 286, 2. Paus. X 8, 2). Als Oberhaupt der Amphiktionen erhielt P. die προμαντεία beim Orakel, die bisher den Athenern vorbehalten war: Demosth. IX 32. XIX 327. Die Thessaler erhielten wieder den Vorsitz im Rate: Demosth. V 23. VIII 65. XIX 318. Aischin. III 128 Schol. Auch erhielten sie Magnesia und Nikaia an den Thermopylen: Demosth. VI 22 und Schol.

Iustin. VIII 5, 4ff. berichtet über die Leiden, die Phokis durch die Plünderungen der Söldner zu erdulden hatte, und nach Demosth. XIX 65 bot die Landschaft ein Bild der Verwüstung, des Jammers und Elends. Doch fällt gewiß ein gut Teil der Schuld an diesem Zustande auf die zehn Jahre des Krieges und der Herrschaft der Soldateska der Tyrannen. Jedenfalls hat P., das schimmert selbst durch die Angaben des Demosthenes hindurch und wird auch von Schaefer 290 bestätigt, nach Möglichkeit das Schlimmste [2282] von dem unglücklichen Lande ferngehalten, während Demosthenes und die Lokalpatrioten seines Schlages nie vor Grausamkeiten gegen Hellenen zurückgeschreckt sind, wenn es im Interesse ihres Landes geboten schien. P. war durch die Rücksicht gegen seine Bundesgenossen gebunden; der Antrag der Oitaier zeigt ja, wozu die Rachsucht der kleinen Stämme fähig war. Besondere Schwierigkeiten bereiteten ihm die Ansprüche der Thebaner, die die Herrschaft über ganz Boiotien als ihr Recht ansahen; P. wäre im eigenen Interesse die Auflösung des Boiotischen Bundes lieber gewesen, und er hat deshalb nach der Behauptung des Demosthenes die sich scharf gegen Theben richtenden Vorschläge des Aischines (II 116f.) mit Wohlwollen aufgenommen. Aber er hat doch, um Theben nicht in die Arme Athens zu treiben, Thebens Forderungen nachgeben müssen. Nach Diod. XVI 58, 1 hielten sich die Städte Orchomenos, Koroneie und Kortiai zu Phokis. Diese Städte sind nach Demosth. V 21. VI 13. XIX 112. 141. 325 den Thebanern ausgeliefert und zerstört worden; die Bewohner wurden in die Sklaverei verkauft. Ob das Gesuch der Orchomenier auf freien Abzug von P. durchgesetzt werden konnte, geht aus Aischin. II 141 nicht hervor. Man glaubt nun, daß auch Diod. XVI 60, 1: ἐν Φωκεῦσι τριῶν πόλεων περιελεῖν τὰ τείχη κτλ. diese Städte gemeint habe, da ἐν Φωκεῦσι offenbar verderbt ist, und gewiß hat diese Vermutung viel für sich: Boehnecke Forsch. I 420f. Schaefer II² 287, 3. Aischines (II 141) behauptet, daß die Thebaner und Thessaler offen gegen P. aufgebracht waren, weil er ihren Wünschen nicht weit genug entgegenkam. Offenbar ist er also, was Demosth. V 22. VI 143. und nach ihm Schaefer 290 bezweifeln, doch von seinen Bundesgenossen, auf die er damals Rücksicht nehmen mußte, zu einem rücksichtsloseren Vorgehen gezwungen worden, als er selbst wollte. Nicht P. hat das phokische Volk ins Elend gebracht, und wenn die Athener, deren Gesandtschaft zu spät eintraf (Demosth. XIX 127), energisch für die Phoker bei den Thebanern und den anderen Amphiktionen eingetreten wären, hätten sie sicher mehr erreicht als die Abwehr des Antrags der Oitaier. Der Ausschluß der Athener aus der Amphiktionie wurde nicht beschlossen (vgl. Aischin. III 117f.), und darin sieht auch Schaefer 292 den Willen P.’, es mit Athen nicht zum Bruche zu treiben. Die Politik P.’ entsprach wohl dem makedonischen Interesse, aber grausam und herzlos kann man sie in diesem Falle nicht nennen.

Mit der Aufnahme des Königs in die uralte, um eins der ehrwürdigsten und angesehensten Heiligtümer geschlossene Eidgenossenschaft war P. nicht nur feierlich in die griechische Staatenwelt eingeführt, sondern er war jetzt unbestritten der erste Mann in Griechenland. Das zeigte sich sogleich bei der Siegesfeier, die er im Kreise zahlreicher Gesandtschaften, zu der auch die athenische mit Aischines gehörte, feierte: Demosth. XIX 128ff. Aischin. II 162f. Dabei wurden von den Amphiktionen Ehrengeschenke geweiht: Paus. X 13, 6. 15, 1. Plut. de orac. pyth. 15f. Alketas bei Athen. XIII 591 b.

Das Verhältnis P.’ zu Athen war noch nicht [2283] geklärt. In Athen selbst schwankte das Volk zwischen Demosthenes und den Makedonenfreunden hin und her. Während Aischines sich noch in Delphi befand, befiel den Demos Angst vor etwaigen Strafmaßnahmen P.’, und er beschloß, das flache Land zu räumen und die Bevölkerung hinter den Mauern zu bergen: Demosth. XIX 86f. 125. XVIII 36ff. Aischin. II 80. 139. Aber P. schickte wie versprochen die Kriegsgefangenen zurück: [Demosth.] VII 38 und rechtfertigte sein Vorgehen gegen die Phoker in einem Schreiben an den Demos: Demosth. XVIII 37ff. Trotzdem nahmen die Athener die Flüchtlinge aus Phokis und Boiotien auf: Demosth. V 18f. XIX 80. Aischin. II 142. Die Entscheidung fiel bei den Pythien 346, die unter P.’ Vorsitz mit besonderem Glanze gefeiert werden sollten: Demosth. IX 32. V 22. Paus. X 7, 8. Unter den erschienenen Festgesandtschaften fehlten diesmal die Athener. Sie hatten es nicht über sich gewinnen können, die vollendeten Tatsachen anzuerkennen; es war Verärgerungspolitik: Demosth. XIX 128. Immerhin konnte man ihr Fehlen als Protest gegen P.’ Aufnahme in den Amphiktionenrat auffassen, und P. sah ein, daß er ohne Minderung seines Ansehens diese Stellungnahme Athens nicht einfach hinnehmen durfte. Offener Krieg gegen Athen kam für ihn nicht in Frage, obwohl er sicher bei vielen seiner Bundesgenossen auf begeisterte Zustimmung gestoßen wäre. Er mußte auf die stärkste Seemacht Rücksicht nehmen und durfte sie nicht den Persern in die Arme treiben. Vielleicht würde es auch seinen Parteigängern in Athen noch gelingen, die Stadt zu einem loyalen Übereinkommen mit ihm zu bestimmen. Deshalb begnügte er sich, durch eigene Gesandte und Gesandte der Amphiktionen gegen das Verhalten Athens Einspruch zu erheben und Zustimmung zu seiner Aufnahme in den Rat zu fordern; zugleich legten die Amphiktionen Verwahrung gegen das freundliche Verhalten den flüchtigen Phokern gegenüber ein: Demosth. XIX 111. V 19. Dionys. ad Ammon. I 10. In Athen standen wie immer Leute auf, die zum Kriege hetzten; Aischines wurde niedergeschrien: Demosth. XIX 112f. Da hat Demosthenes seine ganze Beredsamkeit aufgeboten, um das Volk davon zu überzeugen, daß unter den gegebenen Tatsachen ein Krieg mit P., der alles aufs Spiel setzen mußte, ein Irrsinn sein würde (Demosth. V). So wurde der Krieg vermieden, und Athen mußte die neue Demütigung einstecken, P. als Mitglied des Amphiktionenrats anzuerkennen und in Zukunft sich wieder zu einer Festgesandtschaft zu verstehen: Aischin. III 113ff. Demosth. XVIII 149. XIX 65. Schwerlich ist die Annahme Schaefers (S. 301f), daß Athen lediglich den Streit über die vollendete Tatsache fallen ließ, ohne einen der Beschlüsse ausdrücklich anzuerkennen, und versprach, Apollon nach der Weise der Vorfahren zu verehren, richtig. Aus Demosth. XIX 132. 181 kann man kaum diesen Schluß ziehen, wenn man die üblichen rhetorischen Phrasen abrechnet; vgl. auch Demosth. XIX 113 und Aischin. II 167. Damit war die ablehnende Haltung Athens P. gegenüber beseitigt; Athen hatte ebenso wie Theben die Hegemonie P.’ in Mittelgriechenland respektieren [2284] müssen, und P. war durch die Beendigung des phokischen Krieges der mächtigste Mann in Griechenland geworden, der jederzeit in die griechischen Verhältnisse eingreifen konnte. Die endgültige Auseinandersetzung mit Athen konnte er auf eine gelegenere Zeit verschieben. Vor der Erreichung seines Zieles, der Einigung Griechenlands unter seiner Führung, mußte noch manche Schwierigkeit aus dem Wege geräumt werden. Gerade die Tatsache, daß P. die damalige günstige Gelegenheit, gegen das Perserreich vorzugehen, als es in allen Fugen krachte (vgl. Isokr. V 101ff. Beloch III 1², 525ff.), nicht ausnutzte, beweist seine Größe als Staatsmann. Ein Zug nach Kleinasien, ohne dessen Besitz ein griechisch-makedonisches Balkanreich nicht lebensfähig war (vgl. u. a. Demosth. X 32 mit Schol. Didym. ad Demosth. VI 55. VIII 30), mußte gründlich vorbereitet werden. Noch war die Grundlage für das erstrebte Reich nicht fest genug.

X. Kämpfe im Norden und Osten.

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Thessalien: 344 wandte sich P. zunächst gegen die Dardaner und Illyrier nördlich des Lychnitis. Er zog tief in ihr Land ein und sicherte die Grenze endgültig vor ihren Einfällen: Diod. XVI 69, 7. Iustin. VIII 6, 3. Trog. prol. VIII. Didym. ad Demosth. XII 64ff. Wir sahen oben, daß P. nach der Eroberung von Olynthos Herakleia in der Lynkestis gegründet hat. Diese Gründung war ihm bei diesen Kämpfen ein fester Stützpunkt. Es ist möglich, daß auch Herakleia Σιντική damals von P. gegründet wurde; es lag in der Nähe von Demir-Hissar (o. Bd. XIV S. 644). Durch diese Festung wurde die Ebene von Amphipolis und Philippoi gegen Norden geschützt, da sie die Stromenge des Strymon sperrte; sie paßt vorzüglich in die Reihe der Siedlungen von Herakleia Lynkestis bis nach Philippoupolis. Über die Verwundung P.’ in diesem Feldzug vgl. Ed. Meyer Kl. Schr. II 101ff.

