RE:Fiscus
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Korb zur vorübergehenden Geldaufbewahrung, kaiserliche Kassen | |||
Band VI,2 (1909) S. 2385–2405 | |||
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Fiscus.
1. Begriff.
Man gebrauchte in der republikanischen und der ersten Kaiserzeit das Wort F. zur Bezeichnung eines Korbes, in welchem größere Summen Geldes eingepackt wurden, und zwar vorübergehend, nicht zu längerer Aufbewahrung. In mehreren fisci nimmt der Kaufmann das Geld mit (Sen. ep. 119, 5), in ihnen hält man das zur Verteilung bestimmte Geld (Suet. Claud. 18. Cic. Verr. act. I 22. 24) und wird auch das deponierte Geld aufbewahrt (Lex rep. 67–68. Senec. dial. V 33, 2–3, vgl. Cic. ad Q. fr. III 4, 5). In Körben halten auch die Provinzialmagistrate das zu ihrer Disposition stehende Geld (Tac. ann. I 37. Cic. Verr. III 197); die von Augustus parat gehaltenen Gelder nennt Suetonius (Aug. 101) summa confiscata (Näheres darüber s. bei Longpérier Rev. arch. 1868, 160ff. Brinz S.-Ber. Akad. Münch. 1886, 471ff. Mommsen St.-R. II3 998, 1. Hirschfeld Verwaltungsbeamte2 2, 3).
Daher nennt auch Augustus in seinem breviarium totius imperii die Kassen der zu seiner Disposition stehenden Gelder fisci, hauptsächlich wohl die Kassen der von ihm verwalteten Provinzen (Suet. Aug. 101: quantum pecuniae in aerario et fiscis et vectigaliorum residuis), und F. heißt unter Tiberius die Kasse der Provinz Gallia, einer der wichtigsten unter den kaiserlichen Provinzen (f. Gallicus CIL VI 5197).[1] Später gegründete Kassen der von den Kaisern verwalteten Staatseinkünfte bekommen denselben Namen, wie der seit Claudius bezeugte f. libertatis et peculiorum (vgl. auch den gleichzeitigen f. castrensis) und die späteren wohl erst von den Flaviern gegründeten fisci – Alexandrinus, Asiaticus, Iudaicus (vgl. auch den gleichzeitigen f. frumentarius). Noch unter Severus heißt die Kasse des kaiserlichen Patrimoniums in der Senatsprovinz Baetica und in der Tarraconensis f. rationis patrimonii provinciae Baeticae (s. Dressel CIL XV 560ff).[2] Die Gesamtheit der kaiserlichen Kassen wird daher vom Senat noch unter Hadrian als fisci bezeichnet (CIL VI 967.[3] Hirschfeld Verwaltungsb.2 2, 4).
Alle diese Kassen zusammenfassend redet man aber schon in ziemlich früher Zeit von einem kaiserlichen F., worunter man die kaiserliche Kasse überhaupt versteht. Für die Zeit vor Claudius haben wir allerdings keine authentischen und gleichzeitigen Zeugnisse, denn Tacitus und Suetonius reden wohl vom Standpunkte ihrer Zeit, wo sie in der Zeit des Augustus oder des Tiberius vom F. als der kaiserlichen Kasse sprechen (s. Hirschfeld Verwaltungsb.2 2, 4; Suet. Aug. 40 kann auch der f. Gallicus gemeint sein). Seit Claudius aber wird der Ausdruck gang und gäbe. Zwar ist es mir zweifelhaft, ob Seneca in der bekannten Stelle (de benef. VII 6, 3: Caesar omnia [2386] habet, fiscus eius privata tantum ac sua, et universa in imperio eius sunt, in patrimonio propria, vgl. Plin. n. h. XVIII 114) unter F. ,die sämtlichen der kaiserlichen Verfügung unterstehenden Gelder‘ versteht (Hirschfeld Verwaltungsbeamte2 4, 1) – mir scheint Seneca von der privaten Kasse des Kaisers zu reden, indem er diesen privatrechtlichen Begriff der Allmacht des Kaisers im politischen Sinne gegenüberstellt –, aber Plinius der Ältere z. B. redet schon eine ganz unzweideutige Sprache, n. h. XII 113: seritque nunc eum (balsamum) fiscus, oder VI 84: Annius Plocamus ... maris Ruberi vectigal a fisco redemit. Ob aber dieser Ausdruck schon in dieser Zeit offiziell ist, bleibt mir sehr zweifelhaft. Merkwürdigerweise begegnen wir ihm in der kaiserlichen Finanzverwaltung, d. h. in der Titulatur der kaiserlichen Finanzbeamten, in dieser Zeit gar nicht, was doch die Vermutung nahe legt, daß in dieser Zeit der Begriff F. als Bezeichnung für die kaiserliche Hauptkasse und die kaiserliche Finanzverwaltung sich erst bildete. Offiziell anerkannt wurde der Terminus erst von Hadrian in dem bekannten Titel der kaiserlichen advocati fisci; der Sprachgebrauch des Plinius d. J., des Tacitus und des Suetonius zeigt, daß in der Umgangssprache der Begriff schon in der späteren Flavischen Zeit feste Wurzeln geschlagen hat, und zwar als Gegenbegriff zu dem alten Begriffe aerarium, der alten Kasse der Republik und des Senats (s. Plin. paneg. 36. Tac. ann. II 47. VI 8. 17 u. ö. Mommsen St.-R. II3 998, 1).
Einmal offiziell anerkannt, wird der Begriff F. immer weiter und hat die Tendenz, dem Begriffe staatlich endgültig substituiert zu werden, was mit der Entwicklung der kaiserlichen Macht zu einer offenen Despotie Hand in Hand geht; fiscalis unterscheidet sich kaum vom publicus, F. ist die alleinige Staatskasse und Inbegriff der staatlichen Finanzverwaltung, was in dem juristischen Sprachgebrauche besonders klar zu Tage tritt (s. Brinz S.-Ber. Akad. Münch. 1886, 475ff. Mommsen Strafrecht 1028, I. Hirschfeld Verwaltungsb.2 17, 2); auch die Inschriften bestätigen es auf Schritt und Tritt (s. Ruggiero Dizion. epigr. III 97).
Soweit der Sprachgebrauch, welcher natürlich nur die reale geschichtliche Entwickelung widerspiegelt; demgemäß wird die Geschichte des F. zur Geschichte der kaiserlichen Finanzverwaltung überhaupt, welche hier natürlich nur skizziert werden kann; nähere Behandlung erfährt jede Abteilung unter den verschiedenen Stichwörtern.
2. Geschichte des Fiscus.
a) Augustus bis Claudius.
Heer und Geld ausschließlich zu besitzen und ohne jede Einmischung des Senates zu verwalten, war das Prinzip Caesars. Demgemäß wollte er die ausschließliche Verfügung über das Aerar haben (Dio XLIII 45, 2) und die einträglichsten Einkünfte des Staates sowie die Münze durch seine persönlichen Agenten verwalten (Suet. Caes. 76). Logisch gedacht war diese Politik die allein konsequente, und nach zwei Jahrhunderten kam die römische Weltmonarchie zu dieser einfachen Lösung hauptsächlich durch Hadrian und Severus, für welche Claudius und die Flavier die Wege geebnet hatten, aber für die Zeit Caesars und Augustus war sie verfrüht. In [2387] richtiger Erkenntnis dieser Tatsache handelte Augustus bei der Schöpfung seiner Dyarchie; das Heer behielt er ausschließlich, die Gelder, wenigstens zum größten Teile, beließ er dem Senat und den senatorischen Magistraten. Scharf scheidet er in seinem Rechenschaftsberichte zwischen seinen Privatgeldern (patrimonium, pecunia mea), die er besitzt, den manubiae, worüber er freie Verfügung hat, und den Staatsgeldern, über deren Verwendung er dem Volke zur Rechnungsablegung verpflichtet ist (s. Hirschfeld Verwaltungsb.2 7 gegen Mommsen St.-R. II3 1000f.), und zwar wohl nicht nur über die Gelder, die ihm aus den Senatsprovinzen zukamen. Selbstverständlich aber steht ihm als oberstem Kriegsherren und dem Manne, der die städtische Verpflegung besorgt (s. unter Frumentum), die Aufsicht über die gesammten Mittel des Reiches – die Gelder des aerarium, die Naturalabgaben und die Rückstände der Vectigalienpächter (Suet. Aug. 101) – zu, und diese Aufsicht führt er in Rom persönlich, in den Senatsprovinzen durch die Verwalter seines Privatvermögens, seine Procuratoren. In die Verwaltung der Staatseinkünfte greift er aber nicht ein; das System der Verpachtung und der indirekten Wirtschaft bleibt bestehen. Nur da, wo er kraft seiner proconsularischen Gewalt frei schaltet, ändert er an den althergebrachten Traditionen; wahrscheinlich übt er das System der Verpachtung in seinen Provinzen nicht mehr aus und zieht die Abgaben der Untertanen durch seine Procuratoren ein. In Ägypten, wo er Nachfolger der absoluten Herrscher ist, wo er jeden Schatten des Senatseinflusses sorgfältig fern gehalten hat, beläßt er mit wenigen Modifikationen das Ptolemaeische Finanzsystem, welches seitdem mit einigen Änderungen die ganze Kaiserzeit hindurch bestehen bleibt. Inwieweit er in seinen Provinzen in der Politik der ausschließlichen Verwaltung der Einkünfte gegangen ist, ist allerdings nicht ganz klar; ob auch die vectigalia der Provinzen in den Provinzial-F. flossen oder durch die Pächter in die Senatskasse abgeführt worden sind, muß beim vollständigen Mangel an Nachrichten unentschieden bleiben. Nur in zwei Fällen hat Augustus sich erlaubt, in den Bereich der Tätigkeit des Senates einzugreifen: die Schaffung der neuen vectigalia der XX hereditatium und der C rerum venalium (s. d., vgl. Rostowzew Staatspacht 498 und Hirschfeld Verwaltungsb.2 98f.) und die Abführung dieser neuen Einkünfte in eine neue Kasse, das aerarium militare (s. d.), die bestimmt war, zur Versorgung der Veteranen als Zentralkasse zu dienen, muß als direkter Eingriff in die Rechte des Senats bezeichnet werden. Hier war die ultima ratio – die Befriedigung des Heeres – stärker als die konstitutionellen Bedenken des Kaisers. Die lang vermiedene Schaffung der praefectura annonae (s. d.) ist als zweiter starker Eingriff zu bezeichnen; die Rücksicht auf die politisch noch nicht ganz bedeutungslose plebs frumentaria und die ganze Bevölkerung Roms war hier das Maßgebende.
