Aus dem Tagebuche eines sächsischen Offiziers 1814–1815
← Eine höfische Festordnung aus Kurfürst Augusts Tagen (1572) | Aus dem Tagebuche eines sächsischen Offiziers 1814–1815 (1908) von Friedrich Ernst Aster Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908) |
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Es war in den letzten Tagen des Jahres 1813, da kehrte ein junger sächsischer Offizier, der Sousleutnant vom Regiment „Prinz Maximilian“, Friedrich Ernst Aster[1], nach fast achtzehnmonatiger Gefangenschaft in Rußland, in die er bei Kobryn mit den Resten der Klengelschen Brigade nach tapferer Gegenwehr geraten war[2], in die Heimat zurück. Schon unterwegs hatten er und seine Leidensgenossen erfahren, welche Veränderungen in den politischen Zuständen Sachsens in der letzten Zeit eingetreten waren. Von allen Mitteln entblößt und nicht gesonnen, in den bevorstehenden weiteren Kämpfen gegen Napoleon müßiger Zuschauer zu bleiben, stellte sich der junge Leutnant der Militärverwaltung Sachsens wieder zur Verfügung und wurde sofort als Brigadeadjutant des Generals Lecoq angestellt, der in den nächsten Tagen zur Armee abgehen und mit dieser nach dem Unterrheine aufbrechen sollte. Da die während seiner Gefangenschaft fällig gewordenen Traktamente erst später nachgezahlt wurden, so mußte Aster sich die nötige Ausrüstung und zwei Pferde mit Hilfe guter Freunde auf Borg verschaffen.
Über die Zeit seiner Anstellung als Adjutant des Generals Lecoq in den Jahren 1814 und 1815 hat nun der inzwischen zum Premierleutnant[3] beförderte Friedrich Aster, einer weitverbreiteten Gewohnheit seiner Zeit folgend, ein Tagebuch geführt, welches manche interessanten Aufschlüsse über die Geschichte der sächsischen Armee in jenen beiden bösen Jahren enthält, aber nicht mit der Absicht der Veröffentlichung geschrieben ist. Später hat der Verfasser bestimmt, daß die beiden Oktavbände, welche das Tagebuch füllt, nach seinem Tode dem Hauptstaatsarchiv[4] und erst wieder nach 30 Jahren der Öffentlichkeit übergeben werden möchten. Die Zeit ist nun reichlich um, und es ist also nicht mehr den Absichten des Verfassers zuwider, wenn in diesen Blättern ein Auszug aus seinem Tagebuche erscheint, umso weniger, als die darin behandelte Zeit nun der Geschichte angehört und selbst die unerfreulichsten Dinge, welche darin berührt werden, nicht mehr imstande sind, dem festen Bunde zu schaden, der uns Sachsen heute mit unserem nördlichen Bruderstamme eint. Wohl aber läßt uns das Tagebuch durch die Unmittelbarkeit der Eindrücke und Empfindungen, die es wiedergibt, einen tiefen Blick tun in das Denken, Fühlen und Wollen der [206] sächsischen Offiziere und Soldaten, und wir erkennen mit Stolz und Freude, welchen zähen Widerstand sie den Versuchen entgegensetzten, das Band zwischen Sachsens Fürst und Volk zu zerreißen. So ist dieses Tagebuch ein schlichtes Denkmal deutscher Untertanentreue und verdient auch als solches der Vergessenheit entrissen zu werden. Der geschichtliche Wert der Aufzeichnungen ist sehr verschieden. Sehen wir ab von den rein militärischen Dingen und den persönlichen Erlebnissen, die kein allgemeines Interesse beanspruchen können und deshalb auch nicht mit zum Abdruck kommen sollen, so finden sich noch lange Abschnitte, die sich mit geschichtlichen Ereignissen beschäftigen, welche zwar längst bekannt sind, aber hier von einem Augenzeugen bez. Zeitgenossen so geschildert werden, wie sie sich ihm boten, und als Adjutant und Vertrauter des Generals Lecoq stand der Verfasser den Vorkommnissen bei der Armee näher als manche andere Mitglieder des Heeres[5], die ebenfalls Tagebücher über jene Zeit hinterlassen haben. In mehreren Fällen gibt er auch absolut neue Aufschlüsse und Einblicke. Der Charakter eines Tagebuches intimster Art bringt es indessen mit sich, daß die berührten Ereignisse geschichtlicher Natur in ihren Ursachen und Verkettungen als bekannt vorausgesetzt werden. Wer dagegen heute diese Aufzeichnungen liest, muß sich erst wieder erinnern oder unterrichten, welcher Zusammenhang zwischen den genannten Persönlichkeiten und Vorkommnissen bestand. Aus diesem Grunde soll den Auszügen aus dem Tagebuche eine Einleitung vorausgeschickt werden, die dem genauen Kenner der Geschichte der sächsischen Armee entbehrlich, den meisten Lesern dieser Blätter aber wohl erwünscht sein dürfte.
Die folgenden Ausführungen, im wesentlichen übereinstimmend mit dem ersten Teile eines Vortrages, den der Unterzeichnete am 16. Oktober v. J. in unserem Vereine über die Geschichte der sächsischen Armee in den Jahren 1814 und 1815 gehalten hat, geben, neben den später folgenden Anmerkungen zur Berichtigung und Ergänzung des Tagebuches, im Zusammenhange das wieder, was gedruckte und ungedruckte Quellen darüber sagen. Von letzteren kamen besonders in Frage die einschlägigen Akten des Hauptstaatsarchivs und des Kriegsarchivs. Während jenes nur wenig hierher gehöriges Material enthielt, bot dieses zwar ziemlich viel, doch war es zum großen Teile schon in den gedruckten Quellen verarbeitet. Immerhin verdankt der Unterzeichnete manche Einzelheit und wertvolle Notiz der freundlichen Bereitwilligkeit, mit der die Verwaltungen des Hauptstaatsarchivs und des Kriegsarchivs ihm ihre Aktenbestände zur Verfügung stellten, und spricht dafür auch an dieser Stelle noch seinen wärmsten Dank aus.
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Bei Leipzig hatten sich die Trümmer des schwer
mitgenommenen sächsischen Heeres nach langem Zaudern
und ernstlichem Bemühen, noch in letzter Stunde ihrem
Geschicke eine ehrenvollere Wendung zu geben, von der
Waffenbrüderschaft mit den Franzosen losgesagt. Die
militärische Bedeutung und die wahren Beweggründe
zu diesem folgenschweren Schritte sind neuerdings von
Generalleutnant Larraß in einem Beihefte zum Militärwochenblatt (1906, 10. Heft) ausführlich und überzeugend
dargelegt worden[6]. Für die Zwecke unserer Betrachtung
der späteren Schicksale der sächsischen Truppen müssen
wir das Eine vor allem festhalten, daß nämlich die
sächsischen Kommandeure, als sie ihre Mannschaften in
die Reihen der Alliierten überführten, nicht von dem
Gedanken geleitet wurden, die Sache ihres Königs zu
verlassen, sondern daß sie der Überzeugung waren, ihrem
Landesherrn, der seiner freien Entschließung beraubt
zu sein schien, so am besten zu dienen[7]. Freilich sahen
sie sich in dieser Hoffnung bald grausam getäuscht.
Zwar wurden sie, mit Ausnahme einer reitenden
Batterie von drei Geschützen[8], nicht sofort im Kampfe
gegen ihre bisherigen Waffengefährten verwendet,
aber ihr anderer Wunsch, unter österreichischen Oberbefehl zu kommen[9], ward ihnen nicht erfüllt, und das war ein böses Anzeichen für das, was ihnen bevorstand.
Zunächst folgten sie den Verbündeten bis an die Saale, dann wurden sie zur Einschließung Torgaus beordert. Noch ehe diese Festung sich ergeben hatte, zog man sie in die Umgebung von Merseburg, und hier ging im Dezember 1813 vom Kaiser Alexander der Befehl ein, daß die sächsischen Truppen mit denen Thüringens, Anhalts und anderer kleiner Staaten das dritte deutsche Armeekorps bilden sollten. Der Herzog Karl August von Sachsen-Weimar übernahm als kaiserlich russischer General den Oberbefehl des Korps, welches nun als Reserve des dritten preußischen Armeekorps unter Bülow zu dienen bestimmt war, während es ursprünglich unter den Oberbefehl des Kronprinzen von [207] Schweden kommen sollte[10], der die Sachsen schon 1809 geführt und noch in gutem Andenken hatte.
Mit der notwendigen Reorganisation und dem besonderen Kommando des sächsischen Heeres war schon Ende Oktober gerade der Mann beauftragt worden, der infolge seiner Vorgeschichte am allerwenigsten dazu paßte: der damals in russischen Diensten stehende Freiherr von Thielmann[11]. Dieser hatte, wie bekannt, in April 1813 als Gouverneur der sächsischen Festung Torgau sich zu weit in Unterhandlungen mit den Russen und Preußen eingelassen und den Versuch gemacht, das sächsische Offizierskorps zu einem Anschluß an die Verbündeten zu gewinnen, was ihm, besonders infolge der energischen Haltung des Generals Sahrer von Sahr[12] mißlungen war. Als dann am 10. Mai vom Könige der Befehl eintraf, die Festung den Franzosen zu öffnen, quittierte Thielmann in allerdings ungewöhnlicher Form den Dienst, begab sich ins Hauptquartier der Alliierten und trat bald darauf in russische Dienste[13].
Deshalb wurde er von vielen sächsischen Offizieren, obwohl mit Unrecht, als Deserteur angesehen[14], jedenfalls aber war die gegenseitige Stimmung zwischen Thielmann und den sächsischen Offizieren seit dieser Zeit sehr gespannt[15]. Daß nun eben Thielmann, der sein Schicksal von dem seiner Landsleute getrennt hatte, zum Vorgesetzten der sächsischen Offiziere gemacht wurde, und zwar mit dem Rechte, Offiziere bis zum Obersten zu verabschieden, später sogar mit dem, solche bis zum Hauptmann zu ernennen[16], war, wie gesagt, ein Mißgriff, und auch Thielmanns begeisterter Biograph, Hermann von Petersdorff[17], sieht die Sache nicht anders an. Ja, Thielmann selbst hat es später bitter bereut, diese Stellung angenommen zu haben, und sehnte sich danach, aus ihr erlöst zu werden. Etwas Taktgefühl hätte ihn freilich von vornherein das Unnatürliche seiner Stellung fühlen lassen und ihn bestimmen müssen, sie gar nicht erst anzunehmen. Aber ein seltsames Gemisch von Heimatsliebe und Ehrgeiz hinderte ihn, zu verzichten. Er mußte nun, im Widerspruch mit seiner sächsischen Herkunft, hoffen und wünschen, daß es mit Sachsens Selbstständigkeit vorbei sein möchte[18], sonst hatte ja er in Sachsen nichts [208] mehr zu hoffen. Daß man ihm jedoch Aussicht auf den Posten eines Generalgouverneurs von Sachsen[19] gemacht habe, wie Graf von Holtzendorff in seinen „Beiträgen zur Biographie Thielmanns“ (S. 253) andeutet, ist wohl nur eine Vermutung. Sicher ist, daß Thielmann später alles tat, um die sächsischen Offiziere zum Übertritt in preußische Dienste zu bewegen, und daß seine oft betonte Vaterlandsliebe[20] sich nur noch in der Richtung betätigte, Sachsen ungeteilt an Weimar[21] bez. Preußen fallen zu lassen. Das war also das gerade Gegenteil von dem, was die sächsischen Kommandeure durch ihren Übertritt bei Leipzig hatten erreichen wollen.
Was Thielmanns neue Aufgabe im übrigen anlangt, so besaß er zweifellos das dazu nötige Organisationstalent und hat sie mit Geschick und Energie, wenn auch nicht immer ohne Härte[22], durchgeführt. Unterstützt wurde er dabei durch das Entgegenkommen und die Opferwilligkeit der Behörden wie der Einzelnen; galt es doch, neben der Vervollständigung des nur noch 5300 Mann zählenden regulären Heeres, die Landwehr neu zu schaffen[23], wobei sich Generalmajor von Vieth[24] große Verdienste erwarb, und ein „Banner freiwilliger Sachsen“[25] zu errichten, an dessen Spitze man den ebenfalls in russische Dienste getretenen Generalmajor von Carlowitz[26] stellte. So wurden in kurzer Zeit insgesamt über 40 000 Mann ausgerüstet und zum größten Teile auch ins Feld geschickt, eine Leistung, die dem gänzlich erschöpften Lande nicht hoch genug angerechnet werden kann[27].
Bei dem reorganisierten Heere fanden auch zwei Männer Neuanstellung, die als gute Sachsen und treue Untertanen nichts sehnlicher wünschten, als die baldige Rückkehr und Wiedereinsetzung ihres in preußischer Gefangenschaft weilenden Königs Friedrich August in seine ungeschmälerten Rechte, die darum den politischen Bestrebungen Thielmanns offen und insgeheim sich zu widersetzen allen Anlaß hatten. Das waren Generalleutnant von Lecoq[28] und Oberst von Zezschwitz.
Nicht ohne heftigen Widerspruch Thielmanns und besonders des eben erwähnten von Carlowitz war auf den Wunsch des Herzogs von Weimar die Anstellung Lecoqs und Zezschwitzens erfolgt, doch mußte ersterer ein großes Opfer an Stolz bringen, was Thielmanns Verehrer mit schlecht verhehltem Hohne verzeichneten[29]. Er mußte als Generalleutnant sich mit der Führung einer Brigade begnügen, weil die nächste Stelle nach dem Herzog natürlich für Thielmann, der zunächst nicht mit ausrücken konnte, freigehalten wurde. Lecoq war an Lebensalter über zwei Jahre jünger als Thielmann, sein Patent als Generalleutnant aber war einige Tage früher als das Thielmanns ausgestellt. Seine Gegnerschaft gegen Thielmann glaubt von Petersdorff von dem Zeitpunkte ab datieren zu müssen, da nicht er, sondern Thielmann zum Gouverneur von Torgau ernannt wurde. Das ist jedoch eine zu weitgehende Annahme. Lecoq hatte sich vor den Franzosen eine große Blöße gegeben, als er Ende März 1813 die Reste der Sachsen, die aus dem russischen Feldzuge heimgekehrt waren, auf Befehl des Königs von der französischen Division Durutte getrennt[30] und nach Torgau geführt [209] hatte[31]. Das ist vielleicht der Hauptgrund gewesen, weshalb ihm der König den heiklen Posten in Torgau nicht übertrug, sondern ihn in seine Nähe berief. Lecoq wußte sich schließlich in solche Situationen zu finden. Das bewies er im September desselben Jahres, als er gegen Zeschau zurückgesetzt wurde[32], dem er trotzdem seine Freundschaft erhielt. Die Wohlgeneigtheit seines Königs konnte ihn eben nicht immer gegen seine einflußreichen Gegner schützen. Seine Feindschaft und sein Haß gegen Thielmann hatten ihren tieferen Grund in ihrer verschiedenen Gesinnung gegen König und Vaterland. Wenn sich nun Lecoq mit der Stellung eines Brigadiers zufrieden gab, so geschah das keineswegs aus Mangel an Selbstachtung, auch nicht aus falscher Bescheidenheit – dazu war er viel zu ehrgeizig –, sondern in der Absicht, beim Heere die Flamme der Liebe zum angestammten Herrscher nicht von Thielmann und seinen wenigen Anhängern ersticken zu lassen. Lecoq war so recht der treue Eckart der sächsischen Offiziere und Soldaten, die zu ihm als dem ältesten sächsischen General beim Korps mit Liebe und Verehrung aufblickten und seiner stillen Führung folgten.
Dem mitunter allzu bedächtigen, aber zähen Lecoq stand treu zur Seite der zwölf Jahre jüngere, energische und kluge Adolf von Zezschwitz[33], der Chef des Generalstabes beim sächsischen Korps[34]. Ihm wollte Thielmann persönlich wohl, hielt ihn mehr für den Verführten und schonte ihn, wo er konnte, vielleicht mit in Rücksicht auf seinen Bruder, den Geheimen Finanzrat Joseph von Zezschwitz, der als Mitglied der Immediatkommission in Sachsen eine bedeutende Stellung einnahm.
So lagen die persönlichen Verhältnisse beim sächsischen Korps, als es im Januar 1814, zum Teil noch recht mangelhaft ausgerüstet, aus der Gegend von Querfurt nach dem Unterrheine aufbrach. Mitte Januar traf der Verfasser des Tagebuchs in Begleitung seines Generals in Kassel ein, wo im November 1813 der alte Kurfürst[35] wieder eingezogen war und sich bemühte, in jeder Hinsicht die alte, vornapoleonische Ordnung der Dinge wiederherzustellen. Was der Verfasser über den Kurfürsten und seinen Hof erzählt, ist interessant genug, um nicht übergangen zu werden[36]:
„Mittags [14. Januar] erhielten der General und ich eine Einladung zur kurfürstlichen Tafel. Ich wohne derselben aber nicht bei, da der General nicht zurückkehrt und ich doch nicht allein mich dort einfinden wollte. Die Tafel ist, wie der General mir erzählte, der kontrasten Gesellschaft wegen, sehr amüsant gewesen. Der Kurfürst liebt das Antike und will alles, was nicht mit einem steifen Zopf und gewichsten Toupet versehen ist, reformieren. Die Gräfin von Hessenstein, des Kurfürsten Maitresse[37], hatte mit ihrer sehr bossierten Tochter der Tafel ebenfalls beigewohnt und gegen den Kurfürsten sich mitunter sehr unpassender Ausdrücke bedient. Da der Kurfürst sehr geizig ist, so hatte allenthalben große Ökonomie hervorgeleuchtet. Wein hatten nur die Gäste erhalten, und zwar glasweise, die sich solchen erbeten hatten.“
„Um 10 Uhr [16. Januar] fuhren Heintz[38] und ich mit dem General nach Napoleons-, jetzt Wilhelmshöhe genannt. Es liegt eine Stunde Wegs von Kassel. Der Weg dahin [ist] eine schöne Chaussee mit schöner [210] Lindenallee. . . . . Auf einer der links gelegenen Höhen ist die Löwenburg, eine alte Ruine, die in ihrem Innern mit dem Äußeren übereinstimmt. Von dem jetzigen Kurfürsten früher erbaut, gewährt sie ihm Gelegenheit, seiner Liebhaberei fürs Antike zu fröhnen. Seine Vorliebe fürs Antike geht soweit, daß die die Löwenburg bewachenden Invaliden in alte römische Kostüme gekleidet sind. Sehr wenig sagende Arbeiten der Gräfin Hessenstein fanden wir vor, im Rüstungssaale Rüstungen vom Grafen Pappenheim. . . . . Alle kurfürstlichen Offiziere, die in Kassel eintreffen, müssen sich persönlich beim Kurfürsten anmelden. Er trägt sich ganz nach antiker Art mit einem großen Zopf. Er hat durchaus auch die Armee wieder so uniformiert haben wollen. Um seiner Schwachheit nachzugeben, hat ihm der Kurprinz 6000 Mann Garde überlassen. Schnurrbärte haßt er aufs ärgste. Als er wieder in Kassel eingetroffen, ist seine erste Frage nach der alten Uniform gewesen. Alte Soldaten, die sie noch gehabt, haben sich in diesem Kostüm ihm vorgestellt und den Wachtdienst bei seiner Person übernommen. Der Kurprinz organisiert ein Korps von 24 000 Mann, allein es fehlte nicht mehr als an allem. An einem der Abende unseres hiesigen Aufenthaltes besuchte ich das Theater. Es war uns dazu eine Loge angewiesen. Als ich in die Nähe der Hofloge kam, standen zwei alte Soldaten in antiker Uniform mit großen Zöpfen versehen vor der kurfürstlichen Loge. Es rief mir dies die Zeit Friedrichs des Großen zurück.“ –
In Rheda in Westfalen stieß am 18. Januar der General Lecoq zum Korps, dessen zeitweiliges Kommando er am 20. Januar übernahm. Über einige bemerkenswerte Persönlichkeiten des Hauptquartiers berichtet der Verfasser des Tagebuchs unterm 22. Januar:
„Auf dem heutigen Marsche hatte ich Gelegenheit, das Personal des Generalstabes und die Umgebung des Herzogs kennen zu lernen: Reisemarschall von Spiegel[39], Oberstleutnant von Lindenau[40], Oberstleutnant von Egloffstein[41], Major Pückler[42], der früher in unserem Gardedukorps diente. Er scheint die Kampagne nur des Vergnügens wegen mitzumachen. Er hat einen förmlichen Hofstaat und 12 Pferde, alles englische [?] Rassepferde. Dienst tut er nicht, wohl aber ist täglich Diner, Souper und Spiel bei ihm. In den elendesten Quartieren gibt er Diners von mehreren Schüsseln, welche sein berittener Koch auf den Pferden bei sich führen muß. In seinen Pantalons hat er 14 Taschen und in diesen mehrerlei Apparate, als ein Perspektiv, eine Sonnenuhr, ein Messer mit 14 Klingen und Instrumenten und dergleichen. Er und mehrere seinesgleichen dienen auf diese Weise für die heilige Sache! – Bei unserer Truppe siehts hinsichtlich der Bekleidung traurig aus. Viele unserer Leute haben nur die Kapote und unter dieser Leinwandhosen. Die heilige Sache, für die sie fechten sollen, muß sie erwärmen.“
Am 23. Januar ward die holländische Grenze passiert, und nachdem unter ziemlichen Schwierigkeiten der Rhein überschritten war, befand man sich auf dem eigentlichen Kriegsschauplatz. Vom 4. Februar an mußten alle Offiziere und Mannschaften „als Zeichen der Befreundung mit Holland“ Orangebänder im Knopfloch tragen, „was von den Einwohnern sehr gut aufgenommen ward“.
Der Verlauf des nun beginnenden Feldzuges in Flandern und Nordfrankreich braucht nicht weiter geschildert zu werden. Nur einige Einzelheiten daraus interessieren uns hier. Eine Zeit lang war dem dritten deutschen Armeekorps die fünfte preußische Division unter Generalleutnant von Borstell zugeteilt. Das Verhältnis zwischen den sächsischen und preußischen Soldaten war damals noch ausgezeichnet[43]. „Unsere Truppen, heißt es im Tagebuch, haben sich einen unendlichen Ruhm unter den Preußen erworben[44], und diese [haben] ihre Gesinnung unter dem General Borstell bei dem Einzug in Courtray sehr deutlich ausgesprochen. Auch der Herzog war von ihrem Benehmen sehr erstaunt[45], vorzüglich aber von Leutnant Naundorff[46] und Feldwebel [211] Hirsch[47], welchen letzteren er sogleich zum Offizier ernannte“. – General Borstell hatte bei verschiedenen Gelegenheiten die Tapferkeit und treue Kameradschaft der Sachsen kennen gelernt. Da er tiefes Mitgefühl mit ihrer traurigen Lage hatte, bemühte er sich, ihr politisches Empfinden möglichst zu schonen. Deshalb ließ er einen pommerischen Grenadier, der auf der Wache ungebührlich vom König von Sachsen gesprochen hatte, sofort in die zweite Klasse degradieren und körperlich strafen. In Erinnerung an seine guten Erfahrungen mit den Sachsen trat er nachmals in schwerer Stunde für sie ein[48], zu seinem eigenen Verhängnis. Doch davon später.
Im März war Thielmann mit 8000 Mann Verstärkung aus Sachsen eingetroffen. Seinem Ehrgeize und der Unvorsichtigkeit, mit unerprobten Landwehrmannschaften und ihren unerfahrenen Offizieren gegen feindliche Übermacht vorzugehen, ist hauptsächlich die schwere Niederlage der Sachsen bei Courtray (30. März) zuzuschreiben, wo nur die Brigade von Brause und drei Schwadronen Husaren noch die Ehre des sächsischen Namens retten konnten. Die Verluste betrugen nicht weniger als 255 Tote, 440 Verwundete und über 2000 Gefangene, meist Landwehrleute[49]. Das Tagebuch sagt darüber:
„Den 2. April früh kehrte Solms[50] zurück, aber freilich mit großen Hiobsposten. General Thielmann hatte dem General Maison in der Gegend von Courtray den Rückzug streitig machen wollen, allein dieser war ihm bedeutend überlegen gewesen. Er [Thielmann] hatte daher den Rückzug anbefohlen, doch der wenigen Einsicht des Prinzen Paul[51] und dem schnellen Rückzug von Hellwig[52] hatte er es zuzuschreiben gehabt, daß er in ein Gefecht engagiert worden war, welches nicht anders als nachteilig für ihn hatte ausfallen müssen, um so mehr, da Prinz Paul vier Bataillone Landwehr, unerfahrene und unzuverlässige Truppen, in ein Holz à la débandade und ohne repli aufgestellt hatte. Der Bravour unserer Kavallerie hatte die Infanterie allein ihre Rettung zu verdanken.“
Nach der Kapitulation von Paris (31. März) machte ein zwischen dem Herzog von Weimar und dem französischen General Maison bei Pont-à-Tressin[53] geschlossener Waffenstillstand den Feindseligkeiten ein Ende. Als dann der Herzog nach Paris ging und Thielmann ihm bald nachfolgte, übernahm Lecoq zeitweilig das Kommando des ganzen dritten deutschen Armeekorps. Die Landwehr und die Freiwilligen wurden noch im Mai in die Heimat entlassen, das Korps[54] aber rückte nach Aachen, wo Thielmann wieder zu ihm stieß. Es bildete hier einen Teil der Armee des Niederrheins[55] und war dem Oberbefehl des preußischen Generals der Infanterie Grafen Kleist von Nollendorf unterstellt. Daß man die sächsischen Truppen nicht wie die anhaltischen und thüringischen nach Hause schickte, hatte seinen Grund in der ungewissen Zukunft des Landes. Aus Paris hatte Thielmann, der Anfang Juni endgültig das Kommando des dritten deutschen Armeekorps übernahm, die Nachricht mitgebracht, daß Sachsen wahrscheinlich in Preußen einverleibt werden würde. Deshalb konnte man die sächsischen Truppen in ihrer Heimat nicht brauchen. Sie wurden Mitte Juni von Aachen in die Moselgegend mit dem Hauptquartier in Koblenz verlegt. Die dadurch erzeugte Mißstimmung der Sachsen wurde noch vermehrt durch die ungünstigen Nachrichten, die aus der Heimat eintrafen: eine schlechte Ernte und endlose Truppendurchzüge hatten das Land in eine traurige Lage versetzt. Die von allen mit wenigen Ausnahmen gehoffte und gewünschte Rückkehr des Königs schien immer unwahrscheinlicher. Unter solchen Umständen hielt es Thielmann für geraten, beruhigend auf die Gemüter der ihm unterstellten sächsischen Truppen einzuwirken.
„Den 3. Juli waren sämtliche Generale und Regimentskommandeure des Vormittags zu Generalleutnant Thielmann beschieden. Man erwartete von dieser Zusammenberufung, da zugleich alles zur Tafel invitiert war, eine zweite Torgauer fête. Doch hatte sie nicht stattgefunden. Der General hatte nur sie alle mit der dermaligen Lage Sachsens im allgemeinen bekannt gemacht und sie aufgefordert, sich vorjetzt ruhig zu verhalten, da über Sachsens Schicksal durchaus noch nichts entschieden sei, und bis zum Austrag der Sache alles ruhig abzuwarten und hierzu sämtliche Offiziere zu ermahnen.“
Die nächsten Tage vergingen in Erwartung der Ankunft des Kaisers Alexander, der von Paris kommend auf der Durchreise durch Koblenz die sächsischen Truppen vor sich defilieren lassen wollte. Die Zurüstungen zu seinem Empfange nahmen aller Aufmerksamkeit und [212] Anstrengung in Anspruch. Endlich, am 6. Juli, traf eine bestimmtere Nachricht über des Kaisers Ankunft ein:
„Nachmittags gegen 6 Uhr geht durch einen Kurier die Nachricht ein, daß der Kaiser in Zeit von vier Stunden hier eintreffen würde. – Die Truppen erhalten von Generalleutnant Lecoq, da Thielmann sich in Neuwied befindet, den Befehl, um 8 Uhr auf dem Platz ihrer Aufstellung sich einzufinden. Alles geriet in Alarm. Vorzüglich geschäftig ist man mit der Errichtung von Triumphbögen und Blumengirlanden an den Häusern. Vergeblich warten wir die ganze Nacht hindurch, welches darum auch wieder sein Gutes hatte, weil in dieser Zeit, die Ulanen und das 2. Linienregiment ausgenommen, sich alle entfernten Truppen einfinden und en haye auf der Straße nach Köln aufstellen konnten. Die in der Stadt angeordnete Illumination erlosch zum größten Teile, und nur wenig war davon noch sichtbar, als
den 7. Juli, früh 1/2 3 Uhr, nachdem wir die Nacht wachend auf der Straße verbracht hatten, das Signal [der] Kanonen die Ankunft meldete. Vier bei dem Monument von Marceau[56] aufgefahrene Zwölfpfünder gaben 12 Schuß, ihnen folgten mit einer gleichen Zahl 6 Zwölfpfünder auf den Fuß und diesen 2 Zwölfpfünder an der Kartause. Hierauf setzte die auf der Festung stehende Batterie 65 Schuß nacheinander fort. Der schon angebrochene Tag zeigte uns in einer vorteilhafteren Art. – Er durchfuhr langsam die Reihen unter lautem Hurrarufen. Vor der Stadt überreichten ihm 18 gleichgekleidete 17- und 18jährige Mädchen einen Lorbeerkranz auf einem Kissen und zwei Pokale mit Wein. Die Moselbrücke trug 3 Ehrenpforten. Sein Quartier [war] in der Präfektur. Er erteilte hierauf eine kurze Audienz und ließ sich die Generale präsentieren. Hierauf erteilte er den Befehl, daß er die Truppen nach 6 Uhr vor sich defilieren lassen wolle. Alles setzte sich sogleich in Bewegung und traf nach 5 Uhr auf dem Platz in der Neustadt ein, die Husaren à la tête, ihnen folgten die Kürassiere und die Ulanen, sämtliche Artillerie, die Brigade Lecoq rechts abmarschiert, die Brigade Ryssel, die Brigade Brause. Alles defilierte zur höchsten Verwunderung ungemein gut, sodaß der Kaiser zu wiederholten Malen in Lobeserhebungen ausbrach und die schmeichelhaftesten Ausdrücke gebrauchte. Er bat sich von allen Regimentern die Märsche aus. Ein Teil des Korps rückte noch heute in die Kantonierung, ein großer Teil aber kehrte in die gestern verlassenen Nachtquartiere zurück und brach erst Tags darauf auf.“
Im Anschluß an diese Parade hatte Kaiser Alexander nochmals[57] die Unteilbarkeit Sachsens zugesichert. Thielmann bestätigte das in einem Briefe an von Gablenz[58], datiert Koblenz, den 11. Juli 1714[59]: „Ich sehe die Veränderung der Dynastie als kein Unglück an, aber jede Teilung als eine schändliche Schmach. Der Kaiser hatte die Gnade, dem Offizierskorps zu versichern: Vous resterez Saxons. Das heißt also, der König von Preußen nimmt den Titel König von Preußen und Sachsen an.“ Man dachte sich das künftige Verhältnis der beiden Länder wie das Österreichs zu Ungarn oder Böhmen. Daß dies auf die Dauer keine sehr glückliche Lösung gewesen wäre, können wir heute, gerade im Hinblicke auf Österreich, wohl behaupten. Jedenfalls widersprach sie den Wünschen der meisten Sachsen von damals[60] Sowohl im Lande als beim Heere wurden die Stimmen immer lauter, welche die Zurückführung des Königs Friedrich August in seine Staaten forderten. Bald kam man auf den Gedanken, durch Deputationen und Adressen die diesbezüglichen Wünsche des sächsischen Volkes dem Prinzen Maximilian in Prag und den verbündeten Mächten zu übermitteln. Ehe wir aber auf die Adressenangelegenheit beim Heere eingehen, müssen wir auf kurze Zeit den Verfasser unseres Tagebuchs begleiten, der am 18. Juli das Korps verließ, um mit dem Leutnant Larisch[61] und dem Premierleutnant Roch[61] eine Straße bis Namür zu rekognoszieren. Dieser Auftrag bildete einen Teil der Vorarbeiten zur Entscheidung der Frage, ob für Preußen die Befestigung von Koblenz oder die von Köln in dem gegen Frankreich anzulegenden Festungssystem von Mainz bis Nimwegen vorzuziehen sei[62]. Daß der Verfasser des Tagebuchs zur Lösung dieser Aufgabe mit herangezogen wurde, verdankte er der Fürsprache seines älteren Bruders, Louis Aster, der damals Oberst in russischen Diensten war und die Stellung als Generalstabschef des dritten deutschen Armeekorps inne hatte[63]. Dieser wünschte augenscheinlich, seinen jüngeren Bruder in der immer näher kommenden kritischen Zeit vom sächsischen Korps und [213] dem Einfluß Lecoqs fernzuhalten. Die gute Absicht wurde nur zum Teil erreicht; denn als die drei jungen Offiziere nach Erledigung ihrer Aufgabe wieder in Koblenz eintrafen, hatte sich das Los der Sachsen noch lange nicht entschieden. Die Gefühle der drei Offiziere gegen die Preußen wurden übrigens durch ihre Erfahrungen während der Ausführung ihrer Aufgabe nicht freundlicher. In Namür besonders machte man ihnen unnötige Schwierigkeiten, und gegen Ende der Tour hatten sie noch ein unliebsames Zusammentreffen mit preußischen Offizieren:
„ . . . . Abends 7 Uhr [am 13. August] trafen wir in dem Dorfe Braunsfeld[64], 2 Stunden vor Schöneck, ein und wurden genötigt, dort zu bleiben. An dem hiesigen Kommandanten, Kapitän Loebel vom Schützenbataillon des 2. ostpreußischen Linienregiments, fand ich einen alten Bekannten aus Graudenz, doch wäre es mir lieber gewesen, weder ihn noch seine Kompanieoffiziere kennen zu lernen, da er sich durch voreilige Urteile über das Benehmen unseres Königs und durch Mitteilung von Nachrichten über die fernere Bestimmung Sachsens uns sehr fatal machte und bis zum Abendessen das Gespräch über politische Gegenstände nicht verließ. Als diese Leute endlich durch unser Benehmen wohl merkten, daß uns an dieser Unterhaltung nichts gelegen war, begannen sie ein anderes Thema, nämlich das Lob ihrer Bravour, und daß das Yorksche Korps für seine Verdienste nur von den Engländern belohnt worden sei, die ihnen Kleider, Rum und ich weiß nicht was geschickt hatten. Ohnmöglich wurde es uns, diesem Geschwätz eher als abends 1/2 10 Uhr zu entgehen.“
In Metternich[65], wo die drei sächsischen Offiziere am 18. August eintrafen, erfuhren sie wieder die ersten Nachrichten von ihrem Korps:
„ . . . . . . In Metternich, woselbst wir unser langwieriges Geschäft dem Ende so nahe sehen und wo gerade ein Regenwetter uns ertappt, kehren wir ein und feiern bei einigen Schoppen Moseler von 1811 unsere Rückkehr. Hier lerne ich einen französischen aide-major, namens Martini, einen geborenen Sachsen, kennen, der vor kurzem erst Sachsen verlassen hatte. Von ihm erfuhren wir, daß das sächsische Korps in Marburg und dessen Gegend als Exekution stände. Der Kurfürst von Hessen hatte nämlich seine Truppen auseinander gehen lassen ohne Zustimmung der Alliierten. Bis er sie wieder zusammenberufen hat, soll daher unser Korps das Land besetzen.“
Nach seiner Rückkehr nach Koblenz wartete der Verfasser des Tagebuchs daselbst das Wiedereintreffen seines Generals ab. Die Zwischenzeit benutzte er zu verschiedenen Ausflügen als Begleiter seines Bruders Louis, z. B. am 28. August nach Bad Ems, von wo er mit dem hessischen Obersten Seitz und seinem eben genannten Bruder dem Minister Stein[66] in Nassau einen Besuch abstattete:
„Wir ritten nach dem 1 Stunde entfernten Nassau, um daselbst dem Minister Stein aufzuwarten. Meine Absicht ging bloß dahin, Nassau zu sehen, doch Oberst Seitz persuadierte mich, der Visite mit beizuwohnen. Unangenehm war es mir nicht[67], den Mann kennen zu lernen, der in der politischen Welt so eine große Rolle spielte. – Wir mußten bis gegen 6 Uhr warten, da er noch bei Tafel war. Ich fand dann in ihm einen Mann von ungemeiner Ähnlichkeit von Oberstleutnant Winkelmann[68], nur etwas schief und verwachsen. Er empfing Louis mit vieler Freude und nötigte uns zum Niedersitzen im Garten. Nach verschiedenen Bemerkungen über die Veränderungen, welche sich seit Bautzen, wo er Louis zum letzten Male gesehen hatte, zugetragen, kam bald das Gespräch auf Sachsen. Er mißbilligte das jetzige Benehmen der dermaligen Behörden daselbst außerordentlich und verwunderte sich, daß Dresdens Einwohner den ihnen von den Russen herbeigeführten Druck so geduldig ertrügen. Er versicherte, Repnin[69] geschrieben zu haben, daß er ihn dem Kaiser denunzieren werde, wenn er keine Änderung hierinnen treffen würde. Endlich kam er auf die dermalige Kantonierung der Armee. Hierbei mißbilligte er sehr die dem Korps erteilte Bestimmung, nämlich als Exekution, und meinte, man habe überdies sehr unrecht gehabt, diesen Auftrag den Sachsen zu geben, da sie ihre Unzufriedenheit in die der Hessen ausgießen und dadurch nicht viel Gutes entstehen könnte. Die Rückkehr des Korps nach Koblenz scheint mir nun nicht mehr wahrscheinlich, da Stein meinte, auch auf dem linken Rheinufer hätte dies stattgefunden[70]; man müßte eine dergleichen mißvergnügte Armee lieber in eine altpreußische Provinz senden, dort könne sie das Unheil nicht anrichten; er habe jetzt die Gegend von Münster vorgeschlagen. – Gewiß würde noch manches zu hören [214] gewesen sein, wenn nicht die Damen des Hauses, nämlich Frau und Schwester[71] usw. herzugekommen wären. Die Schwester brachte auch bald das Gespräch auf Sachsen und war der Meinung, es befände sich noch der größte Teil der Sachsen französisch gesinnt. Diese Dame war früher Äbtissin gewesen. Napoleon hatte ihr, ich weiß nicht bei welcher Gelegenheit, einmal wollen die Rute geben lassen.“
Hier bricht der Verfasser seinen Bericht von der Audienz bei Stein ab und bringt nur noch einige Bemerkungen über die Lage des Städtchens Nassau und des Stammgutes der Familie Stein
Am 2. September traf die Nachricht ein, daß die sächsischen Truppen bald wieder nach dem Rheine zurückkehren würden. Was sich inzwischen beim Korps zugetragen, davon erfuhr der Verfasser zuerst durch einen Kurier, der seinen Bruder Louis schleunigst nach Marburg berief, wo die sächsischen Offiziere an Thielmann ein Gesuch, in dem sie auf baldige Rückkehr des Königs antrugen, eingereicht hatten. Louis Aster reiste am 5. September nach Marburg ab. Seine Briefe wie die des Generals Lecoq unterrichteten den Verfasser des Tagebuchs über die Vorfälle bei der Armee bis zu ihrer Rückkehr nach Koblenz, wo dann die Erzählungen der Kameraden die weiteren Aufschlüsse gaben. Wenn so zwar dieser Teil des Tagebuches nicht auf eigenen Erlebnissen und Beobachtungen beruht, so ist er doch im allgemeinen übereinstimmend mit anderen Berichten über dieselben Ereignisse, nur hält er die chronologische Folge nicht immer inne. Es braucht aber schon von hier an der Text des Tagebuchs bis gegen Ende hin nicht weiter durch zusammenfassende Bemerkungen unterbrochen zu werden. Alle Ergänzungen zu diesem wichtigsten Teil des Tagebuchs werden in den Anmerkungen Erledigung finden.
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„9. September [1814]. Eben habe ich mein Diner beendigt, als Oberstleutnant Lindemann[72] bei mir eintritt und einen Brief vom General und einen von Louis bringt. Oberstleutnant von Lindemann reist in Gesellschaft des Generals Brause[73] zu General Kleist nach Aachen. General Thielmann hat nämlich nach Einreichung des Memoires der Offiziere für den König besonders darüber zu tadeln begonnen, daß keiner derselben den Eid, den er dem König geleistet, anders als durch den König selbst gelöst wissen wolle. Thielmann hatte dies als auf Anstellung Österreichs genommen[74] und hierüber mehr, als er gesollt, dem General Kleist und Minister Stein geschrieben[75]. Nach Louis[76] Ankunft hatte es sich ausgewiesen, daß dies nicht der Fall sei[77], und um die Sache zu redressieren, waren General Brause und Oberstleutnant Lindemann nach Aachen abgesendet worden. Auf den General Lecoq und Oberst Zezschwitz hat General Thielmann seit jener Zeit einen unversöhnlichen Haß geworfen. Ohnlängst hatte Thielmann in Damengesellschaft beim Superintendenten zu Marburg unseren König einen Jean fontu[78] genannt. Zezschwitz hatte sich dieses sehr ernstlich angenommen und verbeten, solange ein sächsischer Offizier zugegen sei.“
„11. [September] traf Leutnant Bucher[79] zur Regulierung der Quartiere fürs Korps, Senft[80] zur Regulierung der der Brigade ein. Von beiden erfuhr ich schon vieles der vorgefallenen Ereignisse. Senft teilt mir mit, daß General Lecoq schon morgen in Koblenz eintreffen werde. In aller Schnelle reguliere ich die Quartiere, und zwar das des Generals bei [215] Herrn Robin. – Mit vieler Freude vernahm ich von Senft, daß mein General und meine Kameraden während meiner Abwesenheit auch meine Gesinnung gleichmäßig an den Tag gelegt haben“.
„12. September. Larisch[81] und ich reiten früh 8 Uhr dem General Lecoq entgegen. Da wir ihn bis Montabaur[82] nicht treffen, so setzen wir unsere Tour nach eingenommenem Dejeuner [fort]. . . . . . ’2 Stunden jenseit Montabaur treffen wir den General Lecoq. Ich durfte mir schmeicheln, daß es ihn gewiß herzlich freue, mich wieder in seiner Nähe zu wissen, da er mir so mannigfaltige Beweise seines Wohlwollens an den Tag legte. – Meinerseits war es, als lebte ich wieder neu auf, mich wieder in der Nähe eines Mannes zu befinden, für den mir nichts zu teuer ist und den ich kindlich verehre. – Auch meinen guten Holtzendorff[83] wiederzusehen, freute mich herzlich. – In Montabaur bestieg ich den Wagen mit dem General, und unter Mitteilung so manches Ereignisses verstrich die Zeit des Weges. Freilich trübten neue Sorgen meine Freude, da ich erst jetzt recht in Kenntnis kam, in welch schändlichem Lichte sich Thielmann gezeigt hatte, teils, um jede Begünstigung gegen die vortrefflichsten der Regimenter zu unterdrücken und seine Privatinteressen dadurch zu begünstigen, teils aber auch, um schlechterdings nicht zu dulden, daß ein anderer die Liebe und Achtung des Ganzen besitze, während ihm nur Haß zuteil wird, da Rechtschaffenheit und Biedersinn ihm fremd sind. Manche trübe Tage sehe ich für unseren guten General aufgehen“. . . . . . .
„14. September treffen früh General Brause und Oberstleutnant Lindemann mit den Antworten des Generals Kleist ein. Sie fielen nicht nach Wunsch aus, indem General Kleist die auf den Eid gegen den König bezughabenden Adressen dergestalt aufgenommen hatte, als läge eine Meuterei zu Grunde. Die der Kavallerie, des Generalstabes und des 1. leichten Regiments hatte er nicht getadelt. Seine Antworten [seien] daher gewesen, die übrigen Regimenter möchten sie [d. h. die Adressen] in dermaßen abändern, weil außerdem er sich genötigt sehen würde, den General Lecoq als den ältesten General der Armee dafür zur persönlichen Verantwortung zu ziehen. Dem General Lecoq antwortete er auf einen Brief, den derselbe ihm vertrauensvoll geschrieben hatte, daß er sein Benehmen nicht billigen könne, daß er sich genötigt sehe, [ihm] eine persönliche Verantwortung nicht zu erlassen, und daß er zu seiner Schonung ihn derselben vor seinen Waffengefährten in Dresden überlassen wolle, wohin er sich zu diesem Behufe begeben möchte, Oberst Zezschwitz desgleichen. – Diese Nachricht verbreitete eine allgemeine Sensation[84] und ward sehr bald durchgängig bekannt. – Holtzendorff ging als Kurier dem Obersten Zezschwitz nach Limburg entgegen, um ihn von allen Vorfällen zu benachrichtigen, doch er hatte, ganz in dem Charakter des Schuldlosen, erklärt, er tue nicht einen Schritt früher, als er dazu genötigt werde, die Sache sei gerecht und er daher fest entschlossen, alles abzuwarten. – General Lecoq erklärte ebenfalls, daß er die Armee unter keiner Bedingung verlassen werde und auf einer Untersuchung durch unparteiische Richter beim Korps bestehen werde, da, wie es sich von selbst versteht, keiner der in Dresden befindlichen Generale sich als Waffengefährte mit ihm messen kann. – Das Drückendste für den rechtlichen Mann muß allerdings sein, zu sehen, daß man ihn dem Urteil eines Komödianten und eines Wagramschen Turmwächters[85] unterwerfen will, deren Urteil man im voraus weiß, da diese Sorte gerade dem biblischen Spruch entgegen lieber Zehn verdammt als Einen ehrlich macht, d. h. als die gerechtesten Wünsche des Ganzen von Einem ausgesprochen für billig und recht erklärt und sie persönlichen Interessen dadurch hintenansetzt.
Mit wenig Worten läßt sich die jetzt in der Armee herrschende Stimmung schildern: fürchterlichster Haß gegen Thielmann, größte Liebe für Lecoq, treueste Anhänglichkeit gegen unsern König.