Nach dieser Sicherung der nördlichen Grenzen wandte sich P. den thessalischen Angelegenheiten zu, wo sein Oberkommando mit dem Heiligen Krieg erloschen war. 344 wurde er hier zum lebenslänglichen Archon gewählt (τὴν πατροπαράδοτον ἡγεμονίαν, dux universae gentis): Diod. XVI 69, 8 zusammen mit XVII 4, 1. Iustin. XI 3, 2, nachdem er die Machthaber (τυράννους) aus den Städten vertrieben hatte — sie hatten also ihre Sache immer noch nicht aufgegeben —, vgl. Demosth. XVIII 48. Da er sich durch seine Kriegstaten große Beliebtheit bei den thessalischen Adligen erworben hatte (Diod. XVI 14, 2. 69, 8. Isokr. V 20. Demosth. XVIII 43), so gelang es ihm auch, an die Spitze der Tetrarchien Leute seiner Partei zu bringen (bei Demosth. VI 22 ist statt δεκαδαρχίαν τετραρχίαν zu lesen; vgl. Beloch III 1², 529, 3 gegen Schaefer II² 430, 2; außerdem Ed. Meyer Kl. Schr. II 107, 3. Busolt-Swoboda Griech. Staatsk. II 1489. Kaerst Hellenism. I³ 243, 2): Theop. F 208. Demosth. IX 26; Nach Demosth. IX 33: γράφει δὲ Θεσσαλοῖς ὃν χρὴ τρόπον πολιτεύεσθαι hat P. auch die Befugnis besessen, in die inneren Verhältnisse der Städte einzugreifen. Außerdem verfügte er über die Einnahmen: Demosth. I 22. VI 22. Iustin. IX 32, [2285] und hatte natürlich, was schon aus dem Zuge Alexanders hervorgeht, die Militärhoheit: Demosth. VIII 14. Diod. XVI 14, 2. Doch hielt er es noch für ratsam, in einzelne Städte, besonders nach Pherai, Besatzungen zu legen: Demosth. XIX 260. VII 32. IX 12. X 10. Immerhin war er bei Beschlüssen über Krieg und Frieden an die Bundesversammlung gebunden: Aischin. III 161. Demosth. XVIII 147. Über die Umwohner Thessaliens, vor allem Magneten und Perrhaiber, die P. zu untertänigen Bundesgenossen machte, vgl. Busolt-Swoboda 1488. Von diesem Zeitpunkt an ist Thessalien mit Makedonien fest vereinigt geblieben, wenn auch das Archontenamt nicht erblich war und nach außen stets die Selbständigkeit des Landes geachtet wurde.

XI. P., Athen und Persien.

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Da P. mit Sparta verfeindet und Thebens durchaus nicht sicher war, mußte er alles tun, um Athen bei guter Laune zu erhalten. Damals, etwa 345/44 (Beloch III 1², 533, 1), bot sich ihm eine Gelegenheit, sich Athen gefällig zu erweisen. Delos suchte sich durch einen Schiedsspruch der delphischen Amphiktionie der athenischen Herrschaft zu entledigen. Athen sandte Hypereides nach Delphi, und durch das Entgegenkommen P.’ fiel die Entscheidung zugunsten Athens aus: Demosth. XVIII 134. 79 (Hyper. frg. 67—75 Bl.); vgl. v. Schoeffer o. Bd. IV S. 2481. Allerdings würde die (undatierte) Verleihung des Bürgerrechts an den verbannten Delier Peisitheides gegen diesen Schluß sprechen, wenn sie mit Recht in das J. 344/43 gesetzt würde (Syll.³ 226). Aher schon Beloch hat (533, 1) darauf aufmerksam gemacht, daß damals kaum jemand wegen Anhänglichkeit an Athen aus Delos verbannt werden konnte. Also muß das Dekret in eine andere Zeit gehören, und die aus den andern Urkunden erschlossene Ablehnung des delischen Antrags in Delphi kann aufrechterhalten werden.

Im J. 344 brach Artaxerxes III. (vgl. Beloch III 2², 288ff.) mit dem Reichsheer zur Unterwerfung von Phoinikien und Ägypten auf und forderte Athen ebenso wie andere griechische Staaten auf, Hilfstruppen zu stellen. Während er in Theben und Argos offene Ohren fand, kam man in Athen zur Ablehnung. So große Vorteile die Freundschaft des Perserkönigs zu versprechen schien, namentlich als Rückendeckung gegen P., scheute man doch noch davor, dem Erbfeind die Hand zu bieten. Auch mochte dabei mitsprechen, daß die Wiedereroberung der phoinikisch-ägyptischen Küste nicht im Interesse Athens lag, das deshalb schon so oft die aufständischen Untertanen des Großkönigs unterstützt hatte. Auch von P. war damals eine Gesandtschaft in Athen: Diod. XVI 44, 1. Philipp. [Demosth.] XII 6. Didym. ad Demosth. VIII 5ff. Demarch X 34. Syll.³ 182 und Beloch III 1², 535, 1. Als dann durch die siegreiche Beendigung des königlichen Feldzugs das Perserreich wieder mächtig dastand, schlug die Stimmung in Athen um. Vielleicht fällt in diese Zeit auch der Abschluß des Bündnisses zwischen P. und Artaxerxes III.: Arrian. anab. II 14, 2. Sicher ist nur, daß es in die letzten Jahre vor dem Bruch mit Athen gehört, da offenbar Thrakien als makedonische Interessensphäre anerkannt war. Jedenfalls erkalteten die Beziehungen [2286] unter dem Einfluß des persischen Sieges und den Erfolgen P.’ im Norden sehr bald, und Demosthenes, der hieran den größten Anteil hatte (vgl. VI: 344. Dionys. ad Ammon. I 10), ging in die Peloponnes, um Bundesgenossen gegen P. zu gewinnen. Doch hatte seine Sendung keinen Erfolg, da Athen an Sparta festhielt und dieses daranging, Messenien und Megalopolis wieder unter seine Botmäßigkeit zu bringen. So waren diese Staaten gezwungen, sich an P. zu wenden. P. sandte Söldner und verlangte von Sparta die Anerkennung der Selbständigkeit Messeniens. Gleichzeitig beschwerte er sich bei Athen über dessen feindliche Haltung, und ebenso die mit ihm verbündeten peloponnesischen Staaten. Darauf erklärte sich Athen zur Neutralität in den peloponnesischen Streitigkeiten bereit. Anfang 343: Demosth. VI mit Hypoth. Theop. 171. 383. Demosth. XIX 261. Nach diesem Entgegenkommen bot P. durch den Gesandten Python wohlwollende Erwägung von Abänderungsvorschlägen zum Frieden des Philokrates: Demosth. VII 20ff. XVIII 136. VI 18. Wohl wußte Demosthenes, daß Athen noch in keiner Weise zu einem Kriege mit P. gerüstet war, aber er war doch entschlossen, jeder Annäherung Athens an den König entgegenzutreten, die seiner Politik widersprochen hätte. So trat er für eine Abänderung des Friedensvertrages ein, die für P. unannehmbar sein mußte: jeder Teil solle behalten, was ihm rechtmäßig gehöre: Demosth. [= Hegesippos] VII 23ff. Demosth. XVIII 136. XIX 331. Philipp. XII 20. Natürlich wurde darauf jede weitere Verhandlung eingestellt. Athen bekam die Folgen dieser Einstellung zu Makedonien bald zu spüren. P. wußte seinen Einfluß an einer der verwundbarsten Stellen für die attische Macht geltend zu machen, in Euboia. 343 rüstete sich P. zum Eingriff (Βιογρ. 315 Westerm.); er besetzte Porthmos und machte Kleitarchos, der schon 349 den eretrischen Tyrannen Plutarchos bekämpft hatte, zum Herrn in Eretria: Demosth. VIII 16. IX 33. 57f. X 8. XVIII 71. XIX 87. Diod. XVI 74, 1. Ebenso faßte er im Norden der Insel, in Histiaia-Oreos, festen Fuß. Diese Stadt wurde von Parmenion besetzt und Philistides das Regiment übertragen: Demosth. IX 33. 59ff. VIII 36. 59. X 9. XVIII 71 Schol. Aischin. III 85. Karystios frg. 2 (FHG IV 357). Schaefer II² 419f. Kahrstedt Forsch. 72f. Geyer Suppl.-Bd. IV S. 753. Auch in Elis und Megara griff der König damals ein; in Elis kam mit seiner Hilfe (Demosth. XIX 260. IX 27. Paus. IV 28, 4. V 4, 9) die Oligarchie ans Ruder, und ein Versuch der Demokraten, sich der Herrschaft wieder zu bemächtigen, wurde abgeschlagen: Diod. XVI 63, 4. Beloch III 1², 541. In Megara dagegen mißlang der Versuch der Festsetzung: Demosth. XIX 294f., obwohl P. den Makedonenfreunden ein Söldnerkorps zu Hilfe sandte. Es gelang Phokion, Nisaia überraschend zu besetzen und Megara zum Anschluß an Athen zu zwingen: Demosth. IX 17f. 27. XVIII 71. 237. 295. Plut. Phok. 15. Aischin. III 95.

Da durch diese Ereignisse auf beiden Seiten die Beziehungen zu P. endgültig abgebrochen waren, ging Demosthenes entschlossen gegen die Parteigänger P.’ vor, wobei Philokrates verurteilt, [2287] Aischines aber freigesprochen wurde (Demosth. XIX. Aischin. II).

