BLKÖ:Teleki von Szék, Ladislaus Graf (1811–1861)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Teleki von Szék, Joseph Graf (1790–1855) |
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Teleki von Szék, Ladislaus Graf (1764–1821) | ||
Band: 43 (1881), ab Seite: 253. (Quelle) | |||
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Alexander’schen) Hauptstamme. Ein Sohn des Grafen Ladislaus aus dessen zweiter Ehe mit Johanna geborenen Baronin Mészáros. Schon in früher Jugend machte er sich durch seine wilde Eigenart, sein bizarres Benehmen und seine oft excentrischen Einfälle zur geringen Freude seiner nächsten Umgebung, von welcher er gemeiniglich a bolond (der Narr) genannt wurde, und der mit seinem Privatunterricht betrauten Lehrer in nicht eben angenehmer Weise bemerkbar. Einmal, als ihm von seinem Erzieher nicht gestattet ward, einen Ball zu [254] besuchen. zerschlug er unter dem stets wiederholten Ausruf: „Ich bin desperat!“ Spiegel und Möbel seines Zimmers. Diese Unbändigkeit blieb auch noch dem Manne eigen, der, als die Märzbewegung ausbrach, mit den Worten: „Wenn die Revolution losgeht, so soll das Zerstörungswerk bei mir zuerst beginnen“ in seinem Zimmer alle Möbel zertrümmerte. Es werden diese beglaubigten Züge hier nur deshalb angeführt, um aus des Grafen Gemüthsart zum Theil die Katastrophe zu erklären, die seine Freunde zu einem politischen Martyrium aufgebauscht haben. Nach Beendigung der Vorbereitungsstudien widmete sich Ladislaus der Jurisprudenz, zuerst an der Pesther Universität, später in Sáros-Patak, schließlich in Berlin. Erst 26 Jahre alt, hatte er sich doch schon so bemerkbar gemacht, daß ihn die ungarische Akademie zu ihrem Mitgliede, der Fogaraser District zu seinem Vertreter im Siebenbürger Landtag erwählte. Die erstere Auszeichnung mochte denn doch wohl mehr ein seinem berühmten Stiefbruder, dem Grafen Joseph Teleki gemachtes Zugeständniß, als die Folge eigener Verdienstlichkeit gewesen sein, da ja zu jener Zeit (1837) der Graf doch unmöglich schon so Hervorragendes geleistet haben konnte, daß seine Aufnahme in einen solchen Gelehrtenkörper in vollem Maße sich hätte rechtfertigen lassen. Im Siebenbürger Landtage der Jahre 1839 und 1842 saß der Graf wieder als Deputirter desselben Bezirkes. Um diese Zeit, 1841, betrat er auch das poetische Gebiet mit einem der römischen Geschichte entlehnten Stoff, mit seinem Drama: „Der Günstling“ (Kegyencz), welches öfter auf der ungarischen Bühne zur Aufführung gelangte. Doch war es nicht das Gebiet der Dichtung, auf welchem er sich einen Namen machte, sondern vielmehr jenes der Politik. Auf letzterem spielte er seit seinem 1843 erfolgten Eintritte in die Magnatenkammer eine hervorragende Rolle. Auf dem Landtage jenes Jahres schloß er sich bereits entschieden der damals gezählt nur geringen, aber gewogen bereits wichtigen und bedeutenden Opposition an, zu welcher Karl Graf Andrássy, Joseph Baron Eötvös, die Grafen Michael und Kasimir Eszterházy, Joseph Graf Pálffy, Béla Baron Wenckheim, Karl Graf Zay, Otto Graf Zichy u. A. gehörten. Schon damals schrieb Albert Hugo in seinem „Croquis aus Ungarn“ über Teleki: „In dem Kreise ausgezeichneter Männer wird man selten einer Individualität begegnen, die zwei so entgegengesetzte Typen in ihrer psychologischen Analyse aufweisen könnte als Graf