ADB:Struve, Burkhard Gotthelf
Georg Adam St. (s. d.), der damals als Geheimrath in Weimar lebte und 1692 als Präsident in Jena starb. Seine Mutter Susanne geborne Berlich wird als eine energische, verständige, kluge und gelehrte Frau gerühmt, die selbst litterarisch hervortrat, indem sie z. B. Geistliche Sonn- und Festtagsgedanken, Geistliche Andachtsperle u. a. m. verfaßte. An den Correcturen des letztgenannten Buches soll sie am 26. Mai 1671 noch wenige Stunden vor ihrer Entbindung gelesen haben, und die älteren Biographen pflegen diesem Umstande den Hang ihres Sohnes zur Schriftstellerei zuzuschreiben. Schon 1673 siedelte der Vater von Weimar nach Jena über, wo er als ordentlicher Professor in die juristische Facultät der Universität eintrat. Dort empfing der junge Burkhard Gotthelf von Privatlehrern seinen ersten Unterricht. Bei guten Anlagen und Fähigkeiten und unter der sorgsamen Anleitung seiner Eltern machte der Knabe erfreuliche Fortschritte, nur in die Geheimnisse der Poesie vermochte er nicht einzudringen. Um den lebhaften Knaben nicht der strengen Zucht [672] eines geschulten Pädagogen entrathen zu lassen, gab ihn der Vater 1684 nach Zeitz in das Haus des als Philolog bekannten Rectors Christoph Cellarius, der von 1672–1676 in gleicher Eigenschaft am Gymnasium zu Weimar gewirkt hatte und von daher mit der Struve’schen Familie befreundet war. Dieser Schritt brachte zu Anfang nicht die erwartete Wirkung hervor. St. fiel in Zeitz dem Umgang mit wüsten Gesellen anheim, die ihm in litteris et moribus wenig förderlich waren. Da entschloß sich die Mutter, ihren Sohn zurechtzuweisen. Sie reiste persönlich nach Zeitz und ihren Mahnungen gelang es, den Gefährdeten auf richtige Wege zurückzulenken. Mit verdoppeltem Eifer widmete sich der junge Mann nun seinen Aufgaben, theils in den Unterrichtsstunden des Stiftsgymnasiums, die er in Auswahl besuchte, theils aber, und zwar überwiegend, in privaten Studien. Besonders eifrig las er die römischen Geschichtschreiber, trieb aber auch die griechische Sprache und beschäftigte sich mit Geschichte, Geographie und Alterthümern der Römer und Griechen. Cellarius zog ihn schon damals zu gelehrter Mitarbeiterschaft heran, als er der Neubearbeitung von Fabri’s Lexikon oblag. Als 16jähriger Jüngling verließ St. 1687 mit gutem Lobe seiner Lehrer das Gymnasium und bezog die Universität Jena. Er hörte dort Vorlesungen über Philosophie, Politik, Geschichte und Jurisprudenz bei J. J. Müller, J. A. Schmid, G. Schubart, Hartung u. a., zog es aber vor, viele Gegenstände nach gedruckten Compendien autodidaktisch durchzuarbeiten, wenn Person oder Vortrag der Professoren ihm nicht gefielen. Die Trockenheit der Jurisprudenz schreckte ihn ab, aber eingedenk des Sprüchleins „dat Justinianus honores“ ließ er sich von seinem Ehrgeiz immer wieder anstacheln, diese Wissenschaft hinter seinen übrigen Studien nicht zurückstehen zu lassen. Im J. 1689 disputirte St. in zwei Abhandlungen, deren erste über Turniere und Ritterspiele das künftige Hauptgebiet seiner Thätigkeit schon durchscheinen läßt; die andre handelte vom Waschgolde. Bald darauf zog er zur Fortsetzung seiner Studien nach Helmstedt, wo er zu Meibom’s Füßen saß, aber auch fleißig die französische Sprache trieb. Nach einem kurzen Besuche der Universität Frankfurt a. O. kehrte St. 1690 nach Jena zurück. Die Berathungen im Elternhaus über seine Zukunft führten dazu, daß er Anfang 1691 nach Halle a. S. übersiedelte, um