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Seite:Dresdner Geschichtsblätter Vierter Band.pdf/64

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1626 Heinrich Peißker; 1633 Abraham Schwedler; 1643 Paul Zincke[1].

Als nach dem Ende des 30jährigen Krieges lange Jahre Friede im Lande herrschte und die Kurfürsten sich die Vermehrung ihrer Kunst- und ihrer Silberkammer angelegen sein ließen, folgte eine zweite Glanzzeit für die Dresdner Goldschmiede. Johann Georg II. sorgte dafür, daß stets ein bedeutender Vorrat von kostbaren Gold-, Silber- und Juwelierarbeiten vorhanden war, aus dem er den Mitgliedern des Kurfürstlichen Hauses, ausgezeichneten Dienern, vornehmen Gästen usw. reichlich schenkte[2]. Johann Georg III. führte den neuen, aus Frankreich stammenden Geschmack in Ziersachen ein; auf seinen ältesten Sohn Johann Georg IV., der in der kurzen Zeit seiner Regierung viel anschaffte, folgten August der Starke und August III. Damit kam für die Dresdner Goldschmiede die glanzvollste Zeit.

1573 hatte es 19 Meister gegeben, 1607 21; 1676 39; 1697 59; 1727 waren es 92; 1756 123; 1760 105; für die späteren Jahre fehlen die Angaben; aber aus einem gesonderten Rezeptionsbuche geht hervor, daß nach 1768 nur ganz wenig neue Meister eintraten[3].

Es geht hieraus deutlich hervor, daß der fürstliche Absolutismus die Wunden, die der 30jährige Krieg allenthalben geschlagen hatte, für dieses dem feineren Lebensgenusse dienende Handwerk bald wieder heilte, daß dagegen der siebenjährige Krieg und die ganz andere Art, in der die Fürsten des aufgeklärten Zeitalters die Regierung handhabten, dem Entwickeln des Luxusgewerbes schadeten. Für Dresden waren die Beschießungen 1758 und 1760 ganz besonders verhängnisvoll. Hatten doch 1760 von 105 Innungsmitgliedern 39 im Brande der Stadt ihr Hab und Gut verloren[4]. Das Vermögen der Innung war in der Zeit von 1614 bis 1737 von 192 Gulden auf 2048 Taler gestiegen; im zuletztgenannten Jahre hatte sie in der Lade bar 1003 Taler (in französischen Louisdors, in spanischen Pistoletten und in Dukaten). 1777 waren dagegen die Kassenverhältnisse so, daß oft Aushilfe nötig war[5]. Außerdem fehlten in der protestantischen Stadt Dresden die für andere Plätze, wie z. B. für Augsburg, auch noch im 18. Jahrhunderte sehr wichtigen Aufträge für Kirchensilber fast gänzlich.

II.
Aus der Blütezeit der Innung vor und nach 1700. Die Hofjuweliere Moritz Rachel und Johann Melchior Dinglinger.

Auf dem hier gegebenen Hintergrunde möchte ich von dem Leben und Wirken eines meiner Vorfahren, eines Dresdner Goldschmiedes aus dem 17. Jahrhundert, einiges berichten und das, was die Innungsbücher der Goldschmiede zum Leben Johann Melchior Dinglingers enthalten, hinzufügen. Wenn dazu noch etliche Angaben über das Leben in der Innung selbst hinzukommen, so erweckt dies bei manchem jetzt lebenden Dresdner gewiß Teilnahme.

Unter den Hofgoldschmieden des 17. Jahrhunderts hat einen angesehenen Stand Moritz Rachel eingenommen, über dessen Lebensgang und Wirksamkeit eine umfangreiche Leichenpredigt mit Lebenslauf[6] und Akten des Hauptstaatsarchivs berichten.

Moritz Rachel, geboren am 16. Juni 1639 zu Kiel, gehörte der damals in Schleswig-Holstein und Mecklenburg weit verbreiteten Familie Rachel an, aus der als bekannteste der Schulmann und Satirendichter Joachim Rachel (1618–1669) und der Prof. jur. Samuel Rachel (1628–1691) zu nennen wären. Der Vorname Moritz kommt nach Jöchers Gelehrtenlexikon in dieser Familie sehr häufig vor. Die Väter Joachims und Samuels hießen Moritz; 1677 starb ein Pastor und gekrönter kaiserlicher Poet Moritz Rachel; auch des zu Kiel gebornen Moritz Vater, ein Goldschmied, trug diesen Vornamen. Nachdem der Sohn bei seinem Vater die Goldschmiedekunst erlernt hatte, begab er sich zu Michaelis 1657 auf die Wanderschaft. Er arbeitete bis Ostern 1658 in Hamburg, dann ein Jahr bei Nikolaus Weißhun in Dresden[7]. „Weiln Er nun sich auch in frembden Landen umbzusehn Beliebung getragen“, hat er sich nach Prag, Nürnberg, Augsburg, München, Ulm und Straßburg begeben. Von da zog er den Rhein abwärts nach Mainz und Holland. Hier sah er sich drei Monate lang alle vornehmen Städte an, bestieg ein Schiff und fuhr nach Frankreich. In Paris, wo er zu Martini 1659 eintraf, blieb er anderthalb Jahre und „exerzierte sich“ in seiner Kunst. Im Sommer 1661 reiste er nach England. Während er da einige Wochen „stille lag“, traf ihn die Nachricht, daß sein Vater am 14. Juli gestorben war. Er kehrte auf den Wunsch seiner Mutter nach Kiel zurück, konnte sich aber, da die Stadt durch die dänisch-schwedischen Kriege sehr gelitten hatte, nicht entschließen, das väterliche


  1. O. Richter, Verfassungsgeschichte Bd. I, 428 flg.
  2. F. A. ô Byrn, die Hofsilberkammer usw. Dresden. 1880.
  3. Zum Vergleich diene noch Berlin (Fr. Sarre a. a. O. S. 46, 52.): 1729 gab es 54, 1755 126, 1770 nur 48 Meister.
  4. H. St. A. Loc. 5363. Acta . . . die hiesige Gold- und Silberinnung betreffend. 1764. S. 5, 216.
  5. R. A. Goldschmiede Nr. 85.
  6. M. Johann Seebisch (berufener Stadtprediger und des Ministerii Senior): Der Wohlversorgte Rachel. Dresden bei Johann Riedel. In Familienbesitz.
  7. 1643 erscheint Nickel Weißhun zuerst als Meister.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/64&oldid=- (Version vom 27.2.2025)