Vor allem darf kein Meister dem anderen einen solchen „abspannen“. Aber er soll ihn auch nicht bevorzugen, daß er ihn etwa auf halbpart oder stückweise für sich arbeiten lasse oder ihm gestatte, zu Hause und auf eigene Rechnung Arbeit anzufertigen. Das Vergeben von Arbeit in fremde Städte war ebenso verboten. (Art. 15.) Dem Verbote gegen Handeln mit Silber- und Goldwaren durch Fremde wurde noch das Hausierverbot für die Innungsmitglieder selbst hinzugefügt. (Art. 16.)
Scharfe Bestimmungen (Art. 18, 19) sollen vor verborgenem Gold- und Silberverkauf, sowie Schmelzen, Treiben und Durchgießen gänzlich Unbefugter, wie auch gegen Störer und Pfuscher schützen. Man beruft sich auf einen kurfürstlichen Befehl an den Rat vom 10. April 1612, wonach solchen Leuten nicht nur die Arbeit, sondern auch das Werkzeug wegzunehmen sei. Sich selbst aber verpflichten sie durch etliche Bestimmungen (Art. 9, 10), Messing, das auf „göldische“ Weise verarbeitet sei (d. h. zu Geräten in Form von Goldgeräten) oder Silbermünzen nie zu vergolden und nie Glas oder mailändische Dubletten (d. h. nachgemachte Edelsteine) wie in Gold zu versetzen (d. h. zu fassen). Hierauf stand Verlust des Handwerks.
Artikel 20 behandelt eine wichtige polizeiliche Maßregel: kein Meister durfte verdächtige Wertgegenstände, die ihm zum Kauf angeboten wurden, kaufen, ohne vom Bringer einen „Wehrmann“ (d. i. Gewährsmann) zu verlangen. Konnte ein solcher nicht erbracht werden, so war der Verdächtige unter Beihilfe zweier anderer Meister samt seinem Wertgegenstande dem Rate zu überantworten. Da bei dem stetig anwachsenden Silbervorrate am Hofe fast bei allen größeren Festen Silbergerät gestohlen wurde, so entwickelte sich schon im 17. Jahrhundert ein ganz bestimmter Ansage- und Warnungsdienst, den die Ältesten zu vermitteln hatten. Den dadurch erwachsenden Botenkosten standen Belohnungen gegenüber, die für Ausfindigmachen des Diebes oder des gestohlenen Gutes vom Hofe geleistet wurden[1].
Die Begräbnisordnung (Art. 24) verlangte nur kurz das Erscheinen jedes Mitgliedes im Trauerhause und in der Kirche, aber nicht bloß beim Tode eines Meisters, „seiner Frau oder seines Kindes, sondern auch, wenn ein Geselle, Junge oder Magd oder was an desselben Brot ißt, versterben wird“. Wer sich dabei nicht „mit ehehafter (d. i. zwingender) Not entschuldigen kann und außen bleibt“, hatte Strafe zu zahlen. Dieser Teil der Innungsbestimmungen ist durch Beschlüsse auf den Quartalsversammlungen später noch ganz besonders ausgebildet worden. Eine Begräbniskasse entstand; man sorgte für würdige, zum Teil durch die angebrachten silbernen Sonnen und die reichen silbernen Fransen und Quasten sehr kostbare Leichentücher[2]. Auf dem Johannisfriedhof wurden an einer der Seitenmauern nach und nach etliche Schwibbögen gekauft zur Errichtung und Erweiterung einer Grabstätte von Innungsmitgliedern. Auf diesem Friedhofe wurden Moritz Rachel jun., Joh. Melchior Dinglinger u. a. begraben. 1824 wurde eine neue Grabstätte auf dem Eliasfriedhofe erstanden, die sich über 5 Schwibbögen erstreckt. Das Getrümmer der gänzlich verfallenen Anlage erblickt man noch heute von der Mitte der Ostwand nach Norden zu.
Ein Rückblick auf all diese Bestimmungen zeigt, daß die Zunftmitglieder in peinlicher und sorglicher Weise sich in ihrem Nahrungsstande zu schützen gesucht haben. Die eigentliche Pflege und Förderung des Handwerkes selbst zur Erreichung einer höheren Stufe der Entwickelung lag außer dem Gesichtskreis. Die Bevorzugung der Söhne und Einheirater würde als selbstsüchtige Maßregel nur unangenehm berühren, wenn man außer acht ließe, daß zum Teil gerade dadurch mittelbar auf die Pflege und die Verbesserung des Handwerkes hingearbeitet worden ist. Das junge Geschlecht sollte mit lebhafter Teilnahme im Handwerk gleichsam heranwachsen, frühzeitig sich der guten, alten Überlieferungen bemächtigen und dadurch vielleicht noch über die Errungenschaften der Vergangenheit hinauswachsen. Die technische Fertigkeit, die Größe der Leistung ist dadurch sicher gefördert worden.
Die im 16. Jahrhundert fester zusammengetretenen Dresdner Goldschmiede erlebten unter Kurfürst August, den beiden Christianen und zum Teil auch unter Johann Georg I. eine gute Zeit. Des sind Zeugen die Kunstwerke, die von einzelnen unter ihnen stammen und im Grünen Gewölbe aufbewahrt werden. Ich will hier nur an die Taufschüssel und das Rosenwasserbecken Daniel Kellerthalers erinnern; das letztere gehört mit zu dem Schönsten, was in der Zeit deutscher Renaissancekunst in Edelmetall geschaffen worden ist. (Silber- und Buffetzimmer Nr. 34 und 57.)
Das sich steigernde Ansehen der Goldschmiede in der Stadt zeigt sich in jener Zeit auch darin, daß zwischen 1609 und 1643 vier Meister in den Rat gewählt wurden: 1609 Gabriel Gipfel, ein geborener Nürnbürger;
- ↑ R. A. G. Nr. 44. S. 18. Der Rat entschied am 7. Juli 1757, daß der, der das Verlorene ausfindig gemacht habe, von dem Donceur 1/3 dem Oberältesten, 1/6 dem Innungsboten geben, das Übrige 1/2 für sich behalten solle. – Silberdiebe wurden in jenen Zeiten, wie die Münzfälscher, aufs grausamste hingerichtet.
- ↑ R. A. a. a. O. 1816–1847. – 1838 hat man für ein neues 2196 Taler ausgegeben; um die Kosten zum Teil hereinzubringen, wurde es für Nichtinnungsmitglieder ausgeliehen.
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/63&oldid=- (Version vom 26.2.2025)