RE:Freigelassene I
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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in Griechenland aus der Sklaverei entlassene Personen | |||
Band VII,1 (1910) S. 95–100 | |||
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Freigelassene. I. In Griechenland.
Die Bezeichnung ist ἀπελεύθερος und ἐξελεύθερος, Poll. III 83. Für einen Bedeutungsunterschied spricht Athen. III 115 b. Das letztere bezeichnet den in Knechtschaft Geratenen und wieder Erlösten oder auch den Sohn des ἀπελεύθερος, also den nicht im Sklavenstande Geborenen. Harpocr. p. 31 Bk.: ἀπελεύθερος ὁ δοῦλος ὤν, εἶτα ἀπολυθεὶς τῆς δουλείας, ὡς καὶ παρ' Αἰσχίνῃ, ἐξελεύθερος ὁ διά τινα αἰτίαν δοῦλος γεγονώς, εἶτα ἀπολυθείς · ἔστι δ' ὅτε καὶ οὐ διαρφέρουσι, und ähnlich Eustath. Od. XIV 63 p. 1751, 2. Hesych. s. ἐξελεύθεροι · οἱ τῶν ἐλευθερουμένων υἱοί. Auch die bei Pollux a. O. aus Demosthenes angeführten νόμοι ἐξελευθερικοί und ἀπελευθερικοί sprechen für den Unterschied, wenn er auch öfters nicht beachtet wurde. Homer kennt die Freilassung noch nicht (sie würde sonst Od. XXI 213 erwähnt sein), wohl aber den Loskauf des verkauften Kriegsgefangenen, Il. XXI 42. 80. Dieser war so alt wie der Verkauf selbst, und es galt als selbstverständlich, daß der Losgekaufte in seine früheren Rechte nach der Rückkehr wieder eintrat, [Demosth.] LIII 6f., wenngleich auch ein solches Unglück gelegentlich zu Verleumdungen benutzt wurde, Demosth. LVII 18f. Wer das Lösegeld nicht erstattet, bleibt bis zur Rückzahlung in der Gewalt dessen, der es für ihn gezahlt hat, ([Demosth.] LIII 11 für Athen und für Gortyn VI 49). Und das gleiche dürfen wir ohne weiteres für den nicht eben seltenen Fall voraussetzen, daß jemand durch Seeräuber seiner Freiheit verlustig ging. Seltener mag aus natürlichen Gründen dies bei der Schuldknechtschaft vorgekommen sein, die, nachdem sie für Athen durch Solon aufgehoben war, im übrigen Griechenland fortbestand, vgl. Eustath. a. O. ἐξελεύθερον μὲν εἶπον τὸν διὰ χρέος ὑπὸ τῷ δανειστῇ γενόμενον δούλου δίκην, εἶτα ἀπολυθέντα. Von Freilassungen der Leibeigenen oder Hörigen, wie sie in verschiedenen, besonders dorischen Staaten sich fanden (Poll. III 83. Büchsenschütz Besitz und Erwerb 126. Guiraud Propriété foncière 407), hören wir wenig, außer von Sparta, wo den einzelnen Herren die Freilassung von Heloten untersagt (Ephoros bei Strab. VIII 365), im übrigen aber nicht selten war (s. Μόθακες, Μόθωνες, Νεοδαμώδεις). In Kriegsnot gestattete Kleomenes den Heloten durch Erlegung von fünf attischen Minen sich frei zu kaufen (Plut. Kleom. 23). Von den Penesten in Thessalien und den Mariandynen beim pontischen Herakleia ist überliefert, daß sie, wie die Heloten, nicht außer Landes verkauft werden durften (Athen. VI 263 d f. Strab. XII 542). In Gortyn werden V 25 zu einer Erbschaft mangels aller sonstigen Erben berufen τᾶς Ϝοικίας οἵτινες κ' ἴωντι ὁ κλᾶρος, also die Ϝοικέες, und sie müßten in diesem jedenfalls [96] seltenen Falle wohl zugleich die Freiheit erlangen (Rec. Inscr. Jur. Gr. I 422).
