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MKL1888:Winkel

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Winkel“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 675676
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Winkel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 675–676. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Winkel (Version vom 07.02.2025)

[675] Winkel (Angulus), in der Planimetrie die Neigung zweier sich schneidender gerader Linien; letztere nennt man die Schenkel (Seiten), ihren Schnittpunkt den Scheitel (die Spitze) des Winkels. Ein W. wird erzeugt von einer Geraden, die sich von einem Punkt O aus nur nach einer Seite hin erstreckt, wenn sie sich in der Ebene um diesen Punkt nach einerlei Richtung dreht. Nach einer vollen Umdrehung hat sie wieder ihre ursprüngliche Lage eingenommen. Das Viertel einer vollen Umdrehung gibt einen rechten W. (oft mit R bezeichnet, Fig. 1); zwei rechte W. bilden einen gestreckten W., dessen Schenkel vom Scheitel aus nach gerade entgegengesetzten Richtungen gehen. Ein W., der größer ist als ein gestreckter, heißt ein konvexer oder erhabener W. (Fig. 2), einer, der kleiner ist, ein konkaver oder hohler. Letzterer wird ein spitzer (Fig. 3) oder stumpfer (Fig. 4) genannt, je nachdem er kleiner oder größer ist als ein rechter W.; spitze und stumpfe stellt

rechter spitzer stumpfer
Konkave Winkel.
 
Konvexer Winkel.

man auch als schiefe W. dem rechten gegenüber. Sind OA und OB die Schenkel des Winkels, so wird dieser durch ∠AOB, ∢AOB oder AÔB bezeichnet, wenn man sich nicht zu seiner Bezeichnung eines eignen Buchstabens bedient. Der 90. Teil eines rechten Winkels wird ein Grad (1°) genannt; er zerfällt in 60 gleich große Minuten (1° = 60′) zu 60 Sekunden (1′ = 60″), s. Grad. Die wirkliche Messung eines Winkels erfolgt, indem man um seinen Scheitel als Mittelpunkt einen Kreis beschreibt, dessen Umfang in 360 Grad zu 60 Minuten zu 60 Sekunden zerfällt. Als Maß des Winkels dient dann der zwischen den Schenkeln desselben liegende Kreisbogen, welcher ebensoviel Bogengrade, Minuten und Sekunden hat, als die Zahl der Winkelgrade, Minuten und Sekunden beträgt. Bisweilen gibt man die Größe des Bogens und damit auch die des Winkels durch die Länge des erstern an, indem man als Längeneinheit den Kreishalbmesser annimmt. Man sagt [676] dann π = 3,1415927 (s. Kreis) statt 180°, π2 = 1,5707963 statt 90°, 0,0174533 statt 1°, 0,0002909 statt 1′, 0,0000048 statt 1″, 1 statt 57°17′44,8″ = 206,264,8″. Die zur Zeit der ersten französischen Revolution in Frankreich eingeführte, 1869 wieder in der Pariser

Fig. 5. Halbierung des Winkels.

Akademie empfohlene Einteilung des rechten Winkels in 100 Grad mit dezimaler weiterer Teilung wird jetzt wieder mehrfach angewandt. Um einen W. zu halbieren, gibt man sich auf seinen Schenkeln zwei Punkte A und B in gleichen Abständen vom Scheitel O an (Fig. 5) u. beschreibt um diese beiden Punkte mit gleicher Zirkelöffnung Kreisbogen, die sich in C schneiden; OC halbiert dann den W. W. zweier nicht in einer Ebene gelegener, sich nicht schneidender (windschiefer) Geraden ist der W. zweier von einem Punkt ausgehender Parallelen zu diesen zwei Geraden; W. zweier krummer Linien der W., den die im Schnittpunkt an beide gelegten Tangenten einschließen. Der Neigungswinkel zweier Ebenen wird eingeschlossen von zwei Geraden, die in einem beliebigen Punkte der Schnittlinie beider senkrecht auf dieser errichtet worden sind, und von denen die eine in der ersten, die andre in der zweiten Ebene liegt. Neigungswinkel einer Geraden gegen eine Ebene ist der W. zwischen der erstern und ihrer senkrechten Projektion. Über Zentri- und Peripheriewinkel s. Kreis; über korrespondierende W., Wechselwinkel etc. s. Parallel. Ein körperlicher W. (Körperwinkel) wird gebildet von drei oder mehr in einem Punkt sich schneidenden Ebenen; als Maß kann man das zwischen diesen Ebenen liegende Stück einer Kugel betrachten, deren Mittelpunkt die Spitze des Winkels ist. An Polygonen (auch in der Kriegsbaukunst) unterscheidet man ausgehende (ausspringende) und eingehende (einspringende) W., je nachdem die Schenkel nach der Innen- oder Außenseite auseinander gehen. Außerdem unterscheidet man bei einem Polygon Innenwinkel, welche auf der Innenseite von je zwei Seiten gebildet werden, und Außenwinkel (s. d.).

Winkel (Langenwinkel), Flecken im preuß. Regierungsbezirk Wiesbaden, Rheingaukreis, rechts am Rhein und an der Eisenbahn Frankfurt a. M.-Niederlahnstein-Lollar der Preußischen Staatsbahn, hat eine kath. Kirche, ein Schloß (Vollraths), eine chemische Fabrik, vorzüglichen Weinbau (Schloß Vollrathsberger und Winkler Hasensprung) und (1885) 2028 meist kath. Einwohner. Unweit davon Schloß Johannisberg (s. d.). – W., das Vinicella der Römer, gehörte im Mittelalter zu Kurmainz. In W. hatte bis zur Mitte des 12. Jahrh. ein Adelsgeschlecht seinen Sitz, nach dessen Aussterben Ministerialen den Namen sich beilegten, die sonst auch Herren von Greifenklau zu Vollraths genannt wurden. Hier errichtete Hrabanus Maurus (um 850) eine Schule. Goethe verweilte im Landhaus der Familie Brentano öfters daselbst.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 988
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[988] Winkel, Jan te, niederländ. Sprachforscher und Litteraturhistoriker, geb. 16. Nov. 1847 zu Winkel, studierte in Leiden und Groningen und lebt seit 1877 als Gymnasiallehrer in Groningen. Er schrieb: „Maerlants werken, beschouwd als spiegel der dertiende eeuw“ (Leid. 1877; 2. Aufl., Gent 1891); „Het kasteel in de 13e eeuw“ (Gron. 1879); „Blasius, en Vondel als Treurspeldichter“ (Haarl. 1881); „De grammatische Figuren in het Nederlandsch“ (Kuilenb. 1884); „Geschiedenis der Nederlandsche Letterkunde“, in 3 Bänden (Bd. 1, Haarl. 1887); „Bilderdijk, lotgenoot van Multatuli“ (das. 1890); „Geschichte der niederländischen Sprache und Litteratur“ (in Pauls „Grundriß der germanischen Philologie“). Mit H. E. Moltzer gibt er die „Bibliotheek van Middelnederlandsche Letterkunde“ heraus, in welcher er selbst einige Bände (Torec, Moriaen, Esopet) bearbeitete.