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ADB:Schwartz, Karl

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Artikel „Schwartz, Karl“ von Friedrich Otto in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 212–214, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schwartz,_Karl&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 04:48 Uhr UTC)
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Schwartz: Karl S., Schulmann und Geschichtsforscher, geb. am 31. August 1809 zu Düsseldorf, † am 3. Juli 1885 zu Wiesbaden, Sohn des Steuerraths und Oberzollinspectors S., erhielt seine Gymnasialbildung zu Bonn und Köln und studirte darauf von Ostern 1827 an zu Bonn und Münster Philologie und Geschichte. Nachdem er fünf Jahre (1832–1837) an den Progymnasien zu Warburg und Rietberg als Lehrer gewirkt hatte, folgte er im Herbste 1837 [213] einem ehrenvollen Ruf an das kurhessische Gymnasium zu Fulda, dem er von da an fast 21 Jahre angehörte, zunächst als Lehrer der alten Sprachen und Geschichte; im J. 1846 wurde ihm daneben die Stellvertretung des erkrankten Directors Dr. Dronke und nach dessen Tode im J. 1850 die selbstständige Leitung des Gymnasiums übertragen; im J. 1849 wurde er zugleich von seinen Collegen zum Mitglied der Commission, welche zur Prüfung der von den Lehrercollegien zu einer Reform der Gymnasien eingereichten Vorschläge in Kassel zusammenkam, erwählt, sowie von dem Ministerium in die Schulcommission zur Berathung der organischen Einrichtungen der kurhessischen Gymnasien und zur Vornahme der zweiten Prüfung der Candidaten des höheren Schulamts berufen. Neben seiner amtlichen Thätigkeit fand er noch Zeit zu wissenschaftlichen Studien und litterarischen Arbeiten. Außer den zwei größeren Werken, dem längere Zeit vielgebrauchten „Handbuch für den biographischen Geschichtsunterricht“, 2 Theile 1842 und 1844, nachher öfter neu aufgelegt, und der „Auswahl mittelhochdeutscher Dichtungen für höhere Lehranstalten“ 1847 gehören diesen Jahren mehrere Monographien an, wie „Der Bruderkrieg der Söhne Ludwigs des Frommen“ 1843, „Konrad der Franke“ 1847, „Die Feldzüge von Robert Guiscard[WS 1] gegen das byzantinische Reich“ 1854, „Bemerkungen zu Eigils Nachrichten über die Gründung und Urgeschichte des Klosters Fulda“ 1856 und „Eigils Leben des h. Sturmius“ 1858. Außerdem war er thätiges Mitglied des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. Im J. 1858 erging an ihn die Aufforderung, die Leitung des herzoglich nassauischen Gymnasiums in Hadamar – mit dem Titel Oberschulrath – zu übernehmen, welcher er Folge leistete. Unter Anerkennung seiner gesegneten Wirksamkeit erhielt er am 4. Februar 1858 die erbetene Entlassung aus dem kurhessischen Staatsdienste, die philosophische Facultät der Universität Marburg aber ertheilte ihm am 2. December wegen seiner Verdienste um das hessische Schulwesen und wegen seiner vortrefflichen Leistungen auf dem Gebiete der deutschen Geschichte die philosophische Doctorwürde honoris causa. Auch in dem neuen Amte erwarb er sich bald die Anerkennung seines neuen Landesherrn und der Stadt Hadamar, welche ihm das Ehrenbürgerrecht verlieh. Nach vier Jahren (Herbst 1862) wurde er zum Director des herzoglichen Gymnasiums zu Wiesbaden ernannt, versah auch zeitweilig die Geschäfte eines Referenten über das gesammte höhere Schulwesen des Herzogthums bei der Landesregierung; nach dem Jahre 1866 fiel ihm die Aufgabe zu, die Anstalt, welcher er vorstand, nach Maßgabe der in Preußen bestehenden Schulverordnungen in neue Bahnen zu lenken. Im Herbste 1874 erhielt er die erbetene Entlassung unter Anerkennung seiner treuen Dienste und Verleihung des Rothen Adlerordens 3. Classe. Noch elf Jahre war es ihm vergönnt, in ungeschwächter Gesundheit seinen Lieblingsstudien zu leben. Es war namentlich der biographische Theil der Geschichtsforschung, welcher ihn besonders anzog und bis zu seinem Ende beschäftigte; dunkle Punkte in dem Leben bedeutender Personen aufzuhellen, entlegene Nachrichten aufzusuchen und zu einem abgerundeten Bilde zusammenzustellen, insbesondere auch mündliche Nachrichten zu sammeln, wurde er bis zu seinem Ende nicht müde; die Darstellung selbst leidet, da er das Gefundene auch ganz verwerthen wollte, manchmal wohl an einer gewissen Breite. Wollen wir die bedeutenderen Arbeiten aus seiner nassauischen Zeit namhaft machen, so erwähnen wir zuerst die kürzeren Aufsätze: „Feldzug Rudolfs von Habsburg gegen Ottokar von Böhmen“ 1859 und die Rede, welche er bei Gelegenheit des 25jährigen Regierungsjubiläums des Herzogs Adolf[WS 2] hielt, 1865; ferner die kleinen Mittheilungen im neunten Bande der Annalen des Vereins für nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung, dessen Director er damals war, 1868, sowie die kürzeren Biographien in diesem Werke (die beiden v. Kruse[WS 3]) und in [214] der allgemeinen Encyklopädie von Ersch und Gruber (Buchstabe K u. L: mehrere nassauische Fürsten[WS 4], Karl August, Karl Christian, Karl Wilhelm und Karl Ludwig, und einige andere). Einen größeren Umfang haben folgende Schriften: „Beiträge zur Geschichte des nassauischen Alterthumsvereins und biographische Nachrichten über dessen Gründer und Förderer“, Bd. XI der Annalen 1871. Außer vier ausführlicheren Biographien (von Luja[WS 5], den beiden Habel[WS 6] und v. Gerning[WS 7]) werden hier die litterarischen Bestrebungen und Forschungen von Bodmann, Kindlinger u. a. behandelt, so daß das Buch eine wahre Fundgrube biographischen Materials ist. Das Jahr 1872 brachte die Schrift über Albertine v. Grün[WS 8] und ihre Freunde, gleichfalls ausgestattet mit Lebensnachrichten über viele Personen aus diesem Kreise. Wie diese Mittheilungen meist auf ungedrucktem Material und mündlichen Ueberlieferungen beruhten, so noch in viel höherem Grade die folgenden: „Lebensnachrichten über den Regierungspräsidenten v. Ibell“, in Bd. XIV der Annalen 1875; „Leben des Generals K. v. Clausewitz und der Frau Marie v. Clausewitz[WS 9], geb. Gräfin v. Brühl, mit Briefen, Aufsätzen, Tagebüchern und anderen Schriftstücken“, 2 Bde. 1878; „Landgraf Friedrich V v. Hessen-Homburg[WS 10] und seine Familie aus Archivalien und Familienpapieren“, 3 Bde. 1878; „Geschichte der Familie v. Günderode“, in der Allgemeinen Encyklopädie I. Bd. 97; einen Hauptabschnitt nimmt hier das Leben der Karoline v. G. ein; „Lebensnachrichten über Jean Pauls Freund und Geistesverwandten Paul Emil Thieriot [WS 11]“, in den Annalen Bd. 18. 1883. In seinem Nachlasse fand sich eine auf zwei Bände berechnete, vollständig ausgearbeitete Biographie von K. H. G. v. Meusebach, welche später in umgearbeiteter und verkürzter Form in den Annalen des nassauischen Vereins, Bd. 21 und 22, veröffentlicht wurde. Die letzte Arbeit, welche er kurz vor seinem Tode vollendete, war die Erläuterung eines Briefes der „Mutter Voß“[WS 12] an Walpurga v. Holzing[WS 13] bei ihrer Vermählung mit Justus Tiedemann[WS 14], abgedruckt in dem Archiv für Litteraturgeschichte[WS 15] von Schnorr v. Carolsfeld. Nachdem er im Herbste 1884 seine treue Lebensgefährtin verloren hatte, raffte ihn im Sommer 1885 eine kurze Krankheit hinweg.

