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Das vierte Buch Esra/Kapitel 5

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« Kapitel 4 Das vierte Buch Esra Kapitel 6 »
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[359] Die Zeichen aber sind[1]: Siehe, Tage kommen, da werden die Erdenbewohner von gewaltigem Schrecken[2] erfaßt,

’das Gebiet‘[3] der Wahrheit wird verborgen sein,
’und das Land des Glaubens ohne Frucht‘[4].

2 Da wird der Ungerechtigkeit viel sein, mehr noch, als du jetzt selber siehst, und als du von früher gehört hast. 3 Das Land aber, das du jetzt herrschen siehst, wird wegelose Wüste[5] sein; man wird es verlassen sehen: 4 fristet dir der Höchste das Leben, so[6] wirst du es nach dreien Zeiten[7] in Verwirrung sehen.

Da wird plötzlich die Sonne bei Nacht scheinen

und der Mond am Tage.
5 Von Bäumen wird Blut träufeln[8];
Steine werden schreien[9].
Die Völker kommen in Aufruhr,

die ’Ausgänge‘[10] in Verwirrung;

6 und zur Herrschaft kommt, den die Erdenbewohner nicht erwarten[11]. Die Vögel wandern aus[12]; 7 das Meer von Sodom bringt Fische[13] hervor[14] und brüllt des Nachts mit einer Stimme[15], die viele nicht verstehen, aber alle vernehmen[16].

[360]
8 An vielen Orten[17] thut sich der Abgrund auf[18],
und lange Zeit bricht das Feuer[19] hervor.

Da verlassen die wilden Tiere ihr Revier. Weiber gebären Mißgeburten[20]. 9 Im süßen Wasser findet sich salziges[21]. Freunde bekämpfen einander plötzlich[22].

Da verbirgt sich die Vernunft,

und die Weisheit flieht in ihre Kammer[23];

10 viele suchen sie und finden sie nicht.

Der Ungerechtigkeit aber und Zuchtlosigkeit wird viel sein auf Erden. 11 Dann fragt ein Land das andere und spricht: Ist etwa die Gerechtigkeit, die[24] das Rechte thut, durch dich gekommen? und es wird antworten: nein[25]!

12 In jener Zeit werden die Menschen hoffen und nicht erlangen,
sich abmühen und nicht zum Ziele kommen[26]. —

13 Diese Zeichen dir zu sagen, ist mir erlaubt worden; wenn du aber nochmals betest und wie heute weinst und sieben Tage lang fastest[27], wirst du aufs Neue Dinge erfahren, die größer sind als diese[28].

Schluß

14 Da erwachte[29] ich: mein Leib schauderte gewaltig, und meine Seele ward ohnmächtig vor Ermattung[30]. 15 Aber der Engel, der mir erschienen war, der mit mir[31] sprach, hielt mich fest, stützte mich und stellte mich auf die Füße[32].

16 In der folgenden Nacht aber kam der Fürst des Volkes, Phaltiel[33], zu mir und sprach zu mir: Wo warst du? Weshalb ist dein Antlitz so verstört? 17 Oder weißt du nicht, daß Israel im Lande seiner Verbannung dir anvertraut ist? 18 Steh also auf, iß ’einen Bissen‘[34] Brot und laß uns nicht im Stich, dem Hirten gleich, der seine Herde den bösen Wölfen preisgiebt! 19 Ich sprach zu ihm: Verlaß mich und komm vor sieben Tagen nicht wieder; wenn du dann zurückkehrst, ’will ich dir Aufschluß geben‘[35]. Als er dies hörte, verließ er mich.



[361]
Zweites Gesicht.

20 So fastete ich sieben Tage unter vielen Klagen und Thränen, wie mir der Engel Uriel geboten hatte. 21 Als aber die sieben Tage um waren, begannen die Gedanken meines Herzens mich mächtig zu bedrängen. 22 Da bekam meine Seele den Geist der Einsicht[36], und ich begann nochmals vor dem Höchsten Worte zu sprechen:

Warum hat Gott sein einziges, auserwähltes Volk den Heiden preisgegeben?