Als sich den 15. September [13. ?] früh während des Marsches nach Koblenz die Nachricht verbreitet hatte, General Lecoq und Zezschwitz wären arretiert, so hatten sogar die Truppen ihre Offiziere gebeten, sie beide als ihre festesten Stützen befreien zu lassen. Die Schützen hatten sich besonders geäußert, sie hätten ja nach der Scheibe schießen lernen und hätten auch noch scharfe Patronen u. s. f. Mehrere Regimenter sandten Deputationen an den General nach Koblenz, um über die Lage der Dinge unterrichtet zu werden und sich Verhaltungsbefehle erbitten zu können. Alle verwies der General auf ein ruhiges und stilles Verhalten, auf Ablegung von Beweisen der strengsten Disziplin, um jedermann zu beweisen, daß kein revolutionärer Sinn unter uns walte, wie man es fälschlicherweise geglaubt, sondern daß nur die reinsten Gefühle der Dankbarkeit uns geleitet und ergriffen hätten.“
„In der Mittagsstunde, eben als wir mit dem General zum Diner nach Thal[86] gingen, kam General [216] Thielmann. – Er eröffnete sogleich dem General Lecoq mit teuflischer Freude die Resolution des Generals Kleist. – Abends war ich mit Heymann[87] bei Louis, mit dem wir eine lange Abhandlung anspinnen. Er ist dem Ganzen durchaus nicht entgegen und billigt die Anhänglichkeit des Ganzen an den König. Nur freilich spricht er dem Benehmen des Generals Kleist auch recht, der, wenn eine ganze Armee sich so erklärt, nicht anders handeln kann, als es melden und untersuchen. Sehr gütig war Kleist gewesen, daß er die erste verleumderische Nachricht Thielmanns nicht so wie Stein beurteilt hatte. Er hatte sich in unsere Lage gesetzt, jener hingegen wollte mit Tyrannei unsere Gefühle bezwingen, uns augenblicklich auflösen und nach Hause schicken. – In den Abendstunden traf General Müffling[88] ein, der bestimmt ist, die Offiziere zu haranguieren und zur Abänderung der Adresse zu veranlassen. Die Offiziere werden daher auf morgen früh folgendermaßen bestellt: sämtliche Generale und Regimentskommandanten zu General Thielmann, pro Bataillon 1 Stabsoffizier und zugleich 1 Subalterner zu General Müffling. Er sah gleich beim Aussteigen aus dem Wagen den General Lecoq, doch hierbei hatte es sein Bewenden, da er späterhin ihn schlechterdings nicht aufsuchte, und der General, aufs tiefste gekränkt, sich zu leicht hätte erniedrigt fühlen müssen, wenn er Müffling aufgesucht hätte. – Ziemlich beunruhigend war für uns der heutige Tag, da wir unter der Konstellation der Dinge alles für unseren verehrten Lecoq fürchten mußten, wo wir um so mehr in der Meinung bestärkt wurden, daß es vorzüglich darauf abgesehen sei, ihn als Opfer für das Ganze fallen zu lassen, da er Thielmann ein steter Dorn im Auge sein würde; denn wie kann ein tyrannischer Mensch vertragen, daß der anspruchsloseste, von den reinsten Gefühlen der Rechtlichkeit durchdrungene Mann neben ihm stehe und die Liebe des Ganzen besitze, wenn ihm nur Haß zu teil wird? . . . .“
„15. [September] . . . . . . Nachmittags 3 Uhr versammelten wir uns anbefohlenermaßen zur Unterredung mit dem General Müffling. Sehr gespannt war alles. Er haranguierte uns, stellte im Laufe seiner schön studierten Rede vor, wie jetzt bei Gelegenheit der Einreichung der Adressen für den König wir so gänzlich eine Sinnesänderung an den Tag gelegt hätten, da wir in der Schlacht bei Leipzig ganz anders gedacht hätten[89]. Er führe uns auf jene Zeit zurück, wo wir durch den Übergang die Pflichten gegen den König selbst gewaltsamerweise gelöst hätten. Er rechnete es uns zum besonderen Verbrechen an, mit unserer Namensunterschrift für so ein Gesuch einzukommen. Ein Korps Offiziere könne nur allein durch Deputationen um etwas bitten. Er deute dies als gänzlich straffällig, daß mehrere Offizierkorps die Erklärung gemacht hatten, daß sie sich jetzt fester als je an den dem König geleisteten Eid gebunden fühlten, und erklärte, daß, wenn diese Offizierkorps die Adressen nicht in dem Maße der übrigen abänderten, sie nicht nur nicht angenommen, sondern auch der General Lecoq als der älteste General, der sie eingereicht hätte, zur ganz besonderen Verantwortung gezogen werden sollte. Nur die Rücknahme oder Abänderung dieser Adressen könne den General Kleist, der bereit sei, sie dann zu befördern, veranlassen, sie als nicht eingereicht zu betrachten und die darin an den Tag gelegte zweideutige Erklärung (als wollten wir nur von unserm König Befehle annehmen und keineswegs mehr die der Alliierten) als nicht gemacht ansehen. – Die Gemüter waren erhitzt. Nur wenige fühlten mit kalter Überlegung, was zu sagen war. Die, so es fühlten, wagten wieder nicht, vor der Masse aufzutreten und zu sprechen, da sie nicht von gehörigem Selbstvertrauen und von dem Vertrauen der anderen überzeugt waren. Mehrere bewiesen sich rabulistenartig und gaben ihren Unwillen durch Säbelstampfen und Unruhe, vielleicht auch durch lautes Rufen: „Gott bewahre!“ usw. zu erkennen. – Es war dies nicht das Benehmen, das gezeigt werden mußte, wenigstens ermangelte es gänzlich der Würde, die hier ein versammeltes Korps Offiziere hätte an den Tag legen können. – Nur allein durch sie hätte imponiert werden sollen, durch sie hätte sich die Reinheit unserer allerseitigen Gefühle und Wünsche am besten ausgesprochen; allein leider mangelte sie. Alles sprach: einer für, der andere wider die gemachten Anforderungen, und zwar so laut, daß endlich Müffling sich zu der Äußerung gebracht sah, er sei nicht gekommen, mit uns zu deliberieren. Er bat um Ruhe und ums Wort. Die kältere und überlegtere Partie erbat sich, da das Begehren, das man an uns machte, sehr vernünftig war und wir uns hierdurch keineswegs etwas vergaben, die eingereichten Adressen, in denen des Eides Erwähnung geschehen, zur Abänderung zurück[90]. [217] Freilich wäre zu wünschen gewesen, daß bei Zurücknahme der Adressen zu gleicher Zeit auch dem General Müffling ein feierliches Wort abverlangt worden wäre, daß nunmehr durchaus nicht mehr von einer Verantwortung des Generals die Rede sein könne, weil, da dies nicht geschehen und das Ganze mehr auf eine Persönlichkeit [sic] gegen Lecoq zu zielen schien, man nunmehr, wenn man Böses im Schilde führte, sehr leicht sagen konnte: „Ihr seid nunmehr zur Überzeugung gekommen, daß es an ihm gewesen wäre, euch von diesem Benehmen zurückzuhalten. Durch Rücknahme eurer Adressen bracht ihr gleichsam selbst den Stab über ihn, und dieserhalb ist er straffälliger als je.“ – Ich stellte dies mehreren meiner Kameraden vor, doch sie wollten sich nicht recht von meiner Ansicht überzeugen, die wenigstens nichts schaden konnte, wenn man ihr gefolgt wäre, und für jeden Fall sicher stellte. Allein es ward bei der dermaligen Versammlung keine Rücksicht darauf genommen. Diejenigen Bataillone, gegen deren Adressen man einigen soupçon hegte, nahmen sie also zur Abänderung zurück. – Mein Bemühen ging nun allein dahin, diejenigen Kameraden auf diesen Punkt aufmerksam zu machen, welchen die Unterredung mit Müffling noch bevorstand. Sie befolgten meinen Rat und überzeugten sich von der Richtigkeit meiner Ansicht. – General Thielmann hatte die Generale und Stabsoffiziere auf ähnliche Weise haranguiert. Anfangs hatte er sehr moderiert gesprochen und nur erklärt, daß der ganze Zweifel darin läge, daß die Armee geradezu in ihren Adressen erklärte, sie wolle nur allein den Befehlen des Königs Gehorsam leisten. Als der General sich hierüber erklärt hatte, daß dies keineswegs die dabei gehabte Idee gewesen, hatte er ihm hierüber einen schriftlichen Revers abverlangt. Während des Schreibens war es nun sein Bestreben gewesen, jedem ganz vorzügliche Bitterkeiten anzuhängen. Den General Ryssel[91] hatte er ganz besonders einer Inkonsequenz beschuldigt, daß er den Eid nicht als aufgelöst [betrachte], welchen er zuerst durch seinen Übergang gebrochen habe. – Vieles wurde debattiert. Die den folgenden Tag hier durchgehende leichte Infanterie sandte Deputationen an den General, ließ um Verhaltungsbefehle bitten und fragte, wie sie nach seinem Wunsche ihr Benehmen einzurichten hätte. – Prinz Bernhard[92] hatte das Grenadierregiment sogleich verlassen, als er hatte vermuten können, daß General Lecoq von der Brigade entfernt werden könnte und er dann das Kommando derselben übernehmen müßte. – Er reichte ein Urlaubsgesuch auf unbestimmte Zeit nach Frankfurt ein und reparierte durch sein jetziges Benehmen sein früheres[93], wozu er durch Thielmann und Müffling verführt worden war, in unser aller Augen beinahe ganz, da er hierdurch wirklich bewies, daß er nicht bös hatte handeln wollen, sondern daß sein schwacher Charakter nicht Festigkeit genug besessen hatte, den Anforderungen männiglich zu entgegnen.
16. September übergeben wir (Larisch, Roch und ich[94] unsere Arbeit dem General Müffling persönlich. Er war damit sehr zufrieden und überhäufte uns mit Lobeserhebungen und Danksagungen für unsern Fleiß. – Als wir bei ihm waren, kamen Oberstleutnant Thiele und Oberstleutnant Watzdorff[95] zu ihm. Uns freute es herzlich, Watzdorff wiederzusehen, den jeder noch liebt und ehrt und der sich fortwährend noch ganz als Sachse beweist. Er schien nicht ohne Ursache hierher zu kommen; die Folge bewies es uns.
Die Brigaden Ryssel und Brause passierten heute den Rhein, und verbrachten damit bis an den andern Morgen früh. – Die heute zur Konferenz mit dem General Müffling beschiedenen Offiziere wurden nicht brigade-, sondern regimenterweise vorgenommen. Unterrichtet von uns, waren sie auf alles vorbereitet gewesen, und es hatte daher alles besser als gestern abgemacht werden können. Bei dem zweiten leichten Infanterieregiment hatte Kapitän Linsingen[96] vorzüglich das Wort geführt, und zwar mit vieler Würde und Kälte. Dies hatte den General Müffling wahrscheinlich verdrossen, da er ihn um seinen Namen gefragt. Später ließ ihn General Brause, der sich hier abermals sehr als Zweiachsler [?] benimmt und sein persönliches Interesse bei der ganzen Verhandlung sehr berücksichtigt, hereinbeordern, und noch abends 10 Uhr mußte er sich reversieren, den Alliierten fernerhin denselben Gehorsam zu leisten als seither. – Watzdorff war sehr [218] richtigermaßen nicht ohne Ursache hier. General Kleist, der ihn sehr liebt und ein sehr rechtlicher Mann sein muß, hatte ihn beauftragt, da er mit allen in der Armee bekannt ist, die Stimmung unter der Armee zu sondieren, ob sie wirklich revolutionär sei oder nicht, in welches erstere Licht Thielmann sie gestellt hatte. Ob die ganze Äußerung von unten entstanden oder von obenherein inspiriert worden wäre usw. Watzdorff hatte sehr bald die Sache durchschaut und unter der Leitung Zezschwitz’ einen Brief hierüber an Kleist geschrieben. Hierin hatte er ihm alles ganz offen und wahr dargestellt und versichert, daß er nichts weniger als revolutionäre Ideen gefunden, daß die Armee nur allein ihre Wünsche habe an den Tag legen wollen, daß übrigens General Thielmann selbst durch sein Benehmen die Armee dahin gebracht habe, indem er sie ihres Eides gegen den König gänzlich entbunden und bekannt gemacht habe, daß das Schicksal eines jeden in seiner Hand ruhe, daß er ferner durch sein tyrannisches Benehmen gegen alle, durch stete Grobheit usw. die Stimmung aller so gegen sich gereizt habe, daß die Armee den Augenblick segnen würde, wo sie einen anderen General an ihrer Spitze sähe, er sei von einer Armee, von welcher er wolle. – Diese offene Darstellung wird wohl ihren erwünschten Zweck haben. [Dem General] Müffling scheint Watzdorff nicht ganz zu trauen, da er diesen Brief nicht hier absandte, sondern durch den Oberstleutnant Thiele, der von Frankfurt aus nach Aachen zurückgeht . . . . . .“
„18. September. . . . . Die Bataillone exerzierten auf ihren Bataillonsexerzierplätzen. General Thielmann besucht die Garde und das 2. Grenadierbataillon und rühmt sich gegen Louis, daß die Garde ihm ein Hurrah gebracht habe, was keineswegs der Fall ist.“
„21. September. General Thielmann reiste heute zur leichten Infanterie, um diese zu revidieren. An der Moselbrücke holt er die Garde ein, welche sich ziemlich ungesittet gegen ihn beträgt. Sie macht ihm zum Durchfahren keinen Platz. Dann ruft sie, als er durchfährt: „Adieu, glückliche Reise! Hurrah! usw.“ ihm zu und zeigt ihm das schlechte Kommißbrot[97] in den Wagen. – Thielmann hatte vor Wut geschäumt, jedoch nicht gewagt, etwas zur Steuerung dieses Unmutes gegen ihn zu unternehmen; wahrscheinlich schlug ihm sein böses Gewissen. Bei der leichten Infanterie hatte er bei der Tafel sein Herz ausgeschüttet und sich bitter beklagt, daß es höchst schmerzhaft für ihn sei, nicht einen Freund in der sächsischen Armee zu haben. General Brause hatte ihm schmeichelnd versichert, daß dies nicht der Fall sei; die Armee liebe ihn zärtlich. Allein Thielmann hatte die wahre Bemerkung gemacht, von Liebe könne jetzt nicht mehr die Rede sein, da alles ihn hasse. Major Rade hatte die Gelegenheit ergriffen, ihm zu versichern, daß nur dadurch die Herzen aller sich von ihm gewendet, daß er den heißesten Wünschen der Armee gänzlich entgegen sei. . . . . .“
„24. [September]. General Thielmann reiste schon gestern nach Wittlich[98], um die Brigade Ryssel zu sehen; auf die unsere scheint er einen bedeutenden Haß geworfen zu haben, da er sie gar nicht sehen will.
Vormittags erhielt der General einen sehr schmeichelhaften Brief von General Kleist, woraus deutlich zu ersehen war, daß Kleist das Benehmen der Armee und namentlich das des Generals Lecoq sehr billigt. – Feldjäger Jentzsch kehrt von Berlin zurück. Er hatte den König[99] sehr wohl getroffen, hatte sich jedoch vor dem Pöbel nicht dürfen in Uniform sehen lassen, da man ihm dann gleich auf die Sporen getreten und das Portepee abgerissen hatte. . . . . .“
„27. September. . . . . . . Bei Gelegenheit, als der General ausritt, erwischte er einige Tamburs des Gardebataillons bei Entwendung von Obstfrüchten. Er ließ sie zu Arrest bringen und abends beim Aufstellen des Bataillons einen jeden mit 20 Stockschlägen ad posteriorem bestrafen[100]. Das Beispiel schien viel Eindruck zu machen, da der General wenig, aber ziemlich ernste Worte ans Bataillon sprach.“
„28. September. . . . . . . Die Brigade kam erst gegen 10 Uhr in Bewegung. Sie hatte nur ein kleines Pensum[101] zu lösen. Das, was ihr aufgegeben war, führte sie sehr gut aus. General Kleist bewies schon, als er des Generals Lecoq ansichtig wurde, viel Freundschaft gegen ihn, General Müffling nicht weniger als jener. . . . . . Nach beendigter Revue mit dem General nach Mayen[102], da der General und ein Adjutant zu dem großen Diner, welches General Thielmann gab, invitiert waren. Von der Armee waren sämtliche Regiments-, Bataillons- und Eskadronskommandanten hierzu invitiert. Major Römer[103] vom Gardebataillon war der einzige, bei dem dies nicht der Fall war. Seit der Müfflingschen Unterredung, [219] bei der Kapitän Sahr[104] etwas laut ward, worüber General Thielmann den Major Römer ansah und von ihm den Namen des Offiziers wissen wollte, und als er sich mit der Unwissenheit entschuldigte, ihn einen elenden Menschen nannte, seit jener Zeit hat er einen tiefen Haß auf Römer geworfen. General Kleist gab den ganzen versammelten Generalen und Offizieren durch sein Benehmen gegen General Lecoq deutlich zu erkennen, daß er sein Benehmen und das der Armee ehre und in dem General Lecoq ganz den rechtschaffenen Biedermann erkenne und verehre. Er embrassierte ihn und zeichnete ihn vorzüglich aus. Die Gesellschaft endete ziemlich froh. General Thielmann wollte eine Gesundheit ausbringen, doch sobald General Kleist dies merkte, kam er ihm zuvor und trank die des ganzen Offizierskorps der sächsischen Armee. Ihr konnte nun füglich die des Königs nicht folgen, die Thielmann ohne Zweifel in petto hielt. Es ward daher die des Generals Kleist erwidert. General Kleist erwarb sich durch sein Benehmen heute die Herzen aller. Um 1/28 Uhr traten wir die Rückkehr nach Koblenz wieder an, nachdem ich erst einen schmeichelhaften Tagesbefehl in Empfang genommen hatte. –. . . . . . Die Kavallerie . . . hatte den Abend sehr fröhlich verbracht. Mit Strohfackeln hatten die Regimenter einander gegenseitig Vivats gebracht und bei dieser Gelegenheit den General Lecoq, Liebenau[105] und Oberst Zezschwitz ganz besonders leben lassen. . . . . . . Unglaublich ist es, wie jetzt jeder Soldat bemüht ist, seinen Patriotismus und seine Anhänglichkeit für den König an den Tag zu legen. – In Jülich geht ein alter Kürassier, der bei Courtray[106] blessiert gewesen, durch, eben als die preußische Wachtparade aufzieht. Mehrere Offiziere versammeln sich um ihn, um ihn zu sprechen. Sie versichern ihm, er würde nun bald das weiße Jäckchen ausziehen und dasselbe mit der preußischen Montierung vertauschen. Sie würden nun bald nach Sachsen kommen. Ganz lakonisch antwortet jener: „Über unsere Knochen!“ – Den 3. August[107] war der Armee die allgemeine Feier des Geburtstages des Königs von Preußen anbefohlen worden[108]. Sehr gut hatte es sich getroffen, daß dieser Tag auch der Namenstag unseres guten Königs war. Man hatte also der Feier sehr bald diesen Zweck untergelegt . . . . . . . Auch das 3. Grenadierbataillon hatte an diesem Tage in Thal ein großes Diner arrangiert. Major Lange[109] war der einzige Offizier, so nicht vom Bataillon war, gewesen, der sich in den Zirkel eingefunden. Er hatte den Wunsch gehegt, daß man ihn an der Tafel dieses Kreises teilnehmen ließ, allein es war ihm refüsiert worden mit dem Bedeuten, sie wären gesonnen, eine Gesundheit zu trinken, die ihm bei seinen bekannten Gesinnungen nicht von Herzen gehen möchte. Sie könnten darum ihm den Zutritt in ihren Zirkel nicht gestatten. Bestürzt und mit tränendem Auge war er mehreren um den Hals gefallen und hatte ihnen versichert, wie leid es ihm tue, daß man über seine Gesinnungen einen Zweifel hege; dringend bitte er sie, ihn als echten Kameraden zu betrachten. – So wie hier einiges Mißtrauen stattfand, so fand es seither gegen mehrere statt, da keiner dem andern über seine politische Ansicht und seine Stimmung über den König recht traute. Sicher würde diese Stimmung so fortgewährt haben, wenn nicht General Thielmann durch sein Benehmen die Gemüter aller fürchterlich gereizt gehabt hätte.
Ein Vorfall mit dem Professor Görres in Koblenz war der Grundstein zu allen den schweren Ereignissen[110]. Er nahm nämlich in dem [90.] Stück[111] des Rheinischen Merkurs mehrere Abhandlungen über die Lage Sachsens auf. Sie waren bis ins [94.] Stück sehr gemäßigt. Allein in dem Schluß desselben griff er die Person des Königs so entsetzlich an – er nannte ihn nämlich einen alten, schwachen, elenden Mann – daß jeder echte Sachse, der die Pflicht der Dankbarkeit gegen seinen Monarchen, der 46 Jahre[112] hindurch von seinem Volke angebetet wurde, fühlte, darüber aufs äußerste empört sein mußte. Freilich auf die unrechte Weise nahm sich Kapitän Dziembowski[113] von der [220] Garde der Sache besonders an. Er geht zu Görres auf sein Zimmer und fragt ihn, wie er sich unterstehen könne, der Person des Königs so sehr zu nahe zu treten. Natürlich erwidert dieser, wer ihm das Recht gebe, ihn hierüber zu konstituieren. Nach langem Wortwechsel hatte es endlich geschienen, zu Tätlichkeiten überzugehen. Mehrere bei Professor Görres anwesende Zivilisten hatten teilnehmen wollen und Dziembowski sich endlich genötigt gesehen, den Degen zu ziehen und zu drohen, den zu durchbohren, der ihn anrühre. So war der arme Dziembowski entkommen. Er hatte sogleich Wache herbeigeholt und Görres arretieren lassen unter großem Jubel der Einwohner. Dies war ohnstreitig Görres’ größter Arger, öffentlich und unter großer Begleitung die Stadt zu passieren. Auf der Wache hatte man ihn sehr bald für unwürdig erklärt, in der Offiziersstube zu bleiben. Er war daher in die Gemeinenstube gebracht und hierdurch den Raisonnements der Gardisten preisgegeben worden. General Thielmann und Lecoq waren beide abwesend gewesen. Letzterer war früher als ersterer zurückgekehrt und hatte allerdings sehr viel Ursache gehabt, mit dem Benehmen des Hauptmanns Dziembowski unzufrieden zu sein. Görres war auf seinen Befehl sogleich in Freiheit gesetzt und Dziembowski arretiert worden. Dem General Thielmann hatte er sogleich Meldung davon gemacht. Dieser hatte in dem Augenblick die Sache nicht so ernst genommen. Am folgenden Tage hingegen hatte er einen Tagesbefehl[114] zur Publikation erlassen für die, denen die Herren Brigadiers ihn bekannt zu geben für notwendig erachteten. In demselben hatte er das Benehmen des Hauptmanns Dziembowski als höchst straffällig, ihn aber auch zugleich als närrisch und wegen seines Wechsels der Religion von persönlicher Dankbarkeit zu sehr hingerissen erklärt. Der Närrischkeit wegen hatte er ihn ins Land versetzt und seinen augenblicklichen Abgang angeordnet. Hierbei hatte er ferner bemerkt, daß diese Gelegenheit ihm zu erkennen gebe, wie noch immer Offiziere ganz irrig an dem König hingen; er erkläre hiermit den Eid, den die Armee ihm geleistet habe, als aufgelöst[115]; nur allein in seiner (Thielmanns) Macht stehe es, Offiziere aus den Listen zu streichen. Wer dieses sein Verfahren nicht verstehe, könne jederzeit seiner Wege gehen. – Alles dies hatte die Gemüter gereizt, die Schwachen geweckt und einen jeden das despotische Benehmen dieses Mannes ganz kennen gelehrt. Durch diese seine Ordre, die exklusive General Brause alle Generale ihren Offizieren bekannt gemacht hatten, hatte jedermann den Gedanken fassen müssen, daß unter solchen Umständen das Schicksal aller in seinen Händen ruhe. In allen Herzen war der Wunsch aufgestiegen: wenn nur seitens der Armee etwas für den König könnte getan werden. Das Was? hatte jedoch immer noch einem gordischen Knoten geglichen, bis Kapitän Sahr[116] vom Jägerbataillon und Kapitän Senft[117] aus Sachsen zurückgekehrt waren. Durch sie war bei der Armee die erste Nachricht angekommen, daß seitens des Landes eine Deputation nach Prag an den Prinzen Max gegangen war, welche Adressen im Namen des ganzen Volkes übergeben hatte. Die Szene, die sich hierbei zugetragen, soll ungemein rührend gewesen sein. Jetzt hatte man endlich allgemein den Entschluß gefaßt, Adressen, mit Bescheidenheit abgefaßt, an die allierten Mächte einzureichen, um die Wünsche der Armee, daß der König zurückkehren möchte, an den Tag zu legen. – Das, was man allgemein will, findet sehr bald schnellen Fortgang. So war es auch hier gewesen. Sehr bald hatte man Adressen ziemlich einförmig an die Brigadiers gegeben, und unter der Anführung des Generals Lecoq waren sie den 1. September von sämtlichen Generalen seitens ihrer Brigaden, von dem Oberst Zezschwitz seitens des Generalstabes, von dem Oberstleutnant Raabe seitens der Artillerie überreicht worden. General Thielmann hatte sie sehr gut aufgenommen und besonders die legale und offene Weise, mit welcher die Armee ihre Wünsche an den Tag legte, sehr gebilligt; allein nur auf kurze Zeit; denn wenig Stunden darauf war er auf den Gedanken einer Inspiration österreichischerseits geraten, hatte sich überzeugt gehabt, daß General Lecoq und Oberst Zezschwitz, durch den General Langenau[118] veranlaßt, die ganze Unternehmung in der Armee angezettelt hätten und dieserhalb in einem Privatschreiben an den General Kleist und Minister Stein die ganze Sache in das gehässigste Licht gestellt. Nur erst nach Louis’ Ankunft in Marburg hatte sich [221] seine Ansicht hierüber geändert. Jedoch hatte der arme Louis die heftigste Debatte dieserhalb mit ihm bestehen müssen, ihn am Ende aber doch dahin bewogen, daß zwei Offiziere – wozu Thielmann den General Brause mit bestimmt hatte – an den General Kleist gesendet wurden, um Kleist zu überzeugen, daß keineswegs eine Inspiration irgend einer Art hierbei obgewaltet habe, sondern daß allein die Stimme der Dankbarkeit und Anhänglichkeit für unsern König das Ganze geleitet hätte. Der aus der Mitte der Offiziere bestimmte Offizier war der Oberstleutnant Lindemann gewesen. Ihm hatte General Lecoq einen vertrauensvollen Brief an den General Kleist mitgegeben, worin er offen die ganzen Verhältnisse dargestellt hatte. Allein leider hatte dieser [d. i. Kleist] in dem ersten Moment ihn nicht so genommen, als er ihn wohl hätte nehmen sollen. Allein ich entschuldige dies, da er vielleicht auf dem Standpunkt eines Armeekommandanten ihn in dem ersten Augenblick nicht so nehmen durfte, als er seiner Überzeugung nach vielleicht gern gewollt hätte. Kurz, die Antwort entsprach besonders dadurch nicht der Erwartung, daß Kleist bemerkte, aus besonderer Schonung wolle er ihn nach Dresden senden, nämlich Lecoq, und ihn dort dem Urteil seiner Waffengefährten unterwerfen. Allerdings mußte dies für einen Mann von so anerkannten Verdiensten, als unser Lecoq ist, höchst kränkend sein, sich dem Urteil so nichtswürdiger und elender Waffengefährten unterworfen zu sehen, wie ein Vieth und Carlowitz sind[119].
Hier knüpfen alle späteren Ereignisse und die Bemerkungen unterm 15. [besser 14.] d. M. an.
General Kleist zeigte sich als Biedermann und sah ein, daß ein Unparteiischer mit kaltem Blute die Sache erörtern und mit beiden Teilen sprechen müßte. Er sandte daher den General Müffling und nach ihm, unter dem Schein des Zufalls, den Oberstleutnant Watzdorff anhero, der ohnstreitig das mehrste dazu beigetragen hat, Kleist die Sache in wahrem Lichte darzustellen, da selbst Müffling von Thielmann zu sehr inspiriert worden war. Ein von Oberst Zezschwitz Watzdorff diktierter Brief über die Lage der Dinge mag wohl das Beste gewirkt haben[120]. Die gegen General Lecoq und Oberst Zezschwitz projektierte Untersuchung ward nun beigelegt, da Thielmann besonders sich wohl überzeugen mußte, daß es schlecht für ihn ausfallen würde, wenn er diese beiden Männer, die unter den jetzigen Verhältnissen seine Stütze bei der Armee sein müssen, entfernen wollte.“
4. Oktober. „General Thielmann reist heute, wahrscheinlich zur Zerstreuung, nach Trier und Luxemburg. Sehr unangenehm mag es ihm wohl sein, sich so von allen dermalen verlassen zu sehen, da niemand sich gern in seiner Nähe befindet.“
7. Oktober. „General Thielmann ist in der verflossenen Nacht zurückgekehrt. Er hatte auf seiner Rückreise beinahe den Hals gebrochen. Die Pferde waren mit dem Wagen einen Berg herab durchgegangen und der Wagen in einen ziemlichen précipice gestürzt. Rudolphi und der arme Schreckenstein waren schlechter weggekommen als die Exzellenz, der jedermann alles gerne wünschte[121].“
9. Oktober. „ . . . . . . Oberst Zezschwitz will einen Brief von Langenau erhalten haben, worin dieser ihn fragt, inwiefern Österreich auf die Armee rechnen könne. – General Kleist verlangt die Einsendung von Offizierskonduitenlisten.“
„10. Oktober trifft der längst erwartete Dr. Schöne[122] aus Sachsen ein usw. . . . . . . Die Nachrichten, so er mitbringt, sind teils sehr günstig, teils auch wieder nicht. Minister Hardenberg soll seiner Schwester versichert haben, Sachsen würde preußisch, sie könne es ihm nachsagen. . . . . . . Dem General brachte er einen Brief von der Burkersrode mit, welche im Auftrag der Prinzeß Elisabeth[123] ihn ihrer und des Königs größter Hochachtung versichern läßt. . . . . . .
Als mich endlich heute Thielmann einmal des Abends bei Louis erwischt und ich mit Heinze mich gleich nach seiner Ankunft drücken will, scheuert er mich auf eine sehr massive Art und sagt: „Haben Sie etwas gegen mich, so gehen Sie Ihrer Wege; ist das nicht, so setzen Sie sich wieder. Es ist sehr unartig, zu gehen, wenn ein anderer kommt.“
12. Oktober. „Louis und Thielmann reisen nach Köln, ersterer in Geschäften, letzterer zur Zerstreuung.“
14. Oktober. „Thielmann und Louis kommen des Mittags wieder. . . .“
15. Oktober. „Oberst Zezschwitz traf gestern mit seiner Reisegesellschaft aus dem Rheingau wieder ein. Durch ihn erhalten wir eine in Frankfurt erschienene [222] Schmähschrift des Professors Wachler[124] zu Marburg. Er war nämlich einer von denen gewesen, welche das höchst unanständige Benehmen der Studenten gegen die Offiziere und Soldaten gebilligt und bei einem zwischen den Studenten und den Gardegrenadieren vorgefallenen Exzeß tätigen Anteil genommen [hatten] und daher ziemlich fühlbar bestraft worden waren. – Ingleichen eine Piece über „Sachsens Vereinigung mit Preußen,“[125] von einem preußischen Patrioten geschrieben. Es war dies so vergriffen worden, daß Zezschwitz nur ein einziges Exemplar hatte erlangen können.“
16. Oktober. „Die schon seit mehreren Wochen die Zeitungsschreiber beschäftigende Feier der Schlachttage von Leipzig beginnt heute abend durch 24 Kanonenschüsse. Auf besonderes Verlangen Thielmanns sind jedoch die Kanonen der zweiten zwölfpfündigen Batterie so nahe an den Häusern der Neustadt placiert, daß bei der ersten Salve der Batterie sogleich in einem der nächsten Häuser alle Fenster, Trumeaux, Spiegel usw. zusammenstürzen und dem Besitzer hierdurch ein sehr bedeutender Schaden zugefügt wird. . . . . . . Thielmann scheint andere Saiten aufzuziehen; denn er spricht von der Möglichkeit der Rückkehr des Königs.“
„17. Oktober versammeln sich die ganzen Offiziere und alle Zivilautoritäten bei General Thielmann. Große Prozession in die Kirche, wobei man uns mit Innungsfahnen begleitet. Ein Requiem von Mozart ward in der Liebfrauenkirche aufgeführt. Zwei Kompanien des 3. und eine Kompanie des 2. Grenadierbataillons, welche von Koblenz zu entfernt sind, um während der jetzigen Tage stets sogleich zugegen zu sein, rücken auf diese Zeit näher nach Koblenz[126].“
„18. Oktober früh hatten sämtliche hier im Ort stehenden sieben Kompanien Kirchenparade. Feldprediger Öhlschlägel hielt eine Rede, die, wenn sie mit mehr Würde gehalten worden wäre, vielleicht mehr Beifall gefunden hätte als so. Übrigens sprach er sehr wenig zu Herzen und nur theologisch, welches ich nicht ihm zuschreibe, sondern Thielmann, dem er seine Rede wiederholt zur Durchsicht hatte vorlegen müssen. – Nach beendigter Kirchenparade große Parade von allen drei Grenadierbataillonen[WS 6] in der Neustadt. Sie erlangen abermals allgemeinen Beifall, feuern jedoch sehr schlecht, aber nicht durch ihren, sondern nur durch der Kommandeure Fehler. – Die Artillerie gibt ebenfalls Salven. – Mittags großes Diner bei Thielmann und beim Gouvernementskommissar Sack[127]. – Graf Holtzendorff und ich bei Thielmann, Senft und Solms bei Sack. – Alles läuft sehr gut ab. Thielmann scheint absichtlich die Gesundheiten sehr studiert zu haben. – Bei Sack waren die Gesundheiten etwas lächerlich ausgefallen, da niemand eben sehr mit Rednertalenten daselbst begabt gewesen war. – Auch Unteroffiziere und Gemeine speisten mit bei Thielmann. Ein Sergeant der reitenden Artilleriebrigade gewährte uns als außerordentlicher Schwadroneur viel Spaß. – Am Abend, 1/28 Uhr, hielt der hiesige reformierte Prediger einen öffentlichen Gottesdienst auf dem Platze in der Neustadt. Es war dieser Gottesdienst bei der außerordentlichen Volksmenge, die den Platz bedeckte, und bei der allgemeinen Stille, die unter ihr herrschte, sehr feierlich. Der Redner sprach mit vieler Herzlichkeit und erregte gewiß in jedem die frömmsten Gefühle der Dankbarkeit. – Auf allen Berggipfeln loderten hohe Feuer empor – eine Arndtsche Idee, die als mannigfaches Symbol angesehen werden kann. Dies ist jedoch gewiß, daß, wenn man die 300 Schragen Holz, die man im hiesigen Gouvernement hierzu angewiesen hat, den Armen gegeben hätte, so wären sie besser angebracht gewesen. . . . . . .“
19. Oktober. „Abermals früh Versammlung bei Thielmann, hierauf in Prozession in die Frauenkirche. Daselbst große Messe und Tedeum. Eine Kompanie des 3. Grenadierbataillons paradiert in der Kirche, das Gardebataillon vor derselben. Die von demselben bei dieser Gelegenheit gegebenen Salven fallen besser als gestern aus. Die hier eingerückten Kompanien des 2. und 3. Grenadierbataillons kehren heute wieder in ihre früheren Kantonnements zurück. – Nachmittags Volksvogelschießen, welches Fest jedoch sehr wenig besucht war und erst den 21. sein Ende erreicht.“
21. Oktober. „Rittmeister Schreckenstein erhielt von dem Oberforstmeister Lasberg aus Wien einen Brief vom 8. d. M., worin derselbe ihm schreibt, daß bis zum 1. Oktober Preußen Sachsen diplomatisch erobert gehabt habe; seit jener Zeit habe jedoch der Lauf der Unterhandlungen eine andere Wendung genommen und Preußen hätte, da Österreich große Aufopferungen für [223] Sachsen im südlichen Deutschland machen werde, das Projekt, Sachsen zu erlangen, ganz aufgegeben.“
22. Oktober. „ . . . . . . General Thielmann reist in die Eiffel nach Ahrweiler, um die daselbst stehenden [Truppen] des ersten leichten Regiments unter der Agide von Brause wieder für sich zu gewinnen. Er spricht sehr vorteilhaft vom König, wodurch er ihnen Sand in die Augen zu streuen bemüht ist. Er soll seine Absicht nicht verfehlt haben, da man sich sehr demütig und kriechend gegen ihn bewiesen hat. – Von seiner ganzen Umgebung hatte ihn niemand begleiten wollen. Oberst Ziegler[128] hatte er dieserhalb sehr ernste Anforderungen machen müssen, bis dieser sich endlich dazu entschlossen hatte.“
23. Oktober. „Früh 1/2 8 Uhr mit dem General, Senft und Solms nach Neuwied gefahren, um daselbst dem Gottesdienst der dasigen Herrnhuter Gemeinde beizuwohnen. Er findet unser aller Beifall seiner Einfachheit wegen. Am Geistlichen finden wir einen sehr guten Kanzelredner. . . . . . . Am Abend, nach unsrer Rückkehr usw. . . . präsentierte Criegern[129] seine äußerst beißende und witzige Beantwortung der Wachlerschen Schmähschrift.“
24. Oktober. „ . . . . . . Thielmann hatte heute unter seiner Umgebung die Nachricht verbreitet, als habe er über Sachsens Schicksal bestimmte Nachricht, daß es preußisch werde. Nach allen geschehenen Nachforschungen ergibt es sich jedoch, daß er bloß die Absicht gehabt, zu sehen, welchen Effekt eine dergleichen Nachricht hervorbringen werde.“
26. Oktober. „ . . . . . . Herr Görres macht in seinem gestrigen Merkurblatt das Unbegründete der Nachricht bekannt[130], als seien General Lecoq und Oberst Zezschwitz verhaftet nach Torgau und Wittenberg abgeführt worden.“
27. Oktober. „Der Tag vergeht unter Arrangements zu des Generals morgender Geburtstagsfeier. – Sicher würde er nicht das mindeste davon geahnt haben, wenn er nicht am Abend mehreren Sappeurs mit Reisigwagen begegnet [wäre], von denen einer auf seine Frage nach der Bestimmung des Reisigs sagte: „Geburtstag unseres Generals!“
28. Oktober. „ . . . . . . Der Morgengesang aus dem Jakob[131] weckte den General aus seinem Schlummer. Kaum hatte er ertönt und Major Koppenfels[132], sich als Sohn betrachtend, seinen Glückwunsch angebracht, so traten wir zu ihm. Er war von der Aufrichtigkeit unserer Wünsche so ergriffen, daß er, sich hier ganz als unser väterlicher Freund zeigend, uns mit tränenden Augen umarmte und recht herzlich küßte. Stets wird mir dieser Moment unvergessen bleiben. Bald nachher erfolgten die Glückwünsche aller Regimenter durch Deputationen. Von der Brigade war das ganze Korps Offiziere versammelt. Der Auditeur Schade[133] übergab ein Gedicht im Namen aller. Hierauf kam eine Deputation von Unteroffizieren und Gemeinen von der Brigade und wünschte ebenfalls recht herzlich Glück. Ein Gedicht von Major Trosky[134] vom 1. Linienregiment erregte unser aller Beifall. Reinigern[135] seines enthielt mehrere hübsche Stellen. Mittags 2 Uhr begann das in Thal im Nassauer Hof arrangierte Fest. 49 Personen okkupierten die sehr gut dekorierte Tafel. . . . . Die erste Gesundheit, welche der General folgendermaßen ausbrachte: „Unsere Hoffnung, unsere heißesten Wünsche, der König! Er lebe hoch!“ machte den tiefsten Eindruck auf alle, und gewiß ein jeder zollte dem verehrten Friedrich August neue Tränen innigster Teilnahme über sein zeitheriges unglückliches Schicksal! O, wenn heute eine für ihn günstige Nachricht bei uns ankäme, wahrlich, der heutige Tag wäre der froheste unseres Lebens geworden; so mischte sich allerdings in jede frohe Minute der Gedanke der Besorgnis für die Zukunft ein und verbitterte uns dadurch die wahre, reine Freude. Das God save the King[136], welches [nach] der gedachten Gesundheit durch die Musik ertönte, erhöhte das Herzerhebende. – Daß General Thielmann, der heute zu einer fête beim Gouvernementskommissar Sack invitiert war, nach Beendigung [224] derselben auch zu uns kommen würde, wußten wir, nur nicht der General; ihm würde dadurch der ganze Mittag verdorben worden sein. Glücklicherweise kam Thielmann nicht eher als ganz spät, nachdem der General und mehrere [andere] zu einem Ball nach Neuwied abgefahren waren, den dort die Offiziere des 3. Grenadierbataillons und des Bataillons Lobkowitz[137] arrangiert hatten. Thielmann sah daher nur einen Teil der herumtaumelnden Gesellschaft, von der nur wenige mit kleinen Haarbeuteln versehen waren. – Koppenfels, Krinitz[138], Holtzendorff und ich fuhren in des Generals zweitem Wagen nach Neuwied, nachdem Thielmann bereits wieder das rechte Rheinufer verlassen hatte. Er hatte manche drollige Szene mit ansehen und anhören müssen, am mehrsten aber vom Artillerieleutnant Örtel[139], der, sowie Oberstleutnant Raabe[140] und Hauptmann Birnbaum[141], mit ihm zusammen übergefahren waren. . . . . . .“
29. Oktober. „ . . . . Spaßhafte Rückerinnerungen an den Ausgang des gestrigen Festes, bei dem Oberreit[142], Lindt[143], Oberst Ziegler total besoffen und Örtel von der Artillerie von sich selbst nichts gewußt hatte. Dieser hatte den größten Spektakel gemacht, Thielmann bei der Überfahrt ein Luder genannt und auf der Rheinstraße mehreren Leuten mit dem Säbel die Fenster eingeschlagen. – Der Betrag der Rechnung war gegen 1100 francs. Er wurde, aller Vorstellungen ohngeachtet, nur allein von den Stabsoffizieren und Kapitänen erster Klasse getragen.“
30. Oktober. „ . . . . Wir verbringen den Tag in Ernstens[144] und des Pastors Gesellschaft recht heiter und froh und kehren abends 8 Uhr nach Koblenz zurück. Daselbst werden wir jedoch schrecklich überrascht, indem wir hören, daß heute Vormittag der Rittmeister Treyling von Wien zurückgekommen und einen Brief von Stein an den General Thielmann überbracht hat, welchem zufolge es bestimmt ist, daß Sachsen mit Preußen vereinigt wird. Sämtliche alliierten Mächte haben ihre Einwilligung dazu gegeben, Österreich den 18. Oktober.
Schreckliches Schicksal, welches du armes Sachsenvolk ertragen mußt! So ist es denn also beschlossen im Rate der Vorsehung, daß unser verehrter, angebeteter Friedrich August nie wieder den Thron besteigen soll, den er einige 40 Jahre hindurch zierte, der sich selbst den Beinamen „Der Gerechte“ erwarb und unter dessen Leitung sein Volk glücklich war? Nur der Gedanke an eine Vorsehung kann uns jetzt aufrecht erhalten, da die Pläne dieser unerforschlich sind. Der gerechteste Schmerz ergreift einen jeden von uns, die wir jetzt sozusagen ohne König und Vaterland verlassen dastehen.
Minister v. d. Recke ist als Zivilgouverneur[145] für Sachsen bestimmt. . . . . Das preußische provisorische Gouvernement tritt vom 1. November an in Tätigkeit.
General Thielmann zeigte sich auch heute aufs neue von einer ziemlich schlechten Seite. Kaum hatte Treyling den Wagen verlassen und er den Brief gelesen, so war er sogleich auf die Parade gekommen und hatte das Schicksal Sachsens öffentlich bekannt gemacht. Vorauszusehen war, daß auf diese Weise die Nachricht die übelsten Folgen haben mußte. Am Abend entstand ein ziemlicher Exzeß in Thal zwischen unseren Gardisten und den dort stehenden preußischen Pionieren. Ein „Es lebe unser König!“ erscholl auch in Koblenz durch alle Gassen. Zur Vermeidung jedes unangenehmen Erfolges ließ mein General
den 31. Oktober sämtliche Stabsoffiziere der Brigade und pro Bataillon ein paar Offiziere bei sich versammeln und eröffnete ihnen die wahre Lage der Dinge. Er ermahnte besonders zu einem ruhigen und stillen Verhalten, da nun, wo alles uns verlassen, mit Gewalt durchaus nichts auszurichten sei, vielmehr dadurch das Land und viele Tausende unglücklicher werden würden. Infolge seines Willens wird alles dies auch den Mannschaften noch heute bekannt gemacht, um falschen Nachrichten, so nachteilige Folgen veranlassen könnten, zuvorzukommen. Zwar erregte die Nachricht allgemeinen Eindruck, doch ward der Zweck nicht verfehlt; denn alles verhielt sich sehr ruhig.“
2. November. „General Thielmann und Louis reisten heute früh 3 Uhr nach Aachen. Nach ihrer Rückkehr wird Louis nach Dresden gehen. Die russisch-deutsche Legion[146], heißt es, soll unserer Armee einverleibt werden.“
[225] 5. November. „Des Nachmittags kamen General Thielmann und Louis aus Aachen zurück. Letzterer bestimmt seine Rückreise nach Dresden auf morgen. Jeannette[147] geht mit ihm bis Leipzig; er von dort aus über Berlin nach Dresden, erstere direkt dahin. . . . . . . Prinz Wilhelm[148] ist zum Statthalter bestimmt und wird, sobald Sachsens Union auf dem Kongreß völlig ausgesprochen ist, nach Dresden abgehen. Der König, heißt es, wird seine Residenz abwechselnd in Dresden und Berlin nehmen. Unser König, heißt es, werde Osnabrück und Münster und die jährliche Apanage von 3 Millionen Taler erhalten. Frankreich, sagt man, wolle in mancherlei Veränderungen in Deutschland nicht willigen. Bis abends 1/2 11 Uhr bei Louis, zu dem noch bis gegen 10 Uhr viele strömen. . . . . . .“
„6. November erfolgt früh 1/2 10 Uhr Louis’ Abreise bei ziemlich ungünstigem Wetter. . . . . . . . . . Reinigers[149] sehr hübsches „Gedicht eines Sachsen bei dem entschiedenen Schicksal seines Vaterlandes“ [gelesen]. Thielmann, dem es bald zur Kenntnis gekommen, hat ihm – jedoch sehr mäßig – geraten, dergleichen Schriftstellerei sich künftig zu enthalten. . . . . . . . Die von Criegern und Heymann gefertigte Beantwortung der Wachlerschen Schmähschrift[150] ist nun im Druck erschienen. . . . . . . Die gestrige Frankfurter Zeitung enthält einen merkwürdigen Artikel, aus Dresden datiert, worin man die Vorteile auseinandersetzt, welche für Sachsen durch die Vereinigung mit Preußen entspringen.“
„9. November finden wir in der gestrigen Frankfurter Zeitung einen Artikel aus Sachsen, worin man den von dem Fürsten Repnin an den General Thielmann gestellten Befehl[151] zur Arretierung des Generals Lecoq und Obersten Zezschwitz liest. Thielmann soll hierüber ebenso piquiert gewesen sein, als mein General hierzu die gegründetste Ursache hatte, weil es gerade so herauskommt, als wolle man beide Männer aufs neue suspekt machen.“
„10. November. Abreise des Generals nach Bonn. Solms und der Auditeur Schade begleiten ihn. Der General ist von dem General Kleist beauftragt worden, die bei der deutschen Legion vorgefallenen, sehr bedeutenden Exzesse zu untersuchen. Allerdings sind die Vorfälle dort von der größten Bedeutung, da nicht die mindeste Disziplin herrscht; denn mehrmals ist es sicher der Fall gewesen, daß Offiziere wegen begangener Diebstähle fortgeschickt worden sind. . . . . .“
„11. November. . . . . . Ein preußischer Husarenrittmeister Graf Schweinitz ist gestern hier angekommen, um im Auftrag des Generals Kleist den Professor Görres zu veranlassen, entweder in dem nächstfolgenden Blatt seines „Rheinischen Merkurs“ das zu widerrufen, was er in dem Blatt 142 gegen preußische Offiziere geschrieben hat, oder mit ihm nach Aachen zu gehen und fernerhin sein Blatt der Zensur eines sächsischen Offiziers, doch nicht des Generals Thielmann[152], übergeben zu sehen. Anfangs hatte Görres sich einem Widerruf durchaus nicht unterwerfen wollen, späterhin aber versprochen, einen dementsprechenden Aufsatz zuzusenden. Er fertigt diesen und sendet ihn dem General Thielmann zu; allein statt zu widerrufen, bringt er noch weit gröbere Sottisen. – Ohne die tätige Fürsorge des Generals Thielmann würde Herr Görres wohl diesmal schlecht weggekommen sein. Da nun aber dieser einmal sein großer Protektor ist, so war es durch seine Vermittlung auch dahin gekommen, daß der von ihm einzurückende Widerruf sehr gelinde ausfallen wird.“ [sic!]