Ein jüngerer Bruder von K. Schwartz war der verdiente preußische Generallieutenant August von Schwartz, geb. 1811, † am 22. Nov. 1883 zu Wiesbaden. Im J. 1831 zum Secondelieutenant in der damaligen 7. Artillerie-Brigade ernannt, commandirte er im J. 1866 als Generalmajor (seit 1864) die Reserve-Artillerie der ersten Armee, wurde nach dem Kriege zum Inspecteur der zweiten Artillerie-Inspection ernannt und zum Generallieutenant befördert; in dem Feldzuge von 1870 hatte er das Commando über die Artillerie vor Metz und wurde nach dem Kriege auf sein Ansuchen zur Disposition gestellt; in Anerkennung seiner Verdienste adelte ihn der Kaiser Wilhelm bei dieser Gelegenheit. Seine letzten Jahre verlebte er in Wiesbaden.

Nekrolog in den Annalen des Vereins für nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung, Bd. XIX.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Robert Guiscard (ca. 1015–1085), normannischer Herrscher, Herzog von Apulien und Kalabrien.
  2. Adolph Wilhelm Carl August Friedrich von Nassau-Weilburg (1817–1905); von 1839 bis 1866 Herzog von Nassau und von 1890 bis zu seinem Tod als Adolph Großherzog von Luxemburg.
  3. Kruse August Freiherr von und Kruse, Karl Friedrich Freiherr von
  4. Band 33 ab Seite 290.
  5. Johann Christian Reinhard Luja (1767–1847), deutscher evangelischer Pfarrer und Heimatforscher.
  6. Christian Friedrich Habel (1747–1814), nassauischer Hofkammerrat, Mineraloge, Altertumsforscher in Wiesbaden und Gutsbesitzer – und dessen Sohn Friedrich Gustav Habel (1792–1867); deutscher Privatgelehrter der u. a. als Archivar, Burgenforscher und (als Autodidakt) als Provinzialrömischer Archäologe tätig war.
  7. Johann Isaak von Gerning (1767–1837) deutscher Schriftsteller, Sammler und Diplomat. Seine und die väterlichen Sammlungen bildeten den Grundstock der Nassauischen Museen in Wiesbaden.
  8. Albertine von Grün (1749–1792); talentierte, gefühlsbetonte Schreiberin der Sturm und Drang-Zeit.
  9. Marie Sophie von Clausewitz (geb. Gräfin Marie Sophie von Brühl) (1779–1836); Ehefrau des preußischen Generals und Militärtheoretikers Carl von Clausewitz.
  10. Friedrich V. Ludwig Wilhelm Christian (1748–1820); von 1751 bis zu seinem Tode Landgraf von Hessen-Homburg.
  11. Paul Emil Thieriot (1780–1831), Philosoph, Violinist, Philologe.
  12. Vorlage: Von, Ernestine Voß (geb. Marie Christine Ernestine Boie) (1756–1834), Ehefrau von Johann Heinrich Voß.
  13. Walburga Francisca Therese von Holzing (1799–1833), Tochter des karlsruher Hof- und Regierungsrates Johann Baptist von Holzing († 1803)
  14. Justus Tiedemann (1784–1858), Kaufmann und dann Aeltermann in Bremen.
  15. 1885, Seite 351 ff.