Die eigentlichen Sklaven wurden freigelassen entweder durch den Staat oder durch ihre Herren. Der Staat hatte für Anzeige gewisser Verbrechen den Sklaven die Freiheit zugesichert, z. B. in Athen bei Ausrodung heiliger Ölbäume, Lys. VII 16, wahrscheinlich auch bei Tempelraub, Lys. V 3. 5, und jedenfalls bei vielen anderen Vergehen gegen Staat und Religion, da im Vertrage Athens mit den Städten von Keos (Koresos) wegen Ausfuhr von Mennige angebenden Sklaven die Freiheit versprochen wird, IG II 546, 19; vgl. auch Ant. V 31f. In Platons Gesetzen XI 914 a. 932 d findet sich das gleiche bei Diebstahl und κάκωσις γονέων mit dem Zusatz, daß der unbeteiligte Herr eines solchen Sklaven durch Zahlung des Preises entschädigt werden soll, und eine ähnliche Bestimmung hat voraussichtlich die obige Inschrift enthalten. Für Tyrannenmord wird in Ilion (3. Jhdt.) dem Sklaven Bürgerrecht versprochen (Dittenberger Or. gr. inscr. I 218), und zwar unter Berufung auf ein Gesetz. Eine Freilassung durch Volksbeschluß aus unbekannter Ursache mit Zustimmung der Herrin aus Elatea (2. oder 1. Jhdt.) enthält IG IX 109 = Dittenberger Syll.2 842, vielleicht auch 119 = Dittenberger Syll.2 835, vgl. Collitz-Blass III 5007 = Recueil Inscr. Jur. gr. II 313 aus Gortyn (3. Jhdt.). In größerem Umfange fanden solche Sklavenfreilassungen zuweilen in Kriegsnöten statt, teils vor der Gefahr, z. B. bei Marathon, Paus. VII 15, 7. I 32, 3, in Theben gegen Alexander, Diod. XVII 11, 2, im Kampfe gegen Mummius, Polyb. XL 2. Paus. VII 15, 7. 16, 8, teils wurde die Freiheit versprochen für tapfere Beteiligung am Kampfe, z. B. nach Chaironeia, Lyk. Leokr. 41. Dio Chrys. XV 453 R. [Plut.] Vit. X orat. p. 849 a, in Rhodos im J. 304, Diod. XX 84, 3, in Ephesos 86 v. Chr. Dittenberger Syll.2 329, 49 für die Staatssklaven, Nach der Arginusenschlacht wurde den an der Schlacht beteiligten Sklaven Plataierrecht, und damit natürlich die Freiheit gegeben, Ar. Ran. 693. In dem Fall von Rhodos wird erwähnt, daß die Herren der Sklaven entschädigt werden sollen, vgl. Croiset in Mélanges H. Weil 67.
Die Freilassung durch den Herrn erfolgte teils durch Loskauf, teils zur Belohnung für geleistete Dienste, und zwar teils bei Lebzeiten des Herrn, teils für den Todesfall durch Testament. Es ergab sich dabei unmittelbar die Frage, wie sich der F. gegen etwaige Zweifel an dieser Tatsache schützen könne. Der Staat griff hierbei nur vereinzelt und spät ein, indem er eine bestimmte Form vorschrieb, z. B. in Chaironeia IG IV 3301–3406 (2. Jhdt.) τὰν ἀνάθεσιν ποϊόμενος διὰ τῶ σὐνεδρίω) (einmal 3349 διὰ τὰς βωλᾶς) κατὰ τὸν νόμον Χαιρωνέων], ähnlich in Elatea IG IX 125, oder Verzeichnisse führen ließ, z. B. in Thessalien in makedonischer und römischer Zeit mit einer Abgabe von 15 Stateren = 221/2 Denaren, Recueil Inscr. Jur. gr. II 311. In Athen gab es keine solche Vorschriften. Wir hören von Freilassungen vor Gericht, Is. frg. 15 Sch., im Theater, Aesch. III 41, was bald verboten wurde, durch Heroldsruf, Arist. rhet. III 8, aber auch von Streitigkeiten über die Rechtsbeständigkeit der [97] Freiheit (s. Ἄγειν), bei denen das Gesetz den F. auf die Hilfe eines Dritten anwies. Öfters erfolgte die Freilassung auch durch Testament, Diog. Laert. III 30. V 15. 