An die Schaffung einer kaiserlichen Zentralkasse hat Augustus wahrscheinlich gar nicht gedacht. Wo er seine Gelder aufbewahrt hielt, ist nicht bezeugt; vielleicht in dem von ihm gegründeten Tempel des Mars Ultor (s. Iuven. 14, 259ff. [2388] und dazu Hirschfeld Verwaltungsb.2 5 Anm.), wahrscheinlich aber nicht ausschließlich da. Als Gehilfen des Kaisers in seiner Finanztätigkeit funktionieren seine Freigelassenen und Sklaven (Suet. Aug. 101: adiecit et libertorum servorumque nomina a quibus ratio exigi posset). Ob schon in dieser Zeit einer derselben den Titel a rationibus führte, ist nicht bekannt (die früheste Erwähnung unter Tiberius, CIL VI 8409.[4] Hirschfeld Verwaltungsb.2 29).
Tiberius blieb in den Bahnen des Augustus. Seinen Procuratoren, besonders in den Senatsprovinzen, gegenüber vertrat er den Augusteischen Standpunkt; non se ius nisi in servitia et pecunias familiares dedisse sagt er bei Tac. ann. IV 15 (ähnlich Dio LVII 28 [J. 22 n. Chr.]: οὐ γὰρ ἐξῆν τότε τοῖς τὰ αὐτοκρατορικὰ χρήματα διοικοῦσι πλέον οὐδὲν ποιεῖν ἢ τὰς νενομισμένας προσόδους ἐκλέγειν) bei der Verurteilung des Procurators von Asien, Lucilius Capito. Trotzdem bringt ihn wohl der immer steigende Bedarf an Mitteln zu manchen Ausschreitungen gegenüber dem Aerar, die sich Augustus nicht erlaubt hat inbetreff der bona damnatorum, die rechtlich dem Aerar zustanden, fängt er an, sich dem Staate zu substituieren, wohl unter verschiedenen Vorwänden; so zieht er die Güter Seians an sich, statt sie an das Aerar zu überweisen (Tac. ann. VI 2, wo F. natürlich entweder antizipierend gesagt ist oder die kaiserliche Privatkasse bezeichnet) so hören wir von der Einziehung der Besitzungen des Sex. Marius in Spanien für die kaiserlichen Güter (Tac. ann. VI 19). Damit steht seine Politik den metalla (s. d.) gegenüber in Verbindung: plurimis etiam civitatibus et privatis veteres immunitates et ius metallorum ac vectigalium adempta sagt Sueton (Tib. 49), und diese Angabe bestätigen manche Inschriften (s. CIL XIII 1550.[5] XI 1356.[6] Hirschfeld Verwaltungsb.2 148. 157. 176). Daß es sich um Einführung eines staatlichen bezw. kaiserlichen Bergregals handelt, wie Neuburg meint (Ztschr. f. ges. Staatsw. 1900, 55), ist natürlich ausgeschlossen (dagegen Hirschfeld a. a. O. 148, 2. 3). Vielmehr sehe ich darin das Streben, im Wege der Vermehrung des Patrimoniums seine Einkünfte zu steigern, ohne sich in die Führung der Finanzgeschäfte des Senates einzumischen, wie es später Claudius vorgezogen hat. Daß unter Tiberius auch in den Senatsprovinzen die direkte Erhebung der direkten Steuern eingeführt worden wäre, ist eine wenig wahrscheinliche Vermutung Mommsens (s. St.-R. II3 1017, 1; Tacitus ann. IV 6 spricht eher dagegen, vgl. Rostowzew Staatspacht 379. Hirschfeld Verwaltungsb.2 69). Keinen Übergriff bildet natürlich auch die Herabsetzung der C rerum venalium auf die Hälfte (s. Tac. ann. II 42. Dio LVIII 16, 2).
Wenig Neues bietet die kurze Regierung Caligulas. Die Abschaffung derselben C rerum venalium in Verbindung mit der Herabsetzung der praemia militiae (Hirschfeld Verwaltungsb.2 93) zeugt zwar von gesunden Anläufen, aber die Einführung der gehässigen stadtrömischen Steuern, welche dazu noch nach kurzer Tätigkeit der Publicanen von Prätorianern erhoben wurden, kann keinesfalls mit Willrich zu einer eingreifenden Reform des Finanzsystems gestempelt werden (s. [2389] Willrich Beitr. z. alt. Gesch. III 425. Kubitschek Österr. Jahresh. III 72ff. Suet. Cal. 40f. Joseph. ant. XIX 28). Monarchische Laune nach hellenistischen Mustern kann man diese Neuerungen nennen, und zwar mehr schikanös als wirklich heilbringend für die zerrütteten Finanzen. Neu war das System der Besteuerung der Bürger nach der Einführung der schon erwähnten Steuern des Augustus natürlich keineswegs. Die Erhebung durch Prätorianer ruft die Zeiten der Militärdespotie des Severus ins Gedächtnis.
b) Claudius bis Hadrian.
Epochemachend in der Geschichte des F. ist die Zeit der Regierung der Claudischen Freigelassenen. Es hat sich wohl zu dieser Zeit klar herausgestellt, was schon Caesar richtig gefühlt hatte, daß eine Teilung der Finanzmacht nur unheilvoll wirken könne. Wenn irgendwo, so muß in jeder geordneten Finanzverwaltung Einheit und Ordnung herrschen, was bei dem Augusteischen System kaum möglich war. Die kaiserlichen Privatmittel, inklusive Ägypten, waren zu groß und zu mannigfaltig, um nach rein privaten Mustern regiert zu werden, die kaiserlichen Obliegenheiten schon in dieser Zeit zu groß, um so zersplittert zu bleiben, wie sie unter Augustus und seinen Nachfolgern gewesen sind. Ordnung und womöglich Einheitlichkeit sind demgemäß die Parole der Claudischen Reform. Wir besitzen leider nur ganz dürftiges Material, um diese Reform zu skizzieren, einige abgerissene Texte und zwar viele, aber inhaltsarme Inschriften erlauben öfters nur Vermutungen da, wo man nach modernen Anschauungen Gewißheit auf Grund reichen statistischen Materials fordert. Ein Bild läßt sich aber trotzdem entwerfen.
Die wichtigste der Claudischen Reformen ist die Schaffung eines Zentraldirigenten der kaiserlichen Finanzverwaltung in der Person des a rationibus, welcher seit Claudius als direkter Gehilfe des Kaisers die rationes imperii (Hirschfeld Verwaltungsb.2 30, 2) verwaltet, d. h. die verschiedenen einzelnen rationes der kaiserlichen Verwaltung kontrolliert und leitet. Mit dem Prinzip der Rechnungsablegung an das Volk wird definitiv gebrochen; Pallas, der allmächtige a rationibus des Claudius, weigert sich gleich am Anfange seiner Tätigkeit, solch eine Rechnungsablegung bei seinem künftigen Abtritte zu vollziehen (Tac. ann. XIII 14 sane pepigerat Pallas ne cuius facti in praeteritum interrogaretur paresque rationes cum republica haberet). Die bekannte Schilderung des Statius (Silv. III 3, 86ff.), welche ein Bild des Amtes am Ende des 1. Jhdts. gibt, wird natürlich auch für die Claudische Zeit als geltend angesehen werden dürfen. Danach ist es klar, daß die Hauptobliegenheit des a rationibus – eines Freigelassenen des Kaisers – die oberste Verwaltung der kaiserlichen Güter bildete; daß es aber nicht die ausschließliche Aufgabe war, zeigt die Tatsache, daß gerade für diesen Zweig der kaiserlichen Verwaltung besondere Beamte, wahrscheinlich gerade unter Claudius, eingesetzt worden sind; für die Verwaltung des kaiserlichen Privatgutes der a patrimonio (s. d.) und für die Verwaltung der rationes der Hofverwaltung der procurator castrensis (s. d.), bezw. rationis oder fisci castrensis.
