Zum Inhalt springen

Die Wiese (Hebel, 1834)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Wikisource
Wikisource
Siehe auch: Die Wiese (Badisches Sagen-Buch)
Wikisource
Wikisource
Siehe auch: Die Wiese (Hebel, 1803)
Textdaten
<<< >>>
Autor: Johann Peter Hebel
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Wiese
Untertitel:
aus: J. P. Hebels sämmtliche Werke: Band 1, S. 17–36
Herausgeber: {{{HERAUSGEBER}}}
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1834
Verlag: Chr. Fr. Müller’sche Hofbuchhandlung
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Karlsruhe
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[17]

Die Wiese[1].

Wo der Dengle-Geist[2] in mitternächtige Stunde
Uffeme silberne Gschirr si goldeni Sägese denglet,
(Todtnau’s Chnabe wüsse’s wohl) am waldige Feldberg,
Wo mit liebligem Gsicht us tief verborgene Chlüfte

5
d’Wiese luegt, und check go Todtnau aben ins Thal springt,

schwebt mi muntere Blick, und schwebe mini Gidanke.

[18]

     Feldbergs liebligi Tochter, o Wiese, bis mer Gottwilche!
Los, i will di iez mit mine Liederen ehre,
und mit Gsang bigleiten uf dine freudige Wege!

10
     Im verschwiegene Schoos der Felse heimli gibohre,

an de Wulke gsäugt, mit Duft und himmlischem Rege,
schlofsch e Bütscheli-Chind in di’m verborgene Stübli
heimli, wohlverwahrt. No nie hen menschligi Auge
güggele dörfen und seh, wie schön mi Meiddeli do lit

15
im christalene G’halt und in der silberne Wagle,

und ’s het no kei menschlich Ohr si Othmen erlustert,
oder si Stimmli ghört, si heimli Lächlen und Briegge.
Numme stilli Geister, si göhn uf verborgene Pfade
us und i, si ziehn di uf, und lehre di laufe,

20
gen der e freudige Sinn, und zeige der nützligi Sache,

und ’s isch au kei Wort verlohre, was sie der sage.
Denn so bald de chaschst uf eigene Füeßlene furtcho,
Schliefsch mit stillem Tritt us di’m christalene Stübli
barfis usen, und luegsch mit stillem Lächlen an Himmel.

25
O, wie bisch so nett, wie hesch so heiteri Aeugli!

Gell, do ussen ischs hübsch, und gell, so hesch ders nit vorgstellt?

[19]

Hörsch, wie’s Läubli ruuscht, und hörsch, wie d’Vögeli pfife?
Io, de seisch: „I hörs, doch gangi witers und blib nit.
„Freudig isch mi Weg, und alliwil schöner, wi witer!“

30
     Nei so lueg me doch, wie cha mi Meiddeli springe!

„Chunnsch mi über,“ seits und lacht, „und witt mi, se hol mi!“
All’wil en andere Weg, und alliwil anderi Sprüngli!
Fall mer nit sel Reinli ab! – Do hemmers, i sags io, –
hani’s denn nit gseit? Doch gauckelet’s witers und witers,

35
groblet uf alle Vieren, und stellt si wieder uf d’Beinli,

schlieft in d’Hürst, – iez such mers eis! – dört güggelets use.[a 1]
Wart, i chumm! Druf rüefts mer wieder hinter de Bäume:

[20]

„Roth, wo bin i iez!“ – und het sie urige Phatest.[a 2]
Aber wie de gohsch, wirsch sichtli größer und schöner.

40
Wo di liebligen Othem weiht, se färbt si der Rase

grüner rechts und links, es stöhn in saftige Triebe
Gras und Chrüter uf, es stöhn in frischere Gstalte
farbige Blüemli do, und d’Immli chömmen und suge.
’s Wasserstelzli chunnt, und lueg doch, ’s Wuli vo Todtnau![a 3]

45
Alles will di bschauen, und Alles will di bigrüße,

und die fründlig Herz git alle fründligi Rede:
„Chömmet ihr ordlige Thierli, do hender, esset und trinket!
Witers goht mi Weg, Gsegott, ihr ordlige Thierli!“

     Rothet iez, ihr Lüt, wo üser Töchterli hi goht!

