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MKL1888:Blüte

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Blüte“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 3 (1886), Seite 6471
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Blüte. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 3, Seite 64–71. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Bl%C3%BCte (Version vom 31.10.2022)

[64] Blüte (Flos), nach gewöhnlichem Sprachgebrauch alle diejenigen auch äußerlich auffallend von den übrigen abweichenden Teile einer Pflanze, welche zur Erzeugung der Samen oder diesen analoger Reproduktionsorgane bestimmt sind. Während dieser Sprachgebrauch einen strengen Unterschied zwischen den der geschlechtlichen Zeugung dienenden Organen bei den Phanerogamen und denjenigen bei den Kryptogamen nicht gestattet, spricht man in der Botanik von einer B. nur bei den Phanerogamen und gelangt, weil Ort und Ausbildung der Blüten hier im wesentlichen die gleichen sind, zu einer ebenso kurzen wie allgemein zutreffenden Definition der B. Man versteht darunter einen einfachen Sproß oder ein Sproßende, an dessen Blättern die Geschlechtsorgane ausgebildet sind. Die Fähigkeit der Pflanze, gewisse ihrer Sprosse in der angegebenen Weise zu metamorphosieren, ist allein den Phanerogamen eigen und beruht auf der allgemeinern, eben nur hier vorkommenden Erscheinung der sogen. Metamorphose des Blattes; die B. ist ein Teil der Hochblattregion des Stengels (vgl. Blatt, S. 1017). Die beiden Geschlechtsorgane, welche hiernach die wesentlichen Teile der B. ausmachen, sind das Staubgefäß oder Staubblatt (stamen) als männliches und die Samenknospe oder das Eichen (ovulum) als weibliches. Beide Organe zeigen in der ganzen Gewächsreihe die auffallendsten Übereinstimmungen in allen wesentlichen Punkten, sie sind die am wenigsten variabeln Teile der B., und nur durch die Zahlen- und Anordnungsverhältnisse derselben und vornehmlich durch die Ausbildungsweise gewisser andrer zur B. gehöriger, aber keine Geschlechtsorgane erzeugender Blätter werden die so mannigfaltigen Formen der B. hervorgebracht. Wir finden nämlich in den meisten Fällen außer den mit den Geschlechtsorganen versehenen noch andre Blätter an der Zusammensetzung der B. beteiligt, die am wenigsten von der gewöhnlichen blattförmigen Ausbildung abweichen und als Blütendecken bezeichnet werden. Die Stengelglieder, an welchen die zur B. gehörigen Blattorgane aufeinander folgend angeordnet sind, sind fast überall äußerst verkürzt, dergestalt, daß sämtliche Blütenblätter dicht zusammengedrängt stehen. Die Gesamtheit

Fig. 1.
Ideale Darstellung einer Blüte.

dieser Stengelglieder bildet den Blütenboden oder die Blütenachse (receptaculum florale). Es ist nun eine allgemeine Regel, daß die gleichartig ausgebildeten Blattorgane der B. rings um die Blütenachse gleichmäßig und in gleichen Abständen verteilt sind, indem sie bald wirkliche Quirle, bald niedergedrückte Spiralen bilden, und daß diese sogen. Blattkreise an der Blütenachse hintereinander oder wegen der starken Verkürzung der letztern umeinander geordnet erscheinen. Fig. 1 zeigt eine ideale Darstellung einer vollständigen B., an welcher der Deutlichkeit halber die einzelnen Blattkreise in widernatürlicher Weise weit auseinander gerückt sind. Der oder die untersten, resp. äußersten Blattkreise der B. stellen die Blütendecke dar, welche häufig aus zwei Blattkreisen von verschiedener Beschaffenheit gebildet wird, einem äußern, dem Kelch (calyx), und einem innern, der Blume oder Krone (corolla). Die Blätter des erstern, die Kelchblätter (sepala), sind meist grün, am Grund breit, nach dem Ende hin zugespitzt und häufig von längerer Dauer; die der letztern dagegen, die Blumenblätter (petala), sind durch meist farbige, zarte Beschaffenheit, durch eine aus schmaler Basis gegen das Ende breiter werdende Gestalt und durch rasche Vergänglichkeit charakterisiert. Wo sämtliche Blätter der Blütendecke einander gleichartig, bald mehr kelch-, bald mehr blumenartig gebildet sind, wo also Kelch und Krone nicht unterschieden werden können, spricht man von einer Blütenhülle (perigonium s. perianthium). Der oder die nächstfolgenden Blattkreise bestehen aus den Staubgefäßen oder Staubblättern, die aus einem fadenförmigen untern Teil und einem beutelförmigen obern Teil, dem Behälter des Blütenstaubes, bestehen. Da diese Blattgebilde die männlichen Organe sind, so nennt man die betreffenden Blattkreise der B. das Andröceum. Das Ende der Blütenachse, also die Mitte der B., nehmen ein oder mehrere letzte Blattkreise ein, die entweder selbst an gewissen Stellen die Samenknospen [65] tragen, oder nur um das mit den letztgenannten Organen besetzte Ende der Blütenachse ein Gehäuse bilden, außerdem aber auch für die Aufnahme des befruchtenden Blütenstaubes eingerichtet sind. Da sie den weiblichen Teil der B. ausmachen, so nennt man sie in ihrer Gesamtheit das Gynäceum, die Blätter selbst aber Fruchtblätter oder Karpiden (carpella, carpidia).

Zahlen- und Stellungsverhältnisse der Blütenteile. Blütendiagramme.

