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MKL1888:Nektarĭen

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Nektarĭen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Nektarĭen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 12 (1888), Seite 45
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Nektarĭen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 45. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Nektar%C4%ADen (Version vom 02.11.2022)

[45] Nektarĭen (Honigwerkzeuge), diejenigen Stellen einer Blütenpflanze, an welchen normalerweise eine zuckerhaltige Flüssigkeit (Nektar) ausgesondert wird, finden sich in der Regel in der Blüte oder in nächster Nähe derselben und stehen dann in deutlicher Beziehung zur Blütenbestäubung (s. d.); bisweilen kommen sie jedoch auch auf Blättern und Blattstielen, weit von den Blüten entfernt, vor. Die Blütennektarien sind im einfachsten Fall nur bestimmt begrenzte Stellen auf der Oberhaut der Blütenteile, bilden ein kleinzelliges, zartwandiges Gewebe und pflegen körniges Plasma nebst Stärke, Gummiarten und Zucker zu enthalten; als Umwandlungsprodukt dieser Stoffe tritt dann der sogen. Nektar auf, der durch Diffusion bis zur Oberfläche des als Drüse wirkenden Nektariums dringt und daselbst auf verschiedene Weise ausgesondert wird. N. finden sich auf der innern Fläche der Kelchblätter (Linde), am Grunde der Blumenblätter als fleischige Anschwellungen (Berberitze), auf den am Grund verbreiterten Staubfäden (Pentstemon), auf beiden Seiten des Fruchtknotens (Caltha). Sie bilden eine kreisförmige Grube am Grunde der Perigonblätter (Kaiserkrone), eine Hohlrinne (Blütenblätter der Lilie), einen Drüsenhöcker (Kruciferen) oder Drüsenring (Nicotiana) oder ein fleischiges Polster auf dem Scheitel des Fruchtknotens (Umbelliferen). Nicht selten werden die nektarientragenden Blütenteile stark umgestaltet; bei der Nieswurz z. B. bilden die kleinen, grünlichen Blumenblätter taschenförmige, mit Honig gefüllte Behälter, bei dem Aglei bildet jedes der fünf blauen Blumenblätter ein trichterförmiges Gefäß mit lang ausgezogenem Sporn, der in seinem verdickten Ende Nektar absondert. Beim Eisenhut (Aconitum) finden sich im Innern der Blüte zwei gestielte, hörnchenartig gebogene Körper, deren verdicktes Ende den Honig ausscheidet. Der zur Ansammlung des Nektars bestimmte Blütenteil wird als Safthalter bezeichnet und enthält in vielen Fällen zugleich den eigentlichen Nektar; jedoch kann auch ein andrer Blütenteil der Nektariumträger sein; bei den Veilchenarten z. B. sondern zwei von den fünf vorhandenen Staubgefäßen aus einem zwischen den Staubbeuteln befindlichen zäpfchenartigen Vorsprung den Honig ab, der sich dann in einem Hohlsporn des Blumenblattes ansammelt; die Safthalter nehmen auch bei andern Pflanzen gern die Form eines Sporns oder einer bauchigen Aussackung an. Bei den Marcgraviaceen Brasiliens ist die Honigabsonderung auf Organe außerhalb der Blüte (extraflorale N.), nämlich die Deckblätter, übertragen, in welchen aus zwei Poren sehr reichlich Honig ausgesondert wird. Bisweilen sind oberhalb der honighaltenden Stelle dichte Haarbüschel oder auch taschenförmige Ausstülpungen der Blumenkrone, z. B. bei vielen Asperifolien die sogen. Schlundklappen, ausgebildet, welche das Einfließen der Regentropfen in die Blumenröhre verhindern. Auch gegen den Besuch der honigleckenden und blumenverwüstenden Ameisen treten in den Blüten oder im Umkreis derselben mannigfache Schutzeinrichtungen auf. Um erwünschten Blumenbesuchern den Weg zum Honig anzudeuten, erscheinen in vielen Blumen diejenigen Stellen durch auffallende Farbenzeichnung, die sogen. Saftmale, geziert, an welchen das Saugorgan des Besuchers eingeführt werden muß, wenn die Bestäubung der Blüten mit Sicherheit erfolgen soll. Sind die Blumennektarien offenbar in den Dienst der Blumenbestäubung gestellt, so erscheint die Deutung der auf Blättern oder Blattstielen (z. B. auf den Blattstipeln von Vicia-Arten, auf den Stielen der Teilblättchen von Erythrina crista galli, auf der Blattspreite von Ailanthus glandulosa u. a.) vorkommenden N. schwieriger; man nimmt an, daß sie als indirekte Schutzmittel gegen Raupen zu betrachten sind, indem durch die Honigabsonderung Wespen und Ameisen angelockt werden, welche die Raupen angreifen und verzehren. Vgl. Kerner, Die Schutzmittel der Blüten gegen unberufene Gäste (Wien 1876); Behrens, Die N. der Blüten („Flora“ 1879); Stadler, Beiträge zur Kenntnis der N. (Berl. 1886).