Vorrede (Hebel, 1803)
Siehe auch: Vorrede zur ersten Auflage (Werkausgabe 1834) |
Der Dialekt, in welchem diese Gedichte
verfaßt sind, mag ihre Benennung rechtfertigen.
Er herrscht in dem Winkel des Rheins
zwischem dem Frickthal und ehemaligen Sundgau,
und weiterhin in mancherley Abwandlungen
bis an die Vogesen und Alpen
und über den Schwarzwald hin in einem
großen Theil von Schwaben. Für Freunde
ländlicher Natur und Sitten eignet diese
Gedichte ihr Innhalt und ihre Manier.
Wenn Leser von höherer Bildung sie nicht
ganz unbefriedigt aus den Händen legen,
und dem Volk das Wahre, Gute und Schöne
mit den heimischen Tönen und vertrauten
Bildern lebendiger und wirksamer in die
Seele geht, so ist der Wunsch des Verfassers
erreicht.
Leser, die mit dieser Sprachweise nicht ganz bekannt sind, werden folgende wenige grammatikalische Bemerkungen nicht überflüssig finden. Das u und ü vor einem h, dem wieder ein Vokal folgt, oder folgen [VI] sollte, geht in die Triphthongen ueih und üeih über, und diese Form ist also im Metrum immer einsylbig. Z. B. früeih, frühe. — Beide Artikel werden meist abgekürzt, tonlos und in der Aussprache wahre Präfixa des Substantivs oder Suffixa der Präposition. Hie und da schien es unvermeidlich, sie als solche auch in dem Texte auszudrücken. Z. B. Uffem, auf ihm; Uffeme, auf einem. — Der Accusativ des Singulars ist auch bey den Masculinis dem Nominativ gleich, z. B. Der Tag, der und den Tag. Der Dativ des Sing. wird bey den Masculinis und Neutris, bisweilen auch Fömininis durch die Präposition in bezeichnet. Z. B. im Liecht, imme Liecht, dem, einem Licht; innere (in einer) Frau, einer Frau. — Das absolute Pronomen Ich lautet im Nominativ des Pluralis, wie der Dativ des Sing. Mir; auch Du, häufiger Dir als Ihr. Sich im Neutr. heißt bisweilen Ihns. Aber überall werden die Personalpronomina und das unbestimmte Man, wenn sie keinen Nachdruck oder Gegensatz haben, wie der Artikel, abgekürzt und wahre Präfixa oder Suffixa der nächsten Wörter, leztere, wenn [VII] alsdann zwey Vokale zusammen kämen mit einem eingeschobenen n. Z. B. Sagi, sage ich; Woni, wo ich; Wennd’ und Wennde, wenn du; Wemme, wenn man. Sagmer, sage mir; Denkder, denke dir; Bringem, Bringere, Bring ihm, ihr. Ságemer, sagen wir; Ságetder, sagt ihr. Sie zéigenis, zeigen uns; Zeigenich, zeigen euch; Zuenis, zu uns; Zuenich, zu euch. Ságene, sage ihnen. Ságider, sage ich dir; Sági’m, sage ich ihm etc. Indessen sind diese Anhängwörter, um dem Texte nicht ein zu fremdes Ansehn zu geben, auch in ihrer veränderten und abgekürzten Form fast überall getrennt geschrieben, wenn nicht Aussprache oder Deutlichkeit die Verbindung zu erfordern schien.
Das Glossarium am Ende enthält die in den Gedichten vorkommenden Idiotismen und ungewöhnlichen Formen des Dialekts verglichen mit (Sch.) Scherzii Glossarium Germanicum medii ævi. (Id.) Versuch eines Schwäbischen Idiotikon von Schmid. (Ad.) Adelungs Wörterbuch der hochdeutschen Mundart und andern. Hie und da sind passende Belege aus (Par.) Paraphrasis N. T. Zürich (ohne Jahrzahl) unterlegt [VIII] worden. Die Absicht des Verfassers war, theils solchen Lesern, die manche Ausdrücke nicht kennen möchten, mit der Erklärung entgegen zu kommen, theils einheimische, die in der Sprache ihrer Landsleute nur eine Entstellung und Mißhandlung des gutdeutschen Ausdrucks finden, an einzelnen Beyspielen auf das Alter und die Ableitung ihrer eigenthümlichen Wörter aufmerksam zu machen. Beide Theile werden es daher gerne verzeihen, wenn jeder von ihnen manches finden wird, was er schon lange wußte, manches, was er nicht zu wissen verlangt. Vielleicht findet hie und da auch der Sprachforscher etwas der Aufmerksamkeit werth.
Die Melodien Nro. 1. 3. 4. verdankt der Verfasser der Freundschaft eines Mannes von sehr gebildetem Geschmack, dem bey Geschäften ernsterer Art auch die Muse der Tonkunst hold ist, Nro. 2. aber der Güte eines Unbekannten.