Von größter Wichtigkeit im Bau der B. sind die Zahlenverhältnisse der Glieder der einzelnen Blattkreise, und da dieselben bei jeder Gattung und Art oft sich konstant erweisen, so werden sie zu den wichtigsten Momenten für die botanische Systematik. Bisweilen

Fig. 2. Fig. 3.
Diagramme von Blüten.

drückt man die Zahlenverhältnisse einer B. durch eine Blütenformel, z. B. K5C5A5 + 5G5, aus, in welcher K den Kelch, C die Blumenkrone, A das Andröceum und G das Gynäceum, die Ziffern die Anzahl der zugehörigen Glieder bedeuten. Aus welcher Anzahl von Gliedern auch ein Blattkreis der B. bestehen mag, wir finden immer die letztern in gleichen Abständen voneinander um die Blütenachse angeordnet,

 Fig. 4.   Fig. 5.  Fig. 6.
Hypogyne, perigyne, epigyne Stellung
der Kelch-, Blumenblätter und Staubgefäße.

und wenn zwei Blattkreise mit gleicher Gliederzahl aufeinander folgen, so alternieren sie, d. h. die Glieder des einen fallen über die Mitte der Zwischenräume zwischen denen des vorhergehenden. Wo von diesen Regeln eine Abweichung besteht, da sind Glieder eines Blattkreises, eventuell ein ganzer Kreis normal unterdrückt, nämlich über die ersten Spuren ihrer Anlage hinaus nicht weiter entwickelt worden und fehlen mithin in der fertigen B. Es gibt Pflanzen, deren sämtliche Blattkreise der B. gleichzählig sind. So ist in diesem Sinn z. B. bei den meisten Monokotyledonen die Dreizahl herrschend: wir finden hier 2 Kreise von Perigonblättern, jeden zu 3 Blättern, desgleichen 2 Kreise von Staubgefäßen, jeden gleichfalls dreigliederig, während der Fruchtblattkreis nur ein einziger, aber wiederum dreigliederiger Kreis ist. Die B. hat also 6 Perigonblätter, 6 Staubgefäße und 3 Griffel. In ähnlicher Weise herrscht bei den Dikotyledonen die Fünfzahl; die B. hat dann 5 Kelch-, 5 Blumenblätter, 5 oder 10 Staubgefäße und bisweilen, wenn sich die Fünfgliederigkeit bis dorthin fortsetzt, auch 5 Fruchtblätter. Solche fünfgliederige Blattkreise sind nicht eigentliche Quirle, sondern spiralige Stellungen mit 2/5-Divergenz (vgl. Blatt, S. 1013), in denen man die Aufeinanderfolge der Blätter meist leicht aus der Reihenfolge ermitteln kann, in der diese sich von außen nach innen decken. Die Zahlen- und Stellungsverhältnisse der Blütenteile pflegt man durch eine schematische Zeichnung wiederzugeben, welche den projektivischen Grundriß der B. darstellt, das sogen. Diagramm der B. Die bestehenden Figuren 2 und 3 stellen den Grundriß einer B. mit lauter dreizähligen und den einer andern mit fünfgliederigen Blattkreisen dar. Wenngleich die Dreizahl unter den Monokotyledonen und die Fünfzahl unter den Dikotyledonen, wenigstens in den Blütendecken, weit verbreitet ist, so gibt es doch in beiden Abteilungen auch zahlreiche Gewächse mit andern Zahlenverhältnissen. In einigen Fällen treten auch die Blütenhüllblätter in viel größerer Anzahl auf, z. B. bei Calycanthus, Cactus, Nymphaea; dann pflegen sie in einer fortlaufenden, freilich sehr seicht aufsteigenden Spirale angeordnet zu sein. In der B. von Calycanthus sind sogar sämtliche Blätter in eine fortlaufende Spirale gestellt, so daß die verschiedenartigen Blätter keine abgesonderten Kreise bilden. Eine derartige B. heißt acyklisch, eine aus Quirlen zusammengesetzte dagegen cyklisch, und eine aus Spiralen und Quirlen gemischte hemicyklisch.

Da in dem Diagramm die wesentlichen Beziehungen der Blütenteile zu einander auf übersichtliche Weise ausgedrückt werden, so benutzt man es in der systematischen Botanik zur vergleichenden Charakteristik der Pflanzenfamilien. Häufig treten in den Diagrammen verschiedener Pflanzengruppen Verwandtschaftsanalogien auf, welche eine morphologische Erklärung gestatten. Vergleicht man z. B. das Diagramm einer Orchisblüte mit dem einer Liliacee, so findet man bei jener von den sechs in zwei dreigliederigen Kreisen (Fig. 3) stehenden Staubgefäßen der typischen Monokotylenblüte nur ein einziges, nämlich das vordere des äußern Kreises, ausgebildet, während an der Stelle zweier nach vorn liegender Staubgefäße des innern Kreises zwei Staubgefäßrudimente (staminodia) sich vorfinden und alle übrigen Staubgefäße fehlschlagen. Ein auf derartige Verhältnisse Bezug nehmendes Diagramm nennt man ein theoretisches, während man durch das empirische Diagramm nur das thatsächlich Beobachtete wiedergibt. Sehr wichtig werden die Diagramme auch dadurch, daß sie die Stellung der Blütenteile zu den ihnen vorausgehenden Deck- und Vorblättern, den sogen. Einsatz der B., auszudrücken gestatten. Vgl. Eichler, Blütendiagramme (Leipz. 1875–78, 2 Tle.).