sich in die Gerichtspraxis einzuarbeiten. Obgleich ihm der greise Kanzler und Präsident Geheimerath v. Jena dort alle Förderung angedeihen ließ, konnte er dem Gerichtsdienste doch keinen Geschmack abgewinnen und verließ Halle schon wieder zu Ostern 1691. Sein älterer Bruder, der damals als Chemiker und Alchymist im Dienste hoher Persönlichkeiten im Haag lebte, berief ihn nun als Gehülfen zu sich. Zwar folgte St. der Aufforderung, wobei er auf der Reise seine Sammlung seltener Bücher durch Ankäufe vieler werthvoller Stücke bereicherte, aber in Holland befiel ihn bald eine schwere Krankheit, und wiederhergestellt sah er sich genöthigt, zur Erholung nach Jena heimzukehren. Durch den Gouverneur von Livland Grafen Hastfer[WS 1] eröffnete sich ihm dort die Aussicht, in Schweden eine Anstellung zu finden, aber es traten Hindernisse ein, und von Hamburg, wohin er schon gereist war, wandte er sich nach Wetzlar. Dort ward St. aufs neue von einer heftigen Krankheit heimgesucht, und kaum war das Schlimmste überstanden, da rief ihn 1692 der Tod seines Vaters nach Jena. Er ehrte später (1705) das Andenken des Verstorbenen durch Herausgabe einer biographischen Familienschrift „Pii manes Struviani“. Nach Regelung der Hinterlassenschaftsangelegenheiten schloß sich St. seinem älteren Bruder wieder an, der jetzt an verschiedenen kleinen deutschen Höfen wie Meiningen, Arnstadt, Kassel seinen Experimenten oblag. Aber bald brach Unheil über den Alchymisten herein, er wurde einer Reihe unehrlicher Handlungen beschuldigt und gefangen gesetzt. Mit Mühe gelang es unserm St., durch Veräußerung seiner Bücherschätze [673] und Aufopferung seines väterlichen Erbes die Freilassung des bedrohten Bruders zu erkaufen.
Struve: Burkhard Gotthelf St., Polyhistor, besonders Historiker, geboren in Weimar am 26. Mai 1671, † in Jena am 25. Mai 1738. Er war der zweite Sohn des gelehrten JuristenAll diese Schicksalsschläge und der Einfluß eines merkwürdigen Mannes brachten den unruhigen und ehrgeizigen jungen Gelehrten auf ganz andre Wege. Er hatte in Meiningen die Bekanntschaft eines Genossen seines Bruders gemacht, eines sprachkundigen Mannes, der sich für einen Baron v. Stark ausgab. Bei diesem lernte St. die hebräische Sprache und vertiefte sich auf Anrathen des Lehrers in die Lectüre des Alten Testaments in der Ursprache. Körperlich geschwächt durch die überstandenen Krankheiten und nervös überreizt durch die Ereignisse der letzten Zeit, glaubte er für sein ehrgeiziges und nach außen gerichtetes Leben und Streben nicht bloß durch Selbsteinkehr, sondern auch durch wirkliche Weltentsagung büßen zu sollen. Eine förmliche Feindschaft gegen Bücher und Wissenschaften ergriff ihn, er las nur noch die Bibel und die mystischen Schriften eines Tauler und Johann Arnd und versank immer tiefer in Melancholie bis zu dem Punkte, daß er sich auf eine Einsiedelei zurückziehen wollte. Der Gesang eines Schulknaben, der vor Struve’s Thür die getragenen Weisen eines geistlichen Liedes erschallen ließ, riß den Grübler aus seinen trübsten Gedanken. Er begann wieder nebenbei ein wenig Chemie zu treiben und besuchte seinen nach Leipzig verzogenen älteren Bruder, jedoch nur für kurze Zeit, da er wahrnahm, daß dieser durch die Erfahrungen nicht gewitzigt worden war. So führte er zwei Jahre lang ein beschauliches, nach innen gekehrtes Leben, dessen Thätigkeit nach außen nur auf die Verwaltung der Angelegenheiten seiner Mutter gerichtet war.