„15. November erwarteten wir den General von Bonn zurück. Wir ritten ihm bis Weißenthurm entgegen, bekamen aber noch am Abend einen Brief von ihm, daß er erst morgen in Koblenz eintreffen werde. Wir ritten ihm daher
16. November abermals entgegen und trafen ihn sehr bald. Feldjäger Wöhler war in der verflossenen Nacht aus Dresden gekommen. Er brachte die offizielle Bekanntmachung des veränderten provisorischen Gouvernements von Sachsen sowie die dabei gehaltene Abschiedsrede des Fürsten Repnin[153] mit, die allerdings sehr schöne Worte enthält. . . . .“
„18. November merkwürdiges Zeitungsblatt der gestrigen Frankfurter. Es enthält dasselbe einen Artikel aus Wien, worin erklärt wird, daß das Schicksal Sachsens noch keineswegs so bestimmt sei, als es [226] mehrere Blätter prononcierten, vielmehr neige sich die Wagschale sehr zu Gunsten Sachsens, besonders seit der bestimmten Erklärung des Grafen Noailles[154]. Österreich, bemerkt der Artikel, werde nie seine Einwilligung dazu geben, daß Sachsen mit Preußen vereinigt werde. – Es flößt uns dieser Artikel allen neue Hoffnung ein und beweist uns, daß noch nicht gänzlich über uns abgeurteilt ist. General Thielmann unterschlägt dieses Zeitungsblatt und niemand seiner Umgebung bekommt es bei ihm zu sehen. . . . . . .“
„20. November überbringt Oberst Zezschwitz, soeben als der General beim Stellen der Garde die Glieder durchgeht, die für uns alle so fröhliche Nachricht, daß das Kongreßblatt aus Wien berichtet, daß Sachsen Sachsen bleibe, man jedoch noch ungewiß sei, ob der König oder Prinz Anton die Regierung übernehmen werde. Uns allen ist das Kongreßblatt sehr merkwürdig. Wie ein schnell um sich greifendes Lauffeuer verbreitet sich diese Nachricht allgemein. General Thielmann hatte, obschon er früher dieses Zeitungsblatt als ein ziemlich offizielles Blatt erklärt gehabt, [es] heute für Sch . . . . . . erklärt, ein Ausdruck, der uns allen bei dem Echo [?] dieses Blattes[155] nachzusehen gewesen wäre. . . .“
„22. November erhielt der General ein Schreiben von Kleist wegen des von ihm in die Leipziger Zeitung bestimmten Aufsatzes[156].“
„23. November beantwortete er dasselbe, nachdem er früh den General Thielmann davon in Kenntnis gesetzt hatte, der sich höchlichst über dieses Zutrauen, womit er ihn beehre, verwundert.“
„24. November . . . . . trifft eine Stafette von Louis an Thielmann ein. Ein Brief von Minckwitz[157], den 20. November von Dresden [datiert], an Oberst Zezschwitz setzt uns in Kenntnis, daß die sächsischen Angelegenheiten in Wien noch einem steten Wechsel unterworfen sind. . . . . . . Die preußischen Behörden benehmen sich durchgängig sehr gemäßigt. Den unteren Behörden merkt man an, daß dieses Benehmen erzwungen ist. Sie haben die Anhänglichkeit, welche jeder biedere Sachse für seinen König hegt, sehr gelobt und gestattet, daß jeder frei und unbehindert von ihr sprechen könne. . . . . . . Von Mutter und Heinrich[158] erhalte ich einige Zeilen vom 20. d. M. Die des letzteren beruhigen mich über ihn selbst, da ich befürchtete, daß er vielleicht einen voreiligen Schritt getan haben könne. Die der ersteren setzen mich zwar in Kenntnis von aller Wohlsein, doch bemerkte ich daraus eine große Gleichgültigkeit gegen unser vaterländisches Schicksal, welches freilich Frauenzimmern zu verzeihen ist. – Nur in Männerherzen kann wahrer Patriotismus wohnen. Wir leben ja nicht mehr zu der Römer Zeit![159]“
„28. November. . . . . . . Leutnant Jäger, Otto, Eberle und Wolzogen vom Kürassierregiment bitten um Versetzung in die russisch-deutsche Legion[160]. Diese Idee allein schon ist hinreichend, ihre Kameraden zu veranlassen, ferner keinen Dienst mehr mit ihnen zu tun. Daß man diese jungen Herren in Ordnung halten und ihr immoralisches Leben nicht gestatten will, nennen sie Bedrückungen und bitten deshalb um Versetzung. Oberst Ziegler wird interimistisch zum Kürassierregiment versetzt. General Thielmann fällt das sehr vernünftige Dezisum, daß, wenn sie nicht alle vier sogleich ihren Abschied nehmen, sie 14 Tage hindurch auf die Hauptwache gesetzt werden und ihre Sache untersucht wird. . . . . . .“
„3. Dezember. Der General scheint gegen mehrere ein Mißtrauen zu hegen, da Thielmann geäußert, er erführe alles wieder, was bei uns gesprochen werde. Unbegreiflich ist es mir, wie dies der Fall sein soll, da es sich kaum denken läßt, daß ein Offizier diesen hohen Grad von Schändlichkeit besitzen sollte, den Verräter in einer Sache zu machen, die uns allen so sehr am Herzen liegt. Mich schmerzt es, zu wissen, daß der General in dem falschen Wahne steht, während Thielmann sicher nur auf den Strauch geschlagen hat.“
„4. Dezember. . . . . . In der Allgemeinen Zeitung finde ich die sehr merkwürdige Erklärung unseres Königs[161], datiert Friedrichsfelde, den 4. November 14, an den Kongreß zu Wien gerichtet; sie hebt freudig die Brust eines jeden biedern Sachsen, da wir sehen, daß unser verehrter König selbst im Unglück sich mit Würde benimmt und nicht vergißt, aus welchem Blute er entsprossen. Uns beweist diese Erklärung, daß er manchen Schritt hat tun wollen, der ihm darum versagt [227] wurde, weil er nicht in die gewünschte Politik paßte. Der Jubel unter uns Offizieren über diese Proklamation ist sehr groß.“
„5. Dezember. Das heute angekommene Kongreßblatt schlägt unsere Freude von gestern her etwas nieder, da selbst dieses Blatt gar nicht in der erwarteten Weise über diese Erklärung urteilt. Wahrscheinlich wird es uns nunmehr, daß der König, verlassen von allen, nun seine Zuflucht zu sich selbst nimmt und die Welt über sich richten lassen will. Dieser biedere Mann sieht freilich die Rechtlichkeit auch in anderen, die ihn beseelt! – Wir vernehmen von Zurückgekehrten aus Sachsen, daß die provisorische Regierung alles anwendet, um die Stimme der Nation für sich zu gewinnen und daß es ihr bereits schon sehr gelungen sein soll. So hat man z. B. öffentlich die Anhänglichkeit an den König gebilligt und sie laut zu äußern aufgefordert. Den General Sahr[162] hat General Gaudi aufgefordert, sich ungescheut zum König zu begeben, da man wüßte, wie sehr er dem König attachiert sei, und dergl. mehr.
Am Abend kehrt Major Koppenfels von Bonn zurück, welcher die Quartiere fürs Hauptquartier des Generals Thielmann vorläufig daselbst reguliert hat. Warum dieser sich dorthin legen will, ist uns unbekannt[163]. Ohne Zweifel will er dem General Kleist möglichst nahe sein. Uns allen ist es sehr fatal, daß das Hauptquartier, unter dem wir so manchen Freund haben, hier weggeht. An Oberst Einsiedel[164], Seydewitz[165] und B.-Adj. [Brigadeadjutant?] Heymann sende ich Abschriften der Erklärung des Königs.“
6. Dezember. „ . . . . . . Das heute angekommene Frankfurter Zeitungsblatt [enthält] einen für uns sehr merkwürdigen Artikel. . . . . . . Sachsen ist wieder hergestellt. . . . . . . Unsere Freude ist allgemein, obschon wir sehr bald nach der ersten Aufwallung in Erwägung ziehen, daß dieser Artikel [als] unverbürgtes Gerücht aus der Nürnberger Zeitung entlehnt war. Allein der Schiffbruchleidende faßt den Strohhalm. Das Zusammentreffen mehrerer Umstände bestärkt uns in unserem süßen Wahne, nämlich die Durchreise eines preußischen Kuriers, der sehr eilig von Wien nach Aachen gegangen war, das Aufschieben der vorseienden Delogierung, da Thielmann die Entscheidung des Kongresses sehr nahe glaubt, und die Wut, mit der Thielmann diese Zeitungsnachricht aufnimmt. Heiter und froh war alles heute ob der Hoffnungen.“
„7. Dezember. Auf frohe Tage folgen wieder trübe. Letzteres fand heute bei uns Anwendung. Die zwischen dem General und S. [Senft?[166]] eingetretene Kälte veranlaßte heute einen gänzlichen Bruch, bei dem allerdings unser vortrefflicher General S. sehr wehe tut; allein [er] war hierbei zu sehr ergriffen, als daß gemütliche Vorstellungen imstande gewesen wären, ihn zu einer günstigeren Stimmung gegen S. zu bewegen. S. entschloß sich daher, ihn morgen um Urlaub nach Sachsen zu bitten. – Das heutige Frankfurter Zeitungsblatt widerlegt die gestern mitgeteilte uns so frohe Nachricht.“
„8. Dezember. Nach Pflicht und Gewissen wendete ich heute alles an, um den General von S.’s Unschuld[167] zu überzeugen und ihn zu einem minder strengen Urteil über ihn zu veranlassen. Zu meiner Freude glaubte ich auch bemerken zu können, daß, wie ich es gleich beurteilt hatte, nur eine böse Laune sich des Generals so bemeistert hatte, daß er gewiß mehr unwillkürlich ihm so bittere Vorwürfe gemacht hatte. – Das eingereichte Urlaubsgesuch refüsiert der General. Die Gründe hierzu schienen mir günstig für S. zu sprechen. Nach wiederholt gemachten Anregungen meinerseits gelang es mir, – ich glaube wenigstens einiges Verdienst hierbei mir mit beimessen zu können –, [den General umzustimmen], und am Abend schied S. in einer froheren und heiterern Stimmung als gestern. Wir alle sagten ein recht freudiges: Gott sei Dank, daß auch diese trübe Wolke so bald vorüberzog; denn gewiß mußte es uns alle, die wir dem General so sehr ergeben sind, innig schmerzen, ihn hierin so hart und seinem Charakter ganz zuwider handeln zu sehen.
Früh traf ein preußischer Feldjäger aus Dresden ein. Durch ihn erhielt ich Briefe von Mutter, Louis und Suschen[168]. Louis’ Brief war vom 4., die anderen beiden vom 1. Dezember. Auf den der Mutter[169] werde ich stets stolz sein. Louis verweist mich mit den interessanten Nachrichten an Zezschwitz.“
„10. Dezember. Mittags einem Abschiedsdiner beigewohnt, welches der Gouvernementskommissär Sack dem General Thielmann zu Ehren gibt. Es war dieses ein sehr ennuyantes Fest, da lange, sehr lange bei Tische gesessen ward, die Unterhaltung etwas gezwungen war und niemand zum Trinken disponiert war. . . . . . .
[228] Abends verbringe ich eine Stunde bei Lemaistre[170], der mir über die Zeit, wo unser König in Plauen, Regensburg und Prag gewesen ist, sehr viel Aufschluß gibt. Seiner Versicherung nach ist es das schwierigste Geschäft von Langenau und Senfft[171] gewesen, ihn zu einer Erklärung gegen Napoleon zu bringen, teils, weil er wirklich eine persönliche Anhänglichkeit an ihn gehegt habe, teils aber auch, weil die Alliierten, Rußland und Preußen, so wenig Rücksicht gegen ihn an den Tag gelegt, vielmehr schon damals ihre Eroberungsprojekte auf Sachsen zu erkennen gegeben haben. Der Mutmaßung nach würde das Schicksal Sachsens, freilich unter anderem Anstrich, selbst bei einer Erklärung des Königs, nicht günstiger gewesen sein als so[172]“.
„13. Dezember. ...... General Thielmann verließ heute Koblenz aus uns unbekannten Gründen, dem Anschein nach kommt er bald wieder. Senft hatte gestern eine Stunde bei ihm verbracht. Bei dieser Gelegenheit hatte er unseren König als den rechtlichsten und biedersten Mann anerkannt und ihn dem Kaiser von Rußland gleichgestellt. Er betrachtet das Schicksal Sachsens als gänzlich entschieden, und zwar zu Gunsten Preußens. Sein Schicksal, gibt er vor, in der Tasche zu haben; sicher bleibe er nicht in Sachsen[173]. – Wohl ihm und uns! ...... Am Abend erhält die hier wohnende Gräfin Rennes einen Brief von der dermalen in Neuburg in Bayern lebenden Prinzeß Kunigunde (Tante unseres Königs[174]). Sie schreibt ihr die vorteilhafte Lage der dermaligen Angelegenheiten Sachsens, und daß der König binnen kurzem zurückkehren werde. Zwar ist der Brief vom 4. November datiert, doch geht aus allem hervor, daß das Datum der 4. Dezember sein soll. Ihrer Meinung nach sei es offiziell. – Das einzige darin Bedenkliche ist, daß sie bemerkt, der König werde sein Land bien rongé zurückerhalten; doch dadurch würde die Dynastie erhalten.“
„14. Dezember erhalte ich einen Brief von Brause[175], worin dieser mir eine Strophe [sic!] aus dem Briefe des Geheimrats Gärtner[176] an seinen Freund in Neuwied mitteilt. Diese Strophe läßt allerdings nichts anderes als Krieg vermuten; denn er bemerkt vom 1. Dezember, mehrmals habe schon das Schwert zum Kampfe auf dem Tisch gelegen, noch sei die trübe Wolke nicht vorüber, denn noch sei nichts entschieden, weder über Polen, noch Sachsen, noch das linke Rheinufer. Er fürchte sehr, früher von dem Kongreß heimzukehren, als er wünsche. – Abends erhalte ich einen Brief von Oberst Einsiedel, worin er für die ihm mitgeteilte Erklärung dankt und zugleich mir einen Brief eines österreichischen Kapitäns namens Spielmann übersendet, mit welchem dieser ihm dieselbe Erklärung [schickte], welche er, noch ehe sie bei uns ankam, durch Langenau[177] erhielt, um sie auf irgend einem Wege an uns gelangen zu lassen. Ich teile dies dem General mit, und sogleich wird der Plan entworfen, daß ich übermorgen nach Mainz[178] reise, um dieses Offiziers persönliche Bekanntschaft zu machen und womöglich durch ihn eine Korrespondenz mit Langenau anzuknüpfen[179]. Um die Reise weniger auffallend zu machen, reite ich
den 15. Dezember nach Neuhaus, zwei Stunden von hier, auf dem Wege nach Montabaur, und fordere Pommrich[180] von der Artillerie auf, die Partie nach Mainz gemeinschaftlich mit mir zu machen. Er läßt sich bereit hierzu finden und sendet sogleich ein paar Relaispferde nach St. Goar, 6 Stunden von hier. – Außer Senft weiß niemand die eigentliche Veranlassung zu meiner Reise. Der General beurlaubt mich auf drei Tage.
16. Dezember früh 5 Uhr, bei stockfinstrer Nacht, abgereist. Der General borgt mir seinen Wagen. Das Wetter ist uns sehr günstig, der Weg aber sehr schlecht, indem von Bacherach aus die Chaussee aufhört. Das Rheintal behält bis in die Gegend von Bingen ziemlich ein und denselben Charakter bei, nämlich steile, hohe Felsgebirge zu beiden Seiten usw. . . . Um 10 Uhr erst trafen wir in St. Goar, um 2 Uhr in Bingen ein. Von hier aus nahmen wir Postpferde usw. . . . . . Bei Bingen wird das Rheintal sehr flach, erst jenseits Ingelheim kommt man auf Höhen, welche sich bis in die Nähe von Mainz erstrecken und dadurch die Außenwerke etwas dominieren. – Ehe wir noch die Nähe von Mainz erreichten, verhüllte die hereingebrochene Nacht uns neidisch den sehnlichst gewünschten Anblick der Stadt. Wir passierten das Tor eines Außenwerkes ungehindert, an einem zweiten Eingang verlangte ein Torschreiber (wie die österreichische Schildwache ihn nannte, ein Examinator) unsere Pässe zur Revision. Am inneren Tor wollte die Wache uns abermals aufhalten, doch des Postillons kräftige Anrede: „Das wäre wieder etwas Neues; lieber zehnmal anhalten und ausfragen!“ überhob uns dieses abermaligen Aufenthaltes, und wir durchrollten die sehr enge und schlecht gebaut scheinende Straße. In den „Drei Kronen“ als der besten auberge des Ortes fanden wir ein sehr elegantes und gutes Unterkommen. Der Zufall war mir sehr günstig, daß wir gerade eine auberge zu unserem Absteigequartier gewählt hatten, worin mehrere österreichische Offiziere speisten. Beim Souper hatte ich sehr bald Gelegenheit, mich über die [246] Anwesenheit des Kapitäns Spielmann zu erkundigen und befriedigende Auskunft über ihn zu erhalten, indem ein anderer Kapitän des Generalstabes[181], Baron von Magdeburger, einer meiner nächsten Tischnachbarn war. So leitete ich meine Angelegenheit sehr gut und gewiß verborgen ein und fand mich schon im Innern hocherfreut, auch etwas in der jetzigen Periode, wenn auch nicht unmittelbar, doch mittelbar bewirken zu können. Unter dem heitersten Verein mit den Österreichern, die wir doch jetzt als uns näher betrachten, da sie Gefühl für unsere Interessen haben, leerten wir zwei Flaschen guten Niersteiner und würden wahrscheinlich diese mit noch mehrerer Muße beendigt haben, wenn nicht ein junger Bramarbas von einem preußischen Offizier sich in unseren Diskurs gemengt und uns sehr bald mit seiner ganzen Lebensgeschichte, aus der nur das das Wahrste sein konnte, daß er unter den Brüdern der Rache[182] gedient und mit ihnen die Bauern geäxtert[183] hatte, bekannt gemacht [hätte]. Unserem gebildeten Hauptmann Magdeburger mochte die Schwafelei dieses jungen Helden ebenso fatal als uns sein, kurz er machte den Aufstand und wünschte uns allen eine gute Ruh, an der es uns für heute auch wahrhaftig nicht gebrach. – Schlechterdings wollte er den Kapitän Spielmann veranlassen, den anderen Morgen mit dem frühesten zu mir zu kommen, welches ich doch aus Gründen nicht annahm.
17. Dezember früh den Kapitän Spielmann (wohnhaft ohnfern des Stadthauses bei [den] Herren Spielmann und Mayer) aufgesucht; er [war] aber schon ausgegangen. Beim Kommandanten, dem preußischen Obersten Krauseneck, dessen Bekanntschaft ich schon in Mons[184] gemacht hatte, gemeldet, der uns sogleich auf Mittag invitiert, woran mir nichts gelegen war, da ich [ihn] lieber bei Feldmarschall-Leutnant Frimont[185] zugebracht hätte. Hierauf die hohen Wälle begangen. Die Festung Mainz hält 12 Bastions usw. . . . Wir verbrachten mit der Besichtigung alles dessen bis 1/2 1 Uhr Mittags. Ich eilte sodann zu Kapitän Spielmann und traf ihn glücklicherweise an. Ich lernte an ihm einen jungen, lieben Mann kennen, dessen guter Charakter sich schon auf seinem Gesicht aussprach. Er freute sich, einen Sachsen kennen zu lernen, dem er die Versicherung geben könnte, daß er zu allem möglichen Beistand bereit sei, der zu unserem Wohl und zur Beförderung unserer Wünsche gereichen könnte. Ich entdeckte ihm die Absicht meiner Anwesenheit, und er gab meiner Forderung dadurch gänzlich Gehör, daß er nicht durch die Post, sondern durch die aufgestellte Ordonnanzlinie eine Korrespondenz mit uns und Langenau anzuknüpfen gesonnen sei. Vorher hatte er mir folgenden Brief von Langenau mitgeteilt, woraus ich allerdings abzunehmen glaubte, daß jede Annäherung nicht rasch genug erfolgen könnte:
„Ein Auftrag, den ich abermals an Sie, lieber Freund, erhalten habe, verschafft mir schon wieder das Vergnügen, mit Ihnen in Korrespondenz zu kommen. In der Beilage habe ich das Glück, Ihnen eine Note des Königs von Sachsen in Abschrift zu senden. Es ist selbige an alle hier anwesenden Monarchen übergeben worden und erscheint nun bald in allen österreichischen Zeitungen. – Für den Augenblick soll ich Sie ersuchen, selbige mit einer guten Manier in das Hauptquartier der Sachsen zu bringen. Es sind jedoch hierbei einige Vorsichten zu beobachten, damit teils nicht der Brief in die Hände des Generals Thielmann falle, teils überhaupt nicht an unrechte Personen komme. – Zu diesem Zwecke wage ich es, Ihnen zwei Vorschläge zu machen: 1. die Proklamation unter der Adresse des K. S. Obersten v. Zezschwitz im Generalstab oder 2. unter der des Obersten v. Einsiedel, Kommandant eines Linienregiments, durch eine sichere Gelegenheit nach Koblenz zu befördern. Sollten Sie hierbei einige Auslagen haben, so bitte ich, mir selbige nebst denen über den „Rheinischen Merkur“ zuzurechnen. – Im Übrigen bitte ich Sie dringend, allen Sachsen zu sagen, daß sie den Mut nicht verlieren sollen. War je Hoffnung für den König von Sachsen, so ist es in diesem Augenblick.
Leben Sie wohl und seien Sie von meiner Hochachtung und Freundschaft überzeugt. Ich bitte von Ihrer Seite um ein Gleiches.
Wien, den 23. November 1814.
W. v. Langenau“[186].
„Von dem Erfolge erbitte ich mir gütigst Nachricht.“
Teils um Kapitän Langenau zu zeigen, in welchen guten Händen sich seine Mitteilung befände, teils um ihm die große Versicherung geben zu können, daß bis [247] jetzt, obschon man alle Register gezogen habe, unseren Mut zu erschüttern, nichts dies habe bewirken können, und um ihm Anleitung zu seinen schnelleren Mitteilungen zu geben, schrieb ich einige Zeilen an Langenau und bemerkte darin, daß der General Langenau mit Gewißheit binnen kurzem auf einige Zeilen von General Lecoq rechnen könne. – Am Abend übergab ich Spielmann diese Zeilen und er mir dagegen das Original des Langenauschen Briefes, um ihn dem General mitteilen zu können. – Den Mittag verbrachten wir in der Gesellschaft des Obersten Krauseneck, dessen Platzadjutanten und des Majors Kinsky. Man war sehr artig gegen uns und enthielt sich vorsätzlich jedes politischen Gesprächs. Nur der Adjutant faßte mich ganz plump und wählte hierzu den vertrauten Ton, indem er fragte: „Na, sagt mir doch, was hört ihr von eurem König?“ Ich erwiderte ihm: nichts, als was die Zeitungen sagten, und was jetzt ganz mit unseren Wünschen übereinstimmte. Damit war er abgefunden und fragte nicht wieder. – Täuschte ich mich nicht, so hatte Oberst Krauseneck es darauf abgesehen, uns ein wenig zuzutrinken; denn er nötigte uns von Anfang herein sehr und tischte allerhand Sorten auf, sogar Rheinwein von 1719. Doch je mehr er uns nötigte, desto mehr waren wir auf unserer Hut. Unsere Truppen sowie unsere ganze Nation lobte er sehr. Ehe wir uns bei ihm beurlaubten, invitierte er uns noch auf die ganze Zeit, als wir in Mainz uns aufzuhalten gesonnen seien. –
Nachher versuchten wir, dem General Frimont aufzuwarten; doch wir kamen nicht vor. Sein Adjutant, ein echter Österreicher, sagte uns in ganz ungeschminkten Worten, wir sollten halt nur nicht bange sein, es würde alles besser gehen, als wir jetzt glaubten.
Mit dem Hauptmann Spielmann besuchten wir das hiesige Theater, größer, aber nicht so hübsch als das Koblenzer. Die Denglersche Gesellschaft daselbst, doch nicht mehr so gut als ehedem in Chemnitz.
Das Vernehmen zwischen den in Mainz garnisonierenden österreichischen und preußischen Truppen scheint nicht sonderlich zu sein. Sie leben ganz geteilt miteinander. Jede Truppe hat ihre Stadthälfte und ihre Festungshälfte zu besorgen und zu bequartieren. Die Garnison, welche aus 3 Bataillonen Österreichern und 3 Bataillonen Preußen besteht, liegt in den Bürgerhäusern einquartiert und beträgt zirka 6000 Mann Infanterie.
Den Abend verbrachten wir wieder in der gestrigen Table d’hôte-Gesellschaft, der sich noch unser Freund Spielmann aus Artigkeit gegen uns anschloß, obschon er uns das Opfer brachte, uns selbst in der Komödie nicht zu verlassen, wo er von einer jungen Dame sehr vermißt zu werden schien. Ich dankte es ihm beim Abschied so herzlich, als es mir nur möglich war, und er wiederholt in Kürze noch seine schon früheren Versprechungen.“
„18. Dezember sollte um 5 Uhr abgefahren werden, doch erfolgte es der spät ankommenden Postpferde wegen erst um 6 Uhr. Unsere Rechnung war ziemlich billig, nämlich 14 fl. Rheinl. Von dem äußeren Mainz sahen wir der Finsternis [wegen] abermals sehr wenig usw. . . . .
Nach 2 Uhr in St. Goar, um 7 Uhr abends in Koblenz. Ich meldete mich sogleich beim General, der allerdings über den glücklichen Erfolg meiner Reise sehr vergnügt war. Von ihm hörte ich die endliche Ankunft des Leutnants Petrikowski[187], der mehrere sehr interessante Nachrichten und Broschüren[188]) mitgebracht hatte, als:
1. Rechtliche Bemerkungen über das Recht der Eroberung und Erwerbung im Kriege mit Rücksicht auf die neuesten Zeitereignisse. 1814.
2. Rüge eines Verbrechens an der sächsischen Nation.
3. Beleuchtung eines in Dresden gegenwärtig in Abschrift zirkulierenden Schreibens, die Vereinigung Sachsens mit Preußen betreffend. Dresden, Anfang November 1814.
In bezug auf unseren König waren ebenfalls die besten Hoffnungen in Sachsen vorhanden gewesen. Ein Gespräch, welches der König mit dem Kammerherrn Weißenbach[189] gehabt, flößt uns allen die Hoffnung ein, daß er sicher sich standhaft und fest benehmen würde. Ihm hatte er erklärt, er werde gutwillig auch nie in die Abtretung eines einzigen Dorfes willigen und nie ein Äquivalent für seine Staaten annehmen; und wenn man ihn an seinen grauen Haaren in seine neuen Staaten schleifen wollte, so würde er lieber mit seiner Frau und seiner Tochter sich von seiner Hände Arbeit nähren, als sein Brot auf diese Art erlangen. – Auch die Prinzeß Elisabeth hatte sich sehr deutlich wieder expektoriert.“
„20. Dezember früh geht die Ordre vom General Thielmann ein, daß Koblenz fernerhin nur mit einem Bataillon und der Sappeurkompagnie belegt sein soll. Das 3. Grenadierbataillon rückt dagegen wieder auf die Dörfer usw. . . . . Der General bestimmt den 24. d. M. zu dieser Veränderung. . . . . Holtzendorff ist heute mit einen Brief an Zezschwitz geschickt [worden], worin der General diesen von meiner Reise nach Mainz und deren Erfolg benachrichtigt. Erst nachts 2 Uhr [248] kehrte er mit sehr schnell geschriebenen Zeilen zurück, da man ein großes Dejeuner in Bonn gehabt hatte. .... Der General bestimmt sich, den Geburtstag unseres Königs in Thal zu feiern, früh aber eine militärische Parade zu haben. Bärend[190] trifft zu diesem Behufe mit 20 Sappeurs morgen früh ein, um den Saal geschmackvoll zu dekorieren. Reiniger fertigt Gedichte. Alles verspricht den schönsten Erfolg. Der General entwirft eine Rede an die Mannschaft.“
„21. Dezember. Die neuesten Zeitungen stellen die Ankunft des Königs in Wien wieder ins Ungewisse. – Abends trifft Oberstleutnant Lindemann ein. Er versichert, sogar Thielmann sei von der Rückkehr des Königs überzeugt, beharre jedoch auf einer Teilung, um uns womöglich unsere Freude noch zu vereiteln...“
„23. Dezember, [an] unseres Königs Geburtstag, versammeln sich die hier stehenden Bataillone Mittags 1/2 12 Uhr im Karree und parademäßig adjustiert. Der General spricht folgende Worte zu ihnen:
„Ich glaube nicht, meine Freunde, daß ich euch an die Festlichkeit des heutigen Tages erinnern muß. Wer den Namen Sachse führt, dem kann dieser Tag, der Tag der Geburt unseres hochverehrten Königs, nur heilig erscheinen. Noch immer lebt Er getrennt von seinem treuen Volke, doch nichts kann Ihm und uns den Glauben an eine gerechte Vorsehung rauben. Wir können, glaube ich, den heutigen Tag nicht schöner, nicht heiliger begehen, als wenn wir hier vor Gottes Angesicht den Vorsatz erneuern, unsere Pflichten als Mensch, als Staatsbürger und als Soldat stets vor Augen zu haben. Wir dürfen nur an Ihn, den Frommen, den Gerechten, denken, und wir werden uns zu allen männlichen Tugenden gestärkt fühlen. So, meine Freunde, laßt uns heute sein Andenken ehren, und indem wir in die glückliche Vergangenheit zurückblicken, wollen wir in der Gegenwart die„ Hoffnung festhalten, daß Er, der Hochverehrte, seinem tapferen Volke bald wiedergegeben werde. Gott nehme ihn ferner in seinen Schutz!“
Dies letzte wurde von der Mannschaft wiederholt und dann der 1. und 6. Vers des Liedes: „Auf Gott und nicht auf meinen Rat“ gewiß recht aus dem innersten Gefühl eines jeden gesungen. – Es war heute ordentlich, als wolle der Himmel uns ein Zeichen geben. Die ganze Nacht war entsetzlich stürmisch gewesen. Der anbrechende Morgen zeigte das schönste Wetter und krönte damit den heutigen Tag. –
Mittags 1/2 4 Uhr in Thal 44 Kuverts. Das Diner, das der General gab, war sehr schön und kostete über 200 Thl. Der Saal des Nassauer Hofes, woselbst diniert wurde, war ein Tempel, 60 Fuß hoch, von Reisig erbaut. Unter Bärends Direktion stellten ihn 20 Sappeure in 3 Tagen her. Ein antikes Opferbecken gestattete ein Spiritusfeuer. Die Rückwand des Tempels zeigte ein F. A. R. [verschlungen]. Noch waren wir nicht lange zur Tafel [gegangen], der alle Stabsoffiziere der Brigade und von jeder Offizierscharge der älteste und von jedem Bataillon ein Unteroffizier, sowie Oberstleutnant Lindemann, Major Großmann[191] und eine Menge anderer anher gekommener Offiziere, sowie Major Könneritz[192] und Leutnant Grünenwald[193] beiwohnten, so trat Rittmeister Eckhardt[194], als Kurier aus Sachsen kommend, ein; Leutnant Milckau[195], dermalen beim 2. Linienregiment angestellt, [268] begleitete ihn. Die Freude, diese beiden lange nicht gesehenen treuen Kameraden wiederzusehen, und zwar an dem heutigen frohen Tage, war ungemein. Sie erhöhte unser Fest, da sie uns die süße Hoffnung nicht zu benehmen genötigt waren.
Bald nach ihrer Ankunft forderte der General die Gesellschaft zu folgendem Toast auf: „Friedrich August, Vater seiner ihm treu ergebenen Sachsen, am 23. Dezember 1814“. Die seither sichtbare Rückwand des Tempels fiel herab, und die vorstehenden Worte waren transparent zu sehen. Ihnen folgte der von Emil Reiniger in Verse gebrachte Toast als Fortsetzung des vorigen:
„Ihr Brüder füllt beim festlichen Mahle
Die Gläser alle voll,
Und leert voll Lust den ersten der Pokale
Auf unseres Königs Wohl“.
Diesem Toast folgte der der königlichen Familie, von Oberstleutnant Lindemann ausgebracht, dann vom Generalleutnant folgender:
„Ein Herz und eine Seele! Hierdurch drückt man gewöhnlich die engste Übereinstimmung in Grundsätzen und Gefühlen aus, die in jedem gesellschaftlichen Verein vorausgesetzt werden muß. Ich habe jetzt die sächsische Armee als einen solchen Verein vor Augen, wo jene Worte stets Anwendung fanden; denn nur der herrliche Geist, der von jeher in ihr herrschte, konnte die mannigfaltigen edlen und tapferen Handlungen hervorbringen, deren sie sich rühmen darf, sowie auch nur dieser Geist der Eintracht sie aus so mancher verwickelten Lage ehrenvoll heraustreten ließ. Ein Herz und eine Seele! sei also auch fernerhin unser Wahlspruch, und Ehre und allgemeine Achtung der Mit- und Nachwelt werden unser Bewußtsein krönen. Indem ich diesen Wahlspruch wiederhole: Ein Herz und eine Seele! trinke ich als eines der ältesten Mitglieder dieses achtbaren Vereins, auf das Wohl der Königlich Sächsischen Armee!“
Hierauf der Oberstleutnant von Lobkowitz: „Die Stütze der Armee, der Generalleutnant[WS 8] Lecoq!“ Bei dieser Gelegenheit überreichte der Chirurg Reiniger[196] dem General folgendes Gedicht mit dem Motto: Semper honos nomenque tuum laudesque manebunt (aus dem Virgil[197]).
„Laut schallet Entzücken im jubelnden Ton
Von der Krieger fröhlichen Scharen;
Was die Brust erfüllet dem Vaterlandssohn,
Er kann es nicht länger verwahren.
Froh schlägt er ans Schwert, das zum Kampf er einst zog,
Und bringet dem Feldherrn ein freudiges Hoch.
Es hört es der Feldherr mit liebendem Sinn,
Und blickt in dem Jubel mit Schweigen
Nach dem fern entlegenen Vaterland hin,
Nach der Raute grünenden Zweigen.
Es füllt seine Blicke ein leuchtendes Glühn:
Er pflegte der Raute, er sieht sie noch blühn!“
Vorstehendes Gedicht ward vom Hauptmann Senft sehr gut deklamiert. Derselbe brachte hierauf folgenden Toast [aus] auf: „Das Volk, das in der Liebe für sein Vaterland, in der Liebe für seinen König von keinem Volke der Welt übertroffen wird, das edle deutsche Volk der Sachsen, es lebe hoch!“
Hierauf vom Generalleutnant Schillers[198] Worte:
„Denn über alles Glück geht doch der Freund, Der’s fühlend erst erschafft, der’s teilend mehrt. – Ein solcher Freund ist uns allen der würdige Oberst Zezschwitz und meinem Herzen besonders teuer. Dieser edle biedre Sachse, er lebe hoch!“
Dann durch ebendenselben: „Auf das Wohl der achtbaren Männer, die die nächste Umgebung unseres Königs bilden!“ Dann: „Die braven Deutschen, die es gut mit unserem König und mit uns meinen!“ u. s. f.
„24. Dezember . . . . . . Abends Konzert und Ball in der hiesigen Sozietät. Das erstere wird von Dilettanten aufgeführt unter Direktion des Staatsprokurators Anschütz. Es gewährt uns allgemeines Vergnügen . . . . . Der heutige Ball ist, da jedermann sich an den heiligen Abend stößt, nur wenig besucht, doch die Größe der Gesellschaft dem Lokale angemessen“.
„26. Dezember früh 1/2 3 Uhr tritt ein österreichischer Unteroffizier vor mein Bett und überbringt mir einen Brief von Spielmann, der mir 3 von Langenau erhaltene Broschüren[199] übersendet, als:
- 1. Beleuchtung usw.,
- 2. Rüge usw.
- 3. Verlangt die sächsische Nation eine Regierungsveränderung?
[269] Die dritte ist die einzige, die uns bisher noch fremd blieb.
Früh 10 Uhr hielt der Feldprediger Conradi in der hiesigen reformierten Kirche Gottesdienst, doch dabei eine so elende Rede, daß jeder von uns sich in seiner Seele über diese Schwafelei entsetzte und der General sich fest vornahm, ihn nie wieder bei seinen Truppen die Kanzel besteigen zu lassen.
„28. Dezember fahre ich früh 10 Uhr mit dem Artillerieregimentschirurg Güntz[200] nach Mertloch, um Ernst zu besuchen. – Abends 7 Uhr treffen wir wieder ein, nachdem wir den Tag ziemlich vergnügt zusammen verbracht hatten. Eben habe ich mich beim General beurlaubt und komme nach Hause, so erfahre ich, daß ein Offizier aus Mainz bereits zweimal nach mir habe fragen lassen; er logiere im „Goldenen Apfel“ und harre meiner sehnlichst. Ich komme sogleich auf die Vermutung, Spielmann sei da. Allein ich werde in meiner Vermutung ganz irre geleitet, indem ich beim Eintritt in die Gaststube die Majore Dallwitz[201] und Marschall[202] erblicke, welche mir gleich entgegenriefen: „Haben wirs nicht gesagt? Er kommt!“ Dies konnte mich auf nichts anderes schließen lassen, als sie wären es gewesen, welche Nachfrage nach mir hätten halten lassen, und Albrecht[203] habe statt Mayen[204] Mainz verstanden. Ruhig und gelassen befinde ich mich also in ihrer Gesellschaft, gewiß länger als eine Stunde, bis endlich Kapitän Lindt eintritt und mich fragt, ob ich den österreichischen Offizier gesprochen, der sich sehr angelegentlich nach mir erkundigt habe; er wohne eine Treppe hoch. Sogleich folge ich dieser Bemerkung – abends 1/2 10 Uhr –, eile hinauf, klopfe an, erhalte aufgemacht und lerne in diesem bemerkten Offizier den Kapitän Dittrich vom österreichischen Generalstabe kennen. Vorerst präsentiert er mir zu seiner Legitimation einen Brief vom Kapitän Langenau, datiert den 19. Dezember von Wien. Hierauf zeigt er mir eine, wie er mir versichert, von Eppendorf[205] erhaltene Charakteristik mehrerer Offiziere, woraus ich abnehme, daß auch dieser mich ganz als einen guten Sachsen anerkennt und dieserhalb ihm ganz besonders mich rekommandiert hat. Nachdem er mich hierdurch eilig von der Richtigkeit seiner Person überzeugt hat, entdeckt er mir, er sei im Auftrag Langenaus und Schwarzenbergs anher gesendet worden, um uns zu versichern, wir sollten nicht glauben, als wolle man uns je im Stiche lassen, vielmehr würde man es in Betreff Sachsens aufs äußerste kommen lassen und wünsche zu wissen, welchermaßen die Stimmung in der Armee sei. Österreich, Bayern, England und Frankreich hatten den 21. sehr dezidierende Erklärungen in Betreff Polens und Sachsens von sich gegeben, Preußen und Rußland ebenfalls. Mit Gewißheit hatte man binnen kurzem einer sehr entscheidenden Erklärung entgegengesehen: entweder Krieg[206] oder unseren König in dem Besitz seiner Staaten. Für ersteren Fall mußte es also Schwarzenberg sehr daran gelegen sein, zu erfahren, welchermaßen wir uns dann benehmen würden. Die Auskunft hierüber, als auch die Anknüpfung einer Kommunikation, war also die Haupttendenz der Dittrichschen Sendung. Den General Frimont hatte er von seinen Aufträgen in Kenntnis gesetzt. Ich machte Dittrich mit der Lage der Dinge bei uns im allgemeinen bekannt, freute mich, ihn in dieser Angelegenheit bei uns sehen zu können, und bot ihm allen möglichen Beistand an. – Langenaus Brief an mich enthielt ungefähr, Dittrich ein volles Zutrauen zu schenken und die Hoffnung unter keiner Bedingung aufzugeben, indem gewiß alles nach unseren gerechten Wünschen ausschlagen würde. – Ich verweilte bis 3/4 11 Uhr nachts bei Dittrich und schied mit dem Versprechen von ihm, morgen bei Tagesanbruch mich wieder bei ihm einzufinden. – Zu meiner großen Freude fand ich im Nachhausegehen den General noch nicht im Bett. Ich eilte sogleich zu ihm, teilte ihm die Sendung Dittrichs mit und produzierte ihm meinen Brief sowohl als einen von Langenau[207] an Zezschwitz, worin auch dieser ihm schrieb, daß die Sache allerdings in diesem Augenblicke sehr kritisch zu sein scheine, aber gewiß gut enden würde. Daß auch der General nicht wenig erfreut war über diese Nachricht, läßt sich denken. Mir war es kaum möglich, die Nacht schlafend zuzubringen, da der Gedanke an eine sicher zu erreichende frohe Zukunft mich zu sehr beschäftigte. Am mehresten Freude gewährte mir die Eppendorfsche Rezension, wo jeder der Aufgeführten gewiß sehr richtig beurteilt war.“
„29. Dezember früh zu Kapitän Dittrich und proponiere diesem so wohl als vorher dem General, ihre beiderseitige Bekanntschaft in meinem Quartier zu machen, ersterem aber, in eignen Kleidern[208] zu [270] kommen, um jedes Aufsehen so wenig als möglich zu erregen. Auch der General ist sehr von seiner Bekanntschaft enchantiert, da er in Dittrich einen sehr instruierten und eingeweihten, dabei aber auch einen sehr bescheidenen, erfahrenen und jovialen Mann kennen lernt. – Den Mittag brachte der gestern hier angekommene Hauptmann Nostitz[209] bei uns zu. Holtzendorf ging heute Mittag nach Godesberg[210] mit dem gestern durch Dittrich erhaltenen Brief. Der General setzt Senft in Kenntnis von den Ereignissen des gestrigen Abends und nimmt meine Proposition an, diesen Abend in Gesellschaft Dittrichs und Senfts bei mir zuzubringen. – Ernst überrascht mich heute mit seiner Gegenwart. Ich veranlasse ihn jedoch wegen meiner heute Abend zu erwartenden Gesellschaft, für ein andermal bei mir zu übernachten. – Abends 1/2 8 Uhr findet sich mein kleiner Zirkel bei mir ein. Wir verbringen den Abend bei einem von Büttner[211] besorgten Souper recht heiter und froh und werden über manches in Kenntnis gesetzt, was uns bis jetzt unbekannt blieb. Auch ernten wir manche Anekdoten ein, als [Kaiser] Franz in russischem Anzuge, das Fest vom 18. und 19. Oktober in Wien usw. – Eben sind wir in engem Verein, so tritt Feldjäger Wöhler als Kurier aus Sachsen kommend ein. Er scheint jedoch eben keine pressanten Dinge zu überbringen.“
„30. Dezember erfolgt früh 9 Uhr die Abreise Dittrichs, nachdem ich noch länger als eine Stunde am Morgen bei ihm verweilt habe. Er geht über Ems und Schwalbach nach Mainz, hoffend, den 5. in Wien zu sein und den 15. aufs längste uns einige Antwort zukommen zu lassen . . . . . .“
„31. Dezember. . . . Abends Konzert und Ball. . . . . . . Auf dem heutigen Ball macht eine Madame St.-Julien, angeblich Wittwe eines französischen Obersten, viel Aufsehen. Obschon sie seit geraumer Zeit sich hier aufhält, so ward sie dennoch bisher nicht im Publikum sichtbar. Später, als wir ihre wahren Geschäfte erfuhren, kam jedermann jedoch sehr davon ab, ihr so allgemeinen Beifall zu zollen. –
Von Louis erhalte ich heute einige Zeilen vom 23. d. M. Er benachrichtigt mich darin von dem Wohlsein aller und von der Ankunft seiner Pferde und fordert mich auf, dem Major Könneritz[212] Muth einzuflößen über seine künftige Lage, mit dem Bemerken, er wisse ja ebenfalls nicht, welchen Rock er tragen solle.
Wollte doch Gott, daß dies der Fall wäre und daß seine künftige Anstellung nur in Sachsen selbst statt haben möge und daß er nie aufhören möge, seinem Vaterlande als echter Sachse zu dienen[213].“
Abermals ein Jahr entschwunden! Ich sah bei seinem Antritt es für uns glücklicher enden, als es geendet hat. Noch immer kann sich keine reine Freude unserer bemächtigen, da wir unseren verehrten Vater noch entfernt von uns wissen. Aller Wünsche, aller Gebete gehen für ihn zum Höchsten. In ihm sieht ein jeder biedre Sachse sein zertrümmertes, sein zerstörtes Vaterland von neuem wieder aufblühen. Doch mehrere von uns wähnten schon viele Perioden ihres Lebens ungünstiger enden, als sie wirklich endeten. Auch die jetzige wird günstig für uns enden; denn unser aller Schicksal liegt nicht in Menschenhänden, sondern in der Leitung der über uns wohnenden gerechten Vorsehung.“
2. Januar. „. . . . . . Das heute bei uns angekommene Blatt des „Oracle“ enthält einen Artikel aus Wien, worin es heißt, Talleyrand habe vor kurzem ein Gespräch mit einem Monarchen[214] über die Einverleibung Sachsens gehabt; hierbei habe Talleyrand die Bemerkung gemacht, er würde bei der Vereinigung Sachsens verlieren. Auf die Frage: wieso? habe er ihm geantwortet, zeither hätte er für den Friedensstifter von Europa gegolten; dies würde dann nicht mehr der Fall sein. – Das nämliche Blatt bemerkt, der Prinzregent in England habe die Bemerkung gemacht, er wolle lieber in seinen eigenen Staaten Deutschlands Opfer bringen, ehe er zulasse, daß Sachsen unterjocht werde . . . .
Thielemann soll seit seiner letzten Anwesenheit in Köln sein Betragen sehr geändert haben und gegen jedermann Mißtrauen verraten. Zezschwitz hat er versichert, daß, wenn die Lage der Dinge eine andere Richtung nehmen sollte, man ihn so handeln sehen würde, als es niemand ihm zutrauen werde. – Schlimm genug, wenn er die Gerechtigkeit ganz aus dem Auge läßt und nur seine despotischen Pläne verfolgt.“
4. Januar. „. . . . . . Der General erhält einen Brief vom Prinzen Bernhard[215], worin derselbe um [271] Beschleunigung seines Abschiedes bittet, da er in holländische Dienste zu gehen gedenke. – Das Zeitungsblatt vom 30. Dez. der Allgemeinen Zeitung[216] enthält einen sehr interessanten Artikel aus Leipzig, worin es heißt, man habe die Nation aufgefordert, aufs schleunigste durch Adressen an den Kongreß um die Integrität Sachsens zu bitten, gleichviel solle es der Nation gleich sein, an wen sie komme! – Doch Dank sei dem Himmel, der meinen Landsleuten soviel Patriotismus in das Herz pflanzte, dergleichen Aufforderungen ihrer Würde gemäß zu refüsieren.“
8. Januar. Der heute aus Sachsen angekommene, den 24. [Dezember] von Leipzig abgereiste Hauptmann Heynitz[217] des 1. Linienregiments versichert, daß die Stimmung in Sachsen sich ungemein laut für den König äußere. Am 23. Dezember habe die Universität, welche dermalen 1800 Mann stark ist, sich versammelt und auf öffentlichen Straßen gerufen: Es lebe der König von Sachsen, Friedrich August, unser rechtmäßiger Herr! Es leben alle biederen Sachsen, die es mit der gerechten Sache halten, für ihn leben und sterben wollen! – Die 3 von Sachsen nach Bayern führenden Hauptstraßen sind durch preußische Landwehrkavallerie besetzt und beobachtet.“
11. Januar. „. . . . . In der verflossenen Nacht ging Leutnant Krebs[218] vom Jägerbataillon als Kurier aus Sachsen kommend durch Koblenz. Seiner Versicherung zufolge soll in Sachsen Folgendes die Losung sein: den König oder Krieg! . . . . . Der Korrespondent[219] in Mayen meldet, daß bis zum 31. Dezember nichts geschrieben gewesen.“
12. Januar. „. . . . . Im Publiko allgemeine Kriegsnachrichten . . . . .“
„den 13. Januar gehen früh durch einen Brief von [an?] Zezschwitz folgende Nachrichten ein: daß man in Sachsen allgemeine Ursache habe, zu fürchten, daß die Preußen Sachsen nicht verlassen würden. England habe seit dem mit Ablauf des vorigen Jahres mit Amerika abgeschlossenen Frieden andere Stimmung angenommen und schiene Brabant sich versichern zu wollen. Österreich habe seit der am 26. v. M. von Preußen und Rußland eingereichten Note ebenfalls andere Saiten aufgezogen und sei nachgiebiger geworden. – Oberst Miltitz[220] sei durch Dresden nach Friedrichsfelde abgegangen, um den König zur Abdikation zu bewegen. Hoffentlich schmeißt der König diesen . . . zur Türe hinaus. – Louis macht an Thielmann ebenfalls die Mutmaßung,[221] jedoch nur auf der ersten Seite des ersten Briefes; was in den beiden letzten gestanden, darüber hat der Feldherr nichts verlauten lassen. – Eppendorf ist mit Miltitz von Wien nach Dresden gekommen ???[222]. . . . . Der große Landgeneralstab ist aufgelöst. Die Kavalleriedepots in Sachsen sind anderweit disloziert worden. Man schreibt dies der laut geäußerten Stimmung für den König zu. – Thielmann hat eine Dislokation des Korps projektiert gehabt,[223] Zezschwitz glaubt jedoch, dieses Projekt ungeschehen beseitigt zu haben.“
15. Januar. „. . . . Mittags treffen zwei in Boppard stehende österreichische Offiziere ein. Sie melden sich nachmittags beim General, und der eine, Rittmeister Haßlauer, überbringt mir einen Brief von Langenau vom 4. d. M. Er enthält die Antwort auf meinen von Mainz aus an Langenau geschriebenen Brief vom 17. Dezember. Der wesentliche Inhalt desselben ist ungefähr: daß fortwährend alles noch in Ungewißheit schwebe. Mit Gewißheit sei jedoch zu behaupten, Sachsen sei gerettet, doch Blut könne deshalb noch fließen. Der Friede mit Amerika habe besonders für die sächsische Angelegenheit eine günstige Wendung veranlaßt. Langenau versichert, uns von allem in Zeiten zu benachrichtigen, wünscht aber dasselbe [d. h. benachrichtigt zu werden] auch über vorfallende Veränderungen in unseren Kantonierungen.
Der Versuch der Herren von Oppel[224] und Miltitz, sich eine Partei in Wien zu verschaffen, um dadurch auf die Stimmung des Volkes zu wirken, sei gänzlich mißlungen. Letzterer[225] ist vom König von Bayern namentlich und vom Herzog von Koburg sehr malträtiert worden, letzterer sogar von mehreren zweimal aus Kaffeehäusern zur Türe hinausgeschmissen worden. – General [272] Warnsdorff[226] hat den Geburtstag des Königs durch Kanonendonner vom Königstein herab gefeiert. Er selbst ist sehr krank, und General Sahr löst ihn ab. – Der Herzog von Weimar hat aufgehört für uns zu stimmen, er ist durch die Herren Verwandten umgestimmt worden und erträgt jetzt die Verachtung aller deutschen Fürsten, besonders des Kaisers. Der Herzog von Koburg[227], welcher an der Spitze der Fürsten zweiten Ranges steht, bemüht sich besonders für Sachsen sehr energisch. Bayern [steht] an der Spitze der [deutschen] Fürsten ersten Ranges. Frankreich, Spanien und England sind ebenfalls für uns, ingleichen das Wiener Publikum, was besonders auf die beiden schwachen Leute A. und Th.[228] großen Eindruck machen soll. Letzterer soll eine erbärmliche Rolle spielen und ersterer nicht wissen, wie er sich helfen soll. Langenau fürchtet, daß die Niederlausitz für Sachsen verloren gehe. – Abends Komödie, in welcher ich mir mit den Österreichern ein rendezvous gegeben hatte . . . . .