Die einzelnen Teile der Blüte.

Bemerkenswerte Eigentümlichkeiten im Bau der B. werden auch durch die verschiedene Form der Blütenachse hervorgebracht. Entweder ist dieselbe ungefähr cylindrisch, wenn auch sehr kurz, und dann befinden sich die Ansatzstellen der einzelnen Blattkreise gerade übereinander, Kelch-, Blumenblätter und Staubgefäße entspringen unterhalb des von den Fruchtblättern gebildeten [66] Pistills (s. unten) und werden in Bezug hierauf hypogyn genannt (Fig. 4, S. 65). Oder die Blütenachse ist unterhalb der Ansatzstelle der Fruchtblätter ringsum zu einer flachen bis becher- oder krugförmigen Verbreiterung ausgewachsen, auf deren Rande dann erst die Kelch-, Blumenblätter und Staubgefäße entspringen, daher man diese Stellung perigyn nennt (Fig. 5, S. 65). Endlich kann die ganze Blütenachse becherförmige Gestalt annehmen, so daß auch die Fruchtblätter am Rande derselben entspringen. In diesem Fall schließen sich die letztern oberhalb des von der becherförmigen Achse gebildeten Raums zusammen, und der letztere ist dann die sonst von den Fruchtblättern allein gebildete Höhlung, welche die Samenknospen birgt und Fruchtknoten genannt wird (Fig. 6, S. 65). Da hier also der Fruchtknoten unterhalb des Punktes liegt, an welchem die Blütenblätter entspringen, so nennt man diese Stellung epigyn. Die Blütenhülle (perigonium s. perianthium) besitzt in ihrer vollkommensten Form blumenartige Beschaffenheit, wie bei der Tulpe, Lilie etc. In diesem Fall sind die Blätter beider Kreise einander gleichgestaltet oder verschieden, wie z. B. bei der Schwertlilie. Kelchartige Beschaffenheit hat die Blütenhülle z. B. bei den Juncus- und Luzula-Arten, bei Brennesseln, bei der Ulme u. a. Nur als kleine, wenig gefärbte Schüppchen erscheint sie bei der Erle, Eiche, Rotbuche etc. und in ähnlicher unvollkommener Form bei den Gräsern. Die Blüten

Fig. 7. Fig. 8.
Grasblüte.
bb′ Blütenspelzen, c Granne. – b Blütenspelze, ee Blütenhülle.

der letztern sind zwischen zwei Hochblättern, den sogen. Blütenspelzen, eingeschlossen (Fig. 7 b und b′); die Blütenhülle wird erst in Gestalt zweier sehr kleiner Schüppchen sichtbar, wenn man die vordere Blütenspelze entfernt hat (Fig. 8, ee). Noch unvollkommener stellt sich die Blütenhülle dar bei den Arten der

Fig. 9. Fig. 10.
Blüte von Scirpus. Ulmenblüte.

Gattung Scirpus, wo sie in Gestalt kleiner, gezähnelter Borsten auftritt (Fig. 9). Bisweilen sind die Blätter des Perigons untereinander in ein Ganzes verwachsen, so daß nur ein mehr oder weniger großes Stück ihres obern Teils frei bleibt. Solche Blütenhüllen, wie sie z. B. bei der Hyazinthe, bei Daphne, bei der Ulme (Fig. 10) vorkommen, heißen verwachsenblätterig, in der ältern Botanik auch einblätterig (perigonium gamophyllum s. monophyllum).

Der Kelch (calyx) ist grün oder anders gefärbt, wie bei vielen Ranunkulaceen, wo die Blumenblätter fehlen oder eine andre Ausbildung erhalten, und bei Fuchsia. Die Kelchblätter sind bald von ansehnlicher Größe, meist ganz, seltener fiederförmg geteilt, bald treten sie in ihrer Ausbildung sehr zurück, stellen sehr kleine Zähnchen dar oder fehlen ganz, wie bei den Umbelliferen und den Kompositen, in welch letzterer Familie gewöhnlich ein andres Gebilde an ihrer Stelle steht, die sogen. Haarkrone oder der Pappus (s. d.), der erst an der reifenden Frucht seine völlige Ausbildung erreicht und als metamorphosierter Kelch erscheint. Auch die Kelchblätter sind häufig miteinander verwachsen und bilden einen verwachsenblätterigen Kelch (calyx monophyllus s. gamophyllus), der dann je nach der Länge der freien Enden der Blätter und nach der Zahl derselben zwei- bis vielzähnig, -spaltig, -teilig (calyx bi-, multidentatus, -fidus, -partitus) genannt wird. Beispiele für diese Formen des Kelchs bieten die Nelken und verwandten Gattungen, die Lippenblütler, die Schmetterlingsblütler. Eine eigentümliche Bildung ist der Außen- oder Hüllkelch (epicalyx, s. d.), d. h. ein unmittelbar unter dem Kelch stehender zweiter Kreis kelchartiger Blättchen. In der Regel hat der Kelch eine längere Dauer als die Blume, er ist sogar oft an der Frucht noch vorhanden, ja bisweilen an derselben größer geworden; auch das Perigon zeigt vielfach ein ähnliches Verhalten (vgl. Frucht). Dagegen fällt der Kelch gleichzeitig mit den Blumenblättern nach dem Verblühen ab bei den Kreuzblütlern und schon beim Aufblühen, also vor dem Abfallen der Blumenblätter, beim Mohn.

