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MKL1888:Windischgrätz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Windischgrätz“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Windischgrätz“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 16 (1890), Seite 670671
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  1. Ludvík Josef z Windischgrätze (tschech.)
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Windischgrätz. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 670–671. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Windischgr%C3%A4tz (Version vom 07.02.2025)

[670] Windischgrätz, uraltes, nach der Stammherrschaft in Steiermark benanntes Dynastengeschlecht, das vom Markgrafen Ulrich von Kärnten abstammen und Weriand, Herrn zu Grätz in der Windischen Mark, zum Stammvater haben soll. Es teilte sich nach Konrads Tode durch Ruprecht und Siegmund in zwei nach diesen benannte Linien. Ein Zweig der letztern wurde 1557 von Kaiser Ferdinand I. zur gräflichen Würde erhoben, erwarb 1565 das Obersterblandstallmeisteramt und die Magnatenwürde in Ungarn, erhielt 1682 die Reichsgrafenwürde, kaufte 1804 die reichsunmittelbaren Herrschaften Eglofs und Siegen in Schwaben (seit der Mediatisierung 1806 unter württembergischer Landeshoheit) und ward hierauf 24. Mai 1804 von Kaiser Franz II. unter dem Namen W. in den Reichsfürstenstand nach dem Rechte der Erstgeburt erhoben und erhielt Sitz und Stimme im schwäbischen Grafenkollegium. Der Kaiser Franz dehnte 1822 den Fürstenstand auf alle Glieder des Hauses aus. Übrigens besitzt das Haus namhafte Herrschaften in Böhmen, Niederösterreich und Steiermark. Es bekennt sich zur katholischen Kirche. Gegenwärtiger Standesherr ist Fürst Alfred zu W., geb. 31. Okt. 1851, Enkel des berühmten Feldmarschalls Alfred zu W., geb. 11. Mai 1787 zu Brüssel. Letzterer trat 1804 als Oberleutnant in das Ulanenregiment Schwarzenberg, focht als Oberstleutnant bei Leipzig und wurde darauf zum Obersten eines Kürassierregiments ernannt. 1814 führte er das Regiment mit Auszeichnung namentlich bei Troyes und bei La Fère Champenoise. 1826 ward er zum Generalmajor und Brigadier in Prag, 1830 zum Ritter [671] des Goldenen Vlieses, 1833 zum Feldmarschallleutnant und Divisionär ernannt. In Wien während der Märzkatastrophe 1848 zufällig anwesend, übernahm er das Kommando der Stadt und ergriff die strengsten Maßregeln, um dem Ausbruch neuer Unruhen vorzubeugen. Bald aber erklärte sich die öffentliche Meinung mit solcher Entschiedenheit gegen ihn, daß ihn der Kaiser nach Böhmen sandte. Nach dem Ausbruch des Aufstandes vom 11. Juni in Prag bewies er den Aufständischen gegenüber viel Schonung und verließ den Weg der Mäßigung selbst dann noch nicht, als seine Gattin, geborne Fürstin Schwarzenberg, in ihrem Zimmer erschossen und sein ältester Sohn tödlich verwundet worden war. Als die Kunde von der Wiener Oktoberrevolution nach Prag gelangte, rückte W. sogleich mit allen disponibeln Streitkräften nach der Hauptstadt, wurde vom Kaiser mit dem Oberkommando aller Armeen außer der italienischen betraut, drang 31. Okt. in Wien ein und unterdrückte den Aufstand. Von dem neuen Kaiser, Franz Joseph, dessen Thronbesteigung er hauptsächlich betrieben hatte, in seiner Stellung bestätigt, begann er Mitte Dezember mit einer Streitmacht von 150,000 Mann die Operationen gegen Ungarn und besetzte Preßburg, Raab und 5. Jan. 1849 Budapest, ließ aber dann, den Feind unterschätzend, den Ungarn drei Monate Zeit, sich zu sammeln und zu verstärken. Die österreichischen Generale wurden im April einer nach dem andern überfallen und geschlagen, und die wichtigsten Positionen gingen verloren, so daß W., wie er in seinem 34. Bülletin erklärte, seine Armee in einer konzentrierten Stellung vorwärts Pest vereinigen mußte, „eine Bewegung, welcher der Feind mit großer Eile folgte“. Am 12. April ward W. wegen seiner Unfähigkeit abgesetzt, und an seiner Stelle übernahm Welden den Oberbefehl der Armee. W. zog sich auf seine Güter nach Böhmen zurück. 1859 vom Kaiser zum Gouverneur von Mainz und zum erblichen Mitglied des Reichsrats ernannt, starb er 21. März 1862. In seinem Auftrag ward geschrieben: „Der Winterfeldzug 1848/49 in Ungarn“ (Wien 1851). Vgl. „Der k. k. österreichische Feldmarschall Fürst W., aus den Papieren eines Zeitgenossen“ (Berl. 1885).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 988
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[988] Windischgrätz, 1) Ludwig, Prinz zu, österreich. General, Sohn des Feldmarschalls Fürsten Alfred zu W., geb. 13. Mai 1830 zu Wien, wurde 1847 Kadett in der Kriegsmarine, trat 1848 als Leutnant in das 49. Infanterieregiment und machte als solcher den Feldzug in Italien, darauf als Oberleutnant den Feldzug in Ungarn mit, wo er sich bei Schemnitz und Kápolna besonders auszeichnete und zum Rittmeister vorrückte. 1858 wurde er Major, 1859 Oberstleutnant, 1865 Oberst, 1866 Kommandant des 2. Dragonerregiments, in welcher Stellung er am Feldzug gegen Preußen teilnahm und sich das Ritterkreuz des Leopoldordens erwarb. 1867 Kommandant des 14., 1868 des 13. Dragonerregiments, 1871 Brigadier, 1872 Generalmajor, 1876 Kommandant der 27. Infanterietruppen-Division, 1877 Feldmarschallleutnant, 1882 Militärkommandant und 1. Jan. 1883 Kommandant des 1. Korps in Krakau, 1887 Ritter des Goldenen Vlieses, 1888 General der Kavallerie geworden, wurde W. 1889 zum Kommandanten des 11. Korps und kommandierenden General in Lemberg ernannt. W. ist erbliches Mitglied der ungarischen Magnatentafel und seit 1883 Inhaber des 90. Infanterieregiments.

2) Joseph, Prinz zu W., österreich. General, Bruder des vorigen, geb. 23. Juni 1831 zu Prag, trat 1848 als Leutnant in ein Husarenregiment, nahm an den Feldzügen 1848 und 1849 in Ungarn und 1866 gegen Preußen teil, ward 1869 Oberst und Kommandant des 12. Husarenregiments, 1876 Kommandant der 16. Kavalleriebrigade, 1877 Generalmajor. 1879 erhielt er das Kommando der 29. Infanteriebrigade und 1881 das der 2. Infanterietruppendivision, ward 1882 Feldmarschallleutnant, 1887 Inhaber des 11. Husarenregiments, 1888 Kapitänleutnant, im Juni 1890 Kapitän der k. u. k. ersten Arcierenleibgarde. Im November 1890 wurde er zum General der Kavallerie befördert. Seit 1866 ist er vermählt mit der ehemaligen Tänzerin Marie Taglioni. – Sein Bruder August, Prinz zu W., geb. 24. Juli 1828, ist gegenwärtig Feldmarschallleutnant und Oberstsilberkämmerer des Kaisers.