Ich beantworte Langenaus Brief und teile denselben dem General zur Durchsicht mit. Im „Goldenen Apfel“ händige ich die Antwort Haßlauer ein und verbringe bei einem Glase Punsch [die Zeit] bis Nachts 12 Uhr in dessen Gesellschaft.“
16. Januar. „. . . . . General Thielmann ist in Köln gewesen und hat triumphierend die Nachricht verbreitet, Fürst Metternich sei durch Stadion[229] abgelöst worden . . . . .
In Berlin soll sich eine große Partei für den König gebildet haben, an deren Spitze Prinz Wilhelm[230] und dessen Frau[231] stehe. Fürst Galizyn[232] soll, weil er sich zu laut für den König geäußert, nach Sibirien abgeführt worden sein . . . .“
17. Januar. „. . . . . Abends trifft Nostitz ein. Er erzählt, General Kleist habe versichert, der König habe von Friedrichsfelde nach dem Königstein entfliehen wollen, doch sei dies verraten worden und ersterer Ort dermalen förmlich in Blockadezustand erklärt. Eine Batterie halte alle Ausgänge des Ortes besetzt.“
18. Januar. „. . . . . Abends spät geht das Avertissement von General Thielmann ein, daß die Brigade Lecoq in einigen Tagen in die Gegend von Düren[233] und Bergheim[234], die Brigade Ryssel nach und um Köln verlegt werden soll, dagegen die preußische Brigade Pirch nach Koblenz marschieren werde, um während des Winters in bessere Verbindung mit Luxemburg zu treten. – Niemand von uns glaubt diesem Vorgeben, sondern deutlich ist daraus abzunehmen, daß man uns bloß aus der hiesigen Gegend entfernen will. Senft gibt hierüber Langenau die erforderlichen Nachrichten und befördert sie
den 19. Januar früh durch Haßlauer weiter . . . . Abends Eingang des Marschtableaus. Infolgedessen geht das Hauptquartier den 21. nach Köln usw.“
20. Januar. Der General bestimmt mich, der Kavallerie zur Regulierung der Quartiere den 22. d. M. vorauszugehen. – Abends gebe ich Langenau die Nachricht von unserem Abmarsch. Senft behändigt sie
den 21. Januar an Haßlauer . . . . . Brause hielt sich heute nur kurze Zeit hier auf und wohnte dem heutigen ganz vorzüglichen Konzert nicht bei. Es war dies sowie der darauffolgende Ball ungemein besucht, und jeder der hiesigen Civils ergriff die Gelegenheit, uns zu überzeugen, wie schmerzlich ihm unser Abgang von hier sei. – Früh war ich bei Herr Görres und ersuchte ihn im Auftrage des Generals um die Aufnahme eines kurzen Abschiedes von den biederen Bewohnern von Koblenz. Ich war verwundert über die Teilnahme, die selbst er bewies.“
„Den 22. Januar gehe ich früh 8 Uhr ab. Ich komme jedoch nur bis vor Sinzig[235], wo ich dem Obersten Zezschwitz begegne, der mich sogleich auffordert, mit ihm zurückzukehren, da er dem General die Ordre überbringe, das Kommando seiner Brigade sofort an Anger[236] zu übergeben und in Begleitung seiner beiden Adjutanten nach Sachsen zurückzukehren und einer anderweiten ehrenvollen Bestimmung entgegenzugehen. Die Nachricht erschüttert mich tief, da nun Thielmanns Absicht daraus zu deutlich hervorleuchtet. Doch bin ich sehr dabei beruhigt, da eine Trennung unsererseits vom General nicht damit verbunden ist. Mit ziemlicher Gewißheit glauben wir vermuten zu können, daß die Geburtstagsfeier vom 23. Dezember die Veranlassung dazu sei. Die Entdeckung der Korrespondenz mit Langenau dürfte schwerlich der Entfernung des Generals zu Grunde liegen[237]. Sei es, wie es wolle, unsere Sache ist gerecht, und wir können daher jedem Schicksal mit Vertrauen auf Gott ruhig [273] entgegengehen. – Mittags mit Zezschwitz in Andernach. Um 5 Uhr treffen wir zur allgemeinen Verwunderung in Koblenz ein. Der General ist sehr gefaßt und beruhigt, alle übrigen aber ergreift der herbste Schmerz. Erst jetzt erhält der General die sprechendsten Beweise der unbegrenztesten Liebe; denn nicht nur die Offiziere, sondern die ganze Mannschaft ist über seinen Abgang von der Armee fast untröstlich. Zezschwitz bringt diese Nacht bei Holtzendorff zu. Ich mache den General darauf aufmerksam, ob es nicht gut sein möchte, den General Luxem[238] so schleunigst als möglich in Kenntnis von seinem Abgange zu setzen. Er billigt den Vorschlag, und da General Luxem heute in Boppard[239] übernachten soll, so fahre ich nachts 12 Uhr mit Trainpferden dahin. Um 1/4 3 Uhr früh treffe ich bei Haßlauer ein, erfahre jedoch von ihm, daß Luxem noch nicht da ist, sondern erst
den 23. Januar früh daselbst eintreffen wird. Früh 1/2 7 Uhr treffe ich derb durchfroren wieder in Koblenz ein. – Der General hat heute die Aufstellung des Gardebataillons bestimmt und nimmt von ihm folgenden Abschied:
„Ich habe den Befehl erhalten, nach Sachsen abzugehen, wo mir, nach der Versicherung des Generalgouvernements, ein anderer ehrenvoller Wirkungskreis angewiesen werden wird. Es schmerzt mich, Euch, meine Freunde, verlassen zu müssen; denn ehrenvoll war mein jetziger Wirkungskreis – ich stand an Eurer Spitze. Doch ich gehorche; heilig war mir stets das erste Militärgesetz – der Gehorsam. Ich gehe mit einem Bewußtsein meiner neuen Bestimmung entgegen, welches nur Gott bekannt ist. Es diene Euch dies zur Beruhigung. – Lebt wohl, meine Freunde! Ich werde stets mit treuer Liebe an Euch denken. Wollt Ihr mein Andenken ehren, so erinnert Euch oft der Worte, die ich am 23. Dezember zu Euch sprach, und wo ich Euch den Vorsatz erneuern ließ, die Pflicht als Mensch, als Staatsbürger und als Soldat stets vor Augen zu haben. Erfüllt sie streng, diese Eure Pflicht, und mit diesem reinen Bewußtsein erfüllter Pflicht wird es mich glücklich machen, wenn Ihr meiner gedenkt[240].“ –
Von jeder Kompagnie der Feldwebel, ein Unteroffizier, ein Grenadier, ein Tambur, ein Trompeter [?] traten vor und umarmten den General im Namen aller. Fast keinen der anwesenden Grenadiere gab es, der nicht in ein lautes Schluchzen ausbrach. Tief erschüttert verließ ein jeder den Platz, da er sich nun seiner vaterländischen festen Stütze auf einmal beraubt sah. Nicht nur für den Augenblick waren die Gemüter so ergriffen, fast jeder hatte den heutigen Tag mit Weinen verbracht. Die Offizierkorps und alle Anwesenden des Korps nahmen den gerührtesten Abschied vom General und von uns[241]. Brause war auf Augenblicke bei uns. Ich fand dadurch Gelegenheit, auch ihm ein Lebewohl zu sagen. Er und Sahr[242] versehen fernerhin die zeither von uns ausgefüllten Posten. – Des Mittags reiste Zezschwitz ab. – Der Reiseplan für uns war, einige Tage, bis zum 4. Februar, in Frankfurt zu verweilen, um dort nähere Nachrichten von Wien und womöglich Verhaltungsbefehle erhalten zu können. Am Abend traf General Luxem ein. Der General hatte in meinem Quartier ein rendez-vous mit ihm. – Ich schrieb abermals an Langenau und gab ihm über alles Nachricht. Ich teilte ihm ferner den Abschied des Generals sowie die von dem Generalgouvernement eingegangene Ordre abschriftlich mit, welche die Art und Weise der Abberufung des Generals deutlich zeigt. Dringend bat ich ihn um die schleunigste und bestimmteste Nachricht, selbst wenn das Schicksal Sachsens, als Opfer einer höheren Politik, eine ungünstige Wendung für uns nähme. – Abends 9 Uhr übergab ich dasselbe.“
„24. Januar. Abmarsch des Gardebataillons. – Mit ungemeinem Bedauern wird das Bataillon von den Einwohnern von Koblenz entlassen[243]. Mehr als 2000 Menschen begleiten dasselbe. Ich nehme noch von allen Offizieren und Mannschaften Abschied. – An der Moselbrücke bringt Oberstleutnant Anger der Stadt Koblenz ein Lebewohl und einen Dank. Nicht populäre, sondern die ersten Familien des Ortes begleiten das Bataillon. – Manche Anekdote trägt sich noch zu, da mancher sich jetzt von seinem Liebchen trennen muß. Fast keiner der hier stehenden Offiziere verläßt ein unverwundetes Herz. – Der morgende Tag ist für unsere Abreise bestimmt. Der General und ich [274] fahren in einem Wagen bis Frankfurt, verweilen daselbst bis zum 4. Februar, während welcher Zeit Holtzendorff mit der Equipage vorausgeht. Wir holen ihn mit der Post dann wieder ein. Eine Menge hiesigen Zivils bemüht sich heute, dem General noch Beweise ihrer Achtung und Anhänglichkeit an den Tag zu legen. . . . . . .
Die preußische Garnison rückt heute ein, der General Pirch ebenfalls. Er läßt sich jedoch nicht vor dem General sehen, obschon es an ihm gewesen wäre. – Das heutige Blatt des Merkurs enthält den Abschied des Generals von den Koblenzern. – Nach dem Einrücken der Preußen führte man dem General eine Schildwache auf und wollte den vor uns stehenden Grenadier ablösen. Es entstand hierbei ein edler Wettstreit, und unser Grenadier sagte zu den Preußen: „Wenn Sie mit mir Schildwache stehen wollen, so habe ich nichts dagegen, aber ich verlasse unseren General nicht eher, als bis er abgereist ist; ich bitte mirs zur besonderen Gnade von ihm aus.“ Die Preußen mußten daher ihren Posten wieder abrücken lassen. . . . . .“
„25. Januar. Der General läßt mich rufen. Major Oth[244] war in der verflossenen Nacht hier eingetroffen als Abgesandter von Zezschwitz an den General, um ihm die Nachricht zu überbringen, daß Thielmann nach seiner Rückkehr ein weit ernsteres Benehmen verrate und versichere, das Schicksal Sachsens sei nun ganz bestimmt entschieden preußisch; Österreich habe den 14. d. M. eingewilligt. Denjenigen welche wahre Reue fühlten, sollte Vergebung und Vergessenheit zu teil werden, gegen alle anderen aber mit Härte verfahren werden. Namentlich habe sich dessen der General Lecoq zu erfreuen, und dergleichen. Zezschwitz habe sich leider zu sehr durch dessen Komödienspiel hinreißen lassen und alles für bare Münze genommen. Doch er erhielt Mut eingeflößt.
Um 7 Uhr erfolgte unsere Abreise. Da Zezschwitz die Besorgnis äußerte, daß der General leicht auch in Frankfurt mit Spionen umgeben sein könnte und man ihm wohl über jedes verspätete Eintreffen in Dresden einen Vorwurf machen könnte, so änderte der General seinen Reiseplan. Er und Senft fuhren im ersten, ich und Büttner im anderen Wagen; der General mit Trainpferden bis Frankfurt, ich für heute bis Limburg a. d. Lahn. Ich folge dergestalt dem General auf dem Fuße. Holtzendorff setzte sich mit den Reitpferden heute ebenfalls in Marsch, blieb aber in Montabaur. Solms war ungemein betrübt über unsere Trennung und fast trostlos. Kalisch[245] begleitete uns noch bis auf den ‚Roten Hahn‘ . . . . . . . .“
26. Januar. „. . . . . Um 5 Uhr daselbst [in Frankfurt] eingetroffen. Den General, der eigentlich bei Herrn Brettmann logiert ist, finde ich statt dessen im Gasthof zum Weidenhof. Wiederholt hatte er im Namen des General Frimont durch den Obersten Deslor die beruhigendsten Nachrichten erhalten, so daß wir nichts mehr wünschen können, als daß bei der Armee niemand in seinem festen Gefüge irregeleitet wird. . . . . .“
28. Januar. „. . . . . Mittags der General bei Baron Hügel, dem österreichischen Residenten in Frankfurt. Er scheint fast ganz von der Herstellung Sachsens überzeugt zu sein; er teilt dem General eine ganz neu erschienene Schrift mit unter dem Titel: „Preußen und Deutschland“[246]. . . . . . Österreichischerseits ehrt man unser dermaliges Verhalten außerordentlich. . . . . . Vormittags traf der Artillerieleutnant Herrmann[247] als Kurier aus Sachsen ein; er war vor sechs Tagen aus Dresden abgegangen, zu welcher Zeit man schlechterdings über die Rückkehr des Generals nicht die mindeste Nachricht gehabt hatte. Wir öffneten die Briefpakete, um alles an uns Kommende daraus zu nehmen, doch auch diese Briefe, selbst die von Minckwiz[WS 9] und Oberreit enthielten nichts von diesen Nachrichten. Ich ging diesmal ganz leer aus.“
29. Januar. „Früh 8 Uhr erfolgte unsere Abreise, und zwar in zwei Kolonnen. Der General reist nach Kassel, um daselbst seine Verwandten zu besuchen; mich bestimmt er zu seinem Begleiter. . . . . . Abends 3/4 6 Uhr in Marburg angekommen. Wir besuchen die Familie Kronenberg, bei der der General früher in Quartier gelegen. . . . . . Auch hier erinnert man sich noch mit Vergnügen der Zeit der Anwesenheit unseres Korps, obschon dasselbe als Exekution hier war. Dr. Wachler[248] ist, obschon er sehr die Partei seiner Musensöhne bei dem Vorfall mit unseren Grenadieren genommen, wie wir hören, schlecht dafür gelohnt worden; denn in der Übereilung hatte er sich später einiger Schimpfwörter gegen die Studenten bedient und dafür von ihnen eingeschmissene Fenster erhalten. . . . . .“
31. Januar. [In Kassel.] „Früh mit dem General Visite beim hiesigen Kommandanten General Urff, dann bei Belows und beim Kurprinzen. – Das antike Militär, welches man hier sieht, zwingt einen fast zum Lautlachen. Schon gestern in der Komödie hätte ich bald einen Garde du corps – Offizier, einen alten Knasterbart, der die Wache in der kurfürstlichen Loge hatte, für einen Akteur angesehen. Heute gewahre ich mehr dergleichen Geschöpfe. – Anekdoten über den Kurfürsten, [275] seine Zopfwut und seinen Pedantismus: Ohnlängst findet ein Ball statt, zu dem die Offiziere, da sie die Ankunft des Kurfürsten nicht erwarten, die Zöpfe zu Haus lassen. Plötzlich tritt er unerwartet ein. Alle anwesenden Gardeoffiziere plündern die Hautboisten, und Angst und Schrecken bemächtigt sich aller so, daß einer mit schwarzen Haaren einen roten Zopf anhängt. – Ein Oberforstmeister bittet um Verabreichung einiger Rationen Fourage. Der Kurfürst sagt: ja, er würde sie ihm geben, wenn er einen Zopf trüge. Er rüstet sich den andern Tag mit einem solchen aus und erlangt die Rationen augenblicklich. – Alle fünf Tage ist Löhnungsparade. Der Kurfürst kommandiert sie erst selbst mit den Worten: „Löhnung aus!“ Jeder Soldat hält hierauf die offene Hand hin, erhält jedoch nichts hinein, sondern der Kapitän tippt ihm nur mit dem Finger in die Hand. Der Soldat muß hierauf tun, als habe er etwas darin und steckt das Eingebildete scheinbar ein. – Am Mittag, bei der table d’hôte, erfahre ich die Anwesenheit des Kapitäns Stütz, dessen Bekanntschaft ich in russischer Gefangenschaft in Kiew machte. Wir treffen uns wieder, und ich freue mich ebenso wie er unseres unerwarteten Wiedersehens. – Abends zum Tee bei Major Belows. Er ist Mentor des Sohnes des Kurprinzen und neveu meines Generals.“
„Den 1. Februar früh besuche ich mit meinem General inkognito die hiesige Wachtparade, und ich gestehe, ich mußte alle meine contenance zusammennehmen, um nicht beim Anblick der vom Kurfürsten organisierten Truppe sogleich laut aufzulachen; denn ich sehe mich in die Zeit von 1800 zurückversetzt. Das Adjustement ist wie ehedem bei uns das essentielle des Dienstes: steife, große Zöpfe und Tschakos mit Behängen und Festonstützen; welcher affreuse Anblick! Im übrigen ward, nachdem die Parade aus dem Exerzierplatz heraus war, alles sehr negligent betrieben. Die Offiziere [tragen] ebenfalls alle große Zöpfe, spanische Rohre und große steife Stulpenstiefel. – Sehr leid tut es mir, daß wir gestern dem Kurfürsten nicht haben aufwarten können. Der General ließ sich anmelden, General Thümmel, ebenfalls ein Original alter Zeit, deprezierte jedoch in höchsteigener Person, da der Kurfürst unpäßlich sei. – Doch war dies allem Vermuten nach nur eine Exküse; denn, wie wir hören, hat er gegen alle Sachsen und gegen alles zum preußischen Kleistschen Korps Gehörige einen unbegrenzten Haß, seit unser Korps als Exekution in Hessen einrückte. Im Ganzen scheint hier viel Unzufriedenheit zu herrschen, namentlich in Kassel selbst, welcher Ort allerdings bei den veränderten Umständen besonders verlor. . . . . . . Ich schreibe an Brause und schließe den Brief unter der Adresse des Hofrats Hartung in Mayen an das Oberpostamt [?] zu Frankfurt ein.“
„Den 3. Februar früh 8 Uhr Abreise [von Gotha] über Erfurt nach Weimar, woselbst Prinz Bernhard und alle unsere früheren Bekannten große Freude äußern, uns wiederzusehen. Prinz Bernhard wollte schlechterdings den General bei sich logiert wissen, doch dieser nahm es nicht an. Am Abend sollten wir einem Maskenballe beiwohnen, doch auch dies ward refüsiert.“
„Den 4. Februar besuchten wir früh den hiesigen Park, wozu das Wetter uns sehr günstig war. Dann wurden wir mittags der Herzogin[249], einer vortrefflichen, würdigen Dame präsentiert und zur Tafel gezogen. Wir fanden den sächsischen Rittmeister Knorr[250] hierselbst. Abends Theater, wobei zu Ehren des Erbprinzen[251], dessen Geburtstag heute gefeiert ward, „Proserpina“, ein ganz neues Melodrama[252] von Goethe, einzig schön aufgeführt ward. Die Aufführung dieses Stückes übertraf unser aller Erwartung und entzog unsere Phantasie in dem Augenblicke der Darstellung beinahe dem irdischen Leben. – Nach dem Theater Souper beim Prinzen Bernhard, der bereits seine Anstellung als Oberst in nassauisch-oranischen Diensten erhalten hat und nach Mastricht zu stehen kommt. Die Gesellschaft bestand mehrenteils aus Militärs und den Ersten des herzoglichen Hofes.“
6. Februar [in Leipzig]. „Früh machen wir mit dem General Visite bei dem preußischen Kommandanten General Bismarck[253], dessen Benehmen mir, nach dem, was ich von ihm gehört, da man sein vortreffliches Benehmen außerordentlich rühmt, weniger gefiel, als ich erwartet hatte. Er schien durch kriechende Devotion den General für sich einnehmen zu wollen. Seine Tischinvitation auf heute ward abgeschlagen. . . . . . . Abends besuchen wir das hiesige Theater, jedoch inkognito, da die Studenten, wie wir vermuteten, außerdem dem General sicher ein Vivat gebracht hätten[254]. – Briefe von Minckwitz aus Dresden lassen zwar schließen, daß das Los, welches dem General zugeteilt ist, kein böses, dennoch aber sein Schicksal in Dunkel gehüllt ist.“
[276] 9. Februar. . . . . . . „Nachmittags 1/2 3 Uhr reisten wir von Meißen ab, nachdem wir auch den heutigen Mittag noch in frohem Zirkel verbracht hatten. Bei unserem Eintreffen hier fanden wir gestern Minckwitz und Einsiedel[255], welche dem General entgegenkamen. Über des Generals Zurückberufung teilte ersterer uns die beruhigendsten Nachrichten mit. Abends 1/2 5 Uhr Eintreffen in Dresden, woselbst ich die Meinigen, Gott sei Dank, alle sehr gesund und wohl finde. Louis befindet sich auf einige Tage in Torgau.“
„Den 10. Februar früh mit dem General bei Gaudi und Reck. Ersterer teilt dem General abschriftlich eine Kabinettsordre vom 29. Dezember aus Berlin mit, worin es denn heißt, daß, da die Zeit der definitiven Besitznahme des Königreichs Sachsen immer näher heranrücke, der General Lecoq ins Land zurückberufen und ihm die Organisation der Armee übertragen werden solle; nach seinem Eintreffen solle Meldung nach Berlin erstattet werden und er dann weitere Ordre erhalten, wann er sich in Berlin persönlich beim Minister Boyen[256] zur Erhaltung seiner Instruktion anmelden solle. – Bei Gelegenheit der Mitteilung dieser Ordre bemerkte jedoch General Gaudi, ein äußerst artiger und hier auch allgemein geachteter Mann, seit jener Zeit, wo diese Ordre gegeben, habe die Lage der Dinge sich sehr verändert[257]. Der General solle daher mit uns einstweilen hier in Dresden verbleiben. Er werde über sein Eintreffen Rapport erstatten und über seine nunmehrige Bestimmung anfragen. – Auch an dem Minister Reck lernten wir einen allgemein geachteten Greis kennen, der das Drückende unserer Lage sehr teilnehmend fühlt.“
„11. Februar. Nichts verändert. Louis trifft am Abend wieder ein. Die Sage einer Teilung Sachsens ist heute allgemein.“
„12. Februar. Mittags offizielles Diner bei General Gaudi dem General Lecoq zu Ehren. General Gaudi, mein Tischnachbar, sehr artig. General Ryssel[258] und Oberst Miltitz waren ebenfalls in der Gesellschaft. Ersterer ließ den General seine Geringschätzung so deutlich merken, daß dies selbst den Preußen sehr aufgefallen war. Wir hören eine sehr ausführliche Relation seines schlechten und schändlichen Benehmens.“
„13. Februar. Diner bei Minister Reck, wo es, da nicht soviel Odiose da waren, minder steif als bei Gaudi zuging. – Louis hat zu unser aller bitterem Schmerz heute das Patent als preußischer Ingenieuroberst erhalten. – Die Sage der Teilung Sachsens wird allgemein. Man erwartet sie sogar in den nächsten Tagen schon als offiziell in den Leipziger und Berliner Zeitungen. Wohlunterrichtete wollen ihr jedoch durchaus keinen Glauben beimessen. – Wir hören zu unserer ungemeinen Verwunderung eine Menge Menschen als schlechte Sachsen nennen, von denen wir es durchaus nicht erwartet haben.“
„Den 14. Februar reite ich früh mit Louis spazieren, wobei ich seine Anstellung aus seinem Munde selbst erfahre und höre, daß für uns wenig Aussicht vorhanden sein soll. Ich äußere ihm meine Zweifel und gebe die Versicherung, lieber Torschreiber zu werden als preußischer Offizier. – Mittags in Gesellschaft des Oberstleutnants Coudray[259] bei General Gaudi. Abends erhält Louis[260] den Befehl zum Abgange nach der Armee, doch soll er erst nach Berlin reisen.“
„Den 15. Februar früh erfolgt Louis’ Abreise. Leutnant Buschbeck[261] begleitet ihn. Diesem gebe ich einige Zeilen an Nostitz mit, worin ich ihn benachrichtige, daß die Nachricht der Teilung hier durchaus noch nicht als echt gelte. – Leutnant August[262] vom ersten Linienregiment soll in diesen Tagen als Kurier zur Armee gehen. Ich schreibe mit dieser Gelegenheit an Solms, Anger, Brause und Ernst, schließe sie [d. h. die Briefe] jedoch erst
den 17. Februar abends, wo August seine Abreise antreten soll. Alle bitte ich, jeder Versuchung zu widerstehen und selbst den einleuchtendsten Nachrichten keinen Glauben beizumessen. . . . . . .“
„Den 26. Februar abends eröffnet mir der General seine Idee, zum König zu reisen und das hiesige Gouvernement um Pässe nach Brünn zu bitten. Der König hat Berlin den 21. d. M. verlassen und trifft den 1. April in Brünn ein. Die Idee der Stände ist, daß von allen Kreisen Deputationen an den König gehen sollen, um ihm die heiligsten Versicherungen der unverbrüchlichsten Treue abzulegen und ihm dringend die Unteilbarkeit des Landes ans Herz zu legen. Konferenzminister Globig[263] ist bereits heute abend auf Ordre des Königs nach Brünn abgegangen. – Der General will dem König die nämliche Versicherung von seiten der [277] Armee darbringen. Mittags mit Oberstleutnant Liebenau[264], Graf Solms[265] und Oberreit beim General. Abends bei Heinrich.“
„27. Februar. Senft geht heute früh zu seiner Frau auf Urlaub. Der General bestimmt mich zu seinem Reisegefährten für den Fall, daß das Gouvernement ihm die Pässe nicht verweigert. Es geschieht dies nicht, und die beiden Generalgouverneurs, denen er sein Gesuch mündlich vorgetragen, sind sehr artig gegen ihn und fertigen ihm die Pässe unter der Versicherung zu, daß es ihnen sehr fromme, ihm einen Beweis ihrer Achtung zu geben.
Das Benehmen der Bannersachsen legt sich immer schändlicher an den Tag. – General Ryssel hat gestern sogar Vorschläge zur Teilung der Gemäldegalerie gemacht. Das Einschiffen der Steine nach Torgau wird angeordnet usw. . . . . . . Wer ist glücklicher als ich durch die Reise zum König, da ich in den jetzigen Verhältnissen dieses Glück durchaus nicht erwarten konnte. Da Feldjäger Wöhler morgen als Kurier zur Armee abgeht, so schreibe ich an Brause, Anger, Solms, Ernst und Ehrenstein[266]. Alle fordere ich zum unbedingten Festhalten an der Hoffnung auf und verspreche, ihnen allen Nachricht zu geben, sobald die Lage der Dinge entschieden ist. Daß unser König die Freiheit wiedererlangt hat, richtet die Gemüter aller Treuen sehr auf.“
„Den 28. Februar früh übergebe ich Wöhler die Briefe eigenhändig und warne ihn, sich vorzusehen, da der letztabgegangene Kurier bei Ryssel visitiert worden und man ihm alle nicht auf dem Bureau erhaltenen Briefe abgenommen hat. Er geht erst in der Mittagsstunde ab. . . . . Nachmittags bestimmt der General das Nähere wegen der Reise auf morgen. Allerhand Kommissionen erhalte ich fortwährend; alles beneidet mich. Abends Heinrich, Rouvroy[267] und Hanmann[268] bei mir, mit denen ich eine Chiffreschrift reguliere, um ihnen die bestimmtesten Nachrichten sicher mitteilen zu können.“
„Den 1. März früh 6 Uhr von Dresden abgereist. Mittags in Teplitz. Der Weg dahin sehr bergig, besonders vor Teplitz der Nollendorfer Berg. Die Nacht hindurch gefahren. Die Nacht schön, aber kalt.“
„Den 2. März mittags 1/2 12 Uhr in Prag eingetroffen, ein mir ganz neuer Ort, da ich die ganze Tour von Zehista aus noch nicht kannte. Nach unserem Eintreffen in Prag . . . . suche ich den General Watzdorff[269] auf. . . . . . . Abends 1/2 6 Uhr präsentieren wir uns bei den jungen Herrschaften[270] und der Prinzeß Marianne[271], welche letztere ich ungemein verändert [finde]. Kummer und Schmerz mögen sie unendlich angegriffen haben. Die jungen Prinzen haben sich sehr zu ihrem Vorteile verändert, und es soll sie sämtlich ein förmlich militärischer Geist beseelen. Mit Watzdorff nehme ich die von Rouvroy gewünschte Abrede, doch war es nicht möglich, den Druck der Broschüre[272] zu besorgen. Wir begnügten uns heute mit wenig Stunden Schlaf und setzten unsere Reise um Mitternacht weiter fort. Vor unserer Abreise trafen der Bürgermeister Dr. Schulz und der Vizestadtrichter Dr. Tittmann aus Dresden[273] bei uns ein. Sie gingen ebenfalls, als Deputierte der Stadt Dresden, zum König, um ihn der Treue seiner Untertanen zu versichern.“
3. März. „. . . . . . Daselbst [in Deutschbrod] trafen wir den ältesten Grafen Marcolini[274], welcher seine Gemahlin und den Prinzen Max, erstere von Prag, letzteren von Brünn kommend, erwartete. Von ihm erfuhren wir, daß der König heute nach Preßburg abgegangen sein würde. Auf demselben Wege, nach [= hinter] Stecken[275], begegneten wir dem Prinzen Max, doch gaben wir uns, da es Nacht war, für heute nicht zu erkennen. . . . . Unsere Reise nahm nun also die Bestimmung von Iglau aus nach Preßburg. . . . . . .“
„Den 5. März früh 6 Uhr aufgebrochen . . . . nach Wien. . . . . Bei Wien die Taborbrücke passiert. – In der „Kaiserin von Österreich“ abgestiegen. – Ich eile sogleich zu Langenau[276], finde jedoch nicht ihn, sondern seinen Bruder zu Haus, der mir sagt, daß unsere Angelegenheiten sehr schlecht stehen und für die Unteilbarkeit des Landes keine Hoffnung mehr sei. Den General Langenau suche ich auf dem Kriegsgebäude auf und finde in ihm noch ganz den alten, obschon er eine Menge Orden an sich trägt und er einen sehr großen Wirkungskreis hat. Darf ich der Versicherung seines Bruders trauen, so hat er die alte Verfassung des Hofkriegsrates bereits ziemlich umgeformt; denn [278] dermalen ist er derjenige, der die Zusammenziehung der Armee befiehlt, statt daß dies früher nur der versammelte Hofkriegsrat konnte. – Nach Langenaus Versicherung hat Österreich, da es wahrscheinlich in einen Krieg mit Neapel verwickelt werden würde, in der sächsischen Angelegenheit nachgeben müssen[277]. – Sollte dies nicht aber auch nur ein Vorwand sein? – Über Eppendorf ist Langenau ungehalten, daß er stets so mystisch geschrieben hat. Übrigens hat dieser die Ursache des Langenauschen Stillschweigens sehr richtig erraten. An die Armee hat der Bruder, seiner Versicherung nach, öfter geschrieben, doch ist keiner der Briefe hingekommen. Mein General besucht Langenau des Nachmittags. . . . . . Oppel hatte doch heute im Theater die Frechheit, dem General ganz dicht unter die Augen zu treten, doch er verließ uns, als er gewahr ward, daß er der Gegenstand unseres Gespräches war, um so schneller, da ich ihn sehr scharf ins Auge faßte. Bei Langenau schrieb ich einige Zeilen an Heinrich. . . . . .“
„6. März. . . . . . . Mittags 2 Uhr in Preßburg angekommen. Lützerode[278], der General Zeschau[279], Graf Schulenburg[280], der als kaiserlicher Ehrenherr dermalen beim König ist, und Kammerherr Globig[281] besuchen den General und beweisen ihm die größte Freude und tiefste Verehrung. Der König hat sich unendlich gefreut, wie er die Anwesenheit des Generals Lecoq erfahren, und hat ihm sehnlichst entgegengesehen. Kaum hatten wir unser Diner in dem hier sehr schlechten Gasthof, den „Roten Ochsen“, beendigt, so erhielt der General die Nachricht, er könne nicht geschwind genug zum König kommen, da er sich sehr freue, ihn zu sehen und zu sprechen. – Wir eilten dahin. –
Der König hatte heute seit geraumer Zeit zum ersten Male wieder Uniform an, und zwar die des Kürassierregimentes. Er hatte den General sehr herzlich empfangen, und Tränen der Freude und des Schmerzes waren beiden entrollt. Er [General Lecoq] hatte sich zu ihm aufs Kanapee setzen müssen, und [der König hatte] die Versicherung der Treue seiner Armee mit ungemeiner Rührung aufgenommen. Länger als eine Stunde verweilte er bei ihm, und dann sollte ich mit ihm der Königin vorgestellt werden. – Noch ehe die Königin heraustrat, wollte der König das Zimmer passieren. Er erblickte mich und fragte den General: „Wer ist das?“ – Kaum hörte er es, so trat er auf mich zu, reichte mir die Hand zum Kuß und drückte sie mir recht herzlich. Kaum konnte ich meine Rührung bergen. Sie wieder zu drücken, konnte ich nicht unterlassen. Einige Tränen rollten da über sein greises Angesicht. Wäre es je möglich, daß meine Liebe und Treue für ihn einen höheren Grad erlangen könnten, so hätte es in diesem Augenblicke geschehen müssen. Wie sehr wünschte ich jetzt, daß alle treuen Sachsen mit mir diese Szene hätten teilen können. – Der König entfernte sich, die Königin[282] trat ein; ihr folgte die Prinzeß[283]. Die Königin empfing den General ebenso herzlich und nannte ihn: „braver Mann! treuer Sachse!“ Wir fanden sie sehr verändert und von Kummer niedergebeugt. – Nur allein das Vertrauen auf Gott und die Liebe ihrer Sachsen erhalte sie noch aufrecht. „Wenn ich nur erst wieder unter meinen guten Sachsen bin! Nicht wahr, der schlechten gibt es nur sehr wenige?“ – Auch sie drückte uns die Hand recht mütterlich. – Gestärkt durch diese vortreffliche Fürstenfamilie verließen wir das Schloß . . . . . . .“
„. . . . . Das Benehmen der Preußen in Berlin gegenüber unserem König kann man nicht schändlich genug schildern, so z. B. haben einmal Offiziere ganz laut gesagt: „Was macht denn man der alte Kerl mit dem Degen? Einem Gefangenen gehört kein Degen!“ – Die sonst an unserem Hofe so übliche steife Etikette ist jetzt ganz verschwunden. In Friedrichsfelde hat alles wie eine Familie gelebt. – Das Benehmen des Generals Bose[284] bei seinem Abgange vom König ist schändlich gewesen; er hat die Rolle angenommen, den Fürsprecher beim König zu machen. – In Schlesien[285] hatte man den König sehr ausgezeichnet aufgenommen; obschon er inkognito gereist war unter dem Namen des Grafen von Plauen, so hatte General Zeschau doch nur mit vieler Mühe und Not alle Ehrenbezeugungen abweisen können. Die Nachricht seiner Befreiung hatte ihm sehr wenig Freude verursacht, da er zwei Tage zuvor schon die Teilung seines Landes in den Zeitungen gelesen hatte. Er war darüber sehr ergriffen gewesen, auf der Reise aber desto heiterer.“
[279] „7. März. Die zwei Fürsten von Schönburg[286] sind von Wien eingetroffen, um dem König aufzuwarten. Sie haben die Absicht, ihr Benehmen bei dem Kongreß zu entschuldigen, doch der König läßt sie nicht zu Wort kommen, sondern entläßt sie sogleich, nachdem er die Frage an sie getan, ob sie sich in Wien gut amüsiert hätten. – Nachmittags 4 Uhr läßt der König den General rufen. Länger als eine Stunde verweilt dieser bei ihm. Er [d. h. der König] hatte ihm aufgetragen, der Armee in seinem Namen die Versicherung zu erteilen, daß er auch nicht einem Individuum den Übergang bei Leipzig zur Last legen werde; denn sie habe es ihm zu deutlich bewiesen, daß sie zu seinem Besten habe handeln und nicht ihn, sondern nur Napoleon habe verlassen wollen. –
Der unterm 7. Februar in der Allgemeinen Zeitung[287] befindliche Artikel, datiert Koblenz, den 25. Januar, ist in einem der späteren Blätter von dem Offizierskorps des Gardebataillons als unwahr erklärt worden. Man billigt dies hier, nachdem das erste erfolgt war, sehr wenig . . . . . .“
„8. März. Graf Brühl[288] aus Pförten und Herr von Carlsburg[289] (Sohn des Kreishauptmanns zu Schöneich) waren heute hier eingetroffen, um als Deputierte der Niederlausitz den König dringend um ihre Nichtabtretung zu bitten. Sie wurden dem König früh vorgestellt und reisten des Nachmittags nach Wien, um zu versuchen, ob sie dort irgendetwas für Sachsen bewirken könnten. – Mittags verändern wir unser Quartier, und beziehen das seither vom Feldmarschall-Leutnant Grafen Weißenwolf[290] innegehabte. Lützerode, Lüttichau, Leipziger und Feilitzsch[291] sind unsere Hausgenossen. Major Graf Schulenburg[292] ist heute nach Wien abgegangen, um über die auf morgen annoncierte Ankunft einer Deputation des Kongresses, bestehend aus Metternich, Talleyrand und Wellington, die näheren Nachrichten einzuholen. Sie sind bestimmt, dem König den Beschluß des Kongresses bekannt zu machen und seine Einwilligung einzuholen; denn bis jetzt weiß offiziell der König noch nichts. – Eine Deputation der Dresdner Bürgerschaft, bestehend aus den drei Viertelsmeistern[293] Rennthaler, Denhardt und . . . (vakat) waren gestern hier eingetroffen, um den König ebenfalls dringend um die Unteilbarkeit des Landes und um Festigkeit seiner zeitherigen Erklärung zu bitten. Sie gingen am Abend wieder nach Dresden ab, und nur einer von ihnen bleibt mit dem Dr. Schulz in Wien, um ebenfalls Versuche zu machen, ob etwas daselbst zu bewirken sei . . . . . .“
„9. März. In der verflossenen Nacht Ankunft der drei Minister. – Mittags 1 Uhr Cour bei Hofe[294], wo eine Menge ungarischer Magnaten en grande tenue erschien. Die drei Deputierten des Kongresses kamen an. Metternich, ein sehr glatter, politischer Hofmann, trägt den Ausdruck eines débauché auf sich. Wellington, ein Mann von etlichen und vierzig Jahren, eher großer als kleiner Statur, eine sehr offene und biedere Physiognomie. Er trägt eine rote Uniform mit schwarzem Kragen und goldgesticktem Achselband, fünf crachats[295], den Schwert- und Hosenbandorden[296]. Letzterer besteht aus einem roten Gürtel mit einem kleinen Kreuz ums untere Knie. Sein Benehmen läßt auf viel Geradheit schließen. Die größte Ruhe steht auf seinem Gesicht geschrieben. Talleyrand, ein großer, langer, dem Äußeren nach linkisch erscheinender Mann, der sein Pedal nur schleppt. – Man erzählt sich, ein Schwein habe ihm in seiner Jugend einen Teil der Füße abgefressen. Seine Physiognomie ist häßlich und, fast möchte ich sagen, spitzbübisch, ein Paar kleingeschlitzte Augen, ein enorm großer Mund, die Augen gewöhnlich niedergeschlagen, eine große Frisur mit großen Locken, welche bis auf die Schultern herabhängen. Diese in Stand zu setzen, erfordert täglich 21/2 Stunde. Wellington diente ihm im Gehen zur Stütze. Stets drückte er sich an den Wänden fort, um immer einen point d’appui zu behalten. – Als sie dem König präsentiert wurden, überreichte Metternich ihre Papiere, die Erklärung des Kongresses enthaltend. Die Audienz dauerte nur eine kurze Zeit. Als sie herauskamen, sagte Wellington zu Talleyrand: „C’est une très bonne physionomie.“ Wahrscheinlich bezog er dies auf den König. – Nachdem sie abwechselnd im Vorzimmer [280] viel miteinander gesprochen hatten, wurden sie der Königin präsentiert. Hierauf erst begann die eigentliche Cour. Zuvor präsentierte Metternich meinen General Wellington, indem er sagte: „General Lecoq, ein in jeder Hinsicht sehr braver Mann.“ Bei der Cour sprach der König abwechselnd sehr viel mit Talleyrand und Wellington. Des letzteren Physiognomie schien auch ihm sehr zu gefallen. Nach beendigter Cour, die leicht eine halbe Stunde dauerte, Tafel; der König saß zwischen Metternich und der Prinzessin Auguste, die Königin, zwischen Talleyrand und Wellington, ihm gegenüber. Daß sie während der Tafel mehr mit ersterem gesprochen und dabei sogar geweint hatte, [davon] spricht man nicht recht. – Lützerode, Hofrat Kreysig[297], die beiden Beichtväter[298] und ich bilden heute die Marschallstafel allein. Nach aufgehobener Tafel ward in dem Courzimmer Kaffee serviert. Bei dieser Gelegenheit fiel Talleyrand, eben als er mit der Prinzessin sprach, der Kaffeelöffel auf die Erde. Als sie seine Verlegenheit, ihn aufzuheben, bemerkte, hob sie ihn selbst auf, worüber er noch mehr en peine geriet. Dem König sah man es heute mehr als zeither an, wie sehr er angegriffen war. – Die drei Gesandten schienen das Einverständnis, in dem sie zu sein scheinen, dem Publikum sehr deutlich an den Tag legen zu wollen. Sie machten des Nachmittags einige Visiten in der Stadt. Keiner von ihnen wollte allein fahren, keiner den Rang vor dem anderen nehmen. Sie wählten daher, etwas kompreß zu sitzen und fuhren sämtlich in einem Wagen, Metternich in der Mitte sitzend. – Ich machte mit meinem General heute eine Visite bei Madame de Pahly[299]. . . . . . Der Kurs ist diesen Abend, da die offizielle Nachricht von der Entweichung Napoleons eingegangen ist, auf einmal von 270 bis 304 [wohl 204?] gefallen . . . . . . Am Abend war Theater . . . . . . Wellington ward im Theater mit großem Vivatrufen und Applaudieren empfangen . . . . . . Den Abend beschloß ich in Gesellschaft Lützerodes, Schulenburgs, Lüttichaus, Leipzigers und einiger ungarischer Offiziere im Städtischen Kaffeehaus. Die drei Gesandten haben diesen Abend noch Audienzen bei unserem König gehabt, zuerst Metternich, der sich jedoch nur 25 Minuten bei demselben aufgehalten, dann Talleyrand, dessen Audienz 3/4 Stunde gedauert hatte, die von Metternich [wohl Wellington?] aber 35 Minuten. – Darf man anders etwas aus dem Benehmen des Königs abnehmen, da er sich ungemein in seiner Gewalt hat, so könnte einem dies zur Beruhigung dienen, daß er heute bei der Abendtafel ungemein heiter gewesen ist. – So streng als er heute vormittag verboten hatte, daß während der Audienz der drei Gesandten niemand weder im Vorzimmer noch in der Garderobe sein sollte, so war doch ein besoffener Hofbedienter während derselben zum König ins Zimmer gekommen. –
Von Talleyrand hörte ich heute in unserer Gesellschaft allerhand Anekdoten. Seine große Passion besteht in recht bunten Pferden. Er reitet seiner obszönen Figur ungeachtet sehr gern. Man sagt, er habe ein übernatürlich leises Gehör. Er ist sehr eitel und daher einmal vom König von Frankreich sehr gekränkt worden, als dieser ihn fragte, warum er eine so große Perücke trage. –
Kaiser Alexander hat sich, während seine Garde in der verflossenen Kampagne im Feuer gestanden, jeden Mann derselben sogleich namentlich melden lassen, wenn er blessiert oder geblieben ist. –
Die schon seit dem 7. d. M. erwartete Ankunft des Kaisers Franz ist abgesetzt, und die Relaispferde sind eingezogen. Der König von Bayern sowie der Prinz Anton hatten neulich die 10 Meilen weite Tour von Wien nach Preßburg in 4 Stunden zurückgelegt.“
10. März. „Der fürstliche Besuch hat seinen Abgang aus dem königlichen Hoflager noch nicht bestimmt. Sie wohnen alle drei im Krafalkowitzischen[WS 10][WS 11] Palais. Heute früh ließ Wellington das Kürassierregiment Somariva die Revue passieren . . . . . . Nach beendigter Revue passierte es den Kasalkowitzischen[WS 10] Schloßhof, woselbst Metternich und Talleyrand auf dem Balkone standen . . . . . . Unsere Königsfamilie ist heute bei der Mittagstafel sehr niedergeschlagen gewesen. Das Allgemeine Zeitungsblatt Nr.67[300] enthält wieder einen sehr interessanten Artikel über die Nachteile der Teilung Sachsens . . . . . .“
11. März. „. . . . . . Diesen Morgen war die Abschiedsaudienz der Gesandten angesetzt. 1/2 12 Uhr fand sich alles bei Hofe ein. – Vorher erhielt ich durch drei hier eingetroffene Deputierte der Leipziger Kaufmannschaft[301] einen Brief vom 4. d. M. von Holtzendorff, der mich allerdings sehr beunruhigt, da er auf nicht richtiges Benehmen der Armee[302] hindeutet. Solms schreibt mir unterm 25. Februar, wo die Nachricht von der Teilung des Landes auch schon auf die der Armee angewendet werden sollte. Zezschwitz, Raabe und Kopp[enfels] schreiben dem General. Letzterer legt die Ordre[303] bei, welche Thielmann in betreff der Übertretung in preußische Dienste erlassen hat. Der größte Teil der Regimenter, je nach dem Geiste, der von den Stabsoffizieren ausgegangen ist, hat sich sehr gut benommen und sich augenblicklich gegen den preußischen Dienst erklärt, einige haben geschwankt, und nur die uns bekannten haben um Anstellung in preußischen Diensten gebeten, vom Gardebataillon nicht ein einziger, vom Kürassierregiment nur der Rittmeister Oertzen[304]. Die Stabsoffiziere der Kavallerie[305] haben Thielmann sehr in die Enge getrieben, doch hat dieser nach Louis’ Ankunft wieder frischen Mut geschöpft. Wie bitter ist es für mich, hören zu müssen, daß er sich meinen Gesinnungen so widersprechend benimmt.
1/2 12 Uhr erschienen die drei Gesandten zur Abschiedsaudienz. Sie sollen dem König enorm zugesetzt haben, doch Dank sei Gott, der uns wenigstens unseren Ruhm in den Augen der Welt erhalten wird. Der König ist sehr fest geblieben und hat sich sehr bestimmt erklärt[306]. Gegen 1 Uhr reisten sie mit der schriftlichen Erklärung des Königs ab.