Auch in Epeiros suchte P. seinen Einfluß jetzt endgültig zur Herrschaft zu bringen. Er vertrieb Arybbas und machte seinen Neffen Alexandros zum König: Diod. XVI 72, 1. Iustin. VII 6, 12. VIII 6, 7. Trog. prol. VIII. Beloch III 2², 291f.: 342. Arybbas ging nach Athen, wo er freundlich aufgenommen wurde: IG II² 266 = Syll.³ 228. Nach [Demosth.] VII 32 wurde damals die Kassopeia epeirotisch. P. hoffte, noch mehr zu erreichen. Der Besitz von Epeiros war erst gesichert, wenn auch die wichtigste Hafenstadt des ganzen Gebietes, Ambrakia, epeirotisch wurde und damit dem makedonischen Einfluß anheimfiel. Aber hier trat ihm Athen entgegen, da weder Ambrakia sich allein helfen konnte noch Korinthos zur Hilfe stark genug war (Demosth. IX 34). Athen schickte Truppen nach Akarnanien, während Demosthenes selbst sich nach Ambrakia begab: Demosth. XLVIII 24ff. XVIII 244. Obwohl P. mit den Aitolern einen Vertrag geschlossen hatte, in dem er ihnen Naupaktos versprach (Demosth. IX 34. Philoch. frg. 135. FHG I 406), wich er doch vor dem attischen Vorgehen zurück, zumal Athen auch die Peloponnes rebellisch machte: Demosth. IX 72. Hier wird uns als Gesandter ebenfalls Demosthenes genannt: Demosth. a. O. Aischin. III 97. Die Gesandtschaft hatte Erfolge; sie schloß Bündnisse mit Achaia, Mantineia, Argos, Megalopolis, Messene: Schol. Aischin. III 83. IG II² 225. Offenbar versprach Athen dafür Hilfe gegen Sparta. Mit Recht weist Beloch III 1², 546, 3 darauf hin, daß der Zug des Königs Archidamos nach Italien nur verständlich erscheint, wenn Sparta in der Peloponnes die Hände gebunden waren. Dies war um so mehr der Fall, als Argos, Megalopolis und Messene auch mit P. im Bunde blieben: Demosth. XVIII 156f., zugeich ein Beweis dafür, daß der attische Erfolg nicht allzu bedeutend war.

Auf dem Rückmarsch nach Makedonien (342) scheint sich P. nach Thessalien gewandt zu haben, wo ebenfalls eine attische Gesandtschaft gewirkt hatte: Schol. Aischin. III 83. Echinos, Nikaia und Antron, von wo Parmenion dann nach Histiaia hinüberging, wurden von makedonischen Truppen besetzt: Demosth. IX 34 mit Schol. Philipp. XII 4 mit Schol. Aischin. III 140. Dagegen ist, wie oben erwähnt, die Neuordnung Thessaliens bereits früher erfolgt (gegen Schaefer II² 430f.).

Da es nicht zweckmäßig war, jetzt, wo Persien wieder mächtig dastand, mit Athen zu brechen, versuchte P. noch einmal mit Athen zu einem Einvernehmen zu kommen. Er erklärte sich bereit, allen Griechen den Beitritt zu dem philokrateischen Frieden zu öffnen und Athen Halonnesos zu überlassen. Doch der Einspruch des Demosthenes, der Rückgabe der ihnen gehörigen Insel verlangte, machte eine Einigung unmöglich, und auch das Angebot eines Schiedsspruchs zwischen Kardia und den attischen Kleruchen scheiterte am Widerspruch des Demosthenes, 342: Aischin. III 83. Plut. Demosth. 9. Athen. VI 223 e. [Demosth.] VII 41f. Philipp. XII 11. Die fälschlich unter die Reden des Demosthenes [2288] aufgenommene Rede des Hegesippos, der als Gesandter in Makedonien war, περὶ Ἁλοννήσου (VII) verbreitet sich über diese Verhandlungen.

XII. 3. thrakischer Feldzug.

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P. selbst ging 342 nach Thrakien, dessen er bei der Erstarkung des Perserreiches unbedingt sicher sein mußte (vgl. Arrian. anab. II 14, 5). Die Veranlassung für einen Eingriff in die thrakischen Verhältnisse gaben ein Vorstoß des Kersobleptes τὰς ἐπὶ Θράκῃ πόλεις Ἑλληνίδας, worunter wohl die Städte am Pontos und Kardia zu verstehen sind, und der Streifzug des Diopeithes (343/42) in das thrakische Gebiet am Chersones, wobei er auch vor einer Grenzverletzung nicht zurückschreckte (Philipp. XII 2f.). Die Gefahr war um so größer, als Teres, der Sohn des Amodokos, der bisher auf P.’ Seite gestanden hatte, sich Kersobleptes anschloß (Phil. XII 8ff.) und hinter Diopeithes Athen stand (XII 2f.). P. ging σὺν πολλῇ δυνάμει vor, siegte in mehreren Schlachten und unterwarf die Thraker in den Tälern, die seitdem Abgaben (δεκάτας) zahlen mußten. Die hellenischen Städte waren nun bereit, mit ihm in ein Bündnis zu treten: Diod. XVI 71, 1f. Iustin. IX 2, 1. P. wird, wie Schaefer II² 446 wohl mit Recht vermutet, das Hebrostal aufwärts gezogen sein, Der Ruf seiner Siege drang über den Balkan, und der Getenkönig Kothelas brachte ihm mit Geschenken seine Tochter Getis (oder Meda) als Gattin: Satyros frg. 5. FHG III 161. Theop. F 216. Iordan. 10, 65. Steph. Byz. s. Γετία. An die offenen Feldschlachten schloß sich ein Kleinkrieg, in dem P. bisweilen auch den Kürzeren zog (Polyain. IV 2, 13). Die Überwinterung stellte seine Truppen vor schwere Entbehrungen. Aber unentwegt arbeitete P. an der Unterwerfung und Befestigung der einzelnen Orte: Demosth. VIII 44f., 36. Nach Demosth. VIII 2 (etwa März 341) dauerte der Feldzug damals schon zehn Monate. An Orten, die er als Stützpunkte befestigte, werden genannt: Drongilon (Δρόγγιλον), Kabyle, Masteira: Demosth. VIII 44. Anaximenes F 10 FGrH hat noch Basteira, Pisteira und Epimaston. In Kabyle (oder Kalybe) an der Tundscha siedelte er Sträflinge an, daher Πονηρόπολις: Theop. F 220. Anaxim. F 12. Strab. VII 320. Steph. Byz. s. Πονηρόπολις. Bei Plin. n. h. IV 41 wird Philippoupolis als Poneropolis bezeichnet, wohl P.’ bedeutendste Gründung in dieser Gegend: Steph. Byz. s. v. Dexippos F 27 FGrH (II A p. 470). Polyb. XXIII 8. Auch Bine wird als Strafkolonie bezeichnet: Etym. M. p. 197. Theophr. de lapid. II 12. P. verfiel infolge der Strapazen in eine Krankheit (Demosth. VIII 36) und mußte Verstärkungen aus Makedonien und Thessalien heranziehen: Demosth. VIII 14. So gelang es ihm schließlich in einem zweiten Feldzug, die thrakischen Könige abzusetzen und ihre Stämme botmäßig zu machen: Philipp. XII 8ff. Diod. XVI 71, 1f. Andere Stämme, wohl vor allem die Gebirgsbewohner, blieben selbständig: Arrian. anab. I 1, 6. VII 9, 3. Nach Iordan. a. O. scheint P. bis Odessos vorgedrungen zu sein (Schaefer II² 449). Von großer Bedeutung für P. war die Haltung von Byzantion und Perinthos; Byzantion fühlte sich schwer bedroht: Demosth. VIII 14 und lehnte wie die Nachbarstädte [2289] alle Anträge ab. Demosthenes mußte wohl die offene Unterstützung des Diopeithes, der den Frieden gebrochen hatte, fallen lassen, wußte aber die Athener zur Unterstützung seiner Streitmacht zu bewegen, da er den Krieg mit P. für unvermeidlich hielt und deshalb auf die Truppen nicht verzichten wollte. Der attische Demos wurde trotz seiner Friedenssehnsucht für die Entsendung von Geld und Verstärkungen im Frühjahr 341 nach dem Chersones gewonnen. P. antwortete auf diese Herausforderung mit einem drohenden Briefe, in dem er den Beginn von Feindseligkeiten in Aussicht stellte. Demosthenes behandelt diese Fragen in der Rede VIII (vgl. besonders 8. 16. 64): Liban. VIII p. 622f. Foerster. Schaefer 452f. Phil. XII 11. Auf die Verhältnisse in dieser Zeit der Vorbereitung auf den Krieg ist P. in dem späteren Brief eingegangen, den Pohlenz Herm. LXIV 41ff. in dem Stück XII des demosthenischen Corpus nachgewiesen und mit wertvollem Kommentar begleitet hat.

Noch 342 (vgl. Pohlenz 46, 2) entwickelte Demosthenes in der 3. Philippika (IX) sein Programm für den bevorstehenden Krieg. Für den Augenblick wurde das Volk gewonnen. Er selbst ging nach dem Hellespont und schloß Bündnis mit Byzantion und Abydos: Demosth. XVIII 302. Vita dec. orator. p. 291 Westerm. Vgl. orat. IX. Hypereides begab sich nach Rhodos und Chios und erwirkte das Versprechen, Hilfe zu leisten: Demosth. IX 71. Vita dec. orator. p. 315. Leider trat aber Demosthenes von hier aus auch mit dem Großkönig in Verbindung. Wenn auch Kahrstedt Forsch. 1ff. zu weitgehend Demosthenes dauernder Beziehungen zu den Persern beschuldigt (vgl. auch Drerup Stud. z. Gesch. d. Altert. VIII 3/4, 143ff.), so unterliegt doch keinem Zweifel, daß er es mit seinem Eintreten für die griechische Unabhängigkeit ohne weiteres für vereinbar hielt, den Erbfeind um Beistand gegen P. anzugehen. Die Gesandtschaft an den Perserkönig hatte aber keinen Erfolg, denn Artaxenes lehnte die Bitte ab, wie Athen vor drei Jahren sein Werben um Unterstützung in dem Kampfe um Ägypten: Demosth. IX 71. X 32ff. Aischin. III 238. Philipp. [XII] 6 (Pohlenz 48f.). Immerhin wurde behauptet, daß u. a. Demosthenes und Hypereides vom Könige Geld bekommen hätten: Vita dec. orator. p. 289. 312.

