Die Wiese (Hebel, 1803)
Siehe auch: Die Wiese (Werkausgabe 1834) |
Siehe auch: Die Wiese (Badisches Sagen-Buch) |
Wo der Dengle-Geist[2] in mitternächtige Stunde
uffem silberne Gschir e goldeni Sägese denglet,
(Todtnau’s Chnabe wüsse’s wohl) am waldige Feldberg,
Wo mit liebligem Gsicht us tief verborgene Chlüfte
schwebt mi muntere Blick, und schwebe mini Gidanke.
Feldbergs liebligi Tochter, o Wiese, bis mer Gottwilche!
Los, i will di jez mit mine Liederen ehre,
und mit Gsang bigleiten uf dine freudige Wege!
vo de Wulke gsäugt, mit Duft und himmlischem Rege,
schlofsch e Bütscheli-Chind in di’m verborgene Stübli
heimli, wohlverwahrt. No nie hen menschligi Auge
im christalene Ghalt und in der silberne Wagle;
und kei menschlig Ohr het no si Othmen erlustert,
oder si Stimmli ghört, si heimli Lächlen und Briegge.
Numme stilli Geister göhn uf verborgene Pfade
gen der e freudige Sinn, und lehre di nützligi Sache,
und es isch kei Wort verlohre, was sie der sage.
Denn so bald de chasch uf eigene Füeßlene furtcho,
schliefsch mit stillem Tritt us di’m christalene Stübli
O, wie bisch so nett, wie hesch so heiteri Aeugli!
Gell, do ussen ischs hübsch, und gell, de hesch ders nit vorgstellt?
Hörsch, wie’s Läubli ruuscht, und hörsch, wie d’ Vögeli pfife?
Jo, de seisch: „I hörs, doch gangi witers und blib nit.
Nei se lueg me doch, wie cha mi Meiddeli springe!
„Chunnsch mi über,“ seits und lacht, „und witt mi, se hol mi!“
Alliwil en andere Weg, und anderi Sprüngli!
Kei mer nit sel Reinli ab! — Do hemmers, i sags jo, —
groblisch uf alle vieren, und stellsch di wieder uf d’ Beinli,
schliefst in d’ Hürst, — jez such mers eis! — dört güggelets use,
Guggus, daß di Potz! und het si urige Phatest!
Aber wie de gohsch, wirsch alliwil größer und schöner;
grüner rechts und links, es stöhn in saftige Triebe
Gras und Chrüter uf, es stöhn in frischere Gstalte
farbigi Blümli do, und d’ Immli chömmen und suge.
’s Wasserstelzli chunnt, es chömme Totnauer Wuli,
und di fründlig Herz git alle fründligi Rede:
„Chömmet ihr ordlige Thierli, do hender, esset und trinket!
Witers goht mi Weg, Gsegott, ihr ordlige Thierli!“
Rothet jez ihr Lüt, wo üser Töchterli hi goht!
z’ Uzefeld verbey gohts mit biwegliche Schritte
zu de Schöne Buchen,[3] und hört e heiligi Meß a.
Gut erzogen ischs, und anderst cha me nit sage.
No der heilige Meß se seits: „Jez willi mi schicke,
jez am Chastel verbey und alliwil witers und witers
zwische Berg und Berg im chüele duftige Schatte,
und an mengem Chrütz verbey an menger Kapelle.
Aber wie de gohsch, würsch sichtli größer und schöner;
grüner rechts und links, es stöhn in chräftige Triebe
neui Chrüter do, es schießen in prächtige G’stalte
Blumen an Blumen uf, und geli saftigi Wide.
Vo di’m Othem gwürzt, stöhn rothi Erberi-Chöpfli
Vo di’m Othem g’nährt, stigt rechts an sunnige Halde
goldene Lewat uf in Feldere Riemen an Rieme.
Vo di’m Othem g’chüelt, singt in de Hürste verborge,
freudig der Hirte-Bueb, und witer ehne tönt d’ Holz-Ax.
Alles lebt und webt, und tönt in freudige Wiise;
alles grünt und blüeiht in tusigfältige Farbe;
alles isch im Staat, und will mi Meiddeli grüße.
