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ADB:Johann von Luxemburg

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Artikel „Johann, König von Böhmen und Graf von Luxemburg“ von Nicolas van Werveke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 120–148, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_von_Luxemburg&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:15 Uhr UTC)
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Johann, König von Böhmen und Graf von Luxemburg, Sohn Heinrichs VII. von Luxemburg und der Margaretha von Brabant, wurde geboren den 10. August 1296. Von seinen Jugendjahren ist nur wenig bekannt; wahrscheinlich verlebte er sie zu Luxemburg im Schooße seiner Familie. Später wurde er nach Paris geschickt, sich am französischen Hofe in Rittersitte und in den Formen des feinen Umgangs auszubilden; ein Umstand, der für die Regierung des nachherigen Fürsten von nicht geringer Bedeutung wurde. Am 27. Nov. 1308 wurde Johanns Vater, Heinrich VII., zum deutschen Kaiser erwählt und bald darauf mit seiner Gemahlin zu Aachen gekrönt. Nun nahmen [121] ihn die Angelegenheiten des Reiches so sehr in Anspruch, daß er die Verwaltung seiner Grafschaft Luxemburg einem Statthalter, Aegidius, Herrn v. Rodemacher, überlassen mußte, wol mit dem Vorsatz, seinem Sohne Johann die Grafschaft sobald als möglich ganz zu übergeben. Noch in dem J. 1309 trägt J. den Titel eines Grafen von Luxemburg, obwol die förmliche Abtretung des Landes erst gegen Anfang Juli 1310 stattfand; am 3. Juli kömmt J. zum ersten Male vor mit seinem vollen Titel als Graf von Luxemburg, Laroche und Markgraf von Arlon; als solcher hatte er eben nur die Privilegien der Stadt Luxemburg und des Benedictinerklosters Münster bei Luxemburg, sowie verschiedene, von seinem Vater an die Klöster Marienthal und Bonneweg gemachten Schenkungen bestätigt, als ihm von den Ständen Böhmens die Krone angeboten wurde. Schon seit geraumer Zeit herrschte hier die größte Unordnung; dieser zu steuern, wandten die meisten Edeln des Landes ihre Blicke dem Hause Luxemburg zu, dessen Haupt soeben den deutschen Kaiserthron bestiegen hatte, und in einer Versammlung des Adels und der Bürger wurde beschlossen, dem einzigen Sohne des Königs die Krone von Böhmen mit der Hand der 17jährigen Prinzessin Elisabeth anzubieten. Schon bei einer ersten Zusammenkunft, die Kaiser Heinrich am 14. August 1309 zu Heilbronn mit dem Abte Konrad von Königsaal gehabt, hatte er sich geneigt gezeigt, gegen Heinrich von Kärnthen für Elisabeth einzutreten. Unterdessen ward die Unordnung immer größer, bis die Prinzessin Elisabeth nach mannigfachen Mißhandlungen flüchten mußte und ein förmlicher Bürgerkrieg entbrannte. Gegen den 7. Juli 1310 verließ Heinrich mit seinem Sohne die Stadt Luxemburg und begab sich nach Frankfurt, wohin er einen allgemeinen Reichstag ausgeschrieben hatte, um unter Zuziehung sämmtlicher Fürsten die Beschwerden und Wünsche der böhmischen Abgeordneten anzuhören und zu untersuchen. Hier wurde Heinrich von Kärnthen Böhmens für verlustig erklärt und am 25. Juli erklärte Kaiser Heinrich, sein Sohn werde die böhmische Prinzessin heirathen. Für die Hochzeitsfeier bestimmte er den 1. September, an dem Elisabeth in Speyer eintreffen sollte; auf die Bitten der böhmischen Gesandten, er möge schon jetzt seinen Sohn mit ihnen ziehen lassen, das Reich in Besitz zu nehmen und die Vermählung in Prag zu feiern, wollte er um keinen Preis eingehen. Zugleich ernannte er ihn mit Einwilligung der in großer Menge anwesenden Fürsten auf fünf Jahre zum Reichsverweser, da die Zeit der Romfahrt heranrückte und er nothwendigerweise für die Zeit seiner Abwesenheit die Ruhe des Landes sichern mußte. Am 31. August empfing J., nach Leistung des gewöhnlichen Lehnseides, die Investitur mit Böhmen und dessen Kronländern; am folgenden Tage wurde er vom Erzbischof von Mainz mit der böhmischen Prinzessin vermählt, die bereits seit einigen Tagen an Heinrichs Hofe weilte. Noch drei Wochen blieb J. bei seinem Vater; erst am 21. September trennten sie sich zu Colmar, Heinrich, um mit seiner Gemahlin Margaretha die Romfahrt anzutreten, J., um an der Spitze eines Heeres die Krone Böhmens zu gewinnen; für die Zeit seiner Minderjährigkeit waren am 16. September der Erzbischof von Mainz und Berthold von Henneberg zu Bevollmächtigten in Böhmen ernannt worden. Schon vor Johanns Vermählung hatte Heinrich von Kärnthen sich der Stadt Kuttenberg bemächtigt und am 14. September war es ihm auch gelungen Prag zu erobern, welches nun mit der ganzen Umgegend viel zu erdulden hatte. Groß war daher die Bestürzung in Johanns Gefolge, als sie, zu Speyer, die Nachricht von diesen Ereignissen erhielten, wozu noch kam, daß das Reichsheer sich nur langsam versammelte, so daß J. erst am 18. October von Nürnberg aufbrechen konnte. Kaum betrat er indeß Böhmen, als auch täglich böhmische Edeln zu ihm stießen; mit Umgehung Prags wandte er sich gegen Kuttenberg, sah aber alle Angriffe zurückgeschlagen und zog daher über Kolin an der Elbe [122] vor Prag, welches, nachdem die Belagerung am 28. November begonnen, schon am 3. December durch Verrath in die Gewalt der Deutschen kam; Heinrich von Kärnthen, der sich bei der Einnahme der Stadt in die Burg auf der Kleinseite zurückgezogen hatte, verließ diese am 9. desselben Monats und kehrte nach Mähren zurück. Nach dem Falle von Prag erkannten bald alle Städte die Herrschaft des neuen Fürsten an und nur einige Burgen, in denen Herzog Heinrich Besatzungen zurückgelassen, mußten mit stürmender Hand genommen werden. Nun galt es die öffentliche Ruhe wieder herzustellen, worin ganz besonders Peter von Mainz, der als Propst von Wyscherad und als ehemaliger Oberkanzler unter Wenzel II. die Verfassung und alle Verhältnisse des Landes genau kannte, dem jungen König die ersprießlichsten Dienste leistete. Alle Privilegien, die unter Heinrich von Kärnthen den Städten oder einzelnen Bürgern ertheilt worden waren, erklärte J. für null und nichtig; dagegen gewährte er selbst den Böhmen auf dem Landtag zu Prag, Ende December 1310, weitgehende Privilegien; namentlich bestätigte er das alte Recht der Stände, daß sie gegen ihren Willen zu keinen Feldzügen über die Grenzen Böhmens und Mährens hinaus verpflichtet seien, und versprach keine Hof- und Landesämter an Ausländer zu vergeben, noch ihnen den Ankauf von Gütern in Böhmen und Mähren zu gestatten. Am 7. Februar 1311 wurde J. mit seiner Gemahlin vom Erzbischofe von Mainz feierlich in der Prager Domkirche gekrönt. Die Anfänge seiner Regierung stellten sich übrigens höchst günstig an. Noch im März desselben Jahres gelang es ihm, die von seinem Vater an die Herzoge von Oesterreich verpfändete Markgrafschaft Mähren wieder zu gewinnen, wohin er sich, auch hier die Ordnung herzustellen, im Mai mit der Königin Elisabeth begab. Zu Olmütz einigte er sich mit seinem Schwager, dem Herzog Boleslaus von Breslau, wegen des Herzogthums Troppau dahin, daß dieser gegen eine Summe von 8000 Mark seine Ansprüche aufgab und auch auf jede Aussteuer für seine Gemahlin verzichtete. Auf dem Landtag zu Brünn, wo J. die Huldigung der mährischen Stände empfing, wurde ein allgemeiner Landfriede verkündigt, und Mähren erhielt dieselben Rechte und Privilegien zugesichert, die J. einige Monate früher den böhmischen Ständen ertheilt hatte. So war es also J. gelungen, die Ordnung in Böhmen und Mähren wieder herzustellen; die feindlichen Bewohner des Landes und der Städte wurden mit Milde und Schonung behandelt, wogegen er sich unerbittlich gegen die Raubritter zeigte, die vorzüglich unter Herzog Heinrichs schwacher Regierung die Landbewohner ungestraft geplündert hatten und von denen auch jetzt noch manche sich nicht in die neue Ordnung finden konnten. Während eines Aufenthaltes in Wien, im Mai 1312, schloß J. mit den Herzogen Friedrich und Leopold von Oesterreich einen Vertrag, sie vier Jahre hindurch gegen ihre Feinde zu unterstützen, wogegen die beiden Herzoge erklärten, sich hinsichtlich einer Summe von 30,000 Mark, die ihnen wegen Mähren zukam, dem Schiedsspruch Kaiser Heinrichs oder, falls dieser stürbe, dem fünf zu erwählender Schiedsrichter zu unterwerfen. Auch versprach J. ihnen seine Hülfe für die schweizerischen Angelegenheiten. Leider suchte jetzt eine schreckliche Hungersnoth Böhmen und Mähren heim und verbreitete unsägliches Elend, dem zum Glück die reichliche Ernte des nächsten Jahres ein Ende machte. Während J. so, vom Glücke begünstigt, seine Herrschaft in Böhmen und Mähren befestigte, befand sich sein Vater in Italien. Am 6. Januar 1311 war er zu Mailand mit der lombardischen Krone und, nachdem er am 13. December seine Gattin verloren, am 29. Juni 1312 zum Kaiser gekrönt worden. Angesichts der unendlichen Schwierigkeiten, die von Tag zu Tag größer wurden, wandte er sich an das Reich und verlangte neue Truppensendungen. Den Befehlen seines Vaters gemäß schrieb J., als Reichsvikar, einen Reichstag nach Nürnberg aus auf den 6. Januar 1313, wo einmüthig [123] der Beschluß gefaßt wurde, dem Kaiser, der eben mit unzulänglichen Kräften Florenz belagerte, ein Reichsheer zu Hülfe zu senden, dessen Contingente sich im Sommer zu Zürich versammeln sollten. Während Johanns Vorbereitungen zu diesem Feldzuge gebar ihm seine Gemahlin am 8. Juli 1313 eine Tochter, die nach seiner eben verstorbenen Mutter Margaretha genannt wurde. In der zweiten Hälfte des Monats August brach J. mit vielen böhmischen und mährischen Edeln auf, dem Vater die gewünschte Verstärkung zuzuführen, wie auch die Edeln der anderen Theile Deutschlands aufgebrochen waren und nach Italien zogen. In Nürnberg ernannte J. den Grafen Berthold von Henneberg zum Regenten seiner Länder und trat, nachdem er sich hier mit den Bischöfen von Regensburg und Eichstädt, mit Ludwig von Oettingen und dem Burggrafen Friedrich von Nürnberg vereinigt hatte, sofort über Ulm die Reise nach Zürich an; in der Nähe von Biberach erhielt er indessen die Nachricht von dem am 24. August erfolgten Tode seines Vaters. Auf diese Kunde hin ritten manche Edlen mit ihren Schaaren davon, andere fielen sogar über die Böhmen her, die als Feinde des deutschen Reiches angesehen wurden. Trotz des tiefen Eindruckes, den die Nachricht auf J. ausübte, verlor er den Muth nicht: er faßte den Entschluß, sein Heer nach Böhmen zurückzuführen, da ja kein Grund vorhanden war, den Zug nach Italien fortzusetzen und da auch der Erzbischof von Mainz aus demselben Grunde mit den rheinischen Kriegsschaaren den Rückzug angetreten hatte. Von nun an beseelte ihn der Wunsch, seinem Vater in der Kaiserwürde zu folgen; zu dem Zwecke kam er im October mit Peter von Mainz zusammen, der selbst bereits im September bei Coblenz mit den beiden anderen rheinischen Erzbischöfen wegen der bevorstehenden Königswahl eine Besprechung gehabt hatte, und da es unumgänglich nothwendig für ihn war, die Verwaltung seiner böhmischen Länder einem Stellvertreter anzuvertrauen, brachte er nach einigen Unterhandlungen den Mainzer Erzbischof dazu, daß er gemeinschaftlich mit Berthold von Henneberg die Verwaltung übernahm; beide begaben sich nach Böhmen, wohin auch Johanns Gemahlin zurückkehrte, die wenigstens in der letzten Zeit bei ihm gewesen, während J. selbst von jetzt an fast ein ganzes Jahr in der Rheingegend und in seiner Grafschaft Luxemburg verweilte. Ehe er von hier geschieden war, hatte er zum Landesverweser für die Zeit seiner Abwesenheit Aegidius von Rodemachern ernannt, der dieses Amt mehrere Jahre hindurch bekleidete. Doch hatte J., selbst als er in Böhmen weilte, sein Stammland keineswegs vergessen. Nichts lag ihm beständig mehr am Herzen als die Vergrößerung seiner Hausmacht, und unablässig war er darauf bedacht, die Zahl seiner Lehensleute zu vermehren. Bald kaufte er Güter, bald Burgen, sie gegen einen mehr oder minder bedeutenden Ertrag an mächtige Herren als Lehen zu vergeben, wie er sehr beträchtliche Geldsummen dazu verwendete, einflußreiche Männer in den Lehensverband hineinzuziehen. Eine Liste dieser Erwerbungen gehört nicht hierher; die Urkunden oder die Regesten befinden sich zum größten Theile in den weiter unten zu erwähnenden Schriften. Auch alte, ererbte Streitfragen wußte er glücklich zu lösen; auf die Grafschaft Durbuy, die zwar schon seinem Vater Heinrich VII. im J. 1307 zuerkannt worden war, die indeß Johann und Gerhaet von Blankenstein ihm noch immer streitig gemacht hatten, verzichteten beide Brüder zu Johanns Gunsten am 24. Juni 1314; eben so glücklich hatte er (29. November 1313) einen ähnlichen Streithandel mit Ludwig, dem Grafen von Looz und Chiny, geendigt. Es stand wol zu erwarten, daß J. sich ungeachtet seiner Jugend (er war noch nicht volle 17 Jahre alt) um die deutsche Krone bewerben würde, wozu ihn allerdings manche wohlbegründete Ursachen bewegen konnten. War er doch der Sohn des letzten Kaisers und hatte demnach mehr oder weniger Recht auf die Krone. Zudem war er auf dem [124] jüngst erworbenen Thron in Böhmen noch keineswegs befestigt; und zwei Gegner, die durch ihre Vereinigung und ihre sonstigen Verbindungen sehr gefährlich werden konnten, hatte er stets zu befürchten: Heinrich von Kärnthen, der sich noch immer König von Böhmen nannte, und die Herzoge von Oesterreich, die jeden Augenblick ihre von König Albrecht her datirenden Ansprüche auf die böhmische Krone geltend machen konnten, Ansprüche, die er als deutscher Kaiser mit Entschiedenheit zurückzuweisen in der Lage war. Sein Vorhaben gewann die Billigung und die Unterstützung der Kurfürsten von Mainz und Trier; beide kamen in der Nähe von Coblenz mit dem Erzbischof von Köln zusammen, sich über die bevorstehende Königswahl zu besprechen, beschlossen aber, da sie sich nicht