Konnte Demosthenes das Vorgehen des Diopeithes gegen P. und das Bündnis mit Byzantion als Vorteile für Athen buchen, so gelang es den Athenern damals auch, Euboia wiederzugewinnen. Ein athenisches Heer stellte in Histiaia-Oreos die demokratische Verfassung wieder her, und diese Stadt trat dann mit Chalkis und Eretria, wo Kleitarchos bald vertrieben wurde, zu einem Euboiischen Bunde zusammen, der wieder mit Athen in Bündnis trat. Da Karystos im Attischen Seebund blieb, war die wichtige Insel wieder ein Stützpunkt für Athen: 341. Näheres darüber Geyer Suppl.-Bd. IV S. 381. 442. 753. Athen ging dann zu offenen Feindseligkeiten gegen P. über: auf attischen Trieren gingen die Euboier zur Besetzung einiger Orte am Pagasaiischen Meerbusen über die See: Philipp. [XII] 5. Beloch III 1² 553, 3. Pohlenz 48. Kahrstedt [2290] Forsch. 72ff. Zugleich wurde von den Peparethiern die makedonische Besatzung in Halonnesos gefangengenommen: Philipp. [XII] 12f. In Athen selbst wurde jede makedonen- oder friedensfreundliche Regung niedergehalten (vgl. Aischin. III 223ff.). So war der Weg geebnet, um eine Koalition gegen P. zusammenzubringen. 340 konnten die Ergebnisse einer zweiten Gesandtschaft nach der Peloponnes festgestellt werden. Als Bundesglieder werden genannt: die Euboier, Megarer, Achaier, Akarnanen und die Peloponnesier: Aischin. III 95. 97f. 256; die Korinthier, Leukadier, Kerkyraier: Demosth. XVIII 237. 244. Weiter werden Vita dec. orator. p. 291 die Thebaner, Lokrer, Byzantiner, Messenier aufgeführt. Doch haben sich die meisten Peloponnesier vom Kampfe ferngehalten: Schaefer II² 488. Nach der Vita dec. orator. und Aischines sollte die Bundesflotte aus 100 Trieren bestehen, der 10 000 Mann zu Fuß und 1000 Reiter zur Seite stehen sollten. Die Kosten wollte man durch Umlagen aufbringen.

XIII. Belagerung von Perinthos und Byzantion.

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P. hatte inzwischen nach der Unterwerfung Thrakiens die Eroberung von Byzantion und Perinthos in Angriff genommen: Frühjahr 340. Seine Flotte ließ er in den Hellespont einlaufen und suchte ihre Fahrt vom Chersones aus zu sichern. Dabei schonte er das Land nach Möglichkeit, da die Athener ihre Kleruchen und den Strategen zum Kampfe aufgefordert hatten: Philipp. [XII] 16. Doch geht aus Demosth. XVIII 139 und Iustin. IX 1, 7 hervor, daß es ohne Feindseligkeiten nicht abging. Die Belagerung von Perinthos wurde mit allen Mitteln einer modernen Taktik durchgeführt. Nachdem Bresche gebrochen war, wurde Sturm auf Sturm versucht und auch die Flotte herangezogen: Philoch. frg. 135. Diod. XVI 75. Schaefer II² 501, 2. Aber es gelang den Byzantinern, Truppen und Geschütze in die Stadt zu bringen, als die Not aufs höchste gestiegen war. Dazu kam, daß die Perser die Festsetzung P.’ an der Propontis wenn möglich verhindern wollten und deshalb die Satrapen angewiesen wurden, Perinthos zu Hilfe zu eilen. So erschien in der Stadt ein Söldnerkorps, und auch Geld, Lebensmittel und Kriegsmaterial trafen ein. Da die byzantinischen Truppen unter der Führung der besten Strategen standen, entbrannte der Kampf um die Stadt aufs neue. Die Lage der Stadt auf einem Felsenrücken, an dem die Häuser sich emporzogen, erleichterte den Verteidigern die Abwehr der Stürme, obwohl P., der 30 000 Mann bei sich hatte, alles daransetzte, um die Mauern niederzulegen. Schließlich stand er vorläufig vom Kampfe ab, und während die Hälfte des Belagerungskorps vor Perinthos zurückblieb, versuchte er mit der anderen Hälfte Byzantion durch einen Handstreich in seine Gewalt zu bringen: Diod. XVI 74ff. Paus. I 29, 10. [Demosth.] XI 5. Arrian. anab. II 14, 5. Trog. prol. VIII. IX.

Athen hatte sich bisher mit Protesten begnügt, da man immer noch vor dem entscheidenden Schritte zurückschreckte. Das Vorgehen gegen Byzantion schien aber ein offener Friedensbruch; deshalb wurde die Stele mit der Friedensurkunde umgestürzt und beschlossen, eine Flotte zu bemannen: [2291] Sommer 340. Diod. XVI 77. Philoch. frg. 135. FHG I 406. Aischin. III 55. Vgl. [Demosth.] XI und Philipp. [XII]. Mit dem Erscheinen der attischen Flotte unter Chares wurde die Lage P.’ schwierig, wenn auch Chares nicht stark genug war, um den Bosporos vom Feinde zu säubern. So gelang es P. noch 180 Handelsschiffe, die beim Tempel des Zeus Urios vor Anker gegangen waren und auf attisches Geleit warteten, fortzunehmen und nach Byzantion zu fahren: Plut. Phok. 14. Didym. ad Demosth. X 45ff. Iustin. IX 1, 6. Hesych. Milesius FHG IV 151. Porphyr. FHG III 692. Demosth. XVIII 73. 139. Dionys. Byz. GGM II 92. Nach Plut. a. O. scheint das Mißtrauen gegen Chares ihn in seinen Operationen gehindert zu haben. Erst als eine zweite attische Flotte unter Phokion, verstärkt durch Trieren aus Chios, Rhodos und Kos, erschien, bekamen die Athener die Oberhand: Diod. XVI 77, 2. Plut. Phok. 14. IG II² 808. 809. Nach einer Niederlage bei den Bakchischen Klippen mußte die Flotte P.’ in den Pontos zurückweichen: Dionys. Byz. frg. 21. 41. GGM. II 30. 50. Hesych. Miles. a. O. Frontin. strateg. I 4, 13. Da Byzantion nun die See beherrschte, waren alle Anstrengungen P.’ vergebens (sein Ingenieur Polyeides: Schaefer II² 510; vgl. noch Polyain. IV 2, 4), und er mußte sich zur Aufhebung der Belagerung entschließen: Herbst 340. Die Flotte kam glücklich durch die Meerengen hindurch: Demosth. XVIII 87. Diod. XVI 77. Plut. Phok. 14. Hesych. Miles. 26ff. FHG. IV 151f. Steph. Byz. s. Βόσπορος. Polyain. und Frontin. a. O.; vgl. Geyer o. Bd. XIV S. 731.

Zunächst ließ P. noch Truppen vor Byzantion zurück, bis die Flotte in Sicherheit war. Diodors Behauptung: P. πρὸς Ἀθηναίους καὶ τοὺς ἄλλους Ἔλληνας ....συνέθετο τὴν εἰρήνην (XVI 77, 3) ist in bezug auf Athen und Byzantion falsch (vgl. Demosth. XVIII 230). Phokion benutzte die Rückfahrt zur Bedrohung von Küstenstädten und Verheerung des feindlichen Gebiets: Plut. Phok. 14. Aus Arrian. anab. II 14, 5 könnte man schließen, daß damals auch persische Truppen in Thrakien eingriffen; doch ist darüber keine Sicherheit zu gewinnen.

Zug zur Donau. P. führte seine Truppen von den belagerten Städten unmittelbar (339) zur Donau. Er mochte die Schlappe durch eine glückliche Unternehmung, die zugleich seine Truppen mit neuem Kampfesmut erfüllen sollte, ausgleichen wollen. Auch war es wichtig, die thrakischen Stämme von seiner Überlegenheit zu überzeugen. Der Skythenkönig Ateas soll noch während der Belagerung um P.’ Hilfe nachgesucht haben, dann aber, weil inzwischen die ihn bedrängenden Istrianer abgezogen waren, das makedonische Hilfskorps zurückgeschickt und überhaupt sein Gesuch abgeleugnet haben. Als P. dann eine Beisteuer zu den Kosten verlangt habe, habe Ateas alles abgelehnt und P. verhöhnt. Darauf habe P. den Kriegszug beschlossen und einen glänzenden Sieg über die Skythen davongetragen. Mit reicher Beute sei P. zurückgekehrt und habe auf dem Rückmarsch noch die Triballer besiegt: Iustin. IX 2. 3, 1ff. Obwohl Iustins Bericht sonst kaum bestätigt wird (vgl. etwa Aischin. III 128f. Diod. XVI 1, 5), wird er im [2292] allgemeinen der Wahrheit entsprechen; vgl. Trog. prol. IX. Übrigens fiel der König Ateas in der Schlacht: Lukian. makrob. 10. P. selbst hat eine schwere Verwundung am Schenkel davongetragen: Iustin. IX 3, 2. Demosth. XVIII 67. Didym. ad Demosth. XIII 2ff. Plut. de Alex. fort. I 9. Nicorescu Dakia II 1ff.

XIV. Vorbereitungen zum Kriege in Athen.

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Demosthenes hatte durch die Erfolge seiner Politik am Hellespont und auf Euboia in Athen das Heft ganz in die Hand bekommen und nutzte seinen Einfluß zur Vorbereitung des Krieges aus (vgl. Philipps Schreiben an die Athener [Demosth..] XII). Vor allem galt es der finanziellen Rüstung, und damals gelang es ihm endlich, die Überweisung des Theorikon an die Kriegskasse durchzusetzen. Die Kriegführung erschöpfte sich zunächst in kleinen Unternehmungen an der Küste, ohne daß Makedonien irgendwie schwerer darunter litt: Demosth. XVIII 145f. Plut. Phok. 14. 16. Zu Kampfhandlungen auf dem Lande kam es nicht, und auch von der Überlegenheit zur See machten die Athener keinen energischen Gebrauch; vgl. Demosth. XVIII 146.