Doch de bisch ke Meiddeli me, de bisch jez e Meidli!
chresme Zeller Büebli hoch an de felsige Halde,
suchen Engelsüß, und luegen aben und stune.
„Toneli, seit der Sepli, was het echt d’ Wiesen im Chöpfli?
Lueg doch, wie sie stoht, und wie sie nieder an d’ Stroß sizt
gege de Matte lauft, und mittere selber im Champf isch!“
Feldbergs Tochter, was hesch im Chopf? I frog, wie der Sepli,
und de g’fallsch mer numme halber, chani der sage!
Fehlt der näumis, se schwetz, und hättsch gern näumis, se sag mer’s!
Laufsch mer d’ Matten ab in dine tiefe Gidanke
usem Zeller Thal ins Wiesethal gegenem Bergwerch,
und schangschiersch der Glauben und wirsch e luthrische Chetzer!
Hani’s denn nit gseit, und hani mers nit vorgstellt?
Aendere chani’s nit, se willi lieber gar helfe;
öbbe bringsch mer doch no Freud und heiteri Stunde!
Halt mer e wenig still, i will di jez lutherisch chleide;
barfis darfsch nit goh, und rothi Strümpfli nit trage.
(leg di selber a!) und Schuh und silberni Rinkli,
do ne grüne Rock; vom breit verbendlete Liibli
fallt bis zu de Chnödlenen abe Fältli an Fältli!
Sizt er recht? Thu d’ Häftli i! und do isch e Brusttuch,
us de schöne, sufer gstrehlte, flächsene Hoore.
Obe vom wiißen Aecken und biegsem in d’ Zupfe verschlunge,
fallt mit beiden Ende ne schwarze sidene Bendel
bis zum tiefe Rock-Saum abe. Gfallt der die Chappe,
Zieh der Bendel a, wo in de Ricklene durgoht,
unter de Zupfe dure, du Dotsch, und über den Ohre
fürsi mittem Letsch, und abe gegenem Gsicht zu!
Jez e side Fürtuch her, und endli der Hauptstaat,
Wie ne luftig Gwülch am Morgehimmel im Frühlig
Schwebts der uf der Brust, und stigt und fallt mittem Othem,
wahlt der über d’ Achsle, und fallt in prächtige Zipfle
übere Rucken abe, sie rusche, wenn de’n im Wind gohsch!
Het me’s lang, se loßt me’s henke, hör i mi Lebtig.
aß me s’ Hemd au sieht, und dini gattigen Aermli;
und der Schie-Hut nimmsch in d’ Hand am sidene Bendel;
d’ Sunne git der wärmer, und schint der besser in d’ Auge,
wenn d’ en in de Hände treisch, und ’s stoht der au hübscher!
und de gfallsch mer selber wieder, chani der sage.
Wienes si jez freut, und wie’s in zimpfere Schritte
tänzelet, und meint, es seig d’ Frau Vögtene selber,
wie’s si Chöpfli hebt, und alli Augeblick z’ruk schielt,
Jo, de bisch jo hübsch, und jo du Närli, mer luege,
jo, du Zeller Meidli, mit diner marggröfer Chappe,
mit de lange Zupfen und mit der längere Hoorschnur,
mittem vierfach zsemmegsezte Mayländer Halstuch!
Oebben uffe Platz, und öbben unter d’ Linde,
öbben in d’ Weserey, und zu de Husemer Chnabe?
Hender gmeint, jo wol! Am Bergwerch visperlets abe,
lengt e wenig duren, und trüllt e wengeli d’ Räder,
Aber ’s isch si Blibes nit. In d’ Husemer Matte
schießt’s, und d’ Legi ab mit große Schritte go Farnau,
laufsch mer nit, se gilts mer nit, ins Schopfemer Chilspel.
Aber z’ Gündehuse, wer stoht echt an der Stroße,
uf di dar, und git der d’ Hand, und fallt der an Buse?
Chennsch di Schwesterli nit, ’s chunnt z’ allernöchst vo Wisleth?
