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Seite:DasVierteBuchEsraGermanGunkelKautzsch2.djvu/66

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Ist es besser, die Endzeit zu erleben oder nicht zu erleben?

Da erwachte ich vor gewaltigem Schrecken. Dann flehte ich zum Höchsten und sprach: 14 Du hast von Anfang an deinem Knechte solche Wunder offenbart und mich würdig erachtet, mein Flehen anzunehmen. 15 So offenbare mir nun noch die Deutung dieses Traums. — 16 Denn wie ich denke in meinem Sinn[1]: wehe denen, die überbleiben[2] in jener Zeit! aber noch viel mehr: wehe denen, die nicht überbleiben! 17 Denn die nicht überbleiben, müssen traurig sein; 18 denn sie kennen zwar die Freuden, die für die letzte Zeit bereit stehen, werden aber selbst nicht dazu gelangen. 19 Aber wehe auch denen, die überbleiben; ’deshalb, weil‘[3] sie große Drangsale und viele Nöte schauen[4] müssen, wie diese Träume zeigen. 20 Und doch ist es ’besser‘[5], dies, wenn auch durch Gefahren, zu erlangen, als wie eine Wolke aus[6] der Welt zu schwinden und die Dinge der Endzeit nicht zu sehen.

21 Er antwortete mir und sprach: Ich will dir die Deutung des Gesichtes zeigen und will dir auch über deine Erwägungen Aufschluß geben. 22 Wenn du über die Überbleibenden ’und Nicht-Überbleibenden‘[7] gesprochen, davon ist dies die Lösung: 23 derselbe, der in jener Zeit die Drangsal bringt, der wird auch die in Drangsal Gefallenen bewahren[8], wenn sie Werke haben und Glauben an den ’Allerhöchsten und‘[9] Allmächtigen. 24 So wisse also, daß die Überbleibenden bei Weitem seliger sind als die Gestorbenen.

Die Deutung.

25 Die Deutungen des Gesichtes sind diese: wenn du einen Mann aus dem Herzen des Meeres hast emporsteigen sehen: 26 das ist derjenige, den der Höchste lange Zeiten hindurch aufspart, ’durch den‘[10] er die Schöpfung erlösen will; der wird selber unter den Übergebliebenen die neue Ordnung schaffen[11]. 27 Wenn du gesehen hast, wie aus seinem Munde Sturm und Feuer und Wetter hervorging, 28 wie er kein Schwert noch eine Waffe führte ’und doch‘[12] den Ansturm jenes Heers, das wider ihn zu Felde zog, vernichtete, das bedeutet: 29 siehe, Tage kommen, da der Höchste die Erdenbewohner erlösen wird. 30 Da wird gewaltige Erregung[13] über die Erdenbewohner fallen, 31 daß sie Kriege wider einander planen, ’Stadt‘[14] gegen Stadt, Ort gegen Ort, Volk gegen Volk, Reich gegen Reich[15]. 32 Dann, wann dies geschieht und wann die Zeichen eintreffen, die ich dir vorausgesagt, dann wird mein Sohn erscheinen, den du als Mann, der emporsteigt, gesehen hast. 33 Dann, wann alle Völker seine Stimme vernehmen, werden sie alle ihre Länder und wechselseitigen Kriege lassen; 34 so wird sich ein unzählbares Heer an einem Punkte[16] sammeln, wie du gesehen hast, daß sie von sich aus herankamen und ihn angriffen. — 35 Er selbst aber wird auf den Gipfel des Zionberges treten; 36 Zion aber wird erscheinen und allen offenbar werden, vollkommen erbaut[17], wie du


  1. Wohl = בְּלִבִּי.
  2. Vgl. 1 Thess. 4,15.
  3. propter hoc: wird im Folgenden näher ausgeführt.
  4. רָאָה schauen = erleben.
  5. Syr (Aeth) melius; Hilg. konjiziert für Lat facilius felicius.
  6. לַעֲבֹר מֵהָעוֹלָם; oder vielleicht besser: durch die Welt zu gehen = לַעֲבֹר בָּעוֹלָם.
  7. Syr Ar¹ et de iis qui non derelinquentur.
  8. Zur Form vgl. Bensly S. 16.
  9. Syr (Aeth Ar¹) altissimum et fortissimum.
  10. Wellhausen, Skizzen VI, S. 236, A. 1, erklärt die Stelle richtig als Mißverständnis eines hebr. אֲשֶׁר־בּוֹ = δι’ αὐτοῦ; Lat verstand δι’ αὑτοῦ.
  11. dispono = διατίθημι oder διατάσσω. — Beachte den Beruf des Christus, Welterlöser zu sein; hiervon sprach also schon das Judentum. — Ob die herkömmliche Erklärung, daß der mysteriöse Titel des Christus „Menschensohn, Mensch, Weibessohn, Mann“ aus Dan. 7 stamme, richtig ist, erscheint mit sehr fraglich. Man erinnere sich der Spekulationen über den „himmlischen Menschen“ bei Paulus, Philo, den Rabbinen und Gnostikern.
  12. enim für autem vgl. zu 6,8.
  13. ἔκστασις διανοίας Dt. 28,28 (Hilg.).
  14. Lat M civitas, so Aeth Ar¹ Arm.
  15. Matth. 24,7. Jes. 19,2.
  16. Nach Offenb. Joh. 16,16 in Armagedon.
  17. Hebraisierend; vgl. Gesen.-K., Hebr. Gramm. §120d.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann Gunkel (Übersetzer): Das vierte Buch Esra. Mohr Siebeck, Tübingen 1900, Seite 396. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DasVierteBuchEsraGermanGunkelKautzsch2.djvu/66&oldid=- (Version vom 30.6.2018)