Zum Inhalt springen

ADB:Boleslaw III.

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Boleslaw III.“ von Colmar Grünhagen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 101–104, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Boleslaw_III.&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 18:14 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Boleslaw II.
Nächster>>>
Boleslaw V.
Band 3 (1876), S. 101–104 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Bolesław III. (Schlesien) in der Wikipedia
Boleslaw III. in Wikidata
GND-Nummer 137529937
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|3|101|104|Boleslaw III.|Colmar Grünhagen|ADB:Boleslaw III.}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=137529937}}    

Boleslaw III., Herzog von Liegnitz-Brieg, geb. 1291, † 23. April 1352, der älteste Sohn Heinrichs V. von Breslau-Liegnitz und der Enkel Boleslaws II., dem er in vielen Stücken gleicht. Nach dem Tode Heinrichs V. führte die vormundschaftliche Regierung über das Land zunächst dessen Bruder Bolko I. von Schweidnitz, der die Ansprüche, welche König Wenzel II. von Böhmen auf Grund einer kaiserlichen Belehnung auf das Herzogthum Breslau machte, mit gewaffneter Hand zurückwies. Nach Bolko’s Tode 9. Nov. 1201 aber ist für [102] das Breslau-Liegnitzer Land vermuthlich sogleich der König von Böhmen Wenzel zum Regenten ausersehen worden, und nur provisorisch hat der Bischof von Breslau Heinrich von Würben (vergl. dessen Biographie) bis Ende des Jahres 1302 die Regierung geführt. Um dieselbe Zeit wurde der 11jährige B. mit der 6jährigen Tochter Wenzels Margaretha vermählt oder richtiger gesagt verlobt, und daß der Böhmenkönig schon damals an ein ernsteres Eingreifen in die schlesischen Verhältnisse gedacht hat, dafür spricht die Urkunde vom 13. Januar 1303, in welcher derselbe sich von B. den Landstrich auf dem rechten Oderufer, zu dessen Abtretung der Herzog von Glogau 1294 Boleslaws Vater gezwungen hatte, schenken läßt. Freilich kam dann der Kampf gegen den deutschen Kaiser Albrecht 1304 dazwischen, in welchem schlesische Hülfsvölker auf Wenzels Seite kämpften, mit ihnen sicher auch der junge Herzog, der sich größtentheils in Prag aufhielt, während böhmische Edelleute (eine Zeit lang auch noch einmal Bischof Heinrich) die schlesischen Lande regierten. So war die Abhängigkeit von Böhmen thatsächlich schon vorhanden, und auch nach Wenzels II. frühem Tode (21. Juni 1305) hat Wenzel III. jene Ansprüche erneuert, und nach dem zwischen ihm und Kaiser Albrecht zu Nürnberg am 18. August 1305 geschlossenen Frieden sollten Schiedsrichter über diese Ansprüche auf das Herzogthum Breslau entscheiden, ohne daß jedoch, da schon am 8. Oct. 1306 mit der Ermordung Wenzels der Stamm der Premisliden erlosch, diese Frage praktisch geworden wäre. B., schon nach seines Schwiegervaters Tode nach Schlesien zurückgekehrt, übernahm nun selbst die Regierung (schon seit 1302 hat man übrigens von ihm einzelne Urkunden ausstellen lassen), und die Stadt Breslau hat aus diesem Jahre 1305 den 28. Oct. drei wichtige Privilegien von ihm erhalten. Aus den nächsten Jahren ist dann nur ein anscheinend wenig erfolgreicher Rachezug gegen den Bedränger seines Vaters Heinrich von Glogau anzuführen. Inzwischen wuchsen nun auch seine Brüder Heinrich und Wladislaw heran, mit welchen in Gemeinschaft er seit 1309 resp. 1310 seine