einigen konnten, eine weitere Frist zur Berathung anzusetzen und inzwischen die Absichten und Gesinnungen der übrigen Kurfürsten zu erforschen. Diese waren wenig geneigt, den allzu jugendlichen J. zu wählen, dem zudem in Friedrich von Oesterreich, der das Geld zum Kauf der Stimmen nicht sparte, ein sehr gefährlicher Nebenbuhler entstanden war. Ebenso wenig durfte J. auf Empfehlung und Unterstützung von Seiten des Papstes rechnen, der in den letzten Tagen Heinrichs VII. wenig freundlich, ja sogar feindlich gegen diesen aufgetreten war. J. wandte sich zuerst, allerdings vergeblich, an den Pfalzgrafen Rudolf, Herzog von Baiern; dafür gewann er die Grafen von Berg, Jülich und Sponheim, vor Allem aber seinen Oheim Balduin von Trier, indem er ihm mehrere entweder erst von seinem Vater, oder schon von dessen Vorgängern der Trierer Kirche verliehenen Begünstigungen bestätigte und ihn zugleich für die vielen zu seinen Gunsten gebrachten Opfer entschädigte. Friedrich von Oesterreich that seinerseits alles Mögliche, seine eigene Wahl durchzusetzen und gewann auch wirklich mehrere Kurfürsten. Im Juni versammelten sich die Erzbischöfe von Köln, Trier und Mainz zum zweiten Mal in Rense, um sich über die Wahl zu besprechen und zu verständigen, wobei die anderen Kurfürsten durch Abgeordnete vertreten waren; die sehr bewegte Versammlung löste sich indessen ohne Ergebniß auf, da der Erzbischof von Köln hartnäckig auf der Wahl Friedrichs von Oesterreich bestand, Balduin von Trier und Peter von Mainz aber um keinen Preis ihren Candidaten aufgeben wollten. Am 19. October sollten sich sämmtliche Wahlfürsten in Frankfurt zur Wahl versammeln. Während dieser Verhandlungen befand sich J. noch immer in seinen Stammlanden, deren Verwaltung er im August 1314 gänzlich an seinen Oheim Balduin übergeben hatte, und suchte, im Einverständniß mit diesem, zahlreiche Dienstmannen zu werben, die ihm ihren Beistand verhießen, bis er zum römischen König gewählt sei. Und doch mußten Johanns beide Hauptanhänger, Angesichts der gewaltigen Werbungen Herzog Friedrichs und der zwei fruchtlosen Zusammenkünfte sich bald von der Unmöglichkeit überzeugen, ihren Candidaten durchzusetzen, der zumal seiner großen Jugend wegen bei den meisten Fürsten wenig Anklang fand. Sie beschlossen daher, mit Johanns Einwilligung, dem Herzog Friedrich einen anderen Bewerber entgegenzustellen, nämlich Herzog Ludwig von Baiern, der durch seinen glänzenden Sieg bei Gamelsdorf (9. Nov. 1313) nicht nur die Oesterreicher gedemüthigt, sondern sich auch den Ruhm eines tapferen und geschickten Feldherrn erworben hatte. In Lorch traf Ludwig, der bis dahin auf Friedrichs Seite gestanden, mit Peter von Mainz zusammen und kam mit ihm nach Coblenz zu Balduin und Johann; beiden Kurfürsten und auch J. machte er reiche Versprechungen und erhielt dagegen die eidliche Zusage dieser drei, daß sie ihn zum römischen König wählen und mit aller Macht unterstützen würden. Bald gewann die luxemburgische Partei auch noch die beiden Markgrafen von Brandenburg, Waldemar und Heinrich, für ihren Candidaten. Unterdessen nahte der Wahltag heran. Von allen Seiten kamen die Fürsten gegen Frankfurt; J. und die luxemburgische Partei besetzten [125] das auf dem rechten Mainufer in der Vorstadt gelegene Wahlfeld, Friedrich kam auf der linken Rheinseite herauf und lagerte sich mit seinen Anhängern bei Sachsenhausen. Frankfurt, zur eigenen Sicherheit und nach alter Wahlsitte, hatte beiden Parteien die Thore verschlossen. Nun vollzog sich die bekannte Doppelwahl: in Sachsenhausen wurde gegen Mittag des 19. Octobers Herzog Friedrich, auf dem Wahlfeld am 20. October Herzog Ludwig zum römischen König erwählt. Beide Parteien berichteten an den Papst und baten ihn, die Zeit der Salbung und Krönung zu bestimmen. Am 22. October verkündigte J. den Reichsstädten Frankfurt, Friedberg, Wetzlar und Gelnhausen, daß von ihm, den Erzbischöfen von Mainz und Trier, Waldemar von Brandenburg und Johann dem Alten von Sachsen Herzog Ludwig rechtmäßig zu einem römischen Könige erwählt worden. Am dritten Tage nach der Wahl wurde König Ludwig in die Stadt Frankfurt eingelassen und bald darauf zu Aachen gekrönt; Friedrich, den die Frankfurter nicht einlassen wollten, wurde zu Bonn vom Erzbischofe von Köln zum römischen König gesalbt und gekrönt. Am 4. und 17. December stellte Ludwig, nachdem er schon zuvor Balduin von Trier entschädigt hatte, J. von Luxemburg die wichtigsten Hülfs- und Entschädigungsbriefe aus, in denen er ihm die umfassendsten Vergünstigungen und Privilegien ertheilte; er versprach ihm u. A. besonders gegen die Habsburger beizustehen, wenn sie ihm Böhmen und die dazu gehörenden Länder entreißen wollten, und ihm alles verschaffen zu wollen, was Johanns Schwiegervater, König Wenzel, besessen; er vergütete ihm die großen Unkosten und versetzte ihm für 10,000 Mark das Egerland und die Schlösser Floß und Parkstein, und für weitere 30,000 Mark, Johann und Balduin zugleich, einen Theil des Zolles zu Bacharach mit Verpfändung von Bacharach, Stalberg, Staleck und Braunshorn. Auf diese Weise mochte J. seine Herrschaft recht ansehnlich vergrößert haben, aber der unvermeidliche Krieg zwischen den neuerwählten Königen konnte auch alles auf’s Spiel setzen: seine Länder am Rhein und an der Mosel waren bedroht durch den Erzbischof von Köln und den Pfalzgrafen vom Rhein; in Böhmen mußte er eines Anfalls gewärtig sein von Heinrich von Kärnthen, dem er das Scepter entrissen, von dem König von Polen, von seinen Nachbarn in Oesterreich und sogar von einer gewissen Zahl böhmischer Edelleute, die es verdroß, daß mit dem Luxemburger so viele Fremdlinge aus der Mosel- und Rheingegend in ihr Land gekommen waren. Dazu kam, daß er darauf bedacht sein mußte, auch den König Ludwig mit Heeresmacht zu unterstützen. Unmittelbar nach der Königswahl war J. nach Böhmen zurückgekehrt, wo längst die Barone geheime Zusammenkünfte hielten und auf Mittel sannen, die Deutschen aus dem Lande zu vertreiben. Sie erreichten ihren Zweck vollständig, indem sie die Deutschen bei J. verdächtigten und schlechter Verwaltung beschuldigten. Bald gab J. den stürmischen Bitten des Adels nach und entließ sämmtliche Deutschen aus seinem Dienste, wogegen er, im April 1315, den Kämmerer des Reiches Heinrich von Lipa zum Oberstlandmarschall von Böhmen und dessen Freund Jesek von Wartenberg zum obersten Regenten von Mähren ernannte. So war der Zweck der Adligen erfüllt, die in einem starken, unbeschränkten Königthum, das sich auf ausländische, ihm treu ergebene Beamte stützte, einen argen Feind ihrer Landesrechte erblicken mußten. Bald zeigten sich die unseligen Folgen dieses Schrittes: einerseits schwanden unter Heinrichs eigenmächtiger Amtsführung die Einkünfte der Krone immer mehr dahin, andererseits suchte Heinrich durch den Glanz seiner Hofhaltung und die Menge seines Gefolges den König selbst zu überstrahlen und in einer gewissen Abhängigkeit von sich zu erhalten. Der Kampf zwischen König und Adel schien unabwendbar; doch wurde er diesmal noch hinausgeschoben durch den Krieg gegen den ungarischen Grafen Matthäus von Trenczin, der besonders die Markgrafschaft Mähren arg heimgesucht [126] und sogar an der Grenze von Ungarn einige feste Plätze erobert und besetzt hatte. Am 21. Mai 1315 verließ J. Prag mit einem in Böhmen und Luxemburg geworbenen Heere, zog nach Einnahme des Schlosses Wessel über die March und belagerte, allerdings ohne Erfolg, die Festung Alba, die zwar in Ungarn lag, aber doch zu Böhmen gehörte. Nachdem er unter den Mauern dieser Stadt einen glänzenden Sieg errungen, trat er mit dem Grafen von Trenczin in Unterhandlungen, hob die Belagerung auf und hielt am 25. Juli seinen Einzug in Brünn; bald kehrte er nach Böhmen zurück, wo er gegen die massenhaft auftretenden Ketzer durch den Bischof von Prag Inquisitoren einsetzte. Hier bereitete Heinrich von Lipa selbst seinen Fall vor; sein herrisches Auftreten und rücksichtsloses Benehmen mißfielen nicht nur dem königlichen Hof, sondern auch manchem aus dem Adel, und als er nun noch, ohne sich um seinen König zu kümmern, eine Heirath zwischen Agnes, der Tochter Königs Wenzel II. mit Elisabeth, und dem jungen Herzog Heinrich von Jauer in Schlesien vermittelte und diesem sogar bei dieser Gelegenheit die Stadt Grätz verpfändete, faßte J., nur den Vorstellungen seiner Barone gehorchend, den übereilten Entschluß, Heinrich von Lipa als Hochverräther gefangen zu nehmen. Am 26. October 1315 wurde Heinrich zu Prag verhaftet und nach der Burg Teyrow gebracht. Leider erregte dieser Schritt einen Bürgerkrieg, in dessen Gefolge abermals viel Elend und Unglück über das Land kamen. Der Adel theilte sich in zwei Parteien; Heinrichs Anhänger sammelten sich in Böhmisch-Brod; auf Seiten des Königs standen besonders Wilhelm Zajic, jetzt Oberstlandmarschall und Unterkämmerer, Peter von Rosenberg und Bischof Johann von Drazic. Während J. selbst zu Felde zog, sandte er um Weihnachten seine Gemahlin zum römischen König Ludwig um Hülfe, und, obwol er in den darauffolgenden Kämpfen meistens den Sieg davon trug, im Frühlinge auch Boten an seinen Oheim Balduin von Trier, den er um schleunige Hülfe ersuchte. Zugleich mit Peter von Mainz kam Balduin dem Gesuche auf’s schnellste nach und hielt am 26. März 1316 unter dem Jubel des Volkes mit 400 Helmen seinen Einzug in Prag. Beide Fürsten riethen J., den Streit auf friedlichem Wege beizulegen; nach ihrem schiedsrichterlichen Spruch vom 12. April sollte Heinrich von Lipa nach fünf Tagen gegen genügende Bürgschaft seiner Haft entlassen werden. Dann schien es, als ob der Bürgerkrieg ein Ende habe und eine hoffnungsvolle Zukunft sich dem Lande eröffne. Die Freude über die Beilegung des Kampfes wurde noch erhöht durch die Geburt eines Sohnes, Wenzel, geb. am 14. Mai 1316, nachdem die Königin schon vor einem Jahre, am 20. Mai 1315, einer zweiten Tochter Jutta genesen war. Doch war die allgemeine Freude nur von kurzer Dauer: der Adel beharrte noch immer in seinem Widerstand gegen den König und gerade die halben Maßregeln, die von J. und den beiden Fürsten Balduin und Peter genommen wurden, brachten das größte Unheil über Böhmen. Als nun J., laut König Ludwigs Aufforderung, der von seinem Gegner Friedrich von Oesterreich hart bedrängt war, diesem zu Hülfe eilen sollte, zauderte er trotz der Unruhe in seinem eigenen Lande keineswegs. Nachdem er mit seinem Oheim Balduin, dem er bis jetzt für die geleistete Hülfe 12,000 Schock Prager Groschen schuldete, seine Rechnung abgeschlossen und Peter von Mainz zu seinem Landeshauptmann ernannt hatte, verließ er Prag am 17. August, zugleich mit seinem Oheim Balduin, vereinigte sich bei Nürnberg mit König Ludwig und zog mit diesem vor die von den Oesterreichern schon seit fünf Wochen belagerte Stadt Eßlingen. Hier erhielt er von seinem Onkel den Ritterschlag. Nach dem Treffen im Bette des Neckars vom 19. September 1316, durch das zwar Eßlingen entsetzt, der Kampf um die Krone aber keineswegs entschieden ward, zog J., der sich vor Allen durch seinen Muth und seine Tapferkeit ausgezeichnet hatte, über Heilbronn und Wimpfen [127] nach Trier und von da in seine Grafschaft Luxemburg. Seit seiner Abwesenheit hatte hier fast vollständige Ruhe geherrscht, Dank der weisen Verwaltung des Arnold, Herrn v. Pittingen, der als Landesverweser, und des Balduin von Trier, der als Vormund des jungen Königs für das Wohl des Landes besorgt gewesen war. Einige Streitigkeiten mit dem Bischof Adolf von Lüttich u. A. scheinen von geringem Belange gewesen zu sein und die Ruhe nicht erheblich gestört zu haben, wogegen auch während dieser Zeit die Zahl der luxemburgischen Vasallen um ein Erkleckliches gewachsen war. J. verweilte in seiner Grafschaft und in den Rheingegenden bis gegen Ende October 1317, zu welcher Zeit ihn neue Unruhen nach Böhmen zurückriefen. Hier hatte nämlich der Erzbischof von Mainz die stellvertretende Regierung in die Hände von Johanns Gemahlin, der Königin Elisabeth, niedergelegt und hatte am 8. April Böhmen verlassen, um in seine Länder zurückzukehren. Mit seiner Entfernung war den Unruhen Thor und Thür eröffnet. Wie hoch begabt und energisch die Königin Elisabeth auch war, so war sie, die den lebhaftesten Haß gegen Heinrich von Lipa hegte, in ihrer leidenschaftlichen Erregtheit den so sehr verwickelten Verhältnissen doch nicht gewachsen; und als sie im Ausland Truppen warb, mit ihrer Hülfe über ihre Gegner herzufallen, entbrannte ein schrecklicher Bürgerkrieg. Um sich nicht selbst der Gefahr auszusetzen und um die widerlichen Scenen des Krieges nicht länger schauen zu müssen, verließ die Königin Prag am 19. Juni und begab sich mit ihren drei Kindern nach Elbogen, von wo sie den König zur baldigen Rückkehr aufforderte. J. befand sich noch immer in den Rheingegenden und zwar, um gerade diese Zeit, in Bacharach bei König Ludwig, wo er, Balduin von Trier und Peter von Mainz mit König Ludwig am 19. Juni 1317 einen Bund schlossen, der vornehmlich gegen Friedrich von Oesterreich gerichtet war und wo er auch dem großen Landfrieden beitrat, den Ludwig auf sieben Jahre schloß. Durch diese Verhandlungen, nach denen er noch einmal in seine Grafschaft zurückgekehrt, war J. aufgehalten worden, den dringenden Bitten seiner Gemahlin Gehör zu schenken: erst als er am 22. September vom Abt Peter von Königsaal nochmals zur schleunigen Rückkehr aufgefordert wurde, versprach er am 12. November in Böhmen zu erscheinen. Er hielt Wort; an diesem Tage traf er bei seiner Gemahlin zu Elbogen ein und kehrte mit seiner Familie am 18. nach Prag zurück. Die Geistlichkeit, die Bürger und die Landleute empfingen J. mit der größten Freude, während von den Edelleuten sich nur wenige auf seine Seite