Die Blume oder Krone (corolla) ist meist vom Kelch durch ansehnlichere Größe, lebhafte Färbung, zarthäutige Beschaffenheit und raschere Vergänglichkeit unterschieden. Wenn die Blumenblätter nicht verwachsen sind, so unterscheidet man ihren untern mehr oder weniger langen, schmalen Teil als den Nagel (unguis) von dem obern breitern, der Platte

Fig. 11.
Blumenblatt der Nelke.

(lamina, Fig. 11). Die Platte tritt wieder in verschiedenen Formen auf, und ihr Rand ist entweder ganz, oder gezahnt, oder sogar mehr oder weniger tief zerschlitzt, wie bei vielen nelkenartigen Gewächsen (Fig. 11), oder auch tief zweiteilig, wie bei Stellaria. Zwischen Nagel und Platte steht bisweilen auf der Oberseite des Blumenblattes ein schuppenartiges, häutiges Anhängsel, die sogen. Ligula, z. B. bei Arten der Gattungen Silene und Lychnis. Seltener haben die Blumenblätter eine unvollkommene Ausbildung, z. B. als schwach oder nur grünlich gefärbte, an Größe hinter den Kelchblättern zurückstehende, schuppenartige Blättchen bei Arten der Gattungen Ribes und Rhamnus. Sehr häufig sind die Blumenblätter untereinander verwachsen, und es entsteht so die verwachsenblätterige Blume (corolla gamopetala s. monopetala) oder Blumenkrone, die für die ganze Abteilung der Gamopetalen charakteristisch ist. Das untere, aus den verwachsenen Teilen der Blumenblätter bestehende Stück derselben wird die Röhre (tubus), das obere, mehr oder minder ausgebreitete, aus den freien Teilen bestehende Stück der Saum (limbus), die Übergangsstelle zwischen beiden Schlund (faux) genannt. Je nach der Form, den diese beiden Teile haben, heißt die Blumenkrone trichterförmig [67] (corolla infundibuliformis), z. B. bei der Winde (Fig. 12), glockenförmig (c. campanulata) bei den Glockenblumen (Fig. 13), krugförmig (c. urceolata) beim Heidekraut (Fig. 14), röhrig (c. tubulosa) bei

Fig. 14. Fig. 12. Fig. 13.
Krugförmige, trichterförmige, glockenförmige,
Fig. 15. Fig. 17. Fig. 16.
röhrige, radförmige, tellerförmige
Blumenkrone.

den Röhrenblüten der Kompositen (Fig. 15), tellerförmig (c. hypocrateriformis), z. B. bei Phlox (Fig. 16), und radförmig (c. rotata), wenn der Saum ebenso ausgebreitet wie im vorhergehenden Fall, aber die Röhre äußerst kurz ist, wie bei Veronica (Fig. 17). Diese Ausdrücke sind gleichfalls anwendbar für die analogen Formen des verwachsenblätterigen Perigons. Endlich sind noch diejenigen besondern Formen der Blumenblätter erwähnenswert, welche letztere annehmen, wo sie zu Apparaten für Honigabsonderung, zu sogen. Nektarien (s. d.), sich ausbilden. Oft sind zu diesem Zweck die Blumenblätter

Fig. 18.
Gesporn­tes Blu­menblatt.

in einen hohlen, innen Honig absondernden Sporn ausgezogen, wie bei Aquilegia, wo alle fünf Blumenblätter gespornt erscheinen, oder bei Linaria, Corydalis, Viola, bei denen nur ein einziges Blumenblatt gespornt ist (Fig. 18). Auch der Kelch, wie bei Tropaeolum, oder das Perigon, wie bei den Orchideen, kann gespornt sein. Sehr eigentümliche Umbildungen der Blumenblätter zu Nektarien finden sich bei gewissen Ranunkulaceen, z. B. Nigella, Trollius, Aconitum. Bisweilen treten auch auf der Fläche der Blumenblätter blatthäutchenartige Bildungen (Ligulargebilde) auf, z. B. bei Lychnis in Form kleiner Zähne, am ausgezeichnetsten in der Blütenhülle von Narcissus, in der sie einen becherförmigen, am Schlund stehenden Teil (die Nebenkrone, corona) bilden.

Die Staubgefäße, Staubblätter (stamina) bestehen aus einem schmalen, stielartigen untern Teil, dem Staubfaden oder Träger (filamentum), und einem beutelförmigen obern Teil, dem Staubbeutel oder Staubkolben (anthera), welcher den Blütenstaub (pollen) in sich enthält (s. die folgenden Figuren). So sehr auch das Staubgefäß von einem gewöhnlichen Blatt abzuweichen scheint, so ist es doch als ein solches im metamorphosierten Zustand zu betrachten, und zwar entspricht der Staubfaden dem Blattstiel, der Staubbeutel der Blattfläche. Dies erweist sich unzweifelhaft an solchen Blüten, wo die in großer Zahl vorhandenen Blumenblätter und Staubgefäße

Fig. 19.
Übergangsformen zwischen Blumen- und Staubblatt.

allmählich ineinander übergehen, was z. B. bei der Teichrose (Nymphaea) der Fall ist; in Fig. 19 ist dieser Übergang dargestellt, wo links ein reines Blumenblatt, rechts ein vollkommenes Staubgefäß zu sehen ist. Auch die sogen. gefüllten Blüten (flores pleni) sind Belege für das eben Gesagte, indem bei ihnen die Staubgefäße die Gestalt der Blumenblätter annehmen, wobei auch bisweilen Mittelformen zwischen beiden vorkommen. Der Staubfaden ist bald fadenförmig, bald kurz und gedrungen (Fig. 20) oder mehr bandartig. Bisweilen kommen am Staubfaden gewisse Teile vor, die sich auch an echten Blättern finden; so besonders zahnartige Fortsätze an den Seiten (Fig. 21), welche an