Allmählich beruhigte sich sein Gemüth, und dem innerlich Geläuterten kehrte die Lust zum Studiren wieder. Da fand sich auch die Gelegenheit, einen Anker für sein Leben auszuwerfen. Im März 1696 war der Universitätsbibliothekar Johann Georg Kummer in Jena gestorben. St. bewarb sich mit um die Stelle und hatte das Glück seine Mitbewerber zu schlagen. Im Sommer 1697 ward er zum Universitätsbibliothekar mit 44 Gulden Jahresbesoldung ernannt. Viel Arbeit harrte seiner in dieser Stellung, denn die Bibliothek war schrecklich verwahrlost, in größter Unordnung (Augiae stabulum nennt sie St. einmal) und ohne genügende Kataloge. Unter Beistand eines Famulus ging er mit Eifer an die Besserung der Zustände, brachte System in die Aufstellung, ordnete und katalogisirte. Schlimmen Widerstand fand er bei den Professoren, als er den beim Ausleihen eingerissenen unglaublichen Schlendrian beseitigen wollte. Einen Ruf an die Wolfenbütteler Bibliothek 1699 lehnte er ab, nachdem ihm Versprechungen wegen Aufbesserung seines winzigen Gehaltes und Ermunterungen zur Fortsetzung der begonnenen Bibliotheksreorganisation zu theil geworden waren. Aber die Zusagen erfüllten sich nicht so rasch, wie St. erwartet hatte. In demselben Jahre 1699 erschütterte ihn der Tod der geliebten Mutter derart, daß er wieder in schwere Krankheit verfiel. Dazu gesellten sich manche andere Nöthe. Die Professoren wollten sich nicht bloß den strafferen Zügel des neuen Bibliothekars nicht gefallen lassen, sondern sahen es auch sehr ungern, daß St. unter großem Zulauf der Studenten private Vorlesungen über deutsche Geschichte hielt. Besonders der Professor der Geschichte, G. Schubart, war ungehalten über das Beginnen des jungen Gelehrten, der sich noch keinerlei akademische Würden erworben hatte, und bereitete ihm allerhand Schwierigkeiten. Verdrießlich über diese unerquicklichen Zustände bat St. Anfang 1700 in entschiedenster Form um seine Entlassung, wenn ihm nicht gewisse Forderungen erfüllt würden. Es dauerte bei dem schwerfälligen Geschäftsgange, den die Vielheit der landesherrlichen Nutritoren der Universität mit sich brachte, bis ans Ende des Jahres, ehe eine Entscheidung [674] getroffen war. Man bewilligte ihm 10 Gulden Gehaltszulage, Freitisch im Convict für seinen Famulus und sicherte ihm eine außerordentliche Professur in der philosophischen Facultät zu. St. blieb und erwarb sich nun 1702 in Halle mit einer Abhandlung über das Bibliotheksrecht die akademischen Würden. War man auch in Jena darüber verschnupft, daß er dies auswärts gethan hatte, so konnte er sich doch nun mit seinen Vorlesungen frei bewegen und hatte die Aussicht vor sich, bei Gelegenheit in eine ordentliche Professur einzurücken. Hierdurch wuchsen ihm die Fittiche. Mit neuem Muthe ging er an die Bibliotheksarbeit sowohl wie an seine Vorlesungen und begann jetzt erst recht eigentlich zur Förderung der Wissenschaften eine litterarische Thätigkeit zu entwickeln, die ungewöhnlich fruchtbar war und bis ans Ende seines Lebens währte. Seine Hauptkraft wandte er fortab der Geschichte zu und daher lenkten sich, als 1704 durch G. Schubart’s Tod die ordentliche Professur für Geschichte erledigt worden war, die Blicke der maßgebenden Kreise auch auf St. Ein ernstlicher Nebenbuhler erstand ihm nur in dem jüngeren Heinrich Leonhard Schurtzfleisch[WS 2], der schon seit 1680 als ordentlicher Professor der Geschichte in Wittenberg wirkte. Aber Schurtzfleisch lehnte den Ruf nach Jena ab, und so ward St. im Herbst 1704 zu Schubarts Nachfolger ernannt, während Magister Reinhard die Bibliothekarstelle übernahm. Sein amtliches Wirken, bei dem ihm ein angenehmes Sprachorgan und eine gefällige Lehrweise sehr zu statten kamen, und seine rege schriftstellerische Thätigkeit