Ladislaus Teleki. Außer dem Saale der Magnaten werden Sie nicht in ihm den Mann erkennen, für den er im Lande gilt; geschäftsvolle Unentschlossenheit, Schwanken, Zaudern, fast jungfräuliche Schüchternheit lassen ihn apathisch und blasirt erscheinen; und doch spielt er in der ungarischen Pairskammer eine der schönsten, humansten, brillantesten Rollen; er ist eine der stärksten Oppositions-Karyatiden; er hat sich in Ungarn und Siebenbürgen größte Reputation erworben durch herrliche intellectuelle Fähigkeiten, Kühnheit und Patriotismus. Welche Wandlung im Parlament! Der Childe-Haraldism schwindet, die spasmatischen Züge sind vergessen, man hört einen Redner voll übersprudelnden Geistes, der zumeist jene Manier Shakespearisch kurzer, bündiger, durchhauender Phrasen wählt, dessen Logik, Kühnheit und Schärfe der Dialektik verblüfft. Sein Herz ist von einem dicken Nerv [255] durchkreuzt, der in dem rechten Arme sich verliert. Er ist der Murat der Opposition. Je mehr Feindschaft, Hohn und Widerstand er findet, desto kühner schnellt die Kraft seines Geistes auf. Und dieser in seinen Privilegien so geschützte Mann kämpft gegen die Privilegien, gegen das legitime Unrecht, für allgemeine Freiheit und Gleichheit des Volkes, für Aufhebung von Robot und Zehent, für allgemeine Besteuerung, für gemeinsame Lasten“. Nach diesem denkwürdigen Reichstage (1843) hing bereits sein Bildniß in allen Laden, und wenn er sich auf der Straße zeigte, so konnte man sehen, wie Alt und Jung stehen blieb und dem Helden des Tages nachblickte. Von nun an ward er als eine der ersten Capacitäten der Reformbewegung gefeiert. Ein inniger, vielleicht der innigste Freund des Grafen Stephan Széchenyi [Bd. XLI, S. 251] und aus dessen Schule hervorgegangen, schloß er sich nichts desto weniger den Strebnissen Kossuth’s an, so lange die Frage eine allgemein nationale war, und während Franz Deák der Leiter der Reformpartei des Unterhauses blieb, waren Louis Graf Batthyányi und Ladislaus Graf Teleki die Führer der Opposition im Oberhause. An dem im Jahre 1844 zur Inslebenrufung einer ungarischen nationalen Industrie und Fabrikation gegründeten „Schutzverein“ (Védegylet), an dessen Spitze Kasimir Graf Batthyányi als Präsident und Ludwig Kossuth als Director standen, nahm er als Vice-Präsident lebhaften Antheil. Später wurde er Präsident des Oppositionsclubs (Ellenzéki kör). Bei Eröffnung des Reichstages im November 1847 nahm er noch seinen Sitz als Magnat ein, doch im März 1848, wo er seiner Freude über die ausgebrochene Bewegung in der oben erzählten etwas sonderbaren Weise Luft machte, wählte ihn das Pesther Comitat zum zweiten Deputirten, und er saß bis August im Unterhause. Seine Rolle daselbst war die eines Vorkämpfers in allen Capitalfragen; und als Kossuth allmälig die Maske lüftete, sah er in dem Beginnen des Agitators nur die Verwirklichung dessen, was er selbst im Sinne hatte, und damals konnte man, ohne fehl zu gehen, sagen, Graf Teleki denke noch Kossuthischer als Kossuth. Als nun Lamartine die ungarische Nation bedeuten ließ, dieselbe bei der französischen Republik durch einen Gesandten vertreten zu sehen, wie Szalay und Pazmándy als solche bei der Frankfurter Reichsversammlung zu fungiren schienen, wählte der ungarische Reichstag am 31. August 1848 einstimmig Ladislaus Teleki für diesen Posten, und zwar