23 Ich sprach[37]: Ach Herr Gott, aus allem Walde der Erde und all[38] seinen Bäumen hast du ’dir‘[39] den einen Weinstock[40] ’erwählt‘,[41] 24 aus allen Ländern der Welt die eine Pflanzgrube[42] ’ausgesucht‘ [41], aus allen Blumen des Erdkreises die eine Lilie ’erkoren‘,[41] 25 vor allen Tiefen des Meeres hast du Wachstum[43] gegeben dem einen Bach, aus allen Städten, die je gebaut sind, nur Zion dir selber geheiligt, 26 aus allen Vögeln, die du geschaffen, die eine Taube dir berufen[44], aus allen Tieren, die du gebildet, das eine Schaf ersehen[45], 27 aus allen Völkern, deren so viel ist, das eine Volk dir erworben[46] und das Gesetz, das du ’unter‘[47] allen[48] ausgesucht[49], hast du dem Volke, das du begehrt hast, verliehen. — 28 Jetzt aber, Herr, weshalb hast du das Eine den Vielen preisgegeben, hast den einen Sproß[50] vor den anderen ’in Schmach gebracht‘[51] und dein einziges Eigentum[52] unter die Vielen zerstreut? 29 Weshalb haben, die deinen Verheißungen widersprochen haben, die niedertreten dürfen, die deinen Bündnissen geglaubt haben? 30 Ja, wenn du deinem Volk auch gram geworden wärest, so ’hättest du es doch züchtigen müssen‘[53] mit eigener Hand[54]!

Dennoch liebt Gott Israel noch immer.

31 Als ich diese Worte gesprochen hatte, ward[55] der Engel zu mir gesandt, der schon in verflossener Nacht zu mir gekommen war. 32 Er sprach zu mir:

[362]
Höre mir zu, so will ich dich lehren;

merk auf mein Wort, so will ich weiter[56] zu dir sprechen.

33 Ich sprach: Rede, Herr! Er sprach zu mir: Die Sinne vergehen dir[57] über Israels Geschick? Hast du es denn mehr lieb als sein Schöpfer[58]?

Dies Problem ist für Menschen unlösbar.

34 Ich sprach: Nein, Herr; aber vor Schmerzen habe ich reden müssen; denn jede Stunde aufs Neue blutet mir das Herz, wenn ich die Wege des Höchsten erfassen möchte und seines Gerichtes ’Spruch‘[59] erspähen! 35 Er sprach zu mir: Das kannst du nicht. Ich sprach: Warum, Herr? Weshalb ward ich dann geboren? Warum ist meiner Mutter Schoß nicht mein Grab geworden,

daß ich Jakobs Elend nicht brauchte zu sehen
und die Not des Geschlechtes Israel[60]? —

36 Er sprach zu mir:

So nenne mir die Zahl der Zukünftigen[61],

sammle mir zerstreute Tropfen [des Regens] wieder ein,
mach vertrocknete Blumen wieder grün,
37 öffne mir die verschlossenen Kammern
und laß die Winde[62], die sie enthalten, heraus,
’sage mir, wie Gesichter aussehen, die du nie gesehen hast‘[63],

oder zeige mir die Gestalt des Tons[64];

so will ich dir das Rätsel[65] lösen, das du zu schauen begehrst. 38 Ich sprach: Herr, mein Gebieter, wer könnte sich auf dergleichen verstehen[66], außer denen, die nicht unter Menschen wohnen[67]? 39 Ich aber habe nicht Wissen ’noch Macht‘[68]; wie könnte ich solche Fragen beantworten? 40 Er sprach zu mir: So wenig du von alledem, was ich nannte, auch nur Eines zu thun vermagst, so wenig vermagst du mein[69] Gericht zu erfassen[70] oder das Ziel der Liebe, die ich meinem Volke zugesagt[71].

[363]
Über die Stellung der verschiedenen Generationen im göttlichen Weltplan.
Gilt Gottes Verheißung nur dem letzten Geschlecht?

41 Ich sprach: Ach, aber Herr, dein Segen gilt nur denen[72], die das Ziel erleben[73]; was sollen aber unsere Vorfahren, wir selbst und unsere Nachkommen thun? 42 Er sprach zu mir: Einem Reigen[74] soll mein Gericht gleich werden; darin sind die Letzten nicht zurück und die Ersten nicht voran[75].

Verschiedene, aufeinander folgende Generationen sind in dieser Welt notwendig.

