ADB:Johann Sobìslav
Markgrafen Joh. Heinrich von Mähren, Bruders Kaiser Karls IV. aus dem Hause Lützelburg oder Luxemburg, aus dessen zweiter Ehe mit Margarethe von Troppau, 1380–1387 Bischof von Leitomyschl in Böhmen, 1387, im November, Bischof zu Olmütz in Mähren, 27. November 1387 bis 1394 Patriarch von Aquileja, ermordet den 13. October in Udine. – Während seine Brüder, der ältere, Jodok oder Jobst und der jüngere, Prokop, für die weltliche Laufbahn bestimmt waren, sollte J. S. als Kirchenfürst emporkommen; doch taugte hierfür Niemand weniger als dieser leidenschaftliche, gewaltthätige und sittlich rohe Prinz, dem das geistliche Gewand die unbequemste Fessel blieb. Seine Beförderung von dem Leitomyschler Kirchensitze auf den Olmützer Bischofsstuhl (nach dem Tode des Bischofs Peter Jelito, † am 9. Februar 1387) war ein Willküract König Wenzels IV.; sehr willkommen den beiden anderen Brüdern, welche bei ihrer Erbtheilung und bei dem Vertrage über Brandenburg als Pfandschaft (1388) den mittleren Bruder zu bedenken nicht Willens waren und darum mit einer fetten Kirchenpfründe versorgen, mit ihr abfertigen wollten. Die Olmützer Domherren sträubten sich auch entschieden gegen eine solche Vergewaltigung ihres Wahlrechtes und wider die Aufdrängung eines gewiß schon damals übel beleumundeten Prinzen des herrschenden Hauses, daß Papst Urban VI. alsbald einen bequemen Ausweg in der Versetzung Johann Soběslaw’s auf den Patriarchenstuhl von Aquileja fand, denn damit konnte allen Theilen geholfen sein. J. S. war nicht der erste Luxemburger, welcher das, allerdings zweifelhafte, Glück genoß, der Kirchen- und Landesfürst Friauls, dieses Hexenkessels politischer Wirren und Leidenschaften zu werden. 1350–58 hatte diese Würde ein natürlicher Sohn seines Großvaters, König Johanns von Böhmen, Nicolaus I., bekleidet. 1387 mußte sich Papst Urban VI. entschließen, den bald unmöglich gewordenen Commendator und Administrator Aquileja’s, Philipp, Cardinal von Alençon, Erzbischof von Sabina, seiner Stelle zu entheben, J. S. sollte nun die Lücke ausfüllen. Von Wien aus, auf der Reise nach Friaul, hatte der neue Patriarch (2. September) allerdings [120] in dem Manifest an die Friauler von seiner friedliebenden Gesinnung gesprochen und seinen aufrichtigsten Willen, der Anarchie zu steuern, kundgegeben. Aber seinem glänzenden Empfange vor Gemona (Klemaun) und dem Einzuge in Aquileja, in Udine folgten bald neue Wirren, schlimmere Tage, in welchen die Familie Savorgnano zu Udine eine Hauptrolle spielte. Seit October 1388 hatte der neue Patriarch den einflußreichen Friedrich Savorgnano als der Felonie[WS 1] schuldig in den Anklagestand versetzt und thatsächlich benahmen sich dieser und die Stadt Udine sehr unbotmäßig. Wenn wir aber die gegen J. S. gerichteten Beschwerden der Udinesen uns vor Augen halten, deren weiter unten gedacht werden soll, und die beiden Thatsachen, die Hinrichtung des allgemein geachteten Ditelmo degli Andreotti und die Ermordung Friedrichs Savorgnano durch Dienstmannen des Patriarchen, auf Anstiften seiner Stiefmutter Elisabeth, einer Buhle[WS 2] des böhmischen Ritters Zdenko und des Patriarchen selbst, – berücksichtigen, wenn wir die Volkswuth in Folge dieses im Bethause verübten Frevels (15. Febr. 1389) derart losbrechen sehen, daß jene unselige Frau geviertheilt und alle jene getödtet wurden, die man für Mitschuldige hielt, – so darf uns der allgemeine Haß gegen den Patriarchen nicht Wunder nehmen. Vergeblich erwies sich die venetianische Vermittelung, die Einladung an seinen Bruder, Markgrafen Jodok von Mähren, als Friedensstifter herbeizukommen. Von einem Ausgleiche konnte nicht die Rede sein. Nicht umsonst hatte Orsina d’Este, die Wittwe Savorgnano’s, dessen heranwachsendem Sohne Tristan das blutgetränkte Kleid des ermordeten Gatten vorgewiesen, ihn zur Rache aufzumahnen Gelegenheit genommen. Der Siebzehnjährige erdolchte in Gesellschaft anderer Verschworenen am 13. October 1394 den Patriarchen am Kastellthore von Udine. Viel Haß, aber auch so manche Wahrheit athmen die Anklagepunkte der Udinesen, welche oben angedeutet wurden. Er habe aus unersättlicher Geldgier eingekerkert und freigelassen, so auch gewöhnliche Mörder – denn „lieber will ich hundert Dukaten als hundert Köpfe haben“ – wäre sein Ausspruch gewesen. Stets habe er weltliches Gewand und das Schwert getragen, mit H … wirthen[WS 3] und H … gehalten; sich Fräuleins und arme Mädchen in den Pallast zuführen lassen, um sie dann an seine Dienstleute zu vergeben, falsche Karten beim Spiele mit dazu eingeladenen Adeligen verwendet, nie eine Messe gelesen, mit Heiligthümern Blasphemie getrieben, Wegmauthen und Steuern verhängt und die nicht Zahlenden prügeln lassen, durch Simonie[WS 4] und Betrug an 50,000 Ducaten herausgeschlagen etc. In einem seiner gerügten Aussprüche hatte er wol das Richtige getroffen – „für dies Volk braucht man das Schwert und nicht das Kreuz“, – denn Friaul machte besseren Patriarchen das Dasein bitter. Jedenfalls aber bildet die Geschichte des Kirchenfürsten Johann Soběslaw’s von Aquileja eine der traurigsten Episoden.
Johann Soběslaw, der zweitgeborne Sohn des