Entscheidend war die Haltung Thebens, das jeden Angriff gegen Athen verhindern wie auch P. den Einmarsch in Attika öffnen konnte. Demosthenes, der thebanischer Proxenos war, hatte bereits seit der Zuspitzung des Verhältnisses zu P. alles darangesetzt, die alte Feindschaft zwischen Athen und Theben beizulegen. Ihm kam dabei zustatten, daß man in Theben trotz der Dienste, die P. ihnen durch die Niederwerfung der Phoker geleistet hatte, doch mit dem Könige zerfallen war, seit er den Thessalern Nikaia an den Thermopylen gegeben hatte: Aischin. III 140. [Demosth.] XI 4. Didym. ad Demosth. XI 40ff., und immer mehr zum Hegemon Griechenlands aufstieg. Andererseits war sich P. über die Bedeutung Thebens nicht im Unklaren, und er hatte alles getan, um Theben mit Athen zu verfeinden. 340 schien sich nun eine passende Gelegenheit zu bieten; hier braucht nur daran erinnert zu werden, wie es beinahe gelungen wäre, aus der Wiederherstellung eines delphischen Weihgeschenkes durch Athen einen Heiligen Krieg zu entzünden und so Theben zum Kampf gegen Athen zu zwingen. Doch verstand Aischines, den Pfeil aufzufangen und Amphissa in den Anklagezustand zu setzen: Aischin. III 107ff. Demosth. XVIII 149ff. Schaefer II² 532ff. Beoch III 1². 560ff. Cary Class. Quart. XX 186ff.

Demosthenes wußte die Begeisterung, die sich zunächst in Athen für den vor den Amphiktionen beschlossenen Feldzug gegen Amphissa regte (Aischin. III 125. Demosth. XVIII 143), zu dämpfen, um jede Möglichkeit eines Bruches zu vermeiden, da Theben mit Amphissa verbunden war: Aischin. III 125ff. So blieb Athen bei der außer der Zeit einberufenen Amphiktionenversammlung ebenso wie Theben zu Hause. Als Amphissa die Zusagen, die es einem amphiktionischen Heere gemacht hatte, nicht hielt (Aischin. III 128f.), wurde P. die weitere Führung des Krieges übertragen, obwohl er von der auf dem Skythenzug erhaltenen Verwundung noch nicht genesen war: Demosth. XVIII 151. Aischin. III 129. Inzwischen [2293] hatte Theben Nikaia besetzt: Didym. XI 44ff. P. folgte dem Rufe sofort und gelangte von Herakleia Trachinia aus ungehindert nach Mittelgriechenland, wo er Kytinion und Elateia in Phokis besetzte und dieses sogleich befestigte: Philoch. frg. 135. Didym. XI 40ff. Aischin. III 140. Demosth. XVIII 167. Diod. XVI 84, 1. Plut. Demosth. 18. Dieser kühne Vorstoß des Königs, der wie immer die Griechen vor die vollendete Tatsache stellte, erregte in Athen großen Schrecken; man alarmierte die Stadt und gab dem Landvolke durch Feuersignale Nachricht. Auf Antrag des Demosthenes wurde beschlossen, eine Gesandtschaft unter seiner Führung nach Theben zu schicken und diesem ein Bündnis gegen P. anzutragen. Die Bürger wurden zu den Waffen gerufen: Demosth. XVIII 169ff. Diod. XVI 84. P. schickte ebenfalls Gesandte nach Theben, das nun das Zünglein an der Waage wurde. Er verlangte Räumung von Nikaia, das den Lokrern angeboten werden sollte, und freien Durchmarsch nach Attika; im Falle des Anschlusses stellte er große Vorteile in Aussicht: Philoch. frg. 135. Didym. ad. Demosth. XI 40ff. Demosth. XVIII 211ff. Diod. XVI 85, 3. Plut. Demosth. 18. In Theben setzte die makedonenfreundliche Partei alles in Bewegung, um das Volk für P. zu gewinnen. Aber die Beredsamkeit des Demosthenes siegte, zumal er darauf hinweisen konnte, daß Theben durch einen Anschluß an P. für immer eine Macht zweiten Ranges werden würde, während ein Sieg Seite an Seite von Athen die gesicherte Herrschaft über Mittelgriechenland bedeuten würde. Athen war bereit, Theben, dessen Herrschaft über Boiotien es anerkannte, den Oberbefehl im Kriege zu überlassen: Demosth. XVIII 211ff. 239. Aischin. III 137ff. 142ff. Plut. Demosth. 17. 18. Iustin. IX 3, 5.

XV. Der Feldzug 338.

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P. versuchte seine peloponnesischen Bundesgenossen mobil zu machen, aber da sie auch der anderen Seite verpflichtet waren, blieben sie neutral: Demosth. XVIII 156f. 64. Theop. F 230f. Paus. IV 28, 2. V 4, 9. VIII 6, 2. 27, 10. VII 15, 6. So war er auf seine makedonischen und thessalischen Kräfte angewiesen; da ihm die beiden stärksten Mächte Mittelgriechenlands gegenüberstanden, war der Ausgang des Ringens durchaus nicht sicher. Deshalb knüpfte P. von neuem Verhandlungen an, die ohne das Dazwischentreten des Demosthenes vielleicht zu einem Übereinkommen geführt hätten. Aber der Athener stemmte sich allen Vermittlungsversuchen entgegen und wußte auch die Boiotarchen bei dem Kriegsbeschluß festzuhalten: Aischin. III 148ff. Plut. Phok. 16. Die Athener rückten in Boiotien ein, vereinigten sich mit den Thebanern und gingen dann nach Phokis vor, während zugleich Chares und Proxenos nach Amphissa geschickt wurden. P. unterlag in zwei Gefechten, der Einmarsch nach Boiotien blieb ihm verwehrt: Demosth. XVIII 215ff. Aischin. III 140. 142. Diod. XVI 85, 2. Polyain. IV 2, 8. Durch diese Erfolge wurde Demosthenes der unumschränkte Leiter der Operationen: Plut. Demosth. 18 a. E. Aischin. III 145f. P. beschloß nun, zunächst sich gegen Amphissa zu wenden, wo Chares isoliert stand. Er kam (Frühjahr 338) ungehindert über das Gebirge und schlug [2294] die Feinde vernichtend. Amphissa mußte sich ergeben und wurde zerstört. Auch Delphi und Naupaktos fielen in P.’ Hände: Aischin. III 146f. Diod. XVIII 56. Theop. F 235. Polyain. IV 2, 8. Strab. IX 419. 427. Beloch III 1², 567, 1. 2. Die vorzüglich ausgewählte, beinahe uneinnehmbare Stellung der Griechen hat Kromayer Antike Schlachtfelder I 139ff. gebührend hervorgehoben. Durch eine Kriegslist hat aber P. die Wachsamkeit der Griechen eingeschläfert und dann den überraschenden Vorstoß gegen Amphissa gewagt (Polyain. IV 2, 8). Der glänzende Erfolg erschütterte nun die Stimmung des Bundesheeres bedeutend, und zugleich waren jetzt dem Könige die Pässe südlich um den Parnassos in die boiotische Ebene geöffnet, die feste Stellung der Griechen also gefährdet. Natürlich nutzte P. diesen Vorteil mit gewohnter Meisterschaft aus und ließ fliegende Korps in den Rücken der griechischen Stellung vorgehen: Polyain. IV 2, 14. Kromayer 155, 2. Ganz Westboiotien lag dem Feinde offen, und von Naupaktos aus schien auch die Nordküste der Peloponnes bedroht. Da unter diesen Umständen der Zerfall des Bundes befürchtet werden mußte, gaben die griechischen Feldherren die Stellung bei Parapotamioi auf und zogen sich in die Kephissosebene zurück; sie waren jetzt zu einer Entscheidungsschlacht bereit, die ihnen noch allein die Oberhand über P. geben konnte. Der König hatte erreicht, was er wollte. Anfang Septembe3 338 kam es bei Chaironeia zur Schlacht. P. befehligte den rechten Flügel den Athenern gegenüber, während sein Sohn Alexander den linken Flügel gegen die Boioter führte. Im Zentrum der Feinde standen die Kontingente aus der Peloponnes. Alexander eröffnete den Angriff und durchbrach nach heftigem Kampf die feindliche Linie; die ,heilige Schar‘ der Thebaner wurde aufgerieben. Als das Zentrum durchstoßen war und die Athener, die bisher tapfer widerstanden hatten, im Rücken gefaßt wurden, löste sich auch hier alle Ordnung auf: Diod. XVI 85f. Polyain. IV 2, 2. 7. Frontin. II 19. Plut. Alex. 9; Camillus 19. Iustin. IX 3. Kromayer 158ff. Kaerst Hellenism. I³ 261ff. Beloch III 1², 567ff. Berve GG II 152ff. Soteriadis Athen. Mitt. XXVIII 311ff. XXX 113ff.