55. 72. X 21. Natürlich konnte auch ein Dritter den Sklaven loskaufen und galt dann als Freilasser, [Demosth.] LIX 32. Hyp. V 5. Athen. XIII 590 d. [Plut.] Vit. X orat. 849 d. Außer den allgemeinen Verpflichtungen, deren Platon Leg. XI 915 a Erwähnung tut, sowie der, den Freilasser zum προστάτης anzunehmen, Harpocr. s. ἀποστασίου, konnten den F. verschiedene Verbindlichkeiten auferlegt werden, Diog. Laert. V 55. Isai. VI 19. Übertreten sie diese, so drohte ihnen die ἀποστασίου δίκη (s. d.). An dem Vermögen des F., wenn er kinderlos starb, hatte der Freilasser Erbrecht, Isai. IV 9. Anaxim. Rhet. ad Alex. I 16; vgl. G. Foucart De libertorum conditione apud. Ath., Par. 1896. Das Recht von Gortyn stellt im Freiheitsprozeß den Angegriffenen insofern besser wie das attische, als es das ἄγειν πρὸ δίκης untersagt, I 1, und im Falle es doch geschieht, jedwedem anbefiehlt, ihm Schutz zu bieten, XI 24. Bücheler und Zitelmann Recht von Gortyn 80f. Ein Beschluß (5. Jhdt., Rec. Inscr. Jur. gr. II 403) weist den F. einen bestimmten Wohnsitz unter dem Schutze des ξένιος κόσμος an, der auch die τίται, die Gewährsmänner ihrer Freiheit, zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen anhalten soll. Bruchstücke von Freilassungsurkunden aus Gortyn mit Zahlung einer Abgabe von 35 Drachmen in Gegenwart des Freilassers binnen 12 Tagen bei Collitz-Blass III 5008f. Urkunden aus Dodona (2. Jhdt.) bei Fick-Collitz II 1350f. enthalten teils Angabe des Preises, teils Verpflichtungen, eine (1356 = Cauer2 249) einen Freikauf, mehrere die Bestimmung ἀπέλυσαν ξενικᾷ λύσει, die ähnlich in Thessalien vorkommt und wohl bedeutet, daß der Sklave unmittelbar in den Stand der ξένοι treten soll, was nicht überflüssig war, da in der Regel dem ἀπελεύθερος noch etwas von seiner Eigenschaft als Sklave anhaftete, vgl. Athen. VI 267 b. Dittenberger Syll.2 468, 3. 18 aus Dyme und Fränkel Inschr. v. Pergamon I 249. Aus Mantinea (1. Jhdt.) Lebas-Foucart 352 k f. wird erwähnt Verkündung der Freilassungen durch den Herold, testamentarische Verfügung und Freilassung einer Sklavin durch die eigene Mutter. In Orchomenos (Arkadien) erhielt die Freilassung (2. Jhdt.) der Stadt gegenüber erst Giltigkeit durch Aufzeichnung auf einem Altar nach Erlegung einer Gebühr, auch hier ist letztwillige Bestimmung erwähnt. In Thera erfolgte sie Καρνείοις ἐν τῷ ἀγῶνι IG XII 3, 336. 1302 (3./2. Jhdt.). In Kalymna waren im 1. Jhdt. n. Chr. die Verbindlichkeiten der F. durch ἀπελευθερικοὶ νόμοι bestimmt (Dittenberger Syll.2 864, 16. 868, 3. 19. 869, 12), die ihnen zwar das Recht freier Bewegung verliehen, 865, 4, aber selbst den Erben des Freilassers gegenüber gewisse Verpflichtungen auferlegten, 867, 10. 868, 6. 22. Diese konnte jedoch der Freilasser ganz oder teilweise aufheben (ἀπέλυσε τῶν ἀπελευθερικῶν δικαίων).