Kammerherr von Globig[307], ein treuer, biederer Sachse, der sich als Deputierter der Stände hier befindet und den der König als Geh. Referendar bei sich behalten, auf den übrigens jeder feste Hoffnung setzen kann, war bei der heutigen Tafel mein Tischnachbar. Er sowie mein General kamen später zur Tafel, da sie beide geschrieben – letzterer an die Armee, ersterer nach Dresden – und die Briefe nebst der Erklärung des Königs einem nach Prag abgehenden Kurier mitgegeben hatten. Er sagte mir bei Tische, heute könnten wir schon [282] eher ein Glas mit frohem Mute trinken als gestern; er habe die beste Hoffnung für die Zukunft, und wenn auch nicht für den Augenblick, so werde doch noch alles gut werden für uns. Welch ein Balsam war das für mich, da mein General mir nur [erst] noch heute versicherte, er habe alle Ursache, an des Königs Festigkeit zu zweifeln; die Folge lehrt es also jetzt schon, daß Einsiedel, Globig und Kohl[schütter][308] drei recht treue Sachsen sind, und sie zur Seite, der König gewiß fest bleibt . . . . . Nach der Tafel sehen wir den Kronprinzen von Bayern[309], der heute den König besucht hatte. Die königliche Familie begleitete ihn bis in die antichambre, bei welcher Gelegenheit der König meinem General sagte: „Kommen Sie nachher zu mir!“ Der General hatte ihm bei diesem Besuche Zezschwitzens Brief zu lesen gegeben. Er hatte ihn sehr gefreut. Wiederholt hatte er die Versicherung gegeben: „Ich alter Mann habe kein Verlangen mehr auf dieser Welt als das Glück meines Volkes; mich hätten sie in Gottes Namen in Friedrichsfelde totfüttern können, sobald es ihnen nur Ernst gewesen wäre, meine Sachsen glücklich zu machen.“ – Herr von Ferentheil und Herr von Gersdorf waren heute als Deputierte der Niederlausitz[310] eingetroffen und so wie die Leipziger Kaufherren Thieriot, Seyfferth und Meyer dem König vorgestellt worden. – Froh und heiter verließ heute alles das königliche Schloß, da jeder treue Sachse die Ruhe der Nation aufs neue begründet und nicht gegen den ausgezeichneten Charakter des Volkes gehandelt sah! – Willig und gern will jeder leiden, um nur der Welt zu beweisen, daß wahrer, edler und treuer Sinn in Sachsen noch herrschen. – Napoleon soll in Antibes gelandet sein. Es erregt diese Nachricht allgemein große Besorgnis. – Kaufmann Thieriot hatte heute bei der Präsentation den König harangieren wollen, allein der Schmerz hatte ihn zu sehr ergriffen. – Als der General heute beim König gewesen, hatte er [d. h. der König] ihn vorzüglich nach dem Benehmen seiner Kürassiergarde gefragt. . . . . .“
„12. März. Minister Einsiedel[311] ist heute in Privatangelegenheiten nach Wien gereist, da der dasige sächsische Gesandte, Graf Schulenburg, sein Schwager, sehr krank sein soll. Durch ihn hoffen wir zu erfahren, welchen Effekt die Deklaration auf dem Kongreß gemacht hat. Nach seiner Rückkehr glaubt der General seine Abreise bestimmen zu können. Kammerherr von Globig, dem ich heute früh die von der Armee gekommenen Briefe mitteilte, verspricht sich von der Folge der gestrigen Note alles Gute. Er hatte gestern noch den Kronprinzen von Bayern ganz besonders ins Gebet genommen und diesem die Unmöglichkeit darzustellen gesucht, daß Sachsen getrennt von einander nie bestehen könne und daß der König nie in eine Abtretung willigen werde. Talleyrand soll sich noch am meisten für uns geneigt haben finden lassen[312]. Wellington soll den König hart angegriffen haben. – Der General mag Zezschwitz ganz außerordentlich eingeheizt haben, daß man sich bei der Armee nicht fester benommen habe.“
„13. März. Minister Einsiedel ist heute von Wien eingetroffen. Wie es scheint, eröffnet er eben keine sehr günstigen Aussichten, da man vermutet, es werde seiten des Kongresses auf die Note des Königs gar nicht geachtet werden, sondern man werde Gewalt für Recht ergehen lassen. . . . . . Wir erhalten heute Briefe von Dresden, ich deren drei; der eine war durch Schobern bis Prag gekommen, von da aus kamen sie durch Watzdorffs Hände. Alle Nachrichten aus Dresden deuten darauf hin, daß man preußischerseits des Generals Rückkehr nach Dresden wünsche, um ihn über seine Anwesenheit im Zeughaus – was nicht einmal wahr ist – zur Verantwortung zu ziehen. – Meine letzten Nachrichten sind vom 6. d. M., zufolge welcher Ryssel[313] wirklich in preußische Dienste getreten, desgleichen Buschbeck als Kapitän des preußischen Ingenieurkorps. . . . . . Der General erhält ebenfalls von Wien aus Winke, daß man sich in Dresden vorgenommen habe, ihn zur Verantwortung zu ziehen. Hier zu bleiben, ist nicht sein Wille; was kann er hier bewirken? Mit dem reinen Bewußtsein, nichts getan zu haben, was man ihm, der er nur für das Interesse seines Königs handele, zur Last legen könne, wird er sich durch die Drohung nicht schrecken lassen. Minister Einsiedel behauptet, man könne und werde ihm schlechterdings nichts tun, es sei nur, ihn dadurch zu bewegen, nicht nach Sachsen zurückzukehren, da man jetzt wohl einsehe, daß seine Anwesenheit daselbst mehr Einfluß aufs Ganze haben könne. – An der heutigen Marschallstafel gewahrte man die Abwesenheit des Hofmarschalls; denn, obschon durch sächsische Mundköche alles auf kaiserliche Rechnung bereitet [wird], so speisten wir doch heute unter aller Kritik schlecht.“
[283] 14. März. „. . . . . Ich wollte heute die gestern erhaltenen Briefe beantworten, doch da man sogar auch hier der Post nicht trauen darf, so sehe ich mich genötigt, diesen Weg nicht zu wählen. – Der General schreibt dann an Watzdorff, welchen Brief Kammerherr von Globig morgen mit nach Wien nimmt. Ich schließe einen Brief an Heinrich bei und versehe denselben mit der Note vom 11. d. M. mit sympathetischer Tinte. – Auch in Wien ist man jetzt auf die sächsischen Briefe sehr aufmerksam, so hat z. B. Minister Einsiedel seinem Schwager, dem Grafen Schulenburg[314], sein Eintreffen in Wien annonciert, und auch dieser Brief ist aufgemacht gewesen. – Der General setzt heute seine Abreise auf den 19. d. M. fest; den 25. gedenkt er in Dresden zu sein, insofern nicht besondere Umstände seinen Reiseplan abändern. – . . . . .“
15. März. „. . . . . Nachmittags mit dem General Visite beim General Grafen Leopold Palffy. Bei ihm hören wir einiges über den kleinen König von Rom. Er geht in der französischen Oberstenuniform mit vier Ordenskreuzen. Er läßt sich sehr gern huldigen und die Hand küssen, soll übrigens garstig sein und einen sehr großen Kopf haben. Zwischen der österreichischen und französischen Dienerschaft der Marie Luise hat es bei der Nachricht von Napoleons Landung große Händel gesetzt. . . . . .“
„16. März. Ein großes Diner beim Grafen Paul Zichy läßt mich heute eine sehr schwach besetzte Marschallstafel finden. Legationsrat Griesinger[315] ist heute mit einem eigenhändigen Schreiben des Kaisers Franz an den König hier eingetroffen. Griesingers Dafürhalten nach wird Preußen den Teil Sachsens, der ihm zufallen soll, in Besitz nehmen, der dem König verbleibende aber fortwährend durch ein provisorisches Gouvernement verwaltet werden. – Prinz Anton wird heute abend erwartet. – Prinzeß Therese[316] soll in einem Briefe sehr die Festigkeit des Königs gelobt haben. Wie auch immer noch der Ausgang der für uns jetzt so verwickelten Lage sein mag, so bleibt doch die Festigkeit des Königs die einzige Stütze und der Stolz der Nation. Die Sache unseres Königs ist zu gerecht, als daß sie nicht früher oder später eine günstigere Wendung nehmen sollte. . . . . .“
„Den 17. März früh warteten wir der Prinzeß Therese auf. Geheimrat Piatti[317] teilt uns die Abschrift eines Briefes mit, welchen der Oberhofrichter Werthern in Leipzig am Tage der Schlacht bei Leipzig, jedoch 1814, an den König von Preußen geschrieben hat. Er hat, wenn das Schicksal unabänderlich hart gegen uns entschieden hat, doch wenigstens die Satisfaktion gehabt, diesem Monarchen die bittersten Wahrheiten geschrieben zu haben. – Dem Prinzen Anton begegne ich auf der Gasse, gestehe aber, daß er sich so verändert hat, daß, wenn ich ihn nicht in Preßburg gewußt hätte, ich ihn wohl schwerlich erkannt haben würde. Am Mittag erscheint er nach aufgehobener Tafel in dem Vorzimmer und legt dem General ganz deutlich seine guten und festen Gesinnungen lauter und rein an den Tag. Alles deutet darauf hin, daß für uns wenig zu hoffen ist. Der General ist sehr bemüht, vor seiner Abreise die Umgebung des Königs fest und unwandelbar zu machen. Minister Einsiedel, der ihn heute zu sich invitieren läßt, erhält seine Ansicht sehr treu von ihm mitgeteilt, daß nämlich der König in der Liebe und Achtung seines Volkes unendlich verlieren würde, wenn er auch nur dem Besitze eines Dorfes entsagen wollte; denn solange der König nicht entsagt, wird die Nation die Bande unter sich nie als aufgelöst betrachten. Ich besuche, nachdem ich bei schlechtem Wetter eine Promenade mit Lüttichau gemacht habe, den Legationsrat Breuer[318], allein leider muß ich auch von ihm, der er heute erst von Wien retourniert ist, hören, daß wir dermalen auch nicht auf eines Einzigen Beistand rechnen können, und daß dermalen seiten des Königs nur noch zu überlegen sei, ob er dem bleibenden Teil mehr Nutzen schaffe, wenn er ihn annimmt oder nicht! So günstig auch nach Breuers Versicherung in der neueren Periode des Kongresses die Lage der Dinge für uns gewesen, so sehr soll sie sich seit der Debarkation Napoleons geändert haben. Die früher unter einander wegen Sachsen uneins gewesenen Parteien haben sich hierdurch enger aneinander geschlossen und jeder Teil hat Preußen, England und Rußland, die in ein enges Bündnis zusammengetreten sind, gern und willig nachgegeben. Man erwartet, daß Castlereagh[319] über das, was er in betreff Sachsens bewilligt habe, selbst nicht einmal von der Oppositionspartei wird in Anspruch genommen werden. Preußen wird, wie man hier glaubt, zur endlichen Teilung schreiten und den dem König [284] zurückfallenden Teil fortwährend provisorisch regieren lassen. Breuer, der die ganzen Kongreßverhandlungen gelesen, versichert mir, es sei unglaublich, wie man immer von 5 zu 5000 Seelen zugesetzt habe, bis Preußen von Sachsen das erlangt habe, was ihm jetzt bestimmt sei.
Minister Einsiedel scheint dem allgemeinen Urteil und seinen Außerungen nach auf ein stetes Benehmen seinerseits rechnen zu lassen. Er versichert, dem König nie zu etwas zu raten[320]; ihn auf alles aufmerksam zu machen, dies seine Pflicht. Für den bleibenden Teil der Armee scheint sich wohl die trübste Aussicht zu eröffnen; denn eine allgemeine Entwaffnung und ein Brotloswerden des Ganzen scheint unser endliches Los zu sein. Doch – wie es auch komme – ein treuer Sinn für König und Vaterland und die Erhaltung unserer Nationalehre muß uns auch jedes Ungemach mit Freude ertragen lassen. Lange kann diese Prüfungsperiode doch nicht dauern.
Den heutigen Abend verbrachte ich, insofern mir anjetzt Vergnügen möglich ist, in dem Hause einer Frau von Zechmann, woselbst mich der General einführte, ziemlich froh. . . . . . Breuer, der zeither ziemlich verschlossen gegen mich war, zeigt sich mir heute von einer weit herzlicheren und teilnehmenderen Seite. Er sieht des Generals Abreise sehr ungern.“
„Den 18. März früh 10 Uhr hat der General Abschiedsaudienz beim König, nachher bei der Königin und Prinzeß Auguste; dieser wohne ich mit bei. Nach der Tafel reist Prinz Anton ab in einem zweispännigen leichten Kabriolett. – Alle Hoffnungen, die wir vom Anfange unseres Hierseins an hegten, schwinden nun für uns, da das österreichische Kabinett von den anderen so befangen sein soll, daß es selbst nicht einmal dem König Hoffnung für eine bessere Zukunft gewähren kann. Noch hat der König keinen bestimmten Entschluß gefaßt. Der General und ich meiner wenigen Seits [sic!] ebenfalls sind bemüht, es allen noch ans Herz zu legen, daß die Festigkeit des Königs die einzige Stütze der Nation ist.
Minister Einsiedel sagt mir heute, als ich mich bei ihm empfahl, es müßte in dem Entschlusse des Königs, der sich bis jetzt durchaus noch für nichts bestimmt erklärt habe, jeder treue Sachse seine Zufriedenheit finden. Wie es scheint, erwägt unser Kabinett noch fortwährend, welches Benehmen das Beste des Landes herbeiführe. Die Ansichten des Ministers sind, daß der König, welcher dermalen eine Deputation der Stände, bestehend aus dem Minister Hohenthal, dem Geh. Finanzrat Gutschmidt, dem Obersteuerdirektor von Nostitz und dem Oberhofrichter Werthern, zu sich berufen, um mit ihnen zu beratschlagen, folgende Perioden abwarte, ehe er eine Entscheidung von sich gebe: 1. was die Oppositionspartei[321] zur Teilung Sachsens sagen werde, 2. ob Preußen wirklich zur definitiven Besitznahme schreiten werde, oder ob dies eine bloße Drohung sei, 3. wie Österreich und Bayern wegen des Innviertels sich auseinandersetzen werden, da letzteres eine sehr bestimmte Sprache führe und nichts herausgeben will. – Hofmarschall Graf Vitzthum[322] schimpfte heute sehr auf den Übergang der Armee bei Leipzig, als ich bei ihm Abschied nahm. – Pater Schneider[323] war äußerst teilnehmend und herzlich gegen mich. – Alles sieht den General sehr ungern abgehen, da Männer von Umsicht in ihm einen großen Hebel fürs Ganze sehen und seine Ansichten als die ganz richtigen betrachten. . . . . .“
„Den 19. März früh 10 Uhr Abreise von Preßburg. . . . . . Abends 7 Uhr in Wien . . . . . Kaum sind wir [in der „Kaiserin von Österreich“] abgestiegen, so trifft General Wolzogen[324] beim General ein, augenscheinlich, um ihn auszuhorchen, welchen Entschluß der König fassen werde.“
„Den 20. März früh bei Langenau . . . . . Der König von Rom und Marie Luise sind in der vergangenen Nacht in die Burg nach Wien gebracht worden, da eine Entführung der ersteren durch Frau von Montesquiou[325] hat in Ausführung gebracht werden sollen. General Neipperg[326] ist als Obersthofmarschall [?] angestellt . . . . .“
„23. März. Abends 5 Uhr Eintreffen in Prag. – Als der General abends zurück von Watzdorff kommt, [285] sagt er mir sein Projekt, mich inkognito[327] zur Armee zu schicken.“
„Den 24. März werden früh die näheren Verabredungen deshalb getroffen. Kammerherr von Reitzenstein[328] besorgt mir den Paß als Herr Arnold, Sekretär des Prinzen Max. – Mittags zur Cour bei der Prinzlich Maximilianschen Familie; dann Diner bei General Watzdorffs. Unsere Abreise wird auf heute abend 7 Uhr fixiert, doch die Erlangung des Passes von dem Oberstburggrafen – Graf Kolowrat[329] – hält uns dermaßen auf, daß wir erst
den 25. März früh 2 Uhr Prag verlassen, ohne daß ich meinen Paß hätte erlangen können. Es wird daher dessen Nachsendung p.E. [per Estafette] beschlossen. Ich reise darum mit nach Teplitz, um, wenn wir vielleicht dort Nachrichten treffen, daß meine Mission unnötig wird, ich dem General sogleich nach Dresden folgen kann. Abends 5 Uhr treffen wir in Teplitz ein, woselbst ich anfangs kaum glaubte, daß ich mein Unternehmen würde ausführen können, da ein Katarrhalfieber mich befiel. – Wir treffen in Teplitz den Minister Hohenthal, Geh. Finanzrat Gutschmidt und Obersteuerdirektor v. Nostitz, welche zum König berufen wurden und sich dermalen auf der Reise dahin befinden. Durch sie erfahren wir, daß die Armee sich noch beisammen befinde, und daß nicht, wie General Wolzogen erzählte, das Ulanen-, Husaren- und 1. leichte Infanterieregiment zu den Preußen übergegangen seien. Die Frau General Lecoq erwartet den General in Zehista, weshalb der General sogleich eine Estafette dahin sendet. – In der Töpferschenke abgestiegen. – Minister Hohenthal stimmt nicht für des Königs Unterschrift.“
„Den 26. März früh 9 Uhr erfolgt des Generals Abreise nach Dresden, um 10 Uhr die meinige nach Frankfurt über Dux, Brüx, Saaz. Mein Befinden war allerdings nicht das beste, doch hätte mir noch zehnmal schlimmer sein können, ich hätte meinen Auftrag um keinen Preis der Welt unausgeführt gelassen, da es mich sehr freute, dem General Beweise meiner treuen Gesinnungen geben zu können. – . . . . . . Das Wetter ward ziemlich unfreundlich und die Postchaise immer schlechter.“
„Den 30. März früh 4 Uhr treffe ich in Frankfurt ein. Lange bin ich genötigt, in der Stadt herumzufahren, ehe ich irgendein Unterkommen finden kann. Endlich finde ich dasselbe ziemlich schlecht in den „3 [?] Löwen.“ Müde und entkräftet werfe ich mich aufs Bett, mein Geldbörschen mit 30 Louisdor unterm Kopfe. Wie tot schlafe ich, als ich um 7 Uhr durch den zur Türe hinausgehenden Kellner geweckt werde und alsbald meinen Geldbeutel vermisse. Ein entsetzlicher Schreck bemächtigt sich meiner. Ich durchsuche alles, allein er ist weg. Kaum bin ich imstande, mich hierüber zu fassen, so tritt der Wirt, der gröbste Flegel der Welt, herein, will mich zum Hause hinauswerfen, hält mich für einen Vagabunden und droht mir, mich der Polizei zu überliefern. Nichts vermag meinerseits diesen Unhold zu beschwichtigen, da ich in meiner dermaligen Lage die heiligsten Manschetten vor aller Polizei habe. Ich versichere ihm, daß Baron Hügel[330], der österreichische Gesandte, mich schützen würde und daß ich nur zu ihm gebracht sein wolle. Doch während ich noch so vergebens mit ihm kapitulierte, trat schon ein Polizeibeamter bei mir ein und nötigte mich, ihm alle meine Sachen zur Durchsicht darzubringen. Er fand nichts Verdächtiges, aber auch nicht den Geldbeutel, welchen er zu suchen vorgab. Ich mußte ihm auf das Polizeibureau folgen, woselbst ich ein strenges Examen auszustehen hatte, anfangs beim Polizeirat, dann beim Polizeidirektor. Man schien durchaus keinen Verdacht weiter auf mich zu haben und versprach mir allen möglichen Beistand zur Wiedererlangung meines Geldes. Hierauf eilte ich zu Baron Hügel, welcher auf den ersten Abord mich nicht günstig aufzunehmen scheinen wollte; doch der an ihn gerichtete Brief des Generals war hinreichend, daß er mir sogleich seinen ganzen Beistand angedeihen ließ. Er sandte einen seiner Sekretäre mit mir aufs Polizeibureau und ließ schlechterdings fordern, daß der Wirt mich behalten und sich artiger gegen mich betragen müßte, und daß man mir zur Wiedererlangung meines Geldes behülflich sein möchte. Daß er mich kenne, möge den Herren genug sein, ließ er versichern. Bei meiner Rückkehr in mein Quartier bemerkte ich einige Verlegenheit bei einem weiblichen Dienstboten, welchem die Anwesenheit eines Polizeibeamten verdächtig war. Ich säumte nicht, dies sogleich anzuzeigen. Unter Trubel, Jagen, Angst, Sorge und Not und 80 Taler Silbergeld in der Tasche verbrachte ich die mehreste Zeit auf der Straße und fand par bonheur Burkersroden[331], der als Kurier nach Wien ging und mir sagte, das Korps sei nach Aachen marschiert. Neue Sorge über die Ausführung meines Vorhabens. – Mittags 3 Uhr bei Baron Hügel, wo, wenn nicht meine Unfälle mich niedergebeugt hätten, ich einen recht heiteren Mittag verbracht haben würde; denn man nahm allgemein Teil an dem Schicksal meines Vaterlandes und sprach sich sehr lauter und rein aus. Abends 7 Uhr [286] reise ich nach Limburg ab, dort auf Jeschki[332] rechnend und Gott dankend, daß ich aus Frankfurt komme, nachdem Baron Hügel mir einen anderen Paß hatte ausstellen lassen. Auf den schlechtesten Wegen gelange ich in der Nacht in Königstein an und setze meinen Weg über Würges nach Limburg fort, wo ich
den 31. März früh 7 Uhr eintreffe. Ich eile zu Major Jeschki, der mich sogleich bei sich aufnimmt und mir allen möglichen Beistand zur Erreichung meines Zweckes leistet. Fourier Nagel wird sogleich mit Etappenfuhren und einem anonymen Brief an Zezschwitz abgesandt und aufs beste instruiert. Hier bleibe ich verborgen, und obschon mancher der Hiesigen sich erinnert, mich schon gesehen zu haben, so erfährt doch keiner, wer ich eigentlich bin.“
„Den 2. April treffen des Nachmittags Oberstleutnant Wittern[333] und Leutnant Altrok[334] vom 1. Linienregiment in Limburg ein. Sie wundern sich meines Hierseins nicht wenig. Mit Wittern verbringen wir [die Zeit] bis am späten Abend. – Von der Armee hörte ich schon von Burkersroda die beruhigendsten Nachrichten, nämlich daß alle Offiziere aus den angeblich preußisch werdenden Provinzen sich nur dahin erklärt hätten, sie würden nur dann in preußische Dienste treten, wenn der König sie ihrer Pflicht entlassen sollte; dann würden die preußische Dienste nehmen, die nach ihrem Geburtsort preußische Untertanen würden[335]. Ehe unser Korps Köln verlassen, und als die Nachricht von Napoleons Landung angekommen, haben mehrere Bürger und Soldaten in der Trunkenheit Napoleon ein Vivat gebracht. Thielmann hat hierauf von Totschießen gesprochen, allein Bürger und Soldaten haben sich hierauf verlauten lassen, er solle dies nur tun, dann würde auch er am längsten existiert haben.“
„3. April. Das Erwarten der Rückkehr Nagels peinigt mich fürchterlich. Nirgends habe ich Ruhe, immer lebe ich nur in banger Erwartung. . . . . .“
„Den 4. April früh 1 Uhr trifft Fourier Nagel wieder ein, mit ihm der Feldpostmeister Stange, den Oberst Zezschwitz sendet, um mich nach Deutz zu holen, woselbst er heute früh eintreffen wird. 1/2 2 Uhr früh fahre ich mit Stange von Limburg ab über Freylingen, Altenhof, Siegburg bis Deutz (16 Meilen), woselbst wir 1/2 5 Uhr nachmittags eintreffen. Sogleich kommt Zezschwitz mit seiner Frau und Koppenfels. Meine mündlichen Aufträge an ihn waren, ihm zu sagen:
[1.] Daß fortwährend sich eine Anzahl Deputierter der Stände in Wien versammeln; wenn sie beisammen sind, werden sie unter Vortritt des Ministers Grafen Hohenthal, des Vizesteuerdirektors Nostitz, des Geheimrats von Gutschmidt und des Oberhofrichters Werthern einen Antrag an den Kongreß machen und um die Unteilbarkeit des Landes bitten. Erstere vier sind von dem König zu einer Beratung berufen.
[2.] Daß das österreichische Kabinett dermalen sehr schwach sei. Metternich, glaubt man, sei von Preußen bestochen[336]. Er hat in der allgemeinen Achtung sehr verloren.
[3.] Daß Langenaus Absicht sei, die Armee, wenn sie nicht gerade zu der österreichischen stoßen könne, unter das Kommando des Herzogs von Koburg[337] zu bringen, der sich fortwährend sehr für den König ausgesprochen. Langenau wird alles aufbieten, daß die Teilung bei der Armee nicht erfolge, daß Thielmann das Kommando verliere und sie unter Wellington zu stehen komme; dann ist Lecoqs Rückkehr zum Korps keinem Zweifel unterworfen[338].
[4.] Daß man in Wien allgemein der Meinung sei, die Landung Napoleons sei mit Vorwissen Englands und Österreichs geschehen[339]. In einer Proklamation, die er erlassen, sagt er, mit Österreich sei er aufs Reine, mit England habe er einen zwanzigjährigen Frieden. Auffallend ist des Prinzen August von Preußen[340] [287] schnelle Abreise nach Berlin und die größte Tätigkeit in den preußischen Rüstungen.
[5.] Note des Herrn von Gersdorf, die Erklärung des Herzogs von Weimar betreffend, worin er sagt, er könne für Sachsen nichts tun, da er sich gegen Rußland und Preußen kompromittieren würde. Alle übrigen sächsischen und kleineren Fürsten Deutschlands haben sich für den König erklärt, und daß sie nie in eine Abtretung willigen würden.“
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„Ich bin mit Zezschwitz bis 1/2 8 Uhr abends beisammen im „Roten Ochsen“, höre aber leider von ihm nicht die erfreulichsten Nachrichten. Nach einem Briefe vom 29. März aus Wien vom preußischen Oberstleutnant Thiele soll unser König den 28. gedachten Monats unterzeichnet haben[341] und darum für uns alles verloren sein. Die Teilung der Truppen soll erfolgen, sobald sie durch andere vorrückende Körper ersetzt werden können. Aus den preußisch Werdenden will man ein Kavallerie- und ein Infanterieregiment formieren[342]. General Ryssel und Brause sind bereits in preußische Dienste getreten[343]. – Ich kann dieser Nachricht[344], so sehr sie auch das Gepräge der Wahrheit trägt, durchaus keinen Glauben beimessen, da noch keine der Perioden eingetreten ist, welche Minister Einsiedel abzuwarten gedachte, ehe der König eine Unterhandlung beginnen könne. Sie waren nämlich usw. [s. o. 18. März]. Von allen diesen drei Dingen war noch nichts erfolgt; wie sollte ich also glauben, daß der König, der bisher so fest gewesen war, nun plötzlich sich habe umstimmen lassen? – Obschon ich Zezschwitz hierüber die möglichsten Vorstellungen machte, so waren sie doch nicht vermögend, ihn auf den Gedanken zu leiten, daß sie auch diesmal hintergangen sein könnten.
Die Stimmung bei der Armee ist nicht die beste. Man zeigt allgemeines Mißvergnügen über den fortwährenden provisorischen Zustand. Das Fechten in demselben wird schlecht gehen, da man sich das erste Mal so sehr getäuscht gesehen hat[345]. Die Armee, die nach Brauses und Ryssels Übertritt nun gar keinen sächsischen General mehr hat, sieht sich verlassen. Die Spannung der wenigen sich für Preußen erklärt habenden und der rein sächsisch gesinnten Offiziere wächst täglich. Von der Mannschaft werden nach angegebener Teilungslinie ungefähr 7000 preußisch, 8000 bleiben sächsisch. Die Offiziere haben sich größtenteils noch gar nicht, andere sehr unbestimmt erklärt. Dermalen steht das Korps unter dem unmittelbaren Oberbefehl des Fürsten Blücher. Mit Verlangen sieht man Lecoqs Ankunft entgegen. Kleist hatte einen sehr hübschen Abschied vom Korps genommen[346]. Er übernimmt das Kommando des sogenannten deutschen Reservekorps, welches vor der Hand auf dem rechten Rheinufer stehen bleiben wird. –
Leutnant Buschbeck[347] ist durch seine Anstellung sehr enttäuscht worden. Man hatte ihm versprochen gehabt, ihn als Kapitän anzustellen, und er ist als jüngster aggregierter Premierleutnant mit 20 Taler monatlichem Traktament plaziert, da er zeither monatlich 40 Taler hatte. –
Abends 8 Uhr verlasse ich Deutz und reise, nachdem ich den herzlichsten Abschied von Zezschwitz genommen habe, wieder nach Limburg zurück . . . . . .“
9. April. „. . . . . . Abends 5 Uhr in Teplitz, in der Töpferschenke abgestiegen. Ich finde einen Brief des Generals und einen von Heinrich daselbst vor, stoße aber auf mehrere Hindernisse, um über Lauenstein nach Sachsen zu kommen, da niemand den Weg dahin wissen und der hiesige Postmeister mich anfangs ohne Paß nicht auf diesem Wege fahren will.“
„Den 10. April früh beseitige ich die eingetretenen Hindernisse dadurch, daß ich mich dem Bürgermeister zu Teplitz entdecke und dieser mir ein Zeugnis erteilt, als sei mein Paß verloren gegangen. Den Postmeister gewinne ich durch Geld, indem ich ihm für die 2 Meilen nach Lauenstein 12 Taler zahlen muß. Ich trete daher früh 1/2 10 Uhr meine Reise wieder an, passiere den Geiersberg[348] zu Fuß, da außerdem der Postillon Ochsenvorspann nehmen wollte, und komme mittags 1 Uhr in Lauenstein an, woselbst ich in der Bünauschen Familie[349] eine recht angenehme Bekanntschaft mache. Um 3 Uhr reise ich mit Bünaus Equipage ab und treffe abends 8 Uhr ganz unerwartet in Dresden ein. – Der General war sehr erfreut, mich ohne irgendeinen Unfall wieder [288] zurückkehren zu sehen. Meine Abwesenheit war durchaus nur wenigen aufgefallen, und diese wenigen hatten sich mit der Nachricht begnügt, ich sei krank in Prag zurückgeblieben. Die Meinigen hatten geahnt, daß ich nicht krank sei, doch hatten alle die Idee gehabt, ich hätte mich zur Unterhaltung der Korrespondenz in Prag verhalten.“
11. und 12. April. „. . . . Ich schleiche nur in Dresden herum, um meine Rückkehr nicht auf einmal bekannt werden zu lassen.“
„Den 2. Mai früh erhalte ich einen Brief vom 25. v. M. vom General Zeschau. Es enthält derselbe eine Inlage zur Beförderung an den in preußische Dienste getretenen Major Zimmermann[350]. Die gestrigen Nachrichten aus Preßburg lauten sehr schlecht. Es hat nämlich am 22. v. M. Preußen wieder die Unterhandlung direkt angeknüpft, und es ist keinem Zweifel unterworfen, daß die Bedingungen, die der König gemacht hat, preußischerseits werden angenommen werden. Zeschaus Brief an den General ist vom 24. [v. M.]. Es steht darin: das Ganze zu retten sei unmöglich gewesen; es handle sich jetzt nur darum, den bleibenden Teil mit Ehren zu retten.“
„3. Mai . . . . . . Die Preußen exerzieren dermalen förmliche Rekrutenpressen. In Berlin nehmen sie junge Leute von 14 Jahren weg. 61 Mann Equipagesoldaten von uns, welche sie unter dem Vorwand der Pferdewartung einstweilen nach Torgau von unseren Leuten kommandieren ließen, haben sie dort mit Gewalt in preußische Landwehrregimenter gesteckt. Der Erfolg davon ist, daß sie wieder davongelaufen.“
„Den 11. Mai trifft abends Cerrini[351] mit der Nachricht ein, daß die Preußen das Korps haben teilen wollen[352], daß dieses aber sich das ohne vorhergegangene Einwilligung unseres Königs nicht habe gefallen lassen wollen. Die Garnison von Lüttich[353], die aus den 3 Grenadierbataillonen und aus 2 [3] Bataillonen des 2. Linienregiments[354] bestand, und woselbst das Hauptquartier von Blücher gewesen, hatte sich, als sich die Nachricht der Teilung unter ihr verbreitet[355] und sämtliche Stabsoffiziere zur Empfangnahme des diesfallsigen Befehls sich bei Gneisenau[356] versammelt, unter Blüchers Fenstern[357] eingefunden und dem König ein mehrmaliges Vivat gebracht. Man hatte dies durch Appellschlagen zu verhindern gesucht und dabei den Leuten die vernünftigsten Vorstellungen wegen Ausführung dieses Befehls gemacht. [289] Doch nachdem sie von dem Rendezvous entlassen, waren sie aufs neue dahin[358] gestürzt und hatten[WS 12] das Vivatrufen von neuem begonnen. Müffling hatte mit blankem Säbel und dem Rufe: „Ihr sächsischen Hunde[359]“ [sich gegen sie] wenden wollen, und dies war das Signal des zügellosesten Benehmens der Grenadiere gewesen. Diese hatten Steine aufgehoben und Blüchers Fenster eingeworfen.
Die Beilage von Kapitän Oberreit[360] besagt das Ausführliche hierüber.
Welche Folgen dieses aus militärischen Gesichtspunkten unerhörte Verbrechen haben wird, mag Gott wissen. Alle Regimenter[361] sind, [wenn auch] z. T. disziplinierter, von gleichem Geiste beseelt, und es müßten uns alle die mitunter so vernünftigen Äußerungen der Leute in bezug auf die Teilung sehr freuen; denn einstimmig ist ihre Meinung: Bevor wir nicht wissen, ob die Teilung mit unseres Königs Willen geschieht[362], können wir uns durchaus nicht voneinander trennen und zu einer Pflichtvergessenheit gegen unseren König verleiten lassen[363]. Erfolgt hierzu unseres Königs Befehl, der uns stets heilig war, so werden wir auch, so schmerzlich er für uns ist, ihm zu gehorchen wissen. – Der General erläßt einen Tagesbefehl hierüber an die Truppen, den er Zezschwitz zum beliebigen Gebrauch übersendet[364].“
„Den 14. Mai früh erhält der General per Courrier Ordre, sogleich zum König zu kommen, da dieser ihm das Kommando der Armee übertragen will. Der General bestimmt Senfft und Holtzendorff diesmal zu seinen Begleitern. Letzterer soll von Wien aus direkt zum Korps gehen, um dieses von der Lage der Dinge zu benachrichtigen.“
„Den 15. Mai früh Abreise des Generals . . . .“
„Den 16. Mai früh läßt mich Oberstleutnant Lindemann holen und teilt mir die heute per Estaffette erhaltene schreckliche Nachricht der Auflösung unseres Grenadierregiments mit, nachdem es desarmiert und seine Fahne verbrannt worden. Das 2. Grenadierbataillon hatte dezimiert werden sollen, doch da das Los gerade Unschuldige betroffen, so hatte man beim 2. Bataillon 4 Mann als Rädelsführer namhaft gemacht. Beim 3. Bataillon waren 3 Mann erschossen worden[365]. Die sämtlichen Bataillone waren vereinzelt und von einer zehnfachen Übermacht preußischer Truppen umstellt [290] worden[366], ehe man zur Exekution geschritten. General Borstell war die Exekution beim Gardebataillon in Namür übertragen worden, er hatte sich jedoch dieses Befehles insofern entzogen, daß er die Fahne, die dem ganzen Regiment, dem König und dem Lande angehöre, nicht hatte verbrennen wollen[367]. Er hatte erklärt, man solle ihm lieber seine Entlassung gewähren, ehe er sich zu einem Verbrechen gegen die Person des Königs von Sachsen hergebe[368].
Sämtliche Offiziere der Garde waren ihrer als Kriegsgefangene erklärten Mannschaft gefolgt[369], die des 2. Grenadierbataillons mehrenteils in preußische Dienste getreten, die des 3. Grenadierbataillons[370] aber ins sächsische Hauptquartier zurückgekommen, welches bis zum 11. noch in Verviers gewesen war. Das Benehmen der Gardeoffiziere erlangt allgemeinen Beifall. Das Verfahren der Preußen hingegen gegen unsere Grenadiere und unsere Truppen überhaupt bringt die Stimmung eines jeden treuen Sachsen auf den höchsten Grad der Wut. – Oberstleutnant Anger hatte über das ganze Schicksal des Grenadierregiments einen ausführlichen Rapport[371] gemacht. Ich nahm davon Abschrift, um diese dem General sogleich per Estaffette nachzusenden; allein durch Versehen des Landjägermeisters Ploetz[372] geht diese Abschrift erst
den 17. Mai nachmittags 4 Uhr ab . . . . .“
„Den 19. Mai schreibe ich abermals einen Brief an den General und lege demselben den Blücherschen Tagesbefehl[373] bei; allein er kommt zu spät in die Hände des Herrn v. [?] Friese[374], weshalb er heute nicht mitabgehen kann. Ich gebe ihn daher dem Hofrat Bischoff[375], dessen Bekanntschaft ich am 16. d. M. gemacht hatte. Ein alter, felsenfester Patriote.“
„Den 25. Mai . . . . . erfahre ich, daß der General heute von Wien eintreffen wird. Ich reite ihm daher, nachdem ich Mittags bei General Klengel[376] gewesen, bis Zehista entgegen, woselbst er abends 7 Uhr eintrifft. Abends 10 Uhr wieder in Dresden. – Der König hat den am 18. d. M. unterzeichneten Traktat[377] den 22. ratifiziert. Die Armee wird infolge der übereingekommenen Abtretung geteilt. Das preußische Gouvernement muß den 5. d. M. [soll heißen: des folgenden M.] Dresden und überhaupt den dem König zurückfallenden Teil verlassen. Als Kommissare sind zur Übernahme des Gouvernements vom König ernannt: Minister Graf Hohenthal, Minister Globig, Generalleutnant v. Zeschau und Geheimer Finanzrat Gutschmidt. –
[291] Ob unsere Armee zu Schwarzenberg oder Wellington[378] stoßen wird, ist noch unbestimmt. Der geographischen Lage des Landes zufolge würde man gern das erstere wählen, doch rechnet man, wenn wir zu Wellington stoßen, auf Subsidien, die unserem ausgesogenen Lande auch sehr notwendig sein dürften. – Der Herzog von Koburg[379] will das Oberkommando des Korps übernehmen, unter ihm Lecoq. Die Artillerie kann, insofern es dem Korps vorteilhafter ist, ungeteilt bleiben[380], da Hardenberg hierzu die Genehmigung des Königs von Preußen in einer besonderen Note erwähnt hat. – Der General bestimmt den 30. d. M. zu seiner Abreise zur Armee.“
„29. Mai . . . . . Der General macht uns bekannt, daß Senft und ich als Adjoints in seinem Generalstabe, Solms und Holtzendorff als Adjutanten bei ihm angestellt werden . . . . Rouvroy stellt mir 150 Stück der Oberreitschen Darstellung[381] zu, ingleichen gibt Bischoff dem General eine Anzahl Exemplare des 2., 3., und 4. Mai an der Grenze von Brabant[382], damit wir sie unterwegs ausstreuen sollen . . . . .“.
„Den 30. Mai früh 81/2 Uhr Abreise von Dresden . . . . . .“
„Den 1. Juni früh 7 Uhr Eintreffen in Koburg, einer eben nicht hübsch gebauten Mittelstadt, in der sich jetzt eine Kolonne Russen sammelt, die morgen das Geburtstagsfest von Konstantin[383] feiert, dem die Gemahlin desselben, eine Prinzeß von Koburg, die jedoch von ihm geschieden ist, beiwohnen wird. – Wir steigen im „Grünen Baum“ ab. – Der Herzog wird heute erst von Wien zurückerwartet. An dem Oberst Mensdorff[384], Kommandeur eines österreichischen Ulanenregiments, dem Schwager des Herzogs, der, wenn der Herzog das Kommando eines Armeekorps übernimmt, die Funktion des Chefs vom Generalstab versehen wird, lernen wir einen vortrefflichen Mann kennen. Das Bürgerliche, was wir hier an dem Hofe finden, gefällt uns allen ungemein. Die alte Herzogin[385], bei der wir zur Mittagstafel invitiert wurden, lebt wirklich in einem recht glücklichen Familienverein. Es befinden sich einige natürliche Söhne des alten Herzogs an ihrem Hofe, allein sie behandelt sie alle als ihre Kinder. Von der Großfürstin sagt man, daß sie sich für ihren gattenlosen Ehestand sehr schadlos halte. Ich mache die Bekanntschaft des Kapitäns von Wangenheim [?], der mit Senft in der Gefangenschaft gewesen. – Am Abend waren wir zum Tee bei der Herzogin[386] auf ihren Landsitz invitiert. Unsere Abreise war auf 1 Uhr in dieser Nacht festgesetzt, doch da der Herzog um 12 Uhr nachts eintraf und den General noch rufen ließ, so erfolgte sie erst
den 2. Juni früh 2 Uhr . . . . . In Lichtenfels hören wir, daß Berthier[387] gestern mittags in Bamberg sich zum Fenster herabgestürzt habe. Wir messen anfangs dieser Nachricht keinen Glauben bei, doch bestätigt sie sich bei unserem Eintreffen in Bamberg, woselbst wir im „Weißen Lamm“ Kaffee genießen. Man hat Berthier schon seit länger als 3 Wochen unter strenger polizeilicher Aufsicht gehalten, da er anfangs einem seiner Leute seine Entlassung gegeben und [ihn] nach Paris habe schicken wollen, wahrscheinlich um Briefe an Napoleon zu befördern; hierauf hat er seine Gemahlin abgesendet, doch auch diese hat man auf der Württembergischen Grenze nicht passieren lassen, sondern zurückgewiesen. Die Arretierung mehrerer Spions, unter anderen die eines dergleichen Subjekte vor wenigen Tagen in Koburg, glaubt man als die vorzügliche Ursache [ansehen zu müssen], seinem Leben ein Ende zu machen. Daß er auf keine ehrenvollere und militärischere Weise endete, lag wohl daran, daß man ihn aller [Mittel] beraubt hatte. In Bamberg gab man seinen Tod als ein zufälliges Herabstürzen an. – Von der „Darstellung“[388] gebe ich 30 Exemplare in die Gephardtsche Buchhandlung, der General sendet 25 Stück nach München an den dasigen Gesandten Grafen Einsiedel . . . . .“
[292] „3. Juni . . . . . Bei unserem Eintreffen hier [nämlich in Frankfurt] erfahren wir durch ein Avertissement des Majors Cerrini an den hiesigen österreichischen Platzkommandanten, daß unser Korps den 27. [Mai] von Krefeld aufgebrochen ist und den 6. oder 7. in der Gegend von Paderborn Kantonnementsquartiere bezieht. Wir halten dies für eine Folge der Übereinkunft zur Teilung[389]. – Die Äußerungen der deutschen Gesinnung, die sich hier ausdrücken, fallen mitunter ins Lächerliche und bestehen vorzüglich in der sogenannten „teutschen“ Tracht, die sich durch eine Mütze mit einem Kreuz besonders bemerkbar macht. Jungen von 4, 5 Jahren tragen schon dieses Abzeichen.“
„Den 4. Juni besuche ich früh Herrn von Buchholz und Emmrich. In den Augen des ersteren erscheine ich sonder Zweifel schon als schlechter Deutscher, da ich die Todesart Berthiers bedauere und ihn einen großen Mann nenne. Die Gesellschaft war mittags [bei Baron Hügel] sehr zahlreich und à l’honneur et gloire eines preußischerseits hier eingesetzten Agenten, eines ehemaligen Aventuriers, Herrn von Anstett[390]. Sie bestand mehrenteils aus hiesigen Magistratspersonen, denen die Anwesenheit eines preußischen Agenten sehr zuwider sein soll. Mein Tischnachbar war ein alter Staatsrat, der an dem Schicksal meines Vaterlandes den wärmsten Teil nahm . . . . Abends Komödie: „Des Hasses und der Liebe Rache“[391] von Kotzebue, ein Stück, den jungen Freiwilligen das schändlichste Benehmen im Kriege zu lernen. Einige Stellen, so darin vorkamen, waren wie aus unserer Seele gesprochen, vorzüglich die: Wer mein Vaterland in Ketten legt, der ist mir vogelfrei! – Hügels Äußerungen nach mag über das Oberkommando sämtlicher Armeen noch ein Dunkel herrschen. – Der General bestimmt sich, morgen noch hier zu bleiben und erst den 6. nach Paderborn abzugehen, binnen welcher Zeit Nachricht von Zezschwitz zu erwarten steht.“
„Den 5. Juni trifft früh Burkersrode als Kurier ein. Er hatte den General in Koburg gesucht und das Korps den 30. v. M. in Hagen auf dem Marsch nach Paderborn verlassen. Es ist dieses jetzt zerstückelter als je. Die Infanterie soll, da man preußischerseits sie nicht für würdig hielt, dem großen Kampfe beizuwohnen[392], ein Kantonnement in und bei Kassel beziehen. Die Artillerie hatte zum Bülowschen Korps[393] stoßen sollen, doch die Erklärung Raabes[394], daß seine Mannschaft mit noch mehr Aufopferung ihre Schuldigkeit tun werde, wenn er mit derselben beim Korps bliebe, hatte man so übel gedeutet, daß man das Geschütz in Jülich ad depositum genommen, die Mannschaft aber in den Kanton Düren einquartiert hatte. Die Kavallerie, allein des großen Kampfes würdig[395], steht in St. Trond bei Lüttich und gehört zur Avantgarde. – 359 Grenadiere[396] befinden sich noch in Blüchers Hauptquartier, andere 24 Mann[397] in Kleists Hauptquartier, die zwei aus Sachsen gekommenen Bataillone des 3. Linienregiments in Siegburg am Rhein, das Kavalleriedepot in Bonn. Das Grenadierregiment ist nach Wesel gebracht und soll von dort aus in Kolonnen zu 200 Mann [293] in die preußischen Festungen Magdeburg und Küstrin abgeführt werden[398]. Die Offiziere der Garde haben, da diese Vereinzelung eintritt[399], um ihre Rückkehr zum Korps gebeten. – Holtzendorff ist den 28. Mai abends in Köln durch den dasigen preußischen Platzkommandanten angehalten und ins Hauptquartier nach Namür gebracht worden[400], weshalb Oberst Zezschwitz die durch Holtzendorff zugesendeten Depeschen von Metternich an Wellington gar nicht erhalten und [gar nicht hat] absenden können. – Der General bestimmt sich, so lange hier zu bleiben, bis Senft, den er noch heute als Kurier an Blücher sendet, um sein Eintreffen als Kommissarius zu melden und die Befehle über den Punkt der Zusammenziehung unseres Korps zu erwarten, zurückkommt[401]. An den König erstattet der General ebenfalls Rapport und fügt die Abschrift der Meldung von Zezschwitz bei. Er sendet diese durch einen österreichischen Kurier an den Herzog von Koburg. – Die Auflösung in unserer Infanterie mag der Beschreibung von Burkersroda zufolge allerdings sehr groß gewesen sein, besonders in den beiden leichten Regimentern[402] . . . . .“
„Den 6. Juni früh 11 Uhr reist Burkersrode ab. Er geht über Kassel, um das Korps aufzusuchen. Auf seiner Herreise hat er, um den Preußen zu entgehen, die gegen unsere Offiziere ordentlich feindlich verfahren und jeden aufgreifen[403], bedeutende Umwege machen müssen. Ihr Benehmen ist jedoch nicht allein gegen uns so, sondern gegen jeden Offizier einer fremden Armee. Da der General heute bei Baron Hügel ist, so verbringe ich den Mittag an der table d’hôte, wo ich den Legationsrat Stürmer in München als den Verfasser der Schrift: „Preußen und Deutschland“[404] nennen höre . . . .“
„Den 8. Juni werden der General und ich zu einem großen Tee bei Baron Hügel invitiert, woselbst auch Tschernyschew[405] und Benkendorf[406] und Stein[407] [die am 6. in Frankfurt eingetroffen waren] sein werden, doch dem Himmel sei Dank, wir gingen nicht dahin, da die Ankunft des Rittmeisters Craushaar[408] als Kurier von Leysser und Zezschwitz die besten Entschuldigungsgründe gewährte. – Craushaar brachte von Leysser die Nachricht, daß die Kavallerie noch fortwährend in der Kantonnierung zu St. Trond bei Lüttich stehe[409]. Zezschwitz dagegen meldet, daß zufolge eines unterm 3. d. M. von Blücher erlassenen Befehls[410] die Infanterie, die sich fortwährend Exzesse (von denen jedoch niemand etwas weiß), zu schulden kommen lasse, sogleich und ohne weiter die Ankunft des Generals Lecoq abzuwarten, geteilt werden soll. Er seinerseits habe hierzu den Generalleutnant Oppen, welcher in Paderborn stehe die erforderlichen Befehle erteilt und verbitte sich jede diesfallsige Einwendung. Nach erfolgter Teilung sollte die preußisch werdende Mannschaft zum 6. preußischen Armeekorps in Paderborn stoßen, der sächsisch bleibende Teil aber ins Osnabrücksche marschieren. – Oberst Zezschwitz hatte sich dagegen feierlichst erklärt und versichert, daß er jede Maßregel, die man vor dem Eintreffen des Generals Lecoq und daher den Befehlen unseres Königs entgegen unternehmen werde, als eine Gewaltmaßregel ansehe und derselben zu entgegnen wissen werde. Er bat den General um Verhaltungsbefehle, welcher ihm deshalb ein Schreiben an Oppen zusandte, worin er diesen dringend bat, von der Ausführung des Befehls von Feldmarschall Blücher so lange Anstand zu nehmen, bis dessen Antwort durch Senft eingegangen sein würde, worauf er dann persönlich zum [294] Korps eilen und das befohlene Geschäft beginnen werde[411]. – Craushaar reist noch diesen Abend nach Arolsen zurück, wo heute das Hauptquartier von Zezschwitz eingetroffen ist. – Dem Versprechen ungeachtet hat man die beiden Infanteriebrigaden dennoch in ihrer Kantonnierung 16 Meilen von einander entfernt; denn die leichte Infanterie ist ins Detmoldische gewiesen . . . . .