43 Ich antwortete und sprach: Konntest du nicht alle Geschlechter der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf einmal schaffen, damit dein Gericht um so schneller erscheine? 44 Er antwortete mir und sprach: Die Schöpfung darf dem Schöpfer nicht vorgreifen; auch könnte die Welt alle Geschaffenen auf einmal nicht ertragen. 45 Ich sprach: Wie aber stimmt das zu dem Worte, das du eben[76] zu deinem Knechte gesagt hast, daß du einst die ganze Schöpfung auf einmal zum Leben erwecken würdest? Wenn sie einst alle auf einmal leben werden, und die Schöpfung das ertragen kann, wäre sie doch auch jetzt schon im stande, alle auf einmal zu tragen. 46 Er sprach zu mir: Frage den Mutterschoß und sprich zu ihm: Wenn du zehn Kinder bekommst, warum bekommst du sie, jedes zu seiner Zeit[77]? Fordere ihn auf, zehn auf einmal zu zeugen[78]. 47 Ich sprach: Unmöglich kann er das, sondern nur jedes zu seiner Zeit. 48 Er sprach zu mir: So habe auch ich ’die Erde‘[79] zum Mutterschoße gemacht für die, die, jedes zu seiner Zeit, von ihr empfangen werden[80]. 49 Denn wie das Kind nicht gebiert, noch die Greisin mehr[81], so habe ich auch in der Welt, die ich geschaffen, ’ein bestimmtes Nacheinander‘[82] festgesetzt.

Die Welt ist alt geworden.

50 Ich fragte ’ihn‘[83] und sprach: Da du mir nun die Wege gewiesen, so laß mich weiter vor dir sprechen. Ist unsere Mutter, von der du gesprochen, noch jung oder schon dem Alter nahe[84]? 51 Er antwortete mir und sprach: Frage die Gebärerin, die kann dirs sagen; 52 sprich zu ihr: Weshalb sind deine jüngsten Kinder ihren älteren Geschwistern nicht gleich, sondern weniger kräftig? 53 so wird sie selber dir antworten: Anders sind die, die in der Blüte der Kraft[85] erzeugt sind, anders die Kinder des Alters[86], als der Schoß die Kraft verloren hatte. 54 Nun ermiß du selber, daß ihr weniger kräftig seid als eure Vorfahren; 55 so auch eure Nachkommen weniger kräftig als ihr. Denn die Schöpfung wird schon alt und ist über die Jugendkraft schon hinaus[87].

[364]
Der jüngste Tag kommt durch Gott allein.

56 Ich sprach: Ach Herr, wenn ich Gnade vor deinen Augen gefunden habe, so zeige deinem Knecht, durch wen du deine Schöpfung heimsuchen wirst.