Die zweite Hauptaufgabe des a rationibus [2390] neben der Verwaltung der kaiserlichen Privatmittel, neben dem sanctarum digestus opum partaeque per omnes divitiae populos bildeten natürlich die von Statius gleich in der Folge erwähnten magnique impendia mundi. Er ist der oberste Vorsteher aller der kaiserlichen Procuratoren, die in der ganzen Welt fungieren, durch ihn verkehren sie wohl mit dem Kaiser, die Procuratoren aber unter Claudius bekommen das hochwichtige Recht der Iurisdiktion (Tac. ann. XII 60. Suet. Claud. 12. Mommsen St.-R. II3 1022, 2. Hirschfeld Verwaltungsb.2 474), natürlich in den Sachen, welche mit der kaiserlichen Finanzverwaltung im Konnex stehen, und gelangen deshalb zu einer ganz anderen Bedeutung als die privaten Agenten der früheren Kaiser. Wenn man dabei bedenkt, daß wohl seit Claudius (s. Cardinali Diz. epigr. III 246. Rostowzew Römische Bleitesserae 15ff. Hirschfeld Verwaltungsb.2 236f.) die Last der Frumentationen vollständig auf den Kaiser fällt, womit vielleicht die durch besondere Beamten vollzogene strengere Aufsicht und vielleicht sogar Leitung der Erhebung der Naturalabgaben vom ager publicus (frumentum mancipale) in Verbindung steht (s. Rostowzew Geschichte der Staatspacht 431), daß die hochwichtigen vectigalia der XX hereditatium und der XX libertatis jetzt unter der Kontrolle der kaiserlichen Beamten stehen, daß sogar für die Einkünfte der letzteren eine besondere kaiserliche Kasse, der f. libertatis et peculiorum, gegründet wird (s. weiter unten und Hirschfeld Verwaltungsb.2 99, 2), so bekommen wir eine vielleicht oder sogar sicher unvollständige, aber sogar in dieser Unvollständigkeit bezeichnende Vorstellung von den Dimensionen, welche jetzt die kaiserliche Finanzverwaltung bekommen hat. Die Einnahmen wie die Ausgaben haben sich ungemein und zwar auf Kosten des Aerars vermehrt, und seit Claudius tritt die in der Umgangssprache als F. bezeichnete Verwaltung und die ebenso genannten kaiserlichen Kassen als ebenbürtiger und sogar überlegener Nebenbuhler neben dem Aerar hervor. Ich sage die kaiserlichen Kassen, denn von einer Kasse im materiellen Sinne des Wortes besitzen wir keine Spur. Die Verwaltung des a rationibus hat keine arcarii und dispensatores (Hirschfeld Verwaltungsb.2 30), so daß es sehr wahrscheinlich ist, daß die in den einzelnen rationes nicht verbrauchten Gelder sich in den Händen des Kaisers selbst konzentrierten, von ihm in verschiedenen Deposita gehalten (über die Beamten a loricata und den Castortempel s. Hirschfeld a. a. O. 4, 4) und von seinen Privatsklaven verwaltet wurden. In diesem Sinne hat eine kaiserliche Zentralkasse auch vor Claudius existiert, und wir wissen nicht, daß er etwas daran geändert hätte. Der Ausdehnung und Kompliziertheit der Geschäfte der kaiserlichen Finanzverwaltung gemäß vermehrt sich auch das niedere Verwaltungspersonal der Zentralverwaltung a rationibus sowie der verschiedenen Zweigverwaltungen in Rom, Italien und den Provinzen. Es gestaltet sich, vielleicht erst in dieser Zeit, definitiv der aus älteren Einrichtungen übernommene Typus einer vollständigen ratio mit einem tabularium (s. d.) und commentarium (s. d.) als regelrechten Bestandteilen, [2391] zuweilen, besonders in den Provinzen, auch mit einer eigenen arca und öfters mehreren lokalen mensae (s. d., eingerichtet nach dem Vorbild der ägyptisch-hellenistischen θησαυροί); die arca wurde von den dispensatores (s. d.) und arcarii (s. d.) verwaltet (s. darüber meinen Art. Fiscus in Ruggieros Dizion. epigr. III 97ff. Hirschfeld a. a. O. 58ff. und 457ff., bes. 461, 2–8). Trotz seiner Großartigkeit und Kompliziertheit behält die ganze Claudische Verwaltung aber den Stempel einer großartigen Haushaltung, die a rationibus sind und bleiben persönliche Gehilfen des Kaisers und ihre Bedeutung fußt auf ihren persönlichen Beziehungen zum regierenden Kaiser.
Gegen die von Claudius und seinen Freigelassenen konsequent durchgeführten Prinzipien erklärte sich, und zwar sowohl prinzipiell wie in praxi, sein Nachfolger Nero. Er erklärte sich gleich am Anfange seiner Regierung für das Prinzip der beiden ersten Kaiser: discretam domum et rempublicam (Tac. ann. XIII 4) und rüttelte demgemäß an dem Hauptprinzip des Claudius, der Gleichsetzung der Procuratoren und der senatorischen Beamten in Bezug auf die Iurisdiktion. Zuerst hatte er sogar an die Abschaffung der vectigalia gedacht, was natürlich eine kindische Utopie war, reduzierte aber bald diese weitgehende Illusion auf einige Beschränkungen der publicani und auf die Wiedergabe der Iurisdiktion an die senatorischen Beamten (Tac. ann. XIII 50f., vgl. Hirschfeld a. a. O. 81, 3. 89, 3). Seine massenhaften Konfiskationen und die ungemein starke Vermehrung seines Privatbesitzes ist vielleicht auch ein Anzeichen dafür, daß er in der Vermehrung seiner Einkünfte den Weg des Tiberius dem des Claudius vorgezogen hat (Plin. n. h. XVIII 35. Suet. Nero 32, vgl. CIL VI 10233).[7] Auch die Einsetzung von drei Consularen an die Spitze der Verwaltung der vectigalia (wohl der Einkünfte vom ager publicus, es handelt sich in der ganzen Stelle des Tacitus. ann. XV 18 um das frumentum, vgl. XIII 51: temperata apud transmarinas provincias frumenti subvectio; das se annuum sescenties reipublicae largiri der erstgenannten Stelle geht eher gegen Claudius als gegen Caligula; damit bezeichnet der Kaiser, daß er die Kosten der Frumentationen aus seinen, nicht aus usurpierten Staatsmitteln deckt) ist eine Rückkehr zum Augusteischen System der Verwaltung durch senatorische Beamte, im scharfen Gegensatze zur procuratorischen Politik des Claudius in Bezug auf die Frumentationen. Diese Maßregeln erwiesen sich aber für die römischen Finanzen bei der bekannten Inkonsequenz und der kolossalen Verschwendungssucht des Kaisers nicht gerade als heilvoll, und es ist bezeichnend für die Politik des Kaisers, daß er allein unter den früheren Kaisern sich eine betrügerische Verschlechterung der Münze erlaubt (s. Mommsen-Blacas Hist. de la monn. III 23f. 29f.).
Die drei Flavier und hauptsächlich der erste und beste von ihnen, Vespasian, treten entschieden in die von Nero zeitweise verlassene Bahn des Claudius zurück. Die Kompetenz der Procuratoren in Bezog auf die Vectigalien wird verstärkt und wohl zuerst auf die portoria (s. d.) erweitert, was jedenfalls eine kolossale Vermehrung der kaiserlichen Einkünfte bedeutet, denn kaiserliche [2392] Kontrolle ist doch mit der Abführung der Gelder in das Aerar kaum vereinbar (s. Rostowzew Geschichte der Staatspacht 500 und Hirschfeld a. a. O. 83); die jurisdiktioneile Tätigkeit wird den Procuratoren, und zwar wohl nicht nur den Provinzialprocuratoren, wahrscheinlich (strikte Beweise gibt es dafür allerdings nicht) wenigstens teilweise zurückgegeben und verbleibt ihnen bis in die späteste Zeit (CIL VIII 11813[8] Ende des 2. Jhdts.), konkurrierend mit der Jurisdiktion der Provinzialverwalter und städtischen Magistrate (s. Dig. XLIX 14, 3, 9. II 15, 8, 19. Cod. Iust. II 36 [37], 2 [J. 226 n. Chr.], auch Cod. Theod. X 15, 2. 4). Auch betreffs der Kornpolitik sehen wir dieselbe Rückkehr zu den Claudischen Prinzipien: die Gründung des fiscus frumentarius (s. Frumentum), wahrscheinlich als Zentralkasse für die ganze Kornverwaltung (Hirschfeld a. a. O. 489 z. S. 371), und die in der Flavischen Zeit sicher bezeugte Administration der staatlichen Kornrevenuen in den Senatsprovinzen durch kaiserliche Beamte (CIL III 141954-13;[9] vgl. damit die Äußerung des Statius über das afrikanische Korn: quod messibus Afris verritur, Stat. Silv. III 3, 90, auch Hirschfeld Philol. 1869, 81) legen dafür ein nicht zu verachtendes Zeugnis ab.
Auch für die Organisation des kaiserlichen Patrimoniums, das jetzt nach dem Ende der Iulisch-Claudischen Dynastie zuerst als richtiges Krongut auftritt, werden die Flavier notwendigerweise gesorgt haben, und vielleicht haben sie die Grundzüge der später vollendeten und durchgeführten bureaukratischen Organisation der einzelnen Domänenkomplexe gelegt. Dafür zeugt vielleicht die Tatsache, daß die Bergwerkprocuratoren uns zuerst in der Flavischen Zeit begegnen (Hirschfeld a. a. O. 174: vielleicht gehört auch die lex metalli Vipascensis in dieselbe Zeit).
Als weitere Ausbildung der Fiskalverwaltung mag auch die wahrscheinlich in dieser Zeit erfolgte Gründung der drei stadtrömischen Kassen, der fisci Alexandrinus, Asiaticus und Iudaicus, über welche weiter unten zu handeln ist, gelten. So entwickelt sich je weiter, desto mehr die kaiserliche Fiskalverwaltung, und der F. wird immer reicher und mächtiger.
c) Hadrian bis Diocletian.