stellten. J. beschloß, seine Gegner mit Gewalt zu unterwerfen und ungeachtet der geringen Anzahl seiner Leute (er hatte nur 300 Reiter) und des rauhen Winterwetters zog er unmittelbar gegen die Aufrührer. Durch die Schnelligkeit seiner Bewegungen gelang es ihm manche Feinde, wenn auch nur zeitweise, unschädlich zu machen. Dagegen wandten sich die Häupter des Adels an Friedrich von Oesterreich, offenbar in der Absicht, J. ganz aus Böhmen zu verdrängen und einen anderen Regenten zu wählen, der sich leichter von ihnen beherrschen ließe. Dies beweist deutlich der Vertrag, den sie am 27. December mit Friedrich und dessen Brüdern schlossen und in dem für den Fall der Nichtaussöhnung des Adels mit J. der ehemalige Böhmenkönig Heinrich von Kärnthen oder einer der vier Brüder Friedrichs als König an Johanns Stelle in Aussicht genommen wurde. Zu dem Bürgerkrieg, der Böhmen und Mähren aufs Aergste verwüstete, kamen nun noch die Greuel einer furchtbaren Hungersnoth und einer verheerenden Seuche. Dieses allgemeine Elend beuteten die Barone sorgfältig zu ihrem Vortheile aus und sie verbreiteten das Gerücht, der König wolle nichts von einer Versöhnung wissen und ihnen alles entreißen, um mit ihren Gütern und denen des Staates seine Luxemburger und Deutschen zu bereichern. So nahm der Kampf des Adels mit dem König einen principiell-politischen Charakter [128] an und auf einer Zusammenkunft in Klingenberg (2. Februar 1318) beschloß der gesammte Adel des Landes, sogar Wilhelm von Waldeck, der bisher einer von Johanns Hauptanhängern gewesen war, alle ihre Kräfte zu vereinigen und auch in Ungarn Hülfstruppen zu werben, und zogen bald darauf nach Brünn, wo der König sich seit dem 6. Februar befand. Heinrich von Lipa drang vor Brünn und ließ J. melden, er suche nichts als Versöhnung und Wiederherstellung des Friedens. Da indessen alle Verhandlungen an den übermäßigen Forderungen der Barone scheiterten, J. aber andererseits nicht darauf rechnen konnte, seinen viel mächtigeren Gegner in offener Feldschlacht zu besiegen, verließ er noch während des Waffenstillstandes die Stadt Brünn und kehrte mit seiner Gemahlin nach Prag zurück. In diesem entscheidenden Momente griff König Ludwig ein; er erkannte wol, was auch für ihn selbst auf dem Spiele stehe, wenn der Thron seines mächtigsten Bundesgenossen gestürzt und ein Habsburger zum böhmischen Könige erhoben würde. Ueber Regensburg und Amberg zog er nach dem Schauplatze des Krieges hin, überschritt die Grenzen von Böhmen und trat in Eger, wohin er J. beschieden hatte, mit diesem in Unterhandlungen. J. selbst hatte auf seiner Reise dahin noch das Unglück gehabt, bei Saatz durch Wilhelm Zajic von Waldeck eine bedeutende Niederlage zu erleiden. Nach mehrtägigen Verhandlungen zu Eger und Elbogen kam nun, durch die Vermittelung des Königs Ludwig und desselben Wilhelm, ein Waffenstillstand auf drei Wochen zu Stande, nach dessen Ablauf auf dem Landtag zu Tauß am 23. April die Versöhnung wirklich zu Stande kam, allerdings in dem Sinne, wie sie der Adel gewünscht hatte: diese verstanden sich nur zum Abbruch ihrer Verbindungen mit Friedrich von Oesterreich; von Zurückstellung der königlichen Burgen und der Krongüter war dagegen keine Rede. J. nahm alle Landherren wieder in Gnaden auf; Heinrich von Lipa wurde sogar Unterkämmerer und als solcher bald wieder unumschränkter Herrscher des Landes, Wilhelm Zajic wurde Marschall des Reichs. Außerdem mußte J. sich verpflichten, die Deutschen zu entfernen, keine fremden Truppen mehr ins Land zu ziehen, keinen Ausländer zu irgend einem Amte zu ernennen und in allen Angelegenheiten sich nur des Rathes der Böhmen zu bedienen. Nach diesem Frieden, der insofern wohlthätige Folgen hatte, als er eine Periode verhältnißmäßig größerer innerer Ruhe einleitete, allerdings die Macht des Königthums gänzlich brach, kehrte König Ludwig nach Baiern zurück und J. reiste in seinem Leichtsinn mit Peter v. Rosenberg auf dessen Güter in Südböhmen, wo er drei Wochen mit der Jagd und anderen Unterhaltungen hinbrachte. Kurz nach diesem Tauser Vertrag vermählte er seine jüngere Schwester Beatrix an den König Karl von Ungarn. Durch diesen Vertrag war indeß der Friede noch immer nicht gänzlich in Böhmen zurückgekehrt; die Landherren mißbrauchten vielfach ihre Macht, die Geistlichen, Bürger und Bauern zu unterdrücken und J. selbst, der Einkünfte der Krondomänen beraubt, erpreßte nur allzu häufig von Klöstern und Städten große Summen Geldes, die Kosten seiner Hofhaltung und manchmal recht thörichter Unternehmungen zu bestreiten, wie jenes von Peter von Zittau zu Johannistag 1319 erzählte Fest der Tafelrunde des Königs Artus im Thiergarten zu Prag. So kam es, daß der König sich in Böhmen nicht heimisch fühlen konnte und sogar dem König Ludwig den Vorschlag machte, Böhmen gegen die Rheinpfalz zu vertauschen. Die Unterhandlungen darüber führten zu keinem Resultat wegen des energischen Widerstandes der Königin Elisabeth, die von einem solchen Tausche nichts wissen wollte. Dieser Umstand störte das Einverständniß zwischen beiden Gatten und legte den Grund zu Mißhelligkeiten, welche von den Feinden des starken, unabhängigen Königthums sorgfältig gepflegt und ausgebeutet wurden. Ihnen war die Königin längst ein Dorn im Auge, da sie im Bewußtsein ihrer Würde die Erniedrigung [129] der Krone und die Vernichtung der königlichen Gewalt nicht ertragen konnte und allen ihren Einfluß aufbot, ihren Gemahl seinen Vergnügungen und Belustigungen zu entreißen, die ihn die Sorge für das Reich nur allzu sehr vergessen ließen. Die Königin sollte daher von ihrem Gemahl getrennt werden; sie wurde angeklagt, J. des Thrones berauben zu wollen, um im Einverständniß mit einigen Baronen ihren ältesten Sohn Wenzel (am 22. November 1318 hatte sie nämlich einen zweiten Sohn geboren, der den Namen Ottokar erhielt) auf denselben zu erheben. Durch solche Einflüsterungen brachten es die Edeln bei dem leicht entzündbaren J. dahin, daß Elisabeth den Hof verlassen und, von ihren Kindern getrennt, von Elbogen nach Melnik ziehen mußte. Von diesem Augenblicke an ging in den Sitten und in dem Charakter des Königs eine gänzliche Veränderung vor; war er schon früher leichtsinnig gewesen, so gab er nun den Worten seiner Barone immer mehr Gehör, gerieth gänzlich in die Netze der Königin-Mutter Elisabeth und ließ sich zu allen Arten von Ausschweifungen verleiten, ohne sich irgendwie um die Leitung der Staatsgeschäfte zu kümmern. Dadurch sank sein Ansehen, sogar im Auslande, und bei den beiden Ständen der Bürger und des Clerus, die ganz allein alle Lasten des Staates zu tragen hatten, entstand die größte Unzufriedenheit; selbst manche einflußreiche Edelleute, wie Wilhelm Zajic, Peter v. Rosenberg u. A. traten auf die Seite der Bürger. Gegen den verhaßten König und für die tiefgekränkte Königin erhob sich die Prager Bürgerschaft und wählte sechs Hauptleute, die auf friedlichem gesetzlichen Wege den König über den Zustand des Landes belehren und ihn bewegen sollten, sich dem schädlichen Einflusse der Barone zu entwinden. Das durften diese nimmer zugeben und Heinrich von Lipa stellte diesen Schritt der Prager dem König als offene Empörung dar. Am 8. Juli 1319 erschien er vor Prag, in welche Stadt auch Elisabeth, einer Einladung der Prager Bürger folgend, eingezogen war; doch kam schon nach zehn Tagen dieses seltsamen Krieges des Königs gegen die Königin ein Vertrag zu Stande, von dem uns weiter nichts bekannt ist, als daß J. sich wenigstens scheinbar mit seiner Gemahlin versöhnte und die Prager Bürger bedeutende Summen Geldes bezahlen mußten. Einige Monate später gewann J. die Mark Budissin, die früher unter Ottokar II. an den Markgrafen Otto von Brandenburg gekommen war und nun durch Vertrag vom 22. Septbr. 1319 ihm von Heinrich, Herzog in Schlesien und Herrn von Jauer, zuerkannt wurde. König Ludwig bestätigte diese Erwerbung am 13. September 1320. Dieser hatte, während J. in der Lausitz kämpfte, sich vor Friedrich von Oesterreich nach Oberbaiern zurückziehen müssen, wohin ihm J. auf seine Bitte u. A. Wilhelm Zajic zu Hülfe sandte; in ihm sollte aber die Königin Elisabeth bald ihren treuesten Freund und ihre zuverlässigste Stütze verlieren, da er zu Dachau an einer Pfeilwunde starb, während Heinrich von Lipa von seinem mächtigsten und gefährlichsten Nebenbuhler befreit wurde. Ihm übertrug in Zukunft J. die oberste Gewalt, so oft er sich aus Böhmen entfernte, wie er ihn noch vor Schluß desselben Jahres zum Landeshauptmann ernannte, als er den 28. December heimlich Prag verließ und wieder in die Rheinlande und in seine Grafschaft Luxemburg zurückkehrte. Im Luxemburgischen hatte, während Johanns Abwesenheit, der Landesverweser Heinrich v. Beffort die Streitigkeiten wegen Damvillers und einiger anderen Orte mit Gobert v. Apremont und dessen Bruder, dem Bischof von Verdun, glücklich geendigt, war aber auch mit dem Bischof Adolf von Lüttich in einen blutigen Streit gerathen, in dem der nördliche Theil des Landes hart mitgenommen wurde, nach welchem Vergeltungszug – denn die Luxemburger hatten die Landschaft Condroz auf nicht weniger schreckliche Weise verwüstet – ein Waffenstillstand auf zwei Jahre geschlossen worden war. Auf seiner Rückreise aus Böhmen traf J. mit Balduin und König Ludwig in Bingen [130] zusammen und schloß mit beiden (22. Februar 1320) einen Vertrag wegen einer Summe von 35,000 Mark, die Konig Ludwig ihm noch schuldete; auf des Königs Bitte nahm Balduin ihn in die Gemeinschaft seiner Reichspfandschaften auf, bis J. selbst in den Besitz von Fürstenberg und Caub komme. Von Bingen reiste er nach Löwen, wo er (18. März) wegen Arlon und Laroche dem Herzog Johann von Brabant den Huldigungseid leistete und von wo er auch die Stadt Antwerpen besuchte. Im Mai war er wieder zu Luxemburg; vor wie nach zeigte er sich unablässig bemüht die Zahl seiner Lehenmannen zu vergrößern, und wie er beständig die verschiedenen Klöster und Städte seines Landes aufs Freigebigste beschenkte, so freuten sich diesmal Diekirch und Königsmacher seiner besonderen Huld; beide wurden von ihm mit Festungswerken umgeben. – Inmitten dieser vielfältigen Thätigkeit trafen ihn zwei aufeinander folgende Sterbefälle: am 20. April 1320 starb sein Söhnchen Ottokar. am 15. Juni sein Gönner Peter von Aspelt, Erzbischof von Mainz, an dem er eine feste Stütze, einen treuen Rathgeber und einen wahren Freund verlor. Da die Besetzung des so erledigten Erzstuhles sowol für die bairisch-luxemburgische als auch für die österreichische Partei von der größten Wichtigkeit war, suchte eine jede einem ihr ergebenen Mann zu dieser Würde zu verhelfen. Ludwig und J. strebten den Erzbischof Balduin auf diesen Sitz zu erheben, der auch wirklich einmüthig erwählt wurde; die Nachricht davon erhielt Balduin bei Straßburg, an der Breusch, wohin er mit seinem Neffen J. dem König Ludwig gegen die Herzoge von Oesterreich gefolgt war; er wurde indessen nicht vom Papste bestätigt, der vielmehr auf Friedrichs Verwenden den Mathias von Bucheck ernannte. Aus dem Elsaß war König J. nach Trier und in seine Grafschaft zurückgekehrt, um gegen Ende Januar sich wieder nach Böhmen zu begeben. Hier war während Johanns Abwesenheit der Friede nicht gestört worden und da sich dieses Jahr zugleich durch große Fruchtbarkeit auszeichnete, faßte das bis dahin hart heimgesuchte Volk wieder Hoffnung. Dagegen hatte sich in Polen ein Ereigniß zugetragen, das J. einige Jahre später beinahe in einen langwierigen Krieg verwickelt hätte, Wladislaw Lokotheo, Herzog von Sandomirien, hatte sich das ganze Königreich Polen unterworfen und war, gemäß einer päpstlichen Bevollmächtigung vom 20. Januar 1320, vom Erzbischof von Gnesen zum König von Polen gekrönt worden; denselben Titel führte aber auch J., allerdings ohne im Ernst daran denken zu können, seine Herrschaft über Polen wieder herzustellen. So erwuchs in Lokotheo für J. ein nicht zu verachtender Feind, während er zur anderen Seite einen mächtigen Bundesgenossen verlor, den König Karl von Ungarn, der seit dem Tode seiner Gemahlin Beatrix, Johanns Schwester, seine früheren Verbindungen mit Oesterreich wieder angeknüpft hatte. Doch nimmer rastend, entwarf J. nun andere Pläne, durch Heirathen seiner Kinder und seiner Schwester Maria andere mächtige Fürsten in sein Interesse zu ziehen. Seinem alten Nebenbuhler um die Krone von Böhmen, Heinrich von Kärnthen, bot er die Hand seiner Schwester an; sein ältester Sohn Wenzel sollte des alten Herzogs Heinrich einzige Tochter Margarethe Maultasche erhalten und er verabredete auf einer Zusammenkunft zu Eger mit König Ludwig auch die Verlobung seiner ältesten Tochter Margaretha mit Herzog Henrich von Niederbaiern, Sohn des Titularkönigs Otto von Ungarn. Maria weigerte sich indeß, Heinrich von Kärnthen zu heirathen, und schützte Ordensgelübde vor und auch von den anderen Heirathen kam keine zu Stande. Diesmal verweilte J. nur sehr kurze Zeit in Böhmen; schon am 23. Juni 1321, also nach einer Anwesenheit von etwas über vier Monaten, reiste er wieder nach Luxemburg zurück, nachdem er seinen Schwager Herzog Boleslaw von Liegnitz zum Landesverweser ernannt hatte. Damals gab er auf die Frage, warum er nicht in seinem Königreiche bleibe, die bekannte [131] Antwort; es gefalle ihm am besten in seinem Geburtslande. Im August finden wir ihn zu Trier, im September zu Mons, wo er dem Grafen von Hennegau den Huldigungseid für mehrere Grafschaften leistete, die schon sein Vater Heinrich VII. als Lehen übernommen hatte. Im November war er in Frankreich und stiftete zu Cambrai am 18. dieses Monats einen neuen Altar in der Burgkapelle zu Luxemburg. Auch griff er ein in den Streit zwischen dem Bischof von Lüttich und dem Grafen von Namur, entschied (1. April 