mit königlicher Bestätigung. Am 9. September traf der Graf in Paris ein, er wurde officiell von Bastide und Cavaignac empfangen und Pascal Duprat designirt, nach Pesth als französischer Gesandter zu gehen. Die Pariser Ereignisse verhinderten Letzteres. „Das Denkwürdigste“, schreibt der Silhouettist Kossuth’s und der Bannerschaft desselben, „was Teleki für das Debrecziner Viermonatkind, die magyarische Republik leistete, war die Note, welche er als solt-disant ambassadeur de la Hongrie der französischen Republik überreichte“. Diese Note, ein Meisterstück von Perfidie und Diplomatie, theilte das magyarische Blatt „Respublica“, das Organ des damaligen Conseilspräsidenten Szemere, in seiner Nummer vom 20. Juni 1849 mit. Teleki schildert darin die bewaffnete russische Intervention in Ungarn als [256] eine zweite Völkerwanderung der Hunnen unter König Etzel. Interessant ist die Analyse dieses Actenstückes, welche der Silhouettist nicht ohne Glück versucht. Um diese Zeit veröffentlichte der Graf auch die Flugschriften: „Le bon droit de la Hongrie“; – „Manifeste aux peuples civilisés. De l’intervention russe en Hongrie“. Damals war es auch, daß er in einer Conferenz mit dem Fürsten Czartorysk und mit Ladislaus Rieger, der nach der Sprengung des Kremsierer Reichstages nach Paris gegangen war, ein Protokoll fertigte, welches einen förmlichen Plan zur Entthronung der Dynastie und Theilung Oesterreichs enthielt und die Restauration Polens, sowie Ideen zu einer Conföderation der West- und Südslaven, aber zugleich die volle Emancipation Ungarns feststellte. Graf Ladislaus zeigte sich immer antiösterreichisch, nicht so Rieger, der 1848 in Wien ministeriell und entschieden anti-ungarisch, 1849 in Kremsier ultraliberal und noch im selben Jahre zu Paris Kossuthisch und Bakuninisch war. Ungeachtet „des Anstandes“ mit dem bewußten Protokolle, von welchem die kaiserliche Regierung eine Abschrift erhalten hatte, kehrte Rieger unangefochten nach Oesterreich zurück, während Teleki in der Verbannung leben mußte. So berichtet ein Anonymus A. B. im den Artikeln: „Von 1848 bis 1859. Keine Dichtung, sondern Wahrheit“, welche die Presse im Jahre 1867 brachte. Von seiner Gesandtschaftsreise nach Frankreich ab sah der Graf zwölf Jahre lang seine Heimat nicht wieder. Er verblieb nach der Katastrophe von Világos zunächst in Paris und entwickelte dort eine große journalistische Thätigkeit, indem er wohl an hundert die ungarischen Fragen aufklärende (?) oder sie erläuternde Artikel in das Journal „Les Débats“, in Girardin’s „La Presse“, in den „National“, die „Opinion publique“ und in die „Evènements“ schrieb, consequent gegen alle Schritte der österreichischen Regierung protestirend. Dieses sein jahrelanges unermüdliches Verhalten hatte ihn bei dem französischen Publicum sehr populär, letzteres aber genauer – wenngleich in höchst einseitiger Richtung – mit den ungarischen Rechten und Verhältnissen bekannt gemacht. Auch wurde Teleki ab und zu in den Regierungskreisen empfangen und erfreute sich sogar mehrfacher Unterredungen mit Napoleon, der, wie bekannt, damals immer mit Hintergedanken gegen Oesterreich sich trug und diese dann auch im Jahre 1859 zur Ausführung brachte. Inzwischen stellte das Pesther Kriegsgericht den Namen des Grafen mit an die Spitze der Liste jener vierzig in contumatiam zum