Fig. 21. Fig. 22.
Fig. 20.
 Fig. 23. 
Fig. 20. Kurzer Staubfaden. Fig. 21. Staubfaden mit zahnartigen Fortsätzen. Fig. 22. Staubfaden mit flügelartigem Anhang. Fig. 23. Mit der Blumenkrone verwachsene Staubgefäße.

die Nebenblätter, oder ein flügelartiger Anhang an der Innenseite (Fig. 22), welcher an die Ligula erinnert. Wo das Perigon oder die Blume verwachsenblätterig sind, verwachsen oft die Staubfäden mit der Röhre dieser Teile verschieden weit, so daß dann die Staubfäden von der Innenfläche der letztern entspringen, oder daß bei vollständiger Verwachsung die Antheren unmittelbar daselbst aufsitzen (Fig. 23).

Stempel. Die Fruchtblätter (carpidia, carpella) bilden bei allen Phanerogamen, mit Ausnahme der Gymnospermen (Koniferen und Cykadeen), einen oder mehrere Hohlkörper, in welchen die Samenknospen eingeschlossen sind. Einen solchen Körper nennt man Stempel (pistillum) und unterscheidet ihn zunächst nach der Anzahl der Fruchtblätter, die zu seiner Bildung zusammentreten, als einfachen (pistillum monomerum), wenn er von einem einzigen, und als zusammengesetzten (p. polymerum), wenn er aus mehreren Fruchtblättern gebildet ist, nach deren Zahl er als zwei-, drei-, viergliederig etc. (p. di-, tri-, tetramerum) unterschieden wird. Ist in der B. nur ein Fruchtblatt vorhanden, so entsteht ein einfaches Pistill, indem das Fruchtblatt schon sehr frühzeitig mit seinen beiden Rändern verwächst, so daß also seine Rückenseite auswendig liegt, seine Innenseite aber zur innern Oberfläche der von ihm abgeschlossenen Höhlung wird. Einen solchen Stempel haben die Schmetterlingsblütler [68] und die Amygdalaceen, z. B. der Kirschbaum. In Fig. 24 ist er von der letztern Pflanze vergrößert dargestellt, und Fig. 25, welche einen Durchschnitt durch das obere Stück des Teils a gibt,

Fig. 26. Fig. 24. Fig. 25.
Fig. 27.
Fig. 24. Einfaches Pistill des Kirsch­baums. a Fruchtknoten, b Narbe, c Griffel. Fig. 25. Durchschnitt bei a. Fig. 26. Spiralig geordnete Stempel. Fig. 27. Kreis von einfachen Stempeln.

verdeutlicht, wie die Verwachsung der eingeschlagenen Ränder des Fruchtblattes zu stande kommt. Wenn die B. eine Mehrzahl von Karpellen in spiraliger Anordnung enthält, so wird wiederum jedes zu einem einfachen Stempel, und somit besitzt jede B. eine Mehrzahl solcher, welche, in einer Spirallinie geordnet, dicht gedrängt übereinander stehen; so z. B. bei den Gattungen Ranunculus (Fig. 26), Potentilla, Fragaria. Die Bildung jedes Stempels kommt hier in derselben Weise wie im vorigen Fall zu stande; es sind mithin die verwachsenen Fruchtblattränder hier immer der Blütenachse zugekehrt. Stehen endlich die Karpelle in einem Kreise, so kann zunächst auch wieder der vorige Fall eintreten, und wir haben in der B. einen Kreis von einfachen Stempeln, z. B. bei den Gattungen Sedum (Fig. 27), Sempervivum, Helleborus etc. In den meisten Fällen hingegen bildet sich aus einem Kreis von Fruchtblättern ein zusammengesetzter Stempel. Dies geschieht auf zweierlei Weise. Entweder verwachsen die Fruchtblätter nur an den Rändern und vereinigen sich zu einem ungefächerten Gehäuse, dem sogen. parakarpen Gynäceum, oder die geschlossenen Fruchtblätter verwachsen zu einem gefächerten Pistill oder synkarpen Gynäceum. Unterbleibt die Verwachsung der Fruchtblätter

Fig. 28. Fig. 29.
Fig. 30.
Fig. 28. Zusammengesetzter Stempel. Fig. 29 und 30. Durchschnitte durch zusammen­gesetzte Pistille.

gänzlich, so nennt man das Gynäceum apokarp. Die äußere Form des fertigen Pistills verrät nicht immer leicht die ursprüngliche Zusammensetzung desselben aus mehreren Blättern (vgl. Fig. 28). Fig. 29 und 30, welche Durchschnitte durch zusammengesetzte Pistille darstellen, veranschaulichen, wie die Vereinigung der Ränder mehrerer Karpelle, zweier in jener, dreier in dieser, zu stande kommt. Wo die Blütenachse becherförmige Gestalt annimmt (s. oben) und dabei auch die Fruchtblätter am Rande dieses Bechers sitzen, da wird natürlich der größte Teil des Stempels eben von dieser becherförmigen Blütenachse gebildet, während die Fruchtblätter nur die obere Decke desselben herstellen; aber auch hier vereinigen sie sich an ihren Rändern miteinander. Der eben genannte Teil des Stempels, der sogen. Fruchtknoten, welcher in diesem Fall durch die Blütenachse gebildet wird, ist hier durch seine Lage unterhalb der Kelch-, Blumen- und Staubblätter ausgezeichnet (vgl. Fig. 6, S. 65) und wird darum unterständig (ovarium inferum) genannt, im Gegensatz zu den übrigen Fällen, wo er oberständig (ovarium superum) heißt.