In andern Staaten verfiel man darauf, das Ansehen der Götter und Tempel zum Schutze der Sklaven zu benützen, indem man sie einer Gottheit weihte und in ihrem Tempel eine bezügliche Inschrift aufstellte. Sie wurden dadurch ursprünglich [98] in den Dienst des Gottes gegeben, der immer schon leichter war als der weltlicher Herren. Allmählich aber wurde die Weihe an einen Gott eine bloße Form für die Freilassung, die vor der rein bürgerlichen den Vorteil des religiösen Ansehens und der inschriftlichen Beglaubigung voraus hatte. Die ältesten dieser zahlreichen Urkunden stammen aus dem Poseidontempel am Vorgebirge Tainaron, Collitz-Meister III 4588f., und dem Zeustempel von Olympia, Dittenberger-Purgold 12, und reichen bis ins 5. Jhdt. hinauf. Sie führen immer Zeugen auf. Diese Art der Freilassung ist sehr üblich in Boiotien (2. Jhdt.), z. B. Orchomenos als Weihe an Sarapis und Isis, IG VII 3198f., Lebadeia an Zeus Basileus und Trophonios 3080f., Koroneia an Sarapis 2872, Chaironeia zumeist an Sarapis, doch mitunter auch an andere Götter, 3301–3406 (hier fast ausnahmslos [3327!] unter Mitwirkung der bürgerlichen Behörde, vgl. o.), Thisbe an Artemis 2228. Die Freilassung erfolgt dabei durchaus nicht immer aus gutem Willen, vielmehr legt der Zusatz ἀνατίθησι ... ἐπὶ δωρεᾷ 3332 die Annahme nahe, daß in der Regel der Herr ein Lösegeld empfing. Die Verpflichtung ferneren Verbleibens im Hause auf bestimmte Zeit, meist für die Lebenszeit des Herrn, ist oft ausgesprochen. Mehr vereinzelt findet sich die Form der Weihe in Physkos (Lokris) an Athene IG IX 351, Daulis (Phokis) ebenso a. O. 66, und Delphoi an Apollon Collitz-Baunack II 2097. 2172. In 2071 findet sich ἀνατίθησι ... ἐλευθέραν ἐμ παραθήκηι; der Zusatz ist leere Form, denn die Sklavin soll ihren Herrn nach seiner Heimat Makedonien zurückbegleiten, sie hat übrigens für ihre Freilassung 200 Drachmen erlegt. Ähnlich in Stiris (Phokis) IG IX 34 ἀφίητι ... ἐλεύθερα ... καὶ παρακατατίθητι παρὰ τοὺς θεοὺς καὶ τὸν Ἀσκλάπιον καὶ τοὺς πολίτας καὶ τοὺς Φωκεῖς, wie denn hier auch die übliche Weihe an Asklepios so sehr als Äußerlichkeit empfunden wird, daß sie auch wegbleiben kann (nr. 42 = Dittenberger Syll.2 841). Dagegen hat das Wort παρακατίθεσθαι seine volle Bedeutung in IG VII 1780 aus Thespiai, wo der Herr die F., die für seine Lebenszeit bei ihm bleiben sollen, im Falle seines Todes πα[ρακατα]τίθεται οὗτα τὰ σώματα ἐναντία τῷ Ἀσκλαπίῳ παρὰ 'Επίτιμον und anderen Freunden. In Makedonien (Edessa und Skydra) hat sich die Freilassung in Form der Weihe bis ins 3. Jhdt. n. Chr. erhalten, Recueil Inscr. Jur. gr. II 249.