Urkunden ausstellt und mit ihnen auch die Herrschaft im Herzogthum Troppau gemeinsam führt, nachdem dieses Land ihm pfandweise zugefallen, bis zum Jahre 1311, wo er wol auf Bedrängen des böhmischen Königs gegen ein Geldsumme, für welche ihm Lüben verpfändet wird, Verzicht leistete. In diesem Jahre kommt es auch zur Theilung zwischen den Brüdern, und B. ist um diese Zeit durch seine verschwenderische, ungebändigter Genußsucht fröhnende Art schon so weit gebracht, daß er bei der Theilung nach dem kleinsten Loose (Fürstenthum Brieg-Grottkau) greift, um die an dessen Inhaber von den Brüdern zu zahlenden Entschädigungsgelder (32000 resp. 18000 Mark sagt die Chron. princ. Polon., doch erscheinen die Summen bedenklich hoch) zu erlangen. Indessen findet er, da Wladislaw die Entschädigungssumme nicht zu zahlen vermag, Gelegenheit, dessen Antheil, Liegnitz, zuerst pfandweise zu erlangen und bald, nachdem der für irrsinnig geltende Bruder bei Seite geschoben ist, definitiv. Wladislaws Versuche, sein Erbe wieder zu erlangen, blieben erfolglos, er selbst geräth wiederholt in Gefangenschaft Boleslaws. Dieser kämpft auch gegen Konrad I. von Oels, einen der Glogauer Theilfürsten, so siegreich, daß er denselben aller seiner Lande beraubt. In dem 1323 durch König Wlasdislaw von Polen vermittelten Frieden erhält derselbe Oels und Wohlau zurück, muß aber Namslau, Kreutzburg, Bernstadt, Pitschen und Konstadt an B. abtreten. Mit seinem Schwager Johann von Luxemburg, seit 1310 König von Böhmen, lebte er in guter Freundschaft und engem Bündniß, untertsützt denselben 1318, als ihn ein Aufstand des böhmischen Adels bedroht, und regiert 1321 in Johanns Abwesenheit als dessen Statthalter das Böhmerland. Um nun seinen großen schlesischen Landbesitz noch besser abzurunden, verlangte er von seinem Bruder Heinrich VI. Breslau im Eintausch gegen Liegnitz und suchte, als dieser sich [103] weigerte, ihn durch fortgesetzte Plackereien und Schädigungen, mit welchen seine Vasallen von Märzdorf bei Ohlau und anderen nahe der Grenze gelegenen Schlössern aus das Breslauer Land heimsuchten, mürbe zu machen, ja, als er vernahm, daß die Rathgeber seines Bruders diesen dazu drängten, Schutz vor weiteren Angriffen durch den Anschluß an Böhmen zu suchen, bereitete er diesen Nachstellungen. So ließ er den einflußreichen Domherren Nikolaus von Banz (vgl. dessen Biographie) aus der Capitelssitzung in der Egidienkirche nach der Burg Jeltsch bei Ohlau schleppen, von wo ihm seine Freunde allerdings bald wieder befreiten, und einen anderen Minister Heinrichs, den Breslauer Patricier (Johannes) von Mollensdorf, ergriffen die Gesellen Boleslaws in der Elisabethkirche und setzten ihn auf ein Pferd, um ihn fortzuführen, da er aber sich durch keine Drohung abhalten ließ, um Hülfe zu rufen, stachen sie ihn nieder und entflohen. Diese Gewaltthaten dienten dazu, zugleich mit der Schwäche Heinrichs VI. auch das Bedürfniß eines mächtigen Schutzes für diesen zu zeigen und so den schleunigen Anschluß an Böhmen herbeizuführen, den Heinrich VI., wie so viele andere der schlesischen Fürsten, im J. 1327 und zwar am 6. April zu Breslau vollzog. Als B. über diesen sein Erbrecht aufhebenden Vertrag seinen Schwager vorwurfsvoll an das zwischen ihnen beiden geschlossene Bündniß erinnerte, in welchem ihm Johann Hülfe gegen Jedermann zugesagt habe, erhielt er die treffende Antwort: „Wohl, aber doch