Tode Verurtheilten, an denen der Kriegsgerichtsausspruch denn auch in effigie vollzogen wurde. Außer in Paris lebte Teleki auch in Genf, und als der italienische Krieg ausbrach, befand er sich in Turin. Sein letztes bedeutendes Lebenszeichen war die scharfe Erwiderung auf Szemere’s Brief in Betreff des kaiserlichen Diploms vom 20. October 1860, also ein entschiedener Protest gegen dasselbe. „Trotz alledem“, schreibt ein Biograph des Grafen bald nach dessen Verhaftung in Dresden, „steht Graf Teleki auf dem Standpunkte der Gesetze von 1848, oder besser gesagt: alle seine Artikel und Proteste zielen stets auf Wiederherstellung dieses Rechtsbodens ab, und da dies eine Anschauung ist, die heute (1861) in Ungarn und Wien bereits wieder zur Geltung kam, die Vay wie Cardinal Szitovszky, Franz [257] von Deák wie Eötvös, Graf Stephan Károlyi wie Barkóczy und die Mailáths wenigstens im Principe übereinstimmend vertreten, gleichwie sie die Losung aller Comitate ist, die auch in Wien sogar schon Beachtung findet, so ist Graf Ladislaus vom Standpunkte des 20. October aus nicht unlegitimer in seinen Anschauungen und Strebnissen als seine Landsleute in der Heimat“. Diese gewiß nicht unberechtigte Ansicht würde, wenn nicht ein Urtheil gegen den Grafen vorgelegen hätte, das noch nicht zurückgenommen oder aufgehoben war, und wenn nicht die Londoner Banknotengeschichte ihn neuerdings als Mitschuldigen dieses hochverrätherischen Unternehmens beinzichtigt hätte erscheinen lassen, gewiß auch verdiente Würdigung gefunden haben. Nun aber war die österreichische Regierung officiell in Kenntniß gesetzt worden von der Fabrikation Kossuth’scher Banknoten im Betrage von 30 Millionen Gulden, für deren Hälfte bereits an den Banken in Paris und Brüssel ungarische Agitatoren Güter verpfändet hatten, um mit diesem Gelde die Revolution durch Waffeneinkäufe zu organisiren. Aber auch von anderen revolutionären Besuchen der ungarischen Emigration war das österreichische Cabinet unterrichtet, und zwar durch den Kaiser Napoleon, dem damals eine Insurrection Ungarns sehr ungelegen gekommen wäre, und so wurde Teleki, als er im Jahre 1860 zum Besuche seiner Basen Emma und Blanca heimlich nach Dresden sich begeben hatte, nach vierwöchentlichem Aufenthalte daselbst verhaftet. Er würde diesem Loose wohl entgangen sein, wenn er nicht im Vertrauen auf den Schutz eines englischen Passes so offen mit den in Dresden lebenden ungarischen Familien verkehrt hätte, daß endlich die Polizei auf ihn aufmerksam werden und nach Feststellung der Identität seiner Person zu seiner Verhaftung schreiten mußte. Die österreichische Regierung, davon avisirt, entsendete einen Commissär, welcher den Grafen sofort nach Wien brachte. Dies geschah im December des Jahres 1860. Am 1. Jänner 1861 aber erhielt Teleki seine Freiheit wieder, und zwar auf eine so außerordentliche Weise, daß sie dem Gedächtniß der späteren Generationen aufbewahrt werden muß. Am 31. December (Montag) 1860 trat Vormittags bei dem im Landesgerichtsgebäude Verhafteten ein höherer Beamter ein und ersuchte ihn, sorgfältige Toilette zu machen, denn er müsse ihn wohin begleiten. „Soll ich etwa eine weiße Cravate umbinden?