RE:Falerii
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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feste Stadt in Südetrurien auf steilem Berg, von Rom in die Ebene gezwungen | |||
Band VI,2 (1909) S. 1969–1971 | |||
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Falerii (Φαλέριοι die Griechen meist; Φαλέριον Dion. Hal. I 21. Ptolem. III 1, 43. Steph. Byz.; Einw. Faliscus, Φαλίσκος, doch gebraucht Plut. Camill. 2. 10 Φαλέριοι zur Bezeichnung der Stadtbewohner im Gegensatz zu Φαλίσκοι), feste Stadt in Südetrurien, nördlich vom Soracte an der Treia, nahe ihrer Mündung in den Tiber. Auf etymologischen Spielereien beruhende Kombinationen nennen als Gründer der Stadt einen argivischen Heros Halesus (Ovid. fast. IV 73; amor. III 13, 32. Serv. Aen. VII 695. Solin. II 7; argivische Colonie heißt F. schon bei Cato bei Plin. n. h. III 51. Dion. Hal. I 21. Steph. Byz.); dagegen zählt Iustin. XX 1, 13 F. unter die chalkidischen Colonien. Anderswo heißt F. eine etruskische Stadt (Plin. III 51. Serv. Aen. VII 607), insofern mit Unrecht, als die Gründer der Stadt von den Etruskern jedenfalls stammverschieden waren (s. u. S. 1972). Mit den Römern tritt F. zuerst in feindliche Berührung im J. 437, 436, wo es mit Fidenae im Bunde kämpft (Liv. IV 17. 18. 21); als Verbündete der Veienter erscheinen die F. in der Periode des letzten Entscheidungskampfes zwischen Veii und Rom (402–395 v. Chr., Liv. V 8–24. Dion. Hal. XIII 1. Plut. Camill. 9f.). Nach dem Fall der etruskischen Festung wandten sich die Römer gegen F.; die ältesten Annalen (Diodor. XIV 96, 5) erzählen zum J. 395 eine ,Zerstörung‘ der Stadt, im folgenden (Diodor. XIV 98, 5) ein Friedensbündnis; in den späteren ist der wahre Sachverhalt durch Fabeleien (die Geschichte vom verräterischen Schulmeister bei Liv. V 27. Dion. Hal. XIII 1. Plut. [1970] Camill. 9–11. Polyaen. strat. I 7. Zonar. VII 22. Cass. Dio frg. 24, 2 Boissevain; aus Liv. Val. Max. VI 5, 1. Frontin. strat. IV 4, 1. Flor. I 6 [12], Eutrop. I 20. Hieron. epist. 57. Oros. III 3, 4. Alfius Avitus bei Prisc. inst. VIII 71) arg entstellt. Es scheint, daß eine längere Belagerung nicht zur Einnahme führte und die Römer eine gütliche Einigung vorzogen. In der Folgezeit erscheint F. selbständig mehrmals, nun im Bunde mit Tarquinii, gegen Rom im Felde (Liv. VII 16–22 zum J. 357 v. Chr.; Diod. XVI 31, 7); im J. 293 schloß es sich der allgemeinen Erhebung der Etrusker gegen Rom an und unterlag dem Consul Carvilius (Liv. X 45. 46, vgl. X 12. 14. 26. 27. Frontin. strat. II 5, 9). Als endlich im Schlußjahre des ersten Punischen Krieges 241 v. Chr. F. sich gegen Rom empört hatte, wurde der Aufstand binnen sechs Tagen niedergeschlagen und die Falisker hart gestraft; sie mußten ihre alte, auf steilem Berge gelegene Stadt verlassen und eine neue, weniger verteidigungsfähige in der Ebene beziehen (Polyb. I 65. Liv. epit. XIX. Val. Max. VI 5, 1. Eutrop. II 18. Oros. IV 11. Zonar. VIII 18). Die Fasti Capitolini verzeichnen zum 1. März 240 den Triumph des Q. Lutatius Cerco (CIL I2 p. 47).[1] An der alten Stätte verblieb nur das hochverehrte Heiligtum des Iuno Quiritis (Dionys. I 21. Ovid. am. III 13, 35; fast. VI 49); dagegen verpflanzten die Sieger zwei andere Kulte, den der Minerva (capta Ovid. fast. III 843) und des Ianus (quadrifrons Serv. Aen. VII 608. Macrob. Sat. I 9, 13. Augustinus civ. dei VII 4) nach Rom.