50
Hender gmeint an Tanz, und zue de lustige Buebe?

z’Uzefeld verbei gohts mit biwegliche Schritte
zue de schöne Buechen[3], und hört e heiligi Meß a.
Guet erzogen ischs, und anderst cha me nit sage.
No der heilige Meß se seits: „Iez willi mi schicke,

[21]
55
aß i witers chumm.“ – Iez simmer scho vornen an Schönau,

iez am Chastel verbei, und alliwil witers und witers
zwische Berge und Berge im chüele duftige Schatte,
und an mengem Chrütz verbei, an menger Kapelle.

     Aber wie de gohsch, würsch alliwil größer und schöner.

60
Wo di liebligen Othem weiht, wie färbt si der Rase

grüener rechts und links, wie stöhn in chräftige Triebe
neui Chrüter do, wie schießen in prächtige G’stalte
Bluemen an Bluemen uf, und geli saftigi Wide!
Vo di’m Othem gwürzt, stöhn rothi Erdberi-Chöpfli

65
Millione do, und warten am schattige Thalweg.

Vo di’m Othem g’nährt, stigt rechts an sunnige Halde
goldene Lewat uf in Feldere Riemen an Rieme.
Vo di’m Othem g’chüelt, singt hinter de Hürste verborge
freudig der Hirte-Bueb, und d’ Holz-Ax tönet im Buechwald.[a 4]

70
’s Mambecher Hätteli chunnt, und wulligi Häli vo Zell her.

Alles lebt und webt, und tönt in freudige Wiise;

[22]

Alles grüent und blüeiht in tusigfältige Farbe;
Alles isch im Staat, und will mi Meiddeli grüße.
Doch de bisch ke Meiddeli meh, iez sag i der Meidli.[a 5]

75
     Aber an der Bruckwoog, nit wit vom steinene Chrützli,

chresme d’Büebli vo Zell hoch an de felsige Halde,
suechen Engelsüeß, und luegen aben und stune.
„Toneli, seit der Sepli, was het echt d’ Wiesen im Chöpfli?
Lueg doch, wie sie stoht, und wie sie nieder an d’ Stroß sitzt

80
mit vertieftem Blick, und wie sie wieder in d’ Höchi

schießt, und in d’ Matte lauft, und mittere selber im Champf isch!“[a 6]

     Feldbergs Tochter, los, de g’falsch mer numme no halber!
’s goht mer, wie dem Sepli. Was hesch für Iesten im Chöpfli?[a 7]

[23]

Fehlt der näumis, se schwetz, und hättsch gern näumis, se sag mer’s!

85
Aber wer nüt seit, bisch du! Mit schwankige Schritte

Laufsch mer d’Matten ab in dine tiefe Gidanke
furt ins Wiesethal, furt gegenem Husemer Bergwerch[a 8],
und schangschiersch der Glauben und wirsch e luthrische Chetzer!
Hani’s denn nit gseit, und hani mers echter nit vorgstellt?

90
Aber jez isch so, was hilft jez balgen und schmähle!

Aendere chani’s nit, se willi der lieber gar helfe;
öbbe bringsch mer doch no Freud und heiteri Stunde!
Halt mer e wenig still, i will di jez lutherisch chleide;
s’ schickt si nümme barfis z’laufe, wemme so groß isch.[a 9]

95
Do sin wißi Bauwele-Strümpf mit chünstlige Zwickle,

(leg sie a, wenn d’ chasch!) und Schueh und silberni Rinkli[a 10];
do ne grüene Rock! vom breit verbendlete Liibli

[24]

fallt bis zu de Chnödlenen abe Fältli an Fältli.
Sitzt er recht? Thue d’Häftli i! und nimm do das Brusttuech,

100
sammet und roseroth. Jez flichtider chünstligi Zupfe

us de schöne, sufer g’strehlte, flächsene Hoore.
Obe vom wiißen Aecken und biegsem in d’Zupfe verschlunge,
fallt mit beiden Ende ne schwarze sidene Bendel
bis zum tiefe Rock-Saum abe. – G’fallt der die Chappe,

105
wasserblaue Damast und gstickt mit goldene Blueme?