  1. Die folgenden Zeichen sind nicht zeitgeschichtlich zu erklären, d. h. sie sind nicht aus bestimmten politischen Situationen zu verstehen, sondern aus der Geschichte der Religion, die solche Portenta als ersten Akt des großen Dramas erwartet. Nur V. 3 u. 4 betreffen eine geschichtliche Größe, nämlich das gegenwärtige Weltreich.
  2. ἔκστασις. vgl. 13,30, etwa מְהוּמָה.
  3. Aeth (Syr) territorium = ὅριον oder ὅρος, Lat (Ar¹) via = ὁδός v. Wilamowitz.
  4. Syr et sterilis erit terra fidei, vgl. Aeth Ar¹; vgl. Ap. Bar. 59,10 regio fidei.
  5. Lat incomposita vestigio (= στίβος?) wird die wörtl. Übersetzung des Originals sein; Syr et erit instabilis et non calcata glättet. Die griech. Phrase geht auf eine hebr. wie יְשִׁימוֹן־דֶּרֶך Ps. 107,4 zurück.
  6. et videbis, zur Konstr. vgl. 3,12.
  7. Lat post tertiam = μετὰ τὴν τρίτην, ergänze ἡμέραν Blaß; die Ellipse entspricht dem apokalyptischen mysteriösen Stil. Syr (eam quae post tertiam), Aeth (post tertium mensem), Arm (post tertiam visionem), vielleicht auch Ar¹ (post haec tria signa), lesen sämtlich denselben Text, freilich ohne ihn zu verstehen. Die drei „Tage“ sind die apokalyptische Geheimzahl, die dem Weltreich bis zu seiner Zerstörung gegeben wird; nach genauer Angabe sind es dreieinhalb Zeiten (Tage, Jahre); vgl. Gunkel, Schöpfung u. Chaos S. 268, A. 1; S. 269, A. 1. — Nach dieser Auffassung der schwierigen Stelle fügt V. 4 der Verheißung von V. 3 eine Zeitbestimmung hinzu. Gemeint ist das zur Zeit des Apokalyptikers herrschende Rom.
  8. Diese Stelle wird, wie es scheint, citiert Barn. 12,1: ὅταν ἐκ ξύλου αἷμα στάξῃ vgl. Bensly-James, S. XXVIIIf. — Der Gedanke ist auch dem deutschen Volke vertraut, vgl. Tell III, 3 „die Bäume bluten“ und erklärt sich ursprünglich daraus, daß man gewisse heilige Bäume beseelt denkt, nach Analogie menschlicher Leiber.
  9. Hab. 2,11.
  10. Der lat. Ausdruck scheint die wörtl. Übersetzung eines Wortes zu sein, das Syr (Ar²) aeres und Aeth stellae umschreiben; man lese egressus = ἔξοδοι = מוֹצׇאׅים, die „Ausgänge“ nach Ps. 65,9 die Himmelsthore, durch die die Sterne gehen und die Winde wehen, vgl. 6,1. Diese Ordnungen sind ewig fest Ps. Sal. 18,11ff.; gräßlich ist es, wenn sie sich verwirren.
  11. Der furchtbare Tyrann der Endzeit, der Antichrist.
  12. Den Vögeln traut die Antike ein vorausschauendes Feingefühl zu: sie verlassen die Stätte des Verderbens zur rechten Zeit: [360] dasselbe gilt von den Tieren des Feldes V. 8. Ähnliches kann man noch heute in volkstümlichen Beschreibungen von Erdbeben, Bergrutschen u. dergl. lesen.
  13. [360] Sonst hat es keine; vgl. Hes. 47,8ff.
  14. [360] ἐκφέρειν = הוֹצׅיא, vgl. Rönsch S. 361f.
  15. [360] Meeresgebrüll gehört auch sonst zu den Zeichen des Endes; letzter Nachklang eines uralten Motivs.
  16. [360] Vgl. Dan. 10,7. Joh. 12,28f.
  17. κατὰ πολλοὺς τόπους Hilg.
  18. Das ewig mit Nacht und Grausen Bedeckte wird sichtbar!
  19. Das Feuer des Abgrunds, Offenb. Joh. 9,2.
  20. Lat menstruatae monstra doppelte LA.; vgl. Wellhausen, G. G. A. 1896, S. 11; vgl. Aeth (Ar²) et nascetur prodigium ex mulieribus.
  21. Die Stelle kehrt wieder in den (christlichen) Paralipomena Jeremiae prophetae (ed. Ceriani) 9,16 τὰ γλυκέα ὕδατα ἁλμυρὰ γενήσονται.
  22. Syr Aeth subito Wellhausen.