Einen Übelstand aber hatte diese Form, sie schwieg von dem Preise, den der Sklave erlegt hatte, und mußte wohl davon schweigen, da er mit dem Begriff der Weihe in Widerstreit lag. Man ging deshalb zu dem Verkauf an eine Gottheit über, der außerdem gestattete, die Bedingungen genauer festzusetzen, im Falle der Nichterfüllung den Vertrag für nichtig zu erklären und andererseits für die Erfüllung durch den Verkäufer Gewährsmänner zu stellen. Diese Form ist besonders ausgebildet in Delphoi (Collitz-Baunack II 1684–2342, dazu Colin Bull. hell. XXII 1f. Pomtow Philol. 1899, 52f. zwischen 201 v. Chr. und 126 n. Chr.; eine erhebliche Zahl ist außerdem noch nicht veröffentlicht). Der Verkäufer ist einer oder mehrere, auch Frauen und Minderjährige, diese meist mit einem Beistande, [99] auch eine Stadt (1706), die προστάται τῶν δαμιοργῶν (2189), auch Fremde, meist aus dem nördlichen Griechenland, ein Vertreter des Königs Attalos (2001). Vielfach geben mutmaßliche Erben ihre Zustimmung. Von dem Sklaven wird das Geschlecht, das Alter, ob Kind oder Erwachsener, die Heimat angegeben. Der Preis wird genannt, ebenso, daß er gezahlt ist, mitunter mit genauer Bezeichnung des Ortes, wo die Zahlung erfolgt ist. Ziel des Vertrages ist die Freiheit des Sklaven, der Verkauf an den Gott ist nur Schein (ἐφ' ὥιτε ἐλεύθερον εἶμεν καὶ ἀνέφαπτον ἀπὸ πάντων τὸν πάντα βίον, καθὼς ἐπίστευσε Ἱστιαῖος τῶι θεῶι τὰν ὠνάν, ποιέων ὅ κα θέληι 1738). Wird diese Freiheit angetastet, so darf er sich und andere ihn ungestraft schützen. Er behielt sein Eigentum (darunter selbst wieder Sklaven 2197). Diese Freiheit wird jedoch in dem Vertrage häufig und in der verschiedensten Weise beschränkt, durch Anweisung eines bestimmten Wohnsitzes, Verpflichtung zu einmaligen oder jährlichen Zahlungen, am häufigsten durch die Anweisung, eine bestimmte Zeit oder für Lebenszeit des Freilassers oder einer andern Person bei dieser zu bleiben und ihr weiter zu dienen (δουλεύων καθώς καὶ ὥς 2160). Der Herr darf ihn strafen mit mäßigen Schlägen (πλαγαῖς ἀσινέσις 2261), aber nicht verkaufen. Dies nur, wenn der F. sich seinen Verbindlichkeiten entzieht. Diese erstrecken sich auch vielfach auf Bestattung und Totenehren. Über die Kinder einer F. während der Zeit dieser παραμονά bedarf es besonderer Bestimmung, ob sie frei oder Sklaven sein sollen. Das letztere ist in der Kaiserzeit, wo die Sklaven selten wurden, meist der Fall. Mitunter wird festgesetzt, daß diese Dienstzeit für eine bestimmte Summe abgelöst werden kann, und auch darüber sind Urkunden vorhanden (1751. 1919. 2143 u. a.). Die Erbschaft des F. wird dem Freilasser teils ganz vorbehalten (1718. 1759. 1817), teils für den Fall der Kinderlosigkeit (1878. 1891. 2090, daher das Verbot, Kinder aufzuziehen, IG IX 374 Naupaktos), andererseits kommt es auch vor, daß der F. zum Erben des Freilassers eingesetzt wird (1731. 1799. 