1322) als Schiedsrichter zwischen Gerhard von Grandpré und den Gebrüdern Arnold und Gerhard von Blankenheim und einigte sich an demselben Tage mit dem Bischof und dem Kapitel von Verdun. Im Juli ging es wieder nach Böhmen; wichtige Ereignisse waren hier nicht vorgefallen; nur von einigen Todesfällen in der königlichen Familie wissen die Chronisten zu berichten, während am 12. Februar 1322 die Königin ihres dritten Sohnes genas, der Johann Heinrich genannt wurde. Doch hatte J., noch während er in seinen Stammlanden weilte, von den böhmischen Landherren die unverhoffte Nachricht erhalten, der natürliche Bruder der Königin Elisabeth, der königliche Kanzler und Propst von Wysehrad, Johann, habe eine Verschwörung zu seiner Vertreibung eingeleitet; Johann wurde demzufolge von dem allzu leichtgläubigen König des Hochverraths angeklagt und, trotzdem er unschuldig war (das Ganze war nur eine Verleumdung der Barone, die um jeden Preis den Einfluß der Königin und ihres Bruders vernichten wollten), zum Tode verurtheilt; und als es ihm gelungen war seiner Haft zu entfliehen, zog der König alle seine Pfründen ein und vergab sie an seine Günstlinge. Das bei solchen Umständen an gute Verhältnisse zwischen dem König und der Königin nicht zu denken war, ist offenbar; auf Zureden ihrer adligen Feinde nahm ihr der charakterlose König ihre wichtigsten Güter und versetzte und verschenkte sie. So ward Elisabeth durch ihren Gemahl gezwungen, sich nach Baiern an den Hof ihres künftigen Schwiegersohnes zu flüchten, lebte zuerst in Landshut und später in Chamb, während der König sich der persönlichen Feindin seiner Gemahlin, der Grätzer Königin, immer mehr näherte. Er war auch jetzt mit neuen Heirathsplänen beschäftigt: seine Schwester Maria, die er schon vor mehreren Monaten dem König Karl IV. von Frankreich verlobt hatte, verließ Prag am 11. April 1322 und begab sich über Luxemburg nach Paris, wo sie am 24. August, nach vorheriger päpstlicher Dispens, Karl IV. feierlich angetraut wurde. Seine älteste neunjährige Tochter Margaretha verlobte er am 12. August mit dem Vetter des im vorigen Jahre vorgeschlagenen Bräutigams, mit Heinrich, dem Sohne Herzogs Stephan von Niederbaiern. Seine zweite Tochter, die siebenjährige Jutta, wurde dem Markgrafen von Meißen versprochen und einige Zeit nachher nach der Wartburg gebracht, dort erzogen zu werden; es war an den Hof dieses Fürsten, an den sich auch die Königin Elisabeth begab. Nachdem so J. alles aufgeboten hatte, den Bestand seiner Macht zu sichern, zog er König Ludwig zu Hülfe gegen dessen Nebenbuhler, die nun seit acht Jahren alle Schrecknisse des Bürgerkrieges über das Reich gebracht hatten. Friedrich hatte ein Lager bei Mühldorf am Inn bezogen; ihm gegenüber, an der anderen Seite des Flusses, lagerte Ludwig mit seinen Verbündeten, unter ihnen auch Johann und Balduin von Trier. Hier wurde am 28. September eine große Schlacht geliefert; J. führte den Oberbefehl über das gesammte baierische Heer und vorzugsweise seinen umsichtigen Anordnungen verdankte König Ludwig den Sieg. J. erhielt dafür angemessene Belohnungen, unter den ihm überlassenen Gefangenen befand sich auch Herzog Heinrich von Oesterreich und er erhielt außerdem, als Unterpfand für sehr namhafte Geldsummen, eine größere Anzahl von Städten und Burgen. Auch schloß er, noch bevor er von Ludwig schied, mit diesem, mit Balduin von Trier und den drei Herzogen von Niederbaiern ein Schutz- und Trutzbündniß. [132] Aber wenn auch Ludwig seinen Erfolg bei Mühldorf wesentlich König J. verdankte, so änderte er doch von jetzt an gänzlich sein Verhalten den Luxemburgern gegenüber: nachdem er ihre guten Dienste ausgenützt, scheute er sich nicht mehr, das Interesse seiner Dynastie zu fördern und sollte auch Johanns Macht darüber zu Grunde gehen. Am 18. October hielt J. seinen feierlichen Einzug in Prag, wo er mit großer Begeisterung empfangen wurde; fünf Tage später empfing er die Huldigung der Bürger der ihm verpfändeten Stadt Eger und kehrte am 11. November wieder nach Luxemburg zurück. Aber auch hier verweilte er nur sehr kurze Zeit und trat dann eine Fahrt an nach Roc-Amadour im südlichen Frankreich, wo er verabredeter Maßen mit Karl IV. von Frankreich zusammen kam; dieser rieth ihm dringend, sich mit den Herzogen von Oesterreich zu versöhnen und den gefangenen Heinrich seiner Haft zu entlassen, wol nur in der Absicht, durch Johanns Vermittelung mit dem mächtigen Fürstenhaus der Habsburger in Verbindung zu treten und so sich den Weg zum deutschen Throne zu ebnen. Hier wurde auch der Tag für die Krönungsfeierlichkeit der Königin Maria festgesetzt, die demgemäß am 15. Mai in Gegenwart ihres Bruders J. und ihres Onkels Balduin gefeiert wurde. J., wie sein Vater Heinrich VII., neigte sehr zu den Franzosen hin und verweilte gern in Paris, an dem glänzenden Hof von Frankreich; auch seinen siebenjährigen Sohn Wenzel ließ er dahin kommen, damit er, wie es hieß, unter der Aufsicht seiner Schwester erzogen würde, eher aber aus Furcht, bei seinen beständigen Abwesenheiten aus Böhmen könnte Wenzel eines Tages bei ausbrechender Unzufriedenheit mit des Königs Verhalten von dem mißvergnügten Adel auf den Thron erhoben werden. Noch in demselben Jahre, am 8. (oder am 15.) Mai 1323, wurde Wenzel, in der Folge Karl IV., mit Blanca, der Tochter des Grafen Karl von Valois, vermählt. Ehe J. in seine Grafschaft zurückkehrte, einigte er sich noch durch Karls IV. Vermittelung mit dem Grafen Eduard von Bar über den Besitz der Schlösser Mirvault und Moncy, um deren willen schon seit 1322 ein allerdings wenig nachdrücklicher Krieg geführt worden war. Eine der Bedingungen des Friedens war, daß Eduards ältester Sohn mit der ältesten Tochter des Königs Johann vermählt werden sollte, also wol mit Jutta, der zweitältesten, da Margaretha bereits vermählt war. Ein Schiedsspruch Karls IV. vom 28. Mai bestimmte genauer noch andere Bedingungen, die indessen nicht eingehalten wurden und im J. 1329 zu einem neuen Krieg führten. Gegen Ende Juni 1323 kehrte J. nach Luxemburg zurück, besuchte u. A. das Frauenstift Marienthal, das von jeher das Schooßkind der Luxemburger Fürsten war, das auch von Johanns Eltern mit Wohlthaten überhäuft worden war; des Königs Tante Margaretha war hier Aebtissin und auch seine Schwestern hatten hier lange Zeit einen Zufluchtsort gefunden. Gegen Mitte Juli trat J. die Rückreise nach Böhmen an: am 25. hielt er seinen Einzug in Prag. Die Königin Elisabeth, die noch immer im Exil lebte und allen möglichen Entbehrungen preisgegeben war, hatte ihm in der Zwischenzeit, am 27. März, Zwillinge geboren, Anna und Elisabeth. – Das Band, das bis zur Schlacht von Mühldorf Ludwig und Johann so eng an einander gekettet, war seither loser geworden und die gegenseitige Freundschaft erkaltete gänzlich; die Spannung wurde noch vermehrt durch den Umstand, daß König Ludwig seine Tochter Mechtilde dem jungen Friedrich von Meißen vermählte, dem Johanns Tochter, Jutta, im vorigen Jahre versprochen worden war; daß Jutta ohne Weiteres ihrem Vater zurückgeschickt wurde und Ludwig die Mark Brandenburg seinem ältesten Sohne Ludwig verlieh, wiewol er dieselbe J. versprochen hatte. Ludwig gab so offen das Beispiel, daß jeder der beiden Fürsten nur mehr auf seinen Vortheil bedacht sein müsse; J. suchte daher sich mit den Oesterreichern zu versöhnen, die mit Karl von Ungarn einen hauptsächlich [133] gegen Böhmen gerichteten Bund geschlossen hatten, und am 18. September 1323 kam auch wirklich, durch Karls von Ungarn Vermittelung, zu Göding an der March ein Vergleich zu Stande, durch den die Oesterreicher allen Ansprüchen auf Böhmen und Mähren entsagten und auch die Urkunden auslieferten, die die böhmischen Stände früher dem römischen König Albrecht über die Erbfolge zugestellt hatten. J. kehrte über Brünn nach Prag zurück; er verweilte hier knapp die nöthige Zeit, um eine besondere Steuer zu erheben und eilte schon am 16. October wieder in seine Grafschaft Luxemburg. Böhmen war jetzt gänzlich verwaist; J. lebte meist außerhalb des Landes und wenn er je nach seinem Königreich kam, so handelte es sich entweder um Kriegsrüstungen gegen Nachbarn oder um schonungsloses Eintreiben von Geld, das er durch unsinnige Freigebigkeit und Schwelgerei in der Fremde vergeudete. Die Königin Elisabeth lebte noch immer mit ihren Kindern zu Chamb in Baiern und sogar das Haupt der Kirche, der Prager Bischof Johann von Drazic, weilte seit 1318 am päpstlichen Hofe zu Avignon. Dazu wurden die wenigen Krongüter, die der König noch besaß, eines nach dem anderen verpfändet und mit ihnen auch die Aemter, namentlich die Kreisgerichte. So war Johanns Regierung nur mehr eine wahre Anarchie, wie sie Böhmen bis dahin vielleicht noch nicht erfahren hatte und dies alles einzig als Folge des leichtsinnigen Gebahrens des Fürsten. Auf der Reise von Prag nach Luxemburg traf dieser in Schwäbisch-Werd mit König Ludwig zusammen; wie vieles beide einander auch vorzuwerfen hatten, diesmal wurde der Bruch zwischen beiden doch noch verhütet, da sie vor der Hand noch der wechselseitigen Unterstützung bedurften, Ludwig zumal, gegen den sein größter Gegner Papst Johann aufgetreten war. Ludwig gestand J. sogar mehrere Vortheile zu. Durch Heinrich von Lipa den jüngeren leitete J. jetzt Unterhandlungen ein mit Heinrich von Kärnthen, der noch immer seine Ansprüche auf Böhmen nicht aufgegeben hatte, Verhandlungen, die durch einen Zug in den Süden von Frankreich gegen Toulouse unterbrochen wurden. Diese mächtige Stadt hatte Karl IV. von Frankreich den Gehorsam aufgesagt und J. sollte helfen, die Empörer zu unterwerfen; mit seinem Schwager und seiner Schwester, der Königin, zog er in die unterworfene Stadt ein; unmittelbar nachher rief ihn der Tod seiner am 25. März verstorbenen Schwester wiederum nach Frankreich. Nun erst konnten die Verhandlungen mit Heinrich von Kärnthen zum Abschluß gebracht werden; am 2. April 1324 entsagte Heinrich allen Ansprüchen auf Böhmen, erhielt aber für die Heimsteuer der böhmischen Prinzessin Anna, seiner ersten Gemahlin, 20,000 Mark; Johanns Sohn, Johann Heinrich, sollte Heinrichs Tochter Margaretha heirathen und Mähren, Troppau, Glatz und Budissin erhalten; Heinrich selbst sollte Johanns Muhme Beatrix heirathen, Tochter von Johanns Schwester Felicitas mit Johann Tristan, Herrn von Löwen und Gaesbeke. Die erstere Heirath kam später wirklich zu Stande, nicht so die andere, da Beatrix sich weigerte den alten Wittwer zum Gemahl zu nehmen; eine andere Braut für ihn fand sich dann in Beatrix von Savoyen, einer Verwandten des Luxemburger Hauses. Noch während dieser Unterhandlungen kaufte J. am 24. Mai 1324 von der Benedictinerabtei Mettloch alle Güter und Rechte zu Damvillers und Estrey für die Summe von 15,500 Pfund Turnosen, um gleich darauf mit Wilhelm von Holland gegen den Erzbischof von Köln vor die Burg Volmenstein und dann für den Grafen von Geldern gegen den Bischof von Münster zu ziehen. Beständig ohne Ruhe noch Rast, schloß er mit seinem Oheim Balduin, mit dem Herzog Ferri von Lothringen und dem Grafen Eduard von Bar, nach einer vorläufigen Berathung zu Diedenhofen, am 23. August zu Remich an der Mosel ein Bündniß gegen die Stadt Metz, gegen die jeder der vier Fürsten mehr oder minder begründete Klagen vorbrachte. Metz war auf sich [134] allein angewiesen und konnte bei dem Zwiespalt der deutschen Reichsfürsten nicht auf Hülfe vom Reiche hoffen. Die Versuche der Metzer Bürger, einen gütlichen Vergleich zu erhalten, fanden kein Resultat und nach einer letzten erfolglosen Unterredung in Pont-à-Mousson, 14. September 1324, wurde ihnen der Krieg erklärt. Während der nun folgenden vierzehntägigen Belagerung wurde die Umgegend von Metz aufs schrecklichste verwüstet, in den täglich stattfindenden Kämpfen wol zum ersten Male in diesen Theilen Europas Artillerie angewendet. In der Ueberzeugung, die feste Stadt nicht so leicht bezwingen zu können, zogen die Verbündeten am 1. October wieder in ihre Lande zurück, neue Bundesgenossen zu werben und sich auf einen neuen Zug vorzubereiten. Sie gewannen u. A. sogar Heinrich, den Bischof von Metz, der indessen sich bald mit den Metzern für die Summe von 25,000 Pfund kleiner Turnosen versöhnte, welchen Vertrag er aber ebenso wenig hielt als den ersten. Von beiden Seiten bestand der Krieg aus lauter kleinen Streifzügen, wo beide Parteien durch Brennen und Plündern dem Feinde den größtmöglichen Schaden zuzufügen suchten. In der Zwischenzeit (12. März 1325) kehrte J. nach Prag zurück; hier war am 2. Januar auch die Königin eingetroffen, mit der J. sich einigermaßen versöhnt hatte; er gab sogar dem Propst von Wysehrad alle seine Pfründen und Würden zurück, da er zur Einsicht gelangt war, daß die Anklage gegen ihn nur aus Haß gegen die Königin war erhoben worden. Aber, wie gewöhnlich, so hatte J. es auch diesmal nur darauf abgesehen, so viel Geld als möglich einzutreiben, dessen er zu dem Kriege gegen Metz dringend bedurfte; er trieb, trotz des allgemeinen Unwillens der Bevölkerung, binnen zwei Monaten nicht weniger als 95,000 Mark zusammen, mit denen er um die Mitte Mai Böhmen wieder verließ. Eine andere, nicht minder ergiebige Geldquelle hatte er sich durch das dem Papste gegebene Versprechen eröffnet, einen Kreuzzug ins heilige Land zu unternehmen; am 1. Juni 1325 gestattete ihm Johann XXII. drei Jahre lang in Böhmen und Luxemburg den Zehnten von allen Einkünften der Kirche zu erheben und mochte die Geistlichkeit murren, die Lombarden sorgten für exactes Eintreiben der Steuer. Wie aber J. einmal das Geld hatte, war von einem Kreuzzug keine Rede mehr. Dagegen zog er dem Bischof von Lüttich gegen die mächtige Partei der Awans zu Hülfe, während die Greuel des Metzer