XVI. Die Ausnutzung des Sieges.

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Die staatsmännische Größe P.’ zeigte sich in der Ausnutzung des Sieges in hellstem Lichte. Er bewies, daß er sein großes Ziel, die Einigung Griechenlands unter seiner Führung, klar im Auge zu behalten verstand und nicht im Hochgefühl des Siegers den Maßstab verlor. Nur vorsichtige Schonung der Gegner konnte ihn sein Ziel erreichen lassen; rücksichtslose Niederwerfung hätte alles Erreichte in Frage stellen können. Boiotien lag schutzlos vor ihm, und Theben, das bisher über diese Landschaft geboten hatte, mußte sich in die Bedingungen P.’ fügen. Aber nur was im Interesse der makedonischen Politik unbedingt nötig war, legte P. der stolzen Stadt auf. So wurden Plataiai und Orchomenos wiederhergestellt, die Makedonenfeinde teils vertrieben, teils getötet und in die Kadmeia eine Besatzung gelegt: Paus. IV 27, 10. IX 1, 8. 37, 8. Iustin. IX 4, 6ff. Diod. XVI 87, 3. Die Regierung wurde [2295] in die Hände der Makedonenfreunde gelegt: Iustin. IX 4, 8. Arrian. anab. I 7, 11. Doch löste P. den Boiotischen Bund nicht auf; er hat nur dafür gesorgt, daß er ihm nicht mehr schädlich werden konnte: Busolt-Swoboda 1431, 4. Ebenso wichtig wie die Auseinandersetzung mit Theben war die Bereinigung des Verhältnisses zu Athen. Dabei befand sich Athen in einer weit günstigeren Lage, da es immer noch die stärkste Seemacht in der Aegaeis war und P. noch vor Byzantion der attischen Flotte gegenüber den Kürzeren gezogen hatte. Es mußte für Athen ein Leichtes sein, die Stadt gegen jede Belagerung zu halten, wenn man auch den Landbesitz aufgeben mußte. Deshalb war es verständlich, daß die Panik, die zunächst auch in Athen ausbrach (Demosth. XVIII 195. Lykurg, c. Leokr. 37ff. Beloch III 1², 569, 4), bald vernünftiger Überlegung wich und man daranging, die Stadt in Verteidigungszustand zu setzen: Lykurg, c. Leokr. 16. 39. 44. Demosth. XVIII 248. Hyper. frg. 278. Vita dec. orator. p. 278f. 291 Westerm. Plut. Phok. 16. Schließlich erfuhr man, daß P. gar nicht an Krieg mit Athen dachte, aus denselben Gründen, die wir schon oben dargelegt haben und die auch Alexander nach der Einnahme Thebens gelinde vorgehen ließ, sondern zur Verständigung bereit war. Die Friedensfreunde kamen ans Ruder, Phokion, der immer zum Frieden mit P. geraten hatte, bekam den Oberbefehl, und Demosthenes hielt es für das Beste, die Stadt zu verlassen: Plut. Phok. 16. Aischin. III 159. Dein. in Demosth. 80ff. P. bediente sich des Redners Demades, der bei Chaironeia in Gefangenschaft geraten war, um Verhandlungen einzuleiten; vgl. Suid. s. Δημάδης. Plut. Demosth. 10. Die Athener, denen vor allem das Schicksal der Gefangenen am Herzen lag, beschlossen, Gesandte an P. zu schicken, unter denen sich Phokion, Demades, Aischines befanden: Aischin. III 227. Demosth. XVIII 282ff. Plut. Phok. 17. Suid. s. Δημάδης. Nep. Phoc. 1. Theop. F 236. Die Bedingungen, die P. stellte, waren nach Lage der Dinge günstig, da er ja Athen gewinnen wollte. Athen behielt außer dem thrakischen Chersones seine auswärtigen Besitzungen, bekam Oropos und die Zusage der Freigabe der Gefangenen. Nur der Seebund mußte aufgelöst werden; an die Stelle solcher Sonderbunde sollte der allgemeine hellenische Bund treten; auch versprach der König, nicht über die attische Grenze vorzurücken: Diod. XVI 87, 3. Iustin. IX 4, 4. Aischin. III 57. 159. Demosth. XVIII 231. Polyb. V 10, 1ff. Das Volk nahm die Bedingungen an, und P. ließ die Gefangenen durch seinen Sohn Alexander ehrenvoll nach Athen bringen. Darauf erhielt der König in Athen eine Statue, Alexander das Bürgerrecht, die Makedonen Antipatros und Alkimachos Bürgerrecht und Proxenie: Iustin. IX 4, 1ff. Polyb. V 10, 4ff. Paus. I 9, 4. Plut. Demosth. 22. Arist. Panath. 178, 16. Hyper. frg. 77. Damit war endlich mit Athen ein modus vivendi geschaffen, der die Stadt zunächst an P. band. Weniger wichtig war die Unterwerfung der übrigen griechischen Staaten. Auch ihnen kam der König möglichst entgegen, da er seine bisherigen Feinde gewinnen wollte. Der Wiederaufbau der phokischen Städte war schon vor [2296] Chaironeia eingeleitet worden; die Zahlungen an Delphi wurden herabgesetzt: Syll.³ p. 313. Paus. X 3. 3. 33, 8. 36, 3. Schaefer III² 39. Nach Chalkis und Korinthos kamen Besatzungen: Polyb. XXVIII 3, 3. Plut. Arat. 23, ebenso nach Ambrakia: Diod. XVII 3, 3; sonst vgl. Ailian. var. hist. VI 1. Die Argiver, Messenier und Arkader waren neutral geblieben; P. stellte den Arkadischen Bund wieder her: Beloch III 2², 175f. Sparta hielt trotz der Verwüstungen des Landes durch P. an dem Widerstand fest; der König ließ sich diese Haltung des ohnmächtigen Staates gefallen, ohne gegen den alten Vorkämpfer von Hellas mit aller Schärfe vorzugehen, wie es später auch Alexander gehalten hat: Strab. VIII 365. Iustin. IX 5, 3. Plut. instit. Lacon. 42. Polyb. IX 33, 8. Arrian. anab. I 16, 7. Dagegen fielen Kynuria und die Küste an Argos, die Denthaliathis an Messene, die Skiritis und der Oberlauf des Eurotas an die Arkader: Paus. II 20, 1. III 26, 3. Liv. XXXVIII 34. Polyb. XXXI 1.

XVII. Charakteristik und Ziele P.’

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Nach Beilegung aller Streitigkeiten ging P. an den Aufbau Griechenlands, das jetzt endlich zu einer Einheit zusammengeschlossen werden sollte. Es erscheint notwendig, an dieser Stelle zunächst eine zusammenfassende Würdigung P.’ als Staatsmann und im Zusammenhang damit eine Betrachtung seiner Ziele einzuschalten. Hatte schon Theopompos (F 27) trotz seiner feindlichen Einstellung gegen P. die überragende Bedeutung des Königs gewürdigt, so ist die moderne Forschung fast einstimmig zu der Überzeugung gelangt, daß P. unter die größten Gestalten der griechischen Geschichte einzureihen ist. Dabei erscheint er gleich groß als Staatsmann wie als Feldherr. Auf dem militärischen Gebiete ist er in jeder Hinsicht der Schrittmacher seines großen Sohnes gewesen. In mühsamer Arbeit hat er der von Alexandros I. militärisch organisierten Adelsreiterei ein geschultes Fußvolk zur Seite gestellt. Zwar hatte allem Anschein nach bereits Archelaos das Bauernaufgebot zu einer stets verwendungsbereiten Infanterie umgeschaffen (vgl. Geyer o. Bd. XIV S. 712f.; Makedonien 85ff.), aber erst P. hat dieses Fußvolk zur Phalanx, einem 16 Mann tiefen Gewalthaufen, dessen erste sechs Glieder mit langen Sarissen bewaffnet waren, umgebildet und zugleich die Taktik der verbundenen Waffen ins Leben gerufen. Seine Schlachten zeichnen sich wie die Alexanders durch die geniale Verwendung der drei Truppenarten, Phalanx, Reiterei und Leichtbewaffnete, aus, und die Belagerungen von Perinthos und Byzantion zeigen uns die Ingenieurkunst bereits auf beachtlicher Höhe. Für die Einzelheiten sei auf Delbrück Kriegsgesch. I³ 167ff. Berve Das Alexanderreich I 103ff. Kromayer-Veith Heerwesen und Kriegführung 98ff. verwiesen.

Dieses makedonische Volksheer hat P. in Kämpfen im Norden und in Griechenland zu einem Kriegsinstrument ausgebildet, dem damals keine Truppe zu widerstehen vermochte. Meines Erachtens kann man auch an den Feldherrneigenschaften P.’ nicht zweifeln. Wenn Beloch (besonders III 1², 226. 257. IV 2, 2905.) die Erfolge des Königs und seines Sohnes in erster Linie dem Genie Parmenions zuschreibt, so muß man daran [2297] erinnern, daß dieser geniale Generalstabschef eigentlich eine Erfindung Belochs ist (vgl. Geyer Alex. d. Gr. [Lpz. 1925] 89f. Wilcken Alexander d. Gr. [1931] 60), der von seiner materialistischen Einstellung aus den großen Führergestalten der makedonischen Könige verständnislos gegenüberstand. Und wie Alexander seine Person nie geschont, vielmehr überall an der Spitze seiner Truppen in die Feinde eingehauen hat, so hat auch P. immer in vorderster Reihe gekämpft. Dafür zeugen seine zahlreichen Verwundungen (Isokr. epist. 2. Didym. ad Demosth. XII 36ff. Ed. Meyer Kl. Schr. II 103ff.). Diese an Tollkühnheit grenzende Tapferkeit war nicht nur der Ausfluß der Freude an Gefahr und Abenteuer, sondern in ihrer Kunst der Menschenbehandlung wurzelnde Politik und hat ihn wie seinen gleichgearteten Sohn nie an der Ausübung ihrer Feldherrnpflichten gehindert. Erst die Kameradschaft, die aus den gemeinsam überstandenen Gefahren und Strapazen heraus König und Volksheer umschlang, hat P. und später Alexander in die Lage versetzt, zur Erreichung ihrer Ziele an ihre Truppen bisher unerhörte Anforderungen zu stellen. Das Band der Treue knüpfte den Makedonen fest an seinen heldenhaften Kriegsherrn, der nichts von ihm voraushaben wollte, und schuf jene Schicksalsgemeinschaft, die erst durch den Untergang des Königtums und damit zugleich des Staates gelöst wurde. Wir können uns auf kein Quellenzeugnis stützen, wenn wir P. die selbständige Führung seiner Kriegszüge absprechen. Vielmehr hebt Demosthenes immer wieder in widerwilliger Bewunderung die großartige Einheitlichkeit hervor, die Politik und Kriegführung P.’ kennzeichnete. Und dazu gehört auch die Anlage seiner Feldzüge und Schlachten.

