Unbekannt: Kunstausstellung in Dresden | |
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In Herrn Oldendorp’s Nachtstücken ist die Kunst, welche mit einem schweren und undankbaren Sujet ringt, eine interessante Erscheinung. Die Phantasie dieses denkenden und fleißigen Künstlers hat sich in die furchtbaren Prachtscenen eines zerstörenden Elements versenkt. Sein größeres Werk, der Brand von Magdeburg, als es Tilly eroberte, vereinigt historische Treue mit künstlerischer Komposition. Die Domkirche ragt vor allen Gebäuden hervor. Das Feuer flammt hier und da auf, und erleuchtet die entfernteren Straßen. Der Vordergrund, wo Tilly mit den Seinigen in die Stadt rücken will, ist dunkel, beinahe schwarz gehalten, wodurch der klare Ton des Hintergrundes vortheilhaft gehoben wird. Die Ansicht der Stadt in nach der Natur gezeichnet. In den zwei andern nächtlichen Feuersbrünsten vermißte man weniger die Kunst der Zeichnung, der Farbengebung und des Helldunkels, als die leitende Idee in der Anordnung, ohne die das Ganze nicht Einheit haben kann. Es fehlte ihnen daher der höhere poetische Charakter; sie waren – wie die meisten Landschaften – Copieen zufälliger Ansichten. Ihr Höllen-Breughel in Berlin könnte diesem Künstler, wenn er sich mehr in größern Kompositionen aus der Menschenwelt versuchte, als Muster dienen; wobei das Studium des Dante den Styl veredeln würde.
Ich führe Sie jetzt zu einer gefälligen Landschaft, zu dem Projekte vom Königstuhl und den Kreidefelsen der Stubbenkammer auf Rügen. Die Brandung des Meeres schlägt nur schwach an den Felsen; und dies macht einen guten Effekt. Herr Friedrich hat diese Ansicht nach der Natur gezeichnet und mit Sepia getuscht. Ein schönes Blatt! Es erklärt Kosegartens Schwärmerei und die poetische Gluth in Nernsts Wanderungen. Doch konnte ich in der Zeichnung den Standpunkt nicht finden, den wo aus die Ansicht genommen war.
Eine Wildschweinsjagd, in Oehl, vom Herrn Lieutnant von Watzdorff, war ein sehr gelungenes Werk. Herr von Watzdorf hat ein seltnes Talent in der Thiermahlerei.
Ein Moucheron, von Herrn Stamm copirt, war eine fleißige und schon colorirte Zeichnung. Ueberhaupt gab es von Copieen eine beträchtliche Menge. Die Meißner Zeichenschule hatte sich dieses Jahr mehr, als sonst, hervorgethan.
Ich will Ihnen nur die bedeutendsten Copieen nennen. Fleiß und freie Behandlung zeichneten die Sibylla Persica und die Geißelung des heiligen Gregor’s, vom Professor Seydelmann, aus. Beide waren brav gezeichnet und mit Sepia getuscht: jene nach Guercino; diese nach Domenichino. Er hatte der Sepia in den diesjährigen Stücken einen wärmeren Ton zu geben gewußt, wodurch sie an Lebendigkeit vor seinen, übrigens trefflich gezeichneten, sonstigen Werken gewannen.
Unbekannt: Kunstausstellung in Dresden. Sanders Buchhandlung, Berlin 1803, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunstausstellung_in_Dresden.djvu/9&oldid=- (Version vom 11.1.2025)