verschafften ihm bald Ruhm und Ansehen. Im J. 1712 ehrte ihn die Universität durch Uebertragung des Prorectorats, die philosophische Facultät außerdem durch Ernennung zu ihrem Decan. Eben dieses Jahr brachte ihm einen ehrenvollen Ruf an die Universität Kiel, wo er die Professur des öffentlichen Lehen- und kanonischen Rechts bekommen sollte. Aber die Ernestinischen Herzöge erhielten ihn der Universität Jena durch eine Gehaltszulage, durch Uebertragung einer außerordentlichen juristischen Professur (neben seiner philosophischen) mit Anwartschaft auf ein Ordinariat und durch Verleihung des Prädicates „Rath und Historiograph des Ernestinischen Hauses“. Fünf Jahre später, 1717, ernannte ihn der Markgraf Georg Wilhelm von Brandenburg-Baireuth zu seinem Wirklichen Hofrath mit der einzigen Verpflichtung, jährlich zweimal für kurze Zeit nach Baireuth zu kommen, um dort einige Disputationen zu halten. Das in Aussicht gestellte Ordinariat in der juristischen Facultät erhielt St. 1730 durch Ernennung zum Professor des Staats- und Lehenrechts, wobei ihm gleichzeitig das Prädicat als Hofrath des Fürstlichen Gesammthauses Sachsen verliehen wurde. Seit 1736 war er Senior der philosophischen Facultät und Subsenior der ganzen Universität Jena. Ohne vorausgegangene Krankheit starb St. unvermuthet am 25. Mai 1738, einen Tag vor Vollendung seines 67. Lebensjahres. Er war dreimal verheirathet gewesen: zuerst mit Anna Elisabeth Bertram, einer Juristentochter aus Halle, die schon 1706 von seiner Seite gerissen wurde; dann mit Anna Elisabeth Stender aus Naumburg a. S., die ihn nach Jahren längerer Gemeinschaft abermals als Wittwer zurückließ; endlich 1723 mit Marie Sophie geborner Hansen, Wittwe des Quedlinburgischen Superintendenten E. Fr. Kettner, die ihn überlebte.
Schon oben ist darauf hingewiesen worden, daß St. eine ungewöhnlich fruchtbare litterarische Thätigkeit entfaltet hat. Die Zahl seiner selbständigen großen und kleinen Schriften, der fremden Werke, die er bearbeitet und herausgegeben, sowie der akademischen Dissertationen, deren Abfassung wohl er als Präses in der Hauptsache besorgt hat, beträgt in runder Summe 100, abgesehen von seinen zahlreichen Beiträgen zum 4. Theile des Allgemeinen historischen Lexikons des Buddäus. Es ist hier nicht der Ort, alle schriftstellerischen Leistungen Struve’s – er schrieb in deutscher, lateinischer und französischer Sprache – aufzuzählen, [675] nur einige charakteristische und hervorragende können erwähnt werden. An seine bibliothekarischen Beschäftigungen erinnert außer der oben angeführten Abhandlung über das Bibliotheksrecht eine „Einleitung zur Kenntniß der Litteratur“ (zuerst Jena 1704 und später mehrmals neu aufgelegt) und die Schrift „Historia et memorabilia bibliothecae Jenensis“ (Arnstadt 1705). Von den juristischen Schriften seien hervorgehoben „Syntagma juris publici“ (Jena 1711, neue Bearbeitung ebenda 1720), „Historia juris“ (Jena 1718) und besonders die „Bibliotheca juris selecta“ (Jena 1703), die bei Struve’s Lebzeiten in vier Auflagen erschien und nach seinem Tode noch mehrmals von Buder neu herausgegeben wurde. Einen mehr philologischen und litterarischen Charakter tragen die zweibändige „Bibliotheca antiqua“ (Jena 1705–6) und die ebenfalls in zwei Theilen veröffentlichten „Acta litteraria ex manuscriptis edita“ (Jena 1702 bis 1720). Struve’s litterarisches Hauptverdienst liegt aber in seinen historischen Arbeiten, durch die er an der Förderung der deutschen Geschichte wacker mitgearbeitet hat. Das Jahrhundert von 1650–1750, in das Struve’s Leben und Wirksamkeit fällt, charakterisirt sich auf dem Gebiete der deutschen Geschichtschreibung durch den Eifer, mit dem die Gelehrten die historischen Quellen sammelten. Auch St. wandelte