2070). Zur Sicherung der Erfüllung des Vertrags durch den Verkäufer werden noch ein bis drei Gewährsmänner (βεβαιωτῆρες oder, wenn der Verkäufer ein Lokrer ist, προαποδόταί) bestellt κατὰ τὸν νόμον oder bei Fremden κατὰ τὸ σύμβολον, d. i. wie es beim Verkauf durch Gesetz oder Vertrag vorgeschrieben war, mit Androhung von Exekution und Konventionalstrafen, wenn sie ihren Pflichten, den F. zu schützen, nicht nachkommen. Außerdem werden noch Zeugen hinzugezogen, teils Beamte und Priester, teils Privatleute. Der Vertrag wird auf Papyrus, Wachstafel oder Buchsbaum aufgezeichnet, von den Parteien unterschrieben und im Tempelarchiv niedergelegt, mitunter werden Abschriften noch bei Privaten in Verwahrung gegeben, und zu größerer Bekanntmachung wird der Vertrag auf einer Tempelmauer eingegraben. Nachweislich seit 15 n. Chr. (Colin nr. 83) war der Freilasser verpflichtet, den Vertrag eigenhändig zu schreiben, wenn er es nicht konnte, von einem anderen in seiner Gegenwart schreiben zu lassen und ihn durch den γραμματεύς im γραμματοφυλάκιον niederzulegen, ferner eine Abschrift beim Tempel eingraben zu [100] lassen. Ähnlich in Amphissa, vgl. Keramopullos Beitr. z. Alt. Gesch. IV 18f. Ganz ähnlich war das Verfahren in Tithora (1. Jhdt, Verkauf an Sarapis, die Aufzeichnung erfolgte auf Volksbeschluß, IG IX 188f.), Amphissa (Lokris, 1. Jhdt., Verkauf an Asklepios, IG IX 318. 1066f.), Chaleion (2. Jhdt., Verkauf an Apollon, IG IX 331), Naupaktos (2. Jhdt., Verkauf an verschiedene Götter, IG IX 359f.), Phistyon und Arsinoe (Aitolien, 2. Jhdt., an Aphrodite, IG IX 417, und an Herakles, IG IX 400f.), Physkos (Lokris, 2. Jhdt., an Athene, IG IX 349f.). Testamentarische Freilassung mit Weihe von Besitzgegenständen verbunden aus Kos (2. Jhdt., Dittenberger Syll.2 734) und Delphoi (2. Jhdt., Collitz II 2101 und ganz eigentümlich ebd. 2084). Lösung des Herren aus Kriegsgefangenschaft durch den Sklaven, IG IX 125 aus Elatea, Collitz II 2086. 2167, aus Delphoi. Übrigens findet sich auch früh schon in Urkunden einfache Erwähnung des Gottes, z. B. ἀπηλευθέρωσεν ὑπὸ Δία Γῆν Ἥλιον (2. Jhdt., Dittenberger Syll.2 837 = IG IX 412) aus Thermon (Aitolien) oder Beteiligung des Gottes als Empfänger der Konventionalstrafe (3. Jhdt., Dittenberger Syll.2 836). Und so Weihe mit παραμονὴ und Freilassung auf den Todesfall bis ins 3. Jhdt. n. Chr. aus Pantikapaion bei Latyschew Inscr. Pont. II 54. Von dort auch jüdische Freilassungen mit Weihe θεῶι ὑψίστωι παντοκράτορι und am Schluß das heidnische ὑπὸ Δία Γῆν Ἥλιον ebd. I 53. 364. 400. Die letzte Formel erscheint auch in Ägypten, Oxyr. Pap. I 48. 49, wo zur Freilassung die Mitwirkung des Agoranomos erfordert ist, Mitteis Herm. XXXIV 104 (1. Jhdt. n. Chr.), und ebd. III 494. 5 (2. Jhdt. n. Chr.) sogar in einer letztwilligen Freilassung. Ebd. IV 716. 722 (derselben Zeit) erscheinen Teilfreilassungen bei mehreren Besitzern z. B. zu einem Dritteil, Mitteis Archiv f. Pap. III 252. Sonst wurden in Ägypten die ταβέλλαι ἐλευθερίας regelmäßig in zwei Ausfertigungen errichtet, deren eine beim βιβλιοφύλαξ verblieb, die andere wahrscheinlich der F. erhielt, BGU 388 (2./3. Jhdt. n. Chr.). Eine Steuer auf Freilassungen erwähnt BGU 96. 326. 338. Endlich enthält IG IV 530 ein Verzeichnis von Bürgen bei Freilassungen aus dem Heraion von Argos, in der Form, daß dem Namen des F. im Genetiv der des Bürgen im Nominativ folgt, danach unerklärte (dochwohl Zahl-)Zeichen, z. B. Ἀρκείδα Ἑρμογένης γαε. Wofür die Bürgen haften, ist nicht gesagt. Vgl. Foucart Mémoire sur l'affranchissement etc., Paris 1867. Büchsenschütz Besitz und Erwerb 168ff. Drachmann De manumissione servorum apud Graecos, Nord. Tidskr. VIII 1ff. Recueil Inscr. Jur. gr. II 233f.