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ADB:Kobell, Wilhelm von

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Artikel „Kobell, Wilhelm von“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 357–359, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kobell,_Wilhelm_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:14 Uhr UTC)
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Kobell: Wilhelm v. K., Maler und Radirer, geb. am 6. April 1766 zu Mannheim, † am 10. Juni 1855 zu München. Zweiter Sohn des Ferdinand, älterer Bruder des Aegid und Neffe des Franz K. (s. diese). Des Vaters Beruf und angeborenes Talent erweckten bei K. schon frühzeitig den Wunsch Maler zu werden. Er besuchte unter Anleitung seines Vaters die Mannheimer Akademie und studirte dort wie in Düsseldorf die alten Meister, namentlich die Niederländer des 17. Jahrhunderts. Unter diesen sprach ihn besonders Wouvermann an, nach dem er sich bildete und den er theils copirte, theils frei nachahmte, ohne jedoch dadurch an seiner Eigenart Schaden zu leiden. 1778 ging er mit kurfürstlicher Unterstützung nach Rom, arbeitete dort in einer Privatakademie und kam mit dem Zeugnisse der Reife in die Heimath, wo ihn Karl Theodor zum Cabinetsmaler ernannte. Als sein Vater Ferdinand 1793 den Mannheimer Aufenthalt mit München vertauschte, folgte ihm K. dorthin, und nahm gleichfalls München zu seinem ständigen Wohnsitz. Anfänglich wählte K. Landschaften, ländliche Scenen und Thierstücke zu Vorwürfen; allein bald versuchte er sich auch im Schlachtenfache. Die damalige kriegerische Zeit bot reichlichen Stoff, und da seine Leistungen ansprachen, fehlte es nicht an Aufträgen. Die ersten Schlachtenbilder, welche aus Kobell’s Werkstätte hervorgingen, waren 6 große Tafeln, die er für den französischen Marschall Berthier, Prinzen von Neufchatel fertigte. Unter diesen befanden sich die Einnahme von Ulm, jene von Braunau, das Treffen bei Günzburg, der Einzug der bairisch-französischen Truppen in München am 12. Octbr. 1805. Er stellte drei derselben im Januar 1807 zu München öffentlich aus, und erntete vielen Beifall. Hierdurch aufgemuntert, malte er eine Reihe von Bildern, welche die Verherrlichung der baierischen Waffen in den Kriegsjahren 1805–15 bezwecken. 1808 malte er für König Max I. den dritten Tag der Schlacht bei Hanau (31. Octbr. 1813), an dem sich die baierische Armee unter Wrede’s Führung hervorthat. Wrede, der an diesem Tage verwundet wurde, befindet sich in der Mitte des Bildes aus dem Generalstabe hervorreitend (Neue Pinakothek Nr. 30). 1809 und 1810 reiste K. nach Wien und Paris um genauere Studien für seine Schlachtenbilder zu machen, und fertigte im Auftrage des Kronprinzen Ludwig 1809 3 Gemälde: die Schlachten bei Abensberg, Landshut und Eckmühl darstellend. Ferner sind von seiner Hand: „Die Belagerung von Kosel“ (1806), „Die Erstürmung von Glatz“ (1807), „Der von Baiern zurückgeschlagene russische Angriff bei Poplawi“ (1807), „Das Treffen bei Bar sur Aube“ (1814). Leider hat das erste dieser Bilder, welche in der Schleißheimer Gallerie ausgestellt sind, fast bis zur Unkenntlichkeit nachgedunkelt. Eine größere Bestellung von Schlachtenbildern für den Herzog Eugen von Leuchtenberg wurde durch den frühen Tod dieses Prinzen rückgängig. Als weitere kriegerische Darstellungen Kobell’s sind noch zu erwähnen: „Das Treffen bei Polozk“ (1812), „Die Belagerung von Breslau“, „Die Uebergabe von Brieg in Schlesien“, dann die Wandgemälde, womit er neben Heß, Heydeck und Monten den Bankettsaal im Königsbaue der Münchener Residenz geschmückt hat. K. hat auf seinen Schlachtenbildern zahlreiche Porträts berühmter Personen angebracht, wodurch dieselben noch ein besonderes Interesse gewinnen; auch malte er fleißig Landschaften und Thierstücke, welche in seiner Blüthezeit eifrig gesucht wurden, und von denen eine stattliche Zahl öffentliche Sammlungen ziert, so die fürstlich heching’sche Gallerie in Schlesien: „Aufbruch zur Jagd“, ein vorzügliches Bild, welches zu den besten des Meisters zählt; – Bamberg: Felslandschaft mit Wasserfall und Staffage im Vordergrunde; Weimar: „Jagdzug von Cavalieren an einem bairischen See“; – Schleißheim (frühere Münchener Staatssammlung): „Fuhrmann im Gespräche mit einer Bäuerin“; „Herr und Dame einen