auf diesen Bahnen, theils als Wiederherausgeber früherer Sammelwerke, theils als Begründer einer eignen Sammlung. Er besorgte die dritten Auflagen von zwei geschätzten Sammlungen, nämlich von M. Freher’s „Germanicarum rerum scriptores“ (Straßburg 1717–18) und von J. Pistorius’ „Rerum Germanicarum scriptores“ (Regensburg 1726–27). Mit seinem „Neu eröffneten historisch-politischen Archiv“ (5 Theile, Jena 1706 bis 1722) aber lieferte er eine neue auch jetzt noch immer brauchbare Sammlung kleinerer Geschichtsquellen und Arbeiten. Nicht minder verdienstlich war Struve’s „Selecta bibliotheca historica“ (Jena 1705, neu bearbeitet von Buder 1740 und von Meusel 1782). Was M. Freher vor ihm in geringerem Umfange versucht hatte, führte St. hier zum ersten Male in weitestem Rahmen durch, nämlich eine belehrende, kritische und wohlgeordnete Uebersicht des ungeheuren geschichtlichen Quellenmaterials, das sich seit Erfindung der Buchdruckerkunst allmählich aufgestapelt hatte. Endlich verdienen auch Struve’s Darstellungen der deutschen Geschichte erwähnt zu werden. Als Vorläufer erschien zuerst ein kleineres Handbuch unter dem Titel: „Syntagma historiae Germanicae a prima gentis origine ad annum usque 1716“ (Jena 1716), das auch von Zschackwitz ins Deutsche übersetzt wurde. Hieraus entwickelte sich im Laufe eines Jahrzehntes und mehr ein größeres und umfassenderes Lehrbuch in 2 Bänden: „Corpus historiae Germanicae a prima gentis origine ad annum usque 1730“ (Jena 1730; zweite Auflage besorgt und vermehrt von Buder, Jena 1753; dritte Auflage Dresden 1755). Im Jahre nach Erscheinen dieses Buches gab St. auch eine deutsche Bearbeitung davon heraus unter dem Titel: „Vollständige teutsche Reichshistorie“ (2 Bände, Jena 1732), nachdem er bereits 1724 eine „Einleitung zur teutschen Reichshistorie“ (2 Bände, Jena 1724) veröffentlicht hatte. Diese Lehrbücher, besonders das „Corpus“, erwarben sich bald große Beliebtheit, wurden weit verbreitet und viel gebraucht und haben das ihrige beigetragen zur Belebung und Hebung des Sinnes für vaterländische Geschichte. Die Darstellung ist verständlich und lesbar, die Form rein erzählend, ohne viele politische und psychologische Betrachtungen, der Stoff vollständig gegeben und nicht ungeschickt gruppirt. Von Irrthümern und falschen Auffassungen war St. natürlich nicht frei, und manche seiner Arbeiten mußten sich sehr scharfe Kritiken gefallen lassen, z. B. die „De doctis impostoribus“ (Jena 1703), aber er war für Belehrung nicht unzugänglich und hat bei neuen Auflagen oder sonst sich bietenden Gelegenheiten die Ausstellungen der Kritiker vielfältig berücksichtigt. [676] Als sächsischer Historiograph hat St. eine „Bibliotheca Saxonica“ (Halle 1736) und auch viele Specialarbeiten zur sächsisch-thüringischen Geschichte verfaßt, von denen manche bis auf die Gegenwart einen Werth behalten haben, z. B. die Dissertationen „De ruta Saxonica“ (Jena 1705) und „Historia pincernarum Varila-Tautenburgicorum“[WS 3] (Jena 1722, gewöhnlich unter dem Namen des Respondenten Friderici gehend). Vollständige Verzeichnisse von Struve’s Schriften finden sich an den hernach benannten Stellen bei Götte und Zedler.
- Götte, Das jetzt lebende gelehrte Europa II, 621–651. – Acten des Staatsarch. z. Weimar. – Zedler’s Univ.-Lex. XL, Sp. 1095–1108. – Joh. Günther, Lebensskizzen d. Professoren d. Univ. Jena. – Jöcher, Gel.-Lex. IV, Sp. 892. – F. X. Wegele, Gesch. d. dtschn. Historiographie.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Jakob Johann von Hastfer (1647-1695), schwedischer Feldmarschall und Generalgouverneur von Livland.
- ↑ Heinrich Leonhard Schurzfleisch (auch: Schurtzfleisch; 1664-1722), deutscher Jurist, Historiker und Bibliothekar.
- ↑ Vorlage: … princernarum …