An jedem Stempel lassen sich nun drei Teile unterscheiden: 1) der Fruchtknoten oder Eierstock (ovarium), d. h. der mehr oder weniger bauchige, inwendig hohle und die Samenknospen bergende untere Teil (vgl. oben, Fig. 24 a); 2) der Griffel oder Staubweg (stylus), d. h. der stielartig verdünnte mittlere Teil (c); 3) die Narbe (stigma), welche das zur Aufnahme des Blütenstaubes bestimmte Organ darstellt und das Ende des Griffels einnimmt (b).

1) Der Fruchtknoten wird entweder als einfächerig (ovarium uniloculare) oder als zwei- bis mehrfächerig (ovarium bi-, pluriloculare) unterschieden, je nachdem er eine einfache oder eine durch Längsscheidewände in mehrere nebeneinander liegende Fächer geteilte Höhlung umschließt. Die einfachen Stempel haben einen einfächerigen Fruchtknoten (vgl. Fig. 24 u. 25). Auch beim zusammengesetzten Stempel ist dies bei Parakarpie der Fall (vgl. Fig. 29 u. 30). Häufig aber wird hier der Fruchtknoten

Fig. 31.
Dreifächeriger aus drei Karpellen bestehender Frucht­knoten.

mehrfächerig und zwar dadurch, daß die sich vereinigenden Fruchtblattränder nicht an der Peripherie des Fruchtknoten verbleiben, sondern nach innen wachsen, bis sie im Zentrum der Fruchtknotenhöhle zusammentreffen. Fig. 31 zeigt einen aus drei Karpellen bestehenden Fruchtknoten im Durchschnitt und läßt erkennen, wie die Zahl der Fächer derjenigen der Fruchtblätter entspricht. Die von den Fruchtblättern gebildeten wahren Scheidewände (dissepimenta), die von den durch Gewebewucherung hergestellten falschen Scheidewänden sich durch ihre Entwickelung unterscheiden, sind also, wenngleich sie im fertigen Zustand meist als einfache Lamellen erscheinen, ihrer Entstehung nach doppelt, weil sie durch Vereinigung zweier Nachbarblattränder zu stande gekommen sind. Dringen die Scheidewände nicht bis zur gegenseitigen Berührung im Zentrum der Fruchtknotenhöhle vor; so ist letztere streng genommen nur einfächerig, und die Scheidewände werden als unvollständige bezeichnet, wie beim Mohn.

Fig. 32.
Fruchtknoten des Kürbis.

Anderseits können aber auch die Fruchtblattränder, nachdem sie im Zentrum zusammengetroffen sind, noch weiter wachsen, indem sich jeder von dem bis dahin mit ihm verwachsenen Fruchtblattrand wieder trennt und sich gegen die äußere Fruchtknotenwand zurückwendet, wobei also der eine im rechten, der andre im linken Fach vordringt und dieses mehr oder wenige vollständig halbiert, wie beim Kürbis (Fig. 32). Die Stelle in der Fruchtknotenhöhle, an welcher die Samenknospen unmittelbar ansitzen, wird Samenleiste (placenta [69] s. spermophorum) genannt und zeigt ihrer Lage nach folgende Verhältnisse. Sehr häufig nehmen die Samenknospen die Ränder der Fruchtblätter ein, wobei gewöhnlich jedem der verwachsenen beiden Ränder eine oder eine ganze Reihe Samenknospen zukommt. Wir finden dann die Samenleisten an der Innenwand des Fruchtknotens, und ihre Lage entspricht den verwachsenen Fruchtblatträndern (vgl. Fig. 25, 29, 30). Die Samenknospen können aber auch die innere Flache der Fruchtblätter einnehmen, sei es die ganze, wie bei der Gattung Butomus, sei es nur einen mittlern Streifen, wie bei den Violaceen, Cistineen u. a. Oder die Samenknospen sitzen auf den unvollständigen Scheidewänden, wie z. B. beim Mohn. In allen diesen Fällen pflegt man von einer wandständigen Placenta (placenta parietalis) zu reden. Beim mehrfächerigen Fruchtknoten, wo die Scheidewände bis in die Mitte desselben reichen, stehen die Samenknospen, wenn sie aus den Fruchtblatträndern entstehen, in dem innern Winkel eines jeden Faches zu zwei oder in zwei Reihen. In so gebauten Fruchtknoten geht bisweilen die Blütenachse durch die Höhle desselben als ein massiver zentraler Teil hindurch, und dann sind die Fruchtblattränder, welche bis dorthin reichen, an diesen Teil angewachsen. In diesem Fall kann die Blütenachse die Samenknospen hervorbringen, die dann meist einzeln in jedem Fach und zwar wiederum im innern Winkel desselben auftreten, wie z. B. bei den Malven. Diese Lage der Samenknospen bezeichnet man als achsenständige Placenta (placenta axilis). Endlich können im Grunde der Fruchtknotenhöhle, also auf der Spitze der Blütenachse, eine oder mehrere Samenknospen sitzen, wie z. B.