Die Reste des vorrömischen F. liegen auf einem von dem modernen Civita Castellana eingenommenen ca. 1 km langen, 400 m breiten Plateau, welches von tiefen Schluchten umgeben ist, in denen die Treia und zwei Nebenbäche fließen (s. d. Kartenskizzen in Mon. dei Linc. IV p. 11. 14). Die schon von Natur sehr feste Position ist durch eine Ringmauer verstärkt, von der Reste erhalten sind; außerdem gehen in die vorrömische Zeit die in den Fels gehöhlten Gräber zurück (Canina Etruria maritima tav. IV–VIII. Dennis Cities and cemeteries of Etruria2 I 87–96). Neuerdings sind Reste von zwei bedeutenden Tempeln mit reichem Schmuck an architektonischen und figürlichen Terrakotten ausgegraben worden, über die jedoch nur vorläufige Berichte (Not. d. scavi 1886, 8. 1887, 92–107. 137. 1888, 414–433) vorliegen; den Tempel in Contracta Celle hält man für das Hauptheiligtum der Iuno Quiritis. Andere Funde in und bei der Stadt Not. d. scavi 1879, 7. 1882, 63. 1883, 165. 1887, 170. 262. 307.
Über das neue in der Ebene gelegene F., auch Aequum Faliscum genannt (Strab. V 226: vgl. Aequi Falisci bei Verg. Aen. VII 695. Sil. Ital. VIII 490), fließen die Nachrichten spärlich. Im J. 217 werden Prodigien von dort nach Rom gemeldet (Liv. XXII 1. Plut. Fab. Max. 2. Oros. IV 15, 1); zu Ciceros Zeit scheint die Gemeinde in wenig günstigen Verhältnissen gewesen zu sein (de leg. agr. II 66). Nach dem Liber coloniarum sollen die Triumvirn eine Colonie (colonia Iunonia Faliscorum) hingeführt haben, was, wie Bormann CIL XI p. 465[2] ausführt, zweifelhaft bleibt und durch Plin. n. h. III 51 nicht unterstützt wird. [1971] Jedenfalls erscheint der Titel colonia F. auf Inschriften nicht vor dem 3. Jhdt. n. Chr. (CIL XI 3089.[3] 3091–3094), früher heißt die Stadt municipium Faliscum (CIL XI 3155[4] a; einfach municipium nr. 3083. 3103. 3112. 3115. 3116. 3121. 3127. 3147) oder Falerii (CIL XI 3930).[5] Den Ort erwähnen die Geographen Strabon (V 226 πολίχνιον), Plinius a. a. O., Ptolemaios III 1, 43 (50), die Tabula Peutingerana und der Geogr. Rav. IV 33 p. 274 P.; ferner die stadtrömischen Soldatenliste CIL VI 32520[6] a I 10. III 21. Das Christentum hatte in F. schon Ende des 5. Jhdts. Eingang gefunden: ein episcopus ecclesiae Faliscae et Nepesinae erscheint auf dem römischen Konzil von 499 (Cassiod. ed. Mommsen p. 409 nr. 55). Über christliche Katakomben bei F. s. Bull. di arch. crist. III 5 (1880) 69f. Bald nach dem J. 1000 verließen dann die Einwohner die weniger sichere Stadt im Tale und kehrten zu dem festen alten F. zurück; die dort aufs neue erstehende Stadt erhielt den Namen Civita Castellana (s. o.). Den Namen der unteren Stadt erhielt noch länger die einsame, jetzt auch verfallene Kirche S. Maria di Falleri.
Die Reste des römischen F. sind bedeutend: die über 2 km lange Ringmauer mit Toren und Türmen steht noch zum größten Teile. Im Inneren ist durch Ausgrabungen 1821 und 1859 ein Theater, außerhalb ein Amphitheater aufgedeckt. S. Canina Etruria maritima Taf. 9–16. Dennis Cities and cemeteries a. a. O. Tomassetti Arch. della soc. romana di storia patria VII (1884) 423–441. Nissen Ital. Landesk. II 362–366. Vgl. auch Mau Katalog der Bibliothek des röm. Instituts I 125. 134.