ADB:Lucius, Jakob (Formschneider)
Lufft’s Offizin thätig war und u. a. auch (Passavant, Peintre-Graveur IV, 337) für dessen Bibel 1572 mehrere Holzschnitte fertigte. Nach Geßner I, 104 hatte auch der spätere Buchdrucker Nikolaus Nehrlich zu Leipzig (vgl. d. Art.) beide Künste von ihm gelernt. Man hat noch (Heller, Geschichte der Holzschneidekunst S. 134 und dessen Cranach S. 397) einen kleinen hübschen Holzschnitt: Joseph und Potiphars Frau vorstellend, welcher das Zeichen I. L. C. T. trägt und das vermuthlich als Jacobus L. Cibinio-Transilvanus zu deuten ist; seine Geburtsstadt wäre sonach entweder Hermannstadt (Cibinium) oder auch Kronstadt (Corona). In Wittenberg gab er u. a. 1564 den großen und kleinen Katechismus nebst anderen Schriften Luthers in Folio heraus (Wat Plattdüdsches, Götting. 1752. S. 25) zog aber schon 1564 nach Rostock und übernahm dort die neu errichtete Universitätsbuchdruckerei, wie es scheint, mit sehr geringen Mitteln, indem der herzogliche Secretär Simon Leupold (dessen eingehende Biographie von Lisch in dessen Jahrb. f. mecklenb. Geschichte Bd. V, 135–164) die Papierlieferung für ihn besorgte und den Verlag seiner Drucke erhielt. In dieser Stadt veröffentlichte er u. a. 1566 als Jacobus L. Transylvanus die „Epithalamia in honor. nupt. M. Simonis Leopoldi“ (der eben erwähnte S. Leupold). Nachdem aber 1576 zu Helmstädt eine Universität gegründet worden war, wurde [353] unter anderen auch darauf gesehen, einen tüchtigen Buchdrucker dorthin zu ziehen und die Wahl fiel auf L., welcher 1579 die erste ordentliche Druckerei daselbst einrichtete, deren Umfang später noch mit Unterstützung des Buchhändlers Ludolf Brandes, nicht zu verwechseln (Bd. III, 249) mit dem Lübeckischen Buchdrucker Matth. Brandis und dem Magdeburgischen Mauritius Brandis (1491 bis 1504, nicht bis 1497) bedeutend erweitert wurde. Doch setzte er noch eine Zeitlang seine Arbeiten in Rostock fort, denn noch 1518[1] erschien eine niederdeutsche Bibel in 4°. Diese Bibel wird gewöhnlich die „Bibel der wendischen Städte“ genannt, weil derselben deren Wappen vorgesetzt und die Namen der Bürgermeister hinten angefügt sind (Göze, Niedersächs. Bibeln S. 364; D. v. Stade, Erläuterung d. vornehmst. Wörter S. 18–23). Dieses Bibelwerk ist in der Endschrift mit dem Zusatz versehen „Söuenbörger“. Sein erster Druck in Helmstädt war: „Historica narratio de introductione Univers. Juliae“ und 1581 ließ er ausgehen „Bünting’s Itinerar. s. scripturae d. i. ein Reißbuch …“ Sein diesem Buche beigegebenes Insigne zeigt eine Göttin auf einem Postamente, in der Rechten eine Fackel, in der Linken ein Buch haltend, die Umschrift lautet: E Tenebris Lucet. Non Contra (unrichtig in Geßner’s Buchdruckerk. IV, 154, der ihn auch „Johann“ nennt). Aber nicht nur als Drucker hatte sich L. einen Namen gemacht, sondern er zählt auch zu den geschickteren Formschneidern, die der sächsischen Schule angehören. Die wichtigsten seiner Holzschnitte, welche er, so lange er in Rostock lebte, verfertigte, sind beschrieben von Wiechmann-Kadow in Lisch’s Jahrbüchern Bd. 23, 121–124 und verweist derselbe für seine anderweitigen Leistungen auf die Kunstschriftsteller Brulliot I, Nr. 1342, 2721, 3197a und II, 1570, 1708b; Nagler’s Künstlerlex. III, 117 und XVIII, 281; Naumann’s Archiv II, 251; R. Weigel’s Kunst-Catalog Nr. 8521, 9948, 18335, 20118. Ein interessanter Beitrag für die Ausstattung seiner Officin, auch für die Braunschweigische Buchdruckerei im Allgemeinen findet sich in einem Schreiben des Braunschweigischen Rectors Nicodemus Frischlin (Bd. VIII, 98) vom 14. März 1598, vgl. Braunschweigische Anzeigen 1748, S. 905 ff. Zu den werthvollsten Erzeugnissen seiner Helmstädter Presse zählen zwei Drucke aus den Jahren 1587 und 1588: „Newe kurtzweilige Liedtlein, zu dreien Stimmen … Durch Otth Sigfriden Harnisch, Musicum … Helmstadii Excudebat Jacobus Lucius. Anno M.D.L.XXXVII“. 