ADB:Heinrich II. (Erzbischof von Köln)
Sifrit, erlitt sie einen weiteren Stoß durch die totale Niederlage Erzbischof Wikbolds in der großen Kurfürstenfehde gegen König Albrecht, welche dem Erzstift seine Zölle und Reichsburgen kostete. Wol als eine Nachwirkung dieses Niederganges sind die Wahlverwickelungen nach Wikbolds Tode, (28. März 1304) zu betrachten: Auf drei Personen zersplitterten sich die Stimmen des Capitels, den Dompropst Heinrich von Virnenburg, Reinhard von Westerburg und Wilhelm von Jülich, Propst zu Maestricht. Letzterer erhielt die päpstliche Bestätigung, fand aber in der Schlacht von Mons en Puelle den Tod, und die lange Sedisvacanz nach Benedicts XI. Tode verzögerte die Bestätigung des persönlich in Lyon anwesenden Virnenburgers durch Clemens V. bis Ende 1305. Hier ist ohne Zweifel schon der Grund zu Heinrichs innigem Einvernehmen mit dem päpstlichen Stuhle gelegt worden. Anstandslos erhielt er die Belehnung von Seiten König Albrechts, der ihm auch Milderung der harten Wikbold auferlegten Bedingungen gewährte; schwerlich aber würde dieses Verhältniß Bestand gehabt haben – gestattete doch der Papst dem Erzbischof neben einer starken Besteuerung seiner Geistlichkeit auch die Wiederherstellung der Rheinzölle – hätte nicht ein gewaltsamer Tod den König dahingerafft. Der Handel, durch welchen Heinrich von Luxemburg die Krone erlangte, bot dem Erzbischof – die Bemühungen des französischen Königs Philipp, welchem er sich in Lyon durch einen Hülfsvertrag verbunden hatte, zu Gunsten seines Bruders Karl von Valois scheint er nicht ernsthaft unterstützt zu haben – die Aussicht, das unter seinem Vorgänger Verlorene reichlich wieder einzubringen, jedoch sind von den glänzenden Versprechungen der Wahlcapitulation nur wenige erfüllt worden. Bei den Höhepunkten der ersten Jahre Heinrichs VII. begegnet uns der Name des Erzbischofs regelmäßig, auf dem Römerzuge aber begleitete er den König nicht. Er begab sich während desselben zu dem Concil von Vienne, wahrscheinlich um hier eine Anerkennung der seitens der Grafen von der Mark hartnäckig bestrittenen Kölner Vogteirechte über das Stift Essen zu erwirken, was aber nicht gelang. Bei den Wahlverhandlungen nach Heinrichs VII. Tode schloß er sich unter Bedingungen, welche ihm eine fast vollständige Exemtion von der Reichsgewalt garantirten, der habsburgischen Partei an und vollzog auch die Königskrönung Friedrichs zu Bonn (25. November 1314). Er kam hierdurch in die mißliche Lage, denn fast das gesammte nordwestliche Deutschland hielt zu Ludwig dem Baier, dem auch die Stadt Köln gleich nach der Krönung zu Aachen ihre Thore öffnete, und während der Kriegswirren am Niederrhein neigt sich die Wagschale [531] fast immer zu Heinrichs Ungunsten. Gänzlich isolirt, trat er dem von Ludwig gestifteten Landfrieden von Bacharach (Juni 1317) bei; im folgenden Jahre trat er aus, zog sich aber dadurch eine sehr ernsthafte Fehde seitens der baierischen Partei zu, welche mit der Uebergabe der Burg Brühl bei Köln endete. Einige Monate darauf schloß er mit seinen Collegen von Mainz und Trier einen seltsamen Vertrag, welcher factisch auf eine Neutralitätserklärung hinauslief: die alte Politik des rheinischen Kurfürstenbündnisses hatte über den Zwist ums Reich gesiegt, und in der nächsten Zeit herrschte am unteren Rhein leidliche Ruhe, obwol es noch lange dauerte, ehe H. mit