Kahn besteigend“; „Zwei [358] galopirende Reiter“; – Innsbruck (Ferdinandeum): „Landschaft mit Staffage“; – Darmstadt: „Gebirgslandschaft mit Thiergruppe“; „Kleines Pferdestück“; – Frankfurt a. M. (Städel’sches Institut): „Herde, vorn ein Hirtenknabe“. – K. gehört mit Wagenbauer, Dillis und Dorner zu den Altmeistern und Chorführern der Münchener Landschaftsschule. Seine correct gezeichneten Landschaften sind mit vieler Sorgfalt und Wärme behandelt, dagegen haben seine Schlachtenbilder bisweilen etwas akademisches und gelangen nur selten zu jener lebensvollen Unmittelbarkeit, die uns bei neueren Meistern, bei Adam, Bleibtreu, Camphausen u. A. fesselt. Wie in der Wahl der Stoffe, so entwickelte K. auch in der künstlerischen Darstellung eine große Vielseitigkeit. Er malte in Oel und Aquarell, er handhabte den Stichel wie die Nadel, er lieferte Handzeichnungen und Aquatinta-Blätter. Namentlich durch diese letzteren – (Radirungen in getuschter Manier), in denen er berühmte Gemälde namhafter Niederländer reproducirte, hat er seinen Ruf als Stecher begründet, da er die großen technischen Schwierigkeiten der Herstellung in vollendeter Weise zu überwinden und überdieß den eigenthümlichen Charakter jedes Meisters ganz getreu wieder zu geben verstand. Kobell’s Werk umfaßt 60 Aquatinta-Blätter und 64 Radirungen (darunter 53 Originalien); leicht und fein gearbeitet haben letztere meist ländliche Scenen mit und ohne Staffage zum Gegenstand. Zu diesen gehören auch 7 sehr niedliche Blätter „Ansichten um München“ und „Das Pferderennen auf der Theresienwiese“ (1810), eines der Hauptblätter des Künstlers, das mit großer Sorgfalt ausgeführt ist. Die Aquatinta-Blätter bestehen in treuen Wiedergaben nach Gemälden von Wouvermann, Roos, Bergham, Wynants und andern holländischen Meistern. Dr. Andresen hat in seinem Werke „Die deutschen Maler-Radirer“, Bd. I, S. 118–161 sämmtliche Blätter (164) sehr genau und eingehend beschrieben. – Unserm Meister war ein ruhiges, glückliches Leben beschieden; für seine Leistungen sind ihm mehrfach äußere Anerkennung und Auszeichnung zu Theil geworden. So übersandte ihm die Berliner Kunstakademie am 20. Octbr. 1791 das Aufnahmediplom; 1808 ernannte ihn die Wiener Akademie zu ihrem Ehrenmitgliede; unterm 13. April desselben Jahres wurde er Professor für Landschaftsmalerei an der Münchener Akademie; 1815 erhielt er das hochgeschätzte Ritterkreuz des bairischen Civilverdienstordens und am 3. October 1833 wurde er von dem ihm besonders geneigten Monarchen, Ludwig I., in den erblichen Adelstand Baierns erhoben. K., ein hagerer, hochgewachsener Mann mit blassem, freundlichen Gesicht, erreichte bei ungetrübter geistiger und körperlicher Gesundheit das hohe Alter von 87 Jahren und 3 Monaten. Trotzdem ruhten in den letzten Lebensjahren Palette und Grabstichel, wol in der richtigen Erkenntniß, daß ihm doch die Vollkraft zu künstlerischem Schaffen mangele. In diesen letzteren Jahren verließ er auch selten seine an der Neuhauser-Straße gelegene Wohnung (nun Cafè Probst Nr. 45), doch empfing er gerne von Bekannten und befreundeten Künstlern Besuche, womit ihn auch König Ludwig I. wiederholt beehrte. Seine Lieblingsbeschäftigung bestand damals in Colorirung kleiner Bildchen, wie z. B. „Die tränkende Heerde“, „Der Fischer zu 3 verschiedenen Tageszeiten“ u. A., welche er zu diesem Zwecke besonders fertigte. Es ist geradezu staunenswerth, daß der fast 90jährige Greis das scharfe Auge und die sichere Hand besaß, um so winzige Blätter mit solcher Klarheit und Feinheit in Farbe zu setzen. In früherer Zeit zählte Napoleon Neureuther zu Kobell’s Schülern, der später unter Cornelius arbeitete, und in den bekannten „Dichter-Illustrationen“ eine bisher nicht gepflegte Kunstrichtung anbahnte. – Kobell’s jüngerer Sohn, Sebastian v. K., war Generalsecretär des baierischen Staatsraths und versah diesen Posten 40 Jahre mit voller Hingebung.

[359] Andresen a. a. O. – Münchner Kunstvereins-Bericht, Jahrg. 1855. S. 48. Jahrg. 1856. S. 53. – Söltl, Die bildende Kunst in Bayern. – Nagler, Bd. 7, S. 100. – Huber und Rost, Handbuch für Kunstliebhaber, Bd. II, S. 250. – Meusel, Mus. für Künstler etc., St. 15. S. 120 bis 125. – Mannlich, Verzeichniß der Münchner-Gemälde-Sammlung, Bd. I, S. 237. Bd. II, Nr. 289. 296. 368.