4° (auch 1591. 4°) und „Das Erste Buch Newer Lustiger, vnd Hofflicher Weltlicher Lieder … Thomae Mancini Megapolitani, Fürstlichen Braunschweigischen Capelmeisters. Tenor“. Helmstadt 1588. 4°; diesen zwei Drucken verdient noch angereiht zu werden: „Joannis Domanni Pro Westphalia Ad C. V. Justum Lipsium Apologeticus“, Helmstadii … 1591. 4°, eine Schrift, wodurch jene des Lipsius „Quatuor de Westphalia Epistolae“, 1586, die er in einer „Anwandlung von Hypochondrie“ zur Schmähung Westphalens oder vielmehr Oldenburgs an verschiedene Gelehrte gerichtet hatte, widerlegt werden sollte. Im J. 1597 raffte die Pest, welche damals in Niedersachsen wüthete (Beitr. z. Hildesh. Geschichte III, 223) auch den L. und seine Hausfrau, von welcher er 13 Kinder hatte, hinweg, und die Officin übernahm ein Jahr später der bisher zu Hamburg als Buchdrucker ansässig gewesene Sohn Jakob L. der Jüngere. Dieser hatte die Kunst bei seinem Vater erlernt und war dann 1588 von dem Herzog Julius von Braunschweig zur Verwaltung einer von seinem Vorgänger Heinrich dem Jüngern zu Bremen erkauften kleinen Druckerei nach Braunschweig berufen worden. Als aber der Herzog durch L. einige Sprüche aus der h. Schrift drucken ließ, um die Wände damit zu zieren und die Braunschweigischen Bürger dies erfuhren, mußte der Drucker „bei Sonnenschein“ zur Stadt hinaus, weil die Bürger nicht zugeben wollten, daß der Herzog ohne ihre Erlaubniß eine Druckerei in die Stadt verlege. Nun ließ sich L. in [354] Hamburg nieder, arbeitete daselbst von 1595–1597 und ließ hier u. a. erscheinen: „Biblia Dat ys de gantze hillige Scrifft, Saßisch D. Mart. Luth. Hamborch dorch Jacobum Lucium den Jüngeren“, 1596. Fol. Nachdem er zu Helmstädt den 9. April 1616 mit Hinterlassung von fünf Kindern gestorben war, wurde die Officin unter der Firma „Erben Jacobi Lucii“ von dem Factor Henning Müller, dem Vater des späteren Helmstädtischen Buchdruckers gleichen Namens, verwaltet. Wie sehr aber diese Druckerei durch die Stürme des dreißigjährigen Krieges gesunken war, beweist ein Brief des nachherigen Abtes Georg Calixtus vom 18. Mai 1627, worin er erzählt, daß in Helmstädt nicht einmal ein Patent Tilly’s gedruckt werden könne, weil weder ein Geselle noch Papier vorhanden war. Erst im J. 1634 erscheint wieder als alleiniger Besitzer des Geschäfts Jacobus L. der Dritte, und als dieser 1639 gestorben war, die „Erben Jacobi Lucii“ als Besitzer der Universitäts-Buchdruckerei, welche aber als solche nur in diesem Jahre auftreten. Die Officin gelangte schließlich 1640 durch Heirath einer Rebecca Lucia in die Hände des Sohnes des eben erwähnten Henning Müller, der denselben Vornamen führte (vgl. d. Art.). Ueber zwei andere akademische Buchdrucker „Lucius“: Ludwig L. zu Heidelberg um 1560 und Peter L. zu Rinteln ist Geßner’s Buchdruckerkunst IV, 150 und 203 nachzulesen.
Lucius: Jakob L., Buchdrucker zu Wittenberg, Rostock und Helmstädt, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Seiner Heimath nach ein Siebenbürger, hatte er sich zuerst und zwar gegen das J. 1556 als Buchdrucker und Formschneider in Wittenberg niedergelassen, wo er in- Vgl. Clessius, Elench. I, 11. 39. 192. 193. 200. 215. II, 15. 51. Ludwig, Gesch. d. Stadt Helmstädt, S. 97. Rehtmeyer, Braunschw.-Lüneb. Chronica S. 1066. H. Strube, Leichpredigt über J. L., 1616. Scheller, Bücherkunde S. 271. 293. 309. Lappenberg, Hamburg. Buchdruckergesch. S. XLVI und 123. Goedeke, Gr. I, 332. Weller, Ann. I, 350. II, 59. 60. 158. 570. Wiechmann, Mecklenburg. altniedersächs. Lit. II. 6. 103. 191. 192. Naumann, Archiv II, 131–32. 212. 251–52.
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 353. Z. 7 v. o. l.: 1580 (st. 1518). [Bd. 21, S. 796]