  23. Solche Redeweisen von der Weisheit, dem Glauben, der Buße, den guten Werken als Hypostasen sind im Judentum sehr häufig und finden sich auch im N. T. 1 Kor. 2, 9. Eph. 2, 10. Sie erklären sich im letzten Grunde daraus, daß an die Stelle ursprünglicher mythologischer Figuren später Abstraktionen getreten sind; vgl. den Geist Gottes Gen. 1, die Weisheitsspekulationen im A. T. und bes. die mythologischen Spekulationen im Gnosticismus.
  24. Syr (Aeth) schiebt aut homo ein, wie es scheint, um die mythologisierende Redeweise ein wenig zu mildern. Der Lat hat das Ursprüngliche, vgl. 3 Esra 4,39, wo es von „der Wahrheit“ heißt, daß sie τὰ δίκαια ποιεῖ.
  25. Amos 6,10.
  26. Etwa וְלֹא יְיַשְּׁרוּ דַרְכָּם.
  27. Das Fasten ist die Vorbereitung für den Empfang der Offenbarungen.
  28. Der Genetiv bei dem Komparativ nach griech. Art ist im 4 Esra Lat nicht selten; vgl. Bensly, Missing Fragment S. 88.
  29. Den vorhergehenden Zustand vergleicht also der Verf. mit dem Schlaf; psychologisch interessant.
  30. ἔκαμεν εἰς τὸ ἐκλιπεὶν Hilg.
  31. ἐν ἐμοί בּׅי;, vgl. Hab. 2, 1 u. a.
  32. Zu dieser Scene vgl. Dan. 8,17f. 10,8-10. 15-18.
  33. פַלְטִיאֵל Φαλτιήλ.
  34. Syr paululum panis = γεῦσαι ἄρτου τινός Hilg.
  35. Syr (Aeth Ar¹) et annunciabo tibi verba.
  36. Der „Geist der Einsicht“ ist ursprünglich ein Dämon oder eine göttliche Kraft, die besondere übermenschliche Einsicht wirken: in späterer Zeit und so hier können solche Ausdrücke in ganz abgeschwächtem Sinne gebraucht werden; vgl. 1 Kor. 4, 21 „Geist der Sanftmut“; doch scheint hier an einen anderen Bewußtseinszustand, in dem der Mensch Übernatürliches erlebt, gedacht zu sein. Gebete, die „im Geist“ gesprochen werden, sind auch im N. T. häufig.
  37. Dies Einleitungsgebet ist ebenso wie das der ersten Vision mit besonderer Kunst ausgeführt; den folgenden Passus ahmt nach Apoc. Sedrach 8.
  38. Griechische Konstruktion.
  39. Syr Aeth Ar¹.² Arm.
  40. Im Folgenden lauter Bilder Israels und Kanaans: Weinstock Jes. 5,7. Ps. 80,9; Lilie wohl nach H. L. 2,2. Hos. 14,6; Bach wohl nach Jes. 8,6. H. L. 4,15; Taube Ps. 74,19. H. L. 2,14; Schaf wohl nach Jes. 53,7; vgl. Ps. 79,13. 80,2; Wurzel Henoch 93,8. — Aus diesen Bildern geht hervor, daß das Hohe Lied damals schon allegorisch (auf Jahwes Verhältnis zu Israel) gedeutet worden ist.
  41. a b c Ar¹ hat drei verschiedene Ausdrücke.
  42. Lat fovea = βόθυνος, d. h. eine Pflanzgrube (für den einen Weinstock); Syr Aeth ungenau regio v. Wilamowitz.
  43. Lat Aeth replesti, genauer Syr magnificasti = ἐπηύξησας v. Wilamowitz; zum Gedanken vgl. Zusätze zu Esther 1,10. Ap. Bar. 36,3ff.: et desub ea egrediebatur fons in tranquillitate; pervenit autem ille fons usque ad silvam, et factus est in fluctus magnos — et valde praevaluit fons ille.
  44. ἐκάλεσας = קָרָאתָ.
  45. providisti = προεῖδες = רָאׅיתָ.
  46. adquisisti = ἐκτήσω = קָנׅיתָ.
  47. Aeth Syr et ex omnibus probavisti legem.
  48. Ergänze: „Gesetzen“.
  49. Zum Gedanken vgl. Dt. 4,8. Jedes Volk hat sein „Gesetz“; „Gesetze“ giebt es also so viel als Völker; Israel aber, Gottes geliebtestes Volk, hat unter allen Gesetzen das beste und weiseste bekommen.
  50. radix = ῥίζα = שׁׂרֶשׁ „junge Pflanze“ Jes. 53,2.
  51. Lat praeparasti = ἡτοίμασας, Syr Aeth Ar¹.² repudiasti = ἠτίμασας (Volkmar).
  52. Hierbei ist unicum als neutrum genommen; Wellhausen hält es für einen Hebraismus für יָחׅיד „einziges Kind“.
  53. Lat debet = δεῖ, Syr ( Ar¹ Arm) debebat = ἔδει (Volkmar).