Holzendorff ist durch ein Mißverständnis[412] des Kommandanten in Köln nach Blüchers Hauptquartier gebracht, dort aber sogleich seiner Bestimmung gemäß abgesendet worden. Oberreiten ist die Abgabe der Depesche an Wellington übertragen worden.“
„10. Juni. Eintreffen von Holtzendorff, den der Oberst Zezschwitz mit der dringenden Bitte von Arolsen an den General[413] sendet, so schleunig als möglich zum Korps zu stoßen, da er nicht mehr vermöge, die Anforderungen der Preußen abzulehnen. – Obschon eigentlich der General vor dem Eingang der Nachrichten von Senft füglich nichts beim Korps vornehmen kann, so bestimmt er sich dennoch zur Abreise und setzt diese auf heute abend 10 Uhr fest. 1/210 Uhr trifft Senft ein, bringt jedoch sehr wenig befriedigende Antworten, da Blücher gar nicht auf seine Vorschläge entriert, sondern vorgibt, es sei ihm unbekannt gewesen, daß er zum Königl. Sächs. Kommissarius ernannt worden sei; er habe daher bereits die Teilung vornehmen lassen[414]. Mit dem sächsisch verbleibenden Teil solle er nur Kantonnierungen im Osnabrückischen beziehen. Gneisenau, an den der General ebenfalls geschrieben, hatte sich weder die Mühe genommen, ihm zu antworten, noch ihm ein Kompliment sagen lassen. Er war zwar artig, aber sehr kalt gegen Senft gewesen[415]. Deutlich hatte er [Senft] gemerkt und mitunter auch hören müssen, daß man dem General die Veranlassung der Ereignisse in Lüttich zuschreibe[416]. Der Kommandant von Köln, welcher Holtzendorff arretiert hatte, hatte zwei Tage zuvor erst von Gneisenau einen Befehl erhalten, daß, wenn der General Lecoq oder einer seiner Adjutanten Köln passiere, so solle er selbige sogleich ins Hauptquartier von Blücher bringen lassen. Man hat Holtzendorff die Depeschen weder eröffnet noch abgenommen.“
„11. Juni. Senft und ich verlassen heute Mittag ebenfalls Frankfurt, woselbst der König von Preußen erwartet wurde. Wir legen unsere Tour mit Vorspann über Friedberg und Gießen zurück und treffen
den 12. Juni früh in Marburg ein. Dann über Frankenberg – daselbst frugales Diner – nach Korbach. Unterwegs begegnen wir dem Artillerieleutnant Zimmermann und Rittmeister Craushaar, die beide als Kuriere von Raabe und Leysser an den General gesendet worden waren mit den dringendsten Vorstellungen, Kommissare mit gehörigen Vollmachten sächsischerseits zu bestimmen, [295] da man den Anforderungen zur Teilung preußischerseits nicht länger widerstehen könne. – Wir treffen
den 13. Juni früh 2 Uhr in Korbach ein, bis wohin uns ein sehr schlechter, gebirgiger und steiniger Weg führte, da die ganze Gegend von Marburg aus sehr gebirgig ist. – In Korbach finden wir unerwartet den General, dem das Hauptquartier hierher entgegengekommen war. Er hatte, da auch der preußische Kommissarius Generalmajor von Lobenthal sich hier befand, bereits gestern die Teilung des Kommissariats[417] vollzogen. – Die Teilung war ruhig erfolgt, aber der tiefste Schmerz über die Trennung von den Abgegebenen geäußert worden[418]. Der General hatte gestern sowie das ganze Hauptquartier die neue Kokarde[419] angelegt. – Früh melden wir uns beim General und beim Oberst Zezschwitz und freuen uns endlich, die unseren erreicht zu haben, die den General als einen rettenden Engel betrachten[420].
Der General reiste früh 9 Uhr in das Kantonnement des 2. Linienregiments, um bei diesem die Teilung vorzunehmen. Auch hier war sie ruhig und mit Ergebung in den Willen des Königs erfolgt, aber die tiefste Betrübnis hatte alle ergriffen. – Es war dies heute [= heutige] das einzige Regiment, bei dem General Lobenthal die Teilung persönlich mit abgewartet hatte[421]. Er ist ein Mann von Rechtlichkeit, daher hatte er auch versichert, bei den übrigen Regimentern dieser Trauerszene nicht beizuwohnen, da es den Leuten schmerzhaft sein müsse, in der Trennungsstunde von ihren Kameraden durch den Anblick eines preußischen Generals gestört zu werden.
Senft und ich reisen direkte nach Arolsen, woselbst wir in der Mittagsstunde eintreffen . . . . . Major Moritz[422] hatte sich heute bei der Teilung noch sehr schändlich benommen, [war] aber auch dem angemessen vom Regiment entlassen worden; denn Major Lenz[423] hatte ihm, als er die Austauschung dreier Trommeln denunziert hatte, vor den Augen des ganzen Bataillons zugerufen: „Pfuiteufel über den Hundsfott! Ist das der Dank, daß wir ihn so lange in unserer Mitte gelitten haben?“ Alle Anwesenden hatten vor ihm ausgespuckt. – Der General traf mittags 2 Uhr ein. – Das Korps war, seit es die Ordre Gneisenaus erhalten, Krefeld zu verlassen, in sehr zerstreute Kantonnierungsquartiere gekommen[424] usw. . . . . Welche unendliche Schwierigkeit fand daher jetzt das Teilungsgeschäft. Um es nicht noch schwieriger zu machen, ernannte der General für jede Abteilung Kommissare und erteilte ihnen die erforderlichen Vollmachten. Oberstleutnant Anger tritt morgen den Rückmarsch nach Sachsen an . . . . . Beim 2. Linienregiment traten nebst Major Moritz neun Offiziere in preußische Dienste[425] . . . . .“
„Den 14. Juni erfolgte früh die Teilung des 1. Linienregiments. Ich wohnte derselben bei und überzeugte mich dabei selbst von den Herz und Gemüt erschütternden Szenen, so dabei sich zutrugen. Der General hielt dabei nachfolgende Rede und nahm von jedem der entlassenen Mannschaften mit der Hand Abschied. So ruhig und gefaßt auch die Leute anfänglich waren, so sehr äußerte sich ihr Schmerz im Ausbruch von Tränen bei der Eidesentlassung.
Teilung der Armee.
„Es ist den hier versammelten Truppen bereits bekannt gemacht worden, daß S. Maj. der König, mein Herr, einen besonderen Friedenstraktat mit dem König von Preußen abgeschlossen hat, nach welchem derselbe in die verlangte Abtretung mehrerer Provinzen seines Königreiches einwilligt. Dieser Traktat ist von dem Könige von Sachsen und von den hohen alliierten Mächten am 22. Mai unterzeichnet worden. – Der König hat mich zu sich gerufen und mir befohlen zur Armee abzugehen, um die Teilung der Armee in Gemäßheit des [296] Traktates zu vollziehen. Ich erscheine daher heute als Kommissarius des Königs. Die Mannschaft ist bereits so rangiert, wie sie nach Maßgabe des Geburtsortes zu dem preußischen Dienst übertritt oder sächsisch verbleibt. – Ich wende mich nun zu Euch, die ihr durch das gefallene Los des Vaterlandes von uns scheiden müßt. Der König dankt euch für die treuen Dienste, die ihr ihm und dem Vaterlande geleistet habt, und für die treue Anhänglichkeit an seine Person, die ihr in der letztverflossenen Zeit zu erkennen gegeben habt. Schmerzlich ist ihm das Gefühl, sich von euch lossagen zu müssen. Es stand aber nicht mehr in seiner Macht [anders zu handeln]. Er entläßt euch daher durch mich eurer Dienstpflicht und des geleisteten Eides und ermahnt euch, eurem nunmehrigen Monarchen, dem Könige von Preußen, ebenso treu zu dienen. – Noch nie habe ich einen schmerzlicheren Auftrag gehabt als den gegenwärtigen. Auch euch sehe ich den Schmerz an. Doch ihr werdet euch als Männer zu fassen wissen und mit stiller Ergebung in den Willen der Vorsehung zu eurer neuen Bestimmung übertreten. Ich danke euch auch für die mannigfaltigen Beweise von Liebe und Anhänglichkeit, die ihr mir gegeben habt. Ich werde euch aus meinem Andenken nie verlieren, und auch [euch] als preußischen Soldaten wird es mir Freude machen, wenn ich fernerhin einem oder dem anderen nützlich sein kann. – Ihr habt noch Forderungen an Löhnung und Bequartierungsgeld. Es ist euch unverloren. Die Rechnungen werden abgefertigt, und in Zeit von zwei Monaten wird alles berichtigt sein, wo ihr alsdann von den preußischen Behörden die Zahlung erwarten könnt. Es ist dieser Gegenstand gestern in dem Protokolle besonders bemerkt worden. Diejenigen Soldaten unter euch, die mich seit langen Jahren kennen, werden kein Mißtrauen in diese Versicherung legen; denn ich versprach nie etwas, was nicht gehalten wurde. –
Ich komme nun zu euch[426], meine Freunde und Kameraden, um mit euch ein herzliches, aber auch ernstes Wort zu sprechen. Zuvörderst will ich euch das vorlesen, was der König, unser gnädigster Herr, zu euch spricht. Er hat es mir selbst gegeben. Ich gebe jeder Kompanie zwei Exemplare[427], damit ihr oft diese Worte lesen könnt; denn sie werden euch immer an eure Pflichten erinnern. –
Ich wiederhole die Worte des Königs: Klein ist die Schar, die wir jetzt bilden, doch nicht die Zahl macht uns groß, wohl aber die innere Kraft. – Diese Kraft ist Disziplin und Subordination, d. h. strengste Ordnung in allen Zweigen des Dienstes und ein blinder Gehorsam [gegenüber] den von den Vorgesetzten gegebenen Befehlen. In einer Truppe, wo dieses vom ersten bis zum letzten nie aus den Augen verloren wird, ist Kraft, und eine solche Truppe ist brauchbar und vertrauenerweckend. Im entgegengesetzten Falle aber, wo die Disziplin und Subordination nicht immer streng ausgeübt wird, da sinkt auch die Kraft, und eine solche Truppe ist nichts wert. Sie ist sich selbst zur Last, und die Verachtung folgt ihr mit jedem Schritte. Die älteren Soldaten unter euch mögen es den jüngeren sagen, ob ich recht habe. –
Ich ermahne also alle Mitglieder der hier versammelten Truppen zu der strengsten Subordination und der Aufrechterhaltung der Disziplin. Das Korps [der] Offiziere ist die Seele eines Regiments. Von ihm muß das Gute ausgehen. Sie müssen nicht rasten, daß das Regiment die höchste Stufe der Vollkommenheit erlange.
Ich werde es mir zur Pflicht machen, für euch zu sorgen. Doch es werden auch Zeiten eintreten, wo ich mit dem besten Willen die Bedürfnisse nicht werde herbeischaffen können. Eine gut geordnete Truppe weiß solche Tage der Not mit Standhaftigkeit zu tragen, und daran erkennt der Führer ihren Wert. Es ist z. B. möglich, daß ich wegen der Bekleidung alle und jede Bedürfnisse nicht gleich werde stillen können. Bedenkt ihr aber die Lage unseres unglücklichen Vaterlandes, und ihr werdet Geduld haben.
Es sind in den letztverflossenen Wochen Dinge bei euch vorgefallen, die das sächsische Korps in der öffentlichen Meinung haben sinken lassen. Die ersten Militärgesetze sind mit Füßen getreten worden. Ob dieses Regiment mehr oder weniger teilgenommen hat, will ich in diesem Augenblick nicht weiter untersuchen. Nach diesen Vorfällen, gestehe ich euch, habe ich wenig Vertrauen zu euch. Ihr müßt dasselbe erst wieder zu erwerben suchen. Die strengste Ahndung hat ein jeder zu erwarten bei dem geringsten gesetzwidrigen Betragen. Ihr werdet euch wohl befinden, sobald ihr wieder in dem vollen Besitz meiner Achtung und Liebe seid und ich euch wieder mein Vertrauen schenken kann.
Wir wollen heute einen neuen, festen Bund schließen und gewissermaßen ein neues Leben beginnen. Das Regiment wird hier, im Angesicht eurer Fahne, dem König, dem Vaterlande und den Gesetzen aufs neue Treue und Gehorsam schwören. Es ist eine wichtige Handlung. Ergreift sie mit voller Seele! Gott sei Zeuge eures Schwures.
S. Maj. der König haben befohlen, daß die Armee ein anderes Feldzeichen erlange. Es besteht aus einer [297] Kokarde[428]: weiß und grün. Man wird Sorge tragen, daß ihr sie bald bekommt.“
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Die drei Anhänge[429] wurden in Dresden gedruckt, und ich hatte Gelegenheit, [je] eines dieser Exemplare zu erlangen, noch ehe sie zur Publizität kamen. Man wird daraus ersehen, in welche „glücklichen“ Verhältnisse[430] man die mit Gewalt von uns gerissenen Brüder zu versetzen bereit ist. –
Ich machte heute die Bekanntschaft des Generals Lobenthal, der von allen, die mit ihm zu tun haben, seiner rechtlichen Denkungsart halber, sehr gelobt wird.
Nach erfolgter Teilung, die eine Stunde von Arolsen stattfand, und nach eingenommenem Diner reisten wir ab über Ossendorf und Lichtenau nach Paderborn, woselbst wir abends gegen 10 Uhr eintrafen. Wir fanden Oberreit hier, der gestern mit der Abschrift eines Briefes des Generals Gneisenau an den Major Römer[431] (worin ersterer letzterem die Freilassung sämtlicher Gardeoffiziere und der sächsisch verbleibenden Grenadiere bekannt macht) an den General Oppen[432] gesendet worden war, um ihn dahin zu bewegen, auf diesen Brief [hin] die nach Magdeburg gehende Kolonne desarmierter Grenadiere zur Teilung zurückzurufen. Oppen war jedoch, wie im voraus zu vermuten gewesen, nicht darauf eingegangen. Wir übernachteten hier in der Post.“
„Den 15. Juni gedieh es durch Unterhandlungen zwischen General Lecoq und Oppen dahin, daß Oberreit mit einem Schreiben von General Lecoq und einem von Oppen an den Gouverneur von Magdeburg, General Hirschfeld, gesendet wurde, um nach Eingang der die Freilassung der Grenadiere betreffenden Befehle sogleich als Subkommissarius des Generals sich melden zu können. – Wir traten nach Tische die Weiterreise über Detmold nach Lemgo an. Ich reiste mit Bucher . . . . . General Oppen hatte sich in allem sehr willfährig gezeigt. Die gegen die freiwilligen Jägerdetachements eingereichte Klage, mehrere Mißhandlungen[433] betreffend, die Offiziere von uns durch sie hatten erfahren müssen, hatte er sehr gut aufgenommen und augenblicklich die strengste Ahndung versprochen. In Detmold fanden wir die dasige sogenannte Messe. . . . . . Unsere in der Gegend stehenden Jäger hatten gestern einen bedeutenden Jagdexzeß verübt und sieben Rehe geschossen. Der Landsturm hatte sich hierauf alarmiert, und 800 Mann derselben nach langer Zeit sieben Jäger von uns besiegt und als Gefangene eingebracht. Zychlinski[434] erfährt es kaum, eilt zur Fürstin, und durch sein gewandtes, kluges Benehmen bewegt er sie endlich dahin, daß, als die Sieger mit den Besiegten in Prozession einziehen, letztere von der Fürstin[435] sogleich freigesprochen werden. – Die sächsischen Offiziere der fahrenden Batterie und der Stab des 1. leichten Regiments, welches jetzt Bevilaqua[436] kommandiert, fanden wir in Lemgo bereit, den General zu empfangen. Lemgo ist ein hübscher, nicht kleiner Ort. . . . . . Mein Quartier war bei Kaufmann Petermann, recht artige und gute Leute, die besonders an dem Schicksal unserer Grenadiere, die hier durchtransportiert worden waren, den lebhaftesten Anteil nahmen. Der Haß der Einwohner dieser Gegend gegen die Preußen findet auch hier im hohen Grade statt.“
„Den 16. Juni früh erfolgte bei Lemgo die Teilung des Jägerbataillons und der Sappeurkompanie. – Nach 11 Uhr reisen wir nach Rintelen, wohin wir 4 Stunden des schrecklichsten Weges haben; ich mit Cerrini. Nachmittags 3 Uhr die Teilung des 2. leichten Regiments bei Rintelen. – Ehe wir heute von Lemgo abreisten, traf eine Estafette von Raabe ein, worin derselbe meldete, daß man ihn des Kommandos dispensiert habe, insofern er sich der Teilung länger weigere. Er war in der größten Verlegenheit gewesen, doch mußte er wenig Stunden nach dem Abgange dieser Staffette die durch Leutnant Zimmermann von Korbach aus gesendete Depesche erhalten und daraus seine Instruktionen und Vollmachten ersehen haben. – Die Teilung des 2. leichten Regiments erfolgte mit derselben Würde als die der früheren . . . . .“
„Den 17. Juni früh traf der Kriegskommissar Albonico[437] als Kurier aus Dresden ein. Er brachte uns die ersten Briefe und Nachrichten über die Feier der Heimkehr unseres Königs mit. Ich erhielt für heute nur wenige Zeilen von Oberstleutnant von Lindemann. Dies Fest muß einzig in seiner Art gewesen sein. Der Zug vom Pirnaischen Schlag an bis an das Schloß hat allein 21/2 Stunde gedauert. – Drei Stunden von Rintelen erfolgte die Teilung des 1. leichten Infanterieregiments und des 1. Bataillons vom 3. Regiment[438] . . . . . Der General sagte diesem Regiment nicht mehr als [298] allen vorhergehenden. Mit ihm war nun dieses schwere Geschäft beendigt[439] . . . . In der Mittagsstunde trafen wir wieder in Lemgo ein . . . . .“
„Den 18. Juni früh Abreise nach Herford . . . . Mein Quartier daselbst bei einem Kaufmann, gute Leute, die sich aber durchgängig hier verwunderten, daß wir Sachsen uns so ruhig betragen, da ihnen durch die Preußen die schändlichste Schilderung von uns gemacht worden war. – . . . . . In der hiesigen Johanniskirche befinden sich Wittekinds Gebeine und Trinkgeschirr. Sein Grabmal befindet sich in Engern, ein Städtchen 2 Stunden über Herford. Bei denselben hatte, wie ich später erfuhr, Major Egidy[440] den Preußen eine ewige Rache geschworen.“
„Den 19. Juni rastete der hier befindliche Teil des Hauptquartiers. Abends ward Kapitän Sahr[441] vom Jägerbataillon als Kurier nach Dresden gesendet. Der Rapport, den er an den König mitnahm[442], betraf vorzüglich die zeither gepflogenen Korrespondenzen mit Blücher und dem Herzog von Wellington und die Verhandlungen mit dem General Lobenthal wegen der Teilung der Armee. Vor seinem Abgange traf noch der Leutnant Zimmermann von der Artillerie ein, der die Teilungsakte der Artillerie und die Taxation des Materials überbrachte . . . . .“
„Den 23. Juni trifft [in Osnabrück] in der Frühstunde Major Kirchbach[443] mit dem Teilungsprotokoll der Kavallerie und der Nachricht ein, daß selbige bereits den Rückmarsch zum Korps angetreten habe. Die Teilung war bei der Kavallerie mit der nämlichen Ruhe erfolgt als bei der Infanterie . . . . . Das Kürassierregiment hatte in allem 160 Pferde abgegeben. Man hatte hier wohlweislich schon seit geraumer Zeit auf Verlangen der Leute selbst den abzugebenden Mannschaften die schlechtesten Pferde gegeben. Bei den Husaren und Ulanen hatte man dies nicht getan, teils weil die Zahl der abzugebenden Pferde, die ziemlich die Hälfte betrug, so stark war, teils weil sowohl die Kommandeurs zu gewissenhaft dabei verfahren [waren], als auch die mitübertretenden Offiziere es nicht zugegeben hatten. – Durch Major Kirchbach erlangen wir die ersten Details über die bei der Armee vorgefallenen Feindseligkeiten . . . . .“
„24. Juni. Major von Cerrini, der an den Herzog von Cambridge[444] nach Hannover gesendet worden war, um ihm über unser Eintreffen im Osnabrückischen unsere Höflichkeit zu bezeugen, besonders aber es dahin einzuleiten, daß die Offiziersverpflegung[445] erfolge, traf heute wieder von Hannover ein. Die Artigkeit, mit der er dort aufgenommen worden war, konnte er nicht genug rühmen. Jedem Verlangen hatte der Herzog sogleich gewillfahrt. – Die Offiziersplacierung in der Armee wird heute per Order bekannt[446] . . . . . Abends trifft Solms als Kurier ein und überbringt die Meldung, daß die Kavallerie, da man sie nicht gern über Wesel hat dirigieren wollen, über Nimwegen geht.“
„Den 25. Juni trifft Lenz von Nivelles ein. Er bestätigt alle die oben erwähnten Nachrichten[447] . . . . In Hinsicht unser brachte Lenz ein Schreiben von Wellington mit, worin derselbe sagt, daß er sich freue, [uns] unter seine Truppen aufzunehmen[448]. Sobald als es möglich sei, sollten wir uns über Rhene[449] nach Antwerpen dirigieren, von wo aus uns weitere Befehle zukommen würden. Die Auszahlung von Subsidien glaubt Lenz keinem Zweifel unterworfen zu sein [sic!], doch war er dafür, daß ein General von Rang allein dies Geschäft betreiben könne, da von allen Armeen Generalleutnants in Wellingtons Hauptquartier sich befinden.“
„26. Juni. Oberst Zezschwitz soll heute als Kurier abgehen. Des Nachmittags trifft ein österreichischer Stabsoffizier als Kurier aus Schwarzenbergs Hauptquartier mit der Order[450] an den General ein, daß das sächsische Korps möglichst schnell zu ihm stoßen möge. Äußerst unangenehm ist es daher, daß vor wenig Stunden erst das Schreiben des Generals an Wellington, worin er uns diesem zusagt, durch einen englischen Kurier abgegangen war. Es wird hin- und hergesonnen, auf welche Weise man sich von Wellington lossagen könne, [299] ohne sich zu kompromittieren, da der General sonder Zweifel eine politische Tendenz in Schwarzenbergs Aufforderung, und wohl mit Recht, zu finden glaubt; denn Vincent[451] hatte sich ja hierüber sehr deutlich gegen Lenz geäußert: Gern würde Schwarzenberg uns zu seiner Armee rufen, allein es wäre das preußische Kabinett dagegen, und mit diesem wolle man es nicht geradezu verderben. Es ward daher beschlossen, dem König die Entscheidung zu überlassen. Senft ging am folgenden Morgen mit dem braven Holto [?][452], dessen Anblick uns alle innigst freute, ins Schwarzenbergsche Hauptquartier, um dort offen und frei unsere dermalige Lage darzustellen[453]. Vorzüglich ward er an Schulenburg[454], den sächsischen Gesandten im Hauptquartier der alliierten Mächte, gewiesen. –
Major von Cerrini und Hauptmann Zedlitz[455] waren heute nach Hannover abgegangen, um daselbst die aus Magdeburg eintreffenden Grenadiere zu übernehmen und anhero zu bringen. – Abends 8 Uhr reist Zezschwitz mit Minckwitz[456] nach Dresden ab.“
„29. Juni. . . . . . Abends trifft Kapitän Oberreit aus Magdeburg mit der Meldung ein, daß das ganze Teilungsgeschäft glücklich beendigt und die Grenadiere auf dem Wege nach Hannover [seien], die Garden nach Dresden. Er rühmt sich des Benehmens des Generals Hirschfeld in Magdeburg. Dieser hatte vor dem Einrücken der Grenadiere an die Garnison den Befehl erlassen, daß der Soldat, der einem Sachsen mit Worten oder Taten auf irgendeine Weise zu nahe träte, fünf Tage hindurch auf Latten zu liegen kommen [würde], der Bürger, über den eine ähnliche Klage komme, sollte mit fünf oder mehr Talern gestraft werden. – Gleich nach Oberreits Ankunft . . . . traf auch eine Staffette von Oberst Raabe mit der Meldung ein, daß nun auch bei der Artillerie das Geschäft der Teilung glücklich beendet und er im Begriff sei, den Anhermarsch anzutreten. Wieviel Freude uns die beiden Nachrichten gewährten, und daß wir endlich die Schwierigkeiten alle besiegt sahen, die man unserer Vereinigung zeither preußischerseits immer in den Weg zu legen gewußt hatte, läßt sich nicht beschreiben.“
„4. Juli. . . . . . Die mit Geibler[457] gekommenen Grenadieroffiziere, namentlich Leutnant von Einsiedel, geben uns getreue Relationen von den Schändlichkeiten der Preußen bei der Desarmierung, so z. B. haben sie den Grenadieren ihre roten Federstütze, welche diese sich aus eigenen Mitteln angeschafft, auf Befehl ihrer Offiziere abgenommen, da sie gesagt [haben]: „Ihr werdet in eurem Leben keine Federstütze mehr brauchen . . . .“
„5. Juli. Abends 10 Uhr trifft Rittmeister von Lindemann[458] vom Husarenregiment als Kurier aus Dresden ein; er war den 2. d. M. weggereist. Er bringt die uns allen so erfreuliche Nachricht, daß wir nicht zu Wellington, sondern sobald als möglich zu Schwarzenberg stoßen sollen. Obschon die Umgebung des Königs gar nicht recht dafür gewesen war, so war doch nach Zezschwitzens Ankunft in Dresden dies der Entschluß eines Augenblicks beim König gewesen, sein Interesse eng mit dem von Österreich[459] zu verbinden. - . . . . .“
„7. Juli. Brause ist heute ins Hauptquartier beordert, da er als Kurier ins englische Hauptquartier gehen soll, um dort den Generalleutnant von Funck[460] aufzusuchen und ihm die Nachricht zu bringen, daß wir den Marsch zum österreichischen Korps antreten. Generalleutnant von Funck war ins englische Hauptquartier gesendet worden, um Unterhandlungen wegen Subsidien[461] zu pflegen. – In der Mittagsstunde trifft Senft wieder ein. Schwarzenberg hat ihn ausgezeichnet artig aufgenommen und ihm gesagt, er werde den Tag segnen, wo er uns unter seinen Befehl treten sähe. Senft hatte den . . .[462] das Hauptquartier in Saarbrücken verlassen. Der Wille des Königs von Preußen war dahin gegangen, uns als Garnison von Wesel zu gebrauchen, allein Schwarzenberg war durchgedrungen. – Das Marschtableau wurde entworfen. Wir brechen den 11. d. M. von hier auf und marschieren, um das preußische Gebiet zu umgehen, über Kassel und Frankfurt nach Mainz, wo wir den 29. einzutreffen gedenken . . . . .“
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[300] In bezug auf die weiteren Schicksale des sächsischen Korps nach der Teilung bietet das Tagebuch nichts wesentlich Neues. Da inzwischen der Krieg durch die Schlacht bei Waterloo und den schließlichen Einzug der Verbündeten in Paris in der Hauptsache beendet war, so wurden die Sachsen[463], die ursprünglich nach Dijon gehen sollten, dem Erzherzog Karl zugewiesen und nach Kolmar dirigiert, um die Österreicher und Badener in der Blockade von Neubreisach und Schlettstadt abzulösen. Dort blieben sie bis zum Friedensschluß, nach welchem nur noch ein Kontingent von ihnen (5000 M.) als Besatzung in Frankreich verwendet wurde. Die Mehrzahl verlebte Weihnachten 1815 wieder auf heimatlichem Boden.
Die in und bei Kolmar verbrachte Zeit war für die sächsischen Truppen nach den großen Aufregungen eine Periode verhältnismäßiger Ruhe. Die Offiziere waren wieder in der Stimmung, an Vergnügungen zu denken. Viele von ihnen baten sich Urlaub aus, um die nahe Schweiz zu besuchen. Auch Bälle gedachte man zu arrangieren, stieß aber auf den passiven Widerstand der Kolmarer Schönen. Das regt den Verfasser des Tagebuchs zu einem Vergleich mit dem Verhalten der sächsischen Damen in ähnlicher Lage an. Unterm 29. Aug. erzählt er: „Eigentlich, nach der Absicht des Herzog [von Koburg], sollte Ball sein, allein die Damen von Kolmar waren so indiskret – oder, soll ich es nach meinem Urteil nennen, konsequent – teils gleich von Haus aus zu refüsieren, teils nicht zu kommen; denn nach ihrer einstimmigen Versicherung haben sie sich vorgenommen, nicht eher wieder zu tanzen, als bis das Schicksal ihrer Provinz entschieden sei. – Unsere Dresdner, überhaupt sächsischen Damen dachten nicht so. Sie tanzten, sobald sie nur Gelegenheit hierzu fanden, und hätte es mit Kalmücken sein sollen.“[464] –
Eine angenehme Unterbrechung des gleichförmigen Dienstes der Sachsen in Kolmar bot die Ankunft der Prinzen Friedrich und Klemens[465], die sich schnell die Herzen der Soldaten wie der Offiziere eroberten; war es doch seit Jahrzehnten nicht geschehen, daß ein sächsischer Prinz beim Heere im Felde gewesen war.
Ein anderer Freudentag für die Armee war wieder der Geburtstag des von allen verehrten Generalleutnants von Lecoq, der abermals festlich begangen wurde. Die dabei gehaltenen Toaste verraten uns die Gefühle, welche die Herzen des kleinen Häufleins der Sachsen damals bewegten. Über die allgemeine Trauer wegen der Geschehnisse des verflossenen Jahres wagten einige Optimisten die Sonnenstrahlen der Hoffnung zu verbreiten.
Diese Hoffnung auf eine Wiederherstellung Sachsens in seinem alten Umfange hat sich ja nicht bewährt, und es muß anerkannt werden, daß König Friedrich August nie den Versuch gemacht hat, etwas zu ihrer Verwirklichung zu unternehmen[466], sondern sich ehrlich an den mit Preußen geschlossenen Frieden gehalten hat. Daß sie aber noch lange in Sachsen fortlebte, ist bekannt. Sie wurzelte so tief in den Herzen vieler Sachsen wie der Haß und die Verbitterung gegen Preußen wegen des erlittenen Unrechtes, zu dem sich auch noch Schmähungen und Verunglimpfungen gesellten. Um diesen letzteren entgegenzutreten, hat von Zezschwitz sich später veranlaßt gesehen, die Vorgänge bei der sächsischen Armee in den Jahren 1814 und 15 geschichtlich darzustellen. Im Jahre 1850, fünf Jahre nach seinem Tode, erschien diese Schrift im Druck unter dem etwas seltsamen Titel: „Aktenmäßige Darstellung der Königlich preußischen Dezimation des seinem Eide treugebliebenen sächsischen Heeres.“[467] Es ist dies die relativ beste und ausführlichste Quellenschrift[468] für die Geschichte des sächsischen Heeres in jener Zeit. Die schon erwähnte Abschrift des Manuskriptes, die sich in der Bibliothek der Kreuzschule [301] befindet, führt den bezeichnenderen Titel: „Die Trauerjahre der Königlich sächsischen Armee.“
Und in der Tat, es waren Jahre der Trauer, aber doch auch Jahre der Treue[469], und daß die Treue sich so bewährte, ist nicht zum mindesten das Werk der zwei in unserem Tagebuche so oft genannten Männer: Lecoq und Zezschwitz. Ihr Verdienst ist es, daß die Armee als Ganzes sich nicht lossagte von ihrem Könige und diesen damit im Festhalten an seinem guten Rechte bestärkte, ohne welches Sachsen heute kein selbständiges Glied im deutschen Reiche wäre. Dankbar haben König Friedrich August und sein Haus das Verdienst jener beiden treuen Sachsen anerkannt: Lecoq wurde nach dem Frieden kommandierender General der gesamten sächsischen Armee[470]. Er starb kinderlos im Jahre 1830 auf einer Reise nach dem Süden zur Wiederherstellung seiner Gesundheit zu Brieg in Wallis. „Auf Befehl des Königs [Anton] legte die Armee um diesen hochverdienten Mann, der namentlich in der schwierigen Periode von 1813–1815 Beweise einer entsagungsvollen Ergebenheit für seinen Landesherrn abgelegt hatte, eine 14tägige Trauer an.“ Der mehrfach genannte Graf von Holtzendorff hielt ihm die Grabrede. Zu Glies, am Fuße der Simplonstraße, wo er begraben liegt, hat ihm das sächsische Offizierskorps aus eigenen Mitteln ein prächtiges Denkmal errichtet[471].
Adolf von Zezschwitz wurde 1821 als Nachfolger Zeschaus Präsident der Kriegsverwaltungskammer und 10 Jahre später Kriegsminister. Er starb 1845 als Generalleutnant und Kommandant der Festung Königstein[472].
Bemerkung der Redaktion. Die Beurteilung, die der Herausgeber dieser Tagebücher in Übereinstimmung mit deren Verfasser manchen darin geschilderten Vorgängen zu teil werden läßt, weicht von den heutzutage auch in Sachsen geltenden Anschauungen über die Zeit der Befreiungskriege erheblich ab. Die Redaktion will nicht unterlassen, dies, bei voller Anerkennung der Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit der vom Herausgeber geleisteten Forscherarbeit, hiermit festzustellen.
- ↑ Geboren am 23. Sept. 1786 zu Dresden als dritter Sohn des 1804 verstorbenen Generalmajors und Kommandanten des Ingenieurkorps Ludwig Aster, trat 1805 als Kadett in das sächsische Heer ein, nahm an allen Feldzügen der folgenden Jahre teil, war zuletzt Chef der Kommandoabteilung des Generalstabes, bez. des Ministeriums, das er 1848 interimistisch zu leiten hatte, nahm 1849 seinen Abschied, wobei er den Charakter eines Generalmajors erhielt. Er starb am 15. Okt. 1869. Seine älteren beiden Brüder sind der 1778 geborene Ernst Ludwig von Aster, k. preuß. General der Infanterie, Generalinspekteur sämtlicher preußischen Festungen und Chef des Ingenieurkorps, und der 1782 geborene Karl Heinrich Aster, k. sächsischer Artillerieoberst und Militärschriftsteller, beide gestorben 1855. Nach Friedrich und Heinrich Aster ist die Asterstraße in Dresden-Neustadt benannt.[WS 1]
- ↑ Vgl. Schuster und Francke, Gesch. d. sächs. Armee, 2. Teil, S. 320 f.
- ↑ Patent vom 21. Juli 1813!
- ↑ Loc. 13 543 (früher Secreta Nr. 21 A u. B).
- ↑ Z. B.: A. Kummer, Erinnerungen aus dem Leben eines Veteranen d. sächs. Armee. – Friedr. Vollborn, Erlebtes während der Jahre 1808–1815. (Kriegsarchiv, Br. B. Nr. 149/06.)
- ↑ Danach wurden übergeführt: 135 Offiziere, 3898 Mann, 1081 Pferde und 19 Geschütze. – 700 Mann etwa vermochte v. Zeschau dem König wiederzuzuführen, das Gardebataillon schickte ihm Napoleon zu seinem persönlichen Schutze, wie er auch später die Kürassiere freiwillig entließ.
- ↑ Das versicherten ihnen auch die drei verbündeten Monarchen gleich nach dem Übergange (vgl. Gretschel-Bülau, Gesch. d. sächs. Volkes u. Staates, III. Bd., S. 521).
- ↑ S. Larraß a. a. O.
- ↑ S. Gretschel-Bülau a. a. O., S. 527.
- ↑ Vgl. L. F. Bucher, Der Feldzug des 3. deutschen Armeekorps in Flandern im Befreiungskriege des Jahres 1814, S. 3.
- ↑ Vgl. Albr. Graf v. Holtzendorff. Beiträge zur Biogr. d. Generals Frh. v. Thielmann, S. 137.
- ↑ Das Kriegsarchiv bewahrt in der v. Boseschen Sammlung (Militär. Nachlässe, Loc. 256) zwei geharnischte Erklärungen dieses wackeren Mannes auf, in deren zweiter, datiert Torgau, d. 28. Apr. 1813, es heißt: „Nie habe ich für die Franzosen gern und aus freiem Willen gefochten. Ich wünsche, wie jeder Deutsche, daß es nie wieder geschehen möchte und daß ich vielmehr mit meines Königs Befehl die Waffen gegen sie führen könnte. Sollte aber unser König anders befehlen, so werde ich, treu den Pflichten gegen meinen Herrn, auch mit Frankreich als für die Sache meines Königs fechten.“ – Wer das für Beschränktheit erklärt, wie es v. Petersdorff gelegentlich in seiner Biographie Thielmanns tut, der unterschätzt die altgermanische Tugend unbedingter Mannentreue; und wenn in einer Besprechung des Petersdorffschen Werkes in den „Forschungen zur Brandenburg. u. preuß. Gesch.“ (8. Bd. S. 298 Frh. v. Schrötter behauptet: „. . . wäre also Torgau nicht den Franzosen übergeben worden, so hätten Sahr und die Armee nicht in offener Feldschlacht überzugehen brauchen . . .“, so tut er Sahr großes Unrecht: der ist nicht mit übergegangen und wäre es gewiß auch nicht, wenn seine Verwundung bei Großbeeren ihn nicht gehindert hätte, bei Leipzig mitzufechten.
- ↑ Seine Behauptung, er habe Torgau „unter Heulen und Schreien des Volkes und den Tränen der Offiziere“ verlassen (Brief an seine Frau, dat. Hptquart. Wurschen, 13. Mai 1813; mitgeteilt in der Köln. Zeitg. vom 12. Febr. 1877) stimmt schlecht zu den anderen Berichten und ist wohl nur dem Bedürfnis entsprungen, seine Handlungsweise zu rechtfertigen.
- ↑ Es muß anerkannt werden, und sein König hat das, nicht mit Worten, doch mit der Tat getan, daß er sich in einer Zwangslage befand, für die er bei Napoleon kein Verständnis voraussetzen konnte.
- ↑ S. Herm. Oberreit, Beitrag zur Charakteristik des Gen. Frh. v. Thielmann, S. 26.
- ↑ S. Holtzendorff a. a. O., S. 139. Ferner Gretschel-Bülau a. a. O., S. 536 und endlich Th Flathe, Gesch. v. Sachsen, III. Bd., S. 249.
- ↑ „Gen. Joh. Ad. Frh. v. Thielmann. Ein Charakterbild aus d. napoleon. Zeit“, S. 247.
- ↑ Holtzendorff a. a. O., im Vorw. S. IX, u. Oberreit a a. O., S. 28 u. 29.
- ↑ Die Stellung war, wie scheint, viel begehrt; auch York machte sich Hoffnung darauf. In unserem Tagebuch wird unterm 11. Mai 1814 berichtet: „Früh kehrt Bucher zurück, der an General York nach Arras gesendet worden war. . . . . . General York hatte sich persönlich gegen Bucher sehr auffällig benommen; er hatte ihn nach einem Quartier in Dresden gefragt, da er Generalgouverneur von Sachsen würde.“
- ↑ Oberreit a. a. O. nennt es seine „Hauspolitik“.
- ↑ Vgl. Petersdorff a. a. O., S. 251, ferner Pertz, Das Leben des Ministers Frh. v. Stein, 4. Bd., S. 78.
- ↑ Schuster und Francke a. a. O., S. 370.
- ↑
„Wir leidens nicht, wir duldens nicht,
Daß fremde Kraft für uns’re ficht
Am neuen Siegestag.“So singt Fr. Ad. Kuhn in seinem „Rundgesang für die Landwehr der Sachsen bei ihrer Errichtung“. (Zwölf Lieder eines Sachsen niedergeschrieben im Januar d. J. 1814.)
- ↑ Er war 1812 als Generalmajor wegen geschwächter Gesundheit auf Wartegeld gesetzt, aber 1813 als „sächsischer“ Generalmajor reaktiviert worden, da er sich als Werkzeug der damaligen Machthaber gebrauchen ließ. Er trat an die Spitze des Ausschusses für die Landesbewaffnung und zog deshalb nicht mit ins Feld. (Vgl. P. Rachel, Das Dresdner Landwehrbataillon 1813/14. Dresd. Geschichtsbl. 1892, Nr. 2.)
- ↑ Über dessen kurze Geschichte vgl. Bucher a. a. O., S. 326 und Flathe a. a. O., S. 247 f. An den Feind ist es nicht gekommen, da es nicht schnell genug ausrückte, nur bei der Blockade von Mainz fand es noch eine kriegerische Verwendung.
- ↑ Chef des Kriegsdepartements im russischen Gouvernement für Sachsen, starb 1837 als Generalleutnant in preußischen Diensten. Es wurde ihm von mancher Seite sehr verdacht, daß er nicht mit auszog, um die Gefahren des Krieges zu teilen (v. Niesemeuschel an v. Gablenz, Tournay, 12. Apr. 1814, s. Kr.-A. Militär. Nachlässe, Loc. 256.)
- ↑ Über die Opfer, die Sachsen und Dresden im bes. damals brachte, finden sich interessante Zahlen in der Leipziger Zeitung vom 13. Febr. 1815 u. in der Allgemeinen Zeitung vom 3. März 1815. In Dresden wurden, außer 800 000 Mann, die in den Kasernen Quartier erhielten, vom 26. Febr. 1813 bis 31. Dez. 1814 reichlich 10 Millionen Mann Militär einquartiert und verpflegt (d. h. auf 1 Tag berechnet).
- ↑ Karl Christian Erdmann Edler v. Lecoq, geb. 28. Okt. 1767 zu Torgau als Sohn des kursächs. Glt. Joh. Ludwig v. Lecoq, trat mit 13 Jahren in die Armee ein, wurde mit 43 Jahren Generalleutnant, befehligte das sächsische Korps im russischen Feldzuge; Schöpfer der leichten Infanterie. – Am ausführlichsten handelt von ihm ein Artikel im 4. Bde. des Militär-Konversationslexikons[WS 2] von W. v. d. Lühe.
- ↑ S. Petersdorff a. a. O., S. 254.
- ↑ Vgl. Fr. Bülau, Geheime Geschichten und rätselhafte Menschen, X. Bd., S. 360 und Flathe a. a. O., S. 122.
- ↑ Über den begeisterten Empfang, den Lecoq und seine Schar in Torgau fanden, vgl. F. v. D. (= Friedrich v. Dreßler?), kgl. sächs. Hauptmann, Darstellung der Begebenheiten in Torgau usw. (Febr. bis Aug. 1813.)
- ↑ S. Gretschel-Bülau a. a. O., S. 516.
- ↑ Zezschwitz war auch bei Kobryn in russische Gefangenschaft geraten und erst Ende 1813 heimgekehrt.
- ↑ Sehr wenig zutreffend scheint mir Stein die beiden zu charakterisieren (s. Pertz a. a. O., S 81), wenn er Lecoq schwach und Zezschwitz intrigant nennt.
- ↑ Wilhelm I., geb. 1743, regierte von 1785–1807, wo er seines Landes von Napoleon beraubt wurde, und 1813–1821. Weiteres über ihn s. u. 31. Jan. 1813.
- ↑ Einige Bemerkungen die Behandlung des Textes betreffend: Wenn man sich erinnert, daß unser Tagebuch die wirklichen täglichen Aufzeichnungen enthält, die nur an wenig Stellen später verbessert worden sind, so wird man begreifen, daß es, weil im Felde, auf Reisen und in oft wechselnden Quartieren entstanden, viele äußere Mängel zeigt. Die Schrift ist vielfach sehr verblaßt, klein und gedrängt und darum schon schwer zu entziffern, wozu noch häufige Abkürzungen kommen, die der Verfasser allein leicht verstehen konnte. Die Orthographie, die recht mangelhaft ist, und die Interpunktion sind in dem Abdruck durchgehends dem neueren Gebrauche angepaßt, die Abkürzungen, auch der Titel und Namen, sind gewöhnlich aufgelöst, außer wo die Deutung zweifelhaft war. Auch sind nicht selten kleine Verbesserungen im stilistischen Ausdruck und im Satzbau vorgenommen worden, wo nämlich der beabsichtigte Sinn dadurch nur klarer wurde. Ergänzungen werden in [] gestellt, Weglassungen durch . . . . . . bezeichnet. Nicht verbessert wurden die der Zeit und Umgebung des Verfassers eigenen Ausdrücke, zu denen besonders auch viele in heute ungeläufiger Bedeutung gebrauchte Fremdwörter gehören, z. B. jemanden konstituieren (= zur Rede stellen), eine Presse exerzieren (= einrichten und unterhalten), kontrast (als Adjektiv) u. a. m.
- ↑ Ein Fräulein v. Schlotheim; sie war ihm von ihren Eltern gegen ihren Willen zugeführt worden und soll ihm 22 Kinder geboren haben, die z. T. unter dem Namen Hessenstein in den Grafenstand erhoben wurden. (Allg. deutsche Biogr. Bd. 43, S. 66.)
- ↑ Premierleutnant Fr. Leop. v. Heintz. – Es sei gleich hier bemerkt, daß es nicht immer möglich ist, die im Tagebuche genannten Personen näher zu bestimmen, u. zw. zunächst weil i. J. 1814 keine Rangliste erschien und die von 1815 sich auf den Stand nach der Teilung der Armee bezieht. Auch ein Hof- und Staatskalender wurde in diesen Jahren nicht gedruckt. Dann sind oft zwei oder mehr Personen des gleichen Namens da, von denen nicht zu entscheiden ist, welche an der betreffenden Stelle gemeint ist. Ein Versuch genauerer Bestimmung ist aber bei allen gemacht worden.
- ↑ Major Heinr. Wilh. v. Spiegel.
- ↑ Wolf Friedr. v. Lindenau.
- ↑ Karl Aug. Frh. v. Egloffstein, stand in herzogl. sächs. (weimarischen) Diensten, befehligte seit 12. April 1814 die noch verbleibende thüringisch-anhaltische Brigade des 3. dtsch. A.-K. und verteidigte am 31. März Tournay tapfer gegen die sechsfache Übermacht des Generals Maison. Er starb 1834 als großherzogl. sächs. Wirkl. Geheimer Rat und Generalmajor.
- ↑ Der bekannte Schriftsteller Herm. Ludw. Heinr. Graf (später Fürst) v. Pückler-Muskau. Thielmann hatte ihm den gewünschten Rang im sächsischen Heere verweigert, so war er 1813 in russische Dienste getreten und machte den Feldzug als Adjutant des Herzogs Bernhard von Weimar mit. Er zeichnete sich übrigens mehrfach aus.
- ↑ „Adolf [v. Zezschwitz] kann nicht genug sein Verhältnis zu dem General Borstell und überhaupt das treffliche Einverständnis mit den Preußen loben.“ (Jos. v. Zezschwitz an seine Schwiegermutter, im März 1814, vgl. „Mitteilungen aus den Papieren eines sächsischen Staatsmannes“, S. 347.)
- ↑ Nämlich in den Gefechten vom 2.–7. März, bes. bei Sweweghem (am 7. März).
- ↑ In seinem Tagesbefehl vom 8. März dankt der Herzog vor allem dem Generalleutnant v. Borstell und sagt dann: „. . . . Das vollkommen gute Einverständnis zwischen den königl. preußischen und sächsischen Truppen freut mich von Herzen. Es ist der sicherste Beweis, daß ein jeder nur den großen heiligen Zweck vor Augen hat, daß ein jeder Deutsche in dem andern nur seinen Bruder erkennt, der mit ihm für die Erhaltung der Freiheit des allgemeinen Vaterlandes Leib und Leben, Gut und Blut mit Freuden opfert.“ (Bucher a. a. O., S. 86.)
- ↑ Karl George Heinr. v. Naundorff, Prlt. im 3. Grenadierbataillon.
- ↑ Karl Christ. Hirsch, ebenfalls im 3. Grenadierbataillon.
- ↑ S. u. 16. Mai 1815.
- ↑ S. Bucher, S. 202.
- ↑ Wahrscheinlich der Prlt. George August Graf zu Solms und Tecklenburg.
- ↑ Prinz Paul von Württemberg, kaiserl. russischer General, hatte den Befehl über die thüringisch-anhaltische Division.
- ↑ Preußischer Major, Kommandant eines fliegenden Korps.
- ↑ Zwischen Tournay und Lille.
- ↑ Es war damals (30. Apr. 1814) folgendermaßen zusammengesetzt: a) Artillerie (Obstlt. Raabe): 7 Batterien mit 52 Geschützen, b) Kavallerie (Obst. v. Leysser): 3 Regimenter mit 13 Eskadrons, c) Infanterie (Glt. v. Lecoq): 15 Bataillone. (Vgl. v. Lettow-Vorbeck, Napoleons Untergang, 1. Bd., S. 493 Anm.)
- ↑ Ihr Bereich ging im Süden bis Main und Mosel, wo dann das der Armee des Oberrheins (unter Schwarzenberg) begann.
- ↑ General der französischen Republik, fiel im September 1796 im Alter von 27 Jahren bei Altenkirchen an der Lahn tödlich verwundet den Österreichern in die Hände und starb bald darauf.
- ↑ Vgl. Flathe a. a. O., S. 282.
- ↑ Generalmajor Heinr. Ad. v. Gablenz; er hatte die Landwehr aus den Niederlanden in die Heimat zurückgeführt.
- ↑ Kr.-A., Militär. Nachlässe, Loc. 256.