Der nächste große Reformator der römischen Fiskalverwaltung wie auch des ganzen römischen Staates war Kaiser Hadrian. Nach einigen Schwankungen unter Nerva (z. B. die Schaffung eines eigenen Praetors für die Streitigkeiten zwischen dem F. und den Privaten, Dig. I 2, 2, 32, vgl. auch Plin. paneg. 47) und unter Traian (z. B. die Wiedereinsetzung der praefecti frumenti dandi, s. Rostowzew Röm. Bleitesserae 18) tritt in seiner Person ein entschiedener Fortsetzer und Weiterbildner der Politik des Claudius und der Flavier auf. Die weitgehendste seiner Reformen ist die definitive Teilung des Haus- und Staatswesens, jede Spur des Hauswesens wird aus dem F. vertrieben, und er erscheint seit Hadrian als großartige Staatsinstitution, als Inbegriff der staatlichen Finanzverwaltung. Diese Transformation wird erzielt durch die vollständige Ausschließung der kaiserlichen Freigelassenen aus dem Reichsfinanzwesen und die Ersetzung derselben durch Ritter (s. darüber die meisterhafte Skizze bei Hirschfeld Verwaltungsb.2 [2393] 476ff.). An der Spitze der Verwaltung erscheint jetzt ein hochgestellter Ritter als Reichsfinanzminister mit dem Titel procurator a rationibus (s. d.), Ritter treten auch an die Spitze der verschiedenen Abteilungen des F., eine Schar ritterlicher advocati fisci (s. d., jetzt noch Hirschfeld a. a. O. 48ff.) vertritt die Interessen des F. in den einzelnen Abteilungen der Finanzverwaltung und den einzelnen Provinzen, den Procuratoren eher koordiniert als subordiniert. Das kaiserliche Patrimonium (s. d.) als definitiv anerkanntes Krongut verliert seinen früheren Oberleiter, erhält aber hochgestellte ritterliche Vorsteher für die einzelnen Provinzen und Italien, wird demnach dezentralisiert und den anderen Zweigen der Finanzverwaltung gleichgestellt; auch in der inneren Organisation der einzelnen Domänenkomplexe und saltus (s. d.) und der Regelung der Beziehungen zwischen kaiserlichen Beamten, Pächtern und Kolonen wird außerordentlich viel geleistet. In Verbindung damit steht auch die Reorganisation der Verwaltung der Erbschaften: seit Hadrian, wie es Hirschfeld höchst wahrscheinlich gemacht hat (Verwaltungsb.2 62. 113ff.), gewinnt die Verwaltung besondere Wichtigkeit dadurch, daß jetzt nicht nur die kaiserlichen Legate, sondern auch die dem F. zufallenden caduca und vacantia von der Erbschaftsverwaltung eingezogen werden; ein neues Zeugnis für die Gleichstellung des Kaisergutes mit dem Staatsgute zugunsten des letzteren.
Mit manchen Überbleibseln der alten Senatseinrichtungen, wie mit der Vectigalienpacht, wird definitiv gebrochen: die XX hereditatium (s. d.) wird seit Hadrian von kaiserlichen Beamten mit einem hochgestellten Ritter an der Spitze eingetrieben; bei der Verwaltung der Portoria werden nur halbbeamtliche Pächter, die durch eine Tantième entschädigt werden, geduldet, und nur dieser Ausläufer der Pacht in den neu organisierten Donauländern eingeführt (s. Rostowzew Staatspacht 501. 505). Die vorbereitende Arbeit des Census wird selbst in den Senatsprovinzen durch besondere legati ad census accipiendos, in den kaiserlichen durch einfache Ritter vollzogen (Hirschfeld a. a. O. 55ff.); damit verliert der Akt jede Feierlichkeit und wird zur gewöhnlichen Arbeit einer geordneten Finanzverwaltung mit vollständiger Ausschließung jeder Einmischung seitens des Senats.
In den Händen Hadrians bekommt also der F. ein ganz anderes Aussehen. Aus einer mit dem Aerar konkurrierenden kaiserlichen Finanzverwaltung und Kasse wird er zur fast alleinigen Staatskasse und zum Staatsfinanzministerium, nicht zum Konkurrenten, sondern zum beinahe alleinigen Herrscher, ganz wie der Kaiser selbst.
In der nächsten Folgezeit sehen wir keine namhaften Abweichungen von den Neuerungen Hadrians. M. Aurel bildet die neue Verwaltung aus, indem er einen Gehilfen für den procurator a rationibus, den procurator summarum rationum (s. Hirschfeld a. a. O. 32f.), einsetzt; einen Gehilfen bekommt wohl in derselben Zeit auch der praefectus annonae (Hirschfeld a. a. O. 245f.). Die Verstaatlichung der Vectigalia schreitet fort: das System des Conductorates bei den portoria wird in manchen Gegenden der [2394] direkten Erhebung geopfert, was dann von Commodus zu Ende geführt wird. Nur in einem Punkte sehen wir eine schwache Rückkehr zum Alten: die Freigelassenen kommen wieder zu Ehren; auch dies aber wird keineswegs konsequent durchgeführt.
Von einem Finanzsystem des Commodus kann man nicht ernstlich reden. Seine Launen und Vexationen sind meistens von Pertinax abgeschafft worden, und von seiner übertriebenen Bevorzugung seiner Person dem Staate gegenüber gelten die bekannten Worte desselben Pertinax, Herodian II 4, 7: τοῖς τε βασιλικοῖς κτήμασιν ἐκώλυσεν αὑτοῦ τοὔνομα ἐπιγράφεσθαι εἰπὼν αὐτὰ οὐκ ἴδια τοῦ βασιλεύοντος εἶναι ἀλλὰ κοινὰ καὶ δημόσια τῆς Ῥωμαίων ἀρχῆς εἶναι, welche sicherlich den Grundanschauungen Hadrians keinesfalls widersprochen haben (vgl. Hist. aug. Pert. 14. 6; Hadr. 8, 3).
Die Reform Hadrians setzte Septimius Severus fort. Die Verwalter des F. werden unter ihm mit der Verleihung des Titels rationalis (s. d.) über die Procuratoren erhoben, noch schärfer wird die Eigenschaft des Patrimoniums als Krongut durch die Schaffung der res privata (s. d.) betont, womit auch die Reform der Erbschaftsverwaltung in Verbindung steht (s. Hereditates), dem Senate und dem Aerar werden die meisten ihnen noch verbliebenen Einkünfte entzogen: so bilden jetzt die bona damnatorum (s. d.) einen stehenden Posten in den Einkünften des F., so wird unter Severus der ager publicus in den Senatsprovinzen mit dem Patrimonium vereinigt und mit ihm zusammen verwaltet; ob auch alle Einkünfte der senatorischen Provinzen zum F. geschlagen worden sind (Hirschfeld a. a. O. 480ff.), läßt sich leider nicht mit Sicherheit beweisen. Damit reduziert sich die Geltung des Aerars auf die Rolle einer beinahe munizipalen Kasse der Stadt Rom. Im Sinne seines Vaters handelte auch Caracalla. Daß er bei Verleihung des Bürgerrechts an alle Einwohner des Reichs auch die fiskalischen Interessen im Auge hatte, kann nicht bezweifelt werden: die Verdoppelung der XX hereditatium (s. d.) ist dafür ein schwerwiegendes Zeugnis. Eine letzte Reaktion gegen die Politik des Severus ging bekanntlich von dem weichen Kaiser Severus Alexander aus. Bestand aber hatte seine Tendenz, die Autorität des Senats auch in der Finanzverwaltung wiederherzustellen (Hist. aug. Alex. 16 leges de iure populi et fisci moderatas et infinitas sanxit), kaum. Nach Hadrian und Severus gab es keine Rückkehr zum Alten mehr. Der F. blieb, was er geworden – die alleinige Reichskasse und Reichsfinanzverwaltung. Neue Züge in seine Organisation brachte erst die Diocletianisch-Constantinische Reform.
3. Verwaltung des Fiscus.
a) Die zentrale Verwaltung s. a rationibus.
b) Abteilungen in den Provinzen s. Procurator und die o. S. 2390f. angeführten Stichwörter, sowie die Artikel über die einzelnen Provinzen.
c) Ägypten.
Ganz eigenartig und vereinzelt steht die Finanzorganisation der römischen Provinz Ägypten da. Die eigenartige Verwaltung des Landes, welche mit wenigen Modifikationen aus den früheren Zeiten übernommen worden ist, die Stellung des Landes zu den Kaisern als Nachfolgern [2395] der einheimischen und späteren makedonischen Könige, die absichtlich offen gelassene Frage über die Qualifizierung des Landes – ob Provinz des römischen Volkes oder Privateigentum des Princeps als solchen, scheiden Ägypten aus der Reihe der übrigen Provinzen aus und erfordern eine separate Behandlung. Leider läßt sich die schwierige Frage über die Finanzverwaltung Ägyptens bei der Menge der schwebenden und langer Ausführungen bedürftigen Fragen hier kaum lösen, die Aufgabe muß für die Zukunft aufgespart; werden; einiges muß aber auch in dem Rahmen dieses Artikels wenigstens angedeutet werden.