  54. Vgl. Ps. Sal. 7,3f. Der Verfasser meint: durch Hungersnot, Pest. Erdbeben u. s. w., aber nicht durch Feindeshand.
  55. Zur Konstr. vgl. zu 3,12.
  56. Lat adiciam = προσθήσω = אוֹסׅיף.
  57. ἔκστασις διανοίας = תׅמְהוֹן לֵבָב Dt 28,28.
  58. Nicht: als seinen Schöpfer; vgl. 8,47. — Die Worte sind dem Herzen des Verfassers ein herrlicher Trost: bei all seiner flammenden Liebe zu seinem Volke vermag er Gottes Liebe zu Israel nicht zu erreichen.
  59. Lat (Ar¹ Arm) partem iudicii eius = גֶזֶר דּׅינוֹ vgl. Syr (im Späthebräischen eine gewöhnliche Redensart); Ar² richtig: iudicium et decretum eius.
  60. Citiert von Clemens Alex. Strom. III, 16 S. 556: διὰ τί γὰρ οὐκ ἐγένετο ἡ μήτρα τῆς μητρός μου τάφος, ἵνα μὴ ἴδω τὸν μόχθον τοῦ Ἰακὼβ καὶ τὸν κόπον τοῦ γένους Ἰσραήλ; Ἔσδρας ὁ προφήτης λέγει. - Vgl. Jer. 15,10. 20,14.17f.
  61. Der Passus ist nachgeahmt in Apoc. Sedrach 8, Apoc. Esdrae (ed. Tischendorf) S. 27. 28.
  62. Hiob 37,9; nicht „Seelen“ (gegen Wellhausen). Ar² tribus = φυλάς, führt auf φύσας.
  63. Syr (Aeth Ar¹) et demonstra mihi imaginem facierum, quas nondum vidisti.
  64. Die Antike ist überzeugt, daß auch der Schall, wie alles Existierende, Gestalt habe und gesehen werden könne; nur daß freilich die blöden Organe der Menschen vielerlei Existierendes nicht zu schauen vermögen, was dem Auge Gottes sichtbar ist. Ebenso urteilt die Antike über Gott und das Göttliche: alles dies ist nicht an sich, sondern nur für gewöhnliche Menschen unsichtbar.
  65. Lat laborem = κόπον = עָמָל Ps. 73,16 = mühselige Arbeit, Problem.
  66. Vgl. Apoc. Sedrach 8: μόνος σὺ ἐπίστασαι ταῦτα πάντα.
  67. D. h. den Engeln oder Gott, Dan. 2,11.
  68. Syr (Aeth Ar¹.²) insipiens et miser.
  69. Hier vergißt der Verfasser, daß nicht Gott, sondern nur ein Engel spricht; er hat nur die Hauptsache im Auge, wonach diese Worte letztlich von Gott kommen.
  70. מָצָא vom Lösen des Rätsels.
  71. D. h. die herrliche Verklärung Israels, die das letzte Ziel der Liebe Gottes ist.
  72. praees = προφθαίνεις = קׅדַּמְתָּ mit Segen und Heil entgegenkommen.
  73. Dies ist die alte, zur Zeit des 4 Esra archaistische Auffassung, die sich noch Ps. Sal. 18,7. Luk. 2,29 ff. (vgl. auch 4 Esra 6,25. 7,27. 13,16-24) findet. Dieser alte Glaube, wonach das Volk Subjekt der Hoffnung ist, dessen letzte Generation das Heil sieht, ist im apokalyptischen Judentum durch den höheren Glauben überwunden worden, daß alle einzelnen Frommen am Heile teilnehmen; diesen letzteren Glauben seht das N. T. im Allgemeinen voraus. — Ein ähnliches Problem wie das im obigen Text behandelt 1 Thess. 4,13ff.
  74. Ar² setzt κύκλος voraus (Gildemeister).
  75. Ohne Bild: Gottes Gericht ergeht über alle Geschlechter der Vor- und Nachwelt mit einem Male, Ap. Bar. 51,13.
  76. Blickt auf V. 42 zurück.
  77. κατὰ καιρόν Volkmar.
  78. Vgl. die Phrase נׇתַן פְּרׅי Frucht zeugen.
  79. Syr terram.
  80. Wörtlich: in sie gesät sind; das Bild vom Mutterschoß geht weiter.
  81. ἔτι.
  82. Aeth et ego disposui per tempus mundum, quem creavi; dem Sinne nach jedenfalls richtig.
  83. Syr Aeth Ar¹ eum.
  84. Dieselbe Frage wie 4,33.45, hier aufs Neue aufgeworfen und aus anderer Tradition beantwortet.
  85. ἐν τῇ ἀκμῇ τῆς ἰσχύος Hilg.
  86. sub tempus senectutis = ὑπὸ τὸν καιρὸν τοῦ γήρως Hilg.
  87. οἷον ἤδη γεγηρακυίας τῆς κτίσεως καὶ τὴν ἀκμὴν τῆς νεότητος παραβεβηκυίας v. Wilamowitz
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