- ↑ Die Stimmung in Sachsen kommt deutlich zum Ausdruck in einem Artikel der Allg. Zeitung vom 30. Dez. 1814, der zwar erst ein halbes Jahr später geschrieben wurde (dat. Leipz., d. 17. Dez. 1814), aber doch auch für die hier behandelte Zeit gilt, insofern als erste Forderung die Rückkehr des Königs verlangt wurde.
- ↑ a b Wahrscheinlich Karl Theod. v. Larisch, Sousleutnant im Regiment Prinz Max, und Karl August Roch, Prlt. im Ingenieurkorps.
- ↑ Vgl. Frh. v. Müffling, Aus meinem Leben (Berlin, 1851), S. 205 f.
- ↑ Er trat später in preußische Dienste. Vgl. Anm. 1.
- ↑ Rgbez. Köln.
- ↑ Rgbez. Koblenz.
- ↑ Stein hatte im Okt. 1813 das Generalgouvernement Sachsen eingerichtet, das seitdem vom Fürsten Repnin im Auftrage[WS 3] des Kaisers Alexander verwaltet wurde.
- ↑ Die geringe Begeisterung des Verfassers für Stein erklärt sich daraus, daß dieser für den Anschluß ganz Sachsens an Preußen war.
- ↑ In den Ranglisten der sächs. Armee nicht zu finden.
- ↑ Fürst Nikolai Wolkonski, kaiserl. russ. Generalleutnant, nach seinem Großvater mütterlicherseits, der ihn adoptierte, Fürst Repnin genannt.
- ↑ Über die undeutsche Gesinnung der Bewohner des linken Rheinufers klagt auch Müffling (a. a. O., S. 204). Vgl. ferner v. Ollech, Gesch. d. Feldzuges v. 1815, S. 7.
- ↑ Marianne vom Stein, die Lieblingsschwester des Ministers, Äbtissin des Stiftes Wallerstein. (Allg. deutsche Biogr., 35. Bd. S. 614.)
- ↑ Friedrich Karl Adolf v. Lindemann, Oberstleutnant d. Kav., 1815 Generalintendant.
- ↑ Er kommandierte die leichte Infanterie und trat kurz nach Thielmann in preußische Dienste.
- ↑ Die Offiziere einiger Regimenter hatten sich in ihren Adressen auf eine Äußerung des Prinzen Max in Prag berufen, der einmal von der Unterstützung des Kaisers von Österreich und dann von mangelnden Beweisen der Anhänglichkeit der Armee gesprochen hatte. (A. v. Zezschwitz, Aktenmäßige Darstellung der kgl. preuß. Dezimation des seinem Eide treu gebliebenen sächs. Heeres, S. 238.) Vgl. auch unten 28. Sept. 1814.
- ↑ Desgleichen an Repnin. Dessen Antwort (s. Holtzendorff a. a. O., S. 265) und die Steins (Pertz a. a. O., S. 80) zeigen, wie ganz anders man jetzt auf Seiten der Verbündeten über politisierende Offiziere dachte als im Frühjahr 1813, da es galt, Thielmann und die sächsischen Truppen zu sich herüberzuziehen.
- ↑ Dieser war mit Thielmann, dessen Generalstabschef er auch 1813 gewesen war und dessen Verantwortung er zu teilen hatte, zu den Russen übergegangen, hauptsächlich wohl, um nicht gegen seinen Vorgesetzten Zeugnis ablegen zu müssen. Er hatte sich aber die Fähigkeit bewahrt, sich in die schwierige Lage seiner früheren Kameraden zu versetzen.
- ↑ Thielmanns Verdacht war besonders dadurch rege geworden, daß der österreichische, früher sächsische Hauptmann Wilh. v. Langenau, der als Kurier nach Aachen ging, dem sächsischen Korps gerade auf dem Marsche nach Marburg begegnet war und verschiedene alte Freunde, übrigens auch Thielmann selbst, besucht hatte. Trotz aller Behauptungen, die später in derselben Richtung aufgestellt worden sind, ist ein Einfluß Langenaus auf die Entschließung der sächs. Offiziere in jener Zeit nicht nachzuweisen, ja nicht einmal wahrscheinlich.
- ↑ Etwa soviel wie „Hans futsch“, nur daß der französische Ausdruck ein ganz ordinäres Wort ist, das Franzosen nicht einmal auszuschreiben[WS 4] pflegen.
- ↑ Wahrscheinlich Ludw. Ferdin. Bucher, der Verfasser des schon öfter zitierten „Feldzuges des 3. deutschen Armee-Korps in Flandern.“
- ↑ Hans Aug. Senft v. Pilsach, Kapit. d. Inf. und Brigadeadjut. des Gen. Lecoq.
- ↑ Es gab damals mindestens 4 Offiziere dieses Namens, doch ist hier wohl der oben (Anm. 61) genannte gemeint.
- ↑ Rgbez. Wiesbaden.
- ↑ Der oben genannte Verfasser der „Beiträge zu der Biogr. d. Gen. Frh. v. Thielmann“.
- ↑ Gen. v. Liebenau erklärte, mit sämtlichen Kavallerieoffizieren des Korps der Bestimmung des Glt. v. Lecoq folgen zu wollen. Er wurde im Dez. 1814 beurlaubt.
- ↑ S. u. Anm. 119.
- ↑ Thal-Ehrenbreitstein, gegenüber von Koblenz.
- ↑ Kapitän Karl Ernst Heymann.
- ↑ Kleists Generalstabschef; er hatte den Vortrag über alles, was das sächs. Korps betraf, übernommen. – 1851 erschienen seine Lebenserinnerungen („Aus meinem Leben“), worin (S. 203 ff.) eine sehr konfuse Darstellung seines Anteiles an der Adressenangelegenheit als auch (S. 210 ff.) des später erfolgenden Aufstandes der Sachsen in Lüttich gegeben wird. Offenbar ist das Buch erst lange nach den Ereignissen und ohne zuverlässige Unterlagen geschrieben.
- ↑ Der Zweck des Überganges bei Leipzig wurde von Müffling ganz verkannt, und dann waren ja durchaus nicht alle, denen hier der Vorwurf der Inkonsequenz gemacht wurde, an dem Übergange beteiligt, z. B. weder Zezschwitz, der noch in Rußland gefangen war, noch Lecoq, der in jener Zeit in Dresden weilte.
- ↑ Die neue Adresse war nur dem Wortlaut nach von der ursprünglichen verschieden, der Sinn blieb ganz derselbe. (Vgl. Holtzendorff, a. a. O., Beilage 64.) Die sächsischen Offiziere konnten[WS 5] also unbedenklich dieses Zugeständnis machen. (Vgl. auch A. v. Zezschwitz, a. a. O., S. 186 u. 193.)
- ↑ Generalmajor Xaver Gust. Reinh. v. Ryssel (I) hatte bes. den Übergang bei Leipzig betrieben und schließlich durch sein Beispiel die Infanterie mit fortgerissen (vgl. Aug. Kummer, a. a. O., S. 33). Er trat im April 1815, noch vor der Teilung der Armee, in preußische Dienste und trug durch sein Erscheinen in preußischer Generalsuniform wesentlich zur Erregung der Gemüter kurz vor dem Lütticher Aufstande bei. (S. Friedr. Vollborn, a. a. O., S. 41.)
- ↑ Karl Bernhard, Prinz zu Sachsen-Weimar, hatte schon bei Wagram im sächs. Heere mitgefochten, war seit 1812 Oberstleutnant im Grenadierregiment, machte den flandrischen Feldzug als Oberst im sächs. Heere mit. – Vgl. ferner unten Anm. 215.
- ↑ Worin dieses bestand, bleibt unklar.
- ↑ S. o. S. 212.
- ↑ Karl Aug. Jakob v. Watzdorff war noch 1813 Major d. Kav. im sächs. Diensten gewesen.
- ↑ Karl Christian Frh. v. Linsingen.
- ↑ Die sächsischen Truppen wurden aus Magazinen, und zwar sehr schlecht und ungenügend, verpflegt. Doch war das nicht Thielmanns Schuld, der sich vielmehr ernstlich bemühte, diesem Übelstande abzuhelfen. (Holtzendorff, a. a. O., S. 165.)
- ↑ Rgbez. Trier.
- ↑ Friedrich August weilte als Gefangener seit Aug. 1814 in Friedrichsfelde bei Berlin, während ihm vorher Berlin selbst als Aufenthaltsort angewiesen worden war.
- ↑ Die Prügelstrafe war beim sächs. Heere noch in Gebrauch, beim Banner aber ausgeschlossen.
- ↑ Es handelt sich um das am 27. September begonnene Korpsmanöver bei Pollich vor dem General Kleist.
- ↑ Rgbez Koblenz.
- ↑ Joh. v. Römer, kommandierte das Gardebataillon noch zur Zeit seiner Auflösung im Mai 1815.
- ↑ Heinr. Ad. Sahrer v. Sahr.
- ↑ S. o. Anm. 84.
- ↑ S. o. S. 211.
- ↑ Von hier an bis S. 221 rekapituliert der Verfasser, was in der Zeit seiner Abwesenheit sich beim Heere zugetragen hat.
- ↑ Bei dem Festmahle, das Thielmann in Koblenz gab, brachte er einen Toast aus auf die baldige Vereinigung des ganzen protestantischen Norddeutschland unter dem Szepter Friedrich Wilhelms. Mit eisigem Schweigen nahmen die sächsischen Offiziere diesen Toast auf, und der und jener goß sogar den Inhalt seines Glases auf den Teller aus. Thielmann schäumte vor Wut und sprach tags darauf, daß es noch andre Festungen gäbe außer dem Königstein; der war nämlich den Verbündeten nicht übergeben worden.
- ↑ Es ist wohl Hans Karl v. Langen gemeint, der 1813 noch Kapitän im Regiment König war.
- ↑ Der Vorfall löste eigentlich nur die latenten Stimmungen und Verstimmungen aus.
- ↑ Es handelt sich um die Nr. vom 21.–29. Juli 1814. Man bedenke, welches Ansehen der Rheinische Merkur genoß. Napoleon nannte ihn „die fünfte Großmacht“, die gegen ihn in Waffen getreten sei. (Vgl. Salomon, Gesch. d. dtsch. Zeitungswesens, 3. Bd., S. 35.) Nach Vollborn (a. a. O. S. 26) schrieb damals Lecoq eine kleine Broschüre, die unter dem Titel: „Der aufrichtige Sachse an seine deutschen Brüder. 1814“ im Druck erschien, und zwar als Antwort auf die Artikel im Rhein. Merkur.
- ↑ Erst 1768 hatte Friedrich August die selbständige Regierung übernommen und dann in einer langen Zeit des Friedens den Wohlstand des Landes wieder gehoben.
- ↑ Wahrscheinlich Maximilian v. Dziembowski. (In der Rangliste von 1813 wird auch noch ein Anton v. Dziembowski als Kapitän bei der Garde genannt.)
- ↑ Abgedruckt bei A. v. Zezschwitz a. a. O., S. 235.
- ↑ Nach 1813 hatte Thielmann den preußischen und russischen Generalen gegenüber erklärt: „So sehr der General Thielmann die Sache Deutschlands für die Sache der Menschheit und also für die heiligste hält, so sehr glaubt er, daß das Band zwischen Untertan und Fürst nächstdem das Heiligste ist.“ Das war, als er sich noch weigerte, den Verbündeten die Tore Torgaus zu öffnen! (Vgl. Petersdorff a. a. O., S. 188.)
- ↑ Dietrich Aug. Sahrer v. Sahr.
- ↑ Hier ist wohl nicht der oben (Anm. 80) genannte Brigadeadjutant, sondern der Bannerhauptmann dieses Namens gemeint.
- ↑ Schwarzenbergs Generalstabschef. Er war 1813, nachdem der König Friedrich August sich wieder für Napoleon erklärt hatte, aus sächsischen in österreichische Dienste getreten. (Vgl. Wurzbach, Biogr. Lexikon des Kaisertums Österreich, 14. Teil.) Er hatte den Anschluß Sachsens an Österreich besonders betrieben und wirkte auch nach seinem Übertritte noch in Österreich zu gunsten Sachsens. Er war ein Bruder des oben (Anm. 77) genannten Hauptmanns v. Langenau und sehr befreundet mit dem Obersten Zezschwitz (s. „Aktenmäßige Darstellung u. s. w.“, S. 227).
- ↑ S. o. 14. Spt. – Der Verfasser beurteilt die beiden deutsch fühlenden Männer v. Vieth und v. Carlowitz gar zu sehr vom Standpunkte seines gekränkten Generals aus.
- ↑ Sicher unterblieb die angedrohte Abberufung Lecoqs und Zezschwitzens nicht „auf Verwendung“ Thielmanns, wie Flathe es darstellt (a. a. O., S. 273), der den Verlauf der Adressenangelegenheit ebenso ungenau wiedergibt wie seine Quelle (Pertz a. a. O., S. 82), der er sich hier sehr eng anschließt.
- ↑ Dieser unchristliche Wunsch widerspricht durchaus dem Charakter des Verfassers. Wenn er nicht auf den Einfluß des leidenschaftlichen Lecoq zurückzuführen ist, beweist er, wie tief die Erbitterung gegen Thielmann bei den sächsischen Offizieren ging.
- ↑ Stabsmedikus Heinr. Aug. Schöne.
- ↑ Vatersschwester des Königs Friedrich August, geb. 1736; sie hatte auch 1813 in Dresden ausgehalten.
- ↑ Der Kirchenhistoriker D. Ludw. Wachler; seine Schrift: „Einiger kgl. sächs. Gardisten Freveltaten u. s. w.“ (Marburg 1814. 120) bezieht sich auf obigen, bei Petersdorff (a. a. O., S. 271) ausführlich geschilderten Streit zwischen Marburger Studenten und sächsischen Soldaten und Offizieren.
- ↑ Unter diesem Titel führt Flathe (a. a. O., S. 276) eine antipreußische Schrift des Göttinger Professors Sartorius („unter der Maske eines preußischen Patrioten“) an, Klüber dagegen, in den „Akten des Wiener Kongresses“ (VII. S. 235) eine anonyme antisächsische, die Ende Dezember 1814 handschriftlich unter den Kongreßmitgliedern zirkulierte. Welche von beiden hier gemeint, ist nicht festzustellen.
- ↑ Wohl wegen der noch sehr stark französischen Stimmung der Bewohner der Rheinlande (s. o. Anm. 70).
- ↑ Nach Müffling (a. a. O., S. 200) ein grober und aufgeblasener, aber ehrlicher Mann.
- ↑ Ad. Gottlob Ehrenreich Aug. v. Ziegler und Klipphausen, Oberst d. Kav. und (1815) Generaladjutant.
- ↑ Prlt. Heinr. Alex. v. Criegern; die hier erwähnte Entgegnung ist wohl identisch mit der „Darstellung der Marburger Schlägerei“ (dat. Koblenz, d. 24. Okt.!), die in der Lpz. Zeitung vom 31. Okt. 1814 erschien.
- ↑ Es ist anzunehmen, daß dies auf Kleists Veranlassung geschah, der im Nov. 1814 (s. u. 22. Nov.) eine ähnliche Bekanntmachung, worin er zugleich seiner Achtung für Lecoq Ausdruck gab, in die sächsischen Blätter einrücken ließ (vgl. HStA. Loc. 2549. Akta, Bekanntmachung der in Dresden erschienenen Armeenachrichten betr. 1814–1815), die z. B. zu finden ist in der Lpz. Zeitung vom 3. Dez. 1814. – Bei der Gelegenheit sei auf einen interessanten Brief Kleists an Lecoq verwiesen (dat. Burtscheid b. Aachen, 9. Juli 1815, also nach den bedauerlichen Ereignissen in Lüttich!), worin Kleist von seiner unveränderlichen guten Meinung vom sächsischen Korps spricht (Kr.-A., Loc. 825. Affaire in Lüttich. Mai 1815).
- ↑ „Jakob und seine Söhne“ (= „Joseph in Egypten“) von Mehul, 1807 zum 1. Male aufgeführt, 2. Akt.
- ↑ Fr. Heinr. v. Koppenfels, Souschef des Generalstabes des sächs. Korps, war schon 1813 Chef des Generalstabes der Division Lecoqs gewesen.
- ↑ Karl Ludw. Schade, Brigadeauditeur.
- ↑ Gg. Fr. Ludw.[WS 7] Gotthelf v. Trosky.
- ↑ Wahrscheinlich Emil Reiniger, der dem Heere angehörte, aber nicht als Offizier; denn er findet sich in keiner Rangliste; s. u. 6. Nov. (Anm. 149.)
- ↑ Vgl. O. Richter, Ursprung der Sachsenhymne, in den Dresdner Geschichtsblättern Bd. 1, S. 147. A. Kummer (a. a. O., S. 104) erzählt, daß er in Höchst am 28. Juli 1815 mit russischen Offizieren „Den König segne Gott“ gesungen hätte.
- ↑ 1. Bat. d. 3. Linienregiments.
- ↑ Prlt. d. Artill. Joh. Karl Christian Krinitz.
- ↑ Slt. Aug. Alb. Oertel.
- ↑ Der Kommandant des Artilleriekorps Gust. Ludw. Ferd. Raabe, später (Mai u. Juni 1815) immer als Oberst bezeichnet, obwohl sein Oberstenpatent erst vom 14. Juli 1815 datiert ist. Wahrscheinlich ist er unter der preußischen Verwaltung schon Oberst geworden, was nicht ohne weiteres nach der Teilung der Armee anerkannt worden ist.
- ↑ Karl Moritz Birnbaum, von der reitenden Artillerie.
- ↑ Jakob Andreas Herm. Oberreit, Kapitän d. Inf., war früher Thielmanns Sekretär gewesen, wurde später Direktor der Plankammer. Er veröffentlichte den oben (Anm. 15) zitierten „Beitrag zur Charakteristik des Gen. Frh. v. Thielmann“ Dresden, Hilscher, 1829).
- ↑ Karl Ad. Valentin v. Lindt, Hptm. im Grenadierregiment.
- ↑ Ernst Ferdin. Aster, Slt. im Artilleriekorps, der dritte Bruder des Verfassers. Der Pastor war sein Quartierwirt in Mertloch bei Pollich.
- ↑ Neben ihm General v. Gaudi als Militärgouverneur; die Übergabe der Verwaltung fand am 8. Nov. statt.
- ↑ Sie hatte bis zum Juli 1814 unter russischem Kommando (Wallmoden) gestanden und war dann zur Hälfte etwa (5700 M.) dem 3. dtsch. A.-K. zugeteilt worden, wie unser Tagebuch unterm 13. Juli 1814 berichtet. (Vgl. auch Petersdorff a. a. O., S. 265.)
- ↑ Geb. v. Raußendorf, die erste Frau Louis Asters.
- ↑ Ein Bruder König Friedrich Wilhelms III., welcher letztere sich jedoch dem oben erwähnten Plane widersetzt haben soll.
- ↑ S. o. Amm. 135. – Das Gedicht ist wahrscheinlich dasselbe, das anderwärts (z. B. Gretschel-Bülau a. a. O., S. 596) unter dem Titel: „Vom Verblühen der sächsischen Raute“ zitiert wird. Es entstand, als Thielmann am 30. Okt. 1814 auf der Parade den Offizieren verkündet hatte: „Meine Herren! Ihr Schicksal ist entschieden, Sachsen ist mit Preußen vereinigt!“ (Flathe a. a. O. S. 330.) Nach Holtzendorff (a. a. O., S. 167 Anm.) ließ Thielmann den Verfasser kommen und verwies ihm diese Richtung seiner Muse, da sie ihn auf den Sandhaufen oder in die Festung führen würde. Das stimmt also nicht mit der Darstellung, die unser Tagebuch oben angibt. – Vgl. auch unten, Anm. 196.
- ↑ S. o. Anm. 129 u. 87.
- ↑ Wahrscheinlich der vom 18. Sept. 1814, abgedruckt bei A. v. Zezschwitz a. a. O., S. 252.
- ↑ Dieser unterhielt in Steins Interesse Beziehungen zum Rhein. Merkur (s. Petersdorff a. a. O., S. 266). In seinem Tagesbefehl vom 31. Juli 1814 (s. o. Anm. 114) hatte er die Preßfreiheit als „das Palladium der Freiheit der Völker und das schönste Kleinod der errungenen Siege“ gepriesen. Jetzt kam die Ernüchterung. (Vgl. Salomon a. a. O., S. 29.)
- ↑ Abgedruckt in der Leipziger Zeitung vom 14. Nov. 1814.
- ↑ Graf Alexis de Noailles, französischer Bevollmächtigter auf dem Wiener Kongreß, gest. 1835.
- ↑ Der Sinn dieses Abdrucks scheint der zu sein, daß das Blatt bisher nur bei den Gegnern Sachsens Widerhall und Beifall gefunden hatte.
- ↑ S. o. Anm. 130.
- ↑ Wahrscheinlich der Kapitän d. Kavall. Johannes v. Minckwitz, der schon 1813 zum Generalstabe gehörte und 1815 im Stabe des Herzogs von Koburg angestellt war (s. u. 26. Juni 1815).
- ↑ Karl Heinrich Aster, der zweite Bruder des Verfassers, zu jener Zeit Kpt. d. Artill. (s. o. Anm. 1.) Er war sich damals nicht klar, ob er in sächsischen Diensten bleiben sollte.
- ↑ Ein späterer Brief beruhigte den Verfasser über den „Patriotismus“ seiner Mutter (s. u. 8. Dez. 1814).
- ↑ Sie fühlten sich zu scharf behandelt (vgl. Kr.-A., Geheime Dienstschriften mit fremden Behörden u. s. w., Loc. 884). Die Sache war an sich unwichtig, scheint aber der Anlaß zu Liebenaus Beurlaubung gewesen zu sein (s. o. Anm. 84).
- ↑ Gemeint ist die „Rechtsverwahrung Sr. Maj. des Königs von Sachsen gegen die Kgl. preußische provisorische Besitznahme seiner Staaten und gegen jede Verfügung über dieselbe“, dat. Friedrichsfelde bei Berlin, d. 4. Nov. 1814. (S. Klüber a. a. O., S. 27.)
- ↑ S. o. Anm. 12.
- ↑ Das war der Anfang zur Verlegung der sächs. Truppen aus der Nähe der österreichischen (s. u. 18. Jan. 1815).
- ↑ Kurt Hildebrand v. Einsiedel, Kommandant des 1. Linienregiments.
- ↑ Hans Aug. v. Seydewitz, Oberst und Kommandant des 2. Linienregiments.
- ↑ S. o. Anm. 80
- ↑ Worum es sich handelt, wird nicht klar, vielleicht hatte Lecoq infolge der Behauptung Thielmanns, alles zu erfahren, was bei Lecoq gesprochen würde (s. o. 3. Dez. 1814), seinen Brigadeadjutanten im Verdachte, nicht diskret genug gewesen zu sein.
- ↑ Die zweite Schwester des Verfassers, heiratete 1816 den Artilleriehauptmann Wilh. Leonhardi.
- ↑ S. o. Anm. 159.
- ↑ Georg Friedrich Lemaistre war 1810–1813 Sekretär im Bureau des Generalstabes des Königs gewesen, sollte bei der Reorganisation des Heeres i. J. 1813 Kanzleidirektor des Herzogs von Weimar werden, wurde aber auf Carlowitzens Betreiben wieder von der Liste gestrichen (s. Rangliste 1813, S. 10 u. Petersdorff a. a. O., S. 254). Was ihn 1814 nach Koblenz führte, ist nicht zu ersehen.
- ↑ Kabinettsminister Friedr. Christ. Ludw Graf Senfft v. Pilsach. Er hatte das äußere Schicksal Sachsens bis zum Wiederanschluß des Königs an Napoleon geleitet und gemeinsam mit Langenau den Vertrag mit Österreich zustande gebracht, der nur noch unterzeichnet zu werden brauchte, als der unglückliche Ausgang der Schlacht bei Lützen den König wieder auf Napoleons Seite drängte.
- ↑ Wie richtig diese Vermutung war, bestätigt die abschließende Untersuchung W. Onckens: „Graf Metternich und Graf Senfft“ im 2. Bde. seines Werkes: „Österreich und Preußen im Befreiungskriege. Urkundliche Aufschlüsse über die polit. Gesch. d. J. 1813,“ bes. S. 248 u. 269, woraus hervorgeht, daß Sachsen von vornherein als „Schlachtopfer“ bestimmt war, weil es als Ausgleichsobjekt gegen Polen günstig lag, und daß es nur deshalb ganz anders als die anderen Rheinbundstaaten, besonders Bayern, behandelt wurde.
- ↑ Sein Übertritt in preußische Dienste erfolgte erst im Apr. 1815.
- ↑ Tochter des Kurfürsten Friedrich August II., Äbtissin zu Essen und Thorn.
- ↑ Wahrscheinlich der Prlt. und Brigadeadj. Joh. Fr. Wilh. v. Brause, ein intimer Freund des Verfassers.
- ↑ Gehörte zu Steins Bureau zur Zeit des Wiener Kongresses. Der Brief war an einen Hofrat in Neuwied gerichtet.
- ↑ Es wird der General gemeint sein; s. o. Anm. 118.
- ↑ S. o. Anm. 55.
- ↑ Die Wichtigkeit dieses Entschlusses ist unverkennbar. Um ihn gerecht zu beurteilen, muß man sich vergegenwärtigen, daß die Sachsen nur gezwungen unter preußischem Oberkommando standen und daß der Kaiser von Österreich ja auch einer der Verbündeten war, denen sie Treue gelobt hatten. Vom militärischen Standpunkte aus dürfte jedoch der Schritt nicht zu rechtfertigen sein. Die Tatsache der geheimen Verbindung des sächsischen Heeres mit Österreich ist übrigens bisher nirgends deutlich nachgewiesen worden. Andeutungen, die aber nicht durch genauere Angaben gestützt sind, finden sich in einem Briefe des Prinzen Anton an den König vom 2. Jan. 1815, den K. v. Weber in seiner Abhandlung über den Kabinettsminister Grafen v. Einsiedel (Archiv f. sächs. Gesch., 1. Bd., S. 104) zitiert: „. . . . . le bon roi de Bavière croit à la guerre; toute l’armée autrichienne la désire; on a déjà au reste sous main nos troupes, lesquelles alors se joindraient tout de suite aux Bavarois (malgré leur commandant Thielmann).“ Flathe a. a. O., S. 330, spricht davon, daß Thielmanns Wachsamkeit es nicht verhindern konnte, „daß unter dem Offizierskorps geheime Verabredungen für gewisse Eventualitäten getroffen wurden“, womit er wohl nur wiedergibt, was Holtzendorff, der zu den Eingeweihten gehörte, in seiner Biographie Thielmanns (S. 171) deutlicher sagt mit den Worten: „Als der Ausgang des Kongresses zweifelhaft erschien, waren trotz der großen Wachsamkeit und des lebendigen Mißtrauens Thielmanns doch alle Veranstaltungen bei dem Korps getroffen, um eintretenden Falles augenblicklich und kräftig die Maßregeln ergreifen zu können, welche dann Pflicht und Ehre geboten haben würden.“ Hierauf fußen alle späteren Behauptungen, besonders auch die von preußischer Seite (vgl. v. Lettow-Vorbeck a. a. O.). Unser Tagebuch bringt in den folgenden Partien zum ersten Male volles Licht in die Sache. Daß übrigens Thielmann nicht so ganz ahnungslos war, zeigen zwei seiner Briefe aus der Zeit an seine Frau und an GMj. v. Ryssel (s. Petersdorff a. a. O., S. 279).
- ↑ Prlt. Karl August Pommrich.
- ↑ Spielmann gehörte auch zum österreichischen Generalstab.
- ↑ Gemeint ist wohl die „Schwarze Legion der Rache“ des Braunschweiger Herzogs Friedrich Wilhelm.
- ↑ Ein Volksausdruck, der soviel wie „ärgern, drangsalieren“ bedeutet und noch heute, z. B. in der Gegend von Zwickau, gebräuchlich sein soll.
- ↑ Während des Feldzuges von 1814. Krauseneck befehligte die beiden in Mainz liegenden Infanterieregimenter (vgl. v. Ollech a. a. O. S. 7).
- ↑ Joh. Frh. v. Frimont, bald darauf General d. Kav., kommandierte die österreichischen Truppen in Mainz.
- ↑ Der Hauptmann W. v. Langenau (s. o. Anm. 77 u. 118) gehörte ebenfalls zum österreichischen Generalstab.
- ↑ Wahrscheinlich Christ. Fr. Gottlieb von Petrikowski, bei der leichten Infanterie.
- ↑ Die erste wird genannt bei Gretschel-Bülau (a. a. O., S. 567), die letzten beiden führt auch Klüber (a. a. O., S. 236) auf.
- ↑ Friedr. Karl Herm. v. Weißenbach.
- ↑ Jak. Klemens Bärend, Slt. im Ingenieurkorps.
- ↑ Mj. d. Artill. Friedr. George v. Großmann.
- ↑ Ferd. Ant. Ludw. Erasmus v. Könneritz, s. u. Anm. 212.
- ↑ Robert Gemelka von Grünenwald.
- ↑ Christ. Gottlob Friedr. Eckhardt, vom Kürassierregiment.
- ↑ Karl Friedr. Wilh. v. Milckau.
- ↑ Ob er identisch ist mit dem oben (6. Nov.) genannten Emil Reiniger, ist nicht festzustellen. In den Ranglisten von 1813 und 1815 findet sich auch kein Chirurg Reiniger, es werden da aber nicht alle angestellten Chirurgen namentlich genannt. Bei Gretschel-Bülau (a. a. O., S. 634) wird ein Dichter Ernst Reiniger erwähnt.
- ↑ Aen. I, 609.
- ↑ Wallensteins Tod V, 3.
- ↑ Vgl. oben, 18. Dez 1814. – Die letzte der hier genannten wird ebenfalls bei Klüber, a. a. O., erwähnt. Ein Auszug daraus findet sich in der Allgem. Zeitung vom 10. Juni 1815, Beilage Nr. 4. Nach Gretschel-Bülau, a. a. O., S. 536 Anm., hat sie den Grafen Albrecht von der Schulenburg zum Verfasser, der die sächsischen Interessen in Wien vertreten sollte.
- ↑ Gottlieb Heinr. Güntz.
- ↑ Joh. Thim. Maxim. v. Dallwitz, beim Grenadierregiment.
- ↑ Ernst Friedr. Marschall v. Bieberstein, beim 1. leicht Inf.-Rgt.
- ↑ Der Diener des Verfassers.
- ↑ Das Kantonnementsquartier der beiden genannten Offiziere.
- ↑ Kapit. d. Artill. George Aug. Wilh. Eppendorf, genoß besonderes Vertrauen beim König, war 1813 Adjoint im Generalstabe des Königs, begleitete 1815 die Prinzen Friedrich und Klemens zum Heere.
- ↑ Am 6. Jan. 1815 schlossen wirklich Österreich, Großbritannien und Frankreich zu Wien einen Allianzvertrag gegen Rußland und Preußen (vgl. Klüber, a. a. O., S. 77), der aber keine Folgen hatte, da sich die Mächte schließlich einigten, Sachsen zu teilen.
- ↑ D. i. der General Langenau (s. o. Anm. 118).
- ↑ Soll wohl heißen in Civil.
- ↑ Der Sousintendant Gust. v. Nostitz.
- ↑ Bei Bonn, wo Zezschwitz sich mit dem Hauptquartier befand.
- ↑ Scheint etwas wie der Sekretär des Generals Lecoq gewesen zu sein.
- ↑ S. o. Anm. 192. – Es handelt sich wohl um seinen möglichen Austritt aus sächsischen Diensten, doch hat er sich schließlich entschlossen, in Sachsen zu bleiben.
- ↑ Er hatte 1813 (s. o. Anm. 76) in aller Form um seinen Abschied gebeten, der ihm auch später in Gnaden bewilligt wurde. Wenn er nicht wieder in sächsische Dienste trat, sondern (wie Thielmann) in preußische, so war wohl für ihn der Umstand mitbestimmend, daß Sachsen für sein Spezialfach, den Festungsbau, ein zu kleines Feld der Betätigung bot.
- ↑ Kaiser Alexander?
- ↑ S. o. Anm. 92. – Der Prinz verließ das Korps, um nicht, bei einer Abberufung Lecoqs, „das Kommando der Brigade auf diese Art aus den Händen des Generals Lecoq übernehmen zu müssen.“ (Militär-Konversationslexikon von Wilib. v. d. Lühe, IV. Bd. S. 574.)
- ↑ Dieser oben (Anm. 60) schon erwähnte Artikel richtet sich besonders gegen die Behauptung, daß es den Sachsen vor allem darauf ankomme, ungeteilt zu bleiben, gleichviel von wem sie regiert würden. In diesem Sinne hatte man die Bevölkerung aufgefordert, Petitionen an den Wiener Kongreß abzuschicken. Indessen, sagt der Artikel, „im Namen jedes rechtschaffenen Sachsen können wir beteuern, daß die Nation nie den Wunsch der Integrität von dem Wunsche der Selbständigkeit unter ihrem Könige trennen und auf die erste nur insofern Wert legen werde, als sie auch diese sich erhält.“
- ↑ Joh. Friedr. Heynitz.
- ↑ Christoph Gotthelf Krebs.
- ↑ Er wird sonst nicht weiter genannt. Vielleicht ist es der oben (Anm. 175) genannte Prlt. und Brigadeadjutant Joh. Fr. W. v. Brause.
- ↑ Dietrich v. Miltitz auf Siebeneichen, trat 1813 in russische, dann in österreichische Dienste, war nach der Schlacht bei Leipzig Mitglied des Gouvernements in Sachsen, befehligte zeitweilig die Reiterei des Banners, wurde 1815 preußischer Oberst, kehrte 1830 nach Sachsen zurück. (Allg. dtsch. Biogr.)
- ↑ D. h. wohl der Abdankung des Königs.
- ↑ Die ??? stehen im Texte.
- ↑ S. o. 5. Dez. 1814 (Anm. 163).
- ↑ Geh. Finanzrat Jul. Wilh. v. Oppel auf Krebs, hatte sich erst Repnin, später der preußischen Partei angeschlossen. (Vgl. dazu Gretschel-Bülau a. a. O. 535.)
- ↑ Soll wohl heißen: ersterer!
- ↑ Heinr. Ernst Aug. v. Warnsdorff, 1813 noch Oberst und Kommandant der Leibgrenadiergarde, 1815 nicht mehr in der Rangliste. Der Königstein hatte die ursprüngliche sächsische Besatzung.
- ↑ S. u. 4. Apr. 1815 (Anm. 337).
- ↑ Es ist nicht möglich festzustellen, wer damit gemeint ist.
- ↑ Graf Joh. Phil. v. Stadion-Thannhausen und Warthausen, geb. 1763 zu Mainz, wurde 1816 österreichischer Finanzminister.
- ↑ S. o. 5. Nov. 1814 (Anm. 148).
- ↑ Amalie Marianne, geb. Prinzessin von Hessen-Homburg.
- ↑ Fürst Alex. Nikolajewitsch Galizyn, geb. 1774, Jugendfreund und Ratgeber Alexanders I., mild und freisinnig, 1803 Oberprokurator des Synods, 1817 Minister des Kultus.
- ↑ Rgbz. Aachen.
- ↑ Rgbz. Köln.
- ↑ Rgbz. Koblenz.
- ↑ Karl Friedr. Anger, Obstlt. im Grenadierregiment.
- ↑ Sonst wäre auch Zezschwitz wohl nicht beim Korps verblieben.
- ↑ Jakob von Luxem, österreichischer Brigadegeneral, hatte den Glt. v. Lecoq auf der Durchreise am 6. und 9. Jan. 1815 besucht.
- ↑ Rgbz. Koblenz.
- ↑ Obgleich aus diesen Worten alles andere eher als eine Ermutigung zum Ungehorsam herauszulesen ist, so scheinen sie doch von mancher Seite so aufgefaßt worden zu sein. Darauf deutet eine Stelle bei Vollborn (a. a. O., S. 55) hin, wo der schon genannte Oberstleutnant Anger die Abschiedsworte Lecoqs als unheilvoll bezeichnet und auf ihre Wirkung z. T. die späteren groben Ausschreitungen zurückführt.
- ↑ Weit überschwenglicher und rührender als hier wird die Abschiedsszene in der Allg. Zeitung vom 7. Febr. 1815 (nach einem Bericht aus Koblenz vom 25. Jan.) geschildert, wobei es nicht ohne Ausfälle gegen Thielmann abgeht, obwohl der Bericht von einem Koblenzer Bürger geschrieben zu sein scheint.
- ↑ Wohl der oben, 28. Sept. 1814 (Anm. 104), erwähnte Heinr. Adolf Sahrer v. Sahr.
- ↑ Das spricht auch aus dem oben (Anm. 241) zitierten Artikel.
- ↑ In den Ranglisten von 1813 and 1815 nicht zu finden.
- ↑ Joh. Christ. Traugott Kalisch, Stabswundarzt.
- ↑ S. Klüber a. a. O., S. 236, wo kein Verfasser genannt wird. Vgl. dagegen unten Anm. 404.
- ↑ Wilh. Fürchtegott Herrmann.
- ↑ S. o. 15. Okt. 1814 (Anm. 124).
- ↑ Luise, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt, damals 58 Jahre alt.
- ↑ Christ. Sittig Frh. v. Knorr.
- ↑ Karl Friedrich, geb. den 2. Febr. 1783.
- ↑ Das Stück war schon 1778 als Zwischenspiel im „Triumph der Empfindsamkeit“ gespielt worden. Die Aufführung von 1815 brachte es selbständig mit der Musik von Eberwein. (Vgl. die Bemerkungen im 8. Bd. der Hempelschen Ausg. von Goethes Werken, S. 303, wo übrigens diese Neuaufführung auf den 3. Febr. verlegt wird, während sie nach unserem Tagebuche auf den 4. fiel.)
- ↑ Friedr. Ad. Ludw. v. Bismarck, gest. 1830 als preußischer Glt. a. D. (Vgl. Schöning, Die Generale der kurbrandenburg. u. kgl. pr. Armee, Berlin 1840.)
- ↑ Die Stimmung der Studenten war entschieden antipreußisch, was sich deutlich kundgab, als der Beschluß der Teilung Sachsens bekannt wurde. (Vgl. Bülau, Geh. Gesch. III, 364.)
- ↑ Vielleicht der Minister Graf Detlev v. Einsiedel. Sonst könnte noch einer der mindestens 8 Offiziere dieses Namens gemeint sein, aber welcher? ist nicht zu entscheiden.
- ↑ Leop. Herm. Ludw. v. Boyen, preußischer Kriegsminister seit Juni 1814.
- ↑ Gewiß hatte man ursprünglich daran gedacht, den General Lecoq durch ein verlockendes Anerbieten zu gewinnen. (Vgl. Allg. Zeitung vom 17. Febr. u. 2. März 1815, S. 191 u. 243.) Auf ähnliche Bestrebungen aus dem Jahre 1814 deutet Holtzendorff (a. a. O., S. 168 Anm.) hin.
- ↑ Anton Friedr. Karl v. Ryssel (II), der Intendant, der ganz in preußischem Interesse handelte und auch in preußische Dienste trat.
- ↑ Peter Heinr. Coudray, bei der Artillerie.
- ↑ S. o. Anm. 213.
- ↑ Wahrscheinlich Heinr. Ad. Buschbeck, beim Ingenieurkorps.
- ↑ Karl Gottlob August.
- ↑ Hans Ernst v. Globig, Mitglied der Immediatkommission.
- ↑ Friedr. Christian v. Liebenau.
- ↑ Entweder Christ. Heinr. Friedr. Graf zu Solms und Tecklenburg oder Otto Heinr. Ludwig Graf zu Solms auf Sonnewalde.
- ↑ Wohl Karl Aug. v. Ehrenstein.
- ↑ Es gab 4 Offiziere dieses Namens, einen beim Ingenieurkorps und drei bei der Artillerie; wahrscheinlich ist einer der letzteren gemeint, und zwar Friedr. Gust. Rouvroy, Direktor der Artillerieakademie.
- ↑ Ant. Ludw. v. Hanmann, Prlt. bei der Artillerie.
- ↑ GMj. d. Kavall. Karl Friedr. Ludw. v. Watzdorff, vom König dem Prinzen Max beigegeben (s. Flathe a. a. O., S. 312), 1813 Gesandter am Wiener Hof, 1815 Generaladj. des Königs.
- ↑ Die Kinder des Prinzen Max.
- ↑ Maria Anna Therese Josepha, jüngste Schwester des Königs.
- ↑ Welche? ist nicht zu bestimmen.
- ↑ Vgl. Bülau, Geh. Gesch III, 347.
- ↑ Jedenfalls der Kammerherr Peter Paul Graf Marcolini, der älteste Sohn des im Juli 1814 zu Prag verstorbenen Oberstallmeisters und Kabinettsministers Grafen Kamillo Marcolini.
- ↑ Wohl Polna-Stecken, jetzt Station der Eisenbahnlinie Wien-Mittelgrund.
- ↑ Es ist wieder der General gemeint.
- ↑ Sicher ist, daß Österreich es nicht Sachsens wegen auf einen Krieg mit Preußen ankommen lassen wollte.
- ↑ Karl Aug. Frh. v. Lützerode, Prlt. d. Kavall.
- ↑ Glt. Heinr. Wilh. v. Zeschau, hatte sowohl bei Leipzig treu beim Könige ausgehalten als auch ihn in die Gefangenschaft begleitet, wurde 1815 Chef der Geheimen Kriegskanzlei.
- ↑ Karl Rudolf Graf v. d. Schulenburg, kaiserl. österr. Kammerherr, früher in kgl. sächs. Diensten, war mit dem Anschluß Sachsens an Napoleon nicht einverstanden gewesen, in den Befreiungskriegen Adjutant des Fürsten Schwarzenberg. Schon nach der Schlacht bei Leipzig hatte er eine Mission beim König von Sachsen zu erfüllen, nämlich ihn zum Anschluß an die Verbündeten zu bewegen oder ihm eine würdevolle Behandlung zu verschaffen. (Vgl. Danneil, Das Geschlecht der v. d. Schulenburg, 2. Bd. S. 647.)
- ↑ Geh. Referendar Hans Aug. Fürchtegott v. Globig, Hof- u. Justitienrat.
- ↑ Marie Amalie Augusta, Tochter des Herzogs Friedrich Michael von Pfalz-Zweibrücken, Schwester des Königs von Bayern.
- ↑ Prinzessin Maria Augusta, einzige Tochter des Königs.
- ↑ Früher in sächsischen Diensten; die Abschiedsaudienz fand in Berlin am 23. Dez. 1813 statt. (Vgl. Bülau, Geh. Gesch. III, 343.)
- ↑ D. h. in Österreichisch-Schlesien; erst von Troppau an wurden dem König wieder königliche Ehren erwiesen.
- ↑ Die Prinzen Alfred und Eduard von Schönburg, die jüngeren Brüder des als Oberst in preußische Dienste getretenen Fürsten Otto Viktor von Schönburg. (Goth. Hofkal. 1815.) Auf dem Wiener Kongresse hatte das Haus Schönburg unter Ausnutzung der Ohnmacht Sachsens nicht ohne Erfolg seine rechtliche Stellung gegenüber Sachsen zu sichern gesucht.
- ↑ S. o. Anm. 241. – Die hier erwähnte Entgegnung ist aber nicht in der Allg. Zeitung zu finden.
- ↑ Karl Ludw. Friedr. Moritz Graf v. Brühl, Enkel des bekannten Reichsgrafen und sächsischen Ministers, geb. 1772 zu Pförten in der Niederlausitz, 1815 Generalintendant der königl. Schauspiele in Berlin.
- ↑ Konsistorialrat Friedr. Heinr. Siegm. Gust. v. Karlsburg, auf Schöneiche.
- ↑ Nikolaus Ungnad Graf Weißenwolf, zeichnete sich in den Feldzügen gegen Napoleon aus.
- ↑ Zu Lützerode s. o. Anm. 278, die anderen drei lassen sich nicht genauer feststellen, da es zu viel des gleichen Namens gab.
- ↑ S. o. Anm. 280.
- ↑ Es waren 4 Viertelsmeister erschienen: Buchhändler Rennthaler, Finanzsekretär Denhardt und die beiden Schönfärber Leonhardt und Voigt. (Bülau a. a. O., S. 347.)
- ↑ Im Palaste des Primas.
- ↑ Ordenssterne.
- ↑ Der erstere ist ein schwedischer Orden an gelbem Bande; die hier gegebene Beschreibung des Hosenbandordens ist ganz unzutreffend. Es scheint eine Verwechselung mit dem portugiesischen Christusorden vorzuliegen, dessen Großkreuz an rotem Bande auf der linken Hüfte getragen wird.
- ↑ Hofrat Dr. Friedr. Ludw. Kreysig, königlicher Leibarzt.
- ↑ Der Hofkalender gibt nur einen Beichtvater an, den apostolischen Vikar D. th. Joh. Alex. Schneider; mit dem anderen ist vielleicht der Hofkaplan Joh. Baumgarten gemeint.
- ↑ Soll vielleicht de Pauly (= Di Pauli?) heißen, ein Name, der auch sonst im Tagebuch vorkommt, ohne daß freilich die Persönlichkeit näher zu bestimmen wäre.
- ↑ Diese Nummer (vom 8. März 1815) enthält keinen derartigen Artikel, wohl aber wird darin von einer Rede Whitbreads, des Führers der Opposition im englischen Unterhause, gesprochen, die sich mit Bezug auf Sachsen gegen den Mißbrauch der Gewalt vonseiten derer richtete, die gerade seit Jahren „gegen den Mißbrauch der Gewalt an die Meinung der Menschen appelliert“ hätten.
- ↑ Thieriot, Meyer und Seyfferth (Bülau a. a. O., S. 347).
- ↑ Bei einigen Regimentern, bes. bei der leichten Infanteriebrigade unter GMj. v. Brause, hatte sich, auf eine voreilige Aufforderung Thielmanns hin (s. u. Anm. 303), eine Anzahl Offiziere für den preußischen Dienst erklärt, was das Vertrauen der Mannschaften stark erschütterte und so die späteren Vorfälle möglich machte. (S. u. Anm. 402.)
- ↑ Datiert Köln, am 22. Febr. 1815. (Abgedruckt bei A. v. Zezschwitz, Aktenmäßige Darstellung usw., S. 262.)
- ↑ Aug. Wilh. Graf v. Oertzen.
- ↑ Die Kavallerieoffiziere gaben zunächst gar keine Erklärung ab, sondern baten um Aufschub (27. Febr.). Später erst entschieden sich 5 Offiziere, die anderen erklärten, die Entscheidung des Königs abwarten zu wollen. (Rapport des Obersten v. Leysser an den Glt. v. Zeschau, 1. [?] Juni 1815: Kriegsarchiv, Loc. 825, „Affaire von Lüttich“.)
- ↑ Seine Note vom 11. März 1815 ist dem Tagebuch abschriftlich beigegeben; sie beginnt: „S. M. le roi de Saxe a vu avec la plus profonde affliction etc.“
- ↑ S. o. Anm. 281.
- ↑ Der Geh. Kabinettssekretär D. Karl Christ. Kohlschütter war der Verfasser der beiden Schriften: „Hat der König von Sachsen seinem Lande entsagt?“ und „Akten- und tatmäßige Widerlegung einiger der gröbsten Unwahrheiten und Verleumdungen, welche in der Schrift: Blicke auf Sachsen usw. enthalten sind?“ (Bülau a. a. O., S. 345 und Arch. für sächs. Gesch., 1. Bd. S. 101.)
- ↑ Der spätere König Ludwig I.
- ↑ Fälschlich für Oberlausitz. (Vgl. Bülau a. a. O., S. 347.)
- ↑ Detlev Graf v. Einsiedel, sächsischer Kabinettsminister seit dem 14. Mai 1813, nachdem Graf Senfft zurückgetreten war.
- ↑ Über das Märchen von seiner Bestechung durch den König von Sachsen vgl. Arch. f. sächs. Gesch., 1. Bd., S. 115. Der französische Hof interessierte sich aus verwandtschaftlichen Gründen für die Erhaltung der Dynastie in Sachsen, und Talleyrand benutzte die sächsische Frage, um für Frankreich im Wiener Kongreß Sitz und Stimme zu erlangen.
- ↑ S. o. Anm. 258.
- ↑ Friedr. Albr. Graf v. d. Schulenburg-Klosterroda, kgl. sächs. Gesandter in Wien und bevollmächtigter Minister am Wiener Kongreß.
- ↑ Georg Aug. Griesinger, Legationssekretär bei der sächsischen Gesandtschaft in Wien, verfaßte die „Apologie de Frédéric-Auguste“ (1814).
- ↑ Maria Theresia, Schwester des Kaisers von Österreich und Gemahlin des Prinzen Anton von Sachsen.
- ↑ Marquis Alexander Piatti, Obersthofmeister beim Prinzen Anton.