nicht gegen mich selbst“, ja B. selbst mußte bald genug dem Beispiele seines Bruder folgen (1329), als König Johann mit Ansprüchen auf Liegnitz, die er von dem vertriebenen Bruder Wladislaw, und Pfandrechten, die er von Breslauer Bürgern aufgekauft hatte, ihm zusetzte. B. war an Länderbesitz unzweifelhaft der mächtigste Fürst des damaligen Schlesiens, doch haben ihn sein unruhiger, fehdelustiger Sinn und seine maßlose Verschwendung bald zu Veräußerungen und Verpfändungen in einer bis dahin unerhörten Ausdehnung genöthigt. Denn nicht nur, daß er den größten Theil seiner Einkünfte namentlich in seinen Städten veräußerte, auch ganze Landestheile hat er verpfändet und zwar meistens, ohne sie wieder einlösen zu können, und so sein Land arg zusammenschmelzen lassen. So hat er 1322 Nimptsch an Herzog Bernhard von Schweidnitz, 1323 das eben erst erworbene Bernstadt an Konrad von Oels, so von 1333 an Liegnitz, Goldberg, Haynau wiederholt an Breslauer Bürger, 1341 Namslau, Kreuzburg, Pitschen an König Kasimir von Polen verpfändet. Natürlich sank sein Credit mehr und mehr, jede neue Anleihe erfolgte unter immer ungünstigeren Bedingungen, die Breslauer Kaufleute gaben ihm bald gar nicht mehr baares Geld, sondern Waaren, vor Allem Tuch, auch wol Pferde, natürlich zu viel höheren Preisen angerechnet, als er beim Verkaufe erzielte. Diese Kaufleute gerirten sich als Herren in Liegnitz, Goldberg-Haynau, bestätigten hier die Privilegien und erzwangen endlich die Auslieferung der beiden Söhne des Herzogs, die sie dann als Unterpfänder seiner Schulden in Gewahrsam hielten. Und auf der anderen Seite mußte er 1337 seinen Unterthanen urkundlich das Recht einräumen, ihm thätlichen Widerstand zu leisten und sich zu solchem zu verbinden, falls er noch weiter sie über Gebühr mit Forderungen quäle. 1342 ist er endlich so weit, daß er selbst daran verzweifelt, sich noch in Liegnitz behaupten zu können, er überläßt das ganze Herzogthum seinen beiden Söhnen Wenzel und Ludwig und zieht sich nach der Stadt Brieg zurück, welche er ebenso wie Ohlau früher gleichfalls an Breslauer Kaufleute verpfändet, aber von dem Heirathsgute seiner zweiten Gemahlin (1335), Katharina, einer Tochter Bernhards von Schweidnitz, wieder eingelöst hatte, während er dagegen das Grottkauer Land an den Bischof Preczlaw zuerst pfandweise 1342 und dann definitiv 1344 veräußerte. Charakteristisch ist auch die Ursache seines am 21. April 1352 erfolgten Todes, eine Indigestion, zugezogen durch den Genuß von 13 Hühnern in einer Mahlzeit. Erst auf dem [104] Todtenbette ward ihm Lösung von dem Kirchenbanne, den er 17 Jahre hindurch zu tragen hatte wegen Verletzung geistlicher Güter, obwol sonst der bekanntlich nicht karge Fürst auch der Geistlichkeit freigebige Schenkungen gemacht, in Brieg ein Dominicanerkloster gestiftet und die Mariencapelle zu Leubus gegründet hat, in der er auch begraben liegt. Seine lange Regierung ist trotz allem namentlich für die Entwicklung der Städte seines Gebietes Liegnitz, Brieg, Haynau-Goldberg nicht ungünstig gewesen, eben weil diese den Umstand, daß ihm alles feil war, zur Erwerbung einer großen Selbständigkeit, einer wesentlichen Voraussetzung fortschreitender Entwicklung, zu benützen wußten.

Hauptquelle; die Chron. princ. Polon. bei Stenzel, Scriptores rerum Silesiacarum I. Luchs, Schlesische Fürstenbilder Bog. 16, wo auch eine Abbildung seines Hochgrabs.