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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/68

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zweiten Termin (21. März) erschienen; die dazu kamen, brachten allerhand Ausreden. Unter dem 3. Mai 1693 wiederholte die Innung ihr dringliches Ansuchen beim Rat: „sie selbst müßten mit den armen Ihrigen schon ziemlich crepieren“. Der Rat erließ am 27. Mai ein neues Patent; bei M. „Dielingers“ und seiner Brüder Namen ist diesmal hinzugefügt: „Diesen haben die Goldschmiede dieses Patent nicht wollen insinuieren lassen“. Dinglinger hatte also mittlerweile die Absicht ausgesprochen, in die Innung zu treten und eines Meisters Tochter zu heiraten. Seine Brüder sind nicht beigetreten, aber auch nicht weiter behelligt worden. Sie galten als bei ihm arbeitend, wie es ja auch der Fall war. Vor Trinitatis (17. Mai) 1693 hat Dinglinger 12 Taler für die Mutzeit gezahlt, vor dem Quartal Crucis (14. September) – also schneller als üblich – desselben Jahres 12 Taler für Besichtigung des Meisterstückes. Daraufhin wurde er gegen Zahlung von 15 Talern (statt 30) „weil er eine Goldschmieds-Tochter heiratet“, von 20 Talern für das Meisteressen, von 2 Talern Beitrag zum Korn[1] und Leichentuch Meister und bald darauf Bürger der Stadt. In der Zeit von 1693–1697 wird sein Name im Innungsbuch andauernd verschieden, aber immer falsch geschrieben: Dielinger, Dillinger, Tillinger, Dimling, Dinlinger. Erst seit 1697 begegnet man regelmäßig der üblich gewordenen Schreibweise: Dinglinger[2]. Sein Eintritt erfolgte zu einer Zeit, da es dem Kunsthandwerker trotz seiner Klagen recht gut ging. 1692 wird im Innungsinventar zum ersten Mal ein silbernes Innungssiegel aufgeführt. 1695 wurde das Meisterstück des auf Dinglinger folgenden neuen Meisters Michael Ayrer für mehr als 100 Taler angekauft: Es war „1 güldenes Uhr-Gehäuse, wiegt 10 Kronen, zu welchen 1½ Karat Diamanten sein“. 1713 schloß man einen neuen Kauf ab: „Und dieweil schon vor geraumer Zeit von unsrer Innung beschlossen worden, vor dieselbe ein sauberes silbernes Kruzifix anzuschaffen, sich auch endlich eins gefunden, als hat man solches in Gottes Namen behandelt und bezahlet mit 100 Talern 20 Groschen“. Es war von 13lötigem Silber gefertigt und wog 6 Mark 9 Lot.

Von dem Meisterstück Dinglingers ist nichts bekannt. Nach dem 5. Innungsartikel hätte das Hauptstück ein Akeleibecher sein müssen. Es ist aber wohl anzunehmen, daß infolge veränderten Geschmackes ein anderes Gerät von ihm aufgewiesen worden ist. Hat doch auch der nächste Meister, wie oben erwähnt, ein Uhrgehäuse mit Diamanten besetzt angefertigt. Nach einer Notiz in den Gold- und Silberkäufen des Hofes 1679 kam ein solches Gehäuse auf 130 Taler zu stehen. Es wird lange als im Besitz der Innung in den Inventarien geführt; 1787 erscheint es nicht mehr, ist also wahrscheinlich in bedrängter Zeit verkauft worden.

In den Innungsbestimmungen war, wie 1749[3] ausdrücklich angegeben wird, Verschiedenes anders eingerichtet worden. In Berlin hatte 1735 das General-Privilegium Friedrich Wilhelms I. ausdrücklich kostbare Meisterstücke verboten, dafür solche, „so Kaufmannsgut seien und wozu sich Abnehmer fänden“ z. B. Teekessel mit einer Lampe, Terrinen, Kaffee- oder Teekannen[4] anempfohlen. In Nürnberg hat zum ersten Male 1758 einer ein „selbstbeliebiges“ Meisterstück gemacht[5]. In Dresden läßt sich die völlige Freiheit in der Wahl des Hauptgegenstandes nach den Akten erst im 19. Jahrhundert verfolgen[6]. Hier werden Armbänder, Broschen, Pokale, Kannen, Stirnbänder genannt. Allerdings gab es in dieser Zeit eine theoretische Prüfung im Zeichnen, in Edelsteinkunde, in Chemie und in Berechnung von Legierungen[7].

Hatte man „bei Herrn Tillingers aufzuweisenden Meisterstück“ für 7 Taler 18 Groschen Wein getrunken, so ist, als er Meister geworden war, gewiß fröhlich gespeist worden. Das silberne Geräte, das die Innung in jener Zeit hatte, war weder an Zahl noch an Gewicht reich. Erst 1722 hat man es auf Anraten der Innungsverwandten ändern und „ummachen“ lassen. Es waren dies 4 Potagelöffel, 4 Messer- und 4 Gabelhefte (oder Hauben) gewogen 4 Mark 15 Lot, die Mark zu 10 Talern 16 Groschen (= 53 Taler alles). Auch der Schatz an Zinn war nicht reich und ums Jahr 1722 so veraltet, daß man ihn, „von den Herrn Assessoribus (d. i. den Ratsdeputierten) vorlängst schon


  1. Der ständige Vorrat der Mitglieder an Getreide für den Fall einer Teuerung oder einer Belagerung.
  2. Als die Goldschmiedeinnung am 14. Nov. 1856 ihr 300jähriges Bestehen feierte – die erste Innungsordnung von 1542 war ihr anscheinend unbekannt geblieben – pries nach den Dresdner Nachrichten 1856 Nr. 51 der Obermeister Juwelier Schönherr die einst berühmten Innungsgenossen Gebrüder „Dillinger“. In einem Tafelliede verherrlichte der damals beliebte „Festdichter“ Eduard Gottwald die unter den Augusten glänzenden Goldschmiede „Döllinger“. – H. Meyer, die Straßburger Goldschmiedezunft bis 1681, Leipzig 1882, spricht S. 185 von der Glanzzeit deutscher Städte im sechzehnten Jahrhundert, da in Dresden ein Dingler blühte!
  3. R. A. Goldschmiede 36. Innungsartikel, Änderungen betreffend. – Genauere Angaben fehlen.
  4. Sarre a. a. O. S. 19, 178, 196. – Das 17. Jahrhundert war die Zeit der Becher und Humpen gewesen, aus denen Massen Weins genossen wurden; das 18. Jahrhundert zeigt die Neigung zu feinerer Geselligkeit: Kanne und Tasse, Kaffee und Tee treten in den Vordergrund.
  5. Stockbauer. Beilage zur bayerischen Gewerbezeitung 1893. S. 16.
  6. Innungsprotokolle 1832–1862. Meisterprüfungen. – Im Besitze des Herrn Goldschmied Gustav Hartmann hier.
  7. R. A. Goldschmiede 145b, unter dem 4. August.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/68&oldid=- (Version vom 4.3.2025)