- ↑ Friedr. Ludw. Breuer, entwickelte eine reiche schriftstellerische Tätigkeit zu gunsten Friedrich Augusts. Am bekanntesten ist sein Exposé de la marche politique du roi de Saxe, abgedruckt bei Klüber, Akten des Wiener Kongresses, VII, 201–234. Ferner verfaßte er eine Art Tagebuch über die Schicksale des Königs von Sachsen vom 7.–26. Okt. 1813. (Vgl. Weber im Arch. f. sächs. Gesch., 1. Bd., S. 82 ff.)
- ↑ Minister des Auswärtigen in England seit 1812, die Seele des Kampfes gegen Napoleon.
- ↑ Das bestätigt, was Weber im Arch. f. sächs. Gesch., 1. Bd. („Detlev Graf v. Einsiedel“), S. 76 über das Verhältnis des Königs zu seinem Minister sagt: „Friedrich August . . . . . war überdies schon von Jugend auf, selbst seiner Mutter gegenüber, nicht geneigt, sich fremder Meinungsäußerung ohne eigene gewissenhafte Prüfung unterzuordnen, sich von irgendjemand beeinflussen zu lassen. Als der Graf v. Einsiedel in einem Alter von noch nicht ganz 40 Jahren zum Kabinettsminister erhoben wurde, hatte Friedrich August bereits mehr Jahre hindurch, als der Minister Lebensjahre zählte, selbständig das Szepter geführt usw.“
- ↑ Gemeint ist die Oppositionspartei im englischen Unterhause, die für Sachsen eintrat. (S. o. Anm. 300 und Franz Lubojatzky, Sachsens neun denkwürdige Jahre, S. 356.)
- ↑ Karl Alexander Nikol. Graf Vitzthum v. Eckstädt auf Kunnersdorf.
- ↑ S. o. Anm. 298.
- ↑ Ludw. Frh. v. Wolzogen, von Geburt Meininger, stand abwechselnd in württembergischen, preußischen und russischen Diensten, starb 1845 als preußischer General d. Inf.; bis Mai 1814 war er Generalstabschef beim 3. deutschen A.-K. gewesen. Durch seinen Bruder und dessen Frau Karoline, geb. v. Lengefeld, wurde auch er Schillers Schwager. (Vgl. seine Memoiren, Leipz. 1851, S. 5.)
- ↑ Erzieherin des jungen Königs von Rom.
- ↑ Der österreichische Generalmajor (bald darauf Feldmarschallleutnant) Adam Adalbert Graf v. Neipperg war Oberstallmeister der Kaiserin Marie Luise, die er nach Napoleons Tode heiratete.
- ↑ Diese Vorsichtsmaßregel war, wie man später sehen wird, sehr angebracht.
- ↑ Es gab damals 4 Kammerherren dieses Namens.
- ↑ Franz Anton Graf Kolowrat-Liebsteinsky, Oberstburggraf von Böhmen.
- ↑ Wahrscheinlich Klemens Wenzel Frh. v. Hügel, der sehr jung in die diplomatische Laufbahn eingetreten war. (Wurzbach, Biogr. Lexikon d. Kaisertums Österreich.)
- ↑ Aug. Wilh. v. Burkersroda, Prlt. der Kavallerie, trat 1815 in österreichische Dienste.
- ↑ Etappenkommandant in Limburg; von den 5 Offizieren dieses Namens könnte hier Mj. Heinr. Gottl. Erdmann v. Jeschki vom Grenadierregiment oder Mj. Wolf Friedr. v. Jeschki vom 2. leichten Infanterieregiment gemeint sein.
- ↑ Siegm. Georg Friedr. Aug. v. Wittern.
- ↑ Heinr. Ad. v. Altrock.
- ↑ So einfach war die Sache in keinem Stadium ihrer Entwickelung, weder damals noch später. Es bestanden große Unterschiede sowohl in der Haltung der Regimenter (s. o. Anm. 302 u. 305) als auch der einzelnen Offiziere innerhalb der Regimenter, woraus sich dann auch die später so verschiedene Haltung der Mannschaften bei den einzelnen Bataillonen und Waffengattungen erklärt. Ausführliche Angaben macht darüber Ad. v. Zezschwitz in seiner schon mehrfach zitierten „Aktenmäßigen Darstellung usw.“
- ↑ Für diese Annahme fehlt jeder Anhalt. Freilich war Metternich von aller Gefühlspolitik weit entfernt. Er machte nur österreichische Politik und brachte zuerst (in der Note an Hardenberg vom 22. Okt. 1814) im Interesse einer friedlichen Verständigung mit Preußen eine Teilung Sachsens in Vorschlag.
- ↑ Ernst I. war sehr energisch für den König von Sachsen eingetreten in seinem Schreiben an Lord Castlereagh, datiert Wien, 14. Okt. 1814 (s. Klüber a. a. O., S. 15 ff.), das in etwas veränderter Form und anonym in verschiedene öffentliche Blätter überging, z. B. in die Allg. Zeitung (4. Jan. 1815). Es war dieser Schritt vonseiten des Herzogs ein Akt der Dankbarkeit, da Friedrich August seinerseits sich (1807) für den Herzog verwendete, als Napoleon ihn, weil er russischer General war, absetzen wollte. (Vgl. Bülau, Geh. Gesch. III, 351.)
- ↑ Lecoq hatte den König von Sachsen um Rücksendung zur Armee gebeten, war aber von ihm an den König von Preußen verwiesen worden. (Vgl. Ad. v. Zezschwitz a. a. O., S. 266 f.)
- ↑ Diese phantastische Kombination zeigt, was man damals alles für möglich hielt.
- ↑ Bruder des bei Saalfeld gefallenen Prinzen Ludwig. Er ging nach Berlin, um die Rüstungen der Artillerie zu beschleunigen. 1815 hatte er die Festungsbelagerungen zu leiten. (Allg. dtsche. Biogr.)
- ↑ Die Einwilligung des Königs in die Teilung seines Landes erfolgte erst am 6. April, und auch dann noch bedingungsweise.
- ↑ Vgl. dazu v. Lettow-Vorbeck a. a. O., S. 498 f., wonach schließlich 6937 Mann preußisch wurden und 8008 Mann sächsisch blieben. Diese Zahlen stimmen aber nicht mit der im Kriegsarchiv (Loc. 893, Angelegenheiten betr. das der 3. deutschen Armee zugeteilte sächsische mobile Korps und Teilung Sachsens) aufbewahrten, von Zezschwitz an Lecoq geschickten Teilungsliste (Hagen, 31. Mai 1815), wonach 16 339 Mann zu teilen waren, von denen 4/9 preußisch werden, 5/9 sächsisch bleiben sollten.
- ↑ Ihr offizieller Übertritt erfolgte erst am 10. April.
- ↑ Nämlich von der Unterzeichnung des Königs.
- ↑ Die Sachsen waren enttäuscht, daß die Verbündeten ihren Wünschen gar keine Rechnung getragen hatten, trotzdem sie so große Opfer für die gemeinsame Sache gebracht hatten.
- ↑ Vgl. dazu oben, Anm. 130. – Das Korps kam vom 2. April an unter Gneisenaus, später unter Blüchers Befehl. (Schuster und Francke a. a. O., S. 390.)
- ↑ S. o. 15. Febr. 1815 (Anm. 261) u. 13. März 1815.
- ↑ Östlich vom Mückentürmchen, über ihn führt die Straße von dem böhmischen Orte Obermarschen nach dem sächsischen Voitsdorf.
- ↑ Sie hatte Lauenstein seit Jahrhunderten in ihrem Besitze. (Schiffner, Beschreibung von Sachsen, S. 402.)
- ↑ Paul Friedr. v. Zimmermann, ehemals Kapitän im sächsischen Regiment Niesemeuschel.
- ↑ Mj. d. Inf. Clemens Franziskus Xaver v. Cerrini, beim Generalstab.
- ↑ Es sollten 2 Brigaden, eine sächsische und eine preußische, gebildet werden. Die Dringlichkeit dieser Maßregel, die den gemeinen Soldaten wenigstens als der Anfang zur endgültigen Trennung des Korps erscheinen mußte, ist mehrfach von preußischer Seite betont worden, und doch sollten die beiden Brigaden zunächst noch vereinigt bleiben. (Vgl. Ollech, Gesch. d. Feldzuges von 1815, S. 39.) Nimmt man hinzu, daß Gneisenau voraussah, es würde infolge der Teilung ein Aufruhr entstehen (s. Lettow-Vorbeck a. a. O., S. 149 u. 500), so kann man in diesem übereilten Teilungsbefehl nur eine unnötige Herausforderung der Sachsen sehen.
- ↑ Der hier folgende Bericht über die sogenannte „Lütticher Affaire“ und die daraus folgenden Ereignisse ist sehr summarisch und findet seine Ergänzung in den verschiedenen Berichten, welche das Hauptstaatsarchiv (Loc. 1133. Rapports und sonstige auf die Vorfälle zu Lüttich im Mai 1815 bezügliche Schriften) und das Kriegsarchiv (s. o. Anm. 342; dazu Loc. 1449. Die auf allerhöchsten Befehl erfolgte Teilung der Armee nebst den darauf Bezug habenden schriftlichen Verhandlungen betr. und Loc. 825. Affaire von Lüttich, Mai 1815) aufbewahren. Sie sind größtenteils verwertet in der schon mehrfach zitierten „Aktenmäßigen Darstellung usw.“ von Adolf v. Zezschwitz, die lange Zeit nur handschriftlich verbreitet war. (Daher die Abschriften im Staatsarchiv, in der Kgl. Bibliothek und in der Bibliothek der Kreuzschule.) Weitere bereits gedruckte Quellen werden noch gelegentlich genannt werden.
- ↑ Andere als diese sächsischen Truppen standen nicht in Lüttich. Nach Nostitz, Feldzug von 1815 (Kriegsgeschichtliche Einzelschriften, Heft 5 u. 6, S. 7), hätte General Müffling sich auf Grund seiner früheren Erfahrungen für die loyale Haltung der Sachsen verbürgt. Deshalb hätte Blücher, trotz der von anderen Seiten geäußerten Bedenken, es gewagt, sein Hauptquartier (etwa 10 Offiziere und ebensoviel Ordonnanzen) mitten unter die Sachsen zu verlegen. Das Tagebuch des Blücherschen Adjutanten Grafen von Nostitz, dessen zweitem Teile diese Angaben entnommen sind, zeigt indessen so häufige Verwechselungen von Namen und Daten, daß wir auch hier seine Behauptungen mit Vorsicht aufnehmen müssen, besonders wenn wir uns erinnern, welche Erfahrungen General Müffling als Kleists Abgesandter im September 1814 bei den Sachsen gemacht hatte.
- ↑ Es ist nicht angängig, dafür ohne weitere Beweise die sächsischen Offiziere verantwortlich zu machen, wie es von preußischer Seite (übrigens auch von Lettow-Vorbeck a. a. O., S. 164), geschehen ist. Die die Teilung vorbereitenden Maßregeln, die schon im März (Aufstellung der Listen der Mannschaften nach den Geburtsorten) begonnen hatten, konnten den Truppen nicht gut verborgen bleiben, und die als Ordonnanzen kommandierten Soldaten hatten Gelegenheit, manches zu hören und zu sehen, was auf die beabsichtigte Teilung schließen ließ (Vollborn a. a. O., S. 38 f.). Außerdem erhielten die Soldaten durch Briefe, Broschüren und Zeitungen Nachrichten aus der Heimat, aus denen sie ihre Schlüsse auf das, was ihnen bevorstand, machen konnten.
- ↑ Dieser soll sich bei der Gelegenheit direkt geweigert haben, die von den sächsischen Kommandeuren erbetenen Schritte beim Fürsten Blücher, ihn zu einer milderen Verfahrungsart zu bewegen, zu tun, und zwar eben, weil er „den üblen Geist in den sächsischen Truppen“ wohl kenne. (Vgl. „Geschichtliche Darstellung von der Teilung der sächsischen Armee und den dadurch veranlaßten Bewegungen“, anonymes Manuskript A 14 der Bibliothek der Kreuzschule.)
- ↑ Vielleicht dachte der und jener dabei an die schönen Versprechungen Blüchers in der Bunzlauer Proklamation vom 25. März 1813: „Wir ziehen, wohin der Finger der Vorsehung uns weist, um zu kämpfen für die Sicherheit der angestammten Throne und unsere Nationalunabhängigkeit . . . . Nur für euren Herrn wollen wir die Provinzen eures Landes in Verwahrung nehmen.“
- ↑ D. h. vor Blüchers Wohnung.
- ↑ Diese Worte werden in den offiziellen Berichten nicht erwähnt, dagegen bestätigt sie Lt. Vollborn (a. a. O., S. 43) ganz ausdrücklich. Er gehörte zu der Wache, die schließlich die Ordnung wiederherstellte, und könnte daher die Worte wohl gehört haben. Indessen muß er aus mancherlei Gründen als nicht ganz einwandfreier Zeuge angesehen werden. (S. u. Anm. 382.)
- ↑ „Kurze Darstellung der am 2. Mai d. J. zu Lüttich stattgefundenen Auflehnung der kgl. sächs. Truppen gegen die mit ihnen vorgehabte Teilung“, erschien anonym i. J. 1815; ist bündig, aber genau. Über den Verfasser s. o. Anm. 142 und weiter unten (29. Mai 1815).
- ↑ In den Preußischen Jahrbüchern XVI, S. 149–174, wo der Aufstand der Sachsen in Lüttich behandelt wird, sucht der Verfasser, ein anonymer „deutscher Offizier“, die Schuld an den unglücklichen Ereignissen zum großen Teile den Offizieren des Grenadierregimentes zuzuschieben, „welche die militärische Ordnung und den Gehorsam vergaßen, den sie den verbündeten Mächten gelobt hatten“. (S. 162.) Zum Vergleiche weist dann der Verfasser auf das andere Benehmen der Kavallerie und Artillerie bei den Vorbereitungen zur Teilung hin. Diese Auffassung ist indessen ganz unhaltbar. Zunächst gibt der Verfasser selbst (S. 173) zu, daß kein Offizier hat genannt werden können, der den „Wahn“ der Soldaten aufgestachelt hätte, und daß „eine eigentliche Untersuchung nicht stattgefunden hat“. So steht jene Behauptung auf ebenso schwachen Füßen wie die Vermutung Blüchers in seinem Berichte an den König Friedrich Wilhelm III. vom 4. Mai (s. Lettow-Vorbeck a. a. O., S. 503): „Die Offiziere haben an der Revolte selbst keinen Teil genommen, aber es scheint [!], daß die ersten Schritte von einigen Offizieren herbeigeführt sind, welche hofften, dadurch zu schrecken“. Nein, wenn irgend welchen Offizieren eine Schuld beizumessen ist, so sind es die, welche sich zu zeitig für den preußischen Dienst erklärten; und weil eben bei der Kavallerie und bei der Artillerie (s. o. Anm. 305 u. Mskr. der Kreuzsch.) die Offiziere vorsichtiger waren, genossen sie noch soviel Ansehen bei ihren Leuten, daß sie sie im Zaume halten konnten. Die Stimmung der Soldaten war bei allen Waffengattungen sehr erregt. (Vgl. den zitierten Bericht des Obersten v. Leysser an Glt. v. Zeschau.) Dazu hatten die außerhalb Lüttichs stehenden sächsischen Truppen nicht die gleiche Gelegenheit, ihren Unwillen öffentlich zu bekunden, wie die durch die Anwesenheit des preußischen Hauptquartieres herausgeforderte Garnison von Lüttich, von der die Garde sich noch zu besonderem Eintreten für ihren König berufen glaubte und glauben durfte.
- ↑ Für die polnischen Truppen, wo ebenfalls Weigerungen vorgekommen waren, neue Verpflichtungen einzugehen, ehe der König von Sachsen sie ihres Eides entlassen hätte (s. Flathe a. a. O., S. 323), hatten die Mächte von Friedrich August die Eidesentlassung ausdrücklich verlangt, die auch am 22. März 1815 (s. Klüber a. a. O., S. 195) erfolgt war.
- ↑ Daß bei der neuen preußischen Brigade hinsichtlich des Feldzeichens und des Eides bis zur Ratifikation des Teilungstraktates keinerlei Veränderung stattfinden sollte (Ollech a. a. O., S. 59), war gewiß den gemeinen Soldaten nicht bekannt, hätte aber auch wohl wenig Glauben gefunden. Ihre Offiziere aber konnten ihnen darüber nichts sagen, da sie doch die Absicht der Teilung überhaupt geheim halten sollten (s. Lettow-Vorbeck a. a. O., S. 164).
- ↑ Zezschwitz berichtet nichts von diesem Schritte Lecoqs. Der Tagesbefehl kam wahrscheinlich auch viel zu spät beim Heere an.
- ↑ Erschossen wurden: der Tambur Joh. Gottfr. Kanitz aus Siptiz bei Torgau und die Grenadiere Gottlob Uhde (bez. Otto, vgl. Sächs. Dorfzeitung, 1847, S. 99 Anm.) aus Oberpöllnitz b. Neustadt a. d. O., Joh. Gottlieb Born aus Begern b. Herzberg, Gottlob Noacknick aus Hoyerswerda. Diese vier gehörten zum 2. Grenadierbataillon. Dazu kamen vom 3. Bataillon noch 3 Grenadiere: Joh. Christ. Schneewald aus Gangloffsömmern b. Weißensee, Gottlob Keller aus Krieschwitz b. Plauen und Fried. Kokott aus Schlepzig b. Lübben. Sechs der Opfer stammten also aus neupreußischen Orten. Eine Sammlung für die Hinterbliebenen der Erschossenen brachte 1200 Taler. (Gretschel-Bülau, Gesch. d. sächs. Volkes u. Staates, III, 606 Anm.)
- ↑ In der Gegend von Namur, u. zw. das 2. Bataillon zwischen Bierzet und Lozent, das 3. zwischen Veroux und Relaux. (Vgl. Sächs. Dorfzeitung, 1847, S. 83. – Die Angabe der Ortsnamen ist wohl nicht zuverlässig; sie scheinen nach dem Gehör zitiert zu sein.)
- ↑ Der General Pirch (I.) führte an seiner Statt diese unnötig harte Maßregel aus, die die Gemüter ganz besonders erbitterte. (Vgl. Rapport des Hauptmanns v. Nostitz aus Krefeld vom 20. Mai 1815. – H. St. A. Loc. 1133. Rapports u. sonstige auf die Vorfälle zu Lüttich usw. bezügl. Schriften.) Mit Pirchs Erlaubnis hatten die Gardeoffiziere vorher den von der Königin selbst gestickten Namenszug Friedrich Augusts und den Rautenkranz aus der Fahne herausgeschnitten. Wenn der „deutsche Offizier“ (a. a. O., S. 172) meint, wir könnten heute nicht mehr ausmachen, wem der Rat, die Fahne zu verbrennen, zuzuschreiben sei, so hat er übersehen, daß Müffling (a. a. O., S. 211) dieses Odium auf sich nimmt. Übrigens billigt weder der „deutsche Offizier“ noch Lettow-Vorbeck (a. a. O., S. 507) diese Art der Bestrafung gerade des Gardebataillons, das am wenigsten verschuldet hatte (es war an dem ärgsten Exzeß gegen Blücher nicht beteiligt gewesen) und sich nur aus Treue gegen seinen König ungehorsam gezeigt hatte, indem es dem Befehl zum Abmarsch aus Lüttich einigen Widerstand entgegensetzte.
- ↑ General Borstell (s. o. S.211) sah die Ursache der Bewegung unter den Sachsen nur in ihrer Anhänglichkeit an den König und schrieb die feindselige Stimmung der sächsischen Truppen gegen Preußen hauptsächlich dem Benehmen des Generals Thielmann zu. Die Insubordination, zu der Borstell durch seine Sympathie für die Sachsen sich hatte verleiten lassen, mußte er mit dem Verluste des Kommandos des 2 Armeekorps und 4 Jahren Festungshaft büßen, doch wurde ihm der Rest der letzteren Strafe auf dem Gnadenwege Ende 1815 erlassen. Er starb 1844 als General der Kavallerie.
- ↑ Diese Anhänglichkeit an ihre Leute, die sie durch ihre Begleitung vor unbesonnenen Schritten zu bewahren hofften, zog ihnen das höchste Mißtrauen Gneisenaus zu, und auf dem Marsche nach Magdeburg hatten sie von der durch falsche Zeitungsgerüchte aufgereizten Bevölkerung und besonders von ihnen begegnenden preußischen Truppen die schimpflichsten Mißhandlungen zu erdulden, bis sie in Hameln eine passende Bedeckung bekamen. Die Begleitung ihrer Mannschaften war ihnen übrigens ausdrücklich von General Pirch (I.) gestattet worden. Als sie dann unterwegs doch von den Soldaten getrennt wurden, baten sie sofort um die Erlaubnis, wieder zum Heere zurückzukehren. (S. die Berichte des Majors Römer an Lecoq aus Lemgo und Hameln vom 10. u. 11. Juni 1815. – Kriegsarchiv Loc. 893. Angelegenheiten betr. das der 3. dtsch. Armee zugeteilte sächs. mobile Korps usw.). – Vgl. dazu auch unten, 15. Juni 1815.
- ↑ Sie hatten alle ihr Entlassungsgesuch eingereicht, das aber von Zezschwitz nicht angenommen wurde, damit jeder Anschein, als wollten sich die sächsischen Offiziere dem Kampfe gegen Napoleon entziehen, vermieden wurde. (Vgl. Vollborn a. a. O., S. 78.)
- ↑ H.St.A. Loc. 1133, Rapports usw. (s. o. Anmerk. 367).
- ↑ Karl Friedr. Aug. v. Ploetz.
- ↑ S. Ad. v. Zezschwitz, Aktenmäßige Darstellung usw., S. 295.
- ↑ Vielleicht der Kriegsrechnungssekretär Karl Friedr. Friese, oder es ist ein Herr v. Friesen gemeint, deren es viele gab.
- ↑ D. Joh. Nikol. Bischoff, Hof- und Justitienrat bei der Landesregierung, Verfasser einiger Broschüren zu gunsten Friedrich Augusts.
- ↑ Heinr. Christ. Magnus v. Klengel, GMj. a. D., hatte 1813 in Rußland die 1. sächs. Inf.-Brigade befehligt, die bei Kobryn gefangen wurde. (S. o. S. 205.)
- ↑ Der sogenannte Wiener Frieden zwischen Preußen, Rußland und Sachsen. Er wurde aber schon am 21. Mai ratifiziert. (S. Flathe a. a. O., S. 324.)
- ↑ Wellington war, von Müffling beeinflußt, den Sachsen damals nicht sehr günstig gesinnt. (Rapport des Obersten v. Zezschwitz an Lecoq, Hagen, 31. Mai 1815. – Kr.-A. Loc. 893. Angelegenheiten usw., s. o. Anm. 342.)
- ↑ Über seine Kompetenzen und sein Verhältnis zu Lecoq s. v. Zeschau an den Herzog v. Koburg, Dresden, 9. Juli 1815 (Kr.-A. Loc. 825. Affaire von Lüttich.)
- ↑ S. dagegen unten, 19. Juni 1815.
- ↑ S. o. Anm. 360.
- ↑ Ein anonymes, als Quelle ganz unbrauchbares Machwerk von 7 Druckseiten, unterzeichnet: „Die Soldaten des Kgl. Sächs. Grenadierregiments“, war für die Tagesblätter bestimmt und hat wahrscheinlich den Lt. Vollborn zum Verfasser (s. dessen „Erlebtes usw.“ a. a. O., S. 86 ff.). Das Verhalten der Grenadiere wird hier doch zu harmlos dargestellt, außerdem enthält die Schrift viele Unrichtigkeiten und unnütze Schmähungen gegen Preußen.
- ↑ Der Zarewitsch, Bruder des Kaisers Alexander I., geb. 8. Mai (!) 1779, vermählt mit Julie Henriette Ulrike Anne Feodorowna, Prinzessin von Sachsen-Koburg.
- ↑ Graf Mensdorff-Pouilly (oder nur Pouilly!), heiratete 1804 die Prinzessin Sophie von Sachsen-Koburg-Saalfeld, wurde 1815 (aber nicht als Kommandeur!) dem 1. (österreichischen) Ulanenregiment zugeteilt und später zur Dienstleistung in nur beratender Tätigkeit an die Seite des Herzogs von Koburg berufen. (Allg. deutsche Biogr., Bd. 21, S. 366.) Er starb 1852 als General d. Kav. zu Wien.
- ↑ Auguste Karoline Sophie, geb. Prinzessin von Reuß-Ebersdorf, Witwe des 1806 verstorbenen Herzogs Franz und Mutter des regierenden Herzogs Ernst I.
- ↑ D. h. bei der Herzogin-Mutter.
- ↑ Herzog v. Wagram, Napoleons Generalstabschef seit 1805, hatte sich an Ludwig XVIII. angeschlossen und bei Napoleons Rückkehr alle Fassung verloren.
- ↑ S. o. Anm. 360.
- ↑ Das war es nicht. Das preußische Hauptquartier ging auf den Wunsch Lecoqs, die Sachsen zum Zwecke der Teilung zu konzentrieren, nicht ein; sein Bestreben war vielmehr gewesen, das sächsische Korps immer mehr zu zersplittern, um jeden ernsten Widerstand gegen die Teilung unmöglich zu machen, was schließlich auch von einsichtigen sächsischen Offizieren als eine Erleichterung der Teilung angesehen wurde. Die Infanterie wurde, da man ihr am wenigsten traute (s. u. 5. Juni 1815, Anm. 392), vom Kriegsschauplatz möglichst weit zurückverlegt mit der Begründung, daß von den Bewohnern ihrer zeitherigen Kantonnements Beschwerden über ihr Verhalten eingelaufen seien, wovon aber im sächsischen Hauptquartier nichts bekannt geworden war. (Vgl. unten Anm. 410.)
- ↑ Joh. Protasius Anstett, Sohn eines Straßburger Advokaten, russischer Diplomat, seit 1815 russischer Bevollmächtigter beim Bundestage in Frankfurt. Er war auch früher zeitweilig in russischem Interesse in Preußen tätig, aber „preußischer Agent“ ist er wohl nie gewesen.
- ↑ Schauspiel aus dem spanischen Kriege, in 5 Akten. Leipzig 1816. 8°. (Goedeke, „Grundriß“, V, S. 286, Nr. 244.)
- ↑ Mitbestimmend war gewiß auch der Grund, den Sachsen keine Gelegenheit zu geben, sich geschlossen auszuzeichnen (v. Zezschwitz an v. Zeschau, Krefeld, 20. Mai 1815). – H.St.Arch. Loc. 1133. Rapports usw.), obwohl sie wiederholt baten, vor den Feind zu kommen, aber nur in den ihnen lieb gewordenen alten Verbänden. Dazu kam der häßliche Verdacht, sie könnten sich Napoleon wieder anschließen. (Vgl. Lettow-Vorbeck a. a. O., S. 165, wo indessen der Abschluß der Truppenteilung in ganz falschem Lichte erscheint durch die den Tatsachen widersprechende Gegenüberstellung der 3 Waffengattungen.) Es würde zu weit führen, diesen Verdacht hier zu widerlegen; Ad. v. Zezschwitz (a. a. O., S. 203 ff.) hat es schon hinreichend getan. Vgl. auch dessen unten (Anm. 420) zitierten Brief an Zeschau.
- ↑ IV. preußisches Armeekorps.
- ↑ Vgl. Rapport des Obersten Raabe an Glt. v. Zeschau, Krefeld, 20. Mai 1815 (Kr.-A., Loc. 1133. Rapports usw.) und „Aktenmäßige Darstellung usw.“ (S. 324 ff.)
- ↑ Die größere Ruhe der Mannschaften bei der Kavallerie im Vergleich zur Infanterie wird oft und mit Recht rühmend hervorgehoben. Sie war eine Folge der größeren Vorsicht der Kavallerieoffiziere, die in preußische Dienste zu gehen gedachten (s. o. Anm. 305). Es darf außerdem nicht übersehen werden, daß Blücher nach der vorbereitenden Teilung versprochen hatte, daß die sächsische Kavallerie nicht gegen den Feind gebraucht werden sollte, „bevor nicht die Ratifikation [des Teilungstraktates durch den König von Sachsen] erfolgt sei.“ (Rapport des Obersten und Brigadiers v. Leysser an v. Zeschau, St.-Trond, 1. (?) Juni 1815. – Kr.-A., Loc. 825. Affaire von Lüttich.)
- ↑ Sie hatten an dem kritischen 2. Mai die Wache gehabt und sich unter der Führung des Hauptmanns Geibler durchaus korrekt benommen. Deshalb wünschte Blücher sie immer in seiner Nähe zu haben. Wie peinlich aber den Offizieren dieser Schar vom 3. Grenadierbataillon der Aufenthalt unter den Preußen war, erfahren wir aus den Erinnerungen Vollborns (a. a. O., S. 70 ff.), der auch dazu gehörte.
- ↑ 2 Kommandos Gardegrenadiere und Husaren.
- ↑ Sie kamen nur bis Magdeburg.
- ↑ S. o. Anm. 369.
- ↑ Die Tatsache dieses preußischen Willküraktes wird von Lettow-Vorbeck (a. a. O., S. 509) ohne triftigen Grund in leisen Zweifel gezogen. Sie wird jedoch außer hier noch von Holtzendorff selbst (a. a. O., S. 169) und von A. v. Zezschwitz (a. a. O., S. 229) bestätigt.
- ↑ Der König von Sachsen hatte unter Zustimmung Schwarzenbergs und Wellingtons gewünscht und hoffte immer noch darauf, daß die sächsische Armee vor Beendigung des Krieges nicht getrennt würde. (v. Einsiedel an v. Lecoq, 10. Mai 1815, im Archiv f. d. Sächs. Gesch., 1. Bd., S. 114). Deshalb wohl zauderte Lecoq, zur Armee abzugehen, ehe sie wieder konzentriert war. (Sein Brief an den König, dat. Frankfurt, 5. Juni 1815. – Kr.-A., Loc. 825. Affaire von Lüttich.) Nach den Erfahrungen, die Holtzendorff machen mußte, ist übrigens anzunehmen, daß die Preußen den Glt. v. Lecoq auch nicht eher zum Heere durchgelassen haben würden.
- ↑ Die Erklärung dafür s. o. (Anm. 302). Die Bataillons- bez. Regimentskommandeure der leichten Brigade mußten am 3. Mai auf eine Anfrage bekennen, daß sie nicht dafür stehen könnten, daß bei der Stimmung der Truppen die Teilung sich ohne Schwierigkeit würde durchführen lassen. Obstlt. v. Bose erklärte sogar im Namen seines, des 2. leichten Infanterieregiments, und ähnlich Obstlt. v. Lobkowitz für sein Bataillon, daß sie lieber alles dulden, auch sich gefangen geben wollten, als einer Teilung, die vom König von Preußen allein befohlen wäre, sich zu unterwerfen. (Vgl. Ad. v. Zezschwitz a. a. O., S. 287–291.) – Über die Unbotmäßigkeiten beim 1. leichten Infanterieregiment, wo sehr viele Offiziere zum preußischen Dienst übertraten, berichtet ausführlich das Mskr. der Kreuzschule (s. o. Anm. 356).
- ↑ Das stimmt zu Holtzendorffs Erfahrungen (s. o. Anm. 400).
- ↑ S. o. Anm. 246. Der hier als Verfasser genannte Stürmer stand nicht in sächsischen Diensten.
- ↑ Der russische Generalleutnant (später Graf bez. Fürst) Alex. Iwanowitsch Tschernyschew, geb. 1779, gest. 1857.
- ↑ Entweder der russische General Alex. v. Benkendorf, geb. 1785, oder der russische Diplomat (seit 1814 Generalmajor) Konstantin v. Benkendorf, geb. 1785.
- ↑ Dieser zog sich nach dem Anfang Juni beendeten Wiener Kongreß ins Privatleben zurück und wohnte bald in Nassau, bald in Frankfurt.
- ↑ Friedr. Karl v. Craushaar.
- ↑ S. o. Anm. 395.
- ↑ S. die Rapporte des Obersten v. Zezschwitz an Lecoq, dat. Kassel, 7. Juni 1815 und an Glt. v. Oppen mit gleichem Datum. (Kr.-A., Loc. 825. Affaire von Lüttich.) Vgl. auch oben Anm. 389 und Schuster und Franke a. a. O., S. 392.
- ↑ S. o. Anm. 401.
- ↑ S. o. Anm. 400. – Nach Holtzendorffs eigener Darstellung war nicht bloß ein Mißverständnis die Ursache seiner Arretierung, sondern der bestimmte Befehl des preußischen Oberkommandos, „den General Lecoq oder jeden seiner Adjutanten bei dem etwaigen Durchgange durch Köln zur Armee sofort anzuhalten und unbedingt ins Hauptquartier zu senden.“ – Vgl. unten, 10. Juni 1815.
- ↑ „Kommen Sie . . . . ja so schnell als nur möglich zu uns; es ist dies das einzige Mittel, großes, unabwendbares Unglück zu verhüten, oder geben [Sie] mir bestimmte Befehle usw.“ Dieser Notschrei des Obersten v. Zezschwitz kam aber nicht aus Arolsen, sondern aus Paderborn (8. Juni 1815). Vgl. Kr.-A., Loc. 825. Affaire von Lüttich.
- ↑ Blücher an Lecoq, dat. Hptqrt. Namur, 8. Juni 1815 (Kr.-A., Loc. 893. Angelegenheiten betr. Das . . . sächsische mob. Korps und Teilung Sachsens): „Denenselben wird es übrigens nicht unbekannt sein, daß die sämtlichen Truppen bereits seit mehreren Wochen nach ihren Geburtsorten in sich verteilt worden sind, und verdanke ich es den Bemühungen der kommandierenden Herren Offiziere, daß diese Teilung überall mit der größten Ordnung von statten gegangen ist.“ Ein beweiskräftigeres Zeugnis läßt sich wohl den Behauptungen des „deutschen Offiziers“ (a. a. O. S. 167: „Zezschwitz und die übrigen Offiziere [bei der Infanterie] vermochten die Trennung nicht durchzuführen, sie waren machtlos usw.“) nicht gegenüberstellen! Tatsächlich hatte Zezschwitz durch strenge Befehle die militärische Ordnung wieder hergestellt, und bis zum 16. Mai war die vorgeschriebene Formierung der Kompanien, welche die Teilung vorbereiten sollte, durchgeführt.
- ↑ Auch gegen den Leutnant Grafen Holtzendorff war Blücher zwar „sehr gütig“ gewesen, „des Generals Gneisenau Betragen dagegen desto unfreundlicher.“ (Aus einem Briefe Lecoqs, dat. Frankfurt, 10. Juni 1815. – Kr.-A., Loc. 825. Affaire von Lüttich.)
- ↑ Auch Thielmann scheute sich nicht, die Schuld an dem vergossenen Blute auf Lecoq und Zezschwitz zu schieben. (Brief an den kgl. sächs. GMj. v. Gablenz, dat. Einay bei Namur, 18. Mai 1815. – Kr.-A., Loc. 256. Milit. Nachlässe, v. Gablenzsche Sammlung.) Und doch hat niemand mehr als Thielmann durch Wort und Tat die Stimmung bei den sächsischen Soldaten erweckt, die sich an dem unglückseligen 2. Mai Luft machte. – Über die von anderer Seite behauptete Schuld der sächsischen Offiziere s. o. Anm. 361. – Schließlich kann hier nicht unerwähnt bleiben, daß Blücher in einem sehr formlosen Briefe an König Friedrich Angust (abgedruckt u. a. bei H. v. Treitschke, Deutsche Gesch. im 19. Jh., II. Teil, S. 632) gegen diesen selbst die schwersten Vorwürfe wegen der Lütticher Ereignisse erhob. Diese im einzelnen zu widerlegen, ist hier nicht der Ort, sie sind wohl auch mehr ein Ausfluß der Verlegenheit in der Umgebung des greisen Feldmarschalls als dessen tiefinnerster Gewißheit. Nur soviel sei bemerkt, daß der König von Sachsen bereits 5 Wochen vor dem Lütticher Aufstand dem Obersten v. Zezschwitz mitteilen ließ, die gegenwärtige Lage gestatte ihm nicht, Befehle an die Armee zu erlassen. (S. „Aktenmäßige Darstellung usw.“ S. 269.) Was seine Getreuen für ihn taten, entzog sich aber meist seiner Einwirkung, z. T. sogar seiner Kenntnis. Welch schlimme Wirkung auf das Heer sein im übrigen sehr entschuldbares Zaudern mit der Einwilligung zur Teilung haben konnte, war ihm von Preßburg aus zu beurteilen ganz unmöglich, wohl aber wußte man im preußischen Hauptquartier, daß eine vorzeitige Teilung einen Aufstand der Sachsen hervorrufen würde. (Vgl. oben Anm. 352.)
- ↑ Das Fuhrwesen des mobilen Korps, bestehend aus 82 Reitpferden, 427 Wagenpferden, 100 Wagen und verschiedenen Artilleriestücken. (Kr.-A., Loc. 1449. Die auf allerhöchsten Befehl erfolgte Teilung der Armee usw. betr.)
- ↑ Vgl. das schon oben zitierte Manuskript der Kreuzschulbibliothek, Bl. 26.
- ↑ Sie war von nun an „weiß mit grüner Einfassung“ (Rangliste 1815, S. 18). – In Torgau bezeichnete im März und April 1813 „ein aufgestecktes weißes Kokärdchen die russisch-preußische Partei“ (F. v. D. a. a. O., S. 12). Eine weiße Kokarde wurde jedoch, nach Angabe der Ranglisten, schon vor 1813 in der sächsischen Armee getragen, wenn auch nicht allgemein, so doch von den Offizieren. Nach der Schlacht bei Leipzig ließ Thielmann bei Übernahme des Kommandos der sächsischen Armee die weiße Kokarde durch eine grüne mit gelb und schwarzem Streifen ersetzen (Petersdorff a. a. O., S. 249), eine Kombination des Grüns der sächsischen Raute und, zum Andenken an Kaiser Alexander, eines Teiles der russischen Nationalfarben (schwarz-orange-weiß). Diese dreifarbige Kokarde rissen am 15. März 1815, als die Wiederkehr des Königs bekannt wurde, viele Offiziere und Mannschaften ab und steckten wieder die frühere weiße auf. (A. Kummer a. a. O., S. 75.)
- ↑ „Der Jubel, unseren teuren General v. Lecoq wiederzusehen, ist unaussprechlich.“ (v. Zezschwitz an v. Zeschau, Krefeld, 20. Mai 1815. – H. St. A. Loc. 1133. Rapports u. sonstige auf die Vorfälle zu Lüttich usw. bezügliche Schriften.) Vgl. auch oben Anm. 413.
- ↑ In dem ausführlichen Rapport Lecoqs an den König über die Teilung (Herford, 19. Juni 1815) wird des Generalmajors v. Lobenthal mit besonderer Anerkennung gedacht. (Kr.-A., Loc. 893. Angelegenheiten betr. das usw. sächs. mobile Korps.)
- ↑ Wilh. Friedr. Christian Moritz vom 2. Linienregiment.
- ↑ Joh. Ludw. Ad. v. Lenz.
- ↑ S. o. 5. Juni 1815.
- ↑ Ein Verzeichnis der Offiziere der Infanterie, die in preußische Dienste traten, findet sich im Kr.-A. (Loc. 893. Angelegenheiten betr. das usw. sächs. mob. Korps.)
- ↑ D. h. zu den sächsisch bleibenden Soldaten.
- ↑ Der Tagesbefehl des Königs an die Truppen, dat. Laxenburg, 22. Mai 1815, liegt dem Tagebuch gedruckt bei. (Er ist auch zu finden bei Schuster und Francke a. a. O., S. 393.) Ferner liegen bei: der Abschied Friedrich Angusts von den zu entlassenden Truppen und Friedrich Wilhelms Proklamation an die neuen Untertanen.
- ↑ S. o. Anm. 419.
- ↑ S. o. Anm. 427.
- ↑ „Euren Gewerben eröffnen sich durch die Vereinigung mit meinen Staaten reichere Quellen.“
- ↑ Vgl. A. v. Zezschwitz, „Aktenmäßige Darstellung usw.“ S. 313.
- ↑ Kommandant der preußischen Truppen in Paderborn.
- ↑ S. o. Anm. 369.
- ↑ Leop. Ferdin. (oder Friedr.) v Zychlinski, Prlt. im 1. leichten Infanterieregiment.
- ↑ Pauline Christine Wilhelmine, die für ihren Sohn Leopold die Regentschaft führte.
- ↑ Friedrich August Bevilaqua, Major im 1. leichten Inf.-Reg., kommandierte dieses Regiment, nachdem der Oberst (Georg Karl v. Bose), der Oberstleutnant und die beiden anderen Majore in preußische Dienste getreten waren.
- ↑ Friedr. Ernst Albonico, Feldkriegskommissar auf Wartegeld.
- ↑ D. h. vom 3. Linienregiment, dessen übrige beiden Bataillone am Rhein standen. (S. o. 5. Juni 1815.)
- ↑ S. o. Anm. 421.
- ↑ Heinr. Aug. v. Egidy, bei der leichten Infanterie. Seine unhistorische Auffassung der Person Wittekinds ist für die damalige Zeit wohl verzeihlich.
- ↑ Dietrich Aug. Sahrer v. Sahr.
- ↑ Vgl. oben Anm. 421.
- ↑ Hans Gottlob v. Kirchbach, vom Kürassierregiment.
- ↑ Adolf Friedrich Herzog von Cambridge, der spätere Generalstatthalter und Vizekönig von Hannover.
- ↑ Diese war vonseiten vieler Wirte bereits freiwillig gewährt worden.
- ↑ Viele in der Zeit des Provisoriums erfolgte Beförderungen bekamen erst von diesem Zeitpunkte an ihre Gültigkeit für die sächsische Armee. Ihre von Preußen aus erfolgten Ernennungen sahen manche Offiziere selber nicht mehr als zu Recht bestehend an.
- ↑ Nämlich vom Kriegsschauplatze.
- ↑ Lecoq hatte in seinem Briefe an Wellington (Arolsen, 14. Juni 1815), wie in dem gleichzeitigen an den österreichischen Feldmarschall-Leutnant v. Vincent, energisch die Verleumdung der Sachsen wegen Franzosenfreundlichkeit zurückgewiesen. Wellingtons Antwort (Nivelles, 20. Juni 1815) war nicht besonders freundlich; Lecoq nennt sie in seinem Schreiben an v. Zeschau (Osnabrück, 26. Juni 1815) „kurz und kalt“. Sie trieb die Sachsen noch weiter den Österreichern in die Arme. (Kr.-A. Loc. 882. Briefe des Glt. v. Lecoq an Glt. v. Zeschau i. J. 1815 und Loc. 893. Angelegenheiten betr. usw. das sächs. mob. Korps.)
- ↑ Vielleicht irrtümlich statt Rheine (a. d. Ems).
- ↑ Dat. Hptqu. Heidelberg, 23. Juni 1815. (Kr.-A. Loc. 893. Angelegenheiten usw., s. o.) Das Schreiben ist sehr verbindlich gehalten.
- ↑ Österreichischer Gesandter in Wellingtons Hauptquartier.
- ↑ Wahrscheinlich sein Pferd.
- ↑ Lecoq antwortete Schwarzenberg (aus Osnabrück, 26. Juni 1815), daß Wellington noch keine bestimmte Zusage erhalten habe und daß die sächsischen Truppen sehr gern sich mit den österreichischen vereinigen würden. (Kr.-A., Loc. 893, Angelegenheiten usw., s. o.)
- ↑ S. o. Anm. 314.
- ↑ Anton Ludw. Gust. Ad. v. Zedlitz, Brigadeadjutant im Generalstabe.
- ↑ Wahrscheinlich der oben (Anm. 157) genannte Mj. d. Kavall., der zum Stabe des Herzogs von Koburg gehörte.
- ↑ Gideon Karl Kaspar Geibler, Hauptmann im 3. Grenadierbataillon, befehligte am 2. Mai die Wache in Lüttich, wobei er eine anerkennenswerte Umsicht und Festigkeit gegen die Aufrührer zeigte.
- ↑ Wilh. Ferdin. Frh. v. Lindemann.
- ↑ Auch der Herzog von Koburg war für den Anschluß an Österreich (Brief an v. Zeschau, dat. Koburg, 6. Juli 1815. – Kr.-A. Loc. 893. Angelegenheiten usw., s. o.), wodurch sich Sachsen die Wege zur Wiedergewinnung des verlorenen Besitzes offen zu halten glaubte.
- ↑ Karl Wilh. Ferdin. v. Funck, Glt. d. Kav. a. D.
- ↑ Sie wurden schließlich von England gezahlt, u. zw. „für 8000 Mann 22 Schillinge für den Mann auf Jahresfrist.“ (S. Flathe a. a. O., S. 336.)
- ↑ Das Datum fehlt im Tagebuche.
- ↑ Sie erreichten allmählich durch Nachschübe aus der Heimat eine Stärke von 19 000 Mann. (Flathe a a. O., S. 337).
- ↑ Daß es den Dresdner Damen in der Zeit des preußischen Gouvernements nicht an Zerstreuungen fehlte, beweist ein Bericht aus Dresden vom 9. Febr. 1815 (abgedr. i. d. Allg. Zeitung vom 19. Febr. desselben Jahres): „An gesellschaftlichen Vergnügungen haben wir in dem gegenwärtigen Winter keinen Mangel. Wöchentlich waren in dem Hotel de Pologne ein Ball und eine Maskerade, die beide sehr belebt und zahlreich waren. . . . . Außerdem haben wir häufige Tanz- und andere Gesellschaften in Privathäusern gehabt. Der General und Gouverneur Frh. v. Gandi gab neuerlich einen Ball, auf welchem nahe an 400 Personen beiderlei Geschlechts versammelt waren. . . . .“
- ↑ Die Söhne des Prinzen Maximilian.
- ↑ Auch während seiner Gefangenschaft war er allen Intrigen so abhold, daß seine nächste Umgebung (v. Zeschau und v. Einsiedel) es nicht wagten, ihm gewisse Anerbietungen und Vorschläge zu unterbreiten. (K. v. Weber, Graf v. Einsiedel, im Archiv f. d. sächs. Gesch. 1. Bd. S. 108 u. 114.)
- ↑ „Der Geschichte des Wiener Kongresses von Capefigue zweite Abteilung.“ Leipzig u. Grimma, Druck und Verlag des Verlagkomptoirs.
- ↑ Nicht in vollem Umfange verdienen diese Bezeichnung die 1847 in der Sächsischen Dorfzeitung (Verlag von Heinrich und Walther) ohne Angabe des Verfassers erschienenen „Bilder aus dem Soldatenleben“, welche die gleichen Ereignisse behandeln und sich auf eine Abschrift der Zezschwitzischen Darstellung und auf das schon genannte anonyme Manuskript der Kreuzschule über die Lütticher Affaire gründen, die ihrerseits beide aus dem Nachlasse des 1886 verstorbenen Stadtrats Walther stammen. – Von den neueren Darstellungen der Ereignisse bei der sächsischen Armee 1814 und 1815 verdient besonders die Anlage 4 zum 1. Bd. von „Napoleons Untergang 1815“ von Generalmajor a. D. v. Lettow-Vorbeck hervorgehoben zu werden. Hier wird die Vorgeschichte der Meuterei in Lüttich sehr klar und unparteiisch erzählt, in der Beurteilung der Schuldfrage steht der Verfasser indessen zu sehr im Banne der preußischen Auffassung. Dabei muß freilich berücksichtigt werden, daß ihm nach seiner Angabe (S. 501, Anm.) nicht das gesamte einschlägige Material des sächsischen Kriegsarchivs zur Verfügung gestanden hat.
- ↑ Daß schließlich doch eine große Zahl der Offiziere in preußische Dienste trat, war die natürliche Folge der Einwilligung des Königs von Sachsen in die Teilung seines Landes.
- ↑ Er erhielt auch das Großkreuz des Militär-St. Heinrichs Ordens, das außer ihm nur noch v. Zeschau besaß. 1818 wurde er zum Konferenzminister ernannt, und am 27. April 1830, bei seinem 50jährigen Dienstjubiläum überreichte ihm König Anton persönlich in seiner Wohnung den Königl. Hausorden der Rautenkrone.
- ↑ Ein Portrait Lecoqs befindet sich im Armeemuseum.
- ↑ Vgl. „Allg. deutsche Biogr.“, 45. Bd. S. 146 f. und „Neuer Nekrolog der Deutschen“, 23. Jahrg., I, 372 (Weimar 1847).
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ jetzt Köpckestraße
- ↑ Vorlage: Konversations-exikon
- ↑ Vorlage: Anftrage
- ↑ Vorlage: anszuschreiben
- ↑ Vorlage: konnnten
- ↑ Vorlage: Greradierbataillonen
- ↑ Vorlage: Lndw.
- ↑ Vorlage: Generalleutuant
- ↑ Vermutlich: Minckwitz; Anm 157
- ↑ a b vermutlich: Krasalkowitz
- ↑ w:Palais Grassalkovich.
- ↑ Vorlage: hattten