der Stadt Köln förmlich Frieden machte. Im Ganzen hatte er die Zeit des Doppelkönigthums ziemlich glücklich überstanden, und die Tage der Ruhe benutzte er zu einer großen Festlichkeit: bei einer Provincialsynode weihte er den endlich vollendeten Chor des Kölner Domes ein. Es war am 27. September 1322, gerade am Tage vor der Gefangennehmung Friedrichs von Oesterreich in der Schlacht bei Mühldorf. H. trat auch jetzt nicht zu Ludwig über, um so weniger, als dessen Verhältniß zum päpstlichen Stuhle immer schlimmer wurde. Bei seiner exponirten Stellung zögerte er aber, offen gegen ihn aufzutreten; erst als die Stadt Köln von Ludwig abfiel, hat er die gegen denselben gerichteten päpstlichen Mandate publicirt. Ungewiß ist, ob er sich an dem phantastischen Plane (1324) Karl IV. von Frankreich zum deutschen Könige zu wählen, betheiligt hat. Schwerlich in Zusammenhang mit der Reichspolitik stand seine unglückliche Einmischung in die westfälische Fehde zwischen Bischof Ludwig von Münster und dem Grafen Engelbert von der Mark. Letzterer bekam Hülfe von seinem Bruder Adolf von Lüttich, von König Johann von Böhmen und den Grafen von Holland, Jülich und Berg und eroberte (Juli 1324) die erzbischöfliche Burg Volmarstein an der Ruhr. Mit dem päpstlichen Stuhle blieb H., auch als dessen Beziehungen zu Ludwig sich noch feindseliger gestalteten, in gutem Vernehmen. Wiederholt kam ihm von dort Hülfe in seinen Geldverlegenheiten, und im Herbst 1328 ernannte Johann XXII. Heinrichs gleichnamigen Neffen zum Erzbischof von Mainz. Dieser aber fand einen mächtigen Rivalen an Balduin von Trier, der vom Mainzer Capitel postulirt worden war und allen päpstlichen Verfügungen trotzte. Es scheint nicht, daß der damals schon mehr als achtzigjährige Kölner versucht hat, seinen Neffen mit Gewalt durchzusetzen; sein Alter wie der trostlose Zustand seiner Finanzen scheinen ihm Ruhe auferlegt zu haben, und in den letzten Jahren seines Pontificates wird sein Name selten genannt. Bitter klagt eine Bischofschronik des 14. Jahrhunderts über die schweren Lasten, die er seiner Geistlichkeit auferlegt, namentlich behufs Erwerbung der zur Abrundung des Stiftgebietes trefflich geeigneten clevischen Herrschaft Hülchrath (1323). Sonst lobt ihn der Chronist, daß er trotz seines Alters die Feinde seiner Kirche in zahllosen Kämpfen mannhaft abgewehrt. Kriegerische Neigung trug in der wirren Zeit daran schwerlich die Schuld; hat er doch meistens gerade nach der Seite hin Friede gehalten, wo sich sonst so leicht Anlaß zu Conflicten bot: mit seiner Hauptstadt hat er seit der Belagerung von Brühl nicht mehr in Fehde gestanden. Besonders hervorragende Eigenschaften lassen sich aus den (verbältnißmäßig allerdings spärlichen) Nachrichten, die wir über ihn besitzen, nicht entnehmen: allem Anschein nach war er ein Durchschnittsfürst, dessen Persönlichkeit neben der imponirenden Figur seines Zeitgenossen Balduin von Trier in den Hintergrund tritt. Gestorben ist er am 5. Januar 1332, in der Münsterkirche zu Bonn erhielt er sein Grab.
Heinrich II., Erzbischof von Köln, November oder December 1305 bis 5. Januar 1332. Die Machtstellung des Kölner Erzbisthums im nordwestlichen Deutschland ist selten so ernsthaft bedroht gewesen, wie zu Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts. Schwer erschüttert durch die Schlacht bei Worringen (1288) unter Erzbischof