Daß Ägypten vom Anfαnge an keineswegs als Privateigentum des Kaisers angesehen worden ist, beweisen hauptsächlich zwei Tatsachen: erstens wird das Land nicht von einem persönlichen Agenten des Kaisers, einem Procurator aus dem Freigelassenenstande, sondern von einem ritterlichen Stellvertreter des Kaisers, einem Praefectus verwaltet; zweitens bilden die Einkünfte Ägyptens wohl keineswegs die privaten Mittel des Kaisers, sondern werden als den Einkünften der andern Provinzen analog angesehen und verwaltet: wäre Ägypten Privatgut des Kaisers gewesen, so wäre kein Grund vorhanden, in diesem Lande das wirkliche Privateigentum der Kaiser sich vermehren zu lassen in Form von mit der Zeit stets zahlreicher werdenden οὐσίαι, welche teilweise wenigstens als diesem oder jenem Kaiser persönlich gehörend bezeichnet werden (die vielen Beispiele s. Rostowzew Philol. 1898, 571ff. Wilcken Ostraka I 392f. 643. Hirschfeld Beitr. z. alt. Gesch. 1902, 292ff.; besonders stark wirkt die Tendenz, vgl. o. S. 2391, unter Nero); andere daneben werden ausdrücklich als dem F. (ἱερὸν ταμιεῖον) gehörend bezeichnet. Es wäre auch kein Grund gewesen, die Finanzverwaltung in zwei große Ressorts zu teilen und bei der Benennung des zweiten den alten Terminus ἴδιος λόγος beizubehalten. So scharf aber wie in Rom hat man in Ägypten zwischen Privatgut der Kaiser und Staatsgut, Privat- und Staatsverwaltung nicht geschieden, und deshalb darf Ägypten nicht als richtige Provinz des römischen Reichs aufgefaßt werden. Es existieren zwar private kaiserliche οὐσίαι einerseits und οὐσίαι des ἱερὸν ταμιεῖον andrerseits, aber trotzdem bilden beide einen Bestandteil des λόγος οὑσιακός. Maßgebend ist hier nicht das Eigentumsrecht des F. oder des Kaisers, sondern die eximierte Stellung des Gutes und die eigenartige Verwaltung desselben (s. Οὐσία, vgl. Mommsen bei Hirschfeld Verwaltungsb.2 354, 2). Die Verwaltung des Beamten, welcher den Namen ἴδιος λόγος (s. d.) führt, erstreckt sich zwar hauptsächlich auf die vacantia und die dem Kaiser zufallenden Güter (s. Strab. XVII 797), was auch dem Namen der Behörde entspricht, ist aber tatsächlich viel breiter und schließt auch manche dem Scheine nach zum Ressort der διοίκησις gehörenden Zweige der Finanzverwaltung ein, wie einerseits manches, wenn nicht alles im Ressort der γῆ δημοσία überhaupt (s. Hirschfeld Verwaltungsb.2 352ff.), andrerseits mehreres, wenn nicht alles im Ressort der Tempelverwaltung, soweit dieselbe mit dem Staate verbunden ist (s. W. Otto Priester u. Tempel im hellenistischen Ägypten, Leipz. 1905 I 70f.). Nicht die [2396] Frage des Eigentums, sondern Verwaltungsrücksichten und politische Bedenken waren dabei maßgebend. Ganz analog verläuft auch in den andern Provinzen die Geschichte der kaiserlichen Finanzverwaltung: die in Ägypten von Anfang an bemerkbare Vermengung der Staats- und Privatdomänen des Kaisers illustriert die Geschichte des Ager publicus in seinem Verhältnis zu den Patrimonialgütern, die ganze Stellung des Princeps den Staatsmitteln gegenüber gewinnt im Laufe des 2. Jhdts. dasselbe Aussehen, wie es in Ägypten von Anfang an zu bemerken ist.
Die oben charakterisierte Unbestimmtheit, welche vielleicht nicht ganz unbewußt eingetreten ist, spiegelt sich zuerst in der Wiedergabe des Begriffes f. selbst wider. Besonders charakteristisch dafür ist das bekannte Edikt des Ti. Iul. Alexander (Dittenberger Or. gr. 669). Hier stehen in Z. 21f. zuerst φίσκος (vgl. Z. 25), etwas weiter δημόσιος λόγος, und ein richtiger Unterschied ist kaum festzustellen; daneben haben wir in Z. 18 κυριακὸς λόγος (vgl. BGU 1 und Pap. Cattaoui VI 17. Arch. f. Pap. III 61), Z. 30 Καίσαρος λόγος, ähnlich ist auch der Ausdruck in Z. 13 κυριακαὶ ψῆφοι; in allen Fällen könnte man wohl φίσκος oder, wie es später gebräuchlich wird, ἱερὸν ταμιεῖον sagen (vgl. Wilcken Ostraka 300f. 642ff. P. Meyer Hirschfeld-Festschrift 139. Hirschfeld Verwaltungsb.2 350, 2). Bemerkenswert ist dabei, daß der Ausdruck βασιλικόν für Königskasse verschwindet (Wilcken a. a. O. P. Meyer a. a. O.) und daß βασιλικός als Epitheton öfters durch δημόσιος ersetzt wird; δημόσιος ist aber gleich publicus und bezeichnet die Angehörigkeit zum Staate überhaupt, vielleicht in einem gewissen Gegensatze, ebenso zu ἴδιος, privat, als auch zu ἴδιος λόγος. Der letztere Gegensatz tritt aber nicht scharf hervor. Diese Tatsachen, erstens die Vermengung des Begriffes δημόσιον mit dem des kaiserlichen Eigentums einerseits und des F. andererseits, zweitens die Verbreitung des Ausdruckes δημόσιος-publicus für die Bezeichnung der fiskalen früher königlichen Sachen bezeugen die wohl bewußte Unklarheit und Unbestimmtheit, welche in der römischen Zeit in Ägypten in diesen Dingen herrschte. Hier sehen wir den Boden, auf welchem sich die Vermengung von publicus und fiscalis vorbereitet, hier auch, wie man die Grenze zwischen Privateigentum des Kaisers und Staatseigentum zu ziehen absichtlich unterläßt und doch die Idee des Privateigentums nicht scharf hervortreten läßt.
Deswegen ist es auch schwierig, die Organisation der Fiskalverwaltung im Lande festzustellen und die Funktionen der verschiedenen Beamten abzugrenzen, ebenso bei der zentralen Verwaltung in Alexandrien wie in den Steuer- und Verwaltungsbezirken des Landes, den Nomen und Metropolen, Toparchien und Komen. Wir müssen uns hier mit den allgemeinsten Zügen begnügen. Die Frage über die alexandrinische Zentralkasse ist wegen Mangel an Nachrichten sehr schwierig. Daß der f. Alexandrinus als solche zu gelten hat (s. Wilcken Ostraka 641), ist selbstverständlich ausgeschlossen, da der Sitz dieser Kasse in Rom, keineswegs in Alexandrien war. Daneben sind die Ausdrücke φίσκος, ἰερώτατον ταμιεῖον doch eher auf die Reichshauptkasse und Reichsfinanzverwaltung, [2397] als auf die alexandrinische Kasse zu beziehen. So bleibt die Frage über die Zentralkasse in Alexandrien vollständig unentschieden. Am wahrscheinlichsten wäre es, vorauszusetzen, daß alle Geldgeschäfte der Provinz ebenso wie die Geschäfte der einzelnen Teile derselben in einer Bank, einer τράπεζα (s. d.), konzentriert wurden. Dabei bezweifle ich sehr, daß für das Ressort des ἴδιος λόγος oder λόγος οὐσιακός eine eigene Kasse existiert hat. Wie in den Landtrapezen und Landthesauren alle kaiserlichen bezw. Staatseinkünfte konzentriert waren, sicherlich auch vom Domaniallande, so wird es wohl auch in Alexandria gewesen sein. Ein λόγος-ratio setzt keineswegs eine Kasse voraus, eine Verwaltung und Verrechnung ist auch ohne Kasse gut denkbar. Die Überschüsse der zentralen alexandrinischen Kasse bezw. Bank wurden, wie Hirschfeld (Verwaltungsb.2 6, 3) trefflich hervorgehoben hat, nach Rom abgeführt (s. die bekannte Äußerung des Kaisers Tiberius Dio LVII 10: Αἰμιλίῳ γοῦν Ῥήκτῳ χρήματά ποτε αὐτῷ πλείω παρὰ τὸ τεταγμένον ἐκ τῆς Αἰγύπτου, ἧς ἦρχε, πέμψαντι ἀντεπέστειλεν ὅτι κείρεσθαί μου τὰ πρόβατα ἀλλ' οὐκ ἀποξύρεσθαι βούλομαι).
Danach und nach anderen Zeugnissen steht die Disposition über die gesamten Geldmittel dem Praefectus Aegypti ausschließlich zu; er ist der Vertreter des Kaisers und er allein verkehrt mit dem Kaiser direkt, wie es das bekannte Edikt des Ti. Iulius Alexander und auch andere Zeugnisse (Hauptstelle Philo in Flaccum § 16; s. Hirschfeld Verwaltungsb.2 349) zur Genüge bezeugen. Es ist natürlich nicht anzunehmen, daß der ἴδιος λόγος direkt mit Rom verkehrt hätte oder daß die Einnahmen aus den kaiserlichen Gütern auf einem anderen Wege als die übrigen Einnahmen Ägyptens nach Rom gelangten, wenigstens haben wir darüber keine Zeugnisse. Wie die Einkünfte des Landes aus den Landesbanken nach Alexandrien strömten, so flossen auch die Einkünfte Alexandriens in dieselbe Staatskasse mit der einzigen Ausnahme vielleicht, daß sie daselbst ganz oder zum Teile separat gebucht wurden und nach Rom in die spezielle Kasse, den f. Alexandrinus (s. u.), abgeführt wurden; dahin kamen auch Sendungen aus anderen Teilen des römischen Kaiserreiches, Sendungen, welche die Zahlungen der alexandrinischen Bürger als solche enthielten (s. u. f. Alexandrinus). Die Verwaltung der alexandrinischen Revenuen lag in den Händen eines procurator; zwei solche Procuratoren sind aus der Flavischen Zeit bezeugt: ein proc(urator) divi Titi Alexandriae (CIL II 4136)[10] und ein proc(urator) Alexandr(iae) (CIL XIV 2932).[11] Zu derselben Verwaltung gehörte jedenfalls der procurator Alexandriae ad rationes patrimonii (CIL XIV 2504[12] P. Aelius Hilarus Aug(ustorum) lib(ertus)) und der wohl höher stehende und vielleicht mit den zwei erstgenannten identische ἐπίτροπος προσόδων Ἀλεξαν[δρείας], Arch. f. Pap. II 571 nr. 151 aus der Zeit des Pius (s. Philol. 1898, 576 und Hirschfeld Verwaltungsb.2 361f.). Es ist vielleicht kein Zufall, daß die beiden Procuratoren Alexandriens mit den meisten Inschriften der Beamten des f. Alexandrinus gleichzeitig sind und daß weder die alexandrinische noch die römische Verwaltung [2398] vor der Flavischen Zeit bezeugt sind. Vespasians Belastung Alexandriens wird noch unten zur Sprache kommen (s. u. f. Alexandrinus).