Zieh der Bendel a, wo in de Ricklene durgoht,
unter de Zupfe dure, du Dotsch, und über den Ohre
fürsi mittem Letsch, und abe gegenem Gsicht zue!
Jez e side Fürtuech her, und endli der Hauptstaat,

110
zwenzig Ehle lang und breit e Mailänder Halstuech!

Wie ne luftig Gwülch am Morgehimmel im Früehlig
’schwebts der uf der Brust, stigt mittem Othem, und senkt si[a 11],
wahlet der über d’Achsle, und fallt in prächtige Zipfle
übere Rucken abe, sie ruusche, wenn de’n im Wind gohsch!

[25]
115
Het me’s lang, se loßt me’s henke, hör i mi Lebtig.

D’Ermel, denk wol, henksch an Arm, wils’ Wetter so schön isch,
aß me’s Hemd au sieht, und dini gattigen Aermli,
und der Schie-Huet nimmsch in d’ Hand am sidene Bendel;
d’Sunne git eim wärmer, und schint eim besser in d’Auge,

120
wer en in de Hände trait, und ’s stoht der au hübscher!

Iez wärsch usstaffiert, as wenn de hofertig stoh wottsch,
und de g’fallsch mer selber wieder, chani der sage.

     Wienes sie iez freut, und wie’s in zimpfere Schritte
tänzelet, und meint, es seig d’Frau Vögtene selber,

125
wie ’s si Chöpfli hebt, und jeden Augeblick z’ruck schielt,

öb me’s echt au bschaut, und öb men em ordeli noluegt!
Io, de bisch io hübsch, und io du Närrli, mer luege,
Du Marggröver-Meidli, mit diner goldige Chappe)[a 12],
mit de lange Zupfen und mit der längere Hoorschnuer,

130
mittem vierfach z’semmegsetzte flattrige Halstuech!

[26]

     Aber rothet iez, wo ’s hofertig Jümpferli hi goht![a 13]
Denk wol uffe Platz, denk wohl zuer schattige Linde,
oder in d’Weserei, und zue de Husemer Chnabe?
Hender gmeint? io wol! Am Bergwerch visperlets abe,

135
lengt e wenig duren, und trüllt e wengeli d’Räder,

was der Blos-Balg schnufe mag, aß d’ Füürer nit usgöhn.
Aber ’s isch si Blibes nit. In d’ Husemer Matte
schießt’s, und über d’Legi ab mit große Schritte go Farnau,
laufsch mer nit, se gilts mer nit, dur ’s Schopfemer Chilspel.

140
     Aber z’Gündehuse, wer stoht echt an der Stroße,

wartet, bis de chunnsch, und goht mit freudige Schritte
uf di dar, und git der d’ Hand, und fallt der an Buese?
Chennsch di Schwesterli nit? ’s chunnt hinte füre vo Wisleth.

[27]

Uf und nieder hets di Gang und dini Gebehrde.

145
Io de chennschs, worum denn nit? Mit freudigem Brusche

Nimmschs in d’Arm, und losch’s nit goh, gib achtig, verdrucks nit!
Iez gohts wieder witers, und alliwil aben und abe[a 14]!
Siehsch dört vorne ’s Röttler Schloß – verfalleni Mure?
In vertäfelte Stube, mit goldene Liiste verbendlet,

150
hen sust Fürste gwohnt, und schöni fürstligi Fraue,

Heren und Here-Gsind, und d’Freud isch z’ Röttle deheim gsi.
Aber iez isch Alles still. Undenklichi Zite
brenne keini Liechter in sine verrißene Stube,
flackeret kei Füür uf siner versunkene Füürstet;

155
goht kei Chrueg in Cheller, kei Züber aben an Brunne.

Wildi Tube niste dört uf mosige Bäume.
Lueg, dört ehnen isch Mulberg, und do im Schatte verborge
’s Föhris Hüsli, und am Berg dört d’ Höllstemer Chilche.
Steine lömmer liegen, und fahre duren in d’Matte,

160
guete Weg isch au nit um, und weidli chasch laufe.
[28]

Wenn ’s nit nidsi gieng, i weiß nit, öbbi der nochäm[a 15].
Unter Steine chunnsch mit dine biwegliche Schritte
wieder über d’Stroß. Iez wandle mer füren ins Rebland
Neben Hauigen aben und neben an Hagen und Röttle.