“ fragte ironisch der Graf. „Es würde nicht schaden“, erwiderte ruhig der Beamte. Graf Teleki wurde bedenklich, kleidete sich an und stieg sodann mit seinem Begleiter in den Wagen. Er glaubte zum Baron Vay geführt zu werden und fragte den Beamten, als er sah, daß man in die Burg fahre, ob etwa die Hofkanzlei sich jetzt daselbst befinde. Der Angeredete erklärte nichts darüber zu wissen. Als der Graf die Treppe hinaufstieg und die Garden gewahrte, schien ihm die Sache, auffällig, er folgte jedoch ruhig dem Beamten, bis sie zum Vorzimmer gelangten, wo dieser ihn einem anderen Herrn übergab. Die Flügelthüren öffneten sich und schlossen sich hinter ihm, und er stand vor dem Kaiser, der von dem Feldmarschall-Lieutenant Grafen Crenneville und dem Hofkanzler Baron Vay umgeben war. Dieser Anblick erschütterte ihn derart, daß er einen Schritt zurückwankte. Seine Majestät redete ihn ruhig und ernst an [258] und forderte ihn auf, die drei Punkte zu versprechen, die ihm der Baron Vay vorlesen werde. Er hörte sie ruhig an und sagte: „Ueberzeugt, daß Eure Majestät nur das Wohl des Landes wollen, verspreche ich es“. Dabei rollten ihm die Thränen über die Wangen herab. Auf die Bitte, es möge ihm erlaubt sein, noch einige Zeit in Wien zu verweilen, soll Seine Majestät erwidert haben, er könne es damit halten, wie er wolle, nur dürfe er die Grenzen des Kaiserstaates nicht überschreiten. Im Vorzimmer traf er den Beamten, der ihn in die Burg geleitet hatte, und von dem er nun ersucht wurde, seine präsumtive Wohnung anzuzeigen, damit sein Gepäck dahin gebracht werden könne. Er bestand jedoch darauf, ins Landesgerichtsgebäude zurückzukehren, wo er für die humane und freundliche Behandlung, die ihm zu Theil geworden, dankte. Später geleitete ihn Baron Vay zum Grafen Rechberg, wo er. von der Aufregung des Tages ermattet, ohnmächtig niedersank, sich aber bald erholte und ins Hotel „zum Römischen Kaiser“ fuhr, wo er seine Wohnung nahm. Dies ist der wahrheitsgetreue Bericht über des Grafen Ladislaus Freilassung aus seiner Wiener Haft. Die oben erwähnten drei Punkte waren: erstens, daß er sich aus der österreichischen Monarchie nicht entferne; zweitens, daß er seine Verbindungen mit den ausländischen Feinden der österreichischen Regierung abbreche; drittens, daß er sich vorderhand jeder politischen Agitation enthalte. Ob der Graf diesen drei Bedingungen, deren Einhaltung er dem Monarchen ins Angesicht versprochen, auch nachgekommen, dies zu untersuchen ist nicht unsere Sache. Wohl aber finden wir die Rechtfertigung, die sein Freund Moriz Lukács nach des Grafen Ableben in der Sitzung der Akademie versuchte, nicht im geringsten stichhaltig und wäre hier Schweigen besser am Platze gewesen. Nach seiner Freilassung begab sich Teleki nach Pesth, wo die Wogen der politischen Bewegung sehr hoch gingen. Denn alle Anzeichen deuteten auf große politische Veränderungen. In der ungarischen Hauptstadt, wo er seit dieser Zeit meist sich aufhielt, war er begreiflicher Weise der Gegenstand vielfacher Huldigungen seitens der extremen Partei. Als dann am 14. Februar 1861 die Einberufung des ungarischen Landtages auf den 2. April g. J. erfolgte, stellte er sich, von dem Abonyer Bezirke des Pesther Comitats zum Abgeordneten gewählt, an die Spitze der äußersten Linken. Schon hatten die Sitzungen in beiden Häusern begonnen und wie bekannt einen sehr bewegten Charakter angenommen, insbesondere als die Frage berathen wurde, ob man die Botschaft des Königs mit