Die Ziele, die sich P. steckte, brauchen nur in ihren Grundzügen noch einmal hervorgehoben zu werden (vgl. etwa Geyer N. Jahrb. III [1927] 523ff.) Zunächst handelte es sich für ihn wie für die Besten seiner Vorfahren, etwa Perdikkas II. und Archelaos, darum, die Küsten und Hafenstädte Makedoniens von dem Druck Athens zu befreien und damit Herr auch über das Thrakische Meer zu werden. Nachdem er dies durch die Eroberung von Poteidaia, Amphipolis, Methone, Pydna, Olynthos erreicht hatte, trat als zweite Forderung die Bändigung der Barbaren im Norden, Westen und Osten an ihn heran, die eine ständige Gefahr für Makedonien waren. Daraus ist das Bestreben erwachsen, die Balkanhalbinsel bis zum Balkan und darüber hinaus bis zur Donau in sein Herrschaftsgebiet einzugliedern. Diesem Ziele dienten die zahlreichen Kriegszüge, die ihn von den obermakedonischen Seen bis zu den Meerengen und zur Donau führten. Seine Städtegründungen von Herakleia Lynkestos bis Philippupolis zeigen deutlich, daß er diese Gebiete dauernd unter seine Herrschaft bringen wollte. Aber schon die Befreiung der makedonischen Küste ließ ihn mit Athen zusammenstoßen, das auf die thrakischen Gestade nicht verzichten konnte und sich zugleich in seiner Stellung als beherrschende Seemacht bedroht sah. Und als P. dann die Städte an den Meerengen angriff, stieß er wieder auf Athen, das den Weg in den Pontos [2298] sich seiner Getreideversorgung wegen nicht versperren lassen konnte. P. mußte also zu irgendeiner Übereinkunft mit Athen kommen. Genau so wichtig war für den Herrn Makedoniens die Oberhoheit über Thessalien, das die Pässe von Griechenland nach dem Norden beherrschte. So wurde P. schon aus machtpolitischen Gründen zu einer Auseinandersetzung mit Griechenland gezwungen. Nun hatte er schon während seines Aufenthalts in Theben tiefe Einblicke in die Zerrissenheit der griechischen Staatenwelt tun können und diese Erkenntnis dann immer mehr vertieft. Es mußte ihm später nicht schwer erscheinen, durch geschickte Benutzung der Parteiungen allmählich einen großen Teil Griechenlands in das makedonische Interesse zu ziehen und so die Hegemonie auch über den Süden der Balkanhalbinsel vorzubereiten. Gewiß war der Ausbruch des Heiligen Krieges, der ihm die Pforten zu Mittelgriechenland öffnete, nicht vorherzusehen. Aber auf der anderen Seite konnte er auch nicht ahnen, daß ihm in der Person des Demosthenes ein so zäher Verteidiger des Partikularismus entgegentreten würde. Es wurde ihm immer klarer, daß sein Balkanreich ohne Griechenland nicht zu sichern war. Ebenso zwingend wie diese machtpolitischen Erwägungen waren aber für P. die kulturellen Beziehungen zu Griechenland. P. und Alexander waren und fühlten sich der Bildung nach als Griechen; dafür spricht schon allein die Berufung des Aristoteles zum Erzieher des Kronprinzen. Eine Loslösung Makedoniens von der griechischen Kultur hätte zur geistigen Verarmung geführt. Nur die dauernde Berührung mit den Griechen konnte die Makedonen über die nördlichen Völker herausheben und sie zur Führung eines Balkanreiches befähigen. Und jedenfalls war es die beste Lösung, wenn der Makedonenkönig zugleich Führer Griechenlands wurde (vgl. Geyer N. Jahrb. III 523ff. Berve GG II 145ff. Wilcken S.-Ber. Akad. Berl. 1929, 295f Hier könnte man auch auf Momigliano 133ff. verweisen).

XVIII. P. und Isokrates. Der Hellenische Bund.

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In Griechenland kam diesem Bestreben eine Bewegung entgegen, die in der Abhängigkeit von dem persischen Erbfeind eine Schmach sah und deshalb eine griechische Einheitsfront durch Aussöhnung der Gegensätze schaffen wollte. Ihr Führer war Isokrates, dessen politische Bedeutung erst neuerdings ins rechte Licht gestellt wurde; vgl. besonders Wendland GGN 1910. Beloch III 1², 522ff. Ed. Meyer Kl. Schr. II 103ff. Wilcken S.-Ber. Akad. Berl. 1929, 291ff. Momigliano 183ff. Nachdem er erkannt hatte, daß an eine Versöhnung der führenden Mächte für einen Nationalkrieg gegen Persien nicht zu denken war, suchte er im Bereich der griechischen Welt nach einem überragenden Führer, dem der Zusammenschluß Griechenlands zu diesem Zweck gelingen könnte. Ihn glaubte er endlich in P. gefunden zu haben. 346 gab ihm der Philokrateische Friede die Gelegenheit, dem Könige im Φίλιππος (Isokr. V) sein Programm zu unterbreiten und ihn zur Ausführung desselben anzuregen. Offenbar hat diese Schrift, so wenig makedonisch sie P. auch anmuten mochte, doch auf ihn Eindruck gemacht. [2299] Er erkannte, daß die Gedankengänge des griechischen Patrioten seinen Plänen entgegenkamen (Wilcken 295ff.)- Sie zeigten ihm die Möglichkeit, seine makedonische Politik den Griechen schmackhaft zu machen und sie unter hellenischer Flagge zu einigen. Nach Chaironeia war es von besonderer Bedeutung, in welcher Form die griechische Staatenwelt an Makedonien angeschlossen wurde. Offenbar hat P. den Gedanken, dies möglichst schonend unter dem Deckmantel eines panhellenischen Nationalkrieges zu bewerkstelligen, von Isokrates übernommen. Wilcken hat schlagend nachgewiesen, daß dagegen die Motivierung dieses Krieges als eines Rachekrieges für die Frevel des Xerxes von P. selbst stammt. Hatte er noch um 342 einen Vertrag mit Artaxerxes III. über Thrakien (s. o.) abgeschlossen, so machten ihm die Unterstützung von Perinthos durch den Großkönig und der Versuch des Demosthenes, diesen für Athens Ziele zu gewinnen, bald darauf klar, daß sein Balkanreich stets von Asien her bedroht war, solange sich die Küste Kleinasiens in persischen Händen befand. Damals ist ihm der Entschluß gekommen, als Hegemon der Griechen die Perser zu bekriegen. Als Realpolitiker lagen ihm zwar die Welteroberungspläne seines Sohnes fern; aber der Besitz der kleinasiatischen Küsten mußte ihm außerordentlich erwünscht erscheinen. Vielleicht kann man aus dem bekannten Ausspruch Parmenions, des Vertreters der philippischen Tradition im Gefolge Alexanders, bei Arrian. II 25, 2 schließen, daß P. unter Umständen sein Reich bis an den Euphrat auszudehnen nicht abgeneigt gewesen wäre (vgl. Momigliano 183ff.).

Hellenischer Bund. Vgl. das oben angeführte Buch von Hampl Die griech. Staatsverträge S. 34ff. und 89ff. Nach Chaironeia war die nächste Aufgabe P.’ die Organisation Griechenlands unter seiner Führung. Er berief daher die Abgesandten aller griechischen Staaten zu einem Synhedrion (κοινὸν συνέδριον) nach Korinthos, und nur die Spartaner wagten, dem Rufe nicht zu folgen: Diod. XVI 89, 2f. Iustin. IX 5, 1ff. Wilcken hat S.-Ber. Akad. Münch. 1917, 10. Abh. nachgewiesen, daß nach den Quellenzeugnissen in Korinthos zwei Sitzungen stattfanden, zunächst eine konstituierende, in der die Gründung des Hellenischen Bundes beschlossen wurde, und die erste Geschäftstagung, die mit der Proklamation des Rachezuges gegen Persien endete. Während Wilcken den Bund als eine συμμαχία bezeichnet, sehen andere Forscher in ihm eine εἰρήνη. In eingehender Untersuchung kommt Wilcken (S.-Ber. Akad. Berl. 1929, 299ff.) zu dem Ergebnis, daß der Hellenenbund ein auf der συμμαχία aufgebauter Staatenbund sei (S. 305, 3). Diesen Staatenbund, der an sich frei und souverän ist, verband P. durch Personalunion mit Makedonien oder besser gesagt mit seiner Person, die als ἡγεμών die Leitung der äußeren Politik in der Hand hatte. Demgegenüber hat Schehl Österr. Jahresh. XXVII 115ff. gezeigt, daß die κοινὴ εἰρήνη der Symmachie zeitlich vorangeht; der Friede beendigte den Kriegszustand und wurde von den friedenschließenden Mächten beschworen. Um für den bevorstehenden Entscheidungskampf mit [2300] Persien an den griechischen Staaten einen Rückhalt zu haben, brachte P. dann eine auf der κοινὴ εἰρήνη beruhende Symmachie zustande, wobei zweifelhaft bleibt, ob alle Staaten, die den Frieden unterzeichnet hatten, auch der Symmachie beitraten (S. 144f.). Da es unmöglich ist, an dieser Stelle beide Anschauungen in aller Gründlichkeit zu prüfen, für die Bedeutung des Werkes P.’ eine solche mir auch überflüssig erscheint, heben wir nur das Ergebnis hervor, zu dem beide Forscher gelangt sind: P. hat es in meisterhafter Weise verstanden, in Griechenland einen dauernden Frieden herzustellen und die griechischen Staaten zu einer Symmachie um sich zu scharen. Über die Stellung des Synhedrions im Hellenischen Bunde verweise ich auf Wilcken 1929, 307ff.: nach dem Bundesvertrag stand der Bundesrat selbständig neben dem Hegemon (über die Stellung des ἡγεμών vgl. noch Scheele Στρατηγὸς ὕπατος, Diss. Lpz. 1932, 12ff.), der lediglich Sitzungen berufen und Anträge stellen konnte, aber auf die Beschlußfassung keinen Einfluß hatte. Schon der Perserkrieg wurde auf einen Antrag P.’ vom Synhedrion beschlossen. P. hat aber unter größter Schonung der Einzelstaaten sein Ziel zu erreichen gewußt. Ihm genügte es, durch seine tatsächliche Macht auf die Entschlüsse des Bundesrates einzuwirken; er glaubte, keine ihm unangenehme Politik befürchten zu müssen, wenn er dem Bundesorgan theoretisch die Entscheidung über Krieg und Frieden überließ.

Schwahn hat Klio 21. Beiheft die Inschrift Syll.³ 260 b behandelt, nachdem A. Wilhelm S.-Ber. Akad. Wien 1911 nachgewiesen hatte, daß sich die Urkunde auf den Korinthischen Bund bezieht. Schwahn wollte nun den Beweis führen, daß die erhaltene Liste eine ,Heeresmatrikel‘ sei und sich nach dem Aufgebot die Zahl der Stimmen im Bundesrat richtete. Nach ihm zählte der Bundesrat insgesamt 97 Stimmen, wovon beinahe die Hälfte (48) auf die nord-west- und westgriechischen Gebiete, meist Gebirgskantone unter makedonischem Einfluß, entfielen. Dieser Annahme kann ich nicht zustimmen, da nach ihr die größeren Staaten wie Athen, Argos, Korinthos, Boiotien, Arkadien, Elis u. a, nur etwa je 5 Stimmen erhalten hätten, während Thessalien, dessen Herr P. war, 10 Stimmen besessen haben soll. Diese Ordnung wäre einer Majorisierung der bedeutenderen Staaten gleichgekommen, anstatt sie mit der makedonischen Hegemonie auszusöhnen. Wir wissen nicht, was in dem verlorenen Teil der Inschrift stand, und können nur sagen, daß das erhaltene Verzeichnis ein Aufgebot der nordgriechischen Stämme darzustellen scheint; in welches Verhältnis es zu den Grundordnungen des Korinthischen Bundes zu bringen ist, bleibt dabei unbestimmbar. Vgl. noch Geyer Philol. Woch. 1932, 136ff.