Fig. 33.
Halbierte Blüte von Chenopodium. kk Pistill, sk Samenknospe, aa Staubgefäße.

bei den Chenopodeen, Polygoneen u. a. (vgl. Fig. 33, welche eine halbierte sehr junge B. von Chenopodium mit dem durchschnittenen Pistill kk und der Samenknospe sk darstellt). Oder die Blütenachse wächst als eine mehr oder minder angeschwollene sogen. Mittelsäule (columella) in die Fruchtknotenhöhle hinein, diese fast völlig ausfüllend, und es sitzen dann die Samenknospen in größerer Anzahl auf der Oberfläche dieses Körpers. Ein ausgezeichnetes Beispiel hierfür liefern die Primulaceen (Fig. 34, ein Durchschnitt durch das Pistill von Anagallis mit der Mittelsäule S, auf welcher die Samenknospen SK). In diesen Fällen spricht man von einer freien mittelständigen Samenleiste (placenta centralis libera). Über die nähere Beschaffenheit der Samenknospe s. d.

2) Der Griffel entspringt meist auf der Spitze des Fruchtknotens, bisweilen auch tiefer, nämlich an der Innenseite beim einfachen, in einer Einsenkung zwischen den Fächern beim zusammengesetzten Stempel. Er hat bald beträchtliche Länge, bald ist er kurz, ja er kann ganz fehlen, so daß die Narbe

Fig. 34.
Pistill von Anagallis. S Mittelsäule, SK Samenknospe.

unmittelbar auf dem Fruchtknoten sitzt. Am einfachen Stempel ist der Griffel ungeteilt; auch am zusammengesetzten ist dies oft der Fall, indem die Fruchtblätter auch an dieser Stelle noch vereinigt bleiben. Häufig aber sehen wir hier den Griffel in so viele Teile sich spalten, als Fruchtblätter vorhanden sind, wonach man ihn als zwei- bis vielspaltig (stylus bi-, multifidus) bezeichnet (vgl. Fig. 28); oder es entspringt sogleich auf der Spitze des Fruchtknotens eine entsprechende Anzahl gesonderter Griffel. Inwendig ist dieser Teil seiner ganzen Länge nach von einem engen Kanal, dem sogen. Griffelkanal (canalis stylinus), durchzogen, der mit der Fruchtknotenhöhle in Verbindung steht.

3) Die Narbe ist immer das Ende des Griffels oder Griffelastes, soweit derselbe durch eine drüsige oder haarige Beschaffenheit der Oberfläche ausgezeichnet ist. Dieselbe rührt von der Bildung der sogen. Narbenpapillen oder Narbenhaare aus den Oberhautzellen dieser Teile her, welche, häufig noch durch eine klebrige Aussonderung unterstützt, zur Aufnahme und zum Festhalten des Blütenstaubes dienen. Die Narbe ist entweder einfach und erscheint dann kopfförmig (stigma capitatum, Fig. 24) oder fadenförmig (st. filiforme) etc.; oder sie besteht aus mehreren Teilen, den sogen. Narbenschenkeln (crurae stigmatis), welche gewöhnlich fadenförmige Gestalt haben

Fig. 35. Fig. 36. Fig. 37.
Fig. 35. Narbenschenkel. Fig. 36. Sitzende Narbe des Mohns. Fig. 37. Federförmige Narbe.

(Fig. 35); oder sie ist gelappt (st. lobatum), wenn ihre Teilungen minder tief sind. Hierbei gibt sich meistens eine Übereinstimmung mit den Zahlenverhältnissen der Fruchtblätter kund. Die sitzende Narbe des Mohns ist ein fast scheibenförmiger, vielstrahliger Körper (Fig. 36). Sind die Narbenhaare verhältnismäßig lang, so bekommen wir eine sogen. pinselförmige (st. penicillatum) und federförmige Narbe (st. plumosum, Fig. 37), wie sie bei den Gräsern [70] vorkommt. Ein eigentümliches Verhältnis kommt zu stande, wenn die Staubgefäße mit dem Griffel zu einem Körper verwachsen sind, der dann Befruchtungssäule (gynostemium) genannt wird. So sehen wir z. B. im bauchigen Grunde des Perigons von Aristolochia einen verdickten Körper, welcher die Narbe des hier unterständigen Fruchtknotens darstellt, und auf dessen Seiten die Staubbeutel aufgewachsen sind (Fig. 38, d die Narbe, c die Antheren).

Fig. 38. Fig. 39.
Fig. 38. Befruchtungssäule von Aristolochia. A die Blüte. B Durchschnitt. a Fruchtknoten, b Perigon, c Anthere, d Narbe.
Fig. 39. Schmetterlingsblume. a Hinteres Blumenblatt, bb Flügel, c vordere Blumenblätter, das Schiffchen bildend.

Auch bei den Orchideen ist das einzige ausgebildete Staubgefäß mit dem Griffel zu einer Befruchtungssäule verwachsen.

In vielen Blüten unterscheidet man endlich noch ein besonderes Gebilde unter der Bezeichnung Blütenpolster (discus s. torus). Dies ist eine drüsenartige Anschwellung der Blütenachse unterhalb des Fruchtknotens, die gewöhnlich auftritt in Form eines Ringes, oft auch als eine Mehrzahl isolierter, drüsenartiger Höcker, welche dann wohl auch unterweibige Drüsen (glandulae hypogynae) genannt werden. Auch bei unterständigem Fruchtknoten kommt diese Bildung vor; sie überzieht dann wie ein Polster den von den Blütenkreisen eingefaßten Scheitel des Fruchtknotens. Die genannten Teile, die in besonders hervortretender Ausbildung bei den Ahornen und bei den Umbelliferen gefunden werden, sind hier immer der Honigabsonderung fähig, stellen also wieder eine andre Form von Nektarien dar.