Wie oben hervorgehoben ist, gingen die ägyptischen Revenuen, soweit sie nicht im Lande verbraucht wurden, durch den Praefecten nach Rom in die kaiserliche Kasse, jedenfalls ohne jede Verpflichtung für den Kaiser, darüber jemandem Rechenschaft abzulegen. Sie bildeten mit dem ägyptischen Korn zusammen den mächtigsten Hebel der kaiserlichen Politik und blieben bis in die späteste Zeit der Kern, um den sich die anderweitigen Einkünfte der Kaiser sammelten. Deshalb ist auch die ganze Finanzverwaltung in Ägypten in so musterhafter Weise zum Zwecke der Ausbeutung der Kontribuenten organisiert. In das ptolemäisch-römische System der Finanzverwaltung wurden die finanziellen Kräfte des ganzen Landes von unten bis nach oben verwickelt. Die Staatspacht einerseits zog in ihr großes und stark differenziertes Netz die meisten wohlhabenden Einwohner des Landes, als Vertreter der Bevölkerung wurden andererseits zu der Sammlung der direkten und hauptsächlich der Naturalabgaben die wohlhabenderen Einwohner der κῶμαι und πόλεις, die sog. πρεσβύτεροι (s. d.), hinzugezogen, und neben diesen zwei Hauptträgern der Last des Sammelns der Einkünfte, zu welchen vielleicht noch die ägyptischen Priester zu rechnen sind, erscheint eine dichte Schar mit ihrem Vermögen haftender Lokalbehörden, mit den κωμογραμματεῖς und vielleicht κωμάρχαι anfangend durch die Reihe der Beamten der τόποι hindurch bis zu den βασιλικοὶ γραμματεῖς und den Strategen samt den Nomarchen einerseits und den vielen Erhebern der Geld- und Naturalsteuer, den Praktoren (s. d.) und Sitologen (s. d.) andererseits. Dazu treten noch die Behörden, welche die Pächter beobachten, die verschiedenen Epitereten, welche auch zu den Tempeln in Beziehungen stehen, und die zahlreichen Beamten der λογιστήρια (s. d.), der Rechnungs- und Kontrollebureaus des Landes. Pächter und Beamte teilen mit den Kolonen oder ihren Vertretern die Verantwortlichkeit für die Revenuen der Domänen. Seit der Einführung der städtischen Verfassung treten in die Last des Steuersammelns die städtischen Behörden als Hauptfaktor ein. Alle diese Fäden laufen in den Händen der alexandrinischen Zentralbehörden, teilweise durch Vermittlung der Epistrategen (s. d.), zusammen; die komplizierte Aufgabe der Finanzverwaltung erleichtern dem Praefecten teilweise der schon erwähnte ἴδιος λόγος, teilweise vielleicht der Nachfolger des ptolemäischen διοικητής, der seit dem 2. Jhdt. n. Chr. bezeugte procurator ad dioecesin Alexandriae (CIL III 431.[13] 7116 vgl. 13674), falls er wirklich der Vorgänger des nachdiocletianischen rationalis Aegypti ist (die Zeugnisse s. bei Wilcken Ostraka I 498. P. Meyer Hirschfeld-Festschrift 145ff. und Arch. f. Pap. III 104. Hirschfeld Verwaltungsb 2 359f.).
4. Einnahmen und Ausgaben des Fiscus.
Wie oben schon hervorgehoben worden ist, bilden den Grundstock der Einnahmen des F., die Tribut- und Naturalsteuer der kaiserlichen Provinzen, sowie die Einkünfte von dem ager publicus in denselben und alle Einnahmen Ägyptens. Die Vectigalien sowohl der kaiserlichen wie der senatorischen [2399] Provinzen kommen hinzu, seitdem über ihre Erhebung eine feste Kontrolle seitens kaiserlicher Procuratoren organisiert worden ist, was für verschiedene Vectigalien und verschiedene Bezirke eines und desselben Vectigals zu verschiedenen Zeiten geschieht; so fließt die XX hereditatium und C rerum venalium von Anfang an in die kaiserliche Kasse, das Aerarium militare seit Claudius fließt die XX libertatis in einen kaiserlichen f. libertatis et peculiorum; bei den Portoria beginnt der Übergang schon seit Claudius (Plin. n. h. VI 84), scheint aber erst durch Vespasian fast überall vollzogen worden zu sein (s. o. S. 2391).
Allmählich gehen auch die Einkünfte von den Bergwerken teilweise in den F., teilweise in das Patrimonium über. Am Ende des 1. Jhdts. gibt es wohl kaum größere private Bergwerke.
Größere Einnahmen gab wohl das Prägungsrecht der Kaiser (Gold und Silber). Von den städtischen Einnahmen werden manche gleich nach der Einführung für die Rechnung des F. erhoben (Suet. Cal. 40. 41. Joseph. ant. XIX 28), andere, wie das vectigal foricularium et ansarium sind im 2. Jhdt. n. Chr. sicherlich fiskal (CIL VI 1016.[14] 31227). Vielleicht vom Anfange an steht dem F. das vectigal gladiatorium zu (CIL II 6278).[15]
In den Senatsprovinzen partizipiert der Kaiser wohl vom Anfange an an den Naturalrevenuen, welche größtenteils zu den unter kaiserlicher Leitung stehenden Frumentationen verwendet werden; deshalb erscheinen schon sehr früh kaiserliche Kornagenten in den Senatsprovinzen. Seit Claudius wird die kaiserliche Kontrolle stärker, der F. zieht wohl alle Naturalrevenuen an sich, da er allein jetzt für die Frumentationen verantwortlich ist; fortgesetzt wird dieser Prozeß unter den Flaviern, wo in den Senatsprovinzen kaiserliche Agenten zur Erhebung der Naturalabgaben vom ager publicus erscheinen; abgeschlossen wird er unter Severus (s. Frumentum). Auch zu manchen anderen Zahlungen sind die Senatsprovinzen den Kaisern und dem F. von Anfang an verpflichtet; näher lassen sich aber diese Zahlungen nicht definieren (s. Hirschfeld Verwaltungsb.2 71, vgl. unten über den f. Asiaticus). In welcher Zeit alle Einkünfte der Senatsprovinzen in den F. übergingen, ist leider unmöglich festzustellen; definitiv wohl erst nach Severus Alexander, welcher sicherlich solch eine Usurpation der Senatsrechte nicht geduldet hätte.
Steuerpflichtig sind dem F. auch manche Nationalitäten, abgesehen von ihrem festen Wohnungsorte, wie die Juden, deren Abgaben in den f. Iudaicus in Rom fließen; dasselbe ist vielleicht für die Alexandriner anzunehmen (s. weiter unten).
Einen Teil der bona damnatorum (s. d.) bekommt auch der F., obwohl die Hauptmasse von Anfang an das Patrimonium speist. Die caduca (s. d.) und vacantia (s. d.) sowie die Strafgelder (s. Multa) gehen, seitdem das Aerar dieselben verloren hat, direkt in den F.
Das Patrimonium, welches auch einen Teil der fiskalen Ausgaben zu tragen hat, wird hauptsächlich durch Erbschaften und Konfiskationen gespeist; seine Einkünfte kommen hauptsächlich vom Grund und Boden, vom verschiedentlich verwerteten Bodeneigentum. Sie werden gebildet [2400] durch die Zahlungen in Geld und in natura der Pächter, auch durch den Verkauf der Produkte der Güter. Auch die Kapitalien in Geld haben die Kaiser wohl zu verwerten gewußt.
Vielleicht noch in größerem Maße wie die Einnahmen wachsen die Ausgaben des F., welche sicherlich auch die Privatmittel des Kaisers in Anspruch nahmen.
Von Anfang an lasten auf dem F. die Kosten der Unterhaltung und Besoldung des Heeres und der Flotte. Größere Zuschüsse, wohl aus dem kaiserlichen Patrimonium, fordern die Frumentationen; seit Claudius werden sie vom F. besorgt; noch Nero aber ist genötigt, starke Zuschüsse aus seinen Privatmitteln zu geben (s. o.), was wohl nie aufgehört hat; Ägypten und die kaiserlichen Korngüter haben sicherlich immer einen, wenn nicht den größten, Teil der Frumentationenlast getragen.
Auf dem F. ausschließlich lasteten die Spesen für die Besoldung der kaiserlichen Beamten der verschiedenen rationes und Provinzen. Die Spesen der kaiserlichen Münze trug natürlich der F.
Seit Vespasian (Suet. Vesp. 18) besoldet der F. die staatlichen lateinischen und griechischen Rhetoren.
Seit Traian kommen die Spesen der Alimentationen (s. d.) dazu, seit Severus die der kaiserlichen Post (s. Cursus publicus).
Die großen Wegebauten (s. Viae), hauptsächlich in den Provinzen, sind wohl auch, insofern sie nicht den Provinzialen als munus aufgelegt worden sind, vom F. bezahlt worden.
Schwer zu scheiden sind die Ausgaben des Patrimoniums und des F. bei den Spesen der Kaiser in der Stadt Rom. Sicherlich lasteten die opera publica auf dem Patrimonium (CIL XI 3860.[16] Hirschfeld Verwaltungsb.2 269). Das Patrimonium hat wohl auch die Spesen für die kaiserlichen Spiele getragen.