Uf und nieder hets di Gang und dini Gebehrde.
Jo de chennschs, worum denn nit? Mit freudigem Brusche
Jez marschieremer witers, und alli wil aben und abe!
Siehsch dört vorne ’s Röttler Schloß – verfalleni Mure?
In vertäfelte Stube, mit goldene Liiste verbendlet,
hen sust Fürste gwohnt, und schöni fürstligi Fraue,
Aber jez isch alles still, undenklichi Zite
brenne keini Liechter in sine verrißene Stube,
flackeret kei Füür uf siner versunkene Füürstet,
goht kei Chrug in Cheller, ke Züber aben an Brunne.
Lueg dört ehnen isch Mulberg, und do im Schatte verborge
’s Föhris Hüsli, und am Berg dört, d’ Höllstemer Chilche.
Steine lömmer ligen, und fahre duren in d’ Matte,
Will der Schanzli näumis, se mag er use zu dir cho.
wieder über d’ Stroß. Jez göhmer füren ins Rebland
Hauige zu, und Hage zu, und aben an Röttle.
Lueg e wenig ufe, wer stoht dört oben am Fenster
in si’m neue Chäpli, mit sine fründligen Auge?
Jez gohts Thumrige zu, – sie hen der welle ne Tuck thu,
aber ’s macht der g’ringe Chummer, – öb der’s der Reinert
gut heißt, oder nit, se gumpisch ebe, wie ’s dir gfallt,
übers Stellaschi ab, und furt in d’ Lörrecher Matte.
Wart, was werde d’ Stettemer sage, wenn sie erfahre,
was de z’ Huse bosget hesch! Doch gheit es di wenig.
Aber wie de gohsch vom Bergwerch abe go Schopfe,
bis an Stetten aben uf diner steinige Landstroß,
zwischenem Faschinat, wirsch alliwil größer und schöner,
freudiger alliwil, und schaffig, was me cha sage.
Wo di liebligen Othem weiht, wie färbt si der Rase
grüner rechts und links, wie stöhn mit chräftige Triebe
alli Blume do. De Summer-Vögle thut d’ Wahl weh.
Wechslet nit der Chlee mit goldene Chettene-Blueme,
Frauemänteli, Hasebrödli, würzige Chümmi,
Sunneblume, Habermark und Dolden und Ruchgras?
Wattet nit der Storch uf hoche Stelze derzwische?
Ziehn si nit vo Dorf zu Dorf in lange Reviere
feisti Matte Stunde wiit und Tauen an Taue?
’s Brombecher Mummeli chunnt, es chömme Lörecher Rößli,
und vo Baum zu Baum, vo Zell bis füre go Rieche
halte d’ Vögeli Jude-Schul und orglen und pfife.
(D’ Brombecher Linde lit, der Sturmwind het sie ins Grab gleit.)
Aber rechts und links wie schwanken an flachere Reine
Reben an Reben uf! Wie woget uf höchere Berge
rechts und links der Buchewald und dunkleri Eiche!
Wie isch alles so schön, und überal anderst und schöner!
Feldbergs Tochter, wo de bisch, isch Nahrig und Lebe!
gigst der Wage, d’ Geisle chlöpft, und d’ Sägese ruschet,
und de grüßisch alli Lüt, und schwetzisch mit alle.
Stoht e Mühli näumen, en Oehli oder e Ribi,
Drothzug oder Gerste-Stampfi, Sägen und Schmidte;
hilfsch im Müller mahlen und hilfsch de Meidlene ribe,
spinnsch mer ’s Husemer Ise, wie Hanf in gschmeidigi Fäde.
(Gell, jez schlacht di ’s Gwiße wieder, ’s goht eim nit anderst!)