Wenn die einzelnen Glieder eines Blattkreises der B. einander ungleich gestaltet sind, so heißt die B. unregelmäßig (flos irregularis), im Gegensatz zur regelmäßigen B. (f. regularis). Hierbei zeigt sich das durchgreifende Gesetz, daß die Ungleichheit der einzelnen Glieder eines Kreises immer derartig ist, daß man durch einen in bestimmter Ebene, gewöhnlich von vorn nach hinten gehenden Längsschnitt die B. in zwei symmetrische Hälften teilen kann, die sich also zu einander so verhalten, als ob die eine das Spiegelbild der andern wäre. Darum wendet man auch für diese Blüten den Ausdruck symmetrisch oder zygomorph an und nennt dann die andern polysymmetrisch oder aktinomorph, weil sie sich durch mehrere Ebenen in spiegelbildlich gleiche Hälften zerlegen lassen. Asymmetrische Blüten kommen selten vor, z. B. bei Canna, und lassen sich auf keine Weise in spiegelbildlich gleiche Hälften teilen. Die wichtigsten Formen der symmetrischen B. sind die Schmetterlingsblume (Fig. 39) und die Lippenblume (Fig. 40–42) mit einer Nebenform, der sogen. Maskenblume (Fig. 43). Vgl. Papilionaceen und Labiaten.

Sind in einer B. alle die im vorausgehenden genannten Blattkreise vorhanden, so heißt sie vollständig (flos completus), sonst unvollständig (flos incompletus). Im letztern Fall kann zunächst eins der beiden Geschlechtsorgane fehlen. Eine solche B. nennt man getrennt- oder eingeschlechtig (flos diclinus), im Gegensatz zur Zwitterblüte (f. hermaphroditus s. monoclinus).

Fig. 40.
Fig. 41.
Fig. 42.
Fig. 43.
Fig. 40. Zweilippige Geißblattblüte. Fig. 41 u. 42. Lippenblumen. Fig. 43. Maskenförmige Lippenblume.

Dann hat die Pflanze zweierlei Blüten: männliche (flores masculi, ♁) und weibliche (flores feminei, ♀), die man auch als Staubgefäßblüten (flores staminigeri) und Stempelblüten (flores pistilligeri) unterscheidet. Beiderlei Blüten einer Pflanze gleichen sich nun entweder völlig bis auf das Fehlen der Geschlechtsorgane, die in der andern vorhanden sind, so daß man sie aus einer Zwitterblüte ableiten kann, bei der abwechselnd das eine und das andre Geschlechtsorgan mehr oder weniger fehlschlägt (flores abortu diclini,

Fig. 44.
a Männliche, b weibliche Blüte des Pfeilkrauts.

Fig. 44). Oder beiderlei Blüten sind, auch abgesehen von den Geschlechtswerkzeugen, verschieden gebaut, typisch eingeschlechtig (flores typice diclini); z. B. beim Hanf (Fig. 45–47), bei der Eiche, Kastanie, Haselnuß, Walnuß. Wenn männliche und weibliche Blüten auf demselben Pflanzenindividuum vorkommen, [71] so werden sie einhäusig (flores monoeci) genannt; sind aber beide auf verschiedene Individuen verteilt, so heißen sie zweihäusig (flores dioeci). Beispiele für den erstern Fall liefern der Kürbis, die Gurke, die Eiche, Buche, Haselnuß, Kastanie, Walnuß, die meisten Nadelbäume, für den zweiten der Hanf, Hopfen, die Weiden, Pappeln. Bei den Ahornen, bisweilen auch bei der Esche, kommen eingeschlechtige Blüten und Zwitterblüten auf derselben Pflanze zusammen vor; solche Blüten nennt man polygamisch (flores polygami). Wenn in einer B. beide Geschlechtsorgane fehlen, wie beiden Randblüten

Fig. 46. Fig. 47.  Fig. 45. 
Fig. 45. Männliche Hanfblüte. Fig. 46. Weibliche mit, Fig. 47 ohne Deckblatt.

mancher Kompositen, so heißt sie geschlechtslos (flos neuter). Eine B. kann aber auch unvollständig sein, insofern ihr die Blütenhülle fehlt; sie

Fig. 48.
Nackte B. der Esche.

besteht dann nur aus den Geschlechtsorganen und, wenn sie zugleich eingeschlechtig ist, nur aus Staubgefäßen oder nur aus dem Pistill. Dergleichen nackte Blüten (flores nudi) finden sich in Familien, in denen sonst wohlausgebildete Blütenhüllen vorkommen, wie z. B. bei der Esche (Fig. 48), und in gewissen Pflanzenfamilien vorherrschend, wie bei den Weiden und Riedgräsern und besonders den Koniferen (s. d.).

Der Bau der B. in seinen eigentümlichen und zugleich so mannigfaltigen Formen kann nur dann völlig verstanden werden, wenn man berücksichtigt, daß die B. nicht bloß den Zweck hat, die Geschlechtsorgane der Pflanze zu erzeugen, sondern daß ihr auch die Aufgabe zufällt, die zur Befruchtung notwendige Übertragung des Blütenstaubes auf die Narbe, d. h. die Bestäubung, zu vermitteln, indem sie Bildungen annimmt, welche unter den gegebenen äußern Verhältnissen diese Übertragung zur sichern Folge haben müssen. (S. Blütenbestäubung.) – Über sogen. gefüllte Blüten s. Blüten, gefüllte (S. 78).