165
Lueg mer e wenig ufe, wer stoht dört oben am Fenster

in si’m neue Chäppli, mit sine fründligen Auge?
Neig di fin, zeig wie, und sag: „Gott grüßich, Her Pfarer!“
Iez gohts Thuemrige zu, iez witer in d’Lörecher Matte.
Siehsch das ordelig Städtli mit sine Fenstern und Gieble,

170
und die Basler Here dört uf der staubige Stroße,

wie sie riten und fahren? Und siehsch dört ’s Stettener Wirths-Hus!
Worum wirsch so still und magsch nit dure go luege?
Gell, de siehsch sel heilig Chrütz vo witem und trausch nit,
möchtisch lieber z’ruck, as fürsi! Loß der nit gruse!

[29]
175
’s währt nit lang, se stöhn mehr frei uf schwitzrischem Bode[a 16].


     Aber wie de gohsch vom Bergwerch abe go Schopfe,
bis an Stetten aben uf diner steinige Landstroß,
bald am linke Bord, bald wieder ehnen am rechte
zwischenem Faschinat, wirsch alliwil größer und schöner,

180
freudiger alliwil, und schaffig, was me cha sage.

Wo di lieblichen Othem weiht, wie färbt si der Rase
grüener rechts und links, wie stöhn mit chräftige Triebe
neui Chrüter uf, wie prangen in höhere Farbe
Bluemen ohni Zahl. De Summer-Vögle thuet d’Wahl weh.

185
Wechslet nit der Chlee mit goldene Chettene-Blueme,

Frauemänteli, Hasebrödli, würzige Chümmi,
Sunneblueme, Habermark und Dolden und Ruchgras?
Glitzeret nit der Thau uf alle Spitzen und Halme?

[30]

Wattet nit der Storch uf hohe Stelze derzwische?

190
Ziehn sie nit vo Berg zue Berg in lange Reviere[a 17]

feisti Matte Stunde wiit und Tauen an Taue?
Und derzwische stöhn scharmanti Dörfer und Chilchthürn.
’s Brombecher Mummeli chunnt, es chömme Lörecher Rößli,
freße der us der Hand, und springen und tanze vor Freude[a 18][WS 1],

195
und vo Baum zue Baum, vo Zell bis füre go Rieche

halte d’Vögeli Jude-Schuel, und orglen und pfife.
(D’Brombecher Linde lit, der Sturmwind het si ins Grab gleit.)
Aber rechts und links, wie schwanken an flachere Reine
Rocken und Weizehalm! Wie stöhn an sunnige Halde

200
Reben an Reben uf! Wie woget uf höchere Berge

rechts und links der Buechwald und dunkleri Eiche!
O ’s isch Alles so schön, und überal anderst und schöner!
Feldbergs Tochter, wo de bisch, isch Nahrig und Lebe!

[31]

     Neben an der ufen und neben an der abe

205
gigs’t der Wage, d’Geisle chlöpft, und d’Sägese ruschet,

Und de grüeßisch alli Lüt, und schwetzisch mit alle.
Stoht e Mühli näumen, en Oehli oder e Ribi,
Drothzug oder Gerste-Stampfi, Sägen und Schmidte,
lengsch mit biegsemen Arme, mit glenkseme Fingere dure,

210
hilfsch de Müllere mahlen und hilfsch de Meidlene ribe,

spinnsch mer’s Husemer Ise, wie Hanf in gschmeidigi Fäde.
(Gell, jez schlacht di’s Gwisse wieder wegenem Bosge!)[a 19]
Eicheni Plütschi versägsch, und wandlet’s Ise vom Füürherd
uffen Ambos, lüpfsch de Schmiede freudig der Hammer,

215
singsch derzue, und gersch kei Dank, „Gott Grüeßich, Gott bhüetich!“

Und isch näume ne Bleichi, se losch di das au nit verdrieße,
chuuchisch e bizzele duren, und hilfsch der Sunne no bleiche,
aß sie ferig wird, sie isch gar grüselig langsem!