einer Adresse oder mit einem Beschluß, für welch letzteren die extreme Partei sprach, beantworten solle. Es war in den Anfangstagen des Mai, daß man täglich eine Kundgebung des Grafen im Landtage erwartete, indessen sein Benehmen in den letzten Tagen sich auffallend veränderte, indem er zerstreuter, unruhiger und aufgeregter als je zuvor sich zeigte. Da erschütterte am 8. Mai die Kunde, daß der Graf todt sei, die Pesther Bevölkerung und erregte auch weit über Pesth hinaus in Wien, Paris, London großes Aufsehen. Als es dann verlautete, daß der Graf erschossen in seinem Zimmer gefunden worden sei, fand diese Nachricht bei einem großen Theile des Pesther Publicums, und zwar nicht blos bei dem ungebildeten, keinen Glauben, und wurde Teleki’s Tod als [259] Ausgang eines an ihm verübten Mordattentates angesehen und hierüber von Uebelwollenden lauter erlogene Nebensachen im Publicum verbreitet, welches, als die Thatsache des Selbstmordes zweifellos feststand, schon so bearbeitet worden, daß es sich nur allmälig zur Annahme der Wahrheit entschied, und daß es manchen Leuten gegenüber lange Zeit nicht rathsam war, zu behaupten, Teleki habe sich selbst erschossen. Die Obduction, welche neben anderen organischen Anomalien auch durch die mit Pachion’schen Körnchen reichlich übersäete Hirnhaut, den Zustand der Leber und die Verengung der Magenöffnung hinlänglich erwies, daß Teleki in einem nicht mehr zurechnungsfähigen Zustande sich befunden habe, stellte den Selbstmord unzweifelhaft fest, wodurch der Glorienschein eines politischen Martyriums vollends verblaßte. Die Bestattung des Grafen fand in feierlichster Weise statt. Mehrere Comitate hatten große Deputationen gesendet, so bestand die Szabolcser aus 100, die Veszprimer aus 90, die Biharer aus 80, die Arader aus 60, die Honter aus 50 Mitgliedern. Während aber der Adel, die Reichstagsmitglieder beider Häuser und das gebildete Publicum in unübersehbarer Menge vertreten waren, fehlte der katholische Clerus völlig, was, obgleich der Graf Protestant war, doch sehr auffiel, zumal bei dem kaum ein paar Wochen früher (am 29. April) in feierlichster Weise stattgefundenen Leichenbegängnisse des Calviners Paloczy der Clerus zahlreich erschienen war. Der vorstehenden Skizze ist nur noch sehr wenig beizufügen. Karl Beck feierte Teleki’s Tod mit einem längeren Trauergedichte, worin eine Stelle lautet: „Ihm ward ein Geist von Eisen, ein Herz für Menschenweh, ein Name rein und leuchtend wie frisch gefall’ner Schnee“. Im gewöhnlichen Leben war der Graf durch und durch Cavalier und brach das aristokratische Element nicht selten in etwas unangenehmer, den Dritten leicht verletzender Weise durch. Dabei war er muthig, tapfer, so daß er in Folge der zahlreichen Duelle, in denen er sich mit gleichgiltigem Todesmuth schlug und aus denen er meist als Sieger hervorging, den Beinamen des Ritter Bayard von Ungarn erhielt. Eines Tages, als er wieder ein sehr ernstes Duell abzumachen hatte, sagte er zu seinem Bedienten mit der größten Ruhe: „Geh, Cajus, und laß einen Sarg machen von 6 Schuh und 2 Zoll, denn die Teleki sind alle sehr lang“. In politischer Hinsicht war er durch und durch revolutionär, Patriot vom Wirbel bis zur Zehe, Vollblut-Ungar, dabei aber während seiner langen Verbannung immer ängstlich, zerstreut, überall Verrath witternd, geheimnißvoll