Dagegen lasteten die Wasserleitungen auf dem F. (wenigstens zum Teile, s. Frontin. de aq. 105, vgl. II 118). Schwieriger ist die Frage bei den Spesen der Wegepflasterung (Hirschfeld a. a. O. 260f.) und der Tiberregulierung (Hirschfeld 263). Die Spesen für die Bibliotheken tragen ausschließlich die Kaiser (Hirschfeld a. a. O. 298ff.).
5. Die rechtliche Natur des Fiscus.
Seitdem Mommsen in seinem Staatsrecht (II3 1025) den F. als Privateigentum des Kaisers bezeichnet hat, ist es eine vielbesprochene Frage geworden, welche rechtliche Natur dem F. überhaupt zuzuweisen ist und in welchem Verhältnis der F. zur Person des Kaisers stand. Gegen Mommsen hat sich sofort Hirschfeld erklärt (Verwaltungsg.1 8ff.), indem er nachgewiesen hat, daß die Theorie vom Privateigentum des Kaisers an den fiskalen Sachen und dem F. sich erst in den Zeiten der Militärdespotie gebildet hat und daß selbst in dieser Zeit die fiskalen Sachen nur als quasi propriae et privatae (Ulp. Dig. XLIII 8, 2, 4) bezeichnet werden. Diese Auffassung hält Hirschfeld, auch nach den Entgegnungen von Mommsen in der zweiten und dritten Auflage seines Staatsrechts (II3 1000ff.), in der zweiten Auflage seiner Verwaltungsbeamten aufrecht (8ff.). Als Rechtssubjekt dem F. gegenüber gilt für ihn auch jetzt (s. Mommsen a. a. O. 999, 1) eher der Staat als die Person des Princeps. Bei den [2401] Juristen hat die Theorie Mommsens ebensowenig Anklang gefunden. Karlowa (R. Rechtsgesch. I 505) hat den F. für Magistratsgut erklärt, Brinz (S.-Ber. Akad. Münch. 1886, 470ff.) als Zweckvermögen des Princeps als solchen, beide also traten weder für die eine noch für die andere der beiden Mommsenschen Alternativen (entweder ist das Rechtssubjekt der Staat oder die Person des Princeps) ein (vgl. Kniep Soc. publ., 202f.). Die Antwort auf die oben gestellte Frage gibt die oben skizzierte Geschichte des F. Von den Kaisern des 1. Jhdts. hätte sicherlich keiner sich der Mommsenschen Theorie angeschlossen. Alle haben scharf zwischen dem Patrimonium und den öffentlichen Einnahmen geschieden (charakteristisch dafür ist besonders die Beibehaltung der beiden Ressorts in Ägypten, dem streng monarchischen Lande, wo der Kaiser an die Stelle der Könige getreten ist, sich aber trotzdem nicht als Eigentümer des ganzen Landes gefühlt hat), und selbst das Patrimonium wird je weiter desto mehr zum Krongut des Kaisers als solchen, welche Auffassung sich auch in der Verwendung der Patrimonialeinkünfte für staatliche Zwecke äußert. Auch die seitens einzelner Kaiser stark hervortretende Tendenz zur Vermehrung des Patrimoniums spricht für diese Auffassung. Die unabweislichen Forderungen der Zeit und des Staatswohls haben die Kaiser gezwungen, sich in die Verwaltung des Staatsgutes einzumischen, aber noch in den Zeiten des Severus Alexander ist publicus keineswegs dem fiscalis synonym, die res fiscales gar nicht den patrimonialen gleich, was in der Schaffung der res privata unter Septimius Severus klar zu Tage tritt. Die bekannte Äußerung des Kaisers Pertinax (Herod. II 4, 7) ist sicher von den besseren Kaisern geteilt worden. Die Ansichten oder Launen eines Commodus kommen aber gar nicht in Betracht. Wo die Kaiser ernst reden, reden sie wie der große Reformator des ganzen Finanzwesens, Hadrian (Hist. aug. Hadr. 8, 3): ita se rem publicam gesturum, ut sciret populi rem esse non propriam, was Kornemann (Kaiser Hadrian 89) so trefflich mit der analogen Äußerung des Severus Alexander (Hist. aug. Alex. 15, 3) populi vilicus vergleicht und als von den Ideen dieser Zeit beeinflußt erklärt, was aber gar nicht gegen die Authentizität des Ausspruches angeführt werden darf, zum mindesten aber die noch im 3. Jhdt. herrschende Vorstellung wiedergibt. Faktisch aber waren alle Mittel des Staates zur Disposition des Kaisers, und es existierte für ihn nach der Reform des Claudius keine Verpflichtung, über die Verwendung derselben Rechnung abzulegen. Dies machte in den Augen der Untertanen den F. zum Eigentum des Kaisers, und diese sich immer stärker, besonders in den Provinzen vom monarchischen Osten aus verbreitende Ansicht findet auch bei den Juristen, welche sich hauptsächlich mit dem Privatrechte befassen und die Normen desselben überall anzuwenden bestrebt sind, Anklang, indem sie die faktische Allmacht des Kaisers dem Privateigentum gleichstellen. Es war die einfachste aber auf keinen Fall richtige Erklärung, die der Eigenart des Staatelebens keine Rechnung trug. Niemand wird in unseren Zeiten behaupten wollen, alle die Mittel des russischen Staates seien Privateigentum [2402] des russischen Kaisers, weil wir hier mit einer fortschreitenden Entwicklung zum Rechtsstaate zu tun haben; in Rom war es anders: der Rechtsstaat verwandelte sich in eine rechtlose Despotie, es war aber deshalb der Begriff des Staates keineswegs tot, und die vollständige Identifizierung des Staates mit dem Kaiser hat sich jetzt noch – vielleicht auch überhaupt – nicht vollzogen.
Demgemäß stelle ich mich auch auf die Seite des Kaisers Pertinax und erkläre für das Rechtssubjekt den Staat, welcher, was zuzugeben ist, die Tendenz hat, sich in die Person des Princeps aufzulösen.
Für die Zeiten der Dyarchie wird man aber der Theorie Karlowas beipflichten müssen: der Kaiser schaltet frei über die Staatsgelder in seiner Eigenschaft als Magistrat des römischen Volkes, in seiner Eigenschaft als imperator und princeps; er ist aber verpflichtet, die Gelder nur für Staatszwecke zu verwenden und dem Volke darüber Rechenschaft abzulegen.
6. Die einzelnen fisci.
F. Alexandrinus.
Über die Geschichte und Bedeutung dieser Kasse haben wir nur ganz dürftige Nachrichten. Ein Procurator desselben in der Flavischen Zeit ist in der Inschrift Dessau 1518 bezeugt; der Procurator ist ein Freigelassener und bekleidet außer dieser Charge noch die procuratio thesaurorum und hereditatium, alles städtische Ämter. Daneben ist seit dem 1. Jhdt. (CIL VI 5744)[17] und bis in die Zeit Traians (Not. d. Scavi 1901, 20, gefunden in Puteoli) ein tabularium, f. Alexandrini bezeugt (vgl. CIL VI 8573).[18] Endlich haben wir zwei Bleistempel mit den Aufschriften fisc(i) Alex(andrini) und fisc(i) Ale(xandrini) der erstere mit dem Kopfe des Kaisers Pius (CIL XV 7974.[19] 7974 a), beide wohl römischer Provenienz. Spätere Nachrichten besitzen wir nicht.
Danach ist es klar, daß die Kasse ihren Sitz in Rom hatte, daß ihre Agenten sich (ob ständig?) in Puteoli befanden, daß sie aus andern Gegenden (wohl hauptsächlich aus Alexandria) Geldsendungen bekam (zu denselben gehören die beiden Bleistempel). Wann sie gegründet worden ist, ist nicht bekannt, sicherlich nicht vor der Flavischen Zeit, vielleicht in dieser, wie die Konzentration der Urkunden auf das Ende des 1. bis Mitte des 2. Jhdts. zeigt. Bei dieser Dürftigkeit der Nachrichten ist es nicht zu verwundern, daß die Ansichten der Gelehrten über die Bedeutung des f. stark auseinandergehen. Seiner Erklärung des f. Iudaicus und Asiaticus gemäß hält Mommsen (Hirschfeld Verwaltungsg. 14, 2) die Kasse für die Kasse der Kopfsteuer, welche von den Ägyptern, die Alexandriner ausgeschlossen, bezahlt worden ist – eine Erklärung, bei der die Benennung f. Alexandrinus ganz merkwürdig bleibt. Froehner (Ann. de num 1890, 236f.) und Wilcken (Ostraka I 641) halten die Kasse für die Hauptkasse der Einkünfte Ägyptens; eine Annahme, die keine einzige Analogie hat (der f. Gallicus ist keine römische Kasse; er residiert in Gallien) und bei der die Benennung ebenfalls stutzig macht. Mehr Rechnung trägt der Benennung und der Zeit Ruggiero (Bull. d. Inst. di dir. Rom. 1888, 1ff.), indem er die Kasse für diejenige, in welche die von Vespasian eingeführte [2403] Kopfsteuer der Alexandriner floß, erklärt; diese Erklärung habe auch ich angenommen mit der Modifikation, daß alle kaiserlichen Einnahmen aus Alexandrien in diese Kasse abgeführt wurden (Diz. ep. III 125f.). Eine neue Hypothese hat Hirschfeld in der zweiten Auflage seiner Verwaltungsbeamten ausgesprochen (S. 370f.). Er glaubt (S. 371), ,daß die wesentliche Bestimmung des f. Alexandrinus der Verrechnung mit der stadtrömischen Getreideverwaltung gegolten hat.‘ Dabei ist es für ihn maßgebend, daß eine Inschrift der Verwaltung sich in Puteoli, dem Haupthafen für Alexandrien, gefunden hat, daß die Kasse mit dem f. frumentarius gleichzeitig gegründet worden ist, und daß die Benennung Alexandrinus keineswegs eine Beschränkung auf Alexandrien bedeutet. Demgegenüber ist zu bemerken, daß die reliqua der Inschrift CIL VI 8573[18] und die Bleiplomben auf Geldabgaben, welche nach Rom expediert und dort verrechnet wurden, schließen lassen, was bei der von Hirschfeld vertretenen Erklärung unverständlich ist. Die Gleichzeitigkeit mit dem f. frumentarius kann leider kaum als Beweis dienen. Meine Vermutung über die Bedeutung der Kasse s. u. unter f. Iudaicus.