[32]

Aber solli eis, o Wiese, sage, wie ’s ander,

220
nu se sey’s bikennt! De hesch au bsunderi Jeste,

’s chlage’s alle Lüt, und sage, es sey der nit z’traue,
und wie schön de seigsch, wie liebli dini Gibehrde,
stand der d’Bosget in den Auge, sage sie alli.
Eb men umluegt, chresmisch näumen über d’Faschine,

225
oder rupfsch sie us, und bahnsch der bsunderi Fueßweg,

bohlsch de Lüte Stei uf d’Matte, Jaspis und Feldspat.
Hen sie näume gmeiht, und hen sie gwarbet und g’schöchlet,
holsch’s und treischs de Nochbere duren Arfel um Arfel.
’s sagen au e Theil, de seigisch glückli im Finde

230
uf de Bänke, wo nit g’wüscht sin, aber i glaubs nit[a 20].

Mengmol haseliersch, und ’s muß der Alles us Weg goh;
öbbe rennsch e Hüsli nieder, wenns der im Weg stoht.
Wo de gohsch, und wo de stohsch, isch Balgen und Balge.

     Feldbergs Tochter, los, de bisch an Tuged und Fehler

235
zitig, chunnts mer halber vor, zum Manne, wie wär’s echt?
[33]

Zeig, was machsch für Aeugli? Was zupfsch am sidene Bendel?
Stell di nit so närrsch, du Dingli! ’s meint no, me wüß nit,
aß es versprochen isch, und aß sie enander scho bstellt hen?[a 21]
Meinsch, i chenn di Holderstock, di chräftige Burst nit?

240
     Ueber hochi Felsen, und über Stuuden und Hecke

eis Gangs us de Schwitzerberge gumpet er z’Rhinek
aben in Bodesee, und schwimmt bis füre go Chostanz,
seit: „I mueß mi Meidli ha, do hilft nüt, und batt nüt!“
Aber oben an Stei, se stigt er in langseme Schritte

245
wieder usem See mit sufer gwäschene Füeße,

Tiesehofe gfallt em nit und ’s Chloster dernebe,
furt Schafhuse zu, furt an die zackige Felse.[a 22]
An de Felse seit er: „Und ’s Meidli mueß mer werde!
„Lib und Lebe wogi dra, und Chretze und Brusttuech,“

[34]
250
Seits, und nimt e Sprung. Iez bruttlet er abe go Rhinau;

trümmlig ischs em worde, doch chunnt er witers und witers.
Eglisau und Chayserstuhl und Zurzi und Waldshut
het er scho im Aecke, vo Waldstadt lauft er zu Waldstadt,
iez an Chrenzech aben in schöne breite Reviere,[a 23]

255
Basel zu. Dört wird der Hochzit-Zedel geschriebe.

Gell, i weiß es! Bisch im Stand und läugnisch, was wohr isch?

     Hätti z’rothe gha, ’s wär z’Wil e schickliche Platz gsi;
’s het scho menge Briggem si gattig Brütli go Wil gführt,
usem Züri-Biet, vo Liestel aben und Basel,

260
und isch iez si Ma, und ’s chocht em d’Suppen und pflegt em

ohni Widerred vo mine gnädige Here.[a 24]

[35]

Aber di Vertraue stoht zum Chlei-Hüninger Pfarrer.
Wie de meinsch, se göhn mer denn dur d’Riechemer Matte!
Lueg, isch sel nit d’Chlübi, und chunnt er nit ebe dört abe?

265
Io er ischs, er ischs, i hörs am freudige Brusche!

Io er ischs, er ischs mit sine blauen Auge,
mit de Schwitzer-Hosen und mit der sammete Chretze,
mit de christalene Chnöpfen am perlefarbige Brusttuch,
mit der breite Brust, und mit de chräftige Stotze,

270
’s Gotthards große Bueb, doch wie ne Roths-Her vo Basel,

stolz in sine Schritten und schön in sine Gibehrde.

     O wie chlopft der di Herz, wie lüpft si di flatterig Halstuch,
und wie stigt der d’Röthi iez in die lieblige Backe[a 25],
wie am Himmel ’s Morgeroth am duftige Maitag!