Eicheni Plütschi versägsch, und wandlet ’s Ise vom Füürherd,
singst derzu, und gersch ke Dank, „Gott grüßich, Gott bhütich!“
Und isch näume ne Bleichi, se losch di au das nit verdrieße,
chuuchisch e bizzeli duren, und hilfsch der Sunne bleiche,
aß sie ferig wird, sie isch gar grüseli landsem!
nu se seig’s bikennt! De hesch au bsundert Jeste,
’s chlage’s alli Lüt, und sage, ’s seig der nit z’ traue,
und wie schön de seigsch, wie liebli dini Gibehrde,
stand der d’ Bosget in den Auge, sage sie alli.
oder rupfsch sie us, und bahnsch der bsunderi Fußweg,
bohlsch de Lüte Stei uf d’ Matte, Jaspis und Feldspat.
Hen sie näume gmeiht, und hen sie gwarbet und g’schöchlet,
holsch’s und treisch’s im Nochber duren Arfel um Arfel.
uf de Bänke, wo nit g’wüscht sin, sel hani nie gseh.
Mengmol haseliersch, und ’s muß der alles us Weg goh;
öbbe rennsch e Hüsli nieder, wenns der im Weg stoht.
Wo de gohsch, und wo de stohsch isch Balgen und Balge.
zitig, chunnts mer halber vor, zum Manne, wie wärs echt?
Zeig, was machsch für Aeugli? Was zupfsch am sidene Bendel?
Stell di nit so närsch, du Dingli, meinsch denn, me wüß nit,
aß de versproche bisch, und aß der enander scho bstellt hen?
Ueber hochi Felsen, und über Stuuden und Hecke
eis gangs us de Schwitzerberge gumpet er z’ Rhineck
aben in Bodesee, und schwimmt bis füre go Chostez,
seit: „I muß mi Meidli ha, do hilft nüt, und batt nüt!“
wieder usem See mit sufer gwäschene Füße,
Tiesehofe gfallt em nit und ’s Chloster dernebe,
nei, er rennt Schafhusen ab, und stoht an de Felse.
An de Felse seit er: „Mi Meidli muß mer werde!
Seits und nimmt e Sprung! Jez bruttlet er abe go Rhinau,
trümmlig ischs em worde, doch chunnt er witers und witers.
Eglisau und Chayserstuhl und Zurzi und Waldshut
het er scho im Aecken, er lauft vo Waldstadt zu Waldstadt,
Basel zu, und loßt der Hochzeit-Zedel schreibe.
Gell, i weiß es! Bisch im Stand und läugnisch, was wohr isch!
Hätti z’rothe gha, ’s wär z’ Wil e schickliche Platz gsi;
’s sin doch au scho Gutsche vo Basel use gfahre,
use zu Her Briggem, und ine zu Her Ehma.
Aber di Vertraue stoht zum Chlei-Hüniger Pfarrer.
Wie de meinsch, se göhnmer denn dur d’ Riechemer Matte!
Lueg, isch sel nit d’ Chlübi, und chunnt er nit dört abe?
Jo er ischs, er ischs mit sine blauen Auge,
mit de Schwitzer-Hosen und mit der sammete Chretze,
mit de christalene Chnöpfen am perlefarbige Brusttuch,
mit der breite Brust, und mit de chräftige Stotze,
stolz in sine Schritten und schön in sine Gibehrde.
O wie chlopft der ’s Herz, wie lüpft si ’s Mayländer Halstuch,
und wie stigt der d’ Röthi in dini lieblige Backe,
wie am Himmel ’s Morgeroth am lieblige Maytag!
und es wird der wohr, was im verborgene Stübli
d’ Geister gsunge hen, und an der silberne Wagle!
Halt di numme wohl! — I möcht der no allerley sage,
aber ’s wird der windeweh! Di Kerli, di Kerli!
rüefsch mer: „Bhütdi Gott!“ und fallsch em freudig an Buse.
Bhütdi Gott der Her, und folgmer, was i der gseit ha!
- ↑ Ein Waldstrom dieses Namens, der an dem Feldberg im Vorderöstreichischen entspringt, hinter Hausen im Wiesenthal ins Badische sich ergießt, bey Gündenhausen einen andern Strom gleiches Namens aufnimmt, und bey Kleinhüningen im Kant. Basel in den Rhein ausströmt.
- ↑ Gespenst auf dem Feldberg.
- ↑ Eine Kapelle dieses Namens an der Wiese.