Anwesenheit des Kapitäns Spielmann zu erkundigen und befriedigende Auskunft über ihn zu erhalten, indem ein anderer Kapitän des Generalstabes[1], Baron von Magdeburger, einer meiner nächsten Tischnachbarn war. So leitete ich meine Angelegenheit sehr gut und gewiß verborgen ein und fand mich schon im Innern hocherfreut, auch etwas in der jetzigen Periode, wenn auch nicht unmittelbar, doch mittelbar bewirken zu können. Unter dem heitersten Verein mit den Österreichern, die wir doch jetzt als uns näher betrachten, da sie Gefühl für unsere Interessen haben, leerten wir zwei Flaschen guten Niersteiner und würden wahrscheinlich diese mit noch mehrerer Muße beendigt haben, wenn nicht ein junger Bramarbas von einem preußischen Offizier sich in unseren Diskurs gemengt und uns sehr bald mit seiner ganzen Lebensgeschichte, aus der nur das das Wahrste sein konnte, daß er unter den Brüdern der Rache[2] gedient und mit ihnen die Bauern geäxtert[3] hatte, bekannt gemacht [hätte]. Unserem gebildeten Hauptmann Magdeburger mochte die Schwafelei dieses jungen Helden ebenso fatal als uns sein, kurz er machte den Aufstand und wünschte uns allen eine gute Ruh, an der es uns für heute auch wahrhaftig nicht gebrach. – Schlechterdings wollte er den Kapitän Spielmann veranlassen, den anderen Morgen mit dem frühesten zu mir zu kommen, welches ich doch aus Gründen nicht annahm.
17. Dezember früh den Kapitän Spielmann (wohnhaft ohnfern des Stadthauses bei [den] Herren Spielmann und Mayer) aufgesucht; er [war] aber schon ausgegangen. Beim Kommandanten, dem preußischen Obersten Krauseneck, dessen Bekanntschaft ich schon in Mons[4] gemacht hatte, gemeldet, der uns sogleich auf Mittag invitiert, woran mir nichts gelegen war, da ich [ihn] lieber bei Feldmarschall-Leutnant Frimont[5] zugebracht hätte. Hierauf die hohen Wälle begangen. Die Festung Mainz hält 12 Bastions usw. . . . Wir verbrachten mit der Besichtigung alles dessen bis 1/2 1 Uhr Mittags. Ich eilte sodann zu Kapitän Spielmann und traf ihn glücklicherweise an. Ich lernte an ihm einen jungen, lieben Mann kennen, dessen guter Charakter sich schon auf seinem Gesicht aussprach. Er freute sich, einen Sachsen kennen zu lernen, dem er die Versicherung geben könnte, daß er zu allem möglichen Beistand bereit sei, der zu unserem Wohl und zur Beförderung unserer Wünsche gereichen könnte. Ich entdeckte ihm die Absicht meiner Anwesenheit, und er gab meiner Forderung dadurch gänzlich Gehör, daß er nicht durch die Post, sondern durch die aufgestellte Ordonnanzlinie eine Korrespondenz mit uns und Langenau anzuknüpfen gesonnen sei. Vorher hatte er mir folgenden Brief von Langenau mitgeteilt, woraus ich allerdings abzunehmen glaubte, daß jede Annäherung nicht rasch genug erfolgen könnte:
„Ein Auftrag, den ich abermals an Sie, lieber Freund, erhalten habe, verschafft mir schon wieder das Vergnügen, mit Ihnen in Korrespondenz zu kommen. In der Beilage habe ich das Glück, Ihnen eine Note des Königs von Sachsen in Abschrift zu senden. Es ist selbige an alle hier anwesenden Monarchen übergeben worden und erscheint nun bald in allen österreichischen Zeitungen. – Für den Augenblick soll ich Sie ersuchen, selbige mit einer guten Manier in das Hauptquartier der Sachsen zu bringen. Es sind jedoch hierbei einige Vorsichten zu beobachten, damit teils nicht der Brief in die Hände des Generals Thielmann falle, teils überhaupt nicht an unrechte Personen komme. – Zu diesem Zwecke wage ich es, Ihnen zwei Vorschläge zu machen: 1. die Proklamation unter der Adresse des K. S. Obersten v. Zezschwitz im Generalstab oder 2. unter der des Obersten v. Einsiedel, Kommandant eines Linienregiments, durch eine sichere Gelegenheit nach Koblenz zu befördern. Sollten Sie hierbei einige Auslagen haben, so bitte ich, mir selbige nebst denen über den „Rheinischen Merkur“ zuzurechnen. – Im Übrigen bitte ich Sie dringend, allen Sachsen zu sagen, daß sie den Mut nicht verlieren sollen. War je Hoffnung für den König von Sachsen, so ist es in diesem Augenblick.
Leben Sie wohl und seien Sie von meiner Hochachtung und Freundschaft überzeugt. Ich bitte von Ihrer Seite um ein Gleiches.
Wien, den 23. November 1814.
W. v. Langenau“[6].
„Von dem Erfolge erbitte ich mir gütigst Nachricht.“
Teils um Kapitän Langenau zu zeigen, in welchen guten Händen sich seine Mitteilung befände, teils um
ihm die große Versicherung geben zu können, daß bis
- ↑ Spielmann gehörte auch zum österreichischen Generalstab.
- ↑ Gemeint ist wohl die „Schwarze Legion der Rache“ des Braunschweiger Herzogs Friedrich Wilhelm.
- ↑ Ein Volksausdruck, der soviel wie „ärgern, drangsalieren“ bedeutet und noch heute, z. B. in der Gegend von Zwickau, gebräuchlich sein soll.
- ↑ Während des Feldzuges von 1814. Krauseneck befehligte die beiden in Mainz liegenden Infanterieregimenter (vgl. v. Ollech a. a. O. S. 7).
- ↑ Joh. Frh. v. Frimont, bald darauf General d. Kav., kommandierte die österreichischen Truppen in Mainz.
- ↑ Der Hauptmann W. v. Langenau (s. o. Anm. 77 u. 118) gehörte ebenfalls zum österreichischen Generalstab.
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/251&oldid=- (Version vom 13.3.2025)