275
Gell, de bischem hold, und gell, de hesch ders nit vorgstellt,
[36]

und ’s wird der wohr, was im verborgene Stübli
d’Geister gsunge hen, und an der silberne Wagle!
Halt di numme wohl! – I möcht der no allerlei sage,
aber ’s wird der windeweh! Di Kerli, di Kerli!

280
Förchsch, er lauf der furt, se gang! Mit Thränen im Aeugli

rüefts mer: „Bhüetdi Gott!“ und fallt em freudig an Buese.
Bhüetdi Gott der Her, und folgmer, was i der gseit ha!


  1. Ein Waldstrom dieses Namens, der an dem Feldberg im Breisgau entspringt, bei Gündenhausen einen andern Strom gleiches Namens aufnimmt, und bei Kleinhüningen im Kanton Basel in den Rhein ausströmt.
  2. Gespenst auf dem Feldberg.
  3. Eine Kapelle dieses Namens an der Wiese.

Ausgabe I.

  1. Kei mer nit sel Reinli ab! – Do hemmers, i sags jo,
    hanis denn nit gseit? Doch pürzlisch witers und witers,
    groblisch uf alle Viere, und stellt di wieder uf d’Beinli,
    schliefst in d’Hürst, – jetzt such mers eis! Dört güggelets use;
  2. Guggus, daß die Potz! und het sie uri’ge Phatest!
  3. ’s Wasserstelzli chunnt, es chömme Todtnauer Wuli,
  4. freudig der Hirte-Bueb, und witer ehne tönt d’Holz-Ax.
  5. Doch de bisch ke Meiddeli me, de bisch jez e Meidli!
  6. mit vertieftem Blick, und wie sie wieder ufstoht,
    gege de Matte lauft, und mittere selber im Champf isch.
  7. Feldbergs Tochter, was hasch im Chopf? I frog wie der Sepli,
    Und de g’fallsch mer numme halber, chani der sage!
  8. ufem Zellerthal ins Wiesethal gegenem Bergwerch,
  9. Diese Zeile fehlt in der Arauer Ausgabe.
  10. (leg di selber a) und Schuh und silberni Rinkli,
  11. Schwebts der uf der Brust, un stigt un fallt mittem Othem
  12. jo, du Zeller Meidli, mit diner marggröfer Chappe,
  13. mittem vierfach z’semmegsetzte Mailänder Halstuech!
         Aber rothet jez, wo d’Marggröfer Jumpfere hi goht!
  14. Jetz marschieremer witers und alliweil abe und abe!
  15. Statt dieser und der vorhergehenden Zeile steht in der ersten Ausgabe:
    Will der Schanzli näumis, se mag er ufe zu dir cho.
  16. Jez gohts Thuemrige zue, – sie hen der welle ne Tuck thue,
    aber ’s macht der g’ringe Chummer, – öb der’s der Reinert
    guet heißt, oder nit, se gumpisch ebe, wie ’s dir gfallt,
    übers Stellaschi ab, und furt in d’Lörrecher Matte.
    Nimm die e wenig in Acht, siehsch dort im Grüene sel Chrütz nit?
    Wart, was werde d’Stettemer sage, wenn sie erfahre,
    Was de z’Huse bosget hesch? Doch gheit es die wenig.
  17. Ziehn sie nit von Dorf zue Dorf in lange Reviere
  18. Freße der us der Hand, und sin fast närisch vor Freude,
  19. Diese Zeile fehlt in der Arauer Ausgabe.
  20. uf de Bänke, wo nit g’wüscht sin, sel hani nie gseh.
  21. Stell di nit so närsch, du Dingli, meinst denn, me wüst nit,
    aß de versproche bisch, und aß der enander scho bstellt hen?
  22. nei, er rennt Schafhusen ab, und stoht an de Felse,
  23. jez am Hörnli aben in schöne breite Reviere
  24. ’s sin doch au scho Gutsche vo Basel use gfahre,
    ohni Widerred vo mine gnädige Here,
    ufe zu Her Briggem, und ine zu Her Ehma.
  25. O wie chlopft der’s Herz, wie lüpft sis Mailänder Halstuch;
    Und wie stigt d’Röthi in dini lieblige Backa,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Fußnote fehlt