und andererseits doch wieder verwegen und rücksichtslos. Bei seinem Ableben fand man auf dem Tische das Fragment einer Rede, welche er wohl im Landtage zu halten beabsichtigt hatte. Sie wurde später in vielen Journalen abgedruckt und auch im Sonderdrucke ausgegeben. Jókai erinnerte an den Umstand, daß an dem Tage, an welchem sich Teleki den Tod gab, gerade dreizehn Monate über den Sterbetag Szechenyi’s hinweggegangen. Ein ungarischer Deputirter meinte: „Der in Döbling gestorben und der in Pesth verblutet, sind auf zwei Wegen zu einem Ziele gelangt, und Beide liefern der Welt ein edles Beispiel, daß der Schmerz des ungarischen Patrioten ebenso tödtlich ist, wie seine Vaterlandsliebe, welche beide Empfindungen bei ihm so durchdringend tief sind“. Das [260] Würdigste, Weihevollste, was bei diesem Anlasse vorgebracht wurde, war die Trauerrede, welche, als der Sarg an der Kerepeser Linie Halt machte, um von dort in die Familiengruft zu Szirák überbracht zu werden, der Baron Eötvös gehalten hat. Im „Nemzeti kör“ (National-Casino) waren vom Todestage Teleki’s bis zu dessen Bestattung die Billards und Spieltisch- verdeckt, und die Mitglieder des Casinos legten eine mehrwöchentliche Trauer an und ließen eine Büste des Verewigten anfertigen. Der Sitz aber in der Deputirtenkammer, welchen Teleki eingenommen, blieb die ganze Dauer der Session hindurch in Folge Beschlusses leer.
Teleki von Szék, Ladislaus Graf (ungarischer Reichstagsabgeordneter, geb. 11. Februar 1814, gest. 8. Mai 1861). Vom dritten (dem- Kertbeny (K. M.), Erinnerungen an Grafen Ladislaus Teleki. Mit photogr. Porträt Teleki’s (Prag 1862, I. L. Kober, 8°. 144 S.). – Chassin (Ch. L.), Ladislaus Teleki (Paris 1861). – Agramer Zeitung, 1861, Nr. 114: „Graf Ladislaus Teleki“. – Allgemeine Zeitung (Augsburg, 4°.) 1861, S. 2121, 2129, 2130, 2152, 2185, 2200–2201, 2214, 2468 und 2746. – Bohemia (Prager polit, und belletr. Wochenblatt, 4°.) 1861, Nr. 111, in der „Politischen Wochenchronik“; Nr. 112: „Teleki’s Tod“; Nr. 113, Abendblatt: „Aus Pesth“; Nr. 114: „Aus Pest“ – Daheim (illustr. Unterhaltungsblatt) 1868, S. 15 [eine Begegnung mit Ladislaus Grafen Teleki]. – Deutsche Allgemeine Zeitung (Leipzig, 4°.) Nr. 110, 14. Mai 1861, Beilage: „Der Tod Teleki’s“; Nr. 111, 15. Mai 1861: „Depeschenwechsel in der Teleki-Angelegenheit zwischen England und Sachsen“. – Didaskalia (Frankfurter Unterhaltungsblatt) 1861, Nr. 132 und 133: „Ladislaus Teleki“; Nr. 152 und 153: „Gutzkow über Teleki“. – Europa (Leipzig) 1861, Nr. 37. – Fortschritt (Wiener polit. Blatt) 1861, Nr. 145: „Moritz Lukács’ Rede für Teleki“. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1861, Nr. 3: „Ueber Teleki’s Freilassung“. – Janotykh von Adlerstein (Joh.), Die letzten zwei Jahre Ungarns. Chronologisches Tagebuch der ungarischen Revolution (Wien 1850, 8°.) Bd. I, S. 214; Bd. II, S. 335; Bd. III, S. 17, 61, 82 und 118. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) Bd. XXXVI, 25. Mai 1861, Nr. 934, S. 350. – Kremser Wochenblatt, 1861, Nr. 1: „Amnestie“. – Kronstädter Zeitung, 1861, Nr. 77: „Das Leben des Grafen Teleki“ [daselbst werden Gräfinen Emma [S. 235, Nr. 11) und Blanca [S. 240] zwei Schwestern Teleki’s genannt, was ganz irrig ist, da sie nur zwei Basen desselben sind, denn Ladislaus T. stammt vom dritten (dem Alexander’schen) Hauptstamme, während die beiden Schwestern Emma und Blanca dem ersten (Michael’schen) Hauptstamme angehören]. – Levitschnigg (Heinrich Ritter von), Kossuth und seine Bannerschaft. Silhouetten aus dem Nachmärz in Ungarn (Pesth 1850, Gustav Heckenast, 8°.) Bd. II, S. 89. – Morgen-Post (Wiener polit. Blatt) 10. Mai 1861, Nr. 127: „Graf Ladislaus Teleki“. – Neue Münchener Zeitung, 1861, S. 525–526 und 529. – Neue Zeit (Olmützer polit. Blatt) XIV. Jahrg., 11. Mai 1861, Nr. 107: „Graf L. Teleki“. – Neueste Nachrichten (Wiener polit. Blatt), 1861, Nr. 3, im „Feuilleton“. – Ostdeutsche Post (Wiener polit. Blatt) 10. Mai 1861, Nr. 127: „Graf Teleki“. – Pesth-Ofener Zeitung, 1861, Nr. 2, im „Feuilleton“; Nr. 109: „Begräbnißfeier. Teleki’s Tod“. – Pesther Lloyd (polit. Blatt, gr. Fol.) 1861, Nr. 2, im Feuilleton: „Ladislaus Graf Teleki“: Nr. 112, ebenda: „Das Leichenbegängniß des Grafen Teleki“; Nr. 113, ebenda: „L. Teleki’s Tod und letzte Lebensmomente“; Nr. 115 u. 116: „Teleki László’s letzte Arbeit (Bruchstücke einer Rede)“. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1861, Nr. 151, Abendblatt: „Aus Ungarn“; Nr. 129: „Aus Pest 11. Mai“. – Schlesische Zeitung (Breslau, gr. Fol.) 1861, Nr. 220, im „Feuilleton“. – Temesvárer Zeitung, 11. Mai 1861, Nr. 108 und 109: „Ein Rückblick auf Teleki“. – Ungarns politische Charaktere. Von F. R. (Mainz 1851, J. G. Wirth Syhn) S. 115. – Wiener Zeitung, 1861, Nr. 107, Abendblatt. – Unsere Zeit (Leipzig, Brockhaus, gr. 8°.) Bd. V, 1861, S. 507–516. – Gróf Teleki László élete és halála, d. i. Leben und Tod des Grafen Ladislaus Teleki (Pesth 1861, Heckenast, 8°.). – Teleki-Gyász [261] 1861-ki majus 8-án, d. i. Teleki-Trauer am 8. Mai 1861 (Pesth 1861, Emich, 4°.). – Budapesti Szemle, Bd. XI, 1861, S. 408. – Házi kincstár, Bd. II, 1861, S. 179. – Kolozsvári közlöny, d. i. Klausenburger Zeitung, 11. Mai 1861, Nr. 74. – Magyar tudom. Akad. Évkönyv, Bd. X, 5. Stück, 1861, S. 1–12: Denkrede von Moriz Lukács. – Nagy Kép. Naptár (Pesth, Emich) Bd. III, 1862. Von Karl Vadnaj. – Protest. Naptár, Bd. VIII, 1862. Von Istv. Batiszfalvi. – Vasárnapi ujság, d. i. Sonntags-Zeitung (Pesth, 4°.) 12. Mai 1861, Nr. 19. – The illustrated London News. May 25, 1861, Nr. 1090, S. 479: „Count Ladislaus Teleki“.
- Porträte. 1) Unterschrift: „Gróf Teleki László“. Lithographie ohne Angabe des Zeichners. Gedruckt bei Jos. Stoufs in Wien (Fol.). – 2) Unterschrift: „Gróf Teleki László | † Majus 8, 1861“. Wien bei Heinrich Gerhart. Lithographie ohne Angabe des Zeichners (Fol.). – 3) Holzschnitt ohne Angabe des Zeichners in der „Illustrirten Zeitung“ (Leipzig, J. J. Weber) 25. Mai 1861, Nr. 934 [nach einem Lichtbilde]. – 4) Unterschrift: „The late count Teleki“. In „Illustrated Times“, June 29. 1861, p. 410. – 5) Gezeichnet und lithographirt von [BLKÖ:Marastoni, Jacob und Joseph#Marastoni, Joseph|J. Marastoni]] (gedr. bei Walzel, Engel und Mandello in Pesth 1861, Verlag von Rózsavölgyi). – 6) Gezeichnet von Grimm kurz vor dem Selbstmorde des Grafen (gedruckt bei Gebrüder Pollak, verlegt bei Ferdinand Pfeifer in Pesth). – 7) Photographie als Titelblatt zu Kertbeny’s „Erinnerungen an Grafen Ladislaus Teleki“ nach dem Original des Photographen Vuagnat in Genf, aufgenommen im October 1860. – 8) Lithographirt und herausgegeben von A. Dauthage (Wien, kl. Fol., Jos. Bermann).