F. Asiaticus.
Ebensowenig wie vom f. Alexandrinus wissen wir von dem f. Asiaticus. Die Inschriften, welche uns von dieser Kasse Kunde geben, gehören derselben Zeit und derselben Art an, wie die Inschriften über den f. Alexandrinus. Zwei Procuratoren (einer aus der Zeit Domitians CIL VI 8570,[20] der andere viel später CIL XIII 1800,[21] aber wohl noch aus dem 2. Jhdt.), beide Freigelassene, stehen an der Spitze der Kasse. Ein tabularium (CIL VI 8577,[22] unter Hadrian, und VI 8571) und ein commentarium (CIL VI 8572)[23] der Kasse stehen unter denselben. Der Sitz der Verwaltung ist Rom, nachweisen läßt sich die Existenz derselben erst in Flavischer Zeit. Der Erklärung Mommsens (bei Hirschfeld Verwaltungsg.1 14, 2), die Kasse wäre für die Kopfsteuer der Asiaten da, haben alle späteren Forscher zugestimmt (s. Hirschfeld Verwaltungsb.2 71f. Chapot La province rom. proconsulaire d'Asie, Paris 1904, 336). Sie stützt sich auf den sicheren Nachweis, daß die Asiaten eine Kopfsteuer bezahlt haben (s. Cic. ad fam. III 8, 5; ad Att. V 16), und auf die Tatsache, daß die Kaiser, auch abgesehen von ihren Domänen, Einkommen aus der Provinz Asien gehabt haben (s. die Stellen bei Hirschfeld Verwaltungsb.2 71, 1).
F. castrensis s. Ratio castrensis.
F. frumentarius s. Frumentum.
F. Gallicus provinciae Lugdunensis
ist in einer einzigen Inschrift (CIL VI 5197)[1] aus der Zeit des Tiberius bezeugt. Ein dispensator desselben kommt mit seinem Gefolge nach Rom und stirbt daselbst. Demnach ist es klar, daß wir mit einer Abteilung der Provinzialkasse der Provinz Gallia zu tun haben. Der dispensator kommt nach Rom wohl zur Abrechnung, ob mit dem Procurator zusammen oder allein, läßt sich nicht entscheiden (s. Hirschfeld Verwaltungsb.2 76).
F. Iudaicus.
Über diesen f. haben wir ausnahmsweise reichliche Nachrichten. Josephus bell. Iud. VII 218 sagt uns ganz ausdrücklich: φόρον δὲ τοῖς ὁπουδηποτοῦν οὖσιν Ἰουδαίοις ἐπέβαλεν [2404] (Vespasian) δύο δραχμὰς ἔκαστον κελεύσας ἀνὰ πᾶν ἔτος εἰς τδ Καπετώλιον φέρειν ὥσπερ πρότερον εἰς τὸν ἐν Ἱεροσολύμοις νεὼν συνετέλεον, vgl. Dio LXVI 7, 2 und Suet. Dom. 12: Iudaicus fiscus acerbissime actus est; ad quem deferebantur qui vel improfessi Iudaicam viverent vitam vel dissimulata origine imposita genti tributa non pependissent. Interfuisse me adulescentulum memini cum a procuratore frequentissimoque consilio inspiceretur nonagenarius senex an circumsectus esset. Aus der Zeit Vespasians (5. Jahr seiner Regierung) besitzen wir sogar eine offizielle Urkunde über die Einziehung der jüdischen Steuer, des τέλεσμα Ἰουδαϊκόν, das ἀπαιτήσιμον des Amphodarchen, Wessely Stud. z. Palaergr. u. Papyrusk. IV (1905) 71 Kol. XI Z. 154 (483) und bes. 171 (451), vgl. ebd. I 9ff. Nerva hat den Ausschreitungen der Beamten ein Ende gesetzt, s. Eckhel D. N. VI 404, 327. Cohen II 6 nr. 54–57 mit der Aufschrift fisci Iudaici calumnia sublata. Ein Beamter aus Flavischer Zeit führt den Titel procurator ad capitularia Iudaeorum (CIL VI 8604).[24]
Danach wird es verständlich, weshalb sich der F. gerade in Rom befunden hat. Alle Juden der ganzen Welt waren verpflichtet, die Zahlung zu leisten. Natürlich befand sich die Hauptkasse und Verwaltung in Rom, wo, wie bekannt, viele Juden residierten. Deshalb fungierte hier für die Einziehung der Steuer in Rom selbst ein besonderer Beamter, welcher wohl kaum Vorsteher der ganzen Verwaltung war. In den Provinzen wird die Abgabe von der Administration des Landes eingezogen; besondere Beamte werden dafür kaum angestellt worden sein. Sicher wissen wir das von Ägypten, s. Wessely a. a. O.
Nun ist es aber auffallend, daß die Kasse für die Juden in derselben Zeit wie die beiden f. Alexandrinus und Asiaticus gegründet und in derselben Art benannt worden ist. Die Analogie der Benennung fiel schon Mommsen auf und ergab seine Erklärung des f. Asiaticus. Dazu kommt noch die Analogie der Zeit der Entstehung. Weiter ist zu bemerken, daß auch die cives Alexandrini, wie die Juden, eine ganz separat stehende Klasse der Bevölkerung des römischen Reiches bildeten (s. Marquardt St.-V. I 444 und Lumbroso L’Egitto 274ff.), und daß die Alexandriner ebenso wie die Juden in der ganzen Welt zerstreut und dabei besonders stark in italischen Häfen hauptsächlich in Puteoli und Rom vertreten waren. Eine stark zerstreute Nationalität – sie bezeichnen sich selbst als ἔθνος (ganz wie die Alexandriner, s. IGR III 409, vgl. Österr. Jahresh. Beibl. 1901, 46), obwohl unter ihnen natürlich die verschiedensten Nationen vertreten waren, s. Dittenberger Or. gr. 504, 9 – waren auch die Asianer, die Kaufleute der großen kleinasiatischen Städte, welche wohl in der ganzen Welt residierten. Wenn wir dabei bedenken, daß die Juden und Alexandriner erst von Vespasian (s. über die Alexandriner Dio LXVI 8, 5, vgl. Ruggiero Bull. d. Inst. di dir. R. 1888, 16 und Wilcken Ostraka I 241, 1; gegen den letzteren sei bemerkt, daß die Fürsprache des Titus sich auf die beabsichtigte τιμωρία Vespasians bezieht, nicht auf alle Vexationen des Kaisers) mit einer allgemeinen Reichskopfsteuer belastet worden sind, daß diese [2405] Belastung nicht von Iudaea und Alexandrien aus wegen der Zerstreuung der Belasteten verwaltet werden konnte, was den Begründer der Steuer – Vespasian – naturgemäß dazu führen mußte, die Verwaltung der Steuer in Rom zu konzentrieren, besonders da die Judensteuer, natürlich als Hohn, für den Tempel des Iuppiter Capitolinus bestimmt wurde, daß auch die Asiaten, welche ebenso zerstreut waren, wie die Juden und Alexandriner, kopfsteuerpflichtig waren, so haben wir wohl das Recht, anzunehmen, daß es Vespasian gewesen ist, welcher auch für die asiatische Kopfsteuer einen Zentral-F. in Rom gründete. Wie weit die Grenzen der asiatischen Steuer gezogen waren, ist kaum zu bestimmen; möglich ist es, daß ganz Asien oder Kleinasien darunter begriffen war (s. Varro de l. l. V 16. Strab. XII 534), obwohl es verständlicher scheint, den Begriff auf die Senatsprovinz Asien zu beschränken.
Die eben ausgeführte Erklärung hebt manche Schwierigkeiten auf. Wir haben demnach eine Geldsteuer, welche aus allen Gegenden der Welt nach Rom abgeführt wird; damit erklären sich die reliqua und Bleiplomben der alexandrinischen Steuer und ein Beamter derselben in Puteoli; damit wird auch die analoge Benennung und die Gleichzeitigkeit aller drei Kassen verständlich. Bei dem Mangel an Nachrichten aber muß es natürlich zugegeben werden, daß auch die vorgeführte Hypothese nur als solche gelten darf, und eine sichere Entscheidung der schwierigen Frage bis jetzt nicht möglich ist. Gegen die vorgetragene Deutung des f. Alexandrinus scheint z. B. die Erwähnung der Alexandriner als nicht kopfsteuerpflichtig (?) in den oben angeführten, von Wessely zusammengestellten Verzeichnissen des Amphodarchen (s. Wessely a. a. O. S. 69 Kol. IV Z. 59ff. Kol. V Z. 72ff.; S. 75 Kol. IV Z. 60. Kol. V Z. 74; S. 76 Kol. VΙΙΙ Z. 111 und 119ff.) zu sprechen.
F. libertatis et peculiorum s. Vigesima libertatis und Peculia.
Anmerkungen (Wikisource)
[Bearbeiten]- ↑ a b Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 5197.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum XV, 560.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 967.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 8409.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 1550.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 1356.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 10233.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 11813.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum III, 14195.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum II, 4136.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum XIV, 2932.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum XIV, 2504.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum III, 431.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1016.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum II, 6278.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum XI, 3860.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 5744.
- ↑ a b Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 8573.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum XV, 7974.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 8570.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 1800.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 8577.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 8572.
- ↑ Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 8604.