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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/65

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Geschäft fortzuführen. Er begab sich vielmehr nach Dresden, wo er zu Johannis 1664 eintraf. Er trat bei Herrn Matthäus Arnold, dem Hofjuwelier und Goldarbeiter der 1656 verwitweten Kurfürstin Magdalene Sibylle, in Arbeit. Diese hatte am 25. September 1656 den aus Pirna gebürtigen und „sonst im Polischen Lißen“ (Lissa?) wohnhaften Goldschmied zu ihrem Goldarbeiter angenommen. Er war dabei verpflichtet worden[1], „was wir ihme an Gold und Edelsteinen anvertrauen, bestelltermaßen zu verfertigen, ohne jeden Abgang, Auswechselung der Steine, der Wage nach, wie es ihm geliefert, wieder auszuantworten“.

Nachdem Rachel ein reichliches Jahr bei Matthäus Arnold gearbeitet hatte, starb dieser. (30. Nov. 1665.) Der Witwe war gestattet, das Handwerk weiter zu treiben; Rachel stand ihrem Laden („sonder Ruhm zu gedenken“) treulich vor. Er wurde unter dem 6. Oktober 1666 vom Kurfürsten Johann Georg II. „bei unseres freundlichen geliebten Herrn Sohns, des Churprinzens, Hofstatt als dero Hof-Goldschmied in unsere Dienste angenommen und bestallet“[2].

Eine solche Ernennung hob den betreffenden Handwerker aus der Reihe der Berufsgenossen heraus, brachte ihm manche Erleichterung, gliederte ihn aber in die Reihe der Hofbediensteten ein. Seine Verpflichtung war eine ganz besonders umständliche: „Daß Uns er getreu, hold und dienstgewärtig sein, Unsere Ehre, Nutz und Wohlfahrt fördern, Schimpf, Schaden und Nachteil aber warnen, wenden und vorkommen, insonderheit aber schuldig sein soll, alle und jede Hof-Gold-Arbeit umb ein billig Lohn, wessen man sich mit ihme vergleichen wird, tüchtig und beständig zu verfertigen und mit allem, was ihm unter Hand gegeben wird, allerdings getreulich und ohne einige Vervorteilung umbgehen, auch sonsten alles andere tun, was einem getreuen Diener gegen seinen Herrn und Landesfürsten eignet und gebühret; welches er also versprochen und zugesagt, darüber einen leiblichen Eid geschworen und deßwegen einen schriftlichen Revers von sich gestellet hat. Hingegen und anstatt der Besoldung soll er befugt sein, gleich anderen Stadt-Goldschmieden (jedoch ohne Fertigung des Meisterstückes) jedermänniglichen zu arbeiten, Gesellen zu fördern und Jungen zu lernen und do ihme von Jemanden hierinnen Einhalt und Hinderung geschehen sollte, wollen wir ihn auf sein unterthänigstes Anmelden in Schutz nehmen“.

Wahrscheinlich ist er sehr bald in die Innung eingetreten. Mit Einwilligung beider Frauen Mütter vermählte er sich am 26. November 1667 mit der Witwe des Matthäus Arnold, Frau Marie Elisabeth, geb. von der Perre[3]. In 30jähriger Ehe lebte er glücklich mit ihr, die ihm 9 Kinder, 4 Söhne und 5 Töchter, schenkte. Bei seinem Tode waren sein ältester Sohn Moritz, wie auch sein Schwiegersohn Johann Melchior Dinglinger Goldarbeiter „bei Ihrer Königl. Majestät in Polen“, ein zweiter Sohn Christian lebte als Goldarbeiter in Holland, ein dritter, Heinrich, als Handelsbedienter in Augsburg[4]; nur der vierte, Johann Friedrich, auch ein Goldarbeiter, konnte ihm das Geleite geben. Zwei Töchter, Maria Elisabeth und Anna Dorothea, waren mit Goldschmieden verheiratet; jene mit Gottfried Döring, den Erbstein (Grünes Gewölbe S. 34) einen hervorragenden Meister und daher Mitarbeiter Dinglingers nennt; diese mit Dinglinger selbst. Zwei andere Töchter, Marie Magdalene und Johanna Sophie hatten „fürnehme“ Handelsleute, Samuel Rudolph Kranichfeld und Carl Andreas Heyße, zu Männern[5]; die fünfte Tochter Catharina Hedwig war noch ledig. Das ihr zugehörige Heft mit dem Bilde des Vaters, mit der Leichenpredigt usw., worein sie ihren Namen geschrieben, ist als einzigstes übrig geblieben. Da nun auch Moritz Rachels Mutter und Bruder, sowie eine Schwester mit nach Sachsen gezogen waren, erscheint er als Haupt und als Mittelpunkt einer großen Familie, in der mit ihm noch 4 Männer das Goldschmiedehandwerk betrieben.

Sein Ansehen in Dresden ist seinerzeit mehr und mehr gewachsen. Dafür spricht auch, daß im Jahre 1679 M. Salomon Liscov, kaiserl. Poet und Pfarrer zu Wurzen, ein Buß-, Beicht- und Kommunion-Büchlein, „Bittere Thränen und Süße Trost-Quelle“ betitelt, ihm und seiner Gattin gewidmet hat[6]. Liscov, der als junger Mensch die Kreuzschule besucht und vielleicht in Rachels Hause verkehrt hatte, mag in dieser Widmung seinen Dank für ihm erwiesene Güte ausgesprochen haben. Er ist nachmals als Dichter des Kirchenliedes „Schatz über alle Schätze“ nicht unbekannt geblieben.

Der Wohlstand Moritz Rachels muß auch mehr und mehr gewachsen sein, denn 1676 kaufte er von der Witwe Friedrich Severin Berlichs auf der damaligen Schloßgasse das jetzt der Familie Guthmann


  1. H. St. A. Bestallungen 1663–1667 zu Bl. 110.
  2. H. St. A. a. a. O. Bl. 110.
  3. Die Form van Peer, Bärin erscheint auch.
  4. Vor und nach 1700 hat eine Firma Rachel u. Hentschel aus Augsburg viel Silberzeug an den sächsischen Hof geliefert. ô Byrn a. a. O.
  5. Beide im Innungsbuche der Dresdner Kaufmannschaft (Archiv der Handelsinnung) unter dem 5. Dez. 1690 und dem 14. März 1695 als Mitglieder eingetragen.
  6. In Familienbesitz.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/65&oldid=- (Version vom 27.2.2025)