XIX. P.’ Stellung als König.

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Daß P. die Stellung im Korinthischen Bund als König Makedoniens einnahm, wenn auch nach griechischem Brauch nur sein Name genannt wird, sollte keinem Zweifel unterliegen. Nun hat aber Hampl Der König der Makedonen, Lpz. 1934, zu beweisen versucht, daß P. ebenso wie sein Sohn Alexander seine Kriegszüge und Eroberungen [2301] im eigenen Namen, d. h. also als Privatmann, durchgeführt habe. Dazu ist folgendes zu sagen (vgl. Geyer Philol. Woch. 1936, 118ff.): Wir können den antiken Quellenzeugnissen zur makedonisch-griechischen Geschichte keinen Aufschluß über die staatsrechtliche Stellung des makedonischen Königs entnehmen. Für die antiken Historiker steht der König im Mittelpunkt des Geschehens, und das Volk tritt genau wie in der Geschichte des Mittelalters vollständig zurück. Daher ist es selbstverständlich, daß dem Könige auch die Friedensschlüsse und Bündnisse allein zugeschrieben werden, daß er über die eroberten Länder verfügt und sein Volk im Amphiktionenrat und im Hellenischen Bunde vertritt. Das beweist in keiner Weise, daß die Makedonen, die unter P.’ Führung auszogen, aus kriegswilligen Freien bestanden, die nur durch Sold und Belohnungen gelockt wurden (S. 60); vielmehr hat er als Heerkönig über seine Gefolgsmannen genau so unbedingt verfügt wie die germanischen Heerkönige der Völkerwanderungszeit. Wie P. nach dem Tode seines Bruders nach makedonischem Recht als ἐπίτροπος die Regentschaft übernahm (nirgends wird uns eine Mitwirkung der Heeresgemeinde dabei bezeugt), so kann man auch aus Iustin. VII 5, 9 nicht auf eine Mitwirkung des Volkes bei der Annahme des Königstitels schließen. Die alten Rechte der makedonischen Volksgemeinde, auf die vor allem Fr. Granier Die makedonische Heeresversammlung, Münch. 1931, hingewiesen hat, sind unter P. nicht in Erscheinung getreten. Auch in bezug auf die Eroberungen P.’ sind die Ausführungen Hampls (S. 22ff.) verfehlt. Er sucht den Quellen zu entnehmen, daß die für Makedonien so wichtige Einnahme der Küstenstädte lediglich den persönlichen Besitz P.’ vergrößert habe. Für Amphipolis z. B. ist meines Erachtens erwiesen (vgl. die Zitate bei Hampl 26f.), daß die Amphipoliten in ihrer Gesamtheit in den makedonischen Staatsverband aufgenommen wurden: Der Hauptbeweis hierfür ist das Bestehen einer Ile von Amphipolis (Arrian. anab. I 2. 5. Berve Alexanderreich I 105), da unmöglich aus den auf dem eroberten Gebiete angesiedelten Hetairen die Schwadron (150 Mann) aufgestellt sein kann. Hinzu treten noch die Ilen von Apollonia und Anthemus, zusammen also 450 Mann, während nach Theop. F 225 a. b im ganzen nur 800 Hetairen angesetzt worden sind. Von den übrigen griechischen Städten gibt Hampl selbst zu, daß wir die Angaben der Quellen hierfür kaum verwerten können. Wenn Hegesippos ([Demosth.] VII 41) sagt, daß P. auf der Chersones große Gebiete in persönlichen Besitz nahm und anderes an Gefolgsleute vergabte, so hat er nur von seinem königlichen Rechte, über das eroberte Land nach freiem Ermessen zu schalten, Gebrauch gemacht (vgl. Philol. Woch. 1936, 120). Dasselbe gilt für die Quellenstellen über Poteidaia und Olynthos wie über Thrakien; nur durch gewaltsame Interpretation kann man herauslesen, daß aller eroberte Boden in P.’ persönlichen Besitz überging, mit dem das makedonische Volk nichts zu tun hatte, daß P. die Kriegszüge aus eigener Tasche finanzierte, kurz, seine ganze Politik als Privatmann durchführte. Nur bei [2302] einem Angriffskrieg gegen Makedonien sei das makedonische Volk zur Heeresfolge verpflichtet gewesen; schon der Versuch, in jedem Fall den Angreifer festzustellen, verwickelt in größte Schwierigkeiten. War nicht P. in den meisten seiner Kriege der Angegriffene, ergriff er nicht nur deshalb die Offensive, weil er den Hieb für die beste Parade hielt? Als König seines Volkes war die Befreiung des Landes von allen Fesseln und seine Sicherung nach allen Seiten seine Pflicht, und trotzdem soll er kein Recht dazu gehabt haben, zur Erfüllung dieser nationalen Pflicht seine Gefolgsmannen bis zum letzten aufzubisten? Wenn man versuchen würde, die gesamte alte Geschichte nach den Hamplschen Grundsätzen durchzuarbeiten, würde man zu ganz merkwürdigen Ergebnissen gelangen (vgl. Momigliano Athenaeum 1934).

XX. Letzte Jahre.

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Wie ernst es P. mit der Durchführung des Perserkrieges nahm, geht aus den Vorbereitungen zur Heerfahrt hervor. Da die Forderung auf Herausgabe der kleinasiatischen Griechenstädte abgelehnt wurde (Diod. XVII 24, 1), schickte der König wohl im Frühjahr 336 10 000 Mann unter Führung Parmenions und des Attalos über den Hellespont voraus: Diod. XVI 91,1. Iustin. IX 5, 8. Trog. prol. IX Curt. VII 1, 3. Polyain. V 44, 4. Der Zeitpunkt des Angriffs war günstig, da Artaxerxes III. 338 gestorben war und Bagoas 336 auch seinen Sohn Arses beseitigt hatte. Der neue König Dareios III., der Bagoas den Giftbecher zu trinken zwang, besaß bei weitem nicht die Energie des Ochos und mußte sich auch den Statthaltern gegenüber erst durchsetzen. Auch der Oberbefehlshaber an der kleinasiatischen Küste Mentor scheint damals gestorben zu sein (Beloch III 1², 603, 3). So traten den makedonischen Truppen zunächst keine feindlichen Abteilungen gegenüber, und die ersten griechischen Städte empfingen die Makedonen als Befreier: Kyzikos Diod. XVII 7, 3. Polyain. V 44, 5; Ephesos Arrian. anab. I 17, 10; Chios Syll.³ 283; vgl. Arrian. anab. III 2, 5. Pixodoros von Karien bot seine Tochter P. für seinen Sohn Archidaios an: Plut. Alex. 10.

Zum Zuge nach Kleinasien aber sollte P. nicht mehr kommen. Er hatte 337 Kleopatra, aus vornehmen makedonischem Geschlecht, Nichte des Attalos, zu seiner rechten Gemahlin erhoben, da er sie anders nicht sein eigen nennen konnte (vgL Staehelin o. Bd. XI S. 734f. unter Nr. 12). Darauf verließ Olympias mit ihrem Sohn Alexander den Hof; sie selbst ging nach Epeiros, während Alexander sich nach Illyrien begab: Satyr, frg. 5 FHG III 161. Plut. Alex. 9f. Arrian. anab. III 6, 5. Iustin. IX 5, 9. 7, 1—5. P. kam seinem Sohne, den er immer als den Thronerben betrachtet und behandelt hatte, entgegen, und dieser kehrte nach Pella zurück. Seinen Schwager Alexandros von Epeiros vermählte er mit seiner Tochter Kleopatra (s. Staehelin o. Bd. XI S. 735f. unter Nr. 13). Bei dieser Hochzeit zu Aigai wurde P. von Pausanias, einem Offizier seines Stabes, ermordet; der Mörder wurde von den Verfolgern zusammengehauen: Diod. XVI 91—94. Iustin. IX 6 Paus. VIII 7, 6. Plut. apophth. Phil. 30. Näheres im Art. Pausanias; vgl. Droysen Hellenism. I² 98ff. [2303] Koehler S.-Ber. Akad. Berl. 1892, 497ff. Willrich Herm. XXXIV 174ff. — Für die Münzen P.’ kann jetzt auf Gaebler Die antiken Münzen Nordgriechenlands III 2, Berl. 1935, S. 162ff. verwiesen werden.

Familie: Gemahlin Olympias, Tochter des Königs Neoptolemos von Epeiros (Paus. I 11, 1. Iustin. VII 6, 10). Sohn aus dieser Ehe Alexandros III. (s. d.), Tochter Kleopatra (s. o. Bd. XI S. 735 Nr. 13). Zweite Gemahlin Phila aus dem Geschlecht der Fürsten der Eleimiotis (Satyros frg. 5. FHG III 161). Als Nebenfrauen werden genannt: Audata = Eurydike (Satyros a. O. Arrian. τὰ μετὰ Ἀλεξ. 22: Tochter Kynna oder Kynane (Suppl.-Bd. VI S. 209B.), wohl eine illyrische Fürstentochter, nach Beloch III 2², 69 Tochter oder Enkelin des Bardylis; Philinna aus Larisa und Nikesipolis aus Pherai (Satyros a. O.: Sohn der ersten Arrhidaïos); Getis oder Meda, die Tochter des Getenkönigs Kothelas (Steph. Byz. s. Γετία. Satyros a. O. Iordan. X 65. Theop. F 216). Nach der Verstoßung der Olympias heiratete P. dann Kleopatra (Bd. XI S. 734f. Nr. 12), die ihm einen Sohn oder eine Tochter schenkte; vgl. zu dem ganzen Abschnitt Beloch III 2², 68ff. — Über P.’ illegitime Nachkommenschaft vgl. Iustin. IX 8, 3.

Außer der bereits zitierten Literatur sei noch erwähnt: Picard Cambr. Anc. Hist. VI 204—272; Demosthenes and the last days of Greek freedom, London 1914. Clemenceau Demosthène, Paris 1924. Cloché Demosthène et la fin de la démocratie athénienne, Paris 1937 (mir nicht zugänglich).

[Geyer. ]