Krieges noch immer fortdauerten; erst am 3. März 1326, durch Vermittelung des neuen Bischofs von Metz, kam ein Friede zu Stande, den die Metzer Bürger um theuren Preis erkaufen mußten. Bald finden wir J. in Paris, wo König Karl IV. am 11. Mai seine dritte Gattin Johanna von Evreux feierlich krönen ließ; am 6. Juni schon wieder in der Rheingegend, wo er mit Ludwig von Baiern in Wesel zusammentraf, und im September in Luxemburg, wo seine Hülfe von den reicheren der Metzer Bürger angerufen wurde, die sich geweigert hatten, die aus dem vorigen Kriege stammenden Auflagen allein zu tragen und daher von dem wüthenden Pöbel verjagt worden waren. Im Einverständniß mit Eduard v. Bar versprach J. ihnen seine Unterstützung, worauf ein neuer, noch schrecklicherer Krieg entbrannte; J. übergab die Leitung des Ganzen dem Grafen Eduard und kehrte im November nach Böhmen zurück, nachdem er, um Handel und Wohlstand in seiner Grafschaft zu befördern, allen Kaufleuten freien Durchzug und freies Geleit durch sein Land zugesichert hatte. In Böhmen hatte die Anarchie noch immer die Oberhand, die Königin lebte, ohne standesgemäßes Einkommen, bald in Melnik, bald in Prag; die Landesverweser besaßen weder Einfluß noch Macht genug, den Uebergriffen des Adels zu steuern, das Fehdewesen stand in voller Blüthe und ganze blühende Landstriche wurden zur Einöde. Mit Schrecken vernahm das Volk die Ankunft seines Königs; die gefürchtete Plünderung blieb wirklich nicht aus; den Anfang machte er damit, daß er den Clerus zwang, den Zehnten, [135] der nach päpstlicher Vorschrift in sechs halbjährlichen Raten zu entrichten war, auf einmal zu bezahlen. Bald nach seiner Ankunft entwarf er den Plan, seine Ansprüche nicht nur auf Polen, sondern auch auf Schlesien geltend zu machen. Schon waren seine Truppen bis in die Gegend von Krakau vorgerückt (er selbst hatte am 28. Januar seinen Einzug in Brünn gehalten), als der König von Ungarn den drohenden Krieg verhinderte und sogar selbst mit J. einen neuen Bund schloß, der durch eine, später nicht zu Stande kommende Heirath zwischen seinem ältesten Sohne Ladislaw und Johanns Tochter Anna sollte besiegelt werden. Mußte J. so seinen Ansprüchen auf Polen entsagen, so gelang es ihm dagegen die Herzogthümer Breslau und Oppeln zu erwerben. Dank diesen Erfolgen bewilligten ihm die böhmischen Stände eine neue Steuer und als diese ihm dennoch nicht genügte, griff er zu einer Münzverschlechterung, einem Mittel, das er schon einige Jahre vorher mit Erfolg angewandt hatte; er ließ dieses Geschäft auch in Luxemburg in so großartigem Maßstabe betreiben, daß die sog. Lussebournes in ganz Europa berüchtigt wurden. Zwar mußte durch ein solches Verfahren das Vertrauen im gewöhnlichen Verkehr schwinden, aber J. erreichte seinen Zweck, sammelte bedeutende Summen und eilte am 11. Juni 1327 in sein Geburtsland zurück. Ein ganzes Jahr brachte er nun im Westen zu, bald in Luxemburg, bald in Belgien oder Frankreich, so daß die Böhmen am öftesten nicht wußten, wo sich der König aufhielt. In Westeuropa dagegen wurde der ritterliche, allezeit freigebige König bewundert und gepriesen und alle Fürsten schätzten sich glücklich, den munteren, lebenslustigen und tapferen Luxemburger an ihrem Hofe zu sehen. Am 27. Juni, also unmittelbar nach seiner Ankunft, schloß er Frieden mit der Stadt Metz, gegen die während seiner Abwesenheit der Krieg nicht nachgelassen hatte zu wüthen. J. begab sich nun nach Brüssel zu Herzog Johann III., von dem er einen Antheil an dem Herzogthum Brabant verlangte, der ihm wegen seiner Mutter Margaretha, Johanns I. Tochter, zukomme. Da aber Herzog Johann III. seine Ansprüche nicht gleich anerkennen wollte, erklärte J. dem Herzog den Krieg und bildete sogar einen Bund gegen ihn mit dem Erzbischof von Köln, mehreren Grafen und Baronen und namentlich mit Graf Rainald von Falkenberg, der über Maestricht herfiel, worauf Herzog Johann Falkenberg belagerte; J., in der Ueberzeugung, trotz aller seiner Verbündeten dem mächtigen Brabanter nicht gewachsen zu sein, versöhnte sich mit ihm zu Rolduc; er entsagte seinen Ansprüchen auf Brabant um eine bestimmte Summe Geldes und machte sich verbindlich, dem Herzog gegen Jedermann mit Rath und That beizustehen. Zugleich übernahm er es, die Streitigkeiten zwischen Herzog Johann und dem Grafen von Falkenberg zu schlichten. Er verweilte hierauf mehrere Tage am Hofe zu Brüssel; der Herzog erließ sogar, als besonderen Beweies seiner Liebe und Freundschaft dem König J. und dessen Erben, dem Grafen von Luxemburg, die Huldigung für Arlon und Laroche, die brabant’sche Lehen waren. Leider dauerte das schöne Verhältniß nicht lange; allzusehr von wichtigen Ereignissen in Frankreich, Böhmen und den angrenzenden Ländern in Anspruch genommen, konnte J. in der Falkenberg’schen Angelegenheit seinen Schiedsspruch nicht ertheilen und als er im Juni 1329 auf einer Zusammenkunft zu Nivelles von dem Herzog von Brabant nachdrücklich gemahnt wurde, entzweiten sich beide Fürsten und erklärten sich noch an demselben Tage den Krieg, der vorerst mit der Eroberung Falkenberg’s durch die Brabanter endete. – In Frankreich war unterdessen am 1. Februar 1328 Karl IV. gestorben und als nach zwei Monaten seine Wittwe eine Tochter gebar, wurde Philipp von Valois von den Ständen als König anerkannt; der Krönung desselben (Rheims, 29. Mai 1328) wohnte auch J. bei und er versprach dem neuen Könige seine Hilfe gegen Flandern. Noch in Rheims erhielt er die Nachricht, sein Oheim Balduin werde [136] von der Gräfin Loretta, der Tochter des Grafen von Salm, in der Starkenburg gefangen gehalten, worauf er, schnell herbeieilend, am 7. Juli die Freilassung seines Onkels, allerdings unter harten Bedingungen, erwirkte. Und schon riefen ihn neue Wirren in Böhmen wieder fast ans andere Ende von Europa; am 17. Juli kam er in Prag an. Streitigkeiten, die zwischen einigen österreichischen und mährischen Baronen ausgebrochen, waren durch die Einmischung des Landeshauptmanns von Mähren, Heinrichs von Lipa, und des Herzogs Friedrich von Oesterreich in blutige Fehde übergegangen, die um so verderblicher zu werden drohte, als selbst Otto von Oesterreich, dem die Brüder Friedrich und Albrecht eine neue Theilung der österreichischen Lande verweigerten, sich an die Könige von Böhmen und Ungarn gewandt hatte. Dieser ließ ein bedeutendes Heer an die österreichische Grenze vorrücken, um die beiden Herzoge im Schach zu halten, während J., der schon am 6. Tage nach seiner Ankunft nach Mähren gezogen war, in wenigen Tagen an 40 Städte und feste Plätze eroberte; nur Drosendorf leistete Widerstand und mußte belagert werden. Während dieser Belagerung wurde am 23. August die berühmte Schlacht von Cassel geschlagen, bei der zwar Johanns Truppen zugegen waren, er aber selbst nicht, wie es sein vollständiges Itinerar beweist. Herzog Friedrich sah sich bald genöthigt in Unterhandlungen einzutreten, die nach einer ersten erfolglosen Zusammenkunft damit endeten, daß J. sich mit einer bedeutenden Summe abfinden ließ und die eroberten Plätze zurückgab. Am 17. October 1328 kehrte er nach Prag zurück, sich wieder zu einem Feldzug zu rüsten, diesmal gegen die heidnischen Lithauer zur Unterstützung des deutschen Ordens. Nachdem ihm durch die böhmischen Stände eine allgemeine Steuer bewilligt worden, brach er am 6. December von Prag auf; zuerst vermittelte er einen Waffenstillstand zwischen dem König von Polen und dem deutschen Orden, überschritt dann die Memel bei Ragnit und lagerte sich am 1. Februar vor der Burg Medewageln, die erst nach mehreren Tagen hartnäckigen Widerstandes genommen wurde. Ein weiteres Vordringen verhinderte die Treulosigkeit der Polen, die, dem Waffenstillstand entgegen, ins Kulmer Land einfielen, um bei der Ankunft des vereinigten Heeres sich eiligst zurückzuziehen. Am 12. März schenkte J. mit Einwilligung seiner Gemahlin dem deutschen Orden das Land Pommern mit allem Zubehör und verzichtete auf alle Rechte, die ihm darüber zustehen könnten. Die Polen verfolgte er bis ins Dobriner Land, eroberte die Burg Dobrin, Kujawien mit der Hauptstadt Wladislaw und zwang den Herzog Wenzeslaus von Mazovien zur Abtretung aller seiner Länder und Burgen, von denen er die Hälfte dem deutschen Orden schenkte, theils als Belohnung für seine treuen Dienste, theils als Entschädigung für seine Verluste. Auch in Schlesien sollte er einige Friedensstörer züchtigen, die sich indessen ohne Weiteres unterwarfen; die Herzoge Johann von Steinau und Boleslaw von Liegnitz und Brieg übertrugen ihm ihre Güter und empfingen sie dann von der Krone Böhmens zu Lehen. Am 19. Mai 1329 vereinigte er Görlitz, das seinem Sohne Karl übertragen worden war, mit Böhmen. Durch diese bedeutenden Erwerbungen in Schlesien und den glücklichen Feldzug gegen die wilden Lithauer hatte J. die Macht Böhmens so sehr vermehrt, daß auch seine bisherigen Gegner sich mit ihm versöhnten und er bei seinem Einzug in Prag am 25. Mai von dem jubelnden Volke mit der größten Begeisterung aufgenommen wurde. Doch eilte er schon nach 14 Tagen an den Rhein, seinem Oheim Balduin zu helfen, der zum Kriege mit Mainz der Unterstützung seines Neffen bedurfte. Nach dem Tode des Erzbischofs Mathias von Mainz war Balduin wieder erwählt worden, wogegen der Papst einen treuen Anhänger der Habsburger, den Heinrich von Virnenburg, ernannte und trotz Johanns Bitten Balduin nicht anerkennen wollte; Mainz selbst erklärte sich für Heinrich. J. und Balduin rückten nun vor die [137] Stadt, ohne daß indessen der Krieg mit viel Nachdruck geführt worden wäre. Gegen Ende November begab sich J. über Luxemburg in die Niederlande zu Herzog Johann von Brabant, um als Vermittler in den Streithändeln desselben mit dem Grafen von Falkenberg eine Versöhnung zu Stande zu bringen. Auch mit dem Grafen Eduard von Bar, mit dem J. seit 1323 auf gutem Fuße gestanden, einigte er sich auf einer Zusammenkunft zu Marville, nachdem im J. 1329 wieder ein förmlicher Krieg geführt worden, und als dessenungeachtet noch einmal Zwistigkeiten entstanden, wurden diese am 12. Juni 1330 durch Philipp VI. von Frankreich beigelegt. – Schon seit längerer Zeit war ein heftiger Kampf zwischen König Ludwig und dem Papste entbrannt; die von der Kirche verworfenen Ketzer der Minoriten hatten an Ludwigs Hofe bereitwillige Aufnahme gefunden und ihn sogar bewogen, auf seinem Zug nach Italien einen Gegenpapst zu ernennen, aus dessen Händen er dann die Krone empfing. Während nun das Rechtsverfahren (1324) gegen ihn eingeleitet wurde, stand J. in fortwährendem Briefwechsel mit dem Papste; dem Scheine nach ließ er nicht von Ludwig ab, aber er versprach dennoch, gegen Anfang 1324 den König Karl von Frankreich in dessen Bewerbung um den deutschen Thron zu unterstützen. Und als durch den Tod seiner Schwester Maria die Bande der Freundschaft mit dem französischen Hofe gelockert wurden, brachte Balduin von Trier seinen Neffen dahin, einstweilen eine reservirte Stellung einzuhalten. Als nun darauf Herzog Leopold von Oesterreich durch eine Neuwahl, für die ihm Karl IV. von Frankreich der geeignetste schien, seinen Gegner zu stürzen suchte, wobei er sowol als Karl sicher auf die beiden Luxemburger zählten, behielten diese noch immer ihre abwartende Stellung bei, entschieden weder für, noch gegen König Ludwig eintretend. Dies that J. auch dann noch immer, als durch den Trausnitzer Vertrag Ludwig sich mit seinem alten Gegner Friedrich versöhnte, den er schon 30 Monate in Gewahrsam gehalten und am 5. September 1325 zu München mit ihm ein neues Bündniß schloß; auch auf dem Reichstag von Nürnberg 1327, den Ludwig unmittelbar vor seinem Römerzuge gehalten, erschien J. nicht. Nun aber erforderte es Johanns Interesse, daß er für Ludwig eintrete. Während der letzten Jahre hatte er zwar seine Erblande nie außer Acht gelassen, doch im Verhältniß gegen früher nur unbedeutende Erwerbungen gemacht; von ungemeiner Wichtigkeit dagegen wurde nun die Erwerbung von Kärnthen und Tirol. Im J. 1327 hatte J. sich mit Herzog Heinrich von Kärnthen verständigt, der eine dritte Ehe einging mit Beatrix von Savoyen, während seine Tochter Margaretha Maultasche mit Johanns zweitem Sohne Johann Heinrich versprochen wurde. Heinrich hatte keine männlichen Erben und auch wol keine zu erwarten, so daß die kärnthische Angelegenheit die brennende Frage der Zeit geworden war; drei mächtige Fürsten, Johann, Ludwig und Otto von Oesterreich strebten darnach, Kärnthen zu erwerben und einander zu überlisten. Zuvörderst schloß J. zu Landau (9. Mai 1330) ein Schutz- und Trutzbündniß mit Otto von Oesterreich, der die böhmische Prinzessin Anna heirathen sollte und suchte dann, wenn auch erfolglos, König Ludwig mit dem Papst zu versöhnen; und als bald darauf zwischen Ludwig und Otto offener Krieg drohte, vermittelte er den Frieden von Hagenau, 6. August 1330, wofür er Kaisersberg und einige andere Ortschaften nebst einem Freiheitsbrief für die Prager Kaufleute erhielt. Auch ferner blieb er dann, trotz aller scharfen Vorwürfe, die der Papst ihm machte, auf König Ludwigs Seite. Er begab sich nun nach Innsbruck zu Heinrich von Kärnthen, dem König Ludwig am 6. Februar 1330 das Recht zugesichert hatte, falls er ohne Söhne oder Enkel stürbe, seine Länder in Kärnthen und Tirol den Töchtern oder Bruderstöchtern oder deren Gemahlen zu verschreiben. Zu Innsbruck also, am 16. September, kamen Johann und Heinrich in Betreff Kärnthens und Tirols [138] dahin überein, daß Johann sich von den Ständen Kärnthens, Tirols und Görz’ für seinen Sohn Johann Heinrich, dessen feierliche Vermählung mit Margaretha jetzt stattfand, den Huldigungseid leisten ließ. Bald darauf, zu Trient, empfing J. die Nachricht von dem Tode seiner Gemahlin Elisabeth, die am 28. September zu Wisehrad gestorben war. Vielleicht hätte dieser Todesfall ihn bewogen, nach Böhmen zurückzukehren (er versprach sogar seinen Böhmen, das Weihnachtsfest in Prag zu feiern), wenn er nicht auf einmal seine Gedanken geändert und nach Italien gewendet hätte. Die Stadt Brescia, die wie die meisten Städte der Lombardei seit König Ludwigs Rückkehr aus Italien (Februar 1330) durch die beständigen Reibungen und Fehden der Ghibellinen und Welfen sich in einem Zustand völliger Anarchie befand, wandte sich an den tapferen Böhmenkönig um Hilfe gegen die mächtigen Ghibellinen Azzo Visconti und Martin della Scala. J. säumte nicht, wo er die Gelegenheit fand, in seinem eigenen Interesse in Italien aufzutreten; sein mächtiger, nie rastender Geist entwarf schnell den großartigen Plan, mit geschickter Benutzung der Umstände aus Oberitalien seinem Sohne Johann Heinrich ein ebenso mächtiges Reich als Böhmen zu bilden. Mit 10,000 Mann stieg er über die Alpen und hielt am 31. December 1330 seinen Einzug in die Stadt Brescia, die vor 20 Jahren seinem Hause so verderblich gewesen. Wie im Fluge stellten sich nun viele Städte Oberitaliens unter seinen Schutz und in wenigen Monaten gründete er so ein mächtiges Reich, in das durch sein umsichtiges Auftreten wie durch ein Wunder statt des alten Parteihasses die schönste Eintracht eingekehrt war. Leider hielt diese günstige Stimmung nicht an; bald ward bei den Italienern der Verdacht rege, J. handle nur im Einverständnisse mit dem Papst, der sich auf diese Weise die Stadtgemeinden unterwerfen wolle; auch manche Maßregel Johanns selbst, sowie der Hochmuth der deutschen Krieger und die Strenge der deutschen Beamten ließen bald die so große Begeisterung abnehmen; diese verschiedenen Gründe gaben zunächst Veranlassung zu einem engen Bündnisse zwischen Robert von Apulien, den Florentinern, den Visconti etc. Andererseits vergrößerten aber die Erfolge Johanns die Furcht des Königs und des Papstes, die, die vielen ihnen erwiesenen Dienste vergessend, von allen Seiten Feinde gegen ihn aufregten. Kaiser Ludwig, der schon vor Johanns Zuge sich mit den Oesterreichern verbunden, ging sogar soweit, J. auf dem Reichstag zu Nürnberg, im Juni 1331, als Reichsfeind anzuklagen und nur das hohe Ansehen Balduins von Trier bewog den Reichstag, sich gegen Ludwigs Antrag zu erklären. J. sah sich also genöthigt Italien zu verlassen und zur Rettung seiner eigenen Herrschaft nach Deutschland zu eilen. Nachdem er schon im März seinen Sohn Karl zu sich nach Italien gerufen und ihn, den 15jährigen Jüngling, zum Statthalter der italienischen Besitzthümer ernannt hatte, begab er sich am 2. Juni 1331 von Parma über die Alpen nach Hause. Bei seiner Ankunft fand er seine Länder in der größten Gefahr; mit Otto von Oesterreich, Stephan von Baiern und mehreren anderen Fürsten hatte Ludwig am 3. Mai zu München ein offenbar gegen J. gerichtetes Bündniß geschlossen; er hatte den Herzog Otto zum Reichsvikar ernannt und sogar die Könige von Ungarn und Polen gegen Böhmen aufzureizen gewußt. Nach einem kurzen Aufenthalte in Tirol traf J. mit Ludwig am 21. Juli zu Regensburg zusammen und versöhnte sich mit ihm nach 22tägigen Verhandlungen; beide Fürsten beschlossen sogar, ihre Freundschaft durch eine Heirath ihrer Kinder zu befestigen. Selbst in Betreff Italiens einigten sie sich dahin, daß sie die Länder und Städte in der Lombardei und in Toscana gemeinschaftlich verwalten und beschirmen wollten, wodurch J. gewissermaßen zum Reichsverweser für Italien ward. Von Regensburg eilte er nach Tauß auf einen sehr zahlreich besuchten Landtag (16. August), alle dringendsten Geschäfte schnell zu erledigen und traf Anstalten, [139] dem drohenden Einfalle der Ungarn zu begegnen, nicht ohne indeß zu versuchen, sich mit dem König zu versöhnen; und da die Polen in die Länder des deutschen Ordens eingefallen waren, eilte er nach Schlesien und rückte mit einem sehr beträchtlichen Heere in Pommern ein; den Waffenstillstand, der nun für die Dauer eines Monates zu Stande kam, benutzte er, um in Mähren mit Karl von Ungarn eine Unterredung zu halten; am 19. October war er schon wieder in Breslau. Ein Einfall der Ungarn und Oesterreicher, die mit einem Heere von 75,000 Mann die Donau überschritten hatten, hatte keine schlimmen Folgen, da Otto von Oesterreich durch plötzliche Kälte zum Rückzug gezwungen wurde. Am 13. December verließ J. Prag heimlich und eilte, von nur zehn Gefährten begleitet, nach Frankreich; am 19. December traf er zu Frankfurt mit seinem Oheim Balduin und dem Kaiser zusammen und erreichte Paris am 2. Januar 1332, in Gesellschaft seiner Tochter Bonne oder Jutta, die er von Luxemburg mitgenommen. Zwei Gründe waren es vornehmlich, die ihn zu dieser Reise bewogen: die Vermählung seiner Tochter Jutta mit Johann, dem französischen Kronprinzen, die das ohnehin gute Einverständniß beider Könige befestigen sollte; andererseits die Begierde, seine Forderungen gegen Johann III. von Brabant mit größtem Nachdruck durchzusetzen. Die Hochzeit, durch welche Jutta die Ahnfrau aller späteren Könige aus dem Hause Valois und der mächtigen Herzoge von Burgund ward, wurde am 28. März 1332 bei Melun gefeiert. Im Einverständniß mit dem König von Frankreich brachte J. einen neuen Bund gegen den Herzog von Brabant zu Stande. Die Feindseligkeiten begannen in der Charwoche 1332; die Verbündeten drangen in Brabant ein und verwüsteten einen großen Theil des Landes, in der festen Absicht, es zu erobern und unter sich zu theilen; bald aber zeigte sich Uneinigkeit unter ihnen und es wurde ein Waffenstillstand geschlossen, der vom 11. Mai bis 14 Tage nach Johannistag dauern sollte. Der König von Frankreich trat nun vermittelnd auf: jeder sollte bis zum Mai 1333 seine Beschwerden zu Cambrai vorbringen, damit er selbst bei der folgenden Weihnachtsfeier einen endgültigen Ausspruch fälle. Im August treffen wir J. wieder in Luxemburg, wo er seine Grafschaft durch die Erwerbung der Herrschaft Bastnach nicht unwesentlich vermehrte. Für Böhmen war indessen die lange Abwesenheit des Königs verderblich geworden; der Krieg, der noch immer andauerte, beschränkte sich fast nur auf Brennen und Morden, und als Heinrich von Lipa und mehrere andere Edlen in die Hände der Oesterreicher gefallen, war am 13. Juli ein Vertrag geschlossen worden, laut welchem König J. für die Freiheit der böhmischen Gefangenen die ihm seit 1324 verpfändeten Städte Weytra, Eggenburg, Laa und Rabensberg an Oesterreich zurückgab. Karl von Ungarn sollte ebenfalls einige Städte erhalten. Diese Angelegenheit, sowie die Noth seines Schwiegersohnes Heinrich von Baiern, der in Straubing vom Kaiser belagert war, beschäftigten J. vollauf; Dank der Dazwischenkunft Balduins kam aber doch am 23. August 1332 ein neues Bündniß zwischen J. und Ludwig zu Stande, deren Beziehungen zur Kirche arg getrübt waren; wieder sollte eine Heirath das Bündniß befestigen. J. wollte persönlich sich nach Avignon begeben, um bei Johann XXII. eine Einigung mit Ludwig zu versuchen. Zuvor eilte er noch nach Landshut und Passau, wo der vor einem Monat zwischen Böhmen und Oesterreich verhandelte Vertrag ohne Anstand genehmigt wurde, und dann nach Prag, wo er am 7. September eintraf. Wie immer, handelte es sich auch diesmal nur darum, Geld einzutreiben. Am 15. September war er bereits auf dem Wege nach Paris, wo am 29. September ein großes Turnier sollte gefeiert werden. Hier gab er das Versprechen, gegen 1334 einen Kreuzzug nach Syrien anzutreten und begab sich dann nach Avignon, wo er den 10. November eintraf. Johann XXII. empfing ihn mit der größten Auszeichnung, obwol er es ihm [140] allerdings an Vorwürfen wegen seines Auftretens in Italien und seiner Verbindung mit Ludwig nicht fehlen ließ; den Hauptzweck seiner Reise aber erreichte J. nicht, da der Papst die ihm überbrachten Vorschläge des Kaisers unannehmbar fand und vor Allem die Niederlegung der Krone forderte. Nach einem Aufenthalte von 14 Tagen, der J. recht Gelegenheit gegeben, seine Kunst im Verschwenden des Geldes zu zeigen, kehrte er nach Paris zurück, sich zu einem neuen Zuge nach Italien zu rüsten. Hier standen die alten Parteistreitigkeiten wieder in voller Blüthe; Azzo Visconti war die Seele eines neuen Bundes geworden, der die Deutschen aus Italien vertreiben sollte; sogar Ludwig von Savoyen, den Johann seinem jugendlichen Sohne Karl als Rathgeber beigegeben hatte, war zu den Feinden übergegangen. Der glänzende Sieg von San Felice konnte Karls bedrängte Lage nicht erheblich erleichtern, gab aber seinem Vater Zeit, mit dem neu angeworbenen Heere nach Cremona und Parma zu kommen, wo er den 20. Februar 1333 ankam. Ein Versuch, Pavia wieder zu erobern, das mit Ausnahme der Burg gegen Ende November 1332 in Azzo Visconti’s Hände gefallen, mißlang gänzlich, ebenso ein anderer Versuch, Bergamo durch Verrath zu gewinnen. Durch diese und ähnliche Unternehmungen gegen feste Plätze rieb J. allmählich seine Kräfte auf und kam bald zu der Ueberzeugung, daß er sich unmöglich länger in der Lombardei behaupten könne. Zu Bologna versprach ihm der päpstliche Legat, ihm mit seiner ganzen Macht zu helfen und bestimmte sogar die Einwohner von Bologna, J. 15,000 Goldgulden zu zahlen. Das hinderte nun Azzo Visconti wenig, seine Macht immer weiter auszudehnen und zum Ueberflusse wurde sogar die französische Reiterei des Königs und die Bolognesische des Legaten am 14. April bei Ferrara gänzlich geschlagen und Johann selbst entzweite sich mit dem Legaten. Nun war für J. seines Bleibens nicht mehr und da sein Sohn Karl nicht als Statthalter zurückbleiben wollte, sandte er ihn nach Böhmen zurück. Er selbst blieb noch in Italien eine kurze Zeit, die er vorzüglich dazu verwendete, die ihm ergebenen Städte auf die schmachvollste Weise an verschiedene Herren zu verpfänden. Am 15. October brach er endlich von Verona auf. – Während seiner Abwesenheit war in den Niederlanden der Krieg zwischen dem Herzog von Brabant und dem König von Böhmen wieder ausgebrochen, noch bevor der König von Frankreich seinen Schiedsspruch hatte fällen können, weshalb J. sich nach Luxemburg und Flandern begab, sich nochmals mit seinem alten Gegner zu messen. Am 30. November schloß er zu Quesnoy ein neues Bündniß gegen den Herzog von Brabant, und da die verbündeten Fürsten vor dem Beginn der Feindseligkeiten noch einmal zusammenzukommen übereinkamen, begab er sich in aller Eile nach Frankfurt zu Ludwig, der beschlossen hatte die Kaiserkrone niederzulegen und dieselbe dem Herzog Heinrich von Niederbaiern, Johanns Schwiegersohne, zu verschaffen, der vorläufig sogar zum Reichsverweser ernannt wurde. Am 6. December 1333 verband er sich daher mit Kaiser Ludwig und dessen Kindern, sie wider Jedermann zu schützen und zu schirmen und versprach, auch seinen Schwiegersohn Heinrich, wenn er zum römischen König gesetzt würde, dazu anzuhalten, daß er alle seine Gelöbnisse halte; und in einer anderen Urkunde von demselben Tage versprach er dem Kaiser seine Hilfe selbst für den Fall, daß die Aussöhnung mit dem Papst nicht erfolgen könnte. Wol ist es nicht zu bezweifeln, daß Niemand als J. selbst der Urheber dieser Combination gewesen, deren Zustandekommen ihn zum Herrn der Lage gemacht hätte. Der Papst bezeugte seinerseits die lebhafteste Freude über die voraussichtliche Versöhnung Ludwigs mit der Kirche und sandte sogar zwei Bevollmächtigte ab, die vollständige Sühne zu verhandeln. Doch noch ehe diese ankamen, hatte Ludwig seinen Entschluß geändert: Heinrich von Niederbaiern nämlich, zu voreilig, um Ludwigs vollständige Versöhnung mit dem Papste zu [141] erwarten, hatte schon jetzt die rheinischen Städte aufgefordert, ihm als ihrem künftigen Herrn den Eid der Treue zu leisten, worauf Ludwig gänzlich alle Verhandlungen abbrach und sogar soweit ging, daß er auf einem zu berufenden Concil den Papst wollte zum Ketzer erklären lassen. Sowie Johann seines Eidam’s Wahl sicher glaubte, verließ er Frankfurt; zu Valenciennes wurde dann am 5. Januar 1334 der Krieg gegen Brabant beschlossen und gleich begonnen. J. selbst fiel in Limburg ein, belagerte und nahm Rolduc und schloß mit seinen Bundesgenossen Maestricht ein, wo endlich nach vielen vergeblichen Bemühungen ein Waffenstillstand bis zur Pfingstoctave zu Stande kam; noch zweimal mußte dieser erneuert werden, ehe der König von Frankreich, dessen Schiedsspruch sich die Parteien auch diesmal unterworfen hatten, sein Urtheil fällte: J. wurden 16,000 Goldrealen Schadenersatz zuerkannt. Geld war es eben, woran es ihm auch jetzt mangelte; und da er in seinen Stammlanden jene Mittel nicht anwenden wollte, die ihn in Böhmen so gefürchtet gemacht, verpfändete er seinem Oheim Balduin Remich für 600 Gulden, Echternach und Bittburg für 12,000 Gulden, dem Grafen von Hennegau alle seine in dieser Grafschaft gelegenen Güter für 70,000 Gulden und der Gräfin von Namur für 27,400 Gulden die Propstei Poilvache. Bald war J. wieder in Frankreich, wohin ihn äußerst wichtige Angelegenheiten beriefen; König Philipp verkaufte er Lucca für 10,000 Goldgulden und einigte sich mit ihm in Betreff einer Leibrente von 4000 Pfund Turnosen, die ihm auf die Burg Meun angewiesen wurde. Bei weitem wichtiger war seine eigene Vermählung mit Beatrix von Bourbon, denn die Prinzessin Elisabeth, Tochter Friedrichs des Schönen, wie er den Herzogen von Oesterreich im J. 1332 versprochen, hatte er in Folge verweigerter päpstlicher Dispens nicht heirathen können. Der Ehevertrag ward geschlossen im December 1334, im Bois de Vincennes; J. versprach seiner Gemahlin ein Witthum von 6000 Pfund Turnosen auf Arlon, Boulogne, Marville, St. Mard und Damvillers; die aus dieser Ehe kommenden Kinder sollten Luxemburg, Arlon, Laroche, Durbuy und Poilvache erhalten, etwaige Töchter die Besitzungen im Hennegau. Johanns Söhne genehmigten und billigten die Uebereinkunft in allen Punkten, so auch die Edelleute und die Vorsteher der freien Städte des Luxemburger Landes, die hier zum ersten Mal als Landstände auftraten. Die Heirath selbst fand im December 1334 statt. Nach Böhmen, das unter Karls weiser Verwaltung wieder aufblühte, gelangte die Kunde von diesem überraschenden Ereigniß erst am 6. Januar 1335. Johann weilte jetzt bald in den Niederlanden, bald wieder in Paris, wo er in einem Turnier schwer verwundet wurde. Kaum war er nach wochenlangem Krankenlager genesen, als er über Thüringen nach Prag eilte, wo er am 30. Juli ankam; schon am folgenden Tage erließ er in Böhmen und Mähren ein allgemeines Aufgebot zum Kriege gegen Baiern und Oesterreich. Als nämlich am 2. April 1335 Heinrich von Kärnthen ohne männliche Erben gestorben war, hatten sich gleich diese Länder dahin geeinigt, den geheimen Vertrag von Augsburg (26. November 1330) auszuführen, durch den sie sich Kärnthen und Tirol getheilt hatten. Am 5. Mai wurden die österreichischen Herzoge wirklich mit Kärnthen etc. belehnt, so daß J., der durch seine Wunde gehindert, sie nicht an der Besitznahme hatte hindern können, sich nunmehr vor der vollendeten Thatsache befand. Der Kaiser hatte überdies nichts unversucht gelassen, nicht blos die deutschen Fürsten, sondern auch die Könige von Ungarn und Polen gegen Böhmen aufzureizen. Diesen Gefahren trat Johanns Sohn, Karl, geschickt entgegen; wol gelang es ihm nicht seines Bruders Johann Heinrich Interessen beim Kaiser auf die gewünschte Weise zu vertreten, dagegen trennte er Casimir von Polen von den Oesterreichern durch den Frieden von Sandomir (28. Mai). Bei seiner Ankunft in Böhmen ließ auch J. es sich [142] angelegen sein, den Kampf auf gütlichem Wege beizulegen; eine an die Herzoge von Oesterreich gerichtete Aufforderung, Kärnthen wieder herauszugeben, war natürlich ohne Erfolg; dagegen schloß er am 24. August einen vorläufigen Frieden mit Polen und am 3. September ein Schutz- und Trutzbündniß mit Ungarn. Ganz gegen Erwarten kam sogar, am 16. September 1335, zu Regensburg ein Waffenstillstand zu Stande, der den Feindseligkeiten ein Ende machen sollte. In den ersten Tagen des November kam J. mit den Königen von Ungarn und Polen zu Blindenburg in Ungarn zusammen, wo er allen Ansprüchen auf Polen vermittelst 20,000 Mark Silber entsagte; auch trug er den Titel König von Polen seit dieser Zeit nicht mehr. Unmittelbar darauf kehrte er, von Casimir begleitet, nach Prag zurück, während sein Sohn Karl das nach dem vor Kurzem erfolgten Tode Herzog Heinrichs VI. an Böhmen gefallene Breslau in Empfang nahm. Karl reiste bald darauf, am 3. oder 4. Januar 1336, nach Tirol, dieses Land für seine Brüder zu verwalten. Der Krieg zwischen Böhmen und Baiern war inzwischen unabwendbar geworden; am 25. Februar, vier volle Monate vor Ablauf des Waffenstillstandes, zog J. aus Prag den Oesterreichern entgegen und verwüstete die Gegenden nördlich der Donau; seine Gegner nahmen die ihnen am 24. April gebotene Schlacht nicht an, sondern entflohen, worauf J., statt sich Kärnthens zu bemächtigen, Truppen in die eroberten Städte und Burgen legte und am 24. Mai nach Prag zurückkehrte; wieder war es ihm hauptsächlich um Geld zu thun; er erpreßte von den geängstigten Bürgern bei 20,000 Mark und legte sogar eine neue Steuer auf das Land, das sogen. Ungeld. Am 28. Juni verließ er Prag, um den Krieg in Mähren fortzusetzen, wobei auch die Könige von Ungarn und Polen mit Hülfstruppen erschienen, als ein Einfall Ludwigs in Niederbaiern ihn zwang, seinem Schwiegersohn über Budweis und Chamb zu Hilfe zu eilen, mit dem er bei Landau an der Isar ein wohlverschanztes Lager bezog; zwölf Tage lagen sich hier die Feinde gegenüber, ohne daß es zur Schlacht gekommen wäre, während Johanns Sohn Karl mehrere, wenn auch vergebliche Versuche machte, von Tirol aus seinem Vater Hülfe zuzuführen. Am 18. August brachen endlich Johanns Feinde auf, über Passau nach Linz zu ziehen und Böhmen zu bedrohen; so sah er sich denn genöthigt, seine eigenen Grenzen zu decken. Wol wurde er nun von den Ungarn verlassen, die plötzlich nach Hause zogen, aber andererseits entzweite sich Ludwig mit den Oesterreichern, von denen er zum Ersatz der Kriegskosten einige feste Oerter an der Donau und im Ensthal verlangte. Diese Zwistigkeiten wußte J. geschickt zu benutzen; nach einem vorläufigen Vertrag vom 4. September schloß er zu Ens am 9. October einen Frieden mit Otto und Albrecht von Oesterreich, in dem er auf Kärnthen, Krain und die windische Mark verzichtete und versprach, diesen Verzicht auch durch seinen Sohn Johann Heinrich besiegeln zu lassen; Otto und Albrecht verzichteten auf Tirol und erstatteten die Stadt Znaim zurück. Gegen den Kaiser war denn auch der Bund gerichtet, den diese Fürsten und Karl von Ungarn mit der Bestimmung schlossen, innerhalb der Reichsgrenzen sich gegen Jedermann zu unterstützen. Karl von Mähren, Johanns Sohn, bequemte sich, trotz anfänglichen Protestes, zur Anerkennung dieser Verträge, Johann Heinrich aber und Margaretha Maultasche protestirten gegen die Abtretung von Kärnthen, so lange sie im Besitz von Tirol waren. Das Hülfegesuch des deutschen Ordens bewog J. am Ende desselben Jahres einen neuen Feldzug gegen die heidnischen Lithauer zu unternehmen, wol sollte freilich der Zug besonders dazu dienen, die in Schlesien gemachten Erwerbungen zu sichern und sich dadurch, daß er den deutschen Orden unterstützte, Polen vom Halse zu halten. Der Feldzug verlief indeß ohne Erfolg, da das gelinde Wetter J. nicht erlaubte, in das Land einzudringen; im Februar trat er den Rückzug [143] an, verzichtete dabei zu Leslau zu Gunsten des deutschen Ordens auf Pommern und bewog auch den dort anwesenden König von Polen zu demselben Verzicht; zu Posen schloß er mit diesem auch einen besonderen Friedens- und Freundschaftsvertrag. Auf diesem Zuge zog sich J. eine gefährliche Augenentzündung zu, in Folge deren er bei ungeschickter Behandlung zweier Aerzte das rechte Auge verlor. Am 25. Februar 1337 genas Königin Beatrix, die am 2. Januar 1336 von Luxemburg nach Prag gekommen war, eines Sohnes, der den Namen Wenzel erhielt. Doch ließ dieses Ereigniß sowol als die am 18. Mai vorgenommene Krönung der Königin das Volk vollkommen gleichgiltig, während die Liebe der Böhmen gänzlich auf Karl von Mähren und dessen Gemahlin Blanca überging, was zur Folge hatte, daß J. sogar Blanca aus Prag nach Brünn verbannte, während Karl sich in Tirol bei seinem Bruder Johann aufhielt. Beatrix wurde unmittelbar nach ihrer Krönung am 1. Juni von J. nach Luxemburg gesandt, wogegen der kleine Wenzel in Prag zurückgehalten wurde. J. selbst reiste am 8. Juli 1337 nach Paris, wohin er wegen des bevorstehenden Krieges mit England gerufen worden; schon am 12. hatte er in Frankfurt eine dreitägige Unterredung mit König Ludwig, der inzwischen einen Versuch gemacht hatte, sich mit Hülfe Philipps von Frankreich mit der Kirche zu versöhnen, jedoch angesichts der feindlichen Stimmung des Papstes und des Königs von Frankreich seine Unterwerfung wieder zurückzog, die Verbindung mit Philipp aufgab und sogar gegen ihn mit Eduard von England ein Bündniß einging. Es kann wol kein Zweifel sein, daß J. den Kaiser bewegen wollte, von diesem Bündniß abzulassen; die Unterredung verlief indessen ohne Resultat und J. trat offen auf die Seite Frankreichs, mit dem er am 6. August 1337 zu Maubuisson einen Hülfsvertrag schloß. Er hatte wahrlich Ursache, ein Bündniß des Kaisers mit England zu fürchten, da er seit dem kärnthnischen Erbfolgestreite fast beständig dem Kaiser feindlich gegenüber gestanden und nun auch die Herzoge von Oesterreich versucht wurden, sich dem Kaiser und den Engländern anzuschließen; am 6. August 1338 ward dann auf dem Reichstage zu Frankfurt zum Reichsgesetz erhoben, daß der einmüthig oder von der Mehrzahl der Kurfürsten Erwählte nicht der Bestätigung des Papstes bedürfe, sondern ohne Weiteres König und Kaiser sei. Am 6. September schloß auch noch Balduin einen Hülfsvertrag mit England, wie es auch die österreichischen Herzoge am 25. November thaten. So standen denn dem Kaiser nunmehr J. und sein Schwiegersohn von Baiern ganz allein entgegen. Diese Isolirtheit nöthigte J., sich dem Kaiser zu nähern, ihm seine Freundschaft und seine guten Dienste anzutragen, um so das Bündniß mit England sprengen zu können. Wol eine Folge dieser Annäherung war ein am 18. Februar 1339 zu Ingolstadt zwischen dem Kaiser und dem Herzog Heinrich von Baiern vereinbarter Friedensschluß, dem dann, nach dem Ausspruch von vier Schiedsmännern, am 20. März zu Frankfurt die Versöhnung auch zwischen J. und dem Kaiser folgte. Noch am selben Tage wurde J. feierlich mit den Ländern belehnt, die er vom Reich zu Lehen tragen sollte: mit Böhmen, Mähren, Luxemburg, Laroche und Polen. Johanns Sohn, Johann Heinrich, sollte Tirol und das Innthal haben. Gegen diesen Vertrag erklärten sich offen Johanns Söhne Karl und Johann Heinrich und weigerten sich ihn anzunehmen. Karl eilte sogar aus Böhmen nach Miltenberg zu seinem Vater, förmlichen Protest zu erheben. Doch scheint die Spannung zwischen Vater und Sohn nicht von Dauer gewesen zu sein, da sie gemeinschaftlich über Landshut nach Böhmen reisten, wo sie um den 20. Mai 1339 anlangten. Während seiner Anwesenheit in seinen Erblanden hatte J. sich mit dem Bischof Ademar von Metz geeinigt, gegen den der Seneschall der Grafschaft Luxemburg die Feindseligkeiten eröffnete, sowie mit dem Grafen Heinrich von Bar; auch den Bischof von Lüttich gegen den Herzog von [144] Brabant unterstützt und war in Unterhandlungen getreten, die Grafschaft Looz zu erwerben, die durch den Tod des kinderlosen Grafen Ludwig (19. Januar 1336) an Lüttich zurückgefallen war. Allerdings erhielt diese Grafschaft, als Lehen von Lüttich, Dietrich v. Heinsberg; dagegen erwarb J. von diesem Ivoix, Virton und Laferté und von Dietrich v. Houffalize mehrere Ortschaften, wie Nassogne, Cherchin etc. Im September 1338 war er in Frankreich gewesen und hatte hier am 30. November sogar den ehrenvollen Auftrag erhalten, mit unumschränkter Gewalt als Hauptmann und Statthalter die Regierung der Provinz Languedoc zu führen. In den ersten Monaten 1339 kam er nach Luxemburg zurück und eilte nach Frankfurt zum Kaiser, von wo er, wie oben gesagt, nach seiner Aussöhnung nach Prag zurückgekehrt war, um in Böhmen und gegen Juni auch in Mähren eine allgemeine Steuer zu erheben. Während dieses Aufenthaltes demüthigte er den Herzog Nikolaus von Troppau und zerstörte die Burg des Nikolaus von Potenstein. Sein Aufenthalt in Breslau wurde bezeichnet durch Streitigkeiten mit Bischof Nanker von Breslau, der den König, weil er die an der polnischen Grenze gelegene Festung Militsch in Besitz genommen hatte, mit seinen Räthen in den Bann that, was zur Folge hatte, daß Nanker mit dem ganzen Klerus vertrieben wurde; dieser Streit zwischen der weltlichen und geistlichen Autorität dauerte noch zwei volle Jahre. Im August verkaufte er dann noch mit Karls Einwilligung dem Herzog Boleslaw von Schlesien die Stadt Lubin. Von seinem Sohne gefolgt, der ihn noch in Luxemburg antraf, trat er hierauf die Reise nach Frankreich an, dem Könige Philipp gegen Eduard von England beizustehen, der, zur Zeit von Johanns Ankunft im französischen Lager, von Valenciennes aus in das Cambresis eingefallen war. J. wohnte dem ganzen Feldzuge bei bis zum Beginne des Winters; die augenblickliche Waffenruhe benutzte er, sich nach Montpellier zu begeben, damit er die Aerzte dieser Universität über sein Augenübel zu Rathe ziehe. Wie aber sein Sohn Karl kurze Zeit darauf ebenfalls dahin kam, fand er seinen Vater gänzlich erblindet; statt ihn zu heilen, hatten die Aerzte ihn auch um das andere Auge gebracht. J. und Karl reisten zusammen nach Avignon und von hier nach Paris, wo J. noch am 26. März 1341 war, während Karl nach Baiern gesandt wurde, seiner Schwester Margaretha, die durch den Tod Heinrichs von Niederbaiern (1. September 1339) zur Wittwe geworden war, in der Verwaltung des Landes beizustehen. In dem Feldzug des Jahres 1340, während dessen J. in Erwartung einer von Philipp immer sorgfältig vermiedenen Hauptschlacht an der Brücke von Bouvignies ein erstes Testament machte, fand er kaum Gelegenheit sich auszuzeichnen; nach dem Abschluß eines Waffenstillstandes, am 26. September 1340, kehrte er nach Luxemburg zurück. Durch sein Testament hatte er seinem Sohne Karl Böhmen, Polen, Budissin und Görlitz vermacht, seinem zweiten Sohne Johann Mähren und dem letztgebornen Wenzel die Grafschaft Luxemburg mit allen Besitzungen und Einkünften in Frankreich. Damit nun Wenzel der Besitz der Grafschaft gesichert sei, hatte er, schon vor seinem Zug ins französische Lager, sie in zwei Districte getheilt, einen romanischen und einen deutschen, mit der Weisung an alle seine Unterthanen, sie Wenzel folgen zu lassen, wie er auch in seinem Testamente bestimmte, daß, wenn er vielleicht während Wenzels Minderjährigkeit stürbe, zwei oder mehrere von den Ständen zu bezeichnende Männer die Regierung führen sollten. In diesem Jahre war es auch, am 20. October 1340, wo er die für Luxemburg so segensreiche achttägige Bartholomäusmesse einsetzte, für die er den Kaufleuten die ausgedehntesten Freiheiten verlieh. Gegen Ende December kehrte er nach Böhmen zurück. Hier berief er gegen Anfang Juni einen Landtag, auf dem er von den Ständen verlangte, sie sollten seinen Sohn Karl zu seinem Nachfolger im Königreich Böhmen anerkennen; die Stände [145] gingen gerne darauf ein und dem Markgrafen Karl und dessen Nachkommen wurde durch Urkunde vom 11. Juni 1341 die Erbfolge übertragen. Die beabsichtigte Krönung Karls und seiner Gemahlin Blanca, die durch den von Benedict XII. dazu ermächtigten Bischof Johann von Prag geschehen sollte, unterblieb einstweilen wegen neuer Zerwürfnisse mit dem Kaiser, der nicht nur ganz Niederbaiern, sondern auch Burghausen, das Witthum von Johanns Tochter Margaretha, eingezogen hatte. Diese kehrte am 20. Mai 1341 nach Prag zurück, wo sie kurze Zeit darauf starb (20. Juli), drei Tage vor der zu ihrer Heirath mit König Casimir von Polen bestimmten Frist. Dieses traurige Ereigniß, weit entfernt, das Band zu lösen, das die drei Fürsten Johann, Karl und Casimir verbunden, führte vielmehr eine Erneuerung ihres Bundes herbei. Auch in Betreff der baierischen Güter vereinigte sich J. mit dem Kaiser, obgleich allerdings die Versöhnung nur von sehr kurzer Dauer war. Margaretha Maultasche nämlich, die Gemahlin des damals erst 18jährigen Johann Heinrich, hatte beschlossen, sich von ihrem Gemahl zu trennen und sich zu ihrem künftigen Gemahl den ältesten Sohn des Kaisers ersehen, Ludwig von Brandenburg, der eben Wittwer geworden war. Im Verein mit diesem und den meisten Edeln wurde die Art und Weise verabredet, wie man Johann vertreiben könne, was auch wirklich am 2. November geschah; dadurch war denn der Herrschaft der Luxemburger in Tirol für immer ein Ende gemacht. Im Februar 1342 kam sogar der Kaiser selbst nach Tirol und am 10. Februar wurde auf dem Schlosse Tirol das Beilager mit großer Pracht vollzogen, ohne daß die erste Ehe der Margaretha mit Johann Heinrich von der Kirche aufgelöst, noch Dispens wegen der nahen Blutsverwandtschaft zwischen ihr und Ludwig ertheilt worden wäre. Während dieser Vorgänge, die natürlich einen unheilbaren Bruch zwischen den beiden Häusern Luxemburg und Wittelsbach erzeugten, weilte J. in Böhmen; vorläufig sah er sich nach Bundesgenossen um und schloß mit den Herzogen von Oesterreich am 15. December 1341 einen Defensivbund; er besuchte selbst Herzog Albrecht zu Wien, um ihn zu einem Offensivbündnisse gegen den Kaiser zu bewegen, wozu er um so mehr Aussicht zu haben glaubte, als der Kaiser seinen Sohn nicht nur mit Tirol, sondern auch mit Kärnthen belehnt hatte, das er doch erst vor wenigen Jahren den Habsburgern feierlich übertragen hatte. Mangel an Geld trieb den blinden König wieder in seine Stammlande, wo er der Gräfin von Namur die Propstei Poilvache um 33,000 Goldgulden verkaufte. Bei einer Zusammenkunft mit seinem Onkel Balduin erklärte sich dieser zum ersten Male gegen den Kaiser, der die Macht der Luxemburger so rücksichtislos verletzt und geschmälert hatte. Nachdem er dann auch noch mit dem Pfalzgrafen vom Rhein einen Vertrag geschlossen (31. August 1342), begab er sich an den französischen Hof. So standen viele Fürsten dem Kaiser feindlich gegenüber, dessen Lage noch verschlimmert wurde, als der Cardinal Peter Roger, der ehemalige Erzieher des Markgrafen Karl, als Clemens VI. den päpstlichen Stuhl bestieg. Am 12. April 1343 forderte dieser den Kaiser auf, innerhalb drei Monaten sich der Regierung zu begeben, alle Würden niederzulegen und reumüthig in den Schooß der Kirche zurückzukehren. Da Ludwig die Frist verstreichen ließ, ohne einen Schritt zur Versöhnung zu thun, faßte der Papst den Entschluß, von dem er Balduin von Trier in Kenntniß setzte, den Kaiser zu stürzen und dem Reich ein neues Oberhaupt zu geben. Nun hielt Ludwig es für’s Gerathenste, mit dem Papste und den Luxemburgern eine Sühne zu versuchen; zunächst versuchte er es mit Johann: Wenzel sollte eine von Ludwigs Töchtern mit der kolossalen Mitgift von 240,000 Mark erhalten; Johann Heinrich sollte als Entschädigung für Tirol die Lausitz erhalten. J. ging darauf ein und übernahm es dagegen, sich bei dem Papst für eine Aussöhnung des Kaisers [146] mit der Kirche zu verwenden. Er hielt nur theilweise Wort. Nachdem er das Jahr 1343 theils in Frankreich, theils in Luxemburg und den Rheingegenden zugebracht, reiste er im November nach Avignon, machte aber gewiß keinen ernstlichen Versuch, da er den Papst mit aller Entschiedenheit zu Ludwigs Sturze entschlossen sah und auch Karl den Vertrag zwischen Ludwig und seinem Vater nicht hatte anerkennen wollen. In Folge dieser Nichtanerkennung war am 13. September 1343 zwischen Karl, dem Kaiser und dessen Sohne ein Waffenstillstand geschlossen worden, der von neuen Unterhandlungen gefolgt wurde; vielleicht hätten diese zu einem für beide Parteien befriedigenden Ende geführt, wenn nicht J. seinen Söhnen hätte verkünden lassen, er habe sich während seiner Anwesenheit zu Avignon in seinem und seiner Söhne Namen mit dem Papst gegen Ludwig verbunden. Im März 1344 traten dann J. und Karl von Luxemburg aus eine Reise nach Avignon an, ein endliches Abkommen mit Clemens VI. gegen den Kaiser zu treffen. Die Uneinigkeiten, die zwischen J. und Karl bis dahin bestanden, wurden gehoben, die böhmische Kirche von dem Mainzer Erzbisthum getrennt und Prag zu einem eigenen Erzbisthum erhoben. Gegen Ende Mai verließen sie Avignon und kehrten zurück, J. in die niederlothringischen Gegenden, Karl nach Basel und von hier nach Luxemburg. Noch immer hatte der Kaiser nicht nachgelassen, eine Versöhnung mit der Kirche zu versuchen, wie demüthigend auch immer die gestellten Bedingungen waren, aber natürlich völlig erfolglos. Zwar waren die Kurfürsten fest entschlossen, den Forderungen des Papstes nicht nachzugeben, die allzusehr in die Rechte des Reiches und in ihre eigenen Vorrechte eingriffen, aber auch nicht minder fest, die Person Ludwigs nicht in Schutz zu nehmen. Klar geht dieses hervor aus den ungestümen Verhandlungen des Tages zu Bacharach, auf dem auch J. und Karl erschienen waren und zwar als Ankläger gegen den Kaiser, und Karl sogar als römischer König in Vorschlag gebracht wurde. Wol kam es nicht zum offenen Bruch zwischen dem Kaiser und den Kurfürsten, aber beide warben jetzt doch eifrigst Bundesgenossen; bald konnte sogar, wie es scheint, Karl für den Fall einer neuen Königswahl einschließlich der Stimme seines Vaters auf fünf Kurstimmen zählen. J. kehrte im November nach Prag zurück, nachdem er noch gegen Ende September zu Metz ein großes Fest gegeben und den sog. luxemburgischen Landfrieden auf drei Jahre verlängert hatte. Im Beginn des J. 1345 trat er seinen dritten und letzten Heidenzug an, den indeß zuerst eine wohlgelungene Kriegslist der Feinde und dann plötzlich eintretende linde Witterung ganz resultatlos machte. Fast aber wären J. und sein Sohn Karl von den Polen gefangen genommen worden, da Casimir von Polen in der Zwischenzeit, des Bundes mit den Luxemburgern müde, vom Kaiser gewonnen worden war. J. entging der Gefahr, ohne sie nur zu ahnen, Karl nur durch eine List. Casimir griff nun offen zu den Waffen und eroberte die Stadt Steinau. Wie im Sturme flog auf die Kunde von diesen Ereignissen J. aus Luxemburg herbei und zwang vorerst den Herzog Bolko von Schweidnitz durch die Verwüstung seines Gebietes zu einem Waffenstillstand, dessen J. selbst dringend bedurfte; Dank den Bemühungen des Kaisers waren alle seine Nachbarn seine Feinde geworden und kaum war er nach Prag zurückgekehrt, als er in einer Woche Fehdebriefe von jedem dieser neuen Feinde erhielt. J. verlor den Muth nicht, und da der Kaiser ihm keinen Waffenstillstand gewähren wollte, beschloß er durch einen Hauptschlag seine Gegner zu erschrecken. Mit aller Wucht warf er sich über Polen her, schlug die Polen sammt den ungarischen Hülfstruppen und drang bis vor Krakau, dessen Vorstädte eingeäschert wurden. Casimir sah sich so gezwungen, einen Waffenstillstand zu fordern, der bald in einen allgemeinen Frieden verwandelt wurde, in den alle Feinde Böhmens mit Ausnahme des Kaisers aufgenommen wurden. Im [147] October 1345 verließ J. Böhmen, wohin er indeß nach einem kurzen Aufenthalte in Luxemburg, Namur und Lüttich schon Anfang Februar zurückkam, um es schon im März wieder zu verlassen. In Trier kamen die drei Luxemburger Balduin, Johann und Karl zusammen und beriethen über die nöthigen Schritte zur Absetzung des Kaisers; Karl versprach seinem Onkel schon jetzt verschiedene Begünstigungen für den Fall, daß er zum römischen König erwählt würde, wie er seither unablässig bemüht war, selbst um die größten Opfer sich die Stimmen der einzelnen Fürsten zu erkaufen. Um dieselbe Zeit wurde der Erzbischof Heinrich von Mainz abgesetzt, an seine Stelle Gerlach von Nassau durch Provision ernannt und endlich am 13. April der Kaiser selbst ehrlos und rechtlos erklärt; die Kurfürsten wurden aufgefordert, sich ungesäumt zu einer neuen Wahl anzuschicken. Bald nach diesem Proceßverfahren gelangte Karl mit seinem Vater nach Avignon; J. bestätigte hier die von seinem Sohne gemachten Versprechungen. Der Papst selbst erklärte die Kurstimme von Brandenburg für erledigt und empfahl den Markgrafen Karl als den schicklichsten und tauglichsten aller Fürsten. So war denn alles zur Verwirklichung des Planes vorbereitet, den Karl seit langen Jahren gehegt. Die beiden Fürsten verließen Avignon erst im Mai 1346 und kehrten in ihr Stammland zurück, zunächst nach Trier zum Erzbischof Balduin, der noch immer unermüdlich für die Interessen der Luxemburger sorgte. Als nun endlich der zur Wahl bestimmte Tag, der 11. Juli, erschien, wurde Ludwig von Baiern von den fünf anwesenden Kurfürsten für abgesetzt, der Thron für erledigt erklärt und Karl einstimmig zum deutschen König erwählt. Am anderen Tage schon verließen J. und Karl Rense und zogen nach Aachen, Lüttich und Trier, von wo J. nach einigen Tagen Aufenthalts den Franzosen gegen Eduard von England zu Hülfe zog. – Wie während seiner ganzen früheren Regierungszeit, so hatte J. es auch in diesen letzten Jahren nicht vernachlässigt, seine Macht durch Werbung von Dienstmannen zu stärken; mit dem Grafen Heinrich von Bar hatte er einen Münzvertrag über eine in vier Ortschaften zu prägende Vereinsmünze geschlossen, und die Hälfte der Städte Chiny, Montmedy und Etalle erworben. Den Städten Laferté, Villy und Dudeldorf gab er Freiheitsbriefe. Dagegen hatte er auch bedeutende Theile seiner Länder verpfänden müssen, wie die Stadt und Propstei Poilvache, Echternach, Remich, Grevenmachern und Bittburg, so daß, als der greise Verschwender dem König von Frankreich zu Hülfe eilte, gerade die besten Einkünfte und Theile des Luxemburger Landes vergeben waren. Als J. mit seinem Sohne nach Paris kam, hatte Eduard bereits Barfleur, S. Lô und Cherbourg erobert, war sogar bis in die Nähe von Paris gerückt, und zog nun weiter gegen Norden, sich mit den Heeresabtheilungen der Flamänder zu vereinigen, die ebenfalls die französische Grenze überschritten hatten. J. sollte diese Vereinigung hintertreiben; bei Grandvilliers trafen die Luxemburger zum ersten Male auf den Feind, und verhinderten am 22. August den Uebergang der Engländer über die Somme bei Pont-Remy. Am 26. August wurde nun die denkwürdige Schlacht von Crecy geliefert; die Franzosen erlitten eine blutige Niederlage und die Blüthe des französischen Adels bedeckte das Schlachtfeld. Als J. von der schlimmen Wendung der Schlacht Kunde erhielt, ließ er sich von zwei Rittern, Heinrich dem Mönch von Basel und dem Böhmen Heinrich von Klingenberg, in die Mitte nehmen und so in den Feind hinein führen. Hier fiel er mit fast allen seinen Begleitern. Auch Karl IV., der in der Nähe seines Vaters mit großer Tapferkeit gefochten hatte, war mehrfach verwundet worden, er hatte, von einem böhmischen Ritter mit Gewalt aus dem Getümmel gebracht, sich in die Abtei Ourchamps geflüchtet. Ihm übergab König Eduard die Leiche seines Vaters, die sofort nach Luxemburg gebracht wurde; hier wurde sie am 7. September [148] in der Kirche der Benedictinerabtei beigesetzt, hier wurde ihm auch von seinem Sohne Karl das erste Denkmal gesetzt. Aber wie J. während seines Lebens nie Ruhe noch Rast gewonnen, so sollten diese ihm auch nicht einmal nach seinem Tode zu Theil werden. Als im J. 1543 die nahe bei der Stadt gelegene Abtei Münster aus Sicherheitsrücksichten für die Stadt zerstört wurde, wurde auch Johanns Grabmal zerstört; seine Gebeine ruhten nun eine Zeitlang in einem einfachen hölzernen Sarge im Kloster der Franziskaner, bis sie im J. 1592 den Benedictinern zur abermaligen Beisetzung in ihrem nunmehr in der Unterstadt Grund erbauten neuen Kloster übergeben wurden; am 6. Septr. 1618 wurden sie dann in ein des großen Helden würdiges Grabmal beigesetzt. Am 22. Mai 1684 wurde Neu-Münster ebenfalls eingeäschert; die Gebeine kamen nun in das Benedictiner-Refugium in der Oberstadt, und dann wieder in die neu erbaute Abtei. Hier ruhten sie ein volles Jahrhundert, bis sie bei der Einnahme der Stadt durch die Franzosen 1795 auf Befehl des letzten Abtes von Münster einem Bäckermeister Adam Bastien übergeben wurden, der sie, um sie vor Entweihung zu schützen, unter dem Dache seines an den Felsen gebauten Hauses in einer Grotte bewahrte. Hier lagen sie ungefähr vier Jahre, worauf sie in die Behausung eines H. Boch nach Siebenbrunnen gebracht wurden, darauf im J. 1809 von Boch-Buschmann nach Mettlach. Hier sah sie 1833 der nachmalige König Friedrich Wilhelm IV. und erhielt sie von Boch-Buschmann zum Geschenke. Seitdem ruht der blinde König in einer Kapelle zu Castell an der Saar, wo er voraussichtlich noch lange Zeit verbleiben wird, in fremdem Lande, obgleich es sein ausdrücklicher Wille war, im luxemburger Land seine letzte Ruhestätte zu finden.

Dr. J. Schötter, Johann, Graf von Luxemburg und König von Böhmen, 2 Bände, Luxemburg 1865. Die anderen Quellen sind zusammengestellt bei Ulysse Chevalier, Répertoire des sources historiques du moyen âge (Paris 1880, col. 1168) und am besten bei Werunsky, Geschichte